Nadine Bausback Positionierung von Business-to-Business-Marken
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Strategie, Marketing und I...
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Nadine Bausback Positionierung von Business-to-Business-Marken
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Strategie, Marketing und Informationsmanagement Herausgegeben von Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann
Die Schriftenreihe gibt Einblick in den aktuellen Forschungsstand zu den Themenfeldern Strategie, Marketing und Informationsmanagement. Sie behandelt vor allem auch solche Fragen, die für die Unternehmenspraxis von Bedeutung sind. Besonderer Wert wird auf die Praxisrelevanz und -anwendbarkeit der Beiträge gelegt. Die Reihe will den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die unternehmerische Praxis fördern. Zielgruppe sind daher sowohl Studierende und Wissenschaftler als auch Marketingpraktiker und Entscheidungsträger.
Nadine Bausback
Positionierung von Business-to-BusinessMarken Konzeption und empirische Analyse zur Rolle von Rationalität und Emotionalität
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Hannover, 2007
1. Auflage Juli 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0820-5
Geleitwort
V
Geleitwort
Wie auch im B2C-Bereich kämpfen Unternehmen im B2B-Bereich mit verschärften Wettbewerbsbedingungen wie Globalisierung, Homogenisierung der Leistungen und steigendem Preisdruck. Die Wettbewerbsintensität für B2B- bzw. Industriegüterunternehmen ist damit deutlich gestiegen. B2C-Unternehmen versuchen dieser Problematik zu entkommen, indem sie die eigene Leistung durch den Aufbau einer Marke und durch emotionalen Mehrwert vom Wettbewerb differenzieren. B2B-Unternehmen nutzen diesen erfolgsversprechenden Lösungsansatz erst in sehr geringem Ausmaß, da im Industriegüterkontext traditionell eine Affinität zu allem Sachlich-Rationalem und eine Skepsis gegenüber Marketing und Emotionalem existiert. Dennoch ist davon auszugehen, dass Marken und Emotionen auch industrielle Entscheidungsprozesse beeinflussen. Denn schließlich entscheidet auch im Unternehmen ein Mensch. Der Aufbau von B2B-Marken und deren bewusste Positionierung über rationale und emotionale Merkmale kann sicherlich zur Steigerung des Erfolges von B2BUnternehmen beitragen. Angesichts dieses hohen Erfolgspotentials ist die Erforschung von B2B-Marken besonders wünschenswert. Ohne hinreichende Kenntnis über das B2BMarkenmanagement ist die Ausschöpfung des Potentials in der Praxis jedoch nicht möglich. Dennoch ist das Angebot theoretisch fundierter und gleichzeitig empirisch anspruchsvoller Arbeiten zum B2B-Markenmanagement äußerst rudimentär. Insbesondere der Fokus von Rationalität und Emotionalität ist in diesem Kontext bislang kaum betrachtet und nicht empirisch untersucht. Hier setzt die Arbeit von Frau Bausback über das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität bei der Positionierung von Marken im B2B-Kontext an. Gestützt auf eine separate Bestandsaufnahme zu den einzelnen Themenfeldern integriert sie die Erkenntnisse in einem Bezugsrahmen. Zur tiefergehenden Durchdringung identifiziert sie fünf Forschungsfragen: Wie wirken sich die B2B-Besonderheiten auf die Markenpositionierung aus? Welche Rolle spielen Rationalität und Emotionalität bei B2BMarken? Wie ist der Positionierungserfolg bei B2B-Marken aufgebaut? Was sind relevante und erfolgsversprechende rationale und emotionale Positionierungsinhalte bei B2B-Marken? Welche Kontextfaktoren wirken auf die rationale/emotionale Positionierung von B2B-Marken? Die Beantwortung basiert auf umfangreichen theoretischen Überlegungen und der empirischen Analyse von Daten aus einer schriftlichen Befragung. Es gelingt Frau Bausback zu begründen und zu belegen, dass auch bei B2B-Marken in jedem Kontext sowohl rationale als auch emotionale Elemente eine Rolle spielen.
VI
Geleitwort
Die Arbeit zeichnet sich durch eine solide theoretische Fundierung und eine stringente Beantwortung der Forschungsfragen aus. Auch in methodischer Hinsicht erfüllt die Untersuchung höchste Ansprüche. So werden moderne multivariate Verfahren beispielsweise zur Bewertung von Konstrukten und zur Untersuchung von komplexen Modellen mit Wirkungsketten herangezogen. Dies ist besonders hervorzuheben, da gerade die Marktforschung und die angewandten Methoden im B2B-Bereich noch nicht so fortgeschritten sind wie im B2C-Bereich. Die Arbeit von Frau Bausback liefert interessante Erkenntnisse für das B2BMarkenmanagement. Sie weist nach, dass rationale und emotionale Aspekte in zwei Bereichen eine wichtige Rolle spielen: (1) beim Anbieterunternehmen als rationale und emotionale Positionierungsreize und (2) beim Nachfragerunternehmen als rationale Reaktionen (z.B. Überzeugung) und als emotionale Reaktionen (z.B. Sympathie, Begeisterung) von industriellen Entscheidern. Bemerkenswert ist das Ergebnis, dass emotionale Reaktionen die Kauf- und Preisbereitschaft der industriellen Entscheider in besonderem Maße beeinflussen und damit zum Erfolg der B2B-Marke beitragen können. Interessant ist auch die Analyse von Kontextfaktoren, die zeigt, dass in jeder Situation sowohl Rationales als auch Emotionales zum Erfolg von B2BMarken beitragen kann. Auch für die Unternehmenspraxis ergeben sich spannende Erkenntnisse. So legen die Resultate der Arbeit nahe, dass B2B-Marken nicht nur über Rationalität, sondern auch ganz bewusst über Emotionalität positioniert werden sollten. Vor allem aufgrund der vergleichsweise geringen Nutzung von professionellem Markenmanagement in B2B-Unternehmen ergeben sich für "First Mover" große Chancen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Arbeit von Frau Bausback auf soliden Literaturrecherchen basiert und einen wichtigen Beitrag zum Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Markenmanagement im B2B-Kontext liefert. Aber nicht nur für Forscher, sondern auch für Verantwortliche in der Unternehmenspraxis enthält sie wichtige Erkenntnisse, Anregungen und Empfehlungen. Ich wünsche der Arbeit ein breites Interesse in Wissenschaft und Praxis.
Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann
Vorwort
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Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Februar 2007 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als Consultant in den Bereichen Strategie und Marketing für meinen Doktorvater Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann, Leiter des Instituts für Marketing und Management der Leibniz Universität Hannover, sowie bei der Perlitz Strategy Group von Prof. Dr. Manfred Perlitz, Inhaber des Lehrstuhls für internationales Management an der Universität Mannheim. Den zahlreichen Projekten in Industrie- und Konsumgüterunternehmen und der täglichen Konfrontation mit Theorie und Praxis verdanke ich, dass mein Blick auf die Dissertation nicht ausschließlich durch wissenschaftliche Reflexion, sondern auch durch praxisrelevantes Denken geprägt wurde. Mehrere Personen haben direkt oder indirekt zum Erfolg meines Promotionsvorhabens beigetragen, denen ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Großer Dank gilt insbesondere Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann, der mich über den gesamten Zeitraum des Forschungsprojektes gefördert und unterstützt hat. Er hat mir Gestaltungsfreiheit gelassen und gleichzeitig haben die Gespräche und Diskussionen mit ihm wesentliche Anregungen für die inhaltliche Entwicklung und Ausgestaltung des Themas gegeben. Auch Prof. Dr. J.-Matthias Graf von der Schulenburg danke ich für die bereitwillige Übernahme des Korreferats. Dem Lehrstuhl-Team am Institut für Marketing und Management der Leibniz Universität Hannover danke ich für den fachlichen Austausch. Besonders herzlich bedanke ich mich bei meinen guten Freunden aus Studienzeiten an der Universität Mannheim und aus dem privaten Umfeld. Sie haben mich durch inhaltliche Diskussionen und Denkanstöße unterstützt, bei der schriftlichen Befragung tatkräftig geholfen, mich durch alle Höhen und Tiefen der Promotionszeit begleitet und mich immer wieder motiviert sowie für den nötigen Ausgleich gesorgt. Ganz besonderer Dank gebührt meiner Mutter. Ihre permanente Förderung und Unterstützung während der Studien- und Promotionszeit hat den Grundstein für die vorliegende Arbeit gelegt. Ihr ist meine Dissertation gewidmet.
Nadine Bausback
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... XIII Tabellenverzeichnis ...............................................................................................XV Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................XIX 1
Einleitung ........................................................................................................... 1
1.1 Zur Relevanz des Themas................................................................................. 1 1.2 Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit ............................................... 5 1.3 Abgrenzung und Vorgehensweise der Arbeit ................................................. 7 2
Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte der Arbeit........................ 11
2.1 Theoretische Bezugspunkte ........................................................................... 11 2.1.1 Grundlagen zum Kaufverhalten ...................................................................11 2.1.1.1 Kaufverhalten von Organisationen .......................................................11 2.1.1.2 Kaufverhalten von Individuen ...............................................................17 2.1.1.2.1 Grundlegende Annahmen in Bezug auf Reize und ihre Wirkung.. 21 2.1.2 Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität ......................................25 2.1.2.1 Gegenüberstellung von Rationalität und Emotionalität .........................25 2.1.2.1.1 Charakterisierung von Rationalität................................................ 28 2.1.2.1.2 Charakterisierung von Emotionalität ............................................. 31 2.1.2.2 Rationalität und Emotionalität in der vorliegenden Arbeit .....................33 2.1.2.2.1 Rationalität und Emotionalität auf verschiedenen Ebenen (SOR). 34 2.1.2.2.2 Rationalität und Emotionalität bei den Zielgruppen (OR).............. 35 2.1.2.2.3 Rationalität und Emotionalität im Marketing von Anbietern (S) ..... 43 2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte ........................................................................ 46 2.2.1 Charakteristika des Business-to-Business Marketing..................................46 2.2.1.1 Industriegüter als Objekte des Marketing .............................................46 2.2.1.2 Besonderheiten des Business-to-Business Marketing..........................50 2.2.1.3 Eigenständigkeit der B2B-Thematik und Transferierbarkeit von den Erfahrungen des B2C-Bereichs ............................................................52 2.2.2 Markenmanagement im Business-to-Business Bereich ..............................55 2.2.2.1 Definition und Besonderheiten von B2B-Marken..................................55 2.2.2.2 Relevanz von Markenmanagement im Business-to-Business Bereich.65 2.2.2.3 Themenbezogener Überblick über den Stand der Erforschung von Business-to-Business Marken ..............................................................74
X
Inhaltsverzeichnis
2.2.3 Positionierung als Herausforderung im Rahmen des Markenmanagement.82 2.2.3.1 Idee und Grundlagen der Positionierung ..............................................83 2.2.3.2 Zusammenspiel von Markierung, Segmentierung und Positionierung..85 2.2.3.3 Management der Positionierung...........................................................87 2.2.3.4 Positionierungsinhalte und Anforderungen...........................................92 2.2.3.5 Eignung von bestehenden Positionierungsmodellen zur Positionierung von Business-to-Business Marken zwischen Rationalität und Emotionalität...............................................................99 2.3 Positionierung von Business-to-Business Marken zwischen Rationalität und Emotionalität ...................................................................... 106 2.3.1 Zusammenfassendes Plädoyer zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität ....................................................106 2.3.2 Entwicklung eines Bezugsrahmens ...........................................................109 2.3.3 Herausforderungen bei der Erforschung in Bezug auf den B2B-Kontext und das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität.......................112 3
Empirisches Vorgehen .................................................................................. 118
3.1 Datenerhebung und Datengrundlage........................................................... 118 3.1.1 Datenerhebung..........................................................................................118 3.1.2 Datengrundlage .........................................................................................121 3.2 Methodische Konzeption der Untersuchung............................................... 124 3.2.1 Messung von Konstrukten .........................................................................124 3.2.2 Messung von Dependenzen......................................................................129 3.2.3 Grafische Darstellung von Elementen .......................................................131 3.2.4 Zusammenfassung der Vorgehensweise ..................................................132 4
Untersuchung der Positionierung von Business-to-Business-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität ..................................................... 135
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken.................................................................................................... 135 4.1.1 Konsequenzen für den Positionierungsprozess ........................................136 4.1.2 Konsequenzen für die Art der potentiellen Positionierungsinhalte.............142 4.1.3 Zusammenfassung ....................................................................................148 4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken ............... 149 4.2.1 Traditionelle Übermacht von rationalen Argumenten im B2B-Bereich.......150 4.2.2 Zögerliche Entdeckung von Emotionen im B2B-Bereich ...........................155
Inhaltsverzeichnis
XI
4.2.3 Rationalität und Emotionalität – eine Symbiose auch im B2B-Bereich ......164 4.2.4 Zusammenfassung ....................................................................................171 4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken ........................ 172 4.3.1 Überblick über das theoretische Umfeld des Positionierungserfolges ......173 4.3.1.1 Annäherung über die Positionierungsliteratur.....................................173 4.3.1.2 Annäherung über verwandte Themenkomplexe.................................176 4.3.1.2.1 Exkurs: erste spezifische Arbeiten zum B2B-Markenwert .......... 180 4.3.1.3 Hinweis: Kontextabhängigkeit von Erfolgsmodellen ...........................182 4.3.2 Entwicklung eines Untersuchungsmodells zum B2B-Positionierungserfolg und Konzeptualisierung der relevanten Konstrukte vor dem Hintergrund dieser Arbeit...........................................183 4.3.2.1 Bezugsrahmen zum B2B-Positionierungserfolg .................................183 4.3.2.2 B2B-Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen......................185 4.3.2.2.1 Allgemein zur Bedeutung des B2B-Kontexts sowie der Rationalität und Emotionalität für den Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen............................................................. 186 4.3.2.2.2 Wahrnehmung bzw. Beurteilung der Positionierung ................... 188 4.3.2.2.3 Einstellung .................................................................................. 191 4.3.2.2.4 Verhaltensintention ..................................................................... 196 4.3.2.2.5 Reaktion ..................................................................................... 197 4.3.2.3 (Ökonomischer) B2B-Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen198 4.3.2.4 Abgrenzung und Zusammenfassung eines Untersuchungsmodells zum B2B-Positionierungserfolg ..........................................................200 4.3.3 Empirische Analyse ...................................................................................203 4.3.3.1 Operationalisierung ............................................................................204 4.3.3.1.1 Operationalisierung der Beurteilungskriterien ............................. 204 4.3.3.1.2 Operationalisierung der Einstellung ............................................ 206 4.3.3.1.3 Operationalisierung der Verhaltensintention ............................... 207 4.3.3.2 Resultate der Konstruktmessung .......................................................209 4.3.3.3 Hypothesenformulierung ....................................................................212 4.3.3.4 Resultate der Hypothesenprüfung ......................................................220 4.3.4 Zusammenfassung ....................................................................................226 4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken ...... 227 4.4.1 Wahrnehmung von B2B-Marken und Arten von Positionierungsinhalten bei B2B-Marken.........................................................................................228 4.4.2 Identifikation von potentiellen Positionierungsinhalten bei B2B-Marken....229
XII
Inhaltsverzeichnis
4.4.2.1 Ableitung aus den Besonderheiten im B2B-Kontext ...........................231 4.4.2.2 Status über den Stand der Forschungsarbeiten (Literaturüberblick) ..233 4.4.2.3 Ideensammlung aus Experteninterviews (Vorstudie)..........................234 4.4.2.4 Zusammenfassung und Auswahl erfolgsversprechender Positionierungsinhalte bei B2B-Marken..............................................235 4.4.3 Empirische Analyse zu relevanten B2B-Positionierungsinhalten...............240 4.4.3.1 Erfassung von B2B-Positionierungsinhalten.......................................240 4.4.3.1.1 Operationalisierung der B2B-Positionierungsinhalte................... 240 4.4.3.1.2 Messung von potentiellen B2B-Positionierungsinhalten ............. 242 4.4.3.2 Bewertung der Relevanz von potentiellen B2B-Positionierungsinhalten ..............................................................247 4.4.3.2.1 Hypothesenformulierung............................................................. 247 4.4.3.2.2 Resultate der Hypothesenprüfung .............................................. 251 4.4.3.2.3 Interpretation der Resultate: Erfolgsversprechende emotionale und rationale Positionierungsinhalte für B2B-Marken ................. 253 4.4.3.2.3.1 Exkurs: Instrument zur Positionierung von B2B-Marken...... 259 4.4.4 Zusammenfassung zu relevanten B2B-Positionierungsinhalten................261 4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten – Ausgewählte Beispiele........................................... 261 4.5.1 Konzeptualisierung von Kontextfaktoren ...................................................263 4.5.1.1 Kaufbezogene Kontextfaktoren ..........................................................267 4.5.1.2 Personenbezogene Kontextfaktoren ..................................................267 4.5.2 Empirische Analyse zu Kontextfaktoren der B2B-Positionierung ..............271 4.5.2.1 Operationalisierung der Kontextfaktoren und Konstruktmessung.......271 4.5.2.2 Hypothesenformulierung ....................................................................273 4.5.2.3 Resultate der Hypothesenprüfung ......................................................278 4.5.3 Zusammenfassung zu den Kontextfaktoren ..............................................283 5
Zusammenfassende Bewertung der Arbeit ................................................. 284
5.1 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse......................................... 284 5.2 Implikationen für die Business-to-Business Unternehmenspraxis........... 289 5.3 Kritische Diskussion und Implikationen für zukünftige Forschungsfelder .......................................................................................... 295 Anhang 1 ............................................................................................................... 299 Anhang 2 ............................................................................................................... 315 Literaturverzeichnis ............................................................................................. 323
Abbildungsverzeichnis
XIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vorgehensweise der Arbeit.................................................................. 10 Abbildung 2: S-O-R-Paradigma im Lichte von Rationalität und Emotionalität .......... 20 Abbildung 3: Annahmen über den Zusammenhang von Reizen und deren Wirkung 21 Abbildung 4: Zuordnung von Rationalität und Emotionalität im Menschen............... 27 Abbildung 5: Zusammenhang von Rationalität und Emotionalität............................. 28 Abbildung 6: Ausmaß von Rationalität und Emotionalität an Kaufentscheidungen (nach Berner 2005) ........................................................................................... 38 Abbildung 7: Begriffsverständnis von Industriegütern............................................... 50 Abbildung 8: "Doppelte Pluralität“ bei der Wahrnehmung von B2B-Marken (eigene Darstellung) ....................................................................................................... 62 Abbildung 9: Konzeption eines integrierten Business-to-BusinessMarkenmanagement (vgl. Wiedmann, Bausback 2007; Wiedmann, Schmidt 1997, S. 17)....................................................................................................... 63 Abbildung 10: Idee der Positionierung: „Gemeinsame Werte“ (vgl. Berger 2003, Folie 5) .............................................................................................................. 83 Abbildung 11: Positionierung einer Marke im Lichte des Wettbewerbsdreiecks von Ohmae........................................................................................................ 87 Abbildung 12: Kontext für eine Positionierung zwischen Rationalität und Emotionalität vor dem Hintergrund eines situativen Ansatzes........................... 98 Abbildung 13: Bezugsrahmen zur Positionierung von Business-to-Business Marken zwischen Rationalität und Emotionalität ............................................. 111 Abbildung 14: Herausforderungen in Bezug auf Rationalität und Emotionalität im B2B-Kaufprozess (eigene Darstellung)....................................................... 113 Abbildung 15: Beschreibung der Unternehmen in der Stichprobe .......................... 122 Abbildung 16: Beschreibung der Ansprechpartner in der Stichprobe ..................... 123 Abbildung 17: Vorgehensweise der empirischen Analyse ...................................... 133 Abbildung 18: Nähe des Kundenkontaktes von verschiedenen Wahrnehmungsebenen ................................................................................... 141 Abbildung 19: Skizzierung der Anforderungen an ein Positionierungsmodell für den B2B-Kontext ............................................................................................. 142
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 20: Gründe für die hohe Bedeutung von Rationalität im B2B-Kontext (eigene Darstellung) ........................................................................................ 153 Abbildung 21: Begründung für die hohe Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext (eigene Darstellung) ................................................................... 159 Abbildung 22: Rational-informative und emotionale Werbung für B2B-Marken ...... 166 Abbildung 23: Begründung für die Vorteilhaftigkeit einer Kombination von Rationalität und Emotionalität im B2B-Bereich (eigene Darstellung)............... 170 Abbildung 24: Annäherung an den Positionierungserfolg über die Positionierungsliteratur .................................................................................... 175 Abbildung 25: Annäherung an den Positionierungserfolg über verwandte Themenkomplexe ............................................................................................ 180 Abbildung 26: Skizzierung des Positionierungserfolges (eigene Darstellung) ........ 185 Abbildung 27: Konzeptualisierung der Einstellung.................................................. 193 Abbildung 28: Einstellung von Individuen (vgl. Trommsdorff 2002, S. 155)............ 194 Abbildung 29: Untersuchungsmodell des B2B-Positionierungserfolges bei den Zielgruppen ..................................................................................................... 203 Abbildung 30: Überblick über die Basishypothesen zum Positionierungserfolg...... 217 Abbildung 31: Überblick über die formulierten Hypothesen zum Positionierungserfolg ....................................................................................... 220 Abbildung 32: B2B-Positionierungserfolg - Resultate der Hypothesenprüfung....... 221 Abbildung 33: Dreistufiger Prozess als Trichter zur Identifikation potentiell relevanter B2B-Positionierungsinhalte ............................................................ 231 Abbildung 34: Grundhypothesen über den Zusammenhang von B2BPositionierungsinhalten und dem B2B-Positionierungserfolg .......................... 250 Abbildung 35: Graphische Darstellung der relevanten B2B-Positionierungsinhalte 260 Abbildung 36: Übersicht der Kontextfaktoren zur Auswahl von rationalen und emotionalen B2B-Positionierungsinhalten ....................................................... 267 Abbildung 37: Positionierung einer B2B-Marke vor dem Kontext der Heterogenität der Bedürfnisse......................................................................... 270 Abbildung 38: Implikationen für die Managementpraxis ......................................... 294 Abbildung 39: Implikationen für zukünftige Forschungsfelder................................. 295
Tabellenverzeichnis
XV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Überblick über die Forschungsfragen ........................................................ 6 Tabelle 2: Rationalistische und hedonistische Konstrukte des Konsumentenverhaltens (vgl. Trommsdorff 2002, S. 34) .................................. 34 Tabelle 3: Besonderheiten des Business-to-Business Marketing ............................. 51 Tabelle 4: Übersicht über Studien zur Markenrelevanz im Business-to-Business Bereich (Grundidee in Anlehnung an Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 5) ......... 69 Tabelle 5: Verfahrung zur Beurteilung der Markenrelevanz im jeweiligen B2BMarktsegment.................................................................................................... 70 Tabelle 6: B2B-Marke als Lösung für zentrale Marktveränderungen........................ 71 Tabelle 7: B2B-Markenfunktionen ............................................................................ 73 Tabelle 8: Stand der Literatur zu Business-to-Business Marken .............................. 80 Tabelle 9: Ausgewählte aktuelle Positionierungsmodelle ....................................... 104 Tabelle 10: Überblick über Messgrößen zu sprachbezogenen und bildbezogenen Markenmerkmalen (Esch 1998; Esch 1999, S. 879) ............... 116 Tabelle 11: Tatsächliche und erwartete Branchenverteilung der Stichprobe .......... 121 Tabelle 12: Gütekriterien und Anspruchniveaus (vgl. Backhaus et al. 2000; Homburg, Baumgartner 1995)......................................................................... 129 Tabelle 13: B2B-Besonderheiten und deren Konsequenzen für den Positionierungsprozess (eigene Darstellung) .................................................. 139 Tabelle 14: B2B-Besonderheiten und deren Konsequenzen für die Anforderungen und die Art der Positionierungsinhalte (eigene Darstellung) ... 145 Tabelle 15: Überblick über Literatur zu Emotionen im B2B-Bereich (vgl. Historie bei Schafmann 2000, S. 60 ff.; vgl. auch Tabelle 16 und potentielle B2BPositionierungsinhalte in Anhang 1) ................................................................ 162 Tabelle 16: Beispiele für eher rationale Reize und eher emotionale Reize ............ 166 Tabelle 17: Erfolgskriterien in ausgewählten Positionierungsmodelle bzw. -studien............................................................................................................ 174 Tabelle 18: Überblick über Modelle mit mehreren Prozessstufen des Erfolges...... 179 Tabelle 19: Relevanz der Positionierungsinhalte - Operationalisierung und deskriptive Werte............................................................................................. 204
XVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 20: Fit der Positionierungsinhalte - Operationalisierung und deskriptive Werte............................................................................................................... 205 Tabelle 21: Differenzierung der Positionierungsinhalte - Operationalisierung und deskriptive Werte............................................................................................. 206 Tabelle 22: Affektive Einstellung und kognitive Einstellung - Operationalisierung und deskriptive Werte...................................................................................... 207 Tabelle 23: Verhaltensintention - Operationalisierung und deskriptive Werte ........ 208 Tabelle 24: Resultate der exploratorischen Faktorenanalyse der 29 Indikatoren zum Positionierungserfolg ............................................................................... 210 Tabelle 25: Resultate der Konstruktmessung für die endgültigen Konstrukte des Positionierungserfolges ................................................................................... 211 Tabelle 26: Resultate zur Diskriminanzvalidität ...................................................... 212 Tabelle 27: Direkte und indirekte Effekte innerhalb des B2B-Positionierungserfolges ........................................................................... 224 Tabelle 28: Potentielle Positionierungsinhalte abgeleitet aus den B2B-Besonderheiten ....................................................................................... 232 Tabelle 29: Einteilung der betrachteten Literatur zu B2B-Positionierungsinhalten . 234 Tabelle 30: Gegenüberstellung von B2B-Positionierungsinhalten abgeleitet aus B2B-Besonderheiten, aus dem Status der Literatur und Experteninterviews (eigene Darstellung) ........................................................................................ 239 Tabelle 31: Formulierung der rationalen und emotionalen B2B-Positionierungsinhalte ............................................................................. 241 Tabelle 32: Resultate der exploratorischen Faktorenanalyse zu rationalen Indikatoren der B2B-Positionierungsinhalte..................................................... 243 Tabelle 33: Resultate der exploratorischen Faktorenanalyse zu emotionalen Indikatoren der B2B-Positionierungsinhalte..................................................... 243 Tabelle 34: Gütekriterien der einzelnen rationalen Faktoren zu den B2B-Positionierungsinhalten ........................................................................... 245 Tabelle 35: Gütekriterien der einzelnen emotionalen Faktoren zu den B2B-Positionierungsinhalten ........................................................................... 246 Tabelle 36: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zur Relevanz von B2B-Positionierungsinhalten ........................................................................... 252
Tabellenverzeichnis
XVII
Tabelle 37: Resultate der Kausalanalysen zur Relevanz von B2BPositionierungsinhalten ................................................................................... 253 Tabelle 38: Vergleich der Resultate von Regressionsanalyse und Kausalanalyse. 254 Tabelle 39: Relevanz der analysierten B2B-Positionierungsinhalte........................ 258 Tabelle 40: Ausgewählte Arbeiten zu Kontextfaktoren der industriellen Kaufentscheidung............................................................................................ 264 Tabelle 41: Ausgewählte Arbeiten zu Kontextfaktoren der rationalen bzw. emotionalen B2B-Positionierungsstrategie...................................................... 266 Tabelle 42: Produktart - Operationalisierung und deskriptive Werte....................... 271 Tabelle 43: Kaufhäufigkeit - Operationalisierung, deskriptive Werte und Gütekriterien.................................................................................................... 271 Tabelle 44: Funktion und Position - Operationalisierung und deskriptive Werte..... 272 Tabelle 45: Entscheider – Operationalisierung, deskriptive Werte und Gütekriterien.................................................................................................... 273 Tabelle 46: Größe des Buying Centers – Operationalisierung und deskriptive Werte............................................................................................................... 273 Tabelle 47: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zum Kontextfaktor Produktart........................................................................................................ 278 Tabelle 48: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zum Kontextfaktor Kaufhäufigkeit.................................................................................................. 279 Tabelle 49: Resultate der multiplen Regressionsanalysen für den Kontextfaktor Funktion im Buying Center .............................................................................. 280 Tabelle 50: Resultate der multiplen Regressionsanalysen für den Kontextfaktor Hierarchieebene .............................................................................................. 281 Tabelle 51: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zu dem Kontextfaktor „Entscheider“ ................................................................................................... 282 Tabelle 52: Resultate für die multiplen Regressionsanalysen zu dem Kontextfaktor Größe des Buying Centers ........................................................ 282 Tabelle 53: Konzeptionelle Arbeiten zu potentiellen Positionierungsinhalten im B2B-Bereich .................................................................................................... 305 Tabelle 54: Empirische Arbeiten zu potentiellen Positionierungsinhalten im B2B-Bereich .................................................................................................... 314
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
AGFI
Adjusted Goodness of Fit
Anm. d. A. B2B B2C
Anmerkung des Autors Business-to-Business Business-to-Consumer
bspw. bzgl. bzw.
beispielsweise bezüglich beziehungsweise
CFI d.h.
Comparative Fit Index das heißt
DEV Edt. EF EFA et al.
Durchschnittliche erklärte Varianz Editor Emotionaler Faktor Exploratorische Faktorenanalyse et alteri
etc.
et cetera
evtl. F&E FF GFI
eventuell Forschung und Entwicklung Forschungsfrage Goodness of Fit
Hrsg. i.e.S. i.w.S.
Herausgeber im engeren Sinne im weiteren Sinne
Jg. KFA Koeff.
Jahrgang Konfirmatorische Faktorenanalyse Koeffiizient
LISREL MDS NFI
LInear Structural RELationship Multidimensionale Skalierung Normed Fit Index
No. pp. R&E
Number pages Rationalität und Emotionalität
RF RMSEA S. Sign. Sp.
Rationaler Faktor Root Mean Squared Error of Approximation Seite Signifikanz Spalte
XIX
XX
Abkürzungsverzeichnis
vgl. Vol.
vergleiche Volume
z.B.
zum Beispiel
1.1 Zur Relevanz des Themas
1
1 Einleitung 1.1
Zur Relevanz des Themas
Die Faszination des Themas Marke ist seit Jahrzehnten ungebrochen. Zwischenzeitlich waren die Schlagzeilen negativ wie „Die Marke ist tot“ (vgl. bspw. Rust, Lemon, Zeithaml 2005). Doch allen Negativmeldungen zum Trotz erscheint die Marke immer wieder als eine erfolgsversprechende Strategie in dem intensiver werdenden Wettbewerb. Das Thema Marke wird deshalb erneut akzentuiert und als Erfolgsfaktor zelebriert: “Die Marke … kann ruhig durchatmen. Sie ist der Prototyp des Unternehmens des 21. Jahrhunderts. Es wird ein Jahrhundert der Marken sein. Und der Unternehmen, die unbedingt eine werden möchten. Das kommt nicht von ungefähr: Es wird nicht weniger Komplexität geben, sondern mehr. Und die Welt wird denen gehören, die das Komplexe nicht komplex lassen, sondern es durch Orientierung zähmen und nützlich machen. Rote Fäden werden sehr gefragt sein.“ (Lotter 2005, S. 57) Erfolgreiche Vorstände, wie Wendelin Wiedeking von Porsche, bekunden die herausragende Stellung von Marken: Marken ... „sind die Kronjuwelen meines Unternehmens“ (vgl. Hölscher, Riesenbeck 2002, S. 2). Mitunter zeigt sich die große Hoffnung, die auf der Macht der Marken ruht, in der steigenden Zahl neu registrierter und beworbener Marken1 sowie in der Zahl der Neuerscheinungen von Büchern zum Markenmanagement in den letzten zwei bis drei Jahren: Aaker (2004), Aaker, Joachimsthaler (2001), Adjouri (2002), Brandmeyer (2002), Bruhn (2004), Esch (2001), Esch (2005), Esch, Tomczak, Kernstock, Langner (2004), Hellmann (2003), Kapferer (2004), Keller (1998), Köhler (2001), Meffert, Burmann, Koers (2002a), Michael (2003), Riesenbeck, Perrey (2004), Schimansky (2004), Tropp (2004) oder Wheeler (2003). Entsprechend umfangreich sind die Ansätze und Diskussionen zum Markenmanagement im Allgemeinen. Auffällig ist, dass die Majorität der Bücher sich wie selbstverständlich auf Marken im Business-to-Consumer Bereich (B2C) fokussiert, ohne dies näher zu bekunden. Erst seit Beginn der 90er Jahre erscheinen vereinzelt Arbeiten, welche sich speziell dem Markenmanagement im Business-to-Business-Bereich (B2B) widmen: Hague, Jackson (1994), Kemper (2000), Sitte (2001), Blombäck (2005) und Pförtsch, Schmid (2005) (vgl. umfassende Übersicht in Abschnitt 2.2.2.3). Herzstück zum Aufbau einer starken Marke ist ihre Positionierung in den Vorstellungen der Zielgruppen (vgl. Becker 1996, S. 12; Köhler 2001, S. 44). Im B2CBereich erfolgt diese Positionierung üblicherweise entweder über rationale oder über
1
Laut DPMA (2000) stieg die Anzahl der Registrierungen in den letzen 10 Jahren um das 2,5fache.
2
1. Einleitung
emotionale Nutzenversprechen. Im B2B-Bereich überwog lange Zeit das Menschenbild des „homo oeconomicus“ und damit einhergehend die Vorstellung, dass nur rationale Aspekte die industrielle Kaufentscheidung bestimmen; weder Marken noch Emotionen wurde eine Beteiligung an industriellen Entscheidungsprozessen zugesprochen (vgl. Abschnitte 2.1.2 und 4.2.1). Und doch stellt sich die Frage, inwieweit B2B-Marken mit einer rationalen und/oder gerade auch emotionalen Positionierung eine erfolgsversprechende Strategie im B2B-Wettbewerb darstellen. Das Wettbewerbsumfeld im Business-to-Business Bereich ist durch die üblichen Bedingungen des 20. und 21. Jahrhunderts geprägt, die sich sowohl auf der Nachfragerseite als auch auf der Anbieterseite äußern. Auf der Nachfragerseite zählen dazu beispielsweise die Informationsüberlastung der Zielgruppen, die Komplexität von Kaufentscheidungen oder der bestehende Zeitdruck (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1581 ff.). Im B2C-Bereich soll diese Problematik gelöst werden, indem mit besonderen (emotionalen) Reizen die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung bei den Zielgruppen gefördert wird. Im B2B-Kontext ermöglicht erst die Abkehr vom „homo oeconomicus“ und die Erkenntnis, dass alle Buying CenterMitglieder auch im Berufsleben „Menschen“ sind und als solche agieren, eine umfassende Betrachtung ihrer spezifischen Entscheidungssituation. Industrielle Entscheider kaufen nicht für den privaten Bedarf, sondern für den Arbeitgeber und damit auf fremde Rechnung. Oftmals sind die nachgefragten Leistungen und auch die Entscheidungsprozesse sehr komplex, die Investitionssummen sowie der Zeitdruck hoch und die Entscheidungen für das Unternehmen sehr wichtig. Damit kann ein hohes unternehmensbezogenes und auch persönliches Risiko für den industriellen Entscheider einhergehen, wie die Angst vor einem Produktionsstop oder vor einem Arbeitsplatzverlust bei einer Fehlentscheidung. „Business to business branding is an under-used but potentially powerful means of contributing to this“ (vgl. Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 25). Eine starke B2B-Marke kann in diesem komplexen und unsicheren Umfeld zur Vereinfachung und Risikoreduktion dienen, indem sie als Surrogat für Sicherheit und Qualität wahrgenommen wird. Eine Studie belegte, dass 69% der Einkäufer bekannten Herstellern mehr vertrauen als „No-Names“ (vgl. Weidner 2002). Ausdruck findet diese Tatsache in dem häufig zitierten Satz: „Nobody got ever fired for buying an IBM.“ (vgl. Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 25) Gerade die kommunizierten emotionalen Elemente einer Marke wie Zuverlässigkeit, Seriosität oder Tradition sind es, die auch für industrielle Entscheider das empfundene Risiko reduzieren können. „Top-Manager in aller Welt können im Normalfall nicht alle Detail-Informationen eines Angebots in ihre Bewertung einbeziehen, dazu fehlt ihnen die Informationstiefe und Beschäftigungszeit. Sie tendieren zunehmend zum „Image-Entscheid“, d.h. ihnen ist Vertrauen in die Marke
1.1 Zur Relevanz des Themas
3
(...) wichtig“ (Merbold 1993, S. 579; vgl. auch Merbold 1990, S. 409). Prof. Backhaus betont in einer Rede: „Starke Marken beschleunigen den Entscheidungsprozess, erleichtern die Kommunikation im Buying Center und sichern das berufliche Risiko einer Fehlentscheidung ab.“ (vgl. Roskäm 2002, S. 15). Für das Anbieterunternehmen ist das Marktumfeld durch steigende Globalisierung und infolgedessen durch neue ausländische Wettbewerber und neue Wettbewerbsregeln auf dem Heimatmarkt gekennzeichnet. Die Angebote werden immer homogener und es werden Überkapazitäten aufgebaut. Gleichzeitig verschärft sich der Preisdruck aufgrund der internationalen Konkurrenz (vgl. Bennion 1987, S. 9). Nicht zuletzt für deutsche Unternehmen ist der Wettbewerb mit Billigländern schwierig. Auf der anderen Seite fordert der Kapitalmarkt von den Unternehmen immer weitere Rekordgewinne und Wertsteigerungen. Eine B2B-Marke kann dem Anbieter die Möglichkeit zur Wettbewerbsdifferenzierung und Generierung eines Preispremiums bieten; wenn aufgrund der Homogenisierung nicht über einen konkreten Leistungsvorsprung, dann aber gerade über einen emotionalen Mehrwert. „Nach dem funktionsorientierten TQM und dem prozessorientierten CRM ist das emotionalorientierte B2B-Brand Management das Thema der nächsten Jahre.“ (Ramoser, Lurse 2002, S. 12) Auf diese Weise kann der Anbieter möglicherweise der drohenden Preisspirale entkommen, High Potentials auf dem Arbeitsmarkt anlocken und Investoren zum Aktienkauf anregen (vgl. Kernstock, Esch, Tomczak, Langner 2004, S. 8 f.). Beispielsweise weist eine empirische Studie nach, dass der B2B-Markenführer im Vergleich zu einer anderen Marke 6,8% und im Vergleich zu einem unbekannten Wettbewerber 14% höhere Preise erzielen kann (vgl. Bendixen, Bukasa, Abratt 2004). Darüber hinaus gilt eine starke B2B-Marke als Werttreiber zur Steigerung des (monetären) Unternehmenswertes, der unter Shareholder-Value-Gesichtspunkten nicht vernachlässigt werden darf. Nach einer Studie in Kooperation von Sattler und PriceWaterhouseCoopers (2001) machen Marken bei B2B-Unternehmen immerhin 18% des Unternehmenswertes aus. Nach HGB (§ 248 Abs. 2 i.V.m. § 246 Abs 1 HGB) sind Marken im Falle des entgeltlichen Erwerbs der Verfügungsrechte aktivierungspflichtig. Für selbstentwickelte Marken existieren keine eindeutigen Regelungen (vgl. Hammann 2001, S. 281). Von zentraler Bedeutung ist weiterhin die Veröffentlichung von zwei Standards des US-amerikanischen Financial Accounting Standards Board (FASB) über „Business Combinations“ und „Goodwill and Other Intangible Assets“ (SFAS 141 und 142), welche die Pflicht zur separaten Bilanzierung von Marken bei Unternehmensverbindungen ausdrücken. Es besteht die Absicht, diese Regeln auf die internationalen Rechnungslegungsregeln IAS/IFRS zu übertragen. Ab 2005 ist in der EU der Konzernabschluss nach IAS/IFRS für kapitalmarktorientierte Unternehmen Pflicht; wobei Ausstrahlungen auf den Einzelabschluss bzw. nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen zu erwarten sind. Spätestens dann kann das Rechnungs-
4
1. Einleitung
wesen die Bewertung von Marken nicht mehr ignorieren und das Markenmanagement muss weiter in der Blickpunkt der Unternehmen rücken (vgl. Absatzwirtschaft 2004; Grauel 2003, S. 67 f.; Zerres 2004; Bialas 2005; vgl. auch Fußnote 229 in Abschnitt 4.3.1.2.1). Spätestens dann werden auch B2B-Anbieter Marken nicht mehr länger nur als Kostenfaktor, sondern als Investition in die Steigerung des monetären Markenwertes, sehen. Um die Wertentwicklung greifbar und steuerbar zu machen wird das Interesse an quantitativen „harten Markenfakten“ größer werden (vgl. Riesenbeck, Perrey 2004, S. 69). Der Grund hierfür lautet: „What is not measured is not managed“ (Munoz, Kumar 2004, S. 381; vgl. auch Klingebiel 1997, S. 658). Das Resümee für die Anbieterseite lässt sich in folgendem Zitat erfassen: „Brands are important because they create ongoing value for the firm, even in highly competitive and commoditized b-to-b markets.“ (Schultz, Schultz 2000, S. 24) Vor der Zwangslage des Wettbewerbsumfelds erscheinen der Aufbau einer B2BMarke und die Positionierung über rationale und insbesondere auch emotionale Inhalte eine aussichtsreiche Lösung für Industriegüterunternehmen. In der B2B-Unternehmenspraxis steigen allmählich die Akzeptanz und der Stellenwert von Emotionalität. Beflügelt durch neurowissenschaftliche Studien, die belegen, dass menschliche Entscheidungen im Gehirn immer kognitive und emotionale Komponenten enthalten, offenbaren auf der Nachfragerseite selbst Top-Manager wie Heinrich von Pierer (Siemens), Wendelin Wiedeking (Porsche) oder Bernd Pischetsrieder (BMW) mutig, dass manche Managmententscheidungen „aus dem Bauch heraus“ getroffen werden (vgl. Gebert 2004, S. 134; Weber 1995, S. 72 f.). Sie geben damit zu, dass in industriellen Entscheidungen Emotionen eine Rolle spielen. Auch wenn dies aufgrund äußerer Erwartungen und Konventionen in der westlichen Welt häufig negiert wird: "People buy on emotion and justify on fact" (Zitat aus Internet). Auf Anbieterseite wagen vereinzelt erste Unternehmen wie KUKA Investitionen in den konsequenten Aufbau einer B2B-Marke, die bewusst über emotionale Elemente wie Spaß, Design und Sicherheit kommuniziert wird (vgl. Kaluza 2005). Eine Benchmark-Studie mit erfolgreichen B2B-Markenunternehmen und anderen NichtMarkenunternehmen offenbart, dass konsequenter Markenaufbau und Positionierung die größten Erfolgsfaktoren im B2B-Bereich darstellen: erfolgreiche Unternehmen haben für ihre B2B-Marke eine klare, einfache und differenzierende Positionierung definiert, weniger erfolgreiche Unternehmen haben das nicht getan (vgl. Schultz, Schultz 2000, S. 26). Im B2C-Bereich treibt der Emotionalitätstrend in der Praxis mitunter absurde Blüten. Neben den fortwährenden „Zweiflern“ gibt es diejenigen, die das Thema „Emotionalität“ falsch verstanden haben. Sie übertreiben die Verwendung von leeren Emotionen und schaffen damit lediglich eine „oberflächliche Emotionalisierung“ (vgl. Brandmeyer
1.1 Zur Relevanz des Themas
5
2003; Terhörst 2005, S. 19). So ist eine neue Austauschbarkeit der B2C-Marken unverkennbar (vgl. Nöthel 1999, S. 26). Viele Slogans klingen inzwischen gleich: „Is it love?“ von Mini, „Aus Liebe zum Automobil“ von Volkswagen, „Ich liebe es“ von McDonalds oder „We love to entertain you“ von ProSieben. Das vergleichsweise rückschrittlichere B2B-Markenmanagement sollte neben den positiven, besonders die negativen Erfahrungen aus dem B2C-Bereich nutzen und nicht die gleichen Fehler machen, sondern direkt auf die Akzentuierung wirksamer und leistungsbezogener Emotionen achten (vgl. zur Transferierbarkeit Abschnitt 2.2.1.3). Als generelles Fazit lässt sich festhalten, dass das Thema der vorliegenden Arbeit aktuell von hoher und zukünftig von noch steigender Relevanz ist – sowohl generell Marken im B2B-Bereich als auch speziell deren Positionierung zwischen Rationalität und Emotionalität (vgl. Abschnitte 2.2.2.2 und 2.2.3). Dennoch fehlt es bislang an umfassenden wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und empirischen Nachweisen zu dieser Thematik. Weder in der Markenliteratur (vgl. Abschnitt 2.2.2.3) noch in der Literatur zum organisationalen Kaufverhalten (vgl. Abschnitt 2.1.1.1) oder der Literatur zur Positionierung (vgl. Abschnitt 2.2.3.5) werden B2B-Marken und insbesondere deren Ausmaß an Rationalität und Emotionalität ausreichend behandelt (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 404 und 414; vgl. Literaturüberblick zu B2BMarken und Emotionalität in Abschnitt 4.2.2). Doch zum erfolgreichen Markenmanagement im B2B-Bereich ist die Kenntnis über die komplexen Ursachen-WirkungsZusammenhänge unentbehrlich: „Langfristig ist man nur erfolgreich, wenn man weiß, warum man erfolgreich ist. (Rupert Lay) “ (vgl. Brandmeyer, Pirck 2004, S. 5). Nach Abschluss der theoretischen und konzeptiellen Grundlagen sowie einer umfassenden Bestandsaufnahme zum Status der Forschung liefert Abschnitt 2.3.1 ein weiteres ausführlicheres Plädoyer zur Relevanz der vorliegenden Arbeit. 1.2
Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit
Die Relevanz des Themas „Positionierung von Business-to-Business-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität“ wurde in Abschnitt 1.1 begründet. Zudem wurde der bestehende Forschungsbedarf kurz konstatiert (vgl. späteren Abschnitt 2.2.2.3). Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Grundlagen zur Positionierung von B2B-Marken insbesondere vor dem Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität zu erarbeiten, einen integrierenden Bezugsrahmen zu entwickeln, sowie erste empirische Nachweise zur Rolle von Rationalität und Emotionalität zu liefern. Da die Thematik bislang nicht betrachtet wurde, ist es zunächst erforderlich, die Grundlagen zu den einzelnen Themenbestandteilen umfassend zu durchdringen und auf ihren Beitrag zur vorliegenden Arbeit hin zu bewerten, sowie die Beiträge an-
6
1. Einleitung
schließend in einem Bezugsrahmen zusammenzutragen (vgl. Kapitel 2). Auf dieser Basis werden konkrete Forschungsfragen beantwortet (vgl. Fragen in Tabelle 1). Forschungsfragen (FF)
Beantwortung schwerpunktmäßig … konzeptionell empirisch
1
Wie wirken sich die B2B-Besonderheiten auf die Positionierung aus?
X
2
Welche Bedeutung spielen Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken? (als Reaktionen der Nachfrager und als Reize der Anbieter)
X
3
Wie ist der Positionierungserfolg von B2B-Marken aufgebaut? Welche Rolle spielen Rationalität und Emotionalität bei den Reaktionen der industriellen Nachfrager?
X
X
4
Was sind potentielle und was erfolgsversprechende rationale und emotionale Positionierungsinhalte bei B2B-Marken, die von den Industriegüteranbietern als Reize vermittelt werden können?
X
X
5
Welche Kontextfaktoren wirken auf die Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität ein?
X
X
Tabelle 1: Überblick über die Forschungsfragen
Zunächst stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Besonderheiten des B2BKontexts (vgl. Abschnitt 2.2.1.2) auf die Positionierung von Marken haben (Forschungsfrage 1). Dabei können die Auswirkungen sowohl den übergeordneten Positionierungsprozess als auch die Positionierungsinhalte betreffen. In Bezug auf die Positionierungsinhalte ist im B2C-Bereich eine Unterscheidung zwischen rationalen und emotionalen Inhalten üblich. Vor dem B2B-Hintergrund überwog traditionell die Rationalität; allmählich erst steigt die Betrachtung von Emotionalität. Aus diesem Grund lautet die nächste Frage, welche Bedeutung der Rationalität und welche Bedeutung der Emotionalität bei B2B-Marken zukommt (Forschungsfrage 2). Ein häufig vernachlässigter Aspekt der Positionierung ist der Positionierungserfolg, obwohl dieser von alles entscheidender Bedeutung ist, da von seiner Modellierung die Auswahl der Positionierungsinhalte abhängt. Die dazugehörige Forschungsfrage ist: Wie sieht vor dem Hintergrund der vorliegenden Arbeit ein Modell des Positionierungserfolges aus? Und spielen rationale und emotionale Reaktionen bei den industriellen Nachfragern eine Rolle für den Positionierungserfolg? (Forschungsfrage 3). Auf Basis des Erfolgsmodells ist es möglich, potentielle B2B-Positionierungsinhalte zu beurteilen. Es stellt sich der Fragenkomplex, was potentielle und erfolgsversprechende rationale und emotionale Positionierungsinhalte für B2B-Marken sind, die von Industriegüteranbietern als Reize vermittelt werden (Forschungsfrage 4). Schließlich ist davon auszugehen, dass die Erfolgswirkung der einzelnen Positionierungsinhalte im Sinne eines situativen Ansatzes von dem Kontext der jeweiligen B2B-Marke abhängt. Deshalb ist die Frage zu beantworten, unter welchen Rahmenbedingungen welche rationalen und emotionalen Positionierungsinhalte geeignet sind (Forschungsfrage 5).
1.3 Abgrenzung und Vorgehensweise der Arbeit
1.3
7
Abgrenzung und Vorgehensweise der Arbeit
Wie schon mehrfach betont, behandelt die vorliegende Arbeit die „Positionierung von Business-to-Business-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität“. Obwohl dieses Thema sehr konkret ist, bestehen zahlreiche Bezugspunkte bzw. Schnittstellen zu umfassenden Themenbereichen wie beispielsweise dem organisationalen Kaufverhalten, dem Markenmanagement allgemein oder der Positionierung. Um eine Ausuferung zu vermeiden und gleichzeitig das Thema ausreichend zu konkretisieren, ist eine detaillierte Abgrenzung des Themas in Bezug auf jeden Themenbaustein erforderlich. Positionierung ist eine spezielle Aufgabe des Markenmanagements. Aufgrund des zentralen und strategischen Charakters der Positionierung sind Auswirkungen auf das gesamte Markenmanagement wie beispielsweise die Preisstrategie, die Produktstrategie, die Kommunikationsstrategie unausweichlich. Dennoch werden diese eher die Implementierung der Positionierung betreffenden Strategien in der vorliegenden Arbeit ausgeblendet und ein Fokus auf die Entwicklung der inhaltlichen Positionierungsstrategie gelegt. Der Positionierungserfolg wird in der vorliegenden Arbeit in zwei Stufen modelliert: der (vorökonomische) Erfolg bei den Zielgruppen bzw. Nachfragerunternehmen und der darauf folgende (ökonomische) Erfolg beim Anbieterunternehmen (vgl. Abschnitt 4.3). Da der Erfolg bei den Zielgruppen die notwendige Basis für den gesamten Erfolg darstellt, liegt der Schwerpunkt der Arbeit, und insbesondere der Empirie, bei der Betrachtung des zielgruppenbezogenen Positionierungserfolges, d.h. bei der Effektivität in Bezug auf die Zielgruppenansprache. Der ökonomische Erfolg im Anbieterunternehmen wird vernachlässigt. Bei der Suche nach potentiellen Positionierungsinhalten wird weniger eine Einschränkung, sondern eher eine Erweiterung des Themenkomplexes vorgenommen (vgl. Abschnitt 4.4). Eine bewusst eingenommene „Vogelperspektive“ ist zum einen notwendig, da kaum Arbeiten zu Positionierungsinhalten für B2B-Marken existieren, und zum anderen vorteilhaft, um eine umfassende Informationsbasis zu erhalten. So wird unter anderem Literatur zu Kaufkriterien oder zu Segmentierungskriterien in die Suche nach Positionierungsinhalten einbezogen. Die Auswahl von erfolgsversprechenden B2BPositionierungsinhalten erfolgt ausschließlich unter Effektivitätsgesichtspunkten, d.h. der Wirkung auf den Positionierungserfolg bei den Zielgruppen. Eine Analyse von Umsetzungsvariationen durch Kommunikation, Mitarbeiter etc. und deren Effizienz entfällt ebenso wie eine dynamische Betrachtung der Positionierung im Zeitverlauf und eine Betrachtung von konkreten Marktbedingungen im Einzelfall. Die Bezeichnung B2B-Marke verdeutlicht, dass sich die vorliegende Arbeit auf die Betrachtung des Business-to-Business-Kontexts beschränkt. Damit werden Marken für den Business-to-Consumer-Bereich und Dienstleistungsbereich explizit ausge-
8
1. Einleitung
grenzt. Noch spezieller bezieht sich die vorliegende Arbeit nur auf Investitionsgüter und Produktionsgüter und lässt selbst industrielle Dienstleistungen außer Acht (vgl. Abschnitt 2.2.1.1). Es könnte kritisiert werden, dass Marketingdiagnosen nicht für sämtliche Industriegüter durchgeführt werden können, sondern ein Fokus auf eine Güterklassifizierung notwendig ist (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1580). Dem kann entgegnet werden, dass andere Studien zur Markenpositionierung nicht nur für gesamte Märkte, wie den B2C-Bereich, sondern sogar marktübergreifend, d.h. für B2B-, B2Cund Dienstleistungsbereiche durchgeführt wurden (vgl. Positionierungsmodelle in Abschnitt 2.2.3.5). Zudem will die vorliegende Arbeit lediglich ein Grundverständnis für die Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität schaffen. Um konkrete Positionierungsstrategien für B2B-Unternehmen zu definieren, sind selbstverständlich weitere Studien mit engem Branchenfokus notwendig. Der Fokus auf den B2B-Bereich wird konsequent verfolgt. Die Befragung für die empirische Analyse wird bei B2B-Kunden, d.h. den Nachfragerunternehmen, durchgeführt. Private Endkunden werden aus der Analyse komplett ausgegrenzt. Damit entfällt auch die Betrachtung von B2B-Marken im Sinne des Ingredient Branding, obgleich dies eine häufige Form des B2B-Markenmanagements darstellt (vgl. Freter, Baumgarth 1996, 1998, 2001; Kleinaltenkamp 2001; Pförtsch, Müller 2006). Bei den Nachfragerunternehmen ist es üblich, dass mehrere Mitarbeiter in Form eines Buying Centers an der Kaufentscheidung beteiligt sind. Es lassen sich die Ebene des Unternehmens, des Buying Centers und des Individuums unterscheiden (vgl. Abschnitt 2.1.1.1). Aufgrund der Tatsache, dass die Markenpositionierung auf Ebene des Individuums wahrgenommen und beurteilt wird, beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Analyse der Individualebene2. Um Rückschlüsse für das Buying Center und das Unternehmen ziehen zu können, werden für die Befragung Individuen mit möglichst großer Entscheidungsbefugnis ausgewählt. Um der heterogenen Zusammensetzung von Buying Centern mit Mitarbeitern aus Geschäftsführung, Einkauf, Technik, Produktion etc. gerecht zu werden, werden bei der Befragung Individuen aus den verschiedenen Funktionsbereichen angesprochen. Eine weitere Abgrenzung in Bezug auf die B2B-Marke ergibt sich hinsichtlich der Markenarchitektur. Zum einen wird in der vorliegenden Arbeit die Positionierung von Einzelmarken analysiert. Positionierungen in Mehrmarkensystemen oder bei Markenkooperationen und deren spezifische Abstimmungsanforderungen werden nicht betrachtet. Zum anderen ist anzumerken, dass Einzelmarken auf unterschiedlichen Ebenen in der Markenarchitektur vorkommen: Produktmarken, Produktgruppenmar-
2
Die Individualebene stellt zugleich die Verbindung zwischen organisationalem und individuellem Kaufverhalten her (vgl. Abschnitt 2.1.1.1 und 2.1.1.2) und begründet die Transferierbarkeit von Konzepten und Modellen aus dem B2C-Bereich auf den B2B-Bereich (vgl. Abschnitt 2.2.1.3).
1.3 Abgrenzung und Vorgehensweise der Arbeit
9
ken und Dach- bzw. Unternehmensmarken. Positionierungsinhalte können je nach Art und Bezugsobjekt für alle Ebenen oder, wenn sie sehr konkret sind, nur für einzelne Ebenen anwendbar sein. Inwiefern eine Fokussierung auf eine Ebene der Markenarchitektur notwendig ist, ist deshalb diskutabel. Dennoch stehen in der vorliegenden Arbeit Dach- bzw. Unternehmensmarken im Fokus, da diese im B2B-Bereich am weitesten verbreitet sind (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Die diesbezügliche Befragung erfolgt zu fiktiven Marken und Kaufentscheidungen. Es werden keine konkreten Unternehmensmarken vorgegeben. Zuletzt ist im Zusammenhang mit dem Themenbaustein „Rationalität und Emotionalität“ anzumerken, dass dieses Spannungsfeld nicht nur bei der Positionierungsstrategie auf Seite des Anbieterunternehmens, sondern auch bei der Verarbeitung und der Reaktion auf Seite des Nachfragerunternehmens betrachtet wird. Bei der Art von Positionierungsinhalten beschränkt sich die vorliegende Arbeit ausschließlich auf die nähere Betrachtung von rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten und lässt andere Kategorisierungen außen vor (vgl. Abschnitt 2.2.3.4). Die Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Arbeit ist in vier Bereiche gegliedert. Da das Thema bislang kaum durchdrungen wurde ist zunächst in Kapitel 2 notwendig, sowohl die theoretischen als auch die konzeptionellen Grundlagen ausführlich vorzustellen. Auf dieser Basis wird in Abschnitt 2.3 zunächst ein Plädoyer über die Relevanz und den Forschungsbedarf zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität gegeben und anschließend ein Bezugsrahmen entwickelt. Mit Kapitel 2 wird zum einen die Relevanz des vorliegenden Themas ausführlich begründet, und zum anderen wird ein Überblick über den Stand der Forschung geliefert, der als Grundlage für den Bezugsrahmen und die Ausarbeitung des Themas dient. Kapitel 3 ist den Grundlagen der empirischen Untersuchung gewidmet. Neben der Beschreibung der Datenerhebung und der Datengrundlage zählt hierzu insbesondere die kurze Beschreibung der statistischen Vorgehensweise und der angewandten Methoden. Das nun folgende Kapitel 4 beschäftigt sich unmittelbar mit dem Thema der vorliegenden Arbeit. Es besteht aus fünf Abschnitten, die entlang der fünf in Abschnitt 1.2 vorgestellten Forschungsfragen aufgebaut sind. Dabei werden die Antworten auf die Forschungsfragen jeweils konzeptionell erarbeitet und gegebenenfalls die empirischen Ergebnisse vorgestellt. Abschließend folgen in Kapitel 5 ein Fazit und Ausblick der Arbeit.
10
1. Einleitung Positionierung von Business-to-Business-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
1. Einleitung
2. Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
2.1 Theoretische Bezugspunkte Grundlagen zum Kaufverhalten Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität 2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte Charakteristika des B2B-Marketing Markenmanagement im B2B-Bereich Positionierung als Herausforderung im Rahmen des B2B-Markenmanagements 2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rational und Emotional (Zusammenfassung) Zusammenfassendes Plädoyer zur Positionierung von B2B-Marken Entwicklung eines Bezugsrahmens Herausforderungen bei der Erforschung
3. Empirisches Vorgehen
3.1 Datenerhebung und Datengrundlage 3.2 Methodische Konzeptionen der Untersuchung
4. Untersuchung der Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken (FF1) 4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken (FF2)
4.4 Positionierungsinhalte bei B2B-Marken (FF4)
4.3 Positionierungserfolg von B2B-Marken (FF3) 4.5 Kontextfaktoren (FF5)
5. Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
Abbildung 1: Vorgehensweise der Arbeit
2.1 Theoretische Bezugspunkte
11
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte der Arbeit Da es bislang keine Untersuchung zum Thema Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität gibt, ist es notwendig, die theoretischen und konzeptionellen Bezugspunkte darzustellen und ihren jeweiligen Beitrag für die vorliegende Arbeit zu erläutern. Zunächst werden in den Abschnitten 2.1.1 und 2.1.2 theoretische Grundlagen zum Kaufverhalten und zum Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität vorgestellt. Anschließend werden in den Abschnitten 2.2.1, 2.2.2 und 2.2.3 konzeptionelle Bezugspunkte zum B2B-Marketing, zum B2BMarkenmanagement und zur Positionierung betrachtet und bewertet. Die Integration der Erkenntnisse in einen Bezugsrahmen für die vorliegende Arbeit erfolgt in Abschnitt 2.3. 2.1
Theoretische Bezugspunkte
2.1.1 Grundlagen zum Kaufverhalten Markenpositionierung bezweckt, die Zielgruppen im Sinne des Unternehmens zu beeinflussen (vgl. Abschnitt 2.2.3). Dies setzt eine detaillierte Kenntnis der menschlichen Prozesse und deren Kaufverhalten voraus. Da sich die vorliegende Arbeit auf den Business-to-Business Bereich fokussiert (vgl. Abschnitt „Abgrenzung der Arbeit“ 1.3) wird in Abschnitt 2.1.1.1 ein kurzer Überblick über das Kaufverhalten von Organisationen gegeben. Weil im B2B-Bereich nicht abstrakte Organisationen, sondern einzelne Individuen die Akteure sind, folgt in Abschnitt 2.1.1.2 eine kurze Vorstellung zum Kaufverhalten von Individuen. 2.1.1.1 Kaufverhalten von Organisationen Das Kaufverhalten von Organisationen (B2B) und Individuen (B2C) unterscheidet sich bezüglich der Kaufentscheidungsprozesse3 (vgl. Webster, Keller 2004, S. 393; Rozin 2004, S. 344). Während Individuen seit jeher im Blickpunkt stehen hat das organisationale Kaufverhalten erst die letzten 40 Jahre viel Aufmerksamkeit erhalten. Es ist durch die Besonderheiten des B2B-Bereiches wie abgeleitete Nachfrage, Multipersonalität, hoher Formalisierungsgrad, lange Geschäftsbeziehungen etc. geprägt (vgl. Homburg, Krohmer 2003, S. 85; zu Besonderheiten Abschnitt 2.2.1.2).
3
Engelhardt und Günter (1981, S. 45) stellen fest, dass viele Ansätze zur Käuferverhaltenstheorie im Investitionsgüterbereich lediglich modifizierte Ansätze aus der Konsumentenverhaltenstheorie darstellen. Sie akzeptieren diese Vorgehensweise mit der Begründung, dass die Grundstruktur und Teilbereiche von beiden Kaufprozessen, abgesehen von unterschiedlichen Ausprägungen und Gewichtungen, ihrer Auffassung nach sehr ähnlich sind (vgl. zur Transferierbarkeit auch Abschnitt 2.2.1.3).
12
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Grundlegend können, abgesehen von Umweltfaktoren, beim organisationalen Kaufverhalten drei Ebenen unterschieden werden, welche den Entscheidungsprozess determinieren: die Organisations- bzw. Unternehmensebene, die Buying Center bzw. Gruppenebene und die Individualebene4 (vgl. Engelhardt, Günter 1981, S. 44). Die Darstellung des Kaufverhaltens ist aufgrund der Vielschichtigkeit und der spezifischen Zusammensetzung von Fall zu Fall sehr komplex. Dennoch existieren zahlreiche Theorien und Modelle, die versuchen, den organisationalen Kaufprozess zu systematisieren5 (vgl. Reid, Plank 2000, S. 42; Johnston, Lewin 1996; Backhaus 2003, S. 61 ff.; Engelhardt, Günter 1981, S. 45 ff.; Homburg, Schneider 2001, S. 592 ff.; Homburg, Krohmer 2003, S. 88 ff.; Ward, Webster 1991; Willrodt 2004, S. 20 ff.; Miller, Hickson, Wilson 1996). Fitzgerald (1989, S. 12 ff.) trennt zwischen älteren Ansätzen, die das individuelle Kaufverhalten betrachten, und neueren Ansätzen, die das organisationale Kaufverhalten und die Interaktion in den Vordergrund stellen. Das individuelle Kaufverhalten differenziert er weiterhin in organisationslose Ansätze und organisationale Ansätze, die sogenannten „Buyer-Behavior-Modelle“ (vgl. auch Kirsch, Kutschker, Lutschewitz, 1980). Diese versuchen zumeist unter Zuhilfenahme des SOR-Paradigmas das Entscheidungsverhalten von Individuen beim Kauf von Industriegütern zu erklären6 (vgl. nachfolgender Abschnitt 2.1.1.2). Beispielsweise stellt Kotler (2004) sein „Model of business buyer behavior“ vor. Fitzgerald kritisiert im Jahr 1980 die „älteren Ansätze“, die lediglich „Einkäufer“ betrachten und Beziehungen zwischen den Beteiligten ausblenden, und lobt stattdessen die „neuen Ansätze“ der Interaktion. Inzwischen ist eine Umkehr der Thematik zu verzeichnen. So stellen Nord und Fox (1996, S. 148) fest, dass die Individualebene bei Studien in Organisationen beinahe verschwunden ist und stattdessen nur noch Interaktionen zwischen Individuen und deren Kontext analysiert werden. Dennoch sind beide Ansätze interessant, um einerseits die Struktur des organisationalen Kaufverhaltens und andererseits die Rolle der Individuen im organisationalen Kaufverhalten zu verstehen.
4
5
6
Beispielsweise kann die Unternehmensebene für den Kaufprozess verbindliche Verhaltensnormen und Entscheidungsregeln vorgeben. Die Gruppenebene kann je nach Größe, Zusammensetzung, Machtbeziehungen, Konflikthandhabung etc. Einfluss auf den Entscheidungsprozess ausüben. Und die Individualebene drückt aus, dass die Beteiligten auch im Arbeitsleben ihre Individualität in Form von demografischen, persönlichen und sozialen Merkmalen einbringen (vgl. Engelhardt, Günter 1981, S. 44). Homburg und Krohmer (2003, S. 88 ff.) unterscheiden zwischen kostenorientierten Modellen und deskriptiven Modellen, welche das Buygrid-Modell, die Strukturmodelle, die Prozessmodelle, die Interaktionsansätze und den Geschäftsbeziehungsansatz subsumieren. Backhaus (2003, S. 61 ff.) beispielsweise unterscheidet zwischen qualitativen Analysen (Partialansätze und Totalmodelle), Interaktionsansätzen und quantitativen Analysen des organisationalen Beschaffungsverhaltens. Für Details wird auf die angegebene Literatur verwiesen. Problematisch an den SR bzw. SOR-Modellen ist, dass diese die Interaktivität bei organisationalen Kaufprozessen nicht darstellen (vgl. Backhaus, Büschken 1998, S. 152).
2.1 Theoretische Bezugspunkte
13
Für die vorliegende Arbeit sind erstens Modelle relevant, die ein grundlegendes Verständnis von Strukturen, Prozessen und Inhalten der organisationalen Kaufentscheidungen schaffen. Dies vermitteln deskriptive Modelle am besten. Hierzu zählen beispielsweise das Buygrid-Modell von Robinson, Faris und Wind (1967), das Modell von Webster und Wind (1972, 1972b), das Modell von Sheth (1973), das Modell von Choffray und Lilien (1978), das Modell von Johnston und Lewin (1996) oder die Interaktionsansätze (vgl. bspw. IMP-Ansatz bei Hakansson 1982) und Geschäftsbeziehungsansätze (vgl. Dwyer, Schurr, Oh 1987). Da jede Entscheidung in Unternehmen von Menschen getroffen wird, kam das Bewusstsein auf, dass bei der Kaufentscheidung „auch persönliche Einflüsse im weiteren Sinne eine Rolle spielen können“ (vgl. Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 304). Deshalb sind zweitens Modelle interessant, die speziell das Individuum im organisationalen Kaufprozess betrachten. Zu erwähnen sind jegliche Buying Center Konzepte, welche die Struktur des Buying Centers, die Rolle der Mitglieder, die Entscheidungstypologie etc. betrachten. Verbreitet sind beispielsweise die Buying Center Struktur nach Webster und Wind (1972, S. 78 ff.), das Promotoren-Modell nach Witte (1973, 1976), die Informationsverhaltenstypologie7 nach Strothmann (1979, S. 90 ff.) oder der Buying Network-Ansatz von Bristor (1987) oder Johnston und Bonoma (1981). Bei der Betrachtung der Individualebene sind nicht nur die Rolle, Position und Funktion des Buying Center-Mitglieds, sondern insbesondere seine „Einflussstärke auf die Entscheidung“8 wichtig (vgl. Backhaus 2003, S. 92). Je größer die formale und informale Machtposition des Individuums, sowie seine Einflussmöglichkeit, Durchsetzungsfähigkeit und seine Netzwerke sind, desto größer ist sein persönlicher Einfluss auf die getroffene Entscheidung des Unternehmens; und desto wichtiger ist die persönliche Einstellung des Individuums zu Kaufalternativen (vgl. Barten 1997, S. 177). Derartige Individuen werden auch als „Entscheider“ bezeichnet: „Some members of the buying center (deciders) may have the authority to decide on behalf of the organisation, and could conceivably behave in an autocratic, authoritarian manner. “ (Webster, Keller 2004, S. 394)
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Vergleiche auch Kundensegmentierung auf B2B-Märkten nach Droege, Backhaus, Weiber (1993, S. 61): Faktenorientierte, Sicherheitsmaximierer, Inspekteure, Imageorientierte. Vergleiche zu SIcherheitsorientierten industriellen Einkäufern weiterhin Wilson (1971). Einen engen Bezug zu dieser Thematik weist auch die Literatur zur „Macht“ von Individuen im Buying Center auf. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Modell von Anderson und Chambers (1985), das davon ausgeht, dass am Entscheidungsprozess beteiligte Mitarbeiter versuchen, persönliche Ziele zu erreichen, welche auf dem Anreizsystem des Unternehmens basieren.
14
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
In Bezug auf die vorliegende Arbeit leisten die Modelle des Kaufverhaltens von Organisationen folgenden Beitrag. (1) Unternehmens-, Gruppen- und Individualebene Ziel der Markenpositionierung ist die Beeinflussung der Wahrnehmung und des Verhaltens von Zielgruppen. Zwei der drei Entscheidungsebenen im B2B-Kontext, die Unternehmensebene und die Buying Center-Ebene, dienen zwar zur Veranschaulichung des industriellen Kaufprozesses, sind jedoch als abstrakte Größen zu verstehen. Wie das Modell von Webster und Wind (1972, 1972b) und das Modell von Choffray und Lilien (1978) darstellen werden letztendlich alle Entscheidungen im Unternehmen von Menschen getroffen, ob als Individualentscheidung oder als Gruppenentscheidung9. Einige Zitate bestätigen das: -
„In the final analysis, all organizational buying behaviour is individual behaviour.” (Webster, Wind 1972, S. 88)
-
„B2B purchasing is an amalgam of decisions made by individuals.” (Lynch, de Chernatony 2004, S. 412)
-
“The actions and decisions of … individuals can determine the strength and structure of the relationship between two firms. Thus, to understand the forces that drive … at the organizational level, it is necessary to understand the forces that drive … at the personal level.” (Tellefsen 2002, S. 646)
Damit wird deutlich, dass die wichtigste Ebene, die es mit der B2BMarkenpositionierung zu beeinflussen gilt, die Individualebene ist (vgl. Abgrenzung der Arbeit in Abschnitt 1.3). Mit der Fokussierung auf die Individualebene liegt es nahe, die Erkenntnisse zum Kaufverhalten von Individuen bzw. zum Konsumentenverhalten näher zu betrachten. Schließlich sind die individuellen Prozesse per se im B2C- und im B2B-Bereich identisch (vgl. Willrodt 2004, S. 31). Dies erfolgt in Abschnitt 2.1.1.2. Gleichzeitig ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Kaufverhalten von Individuen im organisationalen Kontext sich vom dem im privaten Kontext unterscheidet10. Einerseits nimmt „jedes Individuum seine Eigenarten, Einstellungen, Werthaltungen, Abhängigkeiten, Schwächen, Unzulänglichkeiten und auch seine emotionalen Befindlichkeiten mit in die Unternehmung hinein“ und trifft vor diesem
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10
Zu einer Gegenüberstellung von Individual- und Gruppenentscheidungen vergleiche Eisenführ und Weber (1999, S. 311 ff. und S. 335 ff.). Nieschlag, Dichtl und Hörschgen (2002, S. 591) weisen im Zusammenhang mit dem Kaufverhalten von Individuen darauf hin, dass damit die „Beschaffungsentscheidungen von Organisationen (z.B. Unternehmen) oder Gruppenentscheidungen (Kaufentscheidung von Haushalten) nur insofern tangiert werden, als auch dort Menschen agieren“ und dass die Besonderheiten des jeweiligen Umfeldes, z.B. die soziale Interaktion, der Zwang zur Rationalität etc., das Kaufverhalten zusätzlich beeinflussen.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
15
Hintergrund geschäftliche Entscheidungen (vgl. Schafmann 2000, S. 57). Andererseits sind Individuen in ihrer Wahrnehmung und ihrem Verhalten immer durch den Kontext, dies ist in der vorliegenden Arbeit der organisationale Kontext, geprägt. Ihre Wahrnehmung wird durch die eigenen Erwartungen bezüglich des Lieferanten, das organisatorische Klima in ihrem Unternehmen und die Bewertung ihrer eigenen Leistung beeinflusst (vgl. Solomon 2004, S. 402). Analog dazu konstatiert Merbold (1993, S. 578), dass industrielle Käufer in einer besonderen psychologischen Lage sind, da sie mit fremdem Geld kaufen, über langfristige Bindungen entscheiden und deshalb hohe Unsicherheit und Risiko empfinden. Barten (1997, S. 154 ff.) und Brierty, Eckles, Reeder (1998, S. 92 f.) bemerken in diesem Zusammenhang, dass das Verhalten von Individuen in organisationalen Kaufentscheidungen zum einen durch die Ziele und Erwartungen der Organisation (Organisationale Ziele und Motivationen) „Fremd-begrenzt“ und zum anderen durch die Ziele und die Individualität des Entscheidenden „Eigen-begrenzt“ ist. Beides wirkt unauflöslich zusammen, wobei die persönlichen Ziele nicht dominieren dürfen. Als Fazit kann zusammengefasst werden, dass organisationale Entscheidungsprozesse von der Umwelt, der Unternehmens- und der Gruppenebene beeinflusst werden, jedoch immer auf individueller Ebene stattfinden und auch nur auf dieser Ebene gemessen werden können (vgl. Willrodt 2004, S. 26). (2) Marken im organisationalen Kaufverhalten Marken und ihre Positionierung werden im Rahmen von Theorien und Modellen des organisationalen Kaufverhaltens nicht thematisiert. Ein Bezug ist dennoch erkennbar, indem Marken als Reize des Anbieterunternehmens zu verstehen sind, welche das organisationale Kaufverhalten beeinflussen sollen. „Industrial buying is a combination of individual and organisational decision making processes, and brands have influence on both sets of processes. “ (Webster, Keller 2004, S. 393) Ein erstes Modell, das nach Angaben der Autoren, sowohl auf den Erkenntnissen des Markenmanagements als auch auf der Theorie zum Kaufverhalten von Organisationen aufbaut, ist das Modell zu „B2B brand communication“ von Lynch und de Chernatony (2004, S. 404 ff.). (3) Rationalität versus Emotionalität im organisationalen Kaufverhalten Im Hinblick auf das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität ist festzuhalten, dass die Mehrheit der Theorien und Konzepte zum organisationalen Kaufverhalten diese Thematik nicht einbezieht11 (vgl. Nippa 2000, S. 215; Lynch, de Chernatony
11
Als Gründe für das Fehlen von Emotionen in der Organisationatheorie nennt Stegner (2001, S. 81) die Dominanz einer ingenieurorientierten Sichtweise, die Dominanz des männlichen Geschlechts und den Wunsch nach hoher Kontrolle in den Organisationen. Wenn das Spannungsfeld
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
2004, S. 405; Schafmann 2000, S. 66; Steger 2001, S. 81). Das im B2B-Bereich und vor allem in der westlichen Welt vorherrschende Menschenbild des „homo oeconomicus“ kommt in den Theorien und Modellen zum Kaufverhalten von Organisationen sehr deutlich zum Ausdruck (vgl. Miller, Hickson, Wilson 1996, S. 291; Abschnitt 2.1.2.1). Emotionalität findet meist keine Erwähnung oder wird direkt negiert. „A scan of the indexes of mainstream textbooks on organizational behavior and organisational theory reveals few, if any, entries under ‚emotions’ or ‚feelings’.” (Fineman 1996, S. 543) Doch die Kritik an den rein rationalen Menchenbildern wächst und die Akzeptanz von emotionalen Aspekten im B2B-Bereich steigt: „These individuals make decisions that may be influenced by both affective and cognitive factors, albeit in an organisational setting.” (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 412; vgl. auch Sherlock 1991). Vereinzelt existieren Ausnahmen, welche emotionale Elemente ansatzweise integrieren. Zum Beispiel das Modell von Webster und Wind (1972b, S. 15, Fig. 1) weist auf der Ebene des Buying Centers darauf hin, dass sowohl aufgabenbezogene als auch nicht-aufgabenbezogene „activities“, „interactions“ und „sentiments“ den industriellen Kaufentscheidungsprozess beeinflussen. Sowohl in Form der „nichtaufgabenbezogenen“ Variablen als auch in Form der „sentiments“ wird der Emotionalität ein Anteil in der organisationalen Kaufentscheidung eingeräumt. Bei dem Modell von Sheth (1973) können die Berücksichtigung von „psychologischen Entscheidungsdeterminanten“, wie persönlicher Background der Beteiligten, oder auch die Konfliktlösungsmechanismen einen Hinweis auf fehlende Rationalität und damit mögliche emotionale Aspekte liefern (vgl. auch Wilson, Woodside 1994, S. 34). Auf der Individualebene deutet die Informationsverhaltenstypologie von Strothman (1979) auf emotionale Elemente hin, indem ein Teil der Kaufbeteiligten als „Image-Reagierer“ bezeichnet werden. Für einen umfassenden Überblick zu emotionalen Faktoren im Business-to-Business Entscheidungsverhalten wird auf die Arbeit von Schafmann (2000, S. 54 bis 71) und insbesondere auf Abschnitt 4.2.2 verwiesen. Eine bewusste und umfassende Betrachtung von Rationalität und Emotionalität im Rahmen des Kaufverhaltens von Organisationen fehlt jedoch bislang und wird von vielen Autoren gefordert (bspw. Lynch, de Chernatony 2004; Thompson, Knox, Mitchell 1998; Wolter, Bacon, Duhan, Wilson, 1989). Es bleibt zu resümieren, dass Marken und das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität kaum einen Niederschlag in der Literatur zum Kaufverhalten von Orgavon Rationalität und Emotionalität in organisationales Kaufverhalten integriert wird, dann ausschließlich als rationale und emotionale externe Reize auf Anbieterseite, aber nicht die Verarbeitung und Wirkung in der Organisation auf Nachfragerseite (vgl. Abratt 1986; Bendixen, Bukasa, Abratt 2004, S. 372; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997; Shaw, Giglierano, Kallis 1989; vgl. auch Literaturüberblick in Anhang 1).
2.1 Theoretische Bezugspunkte
17
nisationen finden. Ein grundlegendes Verständnis des industriellen Kaufverhaltens ist für das B2B-Markenmanagement und deren Positionierung jedoch elementar, um wirkungsvolle Positionierungsinhalte definieren zu können. 2.1.1.2 Kaufverhalten von Individuen Seit sich Mitte der 60er Jahre in den USA die empirische Marketingforschung etablierte, rückte die Konsumentenverhaltensforschung zunehmend in den Blickpunkt der Wissenschaft12. Sie versteht sich als interdisziplinäre Wissenschaft, welche auf Erfahrungen aus Psychologie, Soziologie, Sozialpsychologie sowie der vergleichenden und physiologischen Verhaltenswissenschaft zurückgreift (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 8). Theorien des Konsumentenverhaltens haben das Ziel, Kaufentscheidungen von Individuen auf bestimmte Anreize in der Umwelt zurückzuführen, d.h. das Kaufverhalten von Individuen zu erklären bzw. verständlich zu machen13 (vgl. Diller 1992, S. 560). Auf diese Weise werden Empfehlungen zur Beeinflussung des Konsumentenverhaltens abgeleitet. Zwei Paradigmen dominieren die Verhaltenswissenschaften und bilden jeweils einen Rahmen, dem zahlreiche spezielle Modelle zugeordnet werden können14: das S-R12
13
14
Großes Interesse wird der Erklärung des menschlichen Verhaltens nicht nur in der Psychologie sondern auch im Marketing beigemessen (vgl. Gierl, Stumpp 2001, S. 291). Besonders im angloamerikanischen Raum gilt die Konsumentenforschung seit Ende des 2. Weltkrieges als wichtigstes Teilgebiet des Marketing, was sich in eigenen anerkannten Zeitschriften (z.B. Journal of Consumer Research, Advances in Consumer Research), Konferenzen und in der Anzahl der Veröffentlichungen niederschlägt. Im Vergleich dazu hat die Euphorie dieser Thematik – abgesehen von den Arbeiten von Kroeber-Riel, Weinberg, von Rosenstiel und Wiswede - nicht bzw. erst relativ spät ab den 70er Jahren auf Deutschland übergegriffen und führt als Teildisziplin des Marketing noch immer so etwas wie einen „Dornröschenschlaf“ (vgl. Gröppel-Klein 2001, S. 325; Gröppel-Klein 2004, S. 323; Diller 1992, S. 560). Nach Gröppel-Klein (2004, S. 235) sind die positivistische Forschungsrichtung, die generalisierbare und damit prognostizierbare Muster als Erklärungen sucht, und die verstehende Forschungsrichtung, die einzelne Verhaltensweisen untersucht, zu kategorisieren. Nach dieser Einteilung vertritt die vorliegende Arbeit das positivistische Forschungsparadigma, da allgemein gültige Zusammenhänge im Bereich der Positionierung von B2B-Marken gefunden werden sollten. Nach Behrens (1991, S. 8) kann funktionales und aspektives Konsumentenverhalten differenziert werden. Funktional wird zwischen Konsumentenverhalten im engeren Sinne, d.h. ausschließlich direktes Kaufverhalten von Gütern, und Konsumentenverhalten im weiteren Sinne, d.h. allgemeines Verhalten von Endverbrauchern bezüglich materieller und immaterieller Güter, unterschieden. Die aspektive Differenzierung weist auf eine idealtypische Orientierung, wie den „homo oeconomicus“ in der Mikroökonomie, oder eine realwissenschaftliche Orientierung, die auf der Analyse empirisch ermittelter Ergebnisse basiert, hin. Bezüglich dieser Klassifikationen hat die vorliegende Arbeit ein weitgefasstes und realwissenschaftlich geprägtes Verständnis von Konsumentenverhalten. Beide Paradigmen stellen starke Vereinfachungen von Kaufentscheidungsprozessen dar. Als Beispiele für S-R-Modelle sind die Preisabsatzfunktion oder die Einstellungsveränderung nach der Yale-Schule zu erwähnen (vgl. zur Yale School Frey 1978 und Schenk 1978; Trommsdorff 2002, S. 278 f.). S-O-R-Modelle sind beispielsweise das Präferenzmodell (Idealpunkt, -vektor) von Shocker und Srinivasan (1974) oder das Modell des Konsumentenverhaltens von Howard und Sheth (1969). Homburg und Krohmer (2003, S. 53) unterscheiden neben den SR- und den SORModellen noch eine dritte Form der nutzenorientierten Auswahlmodelle, zu denen nutzenmaximierende Modelle und Modelle der heuristischen Elimination zählen.
18
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Paradigma und das S-O-R-Paradigma (vgl. Bagozzi 1980, S. 43 ff.; Homburg, Krohmer 2003, S. 28 f. und S. 52 f.; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 12; Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 589). Das S-R-Paradigma führt die beobachtbaren Reaktion (R) eines Individuums auf einen beobachtbaren Stimulus (S) zurück. Reaktion eines Kunden im Sinne von Kauf oder Nicht-Kauf werden nach diesem Ansatz unmittelbar von den Stimuli wie beispielsweise der Marke, dem Produkt, der Einkaufstätte oder der Werbung erklärt. Die inneren Abläufe im Individuum werden nicht betrachtet und gleichen einer „Black Box“, weshalb auch häufig von „Black Box“-Modellen gesprochen wird15 (vgl. Behrens 1991, S. 16; Homburg, Krohmer 2003, S. 53). Im Gegensatz zum S-R-Paradigma versucht das neobehavioristisch geprägte S-O-RParadigma explizit unsichtbare Prozesse im Inneren des Individuums, auch intervenierende oder intrapersonale Faktoren genannt, zu verstehen und als Erklärung für das Handeln der Individuen einzusetzen. In einem mehrstufigen Prozess lösen beobachtbare Stimuli (S) aus der Umwelt nicht beobachtbare Vorgänge innerhalb des Organismus (O) der Individuen aus, welche schließlich zur Verhaltensreaktion (R) führen (vgl. Barten 1997, S. 171; Kuß 1991, S. 3). Stimuli bzw. Reize (S) lassen sich auch bei industriellen Einkäufern in innere und äußere Reize kategorisieren (vgl. Solomon 2004, S. 404). Innere Reize sind beispielsweise Stoffwechselvorgänge oder gedankliche Aktivitäten, aber im B2BBereich auch Berufserfahrung oder die Bereitschaft zu risikoreichen Entscheidungen. Äußere Reize können aus der physischen Umwelt (z.B. Gebäude, Werbeanzeige, Töne), der Unternehmensumwelt (z.B. Unternehmen, Buying Center, Kollegen), der näheren sozialen Umwelt (z.B. Familie, Freunde), aber auch der weiteren sozialen Umwelt (z.B. Kultur, Subkultur) entstehen. Reize können erstens nach ihrer wahrgenommenen Art und zweitens nach ihrer Wirkung differenziert werden16 (vgl. auch
15
16
Nach Behrens (1991, S. 16 f.) sind neben dem SR- und dem SOR-Paradigma noch der kognitive Forschungsansatz bzw. das SSR-Paradgima zu benennen. Bei diesem Ansatz werden nichtbeobachtbare, intrapersonale Aspekte nicht durch einzelne Konstrukte (O; z.B. Einstellung), sondern durch ganze Systeme bzw. Prozesse (S; z.B. Modell der kognitiven Informationsverarbeitung) dargestellt. Es ist zu konstatieren, dass S-R-Modelle ein zu einfaches Bild geben, das der komplexen Realität nicht gerecht werden kann. Nicht nur der einfache Fall mit einem Stimulus und einer Reaktion, sondern auch komplexe Prozesse mit mehreren Stimuli und einer bzw. mehreren Reaktionen sind in der Realität denkbar. Zudem wird kritisiert, dass sowohl auf Stimuli- als auch auf ReaktionsSeite Generalisierungen bezüglich der Ausprägungen vorgenommen werden, die in keiner Weise die fließenden Ausprägungen eines Kontinuums zwischen zwei Extrempunkten, wie sie in der Realität auftauchen, umfassen (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 325 ff.). Darüber hinaus kann zwischen bewusst und unbewusst wahrgenommenen Reizen differenziert werden (vgl. zu unbewussten Stimuli beispielsweise Aylesworth, Goodstein, Kalra 1999; Moore 1982; Rogers, Seiler 1994) oder Arbeiten zur „below the line“-Kommunikation (vgl. beispielsweise Auer, Diederichs 1993; Wilmshurst 1993).
2.1 Theoretische Bezugspunkte
19
wahrnehmungs- und wirkungsbezogenes Verständnis der Positionierung in Abschnitt 2.2.3.4). Nach ihrer Art können Reize als emotional (z.B. Bild mit Urlaubsträumen oder Kind) oder rational bzw. informativ wahrgenommen werden (z.B. Text mit detaillierten Informationen) (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 135 ff.). Nach ihrer Wirkung lassen sich drei Kategorien differenzieren: emotional wirkende Reize (z.B. visuelle, akustische, taktile, olfaktorische Reize), kognitiv wirkende Reize (z.B. gedankliche Konflikte, Widersprüche, Überraschungen) und physisch wirkende Reize (z.B. Größe, Farbe) (vgl. Homburg, Krohmer 2003, S. 30 f.). Beide Einteilungen verlaufen nicht zwingend synchron (vgl. Abschnitt 2.1.1.2.1). Da die psychischen Vorgänge im Inneren der Individuen (O) zum einen nicht sichtbar und zum anderen mehrstufig und damit sehr komplex sind, existieren zur Erklärung eine Vielzahl an Theorien und Modellen nebeneinander17. Allgemeine Akzeptanz hat aber die Einteilung in primär affektive und primär kognitive Prozesse erhalten (Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S 50), die oftmals noch um eine Ebene der konativen bzw. reaktiven oder motorischen Prozesse erweitert wird18 (vgl. Behrens 1991, S. 45 f.). Als affektiv bezeichnet man Prozesse, welche die Individuen mit grundlegenden Antriebskräften versorgen19. Kognitive Prozesse entstehen durch die gedankliche Durchdringung aktuell aufgenommener Informationen20 (vgl. Grunert 1990). Laut Behrens (1991, S. 46) sind reaktive bzw. motorische Prozesse „nicht nur ein ausführendes, sondern ein selbständiges System ... das mit den anderen Systemen der menschlichen Informationsverarbeitung vernetzt ist und wichtige Beiträge 17
18
19
20
Genau an dieser bisherigen Kenntnislücke setzen interdisziplinäre Studien an, welche mit Hilfe der funktionellen Kernspintomographie versuchen, einen direkten „Blick“ in die „Black-Box“ des SOR-Paradigmas bzw. in das menschliche Gehirn während der Markenwahrnehmungen oder der Kaufentscheidungen zu werfen und daraus Erkenntnisse für das Marketing und konkret auch für das Markenmanagement oder die Positioneirung abzuleiten (vgl. Göttgens et al. 2005, S. 4 f. und S. 7 f.). Die Dreiteilung in „affect“, „cognition“ und „conation“ geht nach Peterson, Hoye und Wilson (1986, S. 19) schon auf Plato zurück. Alle drei Prozesse sind einerseits eigenständig und andererseits in vielfältigen Wechselwirkungen miteinander verknüpft (vgl. Beispiele für Wechselwirkungen bei Behrens 1991, S. 209). Ein Konstrukt, dessen man sich bedient, um unsichtbare, interne Prozesse greifbar zu machen ist die Einstellung. Im Zusammenhang mit der vorgestellten Dreiteilung interner Prozesse soll an dieser Stelle ergänzend auf das Dreikomponentenmodell der Einstellungsforschung hingewiesen werden (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 336; vgl. auch Abschnitt 4.3.2.2.3). International differieren die Forschungsschwerpunkte. Während im angloamerikanischen Raum der kognitive Ansatz überwiegt, fokussiert sich die deutsche Wissenschaft auf affektive Prozesse (vgl. Gröppel-Klein 2003, S. 327). Zu den affektiven Prozessen zählen üblicherweise Konstrukte wie Involvement, Aktivierung, Emotion, Motivation und Einstellung (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003; Trommsdorff 2002). Die Aktivierungskraft einer Marke bildet die Basis, um emotionale und motivationale Prozesse auszulösen (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 324). Die kognitiven Prozesse subsumieren in den Phasen der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung Konstrukte wie Wahrnehmung, Beurteilung, Entscheidung, Lernen und Gedächtnis (vgl. Kroeber-Riel, Weinber 2003; Trommsdorff 2002). Wie hoch die kognitive Anstrengung ist hängt von der Reizsituation, der persönlichen Risikobereitschaft, dem Involvement und den bisherigen Erfahrungen ab (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 329).
20
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
zur Erklärung des Verhaltens liefert“ (vgl. auch Weinberg 1980, S. 87 und 1981, S. 13). Die wiederum sichtbare Folge der internen Prozesse sind Reaktionen (R)21 des Individuums auf die Reize. Auch hier findet die bekannte Einteilung in emotional, kognitiv und konativ Anwendung22. Emotionale Reaktionen von Individuen manifestieren sich beispielsweise in der gezeigten Begeisterung oder Freude auf einen Reiz. Rationale Reaktionen spiegeln sich beispielsweise in der Überzeugung und dem aufgebauten Wissen wider. Das konative Element bezieht sich auf die eigentliche Reaktion, welche sich in der tatsächlich beobachtbaren Handlung des Kaufes zeigt. Positionierungsstrategie auf der Angebotseite
Reaktion auf die Positionierungsstrategie auf der Nachfrageseite
StimulusEbene
WahrnehmungsEbene
ReaktionsEbene
Emotionale Reize: z.B. Seriosität, Zuverlässigkeit
Affektive Prozesse: z.B. Aktivierung, Motivation
Emotionale Reaktionen: z.B. Emotionale Markentreue
Rationale Reize: z.B. Preis, Funktionalität, Lieferzeit
Kognitive Prozesse: z.B. Wahrnehmen, Beurteilen
Kognitive Reaktionen: z.B. Kognitive Markentreue, Wissensaufbau
Physische Reize: z.B. Farbe, Töne
Konative Prozesse: z.B. Kaufbereitschaft, Preisbereitschaft
Reaktionen: z.B. Kauf, gezahlter Preis
S
-
O
-
R
Abbildung 2: S-O-R-Paradigma im Lichte von Rationalität und Emotionalität
Die vorgestellte neobehavioristische Dreiteilung bildet die Grundlage für mannigfaltige Forschungsarbeiten. So wird auch in der vorliegenden Arbeit die Markenpositionierung entsprechend dem SOR-Paradigma konzeptioniert (vgl. im Zusammenhang mit dem Markenmanagement Arnold 1992, S. 236; Baumgarth 2001, S. 32; Gröppel-Klein 2004b; Hermann 1999, S. 41; Munzinger, Berens, Kuntkes 2004). Demnach werden Marken als externe Stimuli verstanden (vgl. auch Gröppel-Klein 2004b, S. 323). Mehr noch können einzelne Positionierungsmerkmale, welche an die
21
22
Unter Reaktion oder auch Response versteht Lambin (1987, S. 89) „jede geistige oder körperliche Tätigkeit des Käufers, die durch einen Anreiz hervorgerufen wurde.“ Dies kann sowohl sichtbar als auch mental sein. Nach diesem Verständnis fallen auch interne Prozesse unter Reaktionen. Peter und Olson (1999, S. 19 ff.) beschreiben „consumer affection and cognition“ als mentale, psychische Reaktionen und „consumer behavior“ als physische Reaktionen der Konsumenten auf Stimuli. Nach Weinberg (1981, S. 16) können die Reaktionen in Form von Kaufentscheidungen nach der Dominanz der beteiligten affektiven, kognitiven und reaktiven Prozesse charakterisiert werden: extensiv (affektiv und kognitiv dominant), limitiert (rein kognitiv), habitualisiert (rein reaktiv) oder impulsiv (affektiv und reaktiv dominant).
2.1 Theoretische Bezugspunkte
21
Zielgruppen kommuniziert werden, als Stimuli begriffen werden. Der Erfolg der Positionierung determiniert sich in den Reaktionen der Zielgruppen, die sich zum einen in internen, nichtsichtbaren Prozessen und zum anderen in sichtbaren Reaktionen in Form von Akzeptanz versus Ablehnung, Kauf versus Nicht-Kauf oder den gezahlten Preisen äußern (vgl. Klein Gröppel-2004, S. 323). Die vorgestellte Positionierungskonzeption verdeutlicht, dass Rationalität und Emotionalität durchgängig auf allen Ebenen des SOR-Paradigmas vorliegen kann (vgl. auch Abbildung 2). Die Betrachtung der drei Ebenen wirft die Frage auf, welche Ebene wichtig ist, um die Bedeutung von Rationalität und Emotionalität zu beurteilen. Positionierung soll bei den Zielgruppen eine gewünschte Reaktion und damit eine Verhaltensänderung bezüglich der Marke (z.B. Kauf, Preisbereitschaft, Wiederkauf, Weiterempfehlung) hervorrufen, welche möglichst nicht nur kurzfristig, sondern langfristig anhält. Auf der Stimulus-Ebene können emotionale und rationale Reize eingeteilt werden. Für die Positionierung ist aber weniger wichtig, ob ein Reiz grundsätzlich als emotional oder rational eingestuft werden kann, sondern vielmehr welche Reaktionen er bei der Zielgruppe (und in bestimmten Situationen) entfaltet (vgl. analog Bagozzi, Gopinath, Nyer 1999, S. 19423). Das Anbieterunternehmen muss wissen, mit welchen emotionalen und rationalen Reizen die gewünschte Reaktion bei den Zielgruppen erlangt werden kann. Die Reaktions-Ebene ist deshalb der Gradmesser für den Erfolg einer Positionierungsstrategie und damit für die Ermittlung von relevanten Positionierungsmerkmalen unabdingbar (vgl. auch Abschnitte 2.2.3.3 und 0). 2.1.1.2.1 Grundlegende Annahmen in Bezug auf Reize und ihre Wirkung Bei der Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Reizen und Positionierungserfolg sind drei Annahmen zu beachten (vgl. Abbildung 3).
Kontext
Reiz 1 Reizart
Wirkungsart
(z.B. Lachen)
(z.B.Lachen)
1) Reizart Wirkungsart
Wirkung Reiz 2
2) Reiz 1 + Reiz2 = Wirkung
Reiz
Wirkung
3) Reiz + Kontext = Wirkung
Abbildung 3: Annahmen über den Zusammenhang von Reizen und deren Wirkung
(1) Erstens wird davon ausgegangen, dass eine gewünschte Wirkung nicht durch die Abbildung eines identischen Reizes ausgelöst wird.
23
Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999, S. 194) weisen im Zusammenhang mit Werbeanzeigen darauf hin, dass weniger der Stimulus, sondern vielmehr der Wirkungsprozess im Fokus der Betrachtung stehen sollte.
22
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Ein häufiger Fehler der traditionellen Kommunikation liegt darin, dass versucht wird, ein gewünschtes Image aufzubauen, indem die gewünschten Werte direkt vermittelt werden (vgl. Hanna, Wozniak 2001, S. 18424). Beispielsweise betonen Unternehmen sie seien kundenfreundlich, um ein kundenorientiertes Image aufzubauen. In Bezug auf die Rationalität und Emotionalität beschreiben Bhat und Reddy (1998, S. 32 ff.) die „rational school“, in der Kunden als rationale und nutzenmaximierende Wesen beschrieben werden, die ausschließlich objektive Kaufkriterien wie den Preis heranziehen, und die „emotional or hedonic school“, nach der Kunden emotionale Entscheidungen treffen, welche auf persönlichen, subjektiven und immateriellen Kriterien basieren. Diese Wirkungsmechanismen sind allerdings ein Trugschluss. „Die Abbildung einer Emotion ist nicht identisch mit einer Emotion“ (Brandtmeyer 2003b). Als Beispiel verweist Brandtmeyer auf eine Komödie, welche den Zuschauer gerade dann zum Lachen bringt, wenn auf der Bühne nicht gelacht wird, oder darauf, dass man niemanden zum Weinen bringt, indem man ihm einen weinenden Menschen zeigt. Entsprechend reicht es für ein Unternehmen nicht aus, das Schlagwort „Wir sind kundenorientiert“ zu kommunizieren. Wichtiger ist es stattdessen, die Kundenorientierung in allen Kontaktpunkten der Zielgruppen mit dem Unternehmen unter Beweis zu stellen, z.B. flexible Vertriebsmitarbeiter, freundliche Kundenhotline, verständliche Bedienungsanleitungen. Es wird deutlich, dass kein Gleichheitsprinzip zwischen dem dargestelltem Reiz und der hervorgerufenen Reaktion besteht. So kann ein emotionaler Reiz sowohl affektive als auch kognitive Prozesse hervorrufen, ebenso wie auch ein rationaler bzw. informativer Reiz beide Arten von Prozessen auslösen kann (vgl. Edell, Burke25 1989, S. 77; Lasogga 1998a, S. 56 und 1998b). Beispielsweise können technische Informationen über neue Verwendungsmöglichkeiten (rationaler Reiz) in stressiger Problemsituation (Kontext) für ein Einkäufergremium tatsächlich emotional wirken („endlich löst jemand unsere Probleme“) (vgl. auch Häusel 2004, S. 7). Oder ein Preis (rationaler Reiz) kann beim Kunden Emotionen wie Freude oder Entsetzen auslösen. Für die spätere Analyse bedeutet dies, dass die Art des Reizes und die Art der Reaktion separat betrachtet werden müssen.
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25
Hanna und Wozniak (2001, S. 184) weisen darauf hin, dass auf traditionellem Weg versucht wird Einstellungen zu verändern, indem die kognitive Komponente mit informativen Inhalten, die affektive Komponente mit emotionalen Inhalten und die konative Komponente der Einstellung mit „incentives“ wie Proben, Coupons oder Rabatten angesprochen werden soll. Edell und Burke (1989, S. 77) ermitteln in ihrer empirischen Studie, dass das Zusammenspiel von Rationalität und Emotionalität sehr komplex ist, und dass Gefühle beide Reaktionen hervorrufen können „feelings affect both cognitive and affective reactions either directly or indirectly, sometimes working through an affective element and sometimes working through a cognitive element“.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
23
In der Literatur mangelt es an einem Modell oder einer Analyse, die Rationalität und Emotionalität durchgehend auf allen Stufen des SOR-Paradigmas verbindet und die Zusammenhänge zwischen rationalen und emotionalen Reizen, Prozessen und Reaktionen untersucht. (2) Zweitens ist anzunehmen, dass nicht ein einzelner Reiz, sondern eine Kombination bzw. ein Zusammenspiel von mehreren Reizen zum Ziel führt. Definiert man einen Reiz als ein Positionierungsmerkmal, so wird dieses Positionierungsmerkmal im Rahmen der Implementierung einerseits zeitlich und andererseits in Bezug auf die Anzahl der Kommunikationsmedien häufig wiederholt. Bei der Positionierung über „Kundenorientierung“ müssten die Produkte auf individuelle Kundenwünsche anpassbar sein, die Mitarbeiter im Kundenkontakt durch ihre Freundlichkeit hervorstechen und vieles mehr. Trotz vielfältiger Erscheinungsformen und häufiger Wiederholungen wäre hierunter jedoch nur ein einzelner Reiz zu verstehen. Mit mehreren Reizen werden in dieser Arbeit stattdessen unterschiedliche Reize bezeichnet, z.B. eine gleichzeitige Positionierung über Kundenorientierung und den Preis. Mehrere Gründe sprechen für die Vorteilhaftigkeit von kombinierten Reizen (vgl. auch Abschnitt 4.2.3). Erstens ist es vorstellbar, dass auf diese Weise einzelne Individuen besser erreicht werden können, indem mehrere Facetten ihrer Anforderungen und Bedürfnisse erfüllt werden. Erfüllt eine B2B-Marke mehrere relevante Anforderungen steht diese Marke im Vorteil gegenüber Marken, die lediglich eine einzige Anforderung erfüllen (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 408). Zweitens erscheinen mehrere Reize besonders vor dem B2B-Hintergrund sehr sinnvoll, da mehrere Personen (Buying Center) mit unterschiedlichen Anforderungen am Kaufprozess beteiligt sind (vgl. Wiedmann, Schmidt, Merkel 2000, S. 47). Drittens ist davon auszugehen, dass eine Kombination von mehreren Reizen die Realität von Entscheidungsprozessen besser abbilden kann. Und schließlich verweist Esch (2005, S. 94) im Zusammenhang mit der Markenidentität auf die Vorteilhaftigkeit des Zusammenspiels von mehreren Einzelkriterien und gerade auf die Kombination von rationalen und emotionalen Elementen. Er begründet dies mit der Gestaltpsychologie und ihrem Motto: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“ (vgl. Forschungsausblick in Abschnitt 5.3). (3) Drittens ist anzunehmen, dass die Reize in unterschiedlichen Situationen, d.h. je nach Kontext, zu einer unterschiedlichen Wirkung bei den Zielgruppen führen (vgl. Abschnitt 2.1.1.1; vgl. kontextabhängige Reizwahrnehmung bei GröppelKlein 2004, S. 328; vgl. auch situativer Ansatz in Abschnitt 4.5). Um effektive Marketingstrategien entwickeln zu können, sind neben den (1) affektiven und kognitiven Reaktionen auch die (2) konativen Reaktionen bzw. das Verhal-
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
ten und (3) die Umwelt der Konsumenten zu beachten (vgl. Baker 1995, S. 43 f.; Engel, Blackwell, Miniard, 1990, S. 57 ff.; Kroeber-Riel, Weinberg 2003). „Each of the three elements is critical for developing a complete understanding of consumers and selecting strategies to influence them“ (Peter, Olson 1999, S. 19). Unter Konsumentenumwelt wird in dieser Arbeit all das verstanden, das außerhalb des Organismus der Konsumenten geschieht und dennoch neben den eigentlichen Positionierungsstimuli einen Einfluss auf deren Gedanken, Gefühle26 und Handeln hat. Der Kontext kann insofern als Medium, innerhalb dessen die Stimuli präsentiert werden, verstanden werden (vgl. Peter, Olson 1999, S. 19). Da dem Kontext nach diesem Verständnis ein klarer Einfluss auf das Konsumentenverhalten zugestanden wird, muss dessen Analyse ein zentraler Bestandteil bei der Entwicklung einer Marketing- bzw. Positionierungsstrategie sein. Der Kontext kann auf unterschiedlichen Niveaus definiert werden (vgl. Wind, Cardozo 1974, S. 156-157; Engelhardt, Günter 1981, S. 89 ff.; Brierty, Eckles, Reeder 1998, S. 192 ff.). Auf einer Makroebene wird beispielsweise zwischen dem Kontext unterschiedlicher Märkte (Konsumgüter (B2C), Industriegüter (B2B), Dienstleistungen etc.) oder unterschiedlicher Branchen eines Marktes (Automobilzulieferer, Chemie etc.) differenziert. Auf einer Mikroebene kann der Kontext spezifischer innerhalb von Buying Center Formierungen oder auf einzelne Personen im Unternehmen differenziert werden. Hubertz (2000, S. 31) stellt das Leben als „Gradwanderung“ zwischen egoistischer Befriedigung der eigenen Bedürfnisse einerseits und der Integration in das soziale System andererseits dar. Vor dem Hintergrund des B2B-Kontexts ist eine am Kaufprozess beteiligte Person zwischen ihren persönlichen Vorstellungen, den Anforderungen des Unternehmens im Arbeitsleben und den Vorstellungen der anderen Buying Center-Mitgliedern gefangen. Identische Reize können in unterschiedlichen Situationen, d.h. Privatleben und Arbeitsleben27, zu unterschiedlicher Wirkung führen. Vor diesem Hintergrund erscheint es offensichtlich, dass sich die Wirkungen von rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten als Reize bei Konsumgütern (B2C) und Industriegütern (B2B) unterscheiden. Damit ist eine eigenständig Analyse der Bewertung von Positionierungsinhalten im B2B-Kontext obligatorisch. Die Annahme
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Trommsdorff (2002, S. 70) weist darauf hin, dass die „Wirkung gefühlsvermittelnder Marketingmaßnahmen … von kulturellen und situativen Rahmenbedingungen“ abhängt. Beispielsweise sollten bei Privatpersonen beim Kauf von Konsumgütern grundsätzlich andere Wirkungs- und Verhaltensmuster als bei Mitarbeitern eines Unternehmens beim Kauf von Industriegütern auftreten. Selbst bei identischen Produkten wie z.B. dem Kauf eines Autos ist davon auszugehen, dass eine Privatperson bei einem Privatauto anders agiert als eine Person, welche mit dem Autolieferanten einen Rahmenvertrag für die Bestückung des Fuhrparks eines Unternehmens abschließt.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
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über den Einfluss des Kontexts auf die Wirkungsweise begründet demzufolge die gesonderte Untersuchung der Positionierung von Business-to-Business Marken. 2.1.2 Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität 2.1.2.1 Gegenüberstellung von Rationalität und Emotionalität Das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität blickt auf eine lange Tradition zurück. Schon in der Geschichte der Philosophie gibt es mit dem Rationalismus und dem Empirismus zwei scheinbar unvereinbare Strömungen28 (vgl. Elster 1999, S. 139). „The modern disciplines of economics and psychology are the direct descendants of a common body of philosophical ideas“ (Hogarth, Reder 1987, S. 1). So halten sich die beiden Grundströmungen bis heute in der ökonomischen und psychologischen Wissenschaft29 und manifestieren sich in den zugrunde liegenden spezifischen Menschenbildern, die in jeder Disziplin der Wissenschaft existent sind30. Sie beschreiben die vorherrschende philosophische Auslegung von der Natur des Menschen und dessen Charakteristika und stellen damit ein Indiz für die Voreingenommenheit der jeweiligen Forschung dar. Auszugsweise werden hier die für das Marketing und diese Arbeit wesentlichen Menschenbilder angeführt31. In den Wirtschaftwissenschaften, besonders in der mikroökonomischen Theorie, dominiert die Vorstellung des „homo oeconomicus“ bzw. des „rational economic man“ (vgl. Varian 1989; Mack 1994; Simon 1993; Tietzel 1981; Miller et al. 1996). Menschliches Handeln wird hier ausschließlich auf (zweck-) rationales Kalkül bzw. Gewinn- und Nutzenmaximierung zurückgeführt32. Jegliche Zwänge durch Normen oder gesellschaftliche Erwartungen
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Philosophen wie Platon, Descartes, Spinoza und Leibniz hatten sich dem Rationalismus verschrieben und verfolgten damit die Annahme, dass Menschen von der Vernunft geleitet werden und dass diese aus der Vernunft resultierenden Wahrheiten von höherem Rang seien als jegliche Erfahrungswerte. Empiriker wie Bacon, Locke und Hume hingegen ließen nur die Sinneserfahrung bzw. die Beobachtung als Erkenntnisgrundlage gelten und waren der Überzeugung, dass Gefühle das menschliche Handeln determinieren. Kant schließlich überwand die beiden dogmatischen Pole der Philosophie seiner Zeit und integrierte sie, indem er davon ausging, dass Erkenntnis einerseits stets auf Erfahrung beruht (Empirismus), welche jedoch andererseits als gesetzmäßiger Zusammenhang auf allgemein gültigen Voraussetzungen basiert (Rationalismus). Selbst wenn Ökonomen und Psychologen steigendes Interesse an Emotionen bekunden, so liegt deren Fokus nach Loewenstein (2000, S. 426) auf unterschiedlichen Emotionen: Ökonomen betrachten „anticipated emotions“ und Psychologen „immediate emotions“. Vergleiche auch unterschiedliche Perspektiven und Strömungen zur Erforschung von Emotionen bei Nippa (2000, Kapitel 3). „In jeder Disziplin blickt der Wissenschaftler durch eine konstruktivistische Brille, die ihm ein bestimmtes Bild von der Welt und vom Menschen vermittelt“ (Bievert 1991, S. 42). Vergleiche für einen Überblick über die Entwicklung der Menschenbilder in der Wirtschaftswissenschaft beispielsweise Bievert (1991), Smekal, Theurl (1994), Werhahn (1980), für einen allgemeinen Überblick über wissenschaftliche Menschenbilder Hampden-Turner (1982) und Oerter (1999). Die Grundlage für das Nutzenmaximierende Handeln bilden die getroffenen Annahmen. Der homo oeconomicus hat stabile und bekannte Präferenzen, handelt völlig zweckrational, ist Gewinn- und
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
werden ebenso wie Emotionen33 als irrational und unterlegen bewertet oder gar komplett ausgeblendet (vgl. Berndt 1983, S. 45; Elster 1998; Kappler 1992, S. 1325; Loewenstein 2000). Dem gegenüber steht in der Sozialwissenschaft das Modell des „homo sociologicus“, dessen Handeln und Entscheiden gerade durch gesellschaftliche Erwartungen bestimmt wird und bei dem Rationalität nahezu keinerlei Rolle spielt (vgl. Dahrendorf 1974, Opp 1986)34. Beide Vorstellungen gehen von unrealistischen Annahmen aus, da umwelt- und personenbedingte Restriktionen weder alleiniges rollenkonformes Verhalten, noch alleiniges nutzenmaximierendes Verhalten gestatten. Spätere Ansätze versuchen diese Problematik zu überwinden, indem sie beide konträren Menschenbilder in ein Neues integrieren, wie beispielsweise der „homo socio-oeconomicus“ (vgl. Lindenberg 1990; Neuloh 1980; vgl. auch Hartfiel 1968) oder indem sie die Annahme vertreten, dass ein Individuum nicht nur einem einzelnen, sondern durchaus unterschiedlichen Menschenbildern zugeordnet werden kann (vgl. Idee eines „pluralistischen“ Menschenbildes bei Schlösser 1992). Vordergründig scheint das aktuelle Verständnis von Rationalität und Emotionalität für jedermann sofort zugänglich. Unter Rationalem versteht man alles, was den Kopf, die Gedanken bzw. den Verstand einer Person anbelangt. Emotional ist hingegen alles, was das Herz, die Gefühle bzw. die Seele eines Menschen berührt (vgl. Goleman 1995, S. 25). Fragt man nach einem tieferen Verständnis werden die Definitionsprobleme rasch offenkundig. Eine mögliche Ursache hierfür ist, dass Rationalität und Emotionalität für den Menschen nicht zwingend bewusst, sondern oft unbewusst sind (vgl. Trommsdorff 2002, S. 39). Darüber hinaus ist der zeitliche Horizont bei der „rationalen Seele“ zwar möglicherweise langfristig, bei der „emotionalen Seele“ hingegen stets kurzfristig, d.h. nur auf einen Augenblick, ausgerichtet (vgl. Goleman 1995, S. 25). Beide Rahmenbedingungen erschweren die Erforschung von Rationalität und Emotionalität.
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Nutzenmaximierend, verfügt über vollkommene Information (zu allen Alternativen seiner Entscheidung und deren Konsequenzen) sowie unbegrenzt große Informationsverarbeitungskapazitäten und reagiert unendlich schnell auf Veränderungen (vgl. Bongard 1965, S. 23; Eisenführ, Weber 1999; Elster 1987, S. 22; Kirchgässner, 1991). Es ist offensichtlich, dass menschliche Entscheidungen in der Realität deutlich von diesem Leitbild des rationalen Handelns abweichen (vgl. Herrmann 1999, S. 102). Aufgrund des rationalen Kalküls und der fehlenden Emotionen bezeichnet Bader (1994, S. 96) den homo oeconomicus gar als „Psychokrüppel“. Erstaunlicherweise findet sich in der Börsenpsychologie ein Menschenbild, das dem homo oeconomicus weitaus mehr entgegengesetzt werden kann (als der homo sociologicus), der „homo emotionalis“. Dieser beschreibt nach Pinner (2001) einen Menschen, der sich sehr stark von seinen Gefühlen leiten lässt. Zu einem Vergleich von „homo oeconomicus“ und „homo sociologicus“ siehe Weise (1989).
2.1 Theoretische Bezugspunkte
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Volksmund
Neurophysiologie
Rational Rational
Emotional
Emotional
Abbildung 4: Zuordnung von Rationalität und Emotionalität im Menschen
Neueste Erkenntnisse liefert die neurophysische Verhaltensforschung (vgl. Göttgens et al. 2005; Terhörst 2005). Demnach ist die Dichotomie „rational/emotional“, nicht wie vom Volksmund behauptet in Kopf und Herz angesiedelt, sondern in der linken bzw. rechten Gehirn-Hemisphäre lokalisiert35 (vgl. Esch 2001b, S. 261; Paivio 1986; Trommsdorff 2002, S. 39 und S. 89; Maddock, Fulton 1996, S. 15 ff.; vgl. auch Abbildung 4). In der linken Hemisphäre sind rationale, kognitive, semantische und sprachlich-analytische Aspekte verankert. Sie wird stark von Texten beeinflusst und von Gedanken gesteuert. Die rechte Hemisphäre vereint Gefühle, Eindrücke und verarbeitet insbesondere Bilder, wie bspw. Markenbilder, welche eher ganzheitlich vorliegen und mit einer geringen gedanklichen Verarbeitung einhergehen36 (vgl. Hanna, Wozniak 2001, S. 153). Üblicherweise werden Rationalität und Emotionalität als Gegensätze wahrgenommen (vgl. Zimbardo, Gerrig 1999, S. 359 ff.; Fineman 1996, S. 547; Mellers et al. 2001, S. 263). Eine nähere Betrachtung widerlegt dies. Wenn etwas nicht rational ist, heißt das noch lange nicht, dass es emotional ist. Das Gegenteil von rational ist irrational37 (vgl. Brockhaus 1992, S. 80). Das Gegenteil von emotional ist emotionslos. Ebenso ist die häufig kommunizierte reine Zweiteilung in rein rational und rein emoti-
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Vergleiche neuste Studien der Neuroökonomie bei Kenning et al. (2005) und Göttgens et al. (2005). Neuerdings wird selbst die Hemisphärentheorie kritisiert. Behrens und Neumaier (2004, S. 14) ordnen Rationalität und Emotionalität dem Cortex (kognitives System) und dem limbischen System (emotionales System) zu. Hoyer und McInnis (1997, S. 64) schlagen aufbauend auf der Hemisphärentheorie nicht nur die Entscheidung für oder gegen Text bzw. Bilder vor, sondern nutzen diese Theorie um die Plazierung von beiden Elementen bei Werbemitteln zu bestimmen. Demnach sollten Informationen rechts, d.h. vor dem rechten Gesichtsfeld, platziert werden, da dieses Feld von der linken Hemisphäre verarbeitet wird und Bilder stattdessen vor dem linken Gesichtsfeld positioniert werden, das vorwiegend in der rechten Hemisphäre bearbeitet wird. Auf das Gegensatzpaar „rational vs. irrational“ zurückgehend wurde für die Dichotomie von „rational - emotional“ geschlussfolgert, dass emotionales Verhalten dem irrationalen Verhalten gleichzusetzen sei (vgl. Fineman 1996; Putnam, Mumby 1993). Noch detaillierter betrachtet stellen nicht „Rationalität“ und „Irrationalität“, sondern „vollständige“ und „beschränkte“ Rationalität ein bedeutsames Gegensatzpaar dar (vgl. Wiesenthal 1987, S. 9).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
onal zu verwerfen. Wenn etwas rational ist, schließt das nicht aus, dass auch emotionale Elemente vorhanden sein können; und umgekehrt. Kontinuum
Orthogonale Dimensionen
Zahlreiche Zwischenstufen
Viele Mischungsverhältnisse Rein emotional
Rein rational
Grad an Rationalität
In gleichen Teilen emotional und rational
Ausgewogenes Verhältnis
Grad an Emotionalität
Abbildung 5: Zusammenhang von Rationalität und Emotionalität
In der Literatur wird das Spannungsfeld38 von „Rationalität“ und „Emotionalität“ -
als Kontinuum mit zwei Extrema gesehen (vgl. Hanna, Wozniak 2001, S. 219) oder
-
als zwei getrennte, möglicherweise orthogonale Dimensionen betrachtet, welche gleichzeitig in unterschiedlichem Ausmaß vorkommen können39 (vgl. Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 85; Bhat, Reddy 1998; vgl. auch Abbildung 5).
Die vorliegende Arbeit betrachtet Rationalität und Emotionalität als zwei getrennte und komplementäre, d.h. sich gegenseitig ergänzende Funktionen (vgl. Ulich 1989, S. 27; Bhat, Reddy 1998), die in unterschiedlichem Ausmaß nebeneinander bestehen können. Das bedeutet, dass Personen, Entscheidungen und Handlungen von beiden Funktionen gleichzeitig geprägt werden können40.
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Laut Duden (1999) versteht man unter einem „Spannungsfeld“ einen „Bereich mit unterschiedlichen, gegensätzlichen Kräften, die aufeinander einwirken, sich gegenseitig beeinflussen“. Ein Spannungsfeld umfasst damit zwei unterschiedliche Positionen, deren Unterschied Anregung zu Diskussionen liefern soll. Bhat und Reddy (1998) proklamieren die erste konkrete Studie zu dem Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität im Zusammenhang mit Marken durchgeführt zu haben. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich um zwei separate Dimensionen handelt. Chaudhuri und Holbrook (2001, S. 85) betrachten „hedonic value“ und „utilitarian value“ als zwei getrennte Dimensionen von Markenwerten und konstatieren, dass Marken gerade dann gut sein können, wenn sie etwas von beiden Elementen enthalten (vgl. Kombination im Abschnitt 4.2.3). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Zuordnung zu rational bzw. emotional schwierig ist und mitunter von den subjektiven Empfindungen eines Individuums abhängt. Beispielsweise kann die „Versorgungssicherheit“ mit Rohstoffen für ein Unternehmen eher rational, i.S.v. kein Produktionstop, oder eher emotional, i.S.v. Sicherheit, verankert sein.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
29
2.1.2.1.1 Charakterisierung von Rationalität Rationalität41 kommt von dem Begriff „ratio“ (lateinisch) Vernunft und Verstand42 und bezieht sich auf den sinnvollen Zweck einer Handlung (vgl. Brockhaus 1992, S. 80; Duden 1991, S. 352). „Rational“43 (lateinisch) bedeutet „begründet“, „vernünftig“ bzw. „auf einer logisch-schlüssigen Ableitung basierend“. Mit Rationalität wird also etwas beschrieben, das mit der Vernunft bzw. dem Verstand der meisten Menschen44 vereinbar ist und damit als sinnvoll, logisch oder auch intelligent bezeichnet werden kann45. „Rationalität“ kann sich zum einen auf das „rationale Denken und Handeln“ von Menschen oder zum anderen auf die „rationale Beschaffenheit von Abläufen und Zusammenhängen“ beziehen (vgl. Brockhaus 1992, S. 80). Schon in der Philosophiegeschichte spielte dieser Themenkomplex, damals unter den Begriffen „Vernunft“ und „Verstand“ zusammengefasst, bei Sokrates, Platon, Descartes, Spinoza, Leibniz, Wolff etc. eine zentrale Rolle (vgl. Bremer 2001). Man sprach von der Lehre des Rationalismus, welche das rationale Denken als einzige Erkenntnisquelle zulässt. Das zugehörige Adjektiv „rationalistisch“ bezeichnet folg-
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In der Literatur sind verschiedene Theorien zu finden, welche den Rationalitätsbegriff zu beschreiben versuchen (vgl. Halpern, Stern 1998; Feldman, Lindell 1990). Hier eine Auswahl der zentralsten Ansätze: (1) Unterschiedliche Verständnisse des Rationalitätsbegriffs (vgl. enges und breites Verständnis bei Heap 1989 oder Hogarth, Reder 1987, S. 2), (2) Ausmaß der Rationalität: Theorie der absoluten bzw. vollkommenen Rationalität und des „homo oeconomicus“ vs. Theorie der begrenzten Rationalität („bounded rationality) (vgl. Abschnitt 2.1.2; Gabler 1997, S. 3182; March 1978; Simon 1972; Simon 1982; vgl. allgemein zu Grenzen der Rationalität Cook and Levi (1990) und zu Modellen der „bounded rationality“ besonders Gigerenzer, Selten 2001), (3) Bezugsobjekt der Rationalität: Theorie der substantieller Rationalität („substantive rationality“) vs. Theorie der prozeduralen Rationalität („procedurale rationality“) (vgl. Eisenführ, Weber 1999, S. 5; Elster 1987, S. 23; Hogarth, Reder 1987, S. 4; Simon 1976 und 1987), (4) Konsistenz der Rationalität (sog. Theorie der doppelten Rationalität „double rationality“): normative Rationalität vs. adaptive Rationalität (vgl. Anderson 1990; Gigerenzer 2001) und (5) Zeithorizont der Rationalität: im Nachhinein, aktuell und zukünftige Rationalität (vgl. Wiesenthal 1987, S. 9). Besonders relevant für die vorliegende Arbeit ist der Ansatz der „adaptiven Rationalität“, da er davon ausgeht, dass die die Beurteilung von Rationalität vom Kontext der Entscheidungssituation abhängt (vgl. Annahme „Reiz + Kontext = Wirkung“ in den Abschnitten 2.1.1.2.1). Im Vergleich zur Emotionalität (vgl. Abschnitt 2.1.2.1.2) existieren in der Literatur keine Beschreibungen, Charakteristika oder Kataloge bzw. Listen für Rationales. Selbst die Begriffe „Vernunft“ und „Verstand“ lassen eine einheitliche Definition vermissen. Während viele Autoren zwischen beiden Begriffen nicht differenzieren, bewerten andere die Vernunft höher als den Verstand (vgl. Bremer 2001, S. 6). Elster (1987, S. 8) versteht unter „rationalem Handeln“ „konsistente Ziele zu haben, einen Maßstab zur Unterscheidung zwischen besseren und schlechteren Wegen zu besitzen, mit dessen Hilfe die jeweils günstigste Handlungsalternative auszuwählen und diese Prozedur so oft zu wiederholen, bis das Ziel des Handelns erreicht ist“. Der Zusatz „den meisten Menschen“ verleitet an dieser Stelle zu der falschen Annahme, dass „Rationalität“ objektiv bzw. messbar ist. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dies nicht der Fall ist. Rationalität ist keine „objektive, beweisbare Eigenschaft“ (vgl. Eisenführ, Weber 1999, S. 5). In Folge dessen kann nicht von rationalen oder irrationalen Entscheidungen, sondern nur von „mehr oder weniger rationalen“ Entscheidungen gesprochen werden. Auch wenn “Rationalität” bezweckt sinnvolle Entscheidungen zu treffen, so ist das Streben nach Rationalität kein Garant für den Erfolg einer Entscheidung (vgl. Eisenführ, Weber 1999, S. 5).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
lich etwas, bei dem die Vernunft im Mittelpunkt des Denkens und Handelns steht (vgl. Duden 1991, S. 352). Im Zeitverlauf wurden die traditionellen Theorien und Begrifflichkeiten „Vernunft/Verstand“ verworfen und durch interdisziplinäre Forschungsansätze unter dem Begriff der „Kognitionswissenschaften“ ersetzt, zu der die Sprachwissenschaft, die (kognitive) Psychologie, die Neuropsychologie, die Forschung der künstlichen Intelligenz oder die Konsumentenverhaltensforschung zählen. Ihr zentrales Anliegen ist es, die kognitive Leistung von Personen und Arbeitsweisen des Gehirns in Modellen aufzuzeigen und durch empirische Analysen nachzuweisen (vgl. Bremer 2001, S. 17). Hier haben sich die Begrifflichkeiten „Kognition“ und „kognitiv“ durchgesetzt. Ehemals war der Begriff „Kognition“ weit gefasst und diente als „Sammelname für alle Vorgänge des Erwerbs, der Organisation, der Speicherung und des Gebrauchs von Wissen“ (vgl. Ulich 1989 und dortige Autoren). Dieses Verständnis entspricht dem in der englischen Literatur von „cognition“46 und „cognitive“. Heute werden „Kognitionen“ häufig synonym für Wissen verwendet und bezeichnen individuelle, bewusst gemachte Wissenselemente über ein Objekt, die bei Bedarf abgerufen werden können (vgl. Trommsdorff 2002, S. 84; Waarts et al. 1998, S. 70). Unter „kognitiven Prozessen“ versteht man „die Gesamtheit der geistig-psychischen Prozesse, durch die eine Person bewusste Kenntnis seiner Umwelt und seiner selbst erwirbt. Dies schließt Prozesse der Wahrnehmung, des Denkens und Lernens, des Urteilens etc. mit ein“ (vgl. Diller 1992, S. 535). Diese Prozesse haben einen gemeinsamen Nenner: „All of these activities involve thinking” (Baker 1995, S. 45). Streng genommen ist die Bezeichnung „kognitiv“ damit schwächer als „rational“. „Kognitiv“ ist alles, was mit dem Denken bzw. den Gedanken einer Person zusammenhängt. „Rational“ aber ist etwas, das zwar auch das Denken bzw. die Gedanken einer Person betrifft, aber zusätzlich noch ein gewisses Maß an Vernunft bzw. Logik erfüllt. Damit steht dieses strenge Verständnis von „rational“ im Widerspruch zu dem im Marketing, das mit „rational“ häufig nur das Gegenstück von „emotional“, d.h. den Kopf und die Gedanken einer Person ansprechend, bezeichnet. Da sich die vorliegende Arbeit im Wesentlichen mit dem Einsatz und der Erfolgswirkung von „Rationalität“ und „Emotionalität“ beschäftigt und dies nicht erfordert, dass „Rationalität“ gleich die Vernunft einschließt, wird im Folgenden ein vergleichsweise weites Verständnis von „Rationalität“ verwendet. „Rationalität“ wird in dieser Arbeit, welche der angewandten Forschung gewidmet ist, bewusst offen und pragmatisch definiert als all das, was mit dem Kopf, dem Den46
„Cognition is a term used to group together mental processes such as understanding and interpreting the environment; evaluating or judging; planning or problem-solving; and comparing alternative solutions and deciding.” (Baker 1995, S. 45)
2.1 Theoretische Bezugspunkte
31
ken bzw. den Kognitionen und dem Verstand einer Person in Zusammenhang steht (vgl. auch Nippa 2000, S. 220). 2.1.2.1.2 Charakterisierung von Emotionalität „Emotion“47 stammt von den lateinischen Begriffen „emovere48“, „emotum“, was soviel bedeutet wie „herausbewegen“, „um und um bewegen“, „erschüttern“ (vgl. Brockhaus 1988, S. 351). Heutzutage bedeutet Emotion bildungssprachig soviel wie seelische Erregung, Gemütsbewegung und wird als Synonym für den Begriff „Gefühl“ verwendet (vgl. Duden 1991, S. 352; Trommsdorff 2002, S. 36). Die Vielschichtigkeit und Komplexität von Emotionen zeigt sich auch in der Vielfalt an Definitionsversuchen. Schon 1981 tragen Kleinginna und Kleinginna (1981) elf Kategorien und insgesamt 100 Definitionen für Emotionen zusammen. An einer einheitlich anerkannten Definition mangelt es bis heute in der Literatur (vgl. Nippa 2001, S. 231). Emotionen treten meist unbewusst auf. Sie bestehen nicht fortwährend, sondern sind als individuelle, regelmäßig wiederkehrende Zustände hoher Erregung zu verstehen49 (vgl. Trommsdorff 2002, S. 66). „Emotional“, als zugehöriges Adjektiv, besagt, dass etwas mit Emotionen verbunden bzw. gefühlsmäßig ist. Davon zu unterscheiden gilt es „emotiv“, welches verwendet wird um zu beschreiben, dass etwas Emotionen enthält. Um die Gesamtheit des Gefühlslebens bzw. des inneren gefühlsmäßigen Betei-
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Eine nähere Beschreibung des Wesens von „Emotionen“ bzw. Gefühlen birgt ungeahnte Schwierigkeiten. So konstatieren Otto, Euler und Mand (2000b, S. 11) nach Fehr und Russell (1984) „Jeder weiß, was eine Emotion ist, bis er gebeten wird, eine Definition zu geben“. Entsprechend vielfältig und komplex sind die Theorien, die versuchen, das Phänomen der Emotionen zu erklären und die zugehörigen Definitionen (vgl. Otto, Euler, Mandl 2000, S. 45 ff.; Meyer, Schützwohl, Reisenzein 1997; Ulich 1989, S. 101 ff.). Generell können Emotionstheorien in vier übergeordnete Kategorien eingeteilt werden (vgl. Ulich 1989, S. 123): (1) (Klassische) Behavioristische Emotionstheorie (Vertreter: Watson 1919, S: 165 f.), (2) Kognitiv-physiologische Theorien (Vertreter: James-Lange, Schachter-Singer 1962, Valins, Zillmann, Lazarus 1991), (3) Attributionstheorien als Teil der kognitiven Theorien (Vertreter: Weiner 1986) und (4) Evolutionspsychologische Theorien (Vertreter: Darwin, McDougall, Izard 1994; Plutchik 1980 und 1989). Die bislang vorgestellten Definitionen und Theorien lassen Emotionen vielschichtig und komplex erscheinen, jedoch eine anschauliche, greifbare Annäherung an den Emotionsbegriff vermissen. Bislang fehlt es an vergleichbaren und objektiven Unterscheidungsmerkmalen für Emotionen (vgl. Schmidt-Atzert 2000, S. 30). Merkmale zur Charakterisierung von Emotionen sind beispielsweise die Stärke oder Erregung, das Vorzeichen oder die Richtung, die Klasse, der Ausdruck, das Bewusstsein und die Dauer (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 105; Trommsdorff 2002, S. 65 f.). Trotz der vorgestellten Charakterisierungsmöglichkeit bleibt die „Beschreibbarkeit“ der Emotionen beschränkt und missverständlich. Zahlreiche Wissenschaftler begegnen diesem Problem mit der Erarbeitung von Emotionskatalogen (vgl. für eine Übersicht mögliche Emotionskataloge Schmidt-Atzert 2000, S. 36 ff.). Nach Holbrook (1986) unterscheidet sich die Entwicklung derartiger Kataloge bezüglich der Vorgehensweise (konzeptionelle oder empirische Ansätze) und der Systematik (systematische und nicht systematische Ansätze). Nach Schmidt-Atzert (2000, S. 30) gibt es drei Arten Emotionen zusammenzufassen: Basisemotionen (liegen allen Emotionen zugrunde), EmotionsDimensionen (aus empirischer Datenreduktion ermittelt) und Emotions-Kategorien bzw. Kataloge (Listen mit Emotionen). Lateinisch „movere“ heißt soviel wie „bewegen“. Das Präfix „e“ steht für „hin“. Im Vergleich zur Rationalität, welche tendenziell objektiver ist, werden Emotionen sehr subjektiv wahrgenommen (vgl. Nippa 2000, S. 220).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
ligtseins umschreiben zu können, prägte E. Bleuler den Begriff „Emotionalität“ (vgl. Brockhaus 1988, S. 351). Der „Empirismus“, als Gegenströmung zum Rationalismus (vgl. Abschnitt 2.1.2.1), geht davon aus, dass Erkenntnis ausschließlich auf Erfahrung und Gewohnheit beruht und ebnet damit den Weg für Theorien, welche den Emotionen einen wichtigen Part des menschlichen Verhaltens zusprechen. Parallel bezeichnet „empiristisch“ etwas, was durch Erfahrung gewonnen wurde. Eine andere Strömung, der in diesem Zusammenhang Aufmerksamkeit gebührt, ist der „Hedonismus“. Abstammend von dem griechischen Wort „hedone“ für Freude, Vergnügen oder Lust, beschreibt er eine Grundposition, die einen höchstmöglichen Gewinn an Lust für erstrebenswert erachtet und Unlust und Schmerz ablehnt (vgl. Brockhaus 1989, S. 585). Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff explizit für das Streben nach Freude und nicht für Emotionalität im weiteren Sinne verwendet. Dennoch erscheint es angebracht, den Begriff an dieser Stelle zu erwähnen, da der Begriff „hedonic“ im Englischen oftmals synonym für „emotional“ verwendet wird, z.B. „hedonic values“ (vgl. Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 85), „hedonic vs. utilitarian dimensions of attitude“ (vgl. Voss, Spangenberg, Grohmann 2003). Eng verbunden mit der „Emotionalität“ sind die in der Verhaltenswissenschaft etablierten Begriffe „Affekt“ und „Stimmung“. Umgangssprachlich werden diese Begriffe synonym zu „Emotion“ verwendet; besonders in der englischen Sprache wird der Begriff „affect“50 als Synonym oder gar als Oberbegriff für Emotion verwendet (vgl. Otto, Euler, Mandl 2000b, S. 13). Streng genommen aber unterscheiden sich beide deutschen Begriffe, die ebenfalls emotionale Zustände beschreiben, von der „Emotion“ in Hinsicht auf deren Dauer und Intensität. „Stimmungen“ sind schwache Emotionen, die lange andauern und keinen klar definierten Auslöser aufweisen51. Sie werden in Form von „Dauertönung des Erlebens als Hintergrunderlebnisse“ empfunden (vgl. Bagozzi, Gopinath, Nyer 1999, Burke, Edell 1989; Meyer, Schützwohl, Reisenzein 1993; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 100). Konträr sind „Affekte“ starke, hef-
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Generell bezeichnet „affect“ in der englischen Literatur etwas, das mit Emotionalität zu tun hat, d.h. eine emotionale Reaktion auf Stimuli (vgl. Peter, Olson 1999, S. 19). Im Detail varriert die Verwendung des Begriffes jedoch sehr stark, beispielsweise „affect“ als Komponente der Einstellung nach der Drei-Komponenten-Theorie (vgl. Ryan 1986, S. 49f.; Abschnitt 4.3.2.2.3) oder „affect“ im Sinne von „emotional response“, d.h. eine emotionale Empfindung (vgl. Bagozzi et al. 2002, S. 36; zu Arten von „affective responses“ vgl. Peter, Olson 1999, S. 38), welche wiederum ihrerseits mit oder ohne den Umweg über die Einstellung das Verhalten beeinflussen kann (vgl. Allen, Machleit, Kleine 1992). Unter anderer Bezeichnung finden sich in der Literatur auch explizite Untersuchungen über Stimmungen. Faehsler (1986) beispielsweise untersucht „Emotionale Grundhaltungen“. Bagozzi et al. (2000, S. 38) treffen in diesem Zusammenhang die Unterscheidung von Emotionen als „underlying dimensions“ (Stimmungen) und als „discrete categories“ (Emotionen). Zudem diversifizieren sie zwischen „auf Erfahrung basierenden Emotionen“ und „erwarteten Emotionen“.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
33
tige Emotionen, die sehr kurz sowie mit geringer kognitiver Kontrolle und geringer inhaltlicher Differenziertheit auftreten (vgl. Meyer, Schützwohl, Reisenzein 1993, S. 33; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 100). Diese enge Definition von Affekt deckt sich jedoch nicht mit dem anerkannten eher weiten Verständnis des Adjektivs „affektiv“. „Affektiv“ beschreibt generell ein Objekt, das mit innerer Erregung bzw. Spannung verbunden ist, beispielsweise affektive Prozesse oder affektive Reaktionen (vgl. Abschnitt 2.1.1.2). Ein weiterer, eng verwandter Begriff ist „Intuition“, welcher in der Literatur uneinheitlich definiert wird. So werden „Intuitionen“ beispielsweise als „Erkennen ohne bewusstes Reflektieren“ (vgl. Schanz 1997, S. 640) oder als genetische Fähigkeit zur instinktiven Intelligenz (vgl. Cappon 1994, S. 15 ff.) definiert. Damit werden zwar keine bewussten kognitiven Anstrengungen unternommen, wohl aber kann unbewusst auf bestehende Erfahrungen, Training und Wissen zurückgegriffen werden52 (vgl. Siefer et al. 2005, S. 77 ff.; Simon 1987, S. 61). Da der Zweck dieser Arbeit in der praktischen Anwendung liegt, wird „Emotionalität“ weit gefasst und nahezu alltagstauglich als all das umschrieben, was mit dem Herz bzw. dem Gefühlsleben einer Person im Zusammenhang steht. 2.1.2.2 Rationalität und Emotionalität in der vorliegenden Arbeit Bereits in Abschnitt 2.1.2.1 wurde konstatiert, dass Rationalität regelmäßig thematisiert wurde. Emotionalität hingegen wurde in der Wissenschaft lange Zeit vernachlässigt53, so zum Beispiel in der Managementforschung und dem Personalmanagement (vgl. Nippa 2001, S. 215), in der Organisationstheorie und dem Organizational Behavior (vgl. Fineman 1996, S. 543), sowie den Totalmodellen des Konsumtenbzw. Käuferverhaltens (vgl. Schafmann 2000, S. 66 ff.; Trommsdorff 2002, S. 69). Erst in den letzten Jahren hat sich die Wissenschaft für diesen Themenkomplex geöffnet; primär im Bereich des Konsumentenverhaltens und insbesondere im Bereich der Werbewirkungsforschung, aber langsam auch im Bereich des menschlichen Verhaltens in Organisationen. Dennoch fehlt es bislang an einem umfassenden und systematischen Modell, das die Rolle von Emotionen im Konsumentenverhalten aufzeigt (vgl. O’Shaughnessy, O’Shaughnessy 2003, Preface).
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53
Prof. Goldberg, Neurologe an der New York University, berichtet von Hinweisen darauf, dass je nach eigenem Kenntnisstand die Informationsverarbeitung im Gehirn variiert. Demnach wird Neues in der rechten Gehirnhälfte (eher rational) und Bekanntes von Experten in der linken Gehirnhälfte (emotional, intuitiv) verarbeitet. Das bedeutet, dass intuitives Handeln auf Erfahrungen und Wissen aufbaut. Mögliche Gründe für diese Vernachlässigung sind Messprobleme und der Mangel an brauchbaren Theorien etc. (vgl. Ortmann 2000, S. 281). Ausnahmen bilden in der Managementforschung bspw. Staehle (1999) und in der Konsumentenverhaltensforschung bspw. das Modell von Hoolbrook und Hirschman (1982).
34
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Zahlreiche konzeptionelle und empirische Forschungsarbeiten sind seitdem bemüht, Licht in dieses Dunkel von Rationalität und Emotionalität zu bringen (vgl. Lutz 1977; Leventhal, Scherer 1987; Elster 1999, S. 283 ff. und S. 408 f.). Größtenteils sind diese Arbeiten von dem speziellen Betrachtungswinkel des Forschers geprägt (vgl. Nippa 2001, S. 215), legen einen engen Fokus auf die Untersuchung weniger spezieller Reize (z.B. Preis, Prestige) oder auf ein spezielles Umfeld (z.B. Wirkung von Anzeigen) (vgl. Holbrook, Batra 1987) und sind damit wenig systematisch und umfassend. 2.1.2.2.1 Rationalität und Emotionalität auf verschiedenen Ebenen (SOR) Rationalität und Emotionalität treten auf der Anbieterseite bei den Marketingstrategien und auf der Nachfragerseite bei den Reaktionen auf. Tabelle 2 zeigt in unstrukturierter Form mögliche Konstrukte in diesem Zusammenhang. Marketingbezüge Produkte Informationen Kriterien Begrenzungen Motive Aktivierung Aufnahme von Lernen/Denken Wissen Prädisposition Verhaltensauslöser Ergebniskriterium
Aspekte des Konsumentenverhaltens rationalistisch hedonistisch Güter Erlebnisse Verbal Nonverbal Nutzen, Effizienz Spaß, Spiel Geld Zeit Probleme lösen Genießen Durch Gedanken Durch Gefühle Informationen Eindrücken Mit Verstand Assoziativ Semantisch Bildlich-episodisch Einstellung Eingebung, Impuls Entscheidung Verlangen Funktion Spaß
Tabelle 2: Rationalistische und hedonistische Konstrukte des Konsumentenverhaltens (vgl. Trommsdorff 2002, S. 34)
Die Strukturierung und Konkretisierung beider Elemente erfolgt in der vorliegenden Arbeit gemäß der vorgestellten Positionierungskonzeption, welche sich an das SOR-Paradigma anlehnt (vgl. Abschnitt 2.1.1.2). Beide Elemente können auf allen drei Ebenen des SOR-Paradigmas zum Tragen kommen (vgl. auch Abschnitte 2.1.2.2.2 und 2.1.2.2.3). (1) Rationalität in der vorliegenden Arbeit Bremer (2001, S. 5 f.) weist auf folgende Verwendungsweisen bzw. Bezugsobjekte der Begriffe „Vernunft/vernünftig“ und „Verstand“ hin: als generelles Vermögen zur „Denkkraft“ oder Geistesfähigkeit, als Eigenschaft von Personen (oder Marken), als Menge von Regeln und Prinzipien und als Eigenschaften von Handlungen oder deren Resultaten. Analog zur vorgestellten Positionierungskonzeption wird in der vorliegenden Arbeit zwischen drei Ebenen von „Rationalität“ unterschieden: -
Rationale Reize (bzw. Positionierungsmerkmale) beim Anbieterunternehmen
2.1 Theoretische Bezugspunkte
-
Rationale bzw. kognitive Prozesse54 bei den Zielgruppen
-
Rationale bzw. kognitive Reaktion bei den Zielgruppen
35
(2) Emotionalität in der vorliegenden Arbeit Nach Zeitlin und Westwood (1986) können Emotionen im Marketing drei verschiedene Rollen einnehmen55. Erstens können sie auf der Angebotsseite als Positionierungseigenschaft oder Werbebotschaft dienen. Die anderen beiden Rollen beziehen sich auf die Reaktionen der Nachfrageseite. Beim Kunden können Emotionen eine Veränderung der Einstellung zur Marke in Bezug auf Gefallen, Sympathie, Vertrauen bewirken. Hier kann der Einsatz emotionaler Reize grundsätzlich zu Aktivierung, atmosphärischer Wirkung und Erlebniswirkung beitragen (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 140). Und schließlich können Emotionen zum Kauf bzw. Konsum animieren (vgl. auch Gröppel-Klein 2001, S. 184). Dieser vorgestellte Anwendungsbereich von Emotionalität deckt sich mit den drei Ebenen der vorgestellten Positionierungskonzeption:
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-
Emotionale Reize (bzw. Positionierungsmerkmale) bei dem Anbieterunternehmen
-
Emotionale bzw. affektive Prozesse56 bei den Zielgruppen
-
Emotionale bzw. affektive Reaktionen57 bei den Zielgruppen
Auslöser von kognitiven Prozessen können sowohl innere Reize, wie Gedanken oder kognitive Dissonanz in der Nachkaufphase, als auch externe Reize, wie Informationen das Produkt, sein. Neben den von Zeitlin und Westwood ausgewiesenen drei zentralen Rollen von Emotionen im Marketing weisen Bagozzi, Gopinath und Nyer (1999, S. 202) zudem auf weitere Rollen hin: Emotionen als Moderatoren von Informationsprozessen, Moderatoren von kognitiver Wahrnehmung, Initiatoren für zielorientiertes Handeln, sowie als Maßstab für das Wohlergehen der Kunden. Sie konstatieren, dass Emotionen im Marketing allgegenwärtig seien und das Verständnis erst in den Anfängen stehen würde. Emotionen können durch interne Reize (z.B. hormonelle Veränderungen, Erinnerung an bestimmte Situation) und externe Reize (z.B. Veränderungen in der Umwelt, Erlebnisse) ausgelöst werden (vgl. Schmidt-Atzert 1996; Trommsdorff 2002, S. 26). „Gefühle werden im Marketing gezielt vermittelt, sei es mit bildlichen, verbalen oder anderen Auslösern” (Trommsdorff 2002, S. 70). Die Forschungsergebnisse bestärken jedoch, dass Bilder zur Vermittlung von Gefühlen besser geeignet sind als Sprache (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 334 f.; Trommsdorff 2002, S. 78 f.) Beispielhaft wird auf folgende Arbeiten zu affektiven Reaktionen verwiesen: Aaker, Stayman, Hagerty (1986), Engel, Blackwell, Miniard (1990, S. 388), Holbrook (1986), Holbrook, Batra (1987), O’Shaughnessy, O’Shaughnessy (2003, S. 37), Stout, Leckenby (1986) und Zeitlin, Westwood (1986). Eine mögliche Ursache der enormen Forschungsbestrebungen, die zumeinst im Bereich von Werbeanzeigen durchgeführt werden, könnte darin liegen, dass diese “Hot responses“ in der heutigen Werbung stärkeren Einsatz finden als die als austauschbar wahrgenommenen „cold cognitive responses“ (vgl. Engel, Blackwell, Miniard 1990, S. 388).
36
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
2.1.2.2.2 Rationalität und Emotionalität bei den Zielgruppen (OR) 58 Im Kontext der vorliegenden Arbeit bezieht sich das Verhalten von Zielgruppen vorwiegend auf das Entscheidungsverhalten in Bezug auf die positionierte B2B-Marke (vgl. Abschnitt 2.1.1.2). Unter Entscheidungsverhalten59 wurde traditionell ein bewusster und rationaler Vorgang assoziiert, der auf Basis von Entscheidungskriterien und aus mehreren Handlungsalternativen eine Auswahl trifft, um ein erwünschtes Ziel zu erreichen (vgl. Hill, Hillier 1977, S. 45). Im Zuge der Erkenntnisse der Verhaltenswissenschaften, dass Entscheidungen nicht nur rational getroffen werden können, etablierten sich neue Definitionen, die Entscheidungsverhalten als mehr oder weniger bewussten Auswahlprozess zwischen Alternativen bezeichnen (vgl. Simon 1981, S. 49; Wintsch 1978, S. 63). Jeder Entscheidungsprozess umfasst rationale und/oder emotionale Elemente. Das Ausmaß der Beteiligung von Rationalität und Emotionalität jedoch kann variieren. In der Literatur wird zwischen (1) rein rationalen Entscheidungen, (2) rein emotionalen Entscheidungen und (3) gemischten Entscheidungen unterschieden. Alle drei Alternativen sind mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden. (1) „Im Allgemeinen gilt eine Entscheidung als rational, in der der Entscheider vom Streben nach Maximierung des eigenen – objektiven oder subjektiven – Nutzens geleitet wird und ein sukzessives, logisches und lineares Vorgehen bei der Lösung des Entscheidungsproblems an den Tag legt.“ (Nippa 2000, S. 218) Eine rein rationale Entscheidung60 bietet die Vorteile, dass Fakten zusammengetragen, vorhandene Erfahrungen ausgewertet, Zusammenhänge überprüft, Gründe und Gegenargumente durchdacht und die Erfolgswirksamkeit verschiedener Alternativen ausgelotet werden. Dennoch stößt die rationale Entscheidung an Grenzen, die in Denkfehlern, Komplexität, Ungewissheit und Orientierungslosigkeit begründet sein können. Außerdem erzeugt Rationalität keine Motivation zum Handeln. Besonders in der westlichen Weltanschauung gilt die Rationalität und damit verbunden die logisch begründete Vernunft traditionell als das Ideal des Handelns und
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In Bezug auf das SOR-Paradigma ist das Entscheidungsverhalten den Ebenen „O“ (Organismus) und „R“ (Response) zuzuordnen. Einen Überblick über die Entwicklung der Entscheidungsforschung vom Rationalitätprinzip bis hin zur Berücksichtigung oder Überlegenheit von emotionalen Entscheidungen sowie eine Diskussion zum Dilemma der Unvereinbarkeit einzelner theoretischer Ansätze aus mehreren Wissenschaftsdisziplinen gibt Nippa (2001, S. 228 ff.; vgl. auch Kaas 1977, S. 6 f.). Mit „Rationales Entscheidungsverhalten“ implizieren nicht alle Autoren intensive kognitive Anstrengungen. Für Lambin (1987, S. 66 f.) bedeutet „rationales Entscheidungsverhalten“ lediglich, dass alle Aktivitäten im Entscheidungsprozess bewusst und zielorientiert sind, was aber impulsives Verhalten nicht ausschließt.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
37
Emotionen werden als hinderlich bewertet61 (vgl. Putnam, Mumby 1993; Nippa 2001). Der Mensch hat wie eine Maschine zu funktionieren (vgl. Domagalski 1999, S. 835). Dennoch ist Rationalität „erwiesenermaßen kein generell geltendes Leitprinzip der Entscheidungsfindung“ (Wiesenthal 1987, S. 9). Denn eine rationale Entscheidung bedingt mitnichten eine erfolgreiche Entscheidung. Die psychologische Forschung liefert umfassende Beweise dafür, dass, aufgrund von unvollständigen Informationen, Unsicherheiten der Handlungsalternativen, großer Komplexität und hohem Zeitdruck in der Realität, wirklich rationale Entscheidungen eher eine Ausnahme darstellen (vgl. Eisenführ, Weber 1999, S. 4). (2) „Als emotionale oder affektive Handlungen werden alle jene Handlungen eines Menschen bezeichnet, die in einem Zustand großer Erregung und emotionaler Spannung ausgeführt werden und nicht oder nur in ganz geringem Maße rationalen Kontrollmechanismen unterliegen.“ (Langenheder 1975, S. 41; vgl. zu Intuition auch Schanz 1997) Entscheidungsverhalten unter Beachtung von „Emotionen“ bzw. „Intuition“ hat die Vorteile, dass die Individuen mit Engagement und Motivation62 handeln und schnelleres sowie effektiveres Entscheiden möglich ist (vgl. Bagozzi, Baumgartner, Pieters Zeelenberg 2000, S. 37; Hanna, Wozniak 2001, S. 219). „Emotions facilitate rapid, automatic, and survival-oriented actions. “ (Mellers et al. 2001, S. 266) Besonders bei Entscheidungen in dynamischem Umfeld und unter Zeitdruck ist dies wichtig. Zudem können Emotionen bei Indifferenz zwischen vielen Alternativen als Entscheidungshilfe nützlich sein (vgl. Elster 1999, S. 288). Allerdings bedingt eine stark emotionale Entscheidung die Gefahren, dass der Entscheider sich selbst überschätzt, sinnvolle aber anstrengende Alternativen nicht beachtet und eventuell, objektiv betrachtet, falsche oder suboptimale Entscheidungen hinsichtlich der Kosten und Nutzen trifft (vgl. Burke, Miller 1999; Marino 2000; Nippa 2001, S. 229). Denn Emotionen im Sinne von „vagen Gefühlen im Bauch“ führen dazu, dass Entscheider subjektiv voreingenommen sind. Das bedeutet, dass unter Umständen die objektiv beste Lösung nicht erreicht werden kann. Jedoch können der subjektiv wahrgenommene Nutzen und damit „persönliche Bedürfnisse“ oder „emotionale Defizitzustände“ durchaus maximiert sein (vgl. Schafmann 2000, S. 42; und dort nach Nicosia, Wind 1977).
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Mit Rationalität werden positive Eigenschaften wie objektiv, geordnet, geistig und mit Emotionalität eher Eigenschaften wie subjektiv, chaotisch verbunden (vgl. Nippa 2000, S. 220). Bagozzi et al. (2000, S. 37) argumentieren, dass Emotionen gerade im Rahmen von zielorientiertem Handeln eine Informationsfunktion (über den Zielerreichungsgrad) und eine Motivationsfunktion erfüllen.
38
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
(3) Beide vorgestellte theoretische Reinformen an Entscheidungen weisen spezifische Vorzüge und Schwächen auf. Doch die Existenz von Reinformen in der Praxis ist fraglich (vgl. auch Abschnitt 2.1.2.1). Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass gemischte Entscheidungsprozesse die Realität besser abbilden, d.h. dass Entscheidungen in unterschiedlichem Ausmaß immer logisch-analytisches und intuitives bzw. emotionales Denken und Fühlen subsumieren und beide Elemente nie einen „Anteil von Null“ haben63 (vgl. Damasio 1999; LeDoux 2000; Fineman 1996; Engeser 2003, S. 67 nach Interview mit Zaltman). „Emotion is always a factor in decision making and … rationality will always be invaded by emotional influences. “ (vgl. O’Shaughnessy, O’Shaughnessy 2003, Preface) Für diese Koexistenz spricht die Tatsache, dass Menschen ohne Emotionen keinerlei Antrieb (Grund bzw. Motiv) haben, (rational oder) überhaupt irgendetwas zu entscheiden (vgl. Ortmann 2000, S. 280). Zudem proklamieren erste Studien, dass kombinierte Entscheidungsprozesse zu besseren Resultaten führen als beide Reinformen (vgl. Blattberg, Hoch 1990; Whitecotton et al. 1998).
Emotional
Impulsive Reaktion
Fundierte Intuition Engagierte Argumentation
Reine Bauchentscheidung Grad der Emotionalität
Emotionslos
Teilnahmsloser Unsinn Irrational
Kalte Analyse Grad der Rationalität
Rational
Abbildung 6: Ausmaß von Rationalität und Emotionalität an Kaufentscheidungen (nach Berner 2005)
In Anlehnung an Berner (2005) veranschaulicht Abbildung 6 die Koexistenz von Rationalität und Emotionalität bei Kaufentscheidungen. Beide Dimensionen und deren Ausmaß spannen eine Matrix auf, anhand derer unterschiedliche Kaufentscheidungstypen gebildet werden können.
63
Folgerichtig unterscheidet Gröppel-Klein (2004, S. 337) selbst bei der „Means-End-Analyse“, die Entscheidungshintergründe zu strukturieren versucht, zwischen einer emotionspsychologischen Perspektive, die es anhand einer subjektiven Erlebnisskala zu messen gilt, und einem kognitionspsychologischen Paradigma, bei dem die bekannte Laddering-Technik ihren Einsatz findet.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
39
Vorausgesetzt Rationalität und Emotionalität sind jeglichem menschlichen Verhalten und Entscheiden immanent, ist es notwendig, deren übergeordnete Strukturen beim Verhalten von Individuen zu ergründen. Hierzu zählen (1) die Rolle und Intensität von Rationalität und Emotionalität sowie (2) die Reihenfolge von Rationalität und Emotionalität. (1) Die Rolle von Rationalität und Emotionalität64 bei menschlichem Verhalten kann negativ oder positiv sein. Die zugehörige Literatur ist sich uneinig. Zum einen werden Emotionen im Vergleich zu Rationalem als negative Größe bzw. als Störungen der Erkenntnisprozesse gesehen: -
„Emotions are often seen as obstacles to rationality“ (Gigerenzer, Selten 2001, S. 9),
-
Emotionen als „enemies of pure reason“ (Hanna, Wozniak 2001, S. 219) bzw.
-
„Emotions … are, as it were, sand in the machinery of action“ (Elster 1999, S. 284).
Zum anderen schreiben manche Autoren, die sich erst auf Basis überraschender Experimente in den letzten Jahren wieder65 verstärkt formierten, der Emotionalität einen positiven Stellenwert zu66. So wird den Emotionen im Sinne von „raison de coeur“ (=Gründe des Herzens) eine größere Treffsicherheit als dem rationalen Kalkül zugemutet: « Le coeur a sa raison, que la raison ne connaît pas. » (vgl. Blaise Pascal zitiert bei Bischof 1987, S. 88 und de Sousa 1997, S. 283). Forscher in den USA wie Antonio Damasio67 (2000) und Joseph LeDoux (1998, 2004) und in Deutschland wie 64
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66
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Auch wenn die Beteiligung von Emotionen in Kaufsituationen mittlerweile als unbestritten gilt, so besteht weiterhin Uneinigkeit über die Rolle von Emotionen in Kaufentscheidungen (vgl. Tuan Pham 1998, S. 144). Im Rahmen der Sozialwissenschaften werden Rollen von Emotionen im menschlichen Verhalten unterschieden: (1) Emotionen beeinflussen Entscheidungen negativ, (2) Emotionen werden kognitiv bewusst für Entscheidungen genutzt, (3) Emotionen verbessern Entscheidungen und (4) Sinnlosigkeit der analytischen Trennung von emotionalen und rationalen Entscheidungen (vgl. Nippa 2000, S. 232f. und dortige Autoren; vgl. auch drei Beziehungen (1), (3) und (4) bei Fineman 1996, S. 547). In der Vergangenheit fanden sich Vertreter, welche die Relevanz von Emotionen proklamierten. Schon Albert Einstein und Sigmund Freud wiesen auf die hohe Bedeutung von Intuition bei wichtigen Entscheidungen hin (vgl. Gerbert 2004, S. 134; Siefer et al. 2005, S. 75). Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz (1903-1989) proklamierte, die Intuition (Emotionalität) als ältere Form der Intelligenz anzusehen. Ortmann (2000, S. 297) sieht vier Situationen, in denen Emotionen an rationalen Entscheidungen beteiligt sein müssen: (1) Emotionen als Antrieb von rationalen Entscheidungen, (2) Emotionen ermöglichen Fähigkeit zur Bewertung und Präferenzbildung, (3) Emotionen untersützen Rationalität in Notfällen und Extremsituationen und (4) Emotionen ermöglichen das Verständnis von Emotionen anderer Individuen und für allgemeine Normen. Die Untersuchungsergebnisse von Damasio zeigen, dass Emotionen ein integraler Bestandteil aller Denk- und Entscheidungsprozesse sind (vgl. Snyder 2000). Damasio kommt deshalb zu dem Schluss, dass „Gefühle normalerweise für Rationalität unerlässlich sind. Sie weisen uns zunächst in die richtige Richtung, wo dann die nüchterne Logik von größerem Nutzen sein kann.“ (Goleman 1995, S. 48).
40
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Gerhard Roth (2000, 2001) und Wolf Singer (2003) behaupten, dass alle menschlichen Entscheidungen letztendlich von Gefühlen bestimmt sind68 und der Verstand lediglich eine Art Beraterfunktion einnimmt (vgl. Gerbert 2004, S. 136 f.; Elster 1999, S. 187; Häusel 2004, S. 6). Die optimale Intensität beider Elemente in Entscheidungen kann ausschließlich auf Basis der situativen Umstände definiert werden (vgl. Ortmann 2000, S. 290). Bezüglich der Analyse von Informationsverarbeitungsprozessen ist besonders das „Elaboration-Likelihood“-Modell von Petty und Cacioppo (1985) hervorzuheben (vgl. auch Petty, Cacioppo, Schumann 1983; Solomon, Bamossy und Askegaard 2001, S. 206 f.; zur Übertragung auf den B2B-Bereich siehe Lynch, de Chernatony 2004, S. 406). In Abhängigkeit vom Involvement des Individuums variiert die Verteilung affektiver und kognitiver Elemente. Informationen nehmen bei hohem Involvement eine „zentrale“ Route, die mit hoher kognitiver bzw. rationaler Aktivität einhergeht, oder bei niedrigem Involvement eine „periphere“ Route, die mit stark emotionaler Verarbeitung verknüpft ist69 (vgl. Hoyer, McInnis 1997, S. 116 ff.). (2) In Bezug auf die Sequenz bzw. Reihenfolge von Rationalität und Emotionalität im Entscheidungsprozess verdient das „ABC-Modell“ Beachtung (vgl. auch Solomon, Bamossy, Askegaard 2001, S. 155 ff.; vgl. Drei-Komponenten-Modell der Einstellung in Abschnitt 4.3.2.2.3). Die Reihenfolge der Informationsverarbeitung wird dabei durch die Buchstabenkombination angezeigt (A=affect, B=behavior, C=cognition). Grundsätzlich wird die Reihenfolge sehr kontrovers diskutiert (vgl. Ryan 1986, S. 48). Solomon, Bamossy und Askegaard (2001, S. 156) unterscheiden drei Arten der Einstellungsbildung70 (vgl. ähnliche Modellierung für hohes und niedriges Involvement bei Hoyer, McInnis 1999, S. 244):
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Extreme Vertreter raten sogar dazu, den Verstand nur bei leichten Entscheidungen zu nutzen und sich bei komplexen Entscheidungen auf die Emotionen zu verlassen, da emotionale Entscheidungen dem rationalen „Nachdenken“ überlegen seien (vgl. Dijksterhuis nach Gebert 2004, S. 135). Fessler (2001, S. 191) konstatiert, dass selbst rein rationale Elemente wie Kosten-NutzenAnalysen von Emotionalität tangiert werden können. Spätere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zusammenhänge weitaus komplizierter sind (vgl. Bagozzi, Gopinath, Nyer 1999, S. 195; Bitner, Obermiller 1985; Wegener, Petty 1996; Wegener, Petty, Klein 1994). Dennoch bestätigt sich der grundlegende Zusammenhang, dass sowohl kognitive als auch emotionale Elemente mit unterschiedlicher Intensität in allen Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Beispielsweise bestätigten Holmes, Crocker (1987), dass emotionale Stimuli bei low involvement Produkten und rationale Stimuli bei high involvement Produkten zu bevorzugen seien. Kim, Lim, Bhargava (1998, S. 150) wiesen nach, der Einfluss von Rationalität und Emotionalität auf die Einstellung zur Marke von der Anzahl der Wiederholungen abhängt. Bei einmaligem Stimulus bestimmen eher affektive Prozesse die Einstellung und bei mehrfacher Stimuluswiederholung bleibt mehr Zeit für eine gedankliche Auseinandersetzung weshalb kognitive Prozesse entscheidender für die Einstellungsveränderung sind. Vergleiche zur Diskussion, ob Emotionen den Kognitionen vor- oder nachgelagert sind beispielsweise auch Bischof (1989), Kannheiser (1992) oder Mandl und Huber (1983). Zu unterschiedlichen Varianten und Vertretern von C-A-B-Modellen vergleiche beispielsweise Holbrook, Batra (1987, S. 404 f.).
2.1 Theoretische Bezugspunkte
41
-
C-A-B-Ansatz71 bei kognitiver Informationsverarbeitung (vgl. auch Chaudhuri 1998; Edell, Burke 1987)
-
C-B-A-Ansatz bei Lernprozessen aus Erfahrung sowie niedrigem Involvement und
-
A-B-C-Ansatz bei hedonistischem Konsum.
Darüber hinaus lassen sich in der Literatur Vertreter für weitere Reihenfolgen finden. Da eine detaillierte Analyse in der vorliegenden Arbeit zu weit führen würde, werden kurz einige zentrale Ansätze genannt: -
A-C-B-Ansatz72: Er folgt dem Leitbild „Wir fühlen bevor wir denken“ (Hubertz 2000) (vgl. Plummer, Holman 1981; Plutchnik 1980).
-
A-B-Ansatz: Gefühle können unabhängig von Kognitionen direkt auf das Verhalten wirken (vgl. Kim, Lim, Bhargava 1998; Zajonc, Markus 1982 und 1985 und für die Kritik von Tsal 1985).
-
A&C-Ansatz: Kognitive und affektive Prozesse gehen bei den Zielgruppen Hand in Hand, beeinflussen sich gegenseitig und sind zueinander komplementär bzw. interdependent73 (vgl. Chaudhuri 1998; Edell, Burke 1987 und 1989; Goleman 1995, S. 49; Holbrook, O’Shaughnessy 1984; Kim, Allen, Kardes 1996; Lazarus 1991; Plutchik 1980; Plummer, Holman 1981; Stout, Leckenby 1986; Ulich 1989, S. 27).
Traditionelle Verfahren wie Befragungen oder Beobachtungen stoßen bei der Messung von Rationalität und Emotionalität im menschlichen Verhalten zunehmend auf Grenzen. Deshalb versprechen sich zahlreiche Wissenschaftler von gegenwärtigen und zukünftigen radiologischen und neurologischen Studien74 auf Basis von 71
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Kognitionen vor Emotionen. Derartige Modelle waren bei den frühen Versuchen, das Kaufverhalten in Modellen darzustellen, weit verbreitet. Sie betonen, dass jegliche Reize kognitiv verarbeitet werden müssen. Erst die Kognition determiniert affektive Prozesse. Emotionen vor Kognitionen. Diese Modelle stellen die Relevanz von Emotionalität über die von Rationalität. Plummer und Holmann (1981) betrachten kognitive Reaktionen als Gedächtnisstrukturen, welche ausschließlich durch Emotionen aufgebaut und abgerufen werden können. Plutchik (1980) betrachtet Emotionen als das Zentrum des Lebens, die jegliches Agieren determinieren. „Nahezu alle Wahrnehmungen und Kognitionen haben eine emotionale Komponente“ (Ulich 1989, S. 25). Neurobiologische Erkenntnisse bestätigen, dass die „Voraussetzung für eine umfassende Rationalität tatsächlich erst die Beteiligung von Gefühlen ist“ (Schanz 1997). „Umgekehrt spielt das denkende Gehirn eine leitende Rolle bei unseren Emotionen“ (Goleman 1995, S. 49). Nach de Sousa (1997, S. 27) sind Emotionen und Kognitionen über drei Arten direkt und indirekt verknüpft: das Vertrauen in die Vernünftigkeit, die Verwendung des Gefühls als Entschuldigung oder Rechtfertigung und die Gedankenabhängigkeit der meisten Gefühle. Inzwischen hat sich eine neue Forschungsrichtung der so genannten „Neuroökonomie“ gebildet, an der aktuell weltweit ca. 50 interdisziplinär besetzte Forschungsgruppen beteiligt sind (vgl. Kenning et al. 2005). Die Integration von Forschungsergebnissen aus der Neurologie und Radiologie in die Wirtschaftswissenschaften hilft ein tief greifendes und umfassendes Verständnis von Marken in den Köpfen der Zielgruppen zu erlangen (vgl. Ahlert 2005). Diese Methoden bieten als Vor-
42
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Röntgen-Computertomographie und Magnetresonanztomographie neue direkte Einblicke in die „Köpfe“ der Zielgruppen und damit neue Erkenntnisse (vgl. Plassmann 2006). Doch selbst diese Studien liefern widersprüchliche Resultate. Nippa (2001, S. 230) benennt Studien von MacLean (1990), Panksepp (1998), Rolls, Treves (1998) und Rolls (1999), welche auf eine Abgrenzung von analytischen, intuitiven und emotionalen Funktionen hinweisen. Daneben überwiegt eine Vielzahl an derartigen Studien, die den Ansatz bestätigen, dass Rationalität und Emotionalität integriert und überlappend stattfinden (vgl. Hodges 2002; Damasio 1999, S. 59 ff.; LeDoux 2000). „Based on x-ray images of the brains of people making decisions, a study concluded there was evidence that types of thinking considered „rational“ and „emotional” overlapped, in contrast to older concepts that the mind is sharply divided … If you eliminate the emotional guiding factors, it’s impossible to make decisions in daily live” (o.V. 2001). Auch speziell in Bezug auf Marken zeigen neueste Untersuchungen der Neuroökonomie, dass Marken als emotionale Phänomene nicht nur in der rechten, sondern in beiden Hemisphären wirken und proklamieren damit, dass eine starke Marke immer beide Hirnhälften ansprechen muss75 (vgl. Kenning et al. 2005, S. 55 und S. 57; vgl. auch Göttgens 2005, S. 14; Munzinger, Berens, Kuntkes 2004; Esch 2005, S. 519 ff.). Es lässt sich zusammenfassen, dass in der Wissenschaft in zwei Aspekten Einigkeit und in einem Aspekt Uneinigkeit besteht. Erstens sind Kognition bzw. Rationalität und Affekt bzw. Emotionalität unterschiedliche theoretische Konstrukte mit unterschiedlicher Wirkungsweise (vgl. Breckler, Wiggins 1989; Cohen, Areni 1991; Kroeber-Riel, Weinberg 2003). Aus rein analytischen Gründen wird deshalb in vielen Modellen und Theorien zwischen affektiven und kognitiven Prozessen unterschieden, um die Erklärungskraft zu erhöhen (vgl. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 589f.).
75
teile, dass erstens der tatsächliche Moment der Entscheidung untersucht wird und somit keine Störungen durch zeitliche Verzerrungen drohen, dass zweitens auch unbewusste Elemente aufgezeigt werden können und dass drittens auch die zeitliche Verknüpfung von Rationalität und Emotionalität analysiert werden kann (vgl. Kenning et al. 2005, S. 56). Als Kritik an neuroökonimischen Studien werden zum einen die ebenfalls widersprüchlichen Ergebnisse und zum anderen die eingeschränkte Kompetenz, fachfremde Erkenntnisse fundiert zu analysieren und zu reflektieren, aufgeführt (vgl. Nippa 2001, S. 230). Besonders Markenemotionen, welche meist unbewusst verankert sind und deshalb mit klassischen Befragungsmethoden nicht erfassbar sind, können mit Hilfe der Neuroökonomie ganzheitlich verstanden werden (vgl. Ahlert 2005; Hubertz 2000). Neuromarketing unterstützt bei der Identifikation von Kundenwünschen, der Positionierung, der Einbringung ins relevant set und der Markengestaltung (vgl. Terhörst 2005, S. 17). Die neurowissenschaftliche Studie von Kenning et al. (2005) zum Thema „Markenwirkung in Kaufentscheidungen“ hat drei zentrale Resultate: (1) Die Entscheidungsprozesse bei Personen mit hoher oder niedriger Markenaffinität unterscheiden sich – bei hoher Affinität verringern sich rationale Hirnaktivitäten und erhöhen sich Aktivitäten in Hirnarealen für Gefühle und affektives Handeln, (2) Personen haben kein relevant set mit mehreren Marken, sondern sind mit Abstand auf eine einzige Marke je Kategorie fixiert und (3) Aktivierungsmuster von starken Marken finden immer in beiden Gehirnhälften statt – Marken müssen also immer beide Hälften ansprechen.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
43
Deshalb wurden beide Aspekte auch in dieser Arbeit kurz getrennt voneinander definiert (vgl. Abschnitte 2.1.2.1.1 und 2.1.2.1.2). Zweitens spielen immer sowohl kognitive als auch affektive Prozesse eine Rolle im Rahmen von Entscheidungsprozessen. Beim Menschen laufen beide Prozesse nie unabhängig voneinander ab, sondern weisen komplexe Interdependenzen auf und können von den Individuen im Alltag nicht differenziert betrachtet werden (vgl. Adjouri 1993, S. 66 f.; Ulich 1989, S. 26). Uneinigkeit besteht schließlich hinsichtlich der Strukturierung beider Elemente. In welcher Reihenfolge affektive und kognitive Prozesse auftreten und wie die Interaktion gestaltet ist, ist trotz der immensen Zahl an Untersuchungen aus verschiedenen Fachbereichen bis heute unbekannt und entzieht sich der wissenschaftlichen Erkenntnis (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 49 ff.; Ulich 1989, S. 26). Die vorliegende Arbeit nimmt aufgrund dieser Ausführungen die Annahme eines komplexen und interdependenten Zusammenhangs zwischen Rationalität und Emotionalität ein, der sich in den folgenden Zitaten manifestiert: -
„The relations between rationality and the emotions form an intricate web“ (vgl. Elster 1999, S. 283).
-
„Menschen denken und fühlen nicht in Prioritätenlisten, die sie im Kopf abhaken, wenn sie vor einer Kaufentscheidung stehen, sondern sie denken und fühlen in einem System vieler miteinander verbundener Gedanken.“ (Zitat von Harvard-Professor Gerald Zaltman, vgl. Katzensteiner, Leendertse 2003, S. 71; Zaltman 2003).
-
„Individuals are always in a stream of thinking and feeling … Both of these activities are continually occurring. People do not exist in a state of no thought or no feeling only to be presented with a stimulus. Mental activities are dynamic, not static.” (Peterson, Hoyer, Wilson 1986, S. 158).
2.1.2.2.3 Rationalität und Emotionalität im Marketing von Anbietern (S) Marketing wird in der vorliegenden Arbeit als ein Konzept zur marktorientierten Unternehmensführung verstanden, nach dem alle indirekt und direkt den Markt betreffenden Entscheidungen konsequent am Markt ausgerichtet werden müssen (vgl. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 14). Unternehmen versuchen mit „Marketingaktivitäten ..., Märkte zu gestalten und Akteure auf Märkten zu beeinflussen. Im Mittelpunkt steht das Bestreben, das Verhalten der Kunden (bzw. der potentiellen Kunden) sowie der Wettbewerber zum Vorteil des eigenen Unternehmens gezielt zu beeinflussen.“ (Homburg, Krohmer 2003, S. 2). Dies setzt eine detaillierte Kenntnis des Marktes und speziell der Zielgruppen und ihrer Entscheidungsprozesse voraus. Wie bereits in Abschnitt 2.1.2.2.2 gezeigt wurde bestimmen rationale und emotionale Prozesse in variierendem Umfang jede Entscheidung. Das Marketing forciert Unter-
44
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
suchungen über die Entstehung und den Verlauf von rationalen bzw. kognitiven und/oder emotionalen bzw. affektiven Entscheidungsprozessen. Denn ein tiefes Verständnis von Entscheidungsprozessen bei Individuen ist elementar, um auf dieser Basis geeignete Beeinflussungsstrategien entwickeln zu können. Tatsächlich zeigt eine Bestandsaufnahme der Literatur zu Rationalität im Marketing und Emotionalität im Marketing, dass Rationalität zwar ein häufig abgehandeltes Themenfeld der Wirtschaftswissenschaften darstellt, sich aber stets auf den ökonomischen Bereich und auf die Entscheidungstheorie bezieht (vgl. bspw. Eisenführ, Weber 1999; Mack 1994; Tietzel 1981). An speziellen Arbeiten zur Rationalität im Marketing mangelt es in der Literatur. Anders verhält es sich mit der Emotionalität im Marketing, welche regelmäßig zum exklusiven Themenfeld von Veröffentlichungen geworden ist (vgl. Bagozzi, Gopinath, Nyer 1999; Feig 1998; Thyri 2003; O’Shaughnessy, O’Shaughnessy 2003; Maddock, Fulton 1996). Diese Literaturauswertung sollte jedoch keinesfalls als Indiz für eine ungleiche Bedeutung beider Themenfelder herangezogen werden. Stattdessen scheint es einleuchtend, dass Rationalität im Sinne von funktionalen Produktmerkmalen und rationalen Kaufentscheidungen das Marketing traditionell prägte76 und damit für Forschungsarbeiten als „abgedroschen“ wahrgenommen wurde. Emotionalität als verhältnismäßig neues Phänomen, das als Erfolgsfaktor im Wettbewerb gehandelt wird, wurde stattdessen zum zentralen Inhalt von Forschungsarbeiten auserkoren. Doch was konkret sind die relevanten Fragestellungen für das Marketing und die Positionierung? Welche Kenntnis benötigt das Marketing über die rationalen und emotionalen Prozesse und Reaktionen von Individuen? Zum einen zählen dazu die in Abschnitt 2.1.2.1 diskutierte jeweilige Rolle und Intensität und die Sequenz bzw. Reihenfolge von Rationalität und Emotionalität. Die Kenntnis über die Intensität beider Elemente bei einem Entscheidungsprozess ist für das Marketing sehr relevant. Je intensiver ein Element bei einem Entscheidungsprozess beteiligt ist, desto stärker muss das Marketing dies ansprechen. Über die Relevanz der Reihenfolge für das Marketing besteht kein Konsens. Gröppel-Klein (2004, S. 339) hält die Kenntnis über die Reihenfolge der Verarbeitung von Rationalität und Emotionalität für wichtig, da mit dieser unterschiedliche Anforderungen an die Markenkommunikation einhergehen. Doch ist die Frage, was zuerst da sein muss, die „Emotion“ oder die „Kognition“ – das Huhn oder das Ei? - wirklich von Relevanz? Peterson, Hoyer, Wilson (1986, S. 157 f.) halten die Diskussion der zeitlichen Abfolge für die Marketingpraxis für irrelevant, da die Trennung von “affect“ und „cognition“
76
Zu einem kurzen Überblick über das Bild des Menschen zwischen Rationalität und Emotionalität wird auf Schafmann (2000, S. 49 ff.) und Abschnitte 2.1.2.1 verwiesen.
2.1 Theoretische Bezugspunkte
45
ohnehin von der jeweiligen Definition abhänge, da die Reihenfolge nichts über die Relevanz der einzelnen Elemente aussage und da beide Elemente kontinuierlich auftreten. Ulich (1989, S. 26) und Candland (1977, S. 66 f.) sprechen sogar von einem „Schein-Problem“ mit vielen irreführenden Ergebnissen, da es sich bei Kognition und Emotion um einen „kontinuierlichen Fluss in einer permanenten Rückkopplungsschleife“ handelt, den man nur künstlich an einer Stelle anhalten bzw. isolieren könne. Das zentrale Interesse des Marketing besteht möglicherweise weniger darin, die Reihenfolge zwischen Emotionalität („affect“) und Rationalität („cognition“) zu ergründen, sondern vielmehr darin, (1) die Wirkung von rationalen und emotionalen Reizen auf die Prozesse und Reaktionen im Individuum und (2) den jeweils förderlichen Kontext zu kennen (vgl. Peterson, Hoyer, Wilson 1986, S. 158): -
Auf welche Weise wirken „affect“ und „cognition“, einzeln und kombiniert, sodass die gewünschte emotionale oder kognitive Reaktion hervorgerufen werden kann?
-
In welchem Kontext beeinflussen „affect“ und „cognition“ die Kaufentscheidung?
Insbesondere für den B2B-Bereich, in dem das Markenmanagement, erst recht aber die Diskussion „rational vs. emotional“, in den „Kinderschuhen“ steckt und für den schon eine empirische Bestätigung der Koexistenz von Rationalität und Emotionalität hilfreich ist, sind diese Fragestellungen zunächst von größerem Interesse für die Marketingpraxis als tiefergehende Forschungserkenntnisse über die interne Reihenfolge von Prozessen. Beide wichtigen Fragestellungen des Marketing spiegeln sich in den in Abschnitt 1.2 vorgestellten Forschungsfragen wider. Aufbauend auf den Erkenntnissen zu den genannten Fragestellungen ist das Marketing des Anbieterunternehmens in der Lage, eine geeignete Positionierungsstrategie für eine B2B-Marke zu entwickeln und umzusetzen77, um die Zielgruppen bestmög-
77
Streng genommen sind nicht nur Entscheidungsprozesse, sondern insbesondere die Lernprozesse von Individuen für das Marketing zu analysieren, damit die ausgewählten Positionierungsinhalte in optimaler Weise an die Zielgruppen vermittelt werden. Eine ausführliche Darstellung führt in dieser Arbeit zu weit. Der interessierte Leser wird deshalb auf folgende Literatur verwiesen: Zu den zentralsten Lerntheorien zählen einerseits Theorien des automatischen Lernens, wie die kognitive Berieselung, auch „mere exposure“ genannt (vgl. Zajonc 1968) und die klassische oder die instrumentelle Konditionierung (vgl. bpsw. Behrens 1991, S. 277; Skinner 1973) und andererseits Theorien des komplexen Lernens, wie das Imitationslernen oder das kognitive bzw. „vernünftige“ Lernen (vgl. Lindsay, Norman 1981, S. 379) (vgl. zur Einteilung und für Details Trommsdorff 2003, S. 250 ff.). Aber auch Theorien des bildlichen Lernens, wie das Lernen durch innere Bilder, auch „Imagery-Theorie“ genannt, sind zu beachten (vgl. Gröppel-Klein 2004b, S. 334 f.). Für einen Überblick über Lerntheorien vergleiche Bower und Hilgard (1984), Edelmann (2000), Engel, Blackwell, Miniard (1990, S. 397 ff.), Gröppel-Klein (2004b, S. 331 ff.), Kroeber-Riel, Weinberg (2003, S. 320-364), Seel (2000) oder auch Trommsdorff (2002).
46
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
lich zu beeinflussen. Das Spannungsfeld Rationalität und Emotionalität ist für das Markenmanagement und die Positionierung folglich in besonderem Maße von Bedeutung, da die Justierung von rationaler und emotionaler Positionierung über das Markenimage und insofern möglicherweise über den Markenerfolg entscheidet. 2.2
Konzeptionelle Bezugspunkte
Bereits zu Beginn von Kapitel 2 wurde darauf hingewiesen, dass es keine konkreten Forschungsarbeiten zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität gibt. Deshalb ist es notwendig, die Grundlagen zu diesem Themenkomplex umfassend zu erarbeiten und ihren jeweiligen Beitrag für die vorliegende Arbeit zu bewerten, um auf dieser Basis einen Bezugsrahmen zu entwickeln. Den konzeptionellen Rahmen der vorliegenden Arbeit bildet zunächst der Businessto-Business Kontext, der im Folgenden kurz charakterisiert wird (Abschnitt 2.2.1). Anschließend wird auf die konzeptionellen Grundlagen der Markenpositionierung vor dem B2B-Kontext eingegangen, die thematisch in der Literatur zum B2BMarkenmanagement oder in der speziellen Literatur zur Positionierung verankert sein können (vgl. Abschnitte 2.2.1.3 und 2.2.3). 2.2.1 Charakteristika des Business-to-Business Marketing 2.2.1.1 Industriegüter als Objekte des Marketing Marketing ist seit Jahren in aller Munde. Die Abhandlungen des Themas sind über die Jahre derart spezialisiert geworden, dass eine globale Betrachtung kaum noch Sinn macht. Vielmehr wird Marketing jeweils aus der Perspektive einzelner Sonderumstände dargelegt, z.B. Event-Marketing, Dialogmarketing, Regionen- oder Städtemarketing etc. Wird allgemein von Marketing gesprochen, verbirgt sich hinter diesem Begriff meist implizit die Annahme, dass es sich um Konsumgütermarketing bzw. Business-toConsumer Marketing (B2C-Marketing), d.h. die Vermarktung von Konsumgütern an Endverbraucher, handelt. Hiervon abzugrenzen ist das Industriegütermarketing78, das als Sonderform des Marketing auf die Vermarktung von Industriegütern an Or-
78
Einige deutsche Autoren verwenden statt dem Begriff „Industriegütermarketing“ den Begriff „Investitionsgütermarketing“ (z.B. Engelhardt, Günter 1981; Richter 2001). Da in der vorliegenden Arbeit der Begriff Investitionsgut jedoch deutlich enger verstanden als der Begriff Industriegut (vgl. aktueller Abschnitt), werden die beiden Begriffe hier keineswegs als Synonyme verstanden. Homburg und Krohmer (2003, S. 881) führen zwei Gründe für die Überlegenheit des Begriffes „Industriegütermarketing“ auf: erstens verweisen sie ebenfalls auf die Begriffsproblematik, dass „Investitionsgut“ den Eindruck von hohen Investitionen erweckt und zweitens verweisen sie auf einen einheitlichen internationalen Sprachgebrauch mit „industrial product“.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
47
ganisationen fokussiert ist. In ähnlicher Form wird im Englischen von „Industrial Marketing“, „Business-to-Business Marketing“ (B2B-Marketing) oder schlicht „Business Marketing“ gesprochen (vgl. Backhaus, Wilson 1986; Wilson 1986, S. 15 ff.; Brierty, Eckles, Reeder 1998). Als Abgrenzungskriterien zwischen Industriegut und Konsumgut können beispielsweise der Anbieter, die ausgetauschten Güter79, die Nachfrager, die Verwendung oder der Kaufprozess bzw. das Kaufverhalten herangezogen werden. Aber nicht alle Kriterien sind zu einer eindeutigen Charakterisierung geeignet. Die vorliegende Arbeit verwendet den Markt als Definitionsbasis (vgl. Backhaus 1992, S. 771; Scheuch 1993, S. 475). Während Industriegüter von Organisationen zur betrieblichen Verwendung gekauft werden, werden Konsumgüter von Haushalten für private Zwecke erworben. Engelhart und Günter (1981, S. 24) definieren Industriegüter als „Leistungen, die von Organisationen (Nicht-Konsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge- und Verbrauch) weitere Güter für die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen oder um sie unverändert an andere Organisationen weiterzuveräußern, die diese Leistungserstellung vornehmen". Zielgruppen von Industriegütern sind beschaffende Organisationen, was neben kommerziellen Unternehmen (Industrieunternehmen, Händler etc.), auch staatliche Einrichtungen (z.B. Einrichtungen von Bund, Land oder Gemeinde) und Institutionen (z.B. Krankenhäuser, Kirchen, Universitäten) subsumiert (vgl. Hutt, Speh 1992). An diese wird die Leistung entweder auf direktem oder auf indirektem Weg vermarktet. Indirekt bedeutet, dass Absatzmittler eingeschaltet werden; man spricht von Produktionsverbindungshandel. Die direkte Vermarktung, bei der reine Distribution ausgeschlossen wird, wird als Business-to-Business bezeichnet (vgl. Backhaus 2003, S. 8). Business-to-Business „verdeutlicht, dass im Mittelpunkt der Betrachtung die Beziehungen zwischen gewerblichen Anbietern und gewerblichen Nachfragern stehen. Diese Betrachtungsweise ist gänzlich davon unabhängig, um welche Güter oder Dienste es sich im Einzelnen handelt und welche Art von Branche jeweils tangiert ist.“ (Sitte 2001, S. 9). Der Begriff wird damit im Deutschen enger gefasst als in der englischen Sprache, in der Business-to-Business Marketing mit Industriegütermarketing gleichzusetzen ist. Obwohl die Beschreibung der ausgetauschten Leistungen zur Definition von Industriegütern nicht genügt, soll dennoch eine Übersicht über mögliche Produktarten 79
Eine Abgrenzung über den Anbieter oder die ausgetauschten Leistungen wird in der Literatur als kritisch und nicht ausreichend erachtet (vgl. Engelhardt, Günter 1981, S. 22; Geipel 1990, S. 83). Ein Anbieter kann seine Leistungen beispielsweise direkt an Unternehmen als Industriegut oder an Privatpersonen als Konsumgut vermarkten. Entsprechend können Leistungen wie Schreibtische, Telefonanlagen, Schrauben oder Lacke sowohl für betriebliche Zwecke als auch für den privaten Bedarf genutzt werden.
48
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
gegeben werden. Unter dem Begriff „Industriegut“ verbirgt sich eine Vielzahl an Gütern, für die eine ebenso große Vielzahl an Klassifikationsmöglichkeiten entwickelt wurde80. In Anlehnung an Kleinaltenkamp (1994) hat sich eine Einteilung in angebotsorientierte, nachfrageorientierte und so genannte marktseiten-integrierende Klassifikationen durchgesetzt. Als Abgrenzungskriterien werden auf der Angebotsseite die Produktionsart, die Verarbeitungsstufen, der Dienstleistungsumfang etc., auf der Nachfrageseite die Häufigkeit des Kaufes (Individual- vs. Routinetransaktion) oder die Art der Eigenschaften (Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften) etc. herangezogen. Marktseiten-integrierte Klassifikationen kombinieren Abgrenzungskriterien aus beiden Bereichen. Baumgarth (2001, S. 277) entwickelte explizit eine „Markenrelevante Typologie“. Auf Basis der beiden Dimensionen Individualisierungsgrad der Leistung (standardisiert vs. kundenindividuell) und Stufigkeit der Märkte (einstufig vs. mehrstufig), welche die Anzahl der Wertschöpfungsstufen bis zum Endkonsumenten bezeichnet, werden vier Typen unterschieden81. An die Klassifikation, die in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, werden zwei Anforderungen gestellt. Zum einen muss die Einteilung leicht verständlich sein und eine begrenzte Anzahl an Klassen umfassen, so dass bei einer Befragung Missverständnisse vermieden werden. Zum anderen sollte die Einteilung mit deutlichen Unterschieden im Kauf- und Verhaltensprozess einhergehen. Damit wird vorausgesetzt, dass die Klassen unterschiedliche Marketingprobleme hervorrufen und unterschiedliche Anforderungen an eine erfolgreiche Positionierung stellen. Die Unterteilung von Industriegütern in (1) Investitionsgüter und (2) Produktionsgüter wird diesen Anforderungen gerecht82.
80
81
82
Zu den bekanntesten Güterklassifikationen zählen (1) die Leistungstypologie nach Engelhardt, Kleinaltenkamp und Reckenfelderbäumer (1993, S. 416), die zwischen Leistung als Prozess (Integrativ vs. Autonom) und Leistung als Ergebnis (Materiell vs. Immateriell) unterscheiden, (2) die Transaktionskostentypen nach Plinke (1992), der die Kaufhäufigkeit (Transaktion vs. Wiederkauf) und den Standardisierungsgrad (Einzelkunde vs. Marktsegment) betrachtet, (3) die Typologie von Weiber und Adler (1995a, S. 61), die nach Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften einteilt, (4) die modifizierte Typologie für Business-to-Business-Transaktionen von Kleinaltenkamp (1997, S. 755 ff.), in der nach Intensität der Geschäftsbeziehung und Integrativität unterteilt wird und (5) der Geschäftstypenansatz nach Backhaus (2003, S. 324 ff.) der nach Kaufhäufigkeit, nach Standardisierungsgrad, nach Nachfrager-Quasi-Rente und Anbieter-Quasi-Rente vier Geschäftstypen unterscheidet: Zuliefer-, System-, Anlagen- und Produktgeschäft. Einen umfassenden Überblick über die Modelle geben Backhaus (2003, S. 300 ff.) oder Kleinaltenkamp (1994). Nach Baumgarth (2001) entspricht der Typ „einstufig“ und „standardisiert“ dem Marktmodell des B2C-Marketings und erfordert deshalb keinerlei Besonderheiten in der B2B-Markenpolitik. Alle anderen Kombinationen hingegen erfordern Anpassungen an den B2B-Kontext. Übertragen auf Baumgarth sind Investitionsgüter „einstufigen“ Märkten und Produktionsgüter „mehrstufigen Märkten“ zuzuordnen. Diese Typologisierungen wiedersprechen sich insofern nicht.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
49
(1) In der deutschen Sprache ist der Begriff Investitionsgut sehr verbreitet; an einer einheitlichen Definition mangelt es jedoch (vgl. Engelhardt, Backhaus, Günter 1977, S. 153; Kliche 1991, S. 67). Nach einem engen Begriffsverständnis werden unter Investitionsgütern i.e.S. diejenigen Güter verstanden, für die eine „echte Investitionsentscheidung“ getroffen wird und die im Anlagevermögen eines Unternehmens ausgewiesen werden (Arbeitskreis der Schmalenbachgesellschaft 1975, S. 758; Kirsch, Schneider 1974, S. 938). Sie gehen weder verändert noch unverändert in den Produktionsprozess ein, sondern werden zum Zwecke der Produktion im Zeitverlauf mehrmals zur Nutzung eingesetzt (vgl. Krämer 1993, S. 12; Pfeiffer, Bischof 1974, Sp. 919). Weiter gefasste Definitionen schließen unter Investitionsgütern i.w.S. neben dem Anlagevermögen auch Güter des Umlaufvermögens mit ein. Um eine derartige begriffliche Problematik zu vermeiden wird in dieser Arbeit statt von Investitionsgütern i.w.S. von Industriegütern gesprochen. Industriegüter (Investitionsgüter i.w.S.) umfassen folglich Investitionsgüter (i.e.S.) und Produktionsgüter (vgl. Abbildung 7 und Freter, Baumgarth 1996, S. 484; Freter, Baumgarth 1998, S. 8; Homburg 1995, S. 50; Pfeiffer, Bischoff 1974, Sp. 920). (2) Unter Produktionsgütern oder Verbrauchsgütern werden derartige Güter subsumiert, die „unverändert oder nach Bearbeitung und/oder Verarbeitung verändert in die Erzeugnisse direkt eingehen oder zu deren Produktion verbraucht werden“ (Pfeiffer, Bischof, 1974, Sp. 919). Direkt gehen Roh- und Einsatzstoffe sowie Teile in die Produktion ein. Güter, die bei der Produktion verbraucht werden sind Betriebsstoffe oder Schmierstoffe. Streng genommen dient die Verwendung im Produktionsprozess als Abgrenzungskriterium. Allerdings impliziert die Zweiteilung weitere bedeutende Unterschiede bezüglich der Kaufhäufigkeit, der Komplexität der Kaufentscheidung, der Investitionshöhe, der Bedeutung des Kaufes und vieles weitere, womit relevante Unterschiede im Kaufverhalten begründet werden. Neben den beiden genannten Güterarten, die beide durch Materialität geprägt sind, sind unter Industriegütern streng genommen auch industrielle Dienstleistungen zu subsumieren. Industrielle Dienstleitungen sind „immaterielle Leistungen, die ein Industriegüterhersteller seinen Kunden zur Absatzförderung seiner Sachgüter anbietet“ (Homburg, Schneider 2001, S. 608; vgl. Homburg, Garbe 1996a, 1996b). Sie können als Kernleistung, aber auch als Zusatzleistung angeboten werden. Auch wenn Investitionsgüter und Produktionsgüter in der vorliegenden Arbeit maßgeblich als materielle Güter angesehen werden, geht deren Vermarktung dennoch mit einem mehr oder weniger großen Anteil an investiven Dienstleitungen einher (vgl. Krämer 1993, S. 12 f.; Geipel 1990, S. 84; Kirchherr 1993, S. 6; Kleinaltenkamp 1995, S. 2111). Bei-
50
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
spielsweise werden mit Investitionsgütern, wie Maschinen, häufig Finanzierungsmöglichkeiten, Reparaturverträge oder Schulungen angeboten. Im Zusammenhang mit Produktionsgütern könnte eine 24-Stunden-Bestellhotline oder Lieferung am selben Tag als Zusatzservice angeboten werden. Oftmals können materielle Industriegüter und investive Dienstleistungen kaum getrennt werden, da Leistungsbündel angeboten werden. Aus diesem Grund werden investive Dienstleitungen in dieser Arbeit nicht als eigenständige Unterform von Industriegütern verstanden (vgl. Abbildung 7). Industriegüter
Investitionsgüter
Produktionsgüter
Industrielle Dienstleistungen
Abbildung 7: Begriffsverständnis von Industriegütern
Der Fokus dieser Arbeit liegt folglich (1) hinsichtlich der Nachfrager auf Industrieunternehmen (keine Absatzmittler) und (2) hinsichtlich der Industriegüter auf Investitions- und Produktionsgütern (keine industriellen Dienstleistungen). Zusammenfassend wird Business-to-Business Marketing (synonym B2BMarketing) in der vorliegenden Arbeit als Marketing für Industriegüter, d.h. von Investitionsgütern und Produktionsgütern, die auf direktem Wege, ohne Absatzmittler, an Organisationen als Zielgruppen83 vermarktet werden, definiert. 2.2.1.2 Besonderheiten des Business-to-Business Marketing Die marketingwissenschaftliche Literatur ist sich einig, dass das Business-toBusiness Marketing mit Besonderheiten einhergeht, welche das B2B- und das B2C-Marketing signifikant unterscheiden. Diese Besonderheiten rechtfertigen die eigenständige Behandlung bzw. die Adaption von Konzepten für den Business-toBusiness Bereich (vgl. Abschnitt 2.2.1.3). Effektiv kann Marketing in diesem Zusammenhang nur sein, wenn es sich mit diesen B2B-Besonderheiten intensiv auseinandergesetzt hat. Die B2B-Besonderheiten lassen sich in Besonderheiten der Angebots- und Nachfrageseite gliedern (vgl. Homburg, Schneider 2001, S. 590). Caspar, Hecker und Sabel (2002, S. 19 bis 23) ergänzen noch die Besonderheiten der Märkte und die Besonderheiten der Leistung. 83
Welche Art von Gütern diese Organisationen als Zielgruppen wiederum herstellen ist unwesentlich. Damit können die Zielgruppen sowohl Industriegüterhersteller als auch Konsumgüterhersteller sein.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte Besonderheiten des Industriegütermarketing
51 Hinweis in der B2B-Markenliteratur
Art der Märkte Markttransparenz (relativ kleine Anzahl an Anbietern und/oder Nachfragern)
Webster, Keller 2004, S. 392; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 21; Merbold 1995, S: 414
Internationalität
Merbold 1990, S. 409 und 1993, S. 579; Ludwig 2000, S. 17
Art der Vermarktung bzw. des Angebots Direkter Vertrieb bzw. Persönlicher Verkauf
Mudambi 2002, S. 257; Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Merbold 1995, S. 414
Multiorganisationalität
Kriegbaum-Kling 2004, S. 338
Art der Nachfrage Derivativer Bedarf
Webster, Keller 2004, S. 391; Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Von der Oelsnitz 1995, S. 252; Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 20; Baumgarth 2001, S. 277
Betrieblicher (kein persönlicher) Bedarf und Bezahlung auf fremde Rechnung
Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Voeth, Rabe 2004, S. 90; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 20; Merbold 1990, S. 408, 1993, S. 579 und 1995, S. 414
Formalisierter Beschaffungsprozess (und damit einhergehend höhere Rationalität)
Baumgarth 2001, S. 277; Von der Oelsnitz 1995, S. 253; Büschken 1997, S. 192; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 21; Merbold 1990, S. 408
Multipersonalität (Buying Center)
Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Baumgarth 2001, S. 277; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 21; Schröter 1993, S. 333; Merbold 1990, S. 408 und 1993, S. 579
Anspruchsvolle Einkäufer
Mudambi 2002, S. 257; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Merbold 1995, S. 414
Lang dauernde Kaufentscheidungsprozesse in mehreren Phasen
Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Merbold 1990, S. 409 und 1995, S. 414
Langfristigkeit der Geschäftsbeziehung
Mudambi 2002, S. 257; Von der Oelsnitz 1995, S. 253
Art der Leistung Hoher Technologie- und Innovativitätsgrad
Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Kriegbaum-Kling 2004, S. 335; Lasogga 1998b, S. 84
Leistungskomplexität
Kriegbaum-Kling 2004, S. 335; Mudambi 2002, S. 257; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 22; Merbold 1995, S. 414; Trommer 1984, S. 86
Leistungsbündel
Von der Oelsnitz 1995, S. 252
Hohe Individualisierung (Maßgeschneiderte Konzepte)
Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Baumgarth 2001, S. 277; Mudambi 2002, S. 257; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 22; Merbold 1990, S. 408, 1993, S. 579 und 1995, S. 414; Trommer 1984, S. 86
Hohe Investitionsvolumen
Kriegbaum-Kling 2004, S. 335; Von der Oelsnitz 1995, S. 253; Merbold 1990, S. 409; Trommer 1984, S. 86
Besondere Bedeutung von Dienstleistungen (z.B. Wartung, Reparatur, Ersatzteilversorgung)
Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; Mudambi 2002, S. 257; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 22
Tabelle 3: Besonderheiten des Business-to-Business Marketing
Tabelle 3 gibt einen Überblick über die in der Literatur am meisten verbreiteten Besonderheiten (vgl. Backhaus 2003, S. 3 ff.; Dichtl, Engelhardt 1980, S. 146 f.; Godefroid 1995a, S. 20; Kotler, Bliemel 2001, S. 373 ff.; Homburg, Krohmer 2003, S. 883 ff.; Homburg, Schneider 2001, S. 590 ff.; Plinke 1991, S. 173). Hierbei sind diejenigen Besonderheiten ausgewählt worden, welche als markenpolitisch relevant in der B2B-Markenliteratur eingeschätzt werden. In den letzten zehn Jahren sind Industriegütermärkte erheblichen Veränderungen in allen Bereichen des Wettbewerbs ausgesetzt (vgl. Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 19-93; Fritz, 1994, S. 49 f.). Hierzu zählen insbesondere die Veränderungen des Nachfrageverhaltens, die verstärkte Internationalisierung aufgrund fallender Handelsbeschränkungen (vgl. Trommer 1984, S. 86), der Eintritt neuer Wettbewerber,
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
die zunehmende Homogenität des Angebots (vgl. Trommer 1984, S. 86; Baumgarth 2001, S. 277; Lasogga 1998b, S. 84; Ludwig 2000, S. 17), der zunehmende Preisdruck (vgl. Ludwig 2000, S. 17), die zunehmende Angebotskomplexität, der steigende Anteil an Fixkosten und schließlich die steigenden Forschungs- und Entwicklungskosten bei abnehmenden Produktlebenszeiten (vgl. Merbold 1995, S. 414). Die Folgen der Veränderungen mannifestieren sich in wandelnden relevanten Wettbewerbern, verschärften Wettbewerbsbedingungen und neu entstehenden „Spielregeln“84. Übertragen auf die vorliegende Arbeit bedeutet dies, dass diese B2BBesonderheiten und Veränderungen in den einzelnen B2B-Märkten den Kontext für das B2B-Markenmanagement und die Positionierung von B2B-Marken bilden (vgl. Merbold 1990, S. 408 und 1995, S. 414). 2.2.1.3 Eigenständigkeit der B2B-Thematik und Transferierbarkeit von den Erfahrungen des B2C-Bereichs Bislang wurde implizit unterstellt, dass B2B-Marketing bzw. B2B-Marken eine eigenständige Betrachtung erfordern (vgl. 2.2.1.2). Dennoch können berechtigterweise die Fragen gestellt werden, ob B2B-Marketing eine eigenständige und spezifische Betrachtung erfordert85 und inwieweit Erfahrungen und Konzepte aus dem B2C-Bereich auf den B2B-Bereich übertragen werden können86 bzw. in welchen Bereichen Anpassungen notwendig sind. Insbesondere im Markenmanagement, welches im B2BBereich ein relativ neues Thema mit steigender Relevanz darstellt (vgl. Abschnitt 2.2.2.2), ist diese Frage durchaus von großem Interesse. Als Gründe gegen eine eigenständige Betrachtung und für die Transferierbarkeit wird auf die Gemeinsamkeiten von B2C- und B2B-Marken verwiesen, beispielsweise erfüllen beide ähnliche Funktionen wie Informationseffizienzfunktion, Risikoreduktionsfunktion etc. (vgl. Abschnitt 2.2.2.2) und haben ähnliche Ziele wie Schaffung von Ein-
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Zwei grundlegende Strategien vor dem Hintergrund der Wettbewerbsveränderungen sind die Preisführerschaft und die Präferenzstrategie. Eine Preisführerschaft kann nur auf einer Kostenführerschaft beruhen. Der Standort Deutschland mit seinen gesetzten Rahmenbedingungen, wie den hohen Lohnkosten, bedingt, dass deutsche Unternehmen in diesem Zusammenhang in einer Preisführerschaft keine Chance gesehen haben und überwiegend auf eine Präferenzstrategie gesetzt haben (vgl. auch Studie von Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 93). Zur Verfolgung der Präferenzstrategie ist ein leistungsstarkes Marketing im Sinne eines marktorientierten Führungskonzeptes notwendig (vgl. auch Fasnacht 1999; Porter 1997). Gerade auch der Aufbau einer starken Marke stellt hier einen aussichtsreichen Weg dar, um bei den Zielgruppen eine echte und anhaltende Präferenz aufzubauen. Vergleiche allgemein zur Frage nach der Notwendigkeit einer Distinktion Wilson (2001). Geht man davon aus, dass der B2C- und B2B-Bereich derart ähnlich sind, dass Theorien und Konzepte transferiert werden können, so ist dieser Transfer durchaus bidirektional vorstellbar. Erkenntnisse über multipersonale Entscheidungen im Buying Center könnten auf die kollektiven Entscheidungen in Familien übertragen werden (vgl. Wilson 1977b; Wind 1977, S. 657 und 661).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
53
trittsbarrieren, Erzielung von höheren Preisen, Anlockung von wertvollen Geschäftspartnern etc. (vgl. Rozin 2004, S. 344). Gründe für eine eigenständige Thematisierung und gegen die Transferierbarkeit werden vornehmlich aus den üblichen B2BBesonderheiten abgeleitet, welche die spezielle Marktstruktur, das unterschiedliche Kaufverhalten, die Multipersonalität, die engen Geschäftsbeziehungen, den betrieblichen Bedarf, die Notwendigkeit eines technischen Grundverständnisses oder die höhere Komplexität der Beschaffungssituation subsumieren (vgl. Rozin 2004, S. 344; Webster, Keller 2004, S. 392-397; vgl. allgemein Abschnitt 2.2.1.2). Sehr kontrovers wird insbesondere das Kaufverhalten in beiden Branchen verglichen (vgl. auch Abschnitt 2.1.1.1). Während einige Autoren in Bezug auf das B2B-Markenmanagement die Verschiedenheit von B2C- und B2B-Kaufverhalten akzentuieren87 (vgl. Solomon 2004, S. 403 f.; Weidner 2002; Webster, Keller 2004, S. 393; Ward, Webster 1991, S. 421), stellen andere die Ähnlichkeiten beider Kaufverhaltensprozesse heraus88 (vgl. Bennett, Härtel, McColl-Kennedy 2005, S. 98; Engelhardt, Günter 1981, S. 23 und 45; Fern, Brown 1984, S. 69; Schafmann 2000, S. 27; Hutton 1997, S. 429; nach Shaw, Giglierano, Kallis 1989; Sheth 1979). In der Literatur gibt es folglich keinen Konsens darüber, inwieweit Techniken von B2C- auf B2B-Marketing übertragbar sind (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 407; vgl. zur Diskussion der Dichotomie von B2C und B2B Schafmann 2000, S. 21ff. und Coviello, Brodie 200189). Von der Oelsnitz (1995, S. 254) und Büschken (1997, S. 195) beispielsweise betonen, dass sich eine „wirkungsvolle, weil die Kaufentscheidung beeinflussende Markenpolitik für Investitionsgüter von einer KonsumgüterMarkenpolitik unterscheiden“ muss. Sie widersprechen damit zwar nicht einer grundsätzlichen Übertragbarkeit, betonen jedoch Unterschiede. Schultz und Schultz (2000, S. 45) hingegen kommen zu dem Schluss, dass viele Unternehmen sowohl im B2Cals auch im B2B-Bereich tätig sind und für beide Zielgruppen dieselben grundlegenden Praktiken anwenden. Caspar, Hecker und Sabel (2002, S. 18) proklamieren, dass die Übertragbarkeit der markenpolitischen Aussagen von B2C auf B2B von der Art der B2B-Märkte abhängt. Die Mehrheit der Autoren vertreten den Standpunkt, dass B2C-Methoden zumindest als Ideen oder Anhaltspunkte für den B2B-Bereich verwendet werden kön-
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Schafmann (2000, S. 56) und Brierty, Eckles, Reeder (1998, S. 25) liefern eine Gegenüberstellung von Marketing und Kaufverhalten im privaten und beruflichen Handlungsraum und zeigen damit die kontroversen Annahmen deutlich auf. Als „Verbindungselement“ wird auf den Menschen hingewiesen, der in beiden Bereichen die Entscheidungen und das Verhalten bestimmt und nicht als „gespaltene Persönlichkeit“ agiert (vgl. Feldman, Cardozo 1975). Coviello und Brodie (2001) haben insgesamt 279 Unternehmen untersucht, um B2C- und B2BMarketing zu vergleichen.
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
nen: „With so little research specifically on B2B branding, business-to-consumer (B2C) branding models act as a reference point for direction and guidance.” (Lynch, de Chernatony90 2004, S. 407; vgl. auch Benett, Härtel, McColl-Kennedy 2004, S. 98; Fern, Brown 1984; Ginter, Dambacher 2002; Hague, Hague, Harrison 2005; Sheth 1978; Winterling 1993, S. 86). Jedoch können nicht alle Konzepte „eins-zu-eins“ übertragen werden, sondern in einigen Bereichen sind Adaptionen an die B2BBesonderheiten und B2B-Forschungserkenntnisse zu integrieren (vgl. McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 445; Ginter, Dambacher 2002, S. 54; Wiedmann, Bausback 2004, S. 1 f.; vgl. zu Besonderheiten und Modellen Abschnitte 2.1.1.1 und 2.2.1.2). Dieser Standpunkt drückt sich in folgenden Zitaten aus: -
„Our findings supply a middle course: While the underlying concepts are similar to consumer marketing, the approach requires some significant modification. “ (Doyle, Saunders 1985, S. 25)
-
„To summarize, industrial branding must take into account the complexity of the industrial or organisational buying process. “ (Webster, Keller 2004, S. 397)
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„So wie Industrieprodukte vieles viel genauer, konsequenter und besser können müssen, als es von Gebrauchs- und Konsumgütern erwartet wird, so müssen auch B2B-Marken genauer, konsequenter und besser geführt werden als andere Marken.“ (Ginter, Dambacher 2002, S. 67)
Bereiche, in denen ein Transfer unproblematisch möglich ist, sind beispielsweise die Markenfunktionen (vgl. Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Mudambi, 2002, S. 257 und Abschnitt 2.2.2.2), die Entwicklung von Marketingstrategien und Marketingprogrammen, allgemeine Prozesse wie Marktsegmentierung, Zielgruppendefinition und Positionierung, sowie die Markentechnik und die kontinuierliche Markenpflege (vgl. Coviello, Brodie 2001; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Webster, Keller 2004, S. 390f.) In speziellen Bereichen bestehen jedoch grundsätzliche Unterschiede zwischen B2C- und B2B-Marken, die einen Transfer von Erkenntnissen erschweren. Als derartiger Bereich wird die Marktforschung genannt, welche laut Garbe (1999, S. 1109) in Industrieunternehmen aufgrund der B2B-Besonderheiten anderen Gesetzen gehorcht. Zweitens wird darauf verwiesen, dass die Werbung für Investitionsgüter eigene Gesetzmäßigkeiten hat, was sich in der Art der Kommunikationsinstrumente, aber auch in der Gestaltung der Werbeanzeigen äußert (vgl. Bunk 1991). Und schließlich
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Lynch und de Chernatony (2004, S. 406) greifen für einen ersten Eindruck, wie Emotionen im B2B-Bereich wirken, auf das Elaboration Likelihood Modell aus dem B2C-Bereich zurück. Für ein konkretes Beispiel, in dem ein B2C-Modell zur Bestimmung der Markenwahl erfolgreich im B2BKontext verwendet wurde, siehe Möller und Pesonen (1981).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
55
wird von Voeth und Rabe (2004, S. 90) auf die unterschiedliche „Art und Weise hingewiesen, wie Industriegütermarken vom Nachfrager wahrgenommen werden, d.h. mit welchen Eigenschaften Industriemarken verbunden werden“. Relevante Markeninhalte bzw. Markenmerkmale unterscheiden sich zwischen dem B2C- und dem B2BBereich (vgl. auch Gray 2001; Merbold 1993, S. 579; Webster, Keller 2004, S. 397). Für das Thema der vorliegenden Arbeit bedeutet dies zum einen, dass Modelle des Markenmanagements wie die Positionierung grundsätzlich transferiert werden können, jedoch um Besonderheiten des B2B-Bereichs zu ergänzen sind, und zum anderen, dass inhaltliche Aspekte wie Positionierungsinhalte für den B2B-Bereich gesondert entwickelt und analysiert werden müssen (vgl. Abschnitte 4.1 und 4.4). 2.2.2 Markenmanagement im Business-to-Business Bereich 2.2.2.1 Definition und Besonderheiten von B2B-Marken Die Relevanz des Themas „Marke“ ist in Wissenschaft und Praxis seit Jahrzehnten ungebrochen91 (vgl. Meffert, Bongartz 2000 und Einleitung in Abschnitt 1.1). Marken zählen als zentraler Erfolgsfaktor, der, sofern er seine positive Wirkung auf die Kunden entfalten kann, auch einen ökonomischen Wert für das Unternehmen darstellt92. Zur Schaffung eines Begriffsverständnisses wird zunächst auf den Unterschied zwischen Produkt und Marke eingegangen. Ein Produkt93 ist etwas, das dem Kunden einen funktionalen Nutzen stiftet, wie ein Auto (vgl. Farquhar 1989, S. 24 f.). Eine Marke hingegen ist mehr als das. Marken sind erst dadurch entstanden bzw. sind nur damit stark, dass ein über den funktionalen Produktnutzen hinausgehender, erlebbarer, psychologischer bzw. emotionaler Zusatznutzen zur Differenzierung genutzt wird („added value“) (vgl. Hölscher, Riesenbeck 2002, S. 26). „A brand is a product… but one that adds other dimensions to differentiate it in some way from other products designed to satisfy the same needs. These differences may be rational and tangible … or more symbolic, emotional, and intangible.” (Keller 1998, S. 4). Diese Abgren-
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Erste Anzeichen für die Idee zum Aufbau einer Marke i.S.v. Wiedererkennung und Vermeidung von Misstrauen sind laut Leitherer (1955, S. 555 ff.) schon vor 200 Jahren zu finden: bspw. 1803 Tabakfabrik J.G.Böninger und Söhne, 1760 Parfumfabrik Farina oder 1840 Bleistifte von Faber. Nach einer Studie von Sattler und PWC (2001) machen B2C-Marken rund 56% und B2B-Marken rund 18% des Unternehmenswertes aus. Auch eine aktuelle Befragung zur marktorientierten Unternehmensführung bei 186 Top-Managern und 73 Marketingwissenschaftlern hat ergeben, dass die Markenpolitik als ein zentraler unternehmerischer Erfolgsfaktor eingestuft wird (vgl. Meffert, Bongartz 2000). Es können fünf verschiedene Ebenen von Produkten unterschieden werden: „core benefit level“, „generic product level“, „expected product level“, „augmented product level“ und „potential product level“ (Levitt 1980, S. 83-91). Auf diese Einteilung greifen McDowell Mudambi, Doyle, Wong (1997, S. 434 und 440) zurück, wenn sie B2B-Marken einteilen in „basic brand“ (differenziertes Qualitätsprodukt), „augmented brand“ (zusätzliche greifbare Nutzen wie Service, Garantie) und „potential brand“ (wahrgenommene immaterielle Nutzen) (vgl. auch Low, Blois 2002, S. 386).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
zung demonstriert die tiefe Verwurzelung des Spannungsfeldes von „Rationalität vs. Emotionalität“ mit dem Markenbegriff94 (vgl. Thema der Arbeit und Abschnitt 2.1.2). Der Begriff „Marke“ leitet sich aus dem englischen Wort „Brand“95 ab; beide sind synonym zu verwenden. Verwandte Begriffe sind „Markierung“ bzw. „Branding“96, welche den Markenaufbau, genauer die ganzheitliche „Gestaltung von Markenname und Markenlogo sowie die Produkt- und Verpackungsgestaltung“ beschreiben (vgl. Esch 2005, S. 179; Langner 2003, S. 27). Wurden unter Marken zunächst hauptsächlich Luxusmarken im Konsumgüterbereich verstanden, erfuhr der Markenbegriff im Laufe der Zeit eine deutliche Ausdehnung und Ausdifferenzierung: B2C- vs. B2Bvs. Dienstleitungsmarken, Hersteller- vs. Handelsmarken, Unternehmens- vs. Familien- vs. Einzelmarken, Billigmarken vs. Luxusmarken, Stadtmarken, Personenmarken etc. (vgl. Bruhn 2004b, S. 5, 8 und 15 ff.). Fokus der vorliegenden Arbeit sind Business-to-Business Marken. Im Gegensatz zum Konsumgüterbereich wurden Marken im Business-to-Business Bereich sowohl in der Wissenschaft als auch in der Unternehmenspraxis lange Zeit stark vernachlässigt (vgl. Baumgarth 2001, S. 276; Mitchell, King, Reast 2001, S. 415; Sinclair, Seward 1988, S. 24; Kriegbaum-Kling 2004, S. 334; Lynch, de Chernatony 2004, S. 403) bzw. werden noch heute „stiefmütterlich“ behandelt, als irrelevant beurteilt und in Frage gestellt (vgl. Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 11; Ginter, Dambacher 2002, S. 54; Kemper 2000, S. 82; Köhler 1994, S. 2063, Winterling 1993, S. 85 und zur B2B-Markenrelevanz Abschnitt 2.2.2.2):
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„Branding is and always has been a touchy-feely consumer thing that makes rational human beings act irrationally“ (Morrison 2001, S. 30). Neuroökonomische Studien belegen die theoretische Konzeption, dass Marken ein emotionaler Aspekt innewohnt und schlagen gar vor, Marken als „Stimuli zu definieren, die während einer (Kauf-) Entscheidung sowohl zur Entlastung rationaler als auch zur gesteigerten Aktivität affektiver und emotionaler Hirnareale führen“ (vgl. Kenning et al. 2005, S. 55 f. und weitere neuroökonomische Erkenntnisse in Abschnitt 2.1.2.1). Die Ursprünge der Bezeichnung „brand“ sind in Nordamerika zu sehen, wo Siedler bzw. Cowboys ihren Tieren ein Brandzeichen als Erkennungsmerkmal gaben (vgl. Chernatony, McDonald 1998, S. 28). Diese Herkunft des Wortes „Brand“ im Sinne einer „Kennzeichnung“ bzw. einem „Herkunftsnachweis“ diente als Basis für die ersten Definitionsversuche, welche auf einem formalen Begriffsverständnis aufbauten. Andere Autoren wie beispielsweise Bruhn (1994, S. 5) leiten das Wort von dem mittelhochdeutschen Wort „marc“, was soviel bedeutet wie „Grenze, Grenzland, Grenzlinie zur Unterscheidung“ und dem französischen Kaufmannswort „marque“ für „auf eine Ware aufgebrachtes Zeichen“ ab. Unter „Corporate Branding“ versteht man die Führung einer Dach- bzw. Unternehmensmarke (vgl. Meffert, Bierwirth 2002, S. 185). Insbesondere im Investitionsgüterbereich (vgl. Abschnitt 2.2.2), aber in Zeiten der Effizienzsuche auch in Konsumgütermärkten, ist die Verwendung von Unternehmensmarken sehr üblich. Nach einer weiteren Definition umfasst „Corporate Brand Management“ nicht nur die Führung der Unternehmensmarke selbst, sondern auch die „Gestaltung der Markenarchitektur und der Führung des Markenportfolios eines Unternehmens“ (vgl. Kernstock et al. 2004, S. 13).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
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„However, discussions of industrial markets only occasionally refer to branding or brand equity“ (vgl. McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 434).
-
“… the nature and importance of branding in business markets is unclear and under researched” (vgl. Mudambi 2002, S. 525).
-
“Im B2B-Bereich sind sich die meisten Unternehmen der Bedeutung der Marken implizit bewusst und erahnen deren ökonomischen Erfolg, doch spielt strategisches Markenmanagement zur Aufladung und operativen Markenkommunikation in vielen B2B-Bereichen bei weitem noch nicht die Rolle, die ihr gebührt.“ (Pförtsch, Schmid 2005, S. 45).
Hierfür sind besonders drei Gründe vorstellbar. Erstens haben Investitionsgüter allgemein erst relativ spät die Aufmerksamkeit der Marketingwissenschaften erhalten (vgl. Köhler 1994, S. 2063). Zweitens wurde die grundsätzliche Eignung von Marken im B2B-Bereich häufig in Frage gestellt, da in vielen Industriegüterunternehmen eine falsche Vorstellung von Marken vorliegt (vgl. Morrison 2001, S. 32; Sinclair und Seward 1988, S. 24 und Abschnitt 2.2.2.2). So wird beispielsweise fälschlicherweise argumentiert, dass Marken nur in emotionalen und irrationalen Kaufentscheidungen eine Rolle spielen und deshalb nicht zur Vorstellung von technologieorientierten Produkten und rationalen industriellen Kaufprozessen passen (vgl. Blombäck 2005, S. 25; Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 26; Kriegbaum-Kling 2004, S. 335). Und drittens gab es lange Zeit keinerlei praktische Erfahrung mit Marken im Industriegüterbereich; zumindest keine Erfahrung mit weit verbreiteten und wertgeschätzten Industriegütermarken. Mit dem ständigen Wandel in den Markt- und Umweltbedingungen ging ein ständiger Wandel der Markendefinition einher97 (vgl. Bruhn 2004b, S. 5 f. und dortige Darstellung). Trotz vielfältiger Definitionsversuche im Bereich des Konsumgütermarketings fehlt es bislang an einem Konsens über ein einheitliches Begriffsverständnis. „There is no one accepted definition of a brand, only a set of perspectives that share a significant degree of agreement. “ (Hankinson 2000, S. 481). In den letzen Jahren
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Grundsätzlich lassen sich zwei Kategorien des Markenverständnisses unterscheiden: formal/eng und inhaltlich/weit (vgl. Herrmann, 2001, S. 293). Zu dem formal engen Verständnis zählt das Klassische Markenartikelkonzept mit Domizlaff (1939) als Hauptvertreter. Aber auch die American Marketing Association baut auf diesem Verständnis auf. Das inhaltlich weite Begriffsverständnis subsumiert den Merkmalsbezogenen Ansatz (vgl. Mellerowicz 1963, Pepels 1990), den Angebotsbzw. Funktionsorientierten Ansatz (vgl. Alewell 1974), den Nachfrager- bzw. Wirkungsbezogenen Ansatz (vgl. Berekoven 1978, Ogilvy 1964), sowie den Fraktalen Ansatz (vgl. Gerken 1994a, 1994b) und Identitätsorientierten Ansatz (vgl. Aaker 1996; Kapferer 1992; Meffert, Burmann 2002; Wiedmann 1994, 1996, 2001). Ergänzt werden diese beiden Formen noch durch ein juristisches Markenverständnis (vgl. Meffert, Burmann, Koers 2002b, S. 6; Schröder 2001). Vergleiche allgemein zur Übersicht der Ansätze Baumgarth (2001, S. 20ff.), Bruhn (1994; 2004b, S. 10ff) oder Meffert, Burmann (2002b).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
hat sich bei den bedeutendsten Markenexperten eine identitätsbezogene Sichtweise etabliert, nach der Marken erst in der Vorstellung der Kunden entstehen98 (vgl. Aaker, Joachimsthaler 2001; Adjouri 2002; Kapferer 1992; Hölscher, Riesenbeck 2002; Meffert, Burmann, Koers 2002; Wiedmann 2001). Die meisten Arbeiten verzichten auf eine spezifische Definition der „Business-toBusiness-Marke“ (synonym99: „B2B-Marke“, „Industriegütermarke“, „industrial branding“). Die wenigen Definitionsversuche lassen sich jedoch auf einen identitätsbezogenen Ansatz100 zurückführen, indem sie Marken als ein Versprechen an die Kunden bzw. als Vorstellung bei den Kunden definieren: -
Eine B2B-Marke ist „ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt, einem Anbieter oder einer Dienstleistung“ (vgl. Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 10; Meffert, Burmann, Koers 2002b; im Vergleich zur B2C-Marke wird die Anbieterebene ergänzt).
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„An industrial brand is to position the brand as a promise, as a set of expectations that the product offers a certain type and level of value“ (McQuiston 2004, S. 348)
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“A brand is a distinctive identity that differentiates a relevant, enduring, and credible promise of value associated with a product, service, or organization and indicates the source of that promise”101 (Ward, Light, Goldstine 1999, S. 88)
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Der Identitätsbezogene Ansatz betrachtet die Marke als eine Integration der angebots- und nachfrageorientierten Betrachtungsperspektive, d.h. als eine „wechselseitige Beziehung zwischen internen und externen Zielgruppen der Marke“ (vgl. Meffert, Burmann 1996, S. 31). Ziel ist es, das Selbstbild (=Markenidenität) und das Fremdbild (=Markenimage) der Marke in Einklang zu bringen (vgl. Abschnitt 2.2.3.1). Vor dem Hintergrund einer Markendefinition als Vorstellungsbild im Kopf des Konsumenten, wird die Marke als sozialpsychologisches Phänomen aufgefasst (vgl. Meffert, Burmann, Koers, 2001, S. 6; Chernatony, Riley 1998, S. 427; Keller, 1998, S. 86 f.). Einige Autoren verwenden synonym den Begriff „Investitionsgütermarke“ (vgl. Kriegbaum-Kling 2004; Kemper 2000, S. 94). In der vorliegenden Arbeit kann der Begriff „Investitionsgütermarke“ aufgrund der Definitionen in Abschnitt 2.2.1 jedoch zu Verwirrungen führen und wird deshalb nicht als Synonym aufgefasst. Dass die wenigen Definitionen von B2B-Marken vermehrt mit dem Wirkungs- bzw. Identitätsorientierten Ansatz einhergehen ist vermutlich auf die zeitliche Korreliertheit zurückzuführen. Dass darüber hinaus weitere Definitionsansätze bestehen zeigt die merkmalsbezogene Definition von B2BMarken als „Zeichen oder Merkmal zur Kennzeichnung“ bei Kemper (2000, S. 93). Allerdings wird die Anwendung des merkmalsbezogenen Ansatzes im Vergleich zum wirkungsbezogenen Ansatz für B2B-Marken als problematisch betrachtet (vgl. Freter und Baumgarth 1996, S. 483 f.). Ward, Ligth und Goldstine (1999, S. 90 ff.) unterscheiden zwischen fünf Ebenen des Markenaufbaus. Die untersten beiden Ebenen (1) materielle, objektive Eigenschaften und (2) Nutzen sind eher dem Produktmanagement zuzuordnen. Sobald es um echtes Markenmanagement geht werden (3) psychologische und emotionale Nutzen und (4) Werte wichtig. Auf der obersten Ebene steht (5) die Persönlichkeit der Marke.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
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Eine “business brand” ist “… a bundle of functional, economic and psychological benefits for the end user … the aggregation of all accumulated attributes …” (vgl. Ambler 1995; Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 29)
Gemäß diesen Ausführungen nimmt auch die vorliegende Arbeit eine identitätsbezogene Sichtweise zur B2B-Marke ein. Dieser Ansatz passt in optimaler Weise zum Thema dieser Arbeit, da die Positionierung von B2B-Marken als der Teil der Markenidentität verstanden wird, der an die Zielgruppen kommuniziert wird, um bei diesen eine einzigartige Stellung für die Marke aufzubauen (vgl. Aaker 1996, S. 71 und Abschnitt 2.2.3). Um das Wesen von B2B-Marken zu verdeutlichen, wird kurz auf drei Besonderheiten eingegangen: (1) Unternehmensmarken versus Produktmarken Wie bei allen anderen Marken sind auch bei B2B-Marken diverse Ausgestaltungen der Markenarchitektur möglich: Unternehmens- bzw. Dachmarken, Produktgruppenmarken, Produkt- bzw. Einzelmarken oder Kombinationen zwischen diesen Reinformen. Beispiele aus dem B2B-Bereich sind KUKA, ZF Sachs, Jungheinrich oder ThyssenKrupp für Unternehmensmarken und Teflon® (Antihaftbeschichtung von Dupont), Pentium® (Prozessor von Intel) oder ESP® (Elektronisches Stabilitätsprogramm von Bosch) als Produktmarken. Jede Ausgestaltungsvariante ist mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden und kann nur vor dem situativen Umfeld anhand von Kriterien wie Kostensituation, Koordinationsbedarf, Synergiepotentiale, Komplexität, Dauerhaftigkeit etc. beurteilt werden (vgl. eine sehr ausführliche Diskussion bei Kemper 2000, S. 261-305). Dennoch ist zu konstatieren, dass im B2BBereich Unternehmensmarken eine besondere Stellung einnehmen und bislang überwiegen, weshalb sich viele Autoren auf die Betrachtung von Unternehmensmarken fokussieren (vgl. Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 10; Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 76 f.; Lynch, de Chernatony 2004, S. 405; Kemper 2000, S. 262; vgl. auch Abgrenzung der Arbeit in Abschnitt 1.3). Selbst wenn Produktmarken aufgebaut werden treten diese selten allein, sondern meist in Kombination mit der Unternehmensmarke auf. Begründungen werden darin gesehen, dass im B2B-Bereich wegen zuverlässiger Lieferung, Reputation, finanzieller Stärke etc. immer auch der Anbieter entscheidend ist, dass Unternehmensmarken eine „Klammer“ um die sehr große und breite Angebotspalette von B2B-Firmen bilden können und damit kostengünstiger sind als Einzelmarken, dass einzelne technologische Produktmarken oft nur kurze Vermarktungszeiten haben, dass kundenindividuelle Problemlösungen keine Produktmarken ermöglichen und dass Unternehmensmarken vor dem internationalen
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Wettbewerb eine stärkere Position erreichen können als einzelne Produktmarken102 (vgl. Kemper 2000, S. 290 ff.; Merbold 1990, S. 408; Merbold 1995, S. 414; Webster, Keller 2004, S. 397). (2) Rationalität und Emotionalität von B2B-Marken Bezüglich der jeder Marke inhärenten rationalen und emotionalen Komponenten, ist eine Besonderheit von B2B-Marken, dass diesen lange Zeit keine Emotionalität zugesprochen wurde (vgl. Abschnitt 4.2.1). Langsam gestehen erste Arbeiten der Emotionalität einen Platz und eine Erfolgschance im B2B-Bereich zu. Auch B2B-Marken stehen für „Werteversprechen“ (vgl. Weidner 2002) und die „integrierte Kompetenz eines Anbieters“ (vgl. Belz, Kopp 1994), welche sowohl über rationale als auch emotionale Nutzenwerte ausgedrückt werden können. Demgemäß konzeptualisieren Lynch und de Chernatony (2004, S. 404), ähnlich wie die obige Definition von Ambler (1995), B2B-Marken als “clusters of functional and emotional values that promise a unique and welcomed experience between a buyer and a seller” (vgl. auch Sitte 2001, S. 73; Mudambi 2002, S. 256 und dort nach Aaker 1991). Alle Marken werden geschaffen, um das eigene Produkt vom Wettbewerb zu differenzieren und gerade dazu ist das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität notwendig103 (vgl. auch Abschnitte 2.1.2.2.3 und 4.2). (3) Doppelte Pluralität bei der Wahrnehmung von B2B-Marken In Bezug auf die Wahrnehmung von B2B-Marken ist zu konstatieren, dass B2BMarken durch eine Pluralität auf beiden Seiten des Austauschprozesses gekennzeichnet sind: (a) mehrere Wahrnehmungsebenen auf der Anbieterseite und (b) mehrere wahrnehmenden Personen auf der Nachfragerseite (vgl. Abbildung 8). (a) Auf eine Besonderheit von B2B-Marken weist McQuiston (2004, S. 345) mehrfach in aller Deutlichkeit hin: „For industrial products, branding is a multidimensional construct.” Damit drückt er aus, dass bei B2B-Marken mehr Wahrnehmungsebenen auf der Anbieterseite eine feste Rolle spielen als bei B2C-Marken104. Diese Auffassung vertreten einige Autoren explizit und formulieren dies in ihren Definitionen folgendermaßen:
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103
104
Nach Merbold (1993, S. 570) sind industrielle Entscheider sehr „mobile Leute“, welche durch die ganze Welt reisen. Aus diesem Grund müssen B2B-Marken weltweit einheitlich positioniert und kommuniziert werden, um Verwirrungen zu vermeiden. Dies entspricht klassischen Markendefinitionen im Konsumgüterbereich, die Marken bzw. Markenerfolg im „Kopf und Herzen“ der Zielgruppen verorten (vgl. Munzinger, Berens, Kuntkes 2004; Musiol und Nickel 2004, S. 48). Bei B2C-Marken variieren die Wahrnehmungsebenen mit der Art der Marke (z.B. spielen bei einer Unternehmensmarke mehr Wahrnehmungsebenen eine Rolle als bei einer reinen Einzelmarke).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
61
-
„... Vorstellungsbild von einem Produkt, einem Anbieter oder einer Dienstleitung“ (vgl. Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 10),
-
“… promise of value associated with a product, service, or organization and indicates the sources of that promise …” (vgl. Ward, Light und Goldstine 1999) oder auch
-
“So the brand becomes not only the name, logo, and tag line, but also becomes the relationship a customer and the company have at every touch point (e.g., the sales organization, customer service, Web site, engineering, account management billing, and finance)” (vgl. Morrison 2001, S. 33).
Als Wahrnehmungsebenen werden häufig das Unternehmen bzw. die Organisation, die Produkte, die Geschäftsprozesse, der Service, jeder Mitarbeiter (im Call Center, Service, Produktentwicklung, technische Berater, Verkäufer etc.) und der Kommunikationsauftritt allgemein (z.B. Corporate-Design für Werbung, Broschürengestaltung und Internet-Auftritt) unterschieden (vgl. Bendixen, Bukasa, Abratt 2004, S. 376; Frigge, Houben 2002, S. 30 ff.; McDowell Mudambi et al. 1997; McQuiston 2004, S. 345; Sander, Jakobs 2004, S. 36; Ward, Light und Goldstine 1999; vgl. auch Abschnitt 4.4.1). Die wichtigsten Wahrnehmungsebenen sollen nun kurz begründet werden. Die Unternehmensebene ist im B2B-Bereich immer relevant, unabhängig davon, ob die Entscheidung über einen Anbieter oder die Entscheidung über ein Produkt getroffen wird (vgl. Kriegbaum-Kling 2004, S. 338; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 441; Webster, Keller 2004, S. 397). Denn mit Entscheidungen im B2B-Bereich sind überwiegend hohe Investitionen und lange Geschäftsbeziehungen verbunden (vgl. Abschnitt 2.2.1.2), so dass unweigerlich das „hinter“ einer Leistung stehende Unternehmen bzw. der Konzern mit seiner Reputation, Kompetenz, Bonität und Seriosität geprüft wird. Multiorganisationalität bedeutet, dass auch Subunternehmen am Leistungserstellungsprozess beteiligt sein und die Wahrnehmung bei den Zielgruppen beeinflussen können. Die Relevanz der Leistung ist obsolent. Die Prozessebene spielt im B2B-Bereich insbesondere dann eine zentrale Rolle, wenn die hinter der Marke stehende Leistung in die Produktion des Nachfragerunternehmens eingeht. Zuverlässige Einhaltung der Liefertermine und flüssiger Ablauf der Produktion sind dann ausschlaggebend (vgl. Abschnitt 2.2.1.2). Die Serviceebene begründet sich schlicht und einfach mit der hohen Bedeutung, die dem Service im B2B-Bereich beigemessen wird (vgl. industrielle Dienstleistungen in Abschnitt 2.2.1.2). Die exponierteste Wahrnehmungsebene kommt im B2B-Bereich jedoch den Mitarbeitern bzw. allen Unternehmensrepräsentanten zu (vgl. Gordon, Calantone, di Benedetto 1993; Kuhn, Alpert 2005; Schwarz 2003, S. 11). „Besonders B2B-Unternehmen sind auf die Integration der Marke angewiesen, da hier Mitarbeiter mit Kundenkontakt verstärkt
62
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
die Wahrnehmung der Unternehmens- und Produktmarke(n) prägen.“ (Sander, Rätsch 2003, S. 115) Mitunter prägt die persönliche Beziehung mit den Mitarbeitern das Bild von der B2B-Marke stärker als die eigentliche Leistung (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1599). Dies ist darauf zurückzuführen, dass im B2B-Bereich in den seltensten Fällen Handelsunternehmen zwischengeschaltet sind, sondern überwiegend direkter und persönlicher Vertrieb stattfindet (vgl. Abschnitt 2.2.1.2). Vor diesem Hintergrund ist im B2B-Bereich nicht nur das Vertrauen in die Produkte, sondern insbesondere das Vertrauen in die Personen entscheidungsrelevant (vgl. Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 31; Büschken 1997, S. 195; Voeth, Rabe 2004, S. 87). Dem Vertriebsmitarbeiter kommt eine kritische Rolle bei der Kommunikation von B2BMarken105 und insbesondere ihrer emotionalen Markenwerte zu (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 404).
Mehrere Wahrnehmungsebenen auf Anbieterseite: Konzern Unternehmen Prozesse Produkte Service Mitarbeiter etc.
Mehrere wahrnehmende Personen auf Nachfragerseite:
B2B-Marke
Geschäftsführer Einkäufer Techniker etc. ... alle Mitglieder des Buying Centers
Abbildung 8: "Doppelte Pluralität“ bei der Wahrnehmung von B2B-Marken (eigene Darstellung)
(b) Auch die Wahrnehmung auf der Nachfragerseite ist durch Pluralität gekennzeichnet. Als Besonderheit im B2B-Bereich wurde wiederholt auf die Multipersonalität bei Kaufentscheidungen in Form von Buying Centern hingewiesen (vgl. Abschnitt 2.2.1.2). Diese geht damit einher, dass B2B-Marken von vielen Mitgliedern eines Buying Centers wahrgenommen und hinsichtlich der Kaufentscheidung beurteilt werden. Dabei ist es durchaus vorstellbar, dass diese Personen aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen in der Organisation sehr heterogene Anforderungsprofile an die Marke stellen (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 91; vgl. auch Abschnitt 4.5.1.2). Für die Positionierung einer Marke reicht es nicht aus, den Vorstellungen einer Person zu entsprechen, sondern es muss der Vielfalt der Bedürfnisse eines Buying Centers und
105
Prof. Homburg von der Universität Mannheim bestätigt die hohe Bedeutung der einzelnen Mitarbeiter für den Erfolg der B2B-Marke. Seine Studie bei 360 Unternehmen brachte jedoch zutage, dass hier gleichzeitig eine große Schwachstelle in der Praxis vorliegt, da nur in jedem zweiten befragten Unternehmen die Mitarbeiter wissen, für welches Versprechen ihre Marke steht (vgl. Schwarz 2003, S. 11).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
63
Normatives B2B-Markenmanagement Markenphilosophie Definition der Markengrundrichtung
Strategisches B2B-Markenmanagement Zusammensetzung von Markenportfolios Inhaltliche Positionierung von Marken Entwicklung von Markensystemen Organisation von Kooperationen und Transfers Operatives B2B-Markenmanagement Gestaltung des optischen Marktauftritts Markenkommunikation Umsetzung im ganzen Marketing-Mix
B2B-Marken-Steuerung Definition eines Markenverantwortlichen Organisationssystem, das unternehmensweite Umsetzung sicherstellt
B2B-Marken-Informationen
Unternehmensdaten (Produktptogramm etc.) Marktdaten (Zielgruppen, Wettbewerber etc.)
insbesondere der Bedürfnisse der „Entscheider“ Rechnung getragen werden (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 406).
B2B-Marken-Controlling Kontrolle der Effektivität und der Effizienz des Markenmanagements Ermittlung des Markenwertes
Abbildung 9: Konzeption eines integrierten Business-to-Business-Markenmanagement (vgl. Wiedmann, Bausback 2007; Wiedmann, Schmidt 1997, S. 17)
Zum Aufbau aller Marken ist ein konsequentes Markenmanagement erforderlich. In der Literatur ist kein Konsens zu finden, inwiefern Konzepte und Modelle der Markenpolitik von Konsumgütern auf Industriegüter übertragen werden (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 407; Kemper 2000, S. 42 ff. und S. 48; Sitte 2001, S. 96). Wie in Abschnitt 2.2.1.3 diskutiert wurde, ist davon auszugehen, dass grundlegende Modelle und Abläufe transferierbar sind und sich die B2B-Besonderheiten hauptsächlich in speziellen Aufgabenbereichen und Implementierungen ausdrücken. Diese Annahme bestätigen auch erste Arbeiten, die sich speziell dem B2BMarkenmanagement widmen (vgl. Kemper 2000; Sitte 2001; Voeth, Rabe 2004, S. 87) und definieren „Business-to-Business-Markenmanagement“ in ähnlicher Weise wie Konsumgüter-Markenmanagement106: -
Markenführung ist die „… gezielte Planung, Koordination und Kontrolle“ aller eine B2B-Marke betreffenden Entscheidungen (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 86)
-
„Strategische Investitionsgüter-Markenpolitik umfasst die Gesamtheit der langfristig-systematischen Entscheidungen und Maßnahmen, die auf den Aufbau und den Erhalt starker Investitionsgütermarken zur Schaffung und langfristi-
106
Konsumgüter-Markenmanagement hat die Aufgabe „bei allen relevanten Stakeholdern die Wahrnehmung und Einschätzung der gesamten Unternehmenswirklichkeit, aber auch die sich auf diese beziehenden Erwartungen für die Zukunft zielorientiert zu beeinflussen“ (vgl. Wiedmann 2001, S. 21).
64
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
gen Sicherung betrieblicher Erfolgspotentiale sowie zur Erzielung und Bewahrung von Wettbewerbsvorteilen ausgerichtet ist.“ (Kemper 2000, S. 89) Ein derartiges B2B-Markenmanagement erfordert einen integrierten Ansatz107 auf normativer, strategischer und operativer Ebene, wie er in Abbildung 9 dargestellt ist (vgl. zu näheren Ausführungen Wiedmann, Bausback 2007; vgl. Meffert-Buch S. 75 und Vier-Stufen-Prozess bei Winterling 1993, S. 86). Auch die Zielsetzungen, welche mit Business-to-Business-Marken verknüpft werden, entsprechen denen des Konsumgüterbereichs. Als zentralstes Ziel von Marken gilt die positive Differenzierung der angebotenen Leistung vom Wettbewerb (vgl. Mitchell, King, Reast 2001, S. 422; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 433; Mudambi 2002, S. 543; Sinclair, Seward 1988, S. 23 f.). Dadurch sollen zunächst kundenbezogene Vorteile erreicht werden, um in einem zweiten Schritt übergeordnete unternehmensbezogene Vorteile zu erlangen (vgl. Gordon, Calantone, di Benedetto 1993; Schultz, Schultz 2000, S. 24). Kundenbezogene Zielsetzungen sind üblicherweise die Reduzierung von Unsicherheiten von industriellen Kunden, die Schaffung einer Vertrauensposition, der Aufbau von Markenpräferenzen und schließlich von Markenloyalität, sowie die Bereitschaft, auch andere Produkte und Services zu kaufen (vgl. Kemper 2000, S. 126; Shipley, Howard 1993, S. 59; Mudambi 2002, S. 543; Sinclair, Seward 1988, S. 32 f.; Von der Oelsnitz 1995, S. 254 f.; Ward, Light, Goldstine 1999, S. 94). Neben diesen eher verkaufsteigernden Zielen wird besonders häufig die Erzielung eines Preispremiums angeführt (vgl. Sinclair, Seward 1988, S. 32 f.; Michell, King und Reast 2001, S. 422; Ward, Light, Goldstine 1999, S. 95; Schultz, Schultz 2000, S. 24). Unternehmensbezogene Zielsetzungen sind überwiegend ökonomischer Art wie die Hebung von Umsatzpotentialen, der Aufbau von Profitmargen, die Erleichterung von Line Extensions und Lizenzmöglichkeiten, die Steigerung des ökonomischen Markenwertes und des Unternehmenswertes, sowie die Abschreckung des Wettbewerbs, die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen sowie die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolges108 (vgl. Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 54; Hague, Jackson 1994; Kemper 2000, S. 115 ff.; Voeth, Rabe 2004, S. 86; Shipley, Howard 1993, S. 59).
107 108
McQuiston (2004) spricht deshalb bei B2B-Marken von einer „total solution“. Als weitere unternehmensbezogene Zielsetzungen verweisen Ward, Light und Goldstine (1999, S. 94) beispielsweise auf organisatorische Ziele wie eine leichtere Allokation von Ressourcen oder eine Art Zentrifugalkraft bei allen Mitarbeitern im ganzen Unternehmen. Kriegbaum-Kling (2004, S. 333) ergänzt als weitere Zielsetzungen von B2B-Marken einen höheren freien Cashflow, der zudem mit hoher Sicherheit eintrifft und schnell erzielt werden kann, sowie eine bessere Stellung bei anderen Interessengruppen, wie dem Kapitalmarkt (Kreditsicherung, Kapitalbeschaffung) und dem Personalmarkt (potentielle Mitarbeiter).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
65
Für Übersichten und Analysen über die Bedeutung bzw. Reihenfolgen einzelner Markenziele109 im B2B-Kontext siehe Ginter, Dambacher (2002, S. 58 f.), Gordon, Calantone und di Benedetto (1993, S. 4), Michell, King und Reast (2001, S. 422) und Sinclair und Seward (1988, S. 32 f.). Dass trotz dieser positiven Erwartungen und Ziele, die mit einer Marke verbunden sind, viele Unternehmen vor einem B2B-Markenaufbau zurückschrecken, hat mit der festen Verpflichtung zur Markenpflege und den damit einhergehenden notwendigen Investitionen zu tun (vgl. Ginter, Dambacher 2002, S. 56). Insofern stellen viele Unternehmen zu Recht die Frage, ob Marken bei Kaufentscheidungen im Businessto-Business Bereich relevant sind. Denn nur dann lohnen sich die Investitionen in eine B2B-Marke (vgl. Baumgarth, Haase 2005, S. 44; Caspar, Hecker, Sabel 2002; vgl. zur Relevanz Abschnitt 2.2.2.2). 2.2.2.2 Relevanz von Markenmanagement im Business-to-Business Bereich Oftmals wird die Relevanz von Marken im B2B-Bereich noch heute, insbesondere von Industriegüterunternehmen selbst, in Frage gestellt. Sollten B2B-Marken nicht relevant sein, würde der vorliegenden Arbeit die Existenzberechtigung entzogen. Aus diesem Grund folgt ein kleiner Exkurs über die Relevanz von Marken im B2BBereich, um diese endgültig zu klären, nachhaltig zu stärken und damit die Notwendigkeit der vorliegenden Arbeit zu rechtfertigen. Die Frage nach der Relevanz von Marken im Business-to-Business Bereich wird in der Literatur nach wie vor sehr kontrovers diskutiert. Grundlegende Überlegungen suggerieren, dass B2B-Marken schon allein deshalb relevant sein müssen, da hinter jeder Entscheidung, auch im B2B Bereich, Menschen stehen und diese im Beruflichen ebenso wie im Privaten von Marken beeinflusst werden (vgl. Ginter, Dambacher 2002, S. 54). Einige Autoren argumentieren, dass Marken gerade im Beruflichen eine große Rolle spielen, um Unsicherheiten sowie empfundenes persönliches und organisatorisches Risiko zu reduzieren, das sich aus den B2B-Kontextfaktoren wie hohem Investitionsvolumen, Komplexität und Zeitdruck ergeben kann (vgl. Webster, Keller 2004, S. 393-395 und Abschnitt 4.1). Unvergessen und schon fast legendär ist der häufig zitierte Satz: „Nobody ever got fired for buying an IBM“ (vgl. Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 25; Aaker, Jacobson 2001; de Chernatony, Donald 1998).
109
Während die Studie von Michell, King und Reast (2001, S. 424) belegt, dass Industrieunternehmen mit Markenprodukten klare Wettbewerbsvorteile im Vergleich zu unmarkierten Produkten sehen, ergibt die Studie von Sinclair und Seward (1988), dass 16% der befragten Unternehmen mit der Markenstrategie in Realität keine besonderen Vorteile erzielten.
66
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Manche aktuellen Studien belegen die Relevanz von B2B-Marken. So konnte beispielsweise Weidner (2002) nachweisen, dass 69% der befragten Einkäufer mehr Vertrauen in die Produkte bekannter Hersteller als in No-Name-Produkte haben. Eine Studie des VDMA bei 195 Mitgliedsfirmen ergab, dass die Markenorientierung in den letzten 10 Jahren deutlich angestiegen ist und Marken im B2B-Bereich zunehmend an Bedeutung und an Einfluss auf die Kaufentscheidung gewinnen (vgl. Behlke 2002, S. 22; VDMA 2001; Kriegbaum-Kling 2004, S. 335; vgl. auch internationale Studien in US und UK bei Lynch, de Chernatony, S. 403). Eine Studie der Universität Mannheim ergab, dass im B2B-Bereich „60% der Befragten erwarten, dass die Bedeutung von Marken für ihr Unternehmen deutlich wachsen wird.“ (vgl. Homburg 2003; Schwarz 2003, S. 11). Nach einem Rating von Interbrand sprechen vier der fünf wertvollsten globalen Marken auch industrielle Zielgruppen an (vgl. Webster, Keller 2004, S. 388). Ebenso lassen zahlreiche erfolgreiche Praxisbeispiele von B2BMarken auf eine hohe B2B-Markenrelevanz schließen: ABB, BoschRexroth, DuPont (z.B. Lycra), Heidelberger Druck, Intel, Kuka, Recaro, Rheinzink, ThyssenKrupp (z.B. Nirosta), Trumpf oder Siemens (vgl. Backhaus, Perrey 2002; Ginter, Dambacher 2002, S. 54). Andere aktuelle Analysen beschränken die Relevanz von B2B-Marken jedoch wieder. So kommen Caspar, Hecker und Sabel (2002, S. 5) zu der Aussage, dass die Markenbedeutung für Industriegüter sehr uneinheitlich beurteilt wird, jedoch übereinstimmend als geringer im Vergleich zur Konsumgüterindustrie eingestuft wird. Ähnliche Resultate ermittelte eine Studie zum Markenwert, die belegte, dass Marken bei Investitionsgüterunternehmen nur rund 18% statt wie bei Konsumgüterunternehmen 56% des Unternehmenswertes ausmachen (vgl. Sattler, PriceWaterhouseCoopers 2001). Und auch die nüchterne Betrachtung von Zahlen, die aussagen, dass von 86.000 Neuanmeldungen von Marken im Jahr 2000 nur etwa ein Fünftel auf den B2B-Bereich entfielen und markenrelevante Investitionen nur ca. 5% aller Marketingaktivitiäten bei B2B-Unternehmen ausmachen, rücken die Relevanz von B2BMarken in ein kritisches Licht (vgl. Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 48). Ebenso wie die Entwicklung der Werbeausgaben, welche für das Gesamtjahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr eine Senkung von 3,3% für Investitionsgüter und von 18,7% für industrielle Verbrauchsgüter aufzeigen (vgl. Axel Springer 2005). Derartige Studien bestätigen zweifelnde Manager in B2B-Unternehmen, welche Marken oftmals interessant finden, jedoch für ihre eigenen Industriegüter vorschnell ablehnen: „it doesn’t apply here“ (vgl. Ward, Light, Goldstine 1999, S. 95). Eine umfassende Bestandsaufnahme zur Relevanz von B2B-Marken in der Literatur, die in Tabelle 4 dargestellt ist, soll ein klares Bild liefern.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte Markenrele110 vanz Nicht relevant
Autoren
Design
Perspektive Nachfrager
Saunders, Watt 1979 Berekoven 1962
Empirisch (n=100) Konzepti onell
-
Kaum relevant
Sinclair, Seward 1988
Beide
Kaum relevant
Droege, Backhaus, Weiber 1993
Empirisch (n=19; n=386) Empirisch (n=354)
Kaum relevant
Sattler, PWC 2001
Empirisch (n=85 zur Markenrelevanz)
Allg. Marktsicht
Relevant
Schröter 1993
Konzeptionell
-
Relevant
Firth 1993
Empirisch
Relevant
Gordon, Calantone, di Benede tto 1993 Shipley, Howard 1993 Winterling 1993 Von der Oelsnitz 1995 Ward, Light, Goldstine 1999
Empirisch (n=114)
Allg. Marktsicht Anbieter
Gray 2001 Michell, King, Reast 2001 Weidner 2002
Kaum relevant
Relevant
Relevant
Relevant
Relevant
Relevant Relevant
Relevant
110
Anbieter
Empirisch (n=135) Konzepti onell
Anbieter
Konzepti onell
-
Konzeptionell
Anbieter
Konzepti onell Empirisch (n=70)
-
Konzepti onell
-
Anbieter
Anbieter
67
Kernaussagen Markennamen haben im B2B-Markt keinen Wert. Marken stiften eher Verwirrung, statt diese abzubauen. (Markt für „man-made fibre“ (Handgewobene Fasern in UK; Stichprobe: weibliche Kunden) Marken für Produktivgüter werden aus zwei Gründen abgelehnt: (1) Physische Gründe: mangelnde Differenzierung und Konstanz der Güter, (2) Psychische Gründe: größere Rationalität und geringere Bindung. Nur unter besonderen Umständen z.B. große Abnehmerzahl, Massenfertigung, Differenzierbarkeit, Konstanz, Vertrauensbereiche bzw. hohe Risikowahrnehmung ist Markenbildung vorstellbar. (siehe Tabelle 5) Trotz Markierung sind Preis und Verfügbarkeit die wichtigsten Kaufkriterien. Nur sehr wenige Anbieter, besonders die mit der höchsten Qualitätsstrategie, haben mit der Markenstrategie Erfolg. (Rohstoffmarkt für Holzpanelen; Stichprobe: n=19 Hersteller; n=386 Kunden/Händler) Bedeutsamkeit von Wettbewerbsmaßnahmen abgefragt. „Markenpolitik“ schneidet von 16 Maßnahmen im Durchschnitt über alle Branchen mit am schlechtesten ab. Dabei werden Branchenunterschiede festgestellt. Am höchsten wird die Markenrelevanz in der Informationstechnik eingeschätzt, dann im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, Chemie, Elektrotechnik und am geringsten im Anlagenbau. Marken stellen im Durchschnitt 56% des Unternehmenswertes dar (Konsumgüter: kurzlebige 62%, langlebige 53%; Dienstleistungen 43%). Bei Industriegütern macht der Markenwert allerdings nur 18% des Unternehmenswertes aus. In allen Branchen wird ein ansteigender Markenwert erwartet; das geringste Wachstum wird jedoch bei Industriegütern erwartet. Es ist zu kritisieren, dass die Konsumgüterbranche überrepräsentiert und die Teilstichprobe im Industriegütersektor sehr gering ist. (Stichprobe: Top-Management in Industrieunternehmen) Bislang geringe Beachtung von B2B-Marken gründet auf einem falschen Verständnis von Marken. Markenbildung auf Basis rationaler und emotionaler Dimensionen wird auch bei Industriegüterunternehmen als Orientierungsfaktor und Vermittler immer wichtiger. Es wird eine Korrelation zwischen Markenbekanntheit und Präferenz in einer B2B-Branche nachgewiesen, die sich in einem 4%-igen Preispremium niederschlägt. Empirischer Nachweis, dass auch B2B-Marken einen Markenwert im Sinne von Assoziationen und Loyalität besitzen. Die Qualität von starken Marken wird um 25% höher eingeschätzt. (Elektrische Produkte; Stichprobe: Hersteller)
Befragte Anbieterunternehmen praktizieren Markenmanagement und erzielen durch Markennamen starke Vorteile. Bei großen Unternehmen weiter verbreitet als bei kleinen Unternehmen. (Stichprobe: Marketingleiter) Vier Prüfkriterien entscheiden über die Relevanz des Markenaufbaus: Markenanforderungen erfüllbar?, Wettbewerbsvorteile?, Marktgröße?, Ressourcen? (siehe Tabelle 5) Markenaufbau ist auch für Investitionsgüterhersteller empfehlenswert. Inhaltlich jedoch auf B2B-Besonderheiten abzustimmen. (siehe Tabelle 5) In der Praxis werden zwei falsche Gründe vorgeschoben und die hohe Relevanz von B2B-Marken deshalb nicht erkannt: (1) Marken werden nur emotionalen oder irrationalen Käufen zugeordnet, welche bei B2B nicht möglich seien, (2) Markenmanagement wird lediglich der Marketingabteilung zugerechnet, betrifft jedoch das ganze Unternehmen. Besonders aufgrund der hohen Unsicherheit stufen die Autoren Marken im B2B-Bereich jedoch als sehr relevant ein. Marken sind bei B2C und B2B gleich wichtig. Allerdings sind Adaptionen und Einschränkungen notwendig. Wiederholung und Erweiterung der Studie von Shipley und Howard (1993) mit ähnlichen Ergebnissen. B2B-Marken sind weit verbreitet und wirken als Vorteil im Wettbewerb. (Stichprobe: Hersteller) „Marken-Check“ als Entscheidungshilfe, ob B2B-Markeninvestitionen sich lohnen. Je spezieller die Produkte bzw. Lösungen sind und größer die Wettbewerbsdifferenzierung ist, desto eher lohnen sich Marken. (siehe Tabelle 5)
Markenrelevanz (synonym Markenwichtigkeit) ist definiert als „relative Wichtigkeit der Marke im Kaufentscheidungsprozess“ (Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 4). Baumgarth und Haase (2005, S. 44) bennen als Ziel die „Isolierung des Beitrags der Marke an der Kaufentscheidung von den übrigen kaufentscheidenden Merkmalen“.
68 Markenrele110 vanz Relevant
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte Autoren
Perspektive
Design
Kernaussagen
Ginter, Schröter 2002 Hauser, Groll 2002
Konzeptionell
-
Auch im B2B-Bereich gibt es keine Alternativen zur Marke. Bis heute vernachlässigte Bedeutung bietet Erfolgschance für „First Mover“.
Konzeptionell
-
Sweeney 2002 Voeth, Rabe 2004 Wiedmann, Schmidt 1997 Aaker, Jacobsen 2001 Pförtsc h, Schmid 2005 Baumgarth, Haase 2005
Konzepti onell
-
Konzeptionell
-
Besonders im internationalen B2B-Bereich sind vertrauensvolle Marken, welche mit einem Mehrwert, Kompetenz, Kundennähe und Führerschaft assoziiert werden, notwendig. Ein kurzer Prozess beschreibt die Vorgehensweise zum Aufbau eines Brandings bzw. einer so genannten Business Mission. B2B-Marken spielen bei vier Stufen in organisationalen Kaufentscheidungsprozessen eine Rolle: Definition der Auswahlliste, gekürzte Auswahlliste, Unterzeichnung eines Vorvertrages und Entscheidung über den Service. B2B-Marken, die Kompetenz und Vertrauen vermitteln, sind in bestimmten B2B-Bereichen relevant, um Unsicherheiten bei den Einkäufern zu reduzieren.
Empirisch (n= 63)
Beide (Experten)
Empirisch (n=750)
Nachfrager
Konzeptionell
Beide
Markenmanagement wird in den nächsten Jahren im B2B-Bereich eine immer wichtigere Rolle einnehmen, unabhängig von der Unternehmensgröße und der Branche.
Empirisch
Nachfrager
Relevant (je nach Kontext)
Hutton 1997
Empirisch (n=429)
Nachfrager
Relevant (je nach Einkäufer & Kontext)
Mudambi 2002
Empirisch (n=15; n=116)
Beide
Relevant (je nach Buying Center Rolle)
Bendixen, Bukasa, Abratt 2004
Empirisch (n=6; n=54)
Nachfrager
Relevant (je nach Kontext)
Webster, Keller 2004
Konzepti onell
Beide
Relevant (je nach Kontext) Sehr relevant (je nach Kontext)
Blombäck 2005 Kemper 2000
Empirisch (n=24) Konzeptionell
Beide
Vergleich von verschiedenen Methoden zur Messung der Markenrelevanz. Anwendungsbereiche der Relevanzmessung sind: allgemeine Marketingentscheidungen, Budgetentscheidungen, explikative Fragestellungen (z.B. Relevanz für Buying Center Mitglieder) und Messung der Markenstärke bzw. des Markenwertes. Die Autoren unterscheiden Methoden zur Messung der aktuellen Markenrelevanz (direkte Methoden und Differenz-Methoden) und der potentiellen Markenrelevanz. Die Differenz-Methode in Form einer Conjoint-Analyse wird empfohlen. Die Studie weist nach, dass es auch im B2B-Bereich markenbewusstes Verhalten gibt (Preis Premium, Weiterempfehlung, Cross Selling). B2B-Marken sind in einigen Situationen wichtiger: hohes Risiko mit persönlichen oder organisatorischen Konsequenzen, hohes Service-Bedürfnis, hohe Produktkomplexität, hoher Zeitdruck, Ressourcenmangel. Hutton ermittelte, dass bspw. Einkäufer für ihre Lieblingsmarke bereit sind einen 12 bis 19% höheren Preis zu zahlen. (Stichprobe: professionelle Einkäufer) B2B-Marken spielen eine größere Rolle als oft angenommen wird. Es wird analysiert, für wen und in welchen Situationen B2B-Marken relevant sind. B2BMarken sind wichtig bei anspruchsvollen Einkäufer, sehr wichtigen und risikoreichen Käufen und aufgeschlossenen Prozessen. (Stichprobe: n=15 Interviews mit Herstellern und Einkäufern; n=116 Fragebogen an industrielle Einkäufer) (siehe Tabelle 5) Preis, Lieferzeit und Technik sind bei der B2B-Kaufentscheidung die wichtigsten Kriterien. Erst dann folgt die Marke. Die einzige Buying-Center-Rolle, welche die Marke als das wichtigste Kaufkriterium betrachtet, mit gleicher Relevanz wie den Preis, sind die Techniker, gefolgt von Produktnutzern! Insgesamt soll die Marke bei B2B 16% der Kaufentscheidung ausmachen, bei Nutzern (28%) und Technikern (24%) jedoch noch mehr. Der Markenführer konnte im Vergleich zu einer anderen Marke ca. 6,8% und im Vergleich zu relativ unbekannten Wettbewerbern ca. 14% Preispremium erzielen, bei Technikern sogar ca. 26%. (Studie: n=6 Tiefeninterview; n=54 Fragebogen) Die Relevanz von B2B-Marken differiert je nach Art der Kaufsituation (Komplexität, Neuheit, Anzahl der beteiligten Personen, benötigte Zeit). In neuen Kaufsituationen stehen B2B-Marken beispielsweise für Vertrauen und fördern die Aufnahme in den Auswahlprozess, in Rountinekäufen hingegen fördern B2BMarken die Markenloyalität. Je komplexer der Kaufprozess, desto wertvoller sind starke Marken, um Sicherheit sowohl für die Organisation als auch für das beteiligte Individuum zu schaffen. Die Rolle, die Marken von Subunternehmen, bei der Einkaufsentscheidung spielen, hängt von folgenden Moderatoren ab: Kaufsituation, Produktart, Kaufklasse, Zeitdruck, bekannten Subunternehmen und Informationsquellen. Zweistufigen Entscheidungsheuristik zur Beurteilung, ob Markenpolitik in dem spezifischen B2B-Markt anwendbar ist (Vorhandensein von Markenbildungspotential; Vorliegen einer positiven Markenwirkungsdifferenz; siehe Tabelle 5).
Relevant
Relevant
Relevant
Relevant
Relevant
Relevant
Relevant
Beide
Thematisiert erklärungsbedürftige Güter, die sowohl aus B2B- als auch aus B2C-Bereich stammen können. 67,7% der befragten Experten meinen, dass Markenmanagement sehr wichtig sein sollte (Soll). Allerdings wird die Bedeutung in der Praxis (Ist) von nur 25,4% der Befragten als sehr hoch eingestuft. Eine positive Einstellung zur B2B-Marke steigert den Unternehmenswert. (Hochtechnologie Märkte)
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte Markenrele110 vanz Sehr relevant
Autoren
Design
Perspektive Beide
69
Kernaussagen
Pförtsc h, Schmid 2005
Konzepti onell
Sehr relevant (je nach Kontext)
Meffert und McKinsey 2002
Empirisch (18 B2BProduktmärkte; n=769)
Nachfrager
Sehr relevant
KriegbaumKling 2004 McDow ell Mudambi, Doyle, Wong 1997
Konzeptionell
-
Die Relevanz von B2B-Marken wird anhand von Studien und Umweltveränderungen diskutiert. Die Autorin geht von einer steigenden Relevanz aus.
Konzeptionell & Empirisch (n=15)
Beide
„The potential power of industrial brands is great, but remains largely unexplained and untapped“(McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 445). Besonders in B2B-Märkten, in denen eine Differenzierung über Produkt und Preis nicht mehr möglich sind, ist der Markenaufbau über immaterielle Merkmale sehr wichtig. (Stichprobe: Herstellern, Händlern und Einkäufern)
Sehr relevant
„Eine Markenflut könnte sich, unserer Meinung nach, auch im B2B-Bereich in den nächsten Jahren einstellen. Die Marke sorgt neben dem komparativen Vorteil des Anbieters auch für eine Marktzutrittsschranke. ... Nachfrager profitieren ... von einem schnelleren und risikofreien Warenbezug ... hilft ihnen ... sich zu orientieren und verspricht Risikominimierung.“ Markenrelevanz im B2B-Bereich wird bis heute unterschätzt. Relevanz von B2B-Marken hängt davon ab, wie wichtig die drei Funktionen der Marke für die Märkte sind. Ein Instrument ermöglicht die Beurteilung der Markenrelevanz je nach den spezifischen Kontextfaktoren. (nach 18 betrachteten Produktmärkten, sowie nach Geschäftstypeneinteilung analysiert (vgl. Caspar et al. 2002, S. 47).) (Stichprobe: Entscheider bei Geschäftskunden) (siehe Tabelle 5) (Literatur: Backhaus, Schröder, Perrey 2002; Caspar, Hecker, Sabel 2002)
Tabelle 4: Übersicht über Studien zur Markenrelevanz im Business-to-Business Bereich (Grundidee in Anlehnung an Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 5)
Der Literaturüberblick betrachtet sowohl konzeptionelle als auch empirische Arbeiten. Kritisch zu bemerken ist, dass Studien oftmals Hersteller bzw. Anbieter oder Mittelsmänner statt Kunden befragen, dass die Fallzahlen teilweise gering sind und einige Studien lediglich Aussagen über einen betrachteten Spezialmarkt zulassen (vgl. auch McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 6). Zur Relevanz von B2B-Marken ist zusammenfassend zu bemerken, dass die Arbeiten unterschiedliche Ergebnisse liefern. Die Tendenz in den neueren Arbeiten deutet auf eine steigende Relevanz hin. Ein möglicher Grund für die steigende Relevanz könnte beispielsweise in den veränderten Rahmenbedingungen der letzten Jahre zu sehen sein, z.B. zunehmende Globalisierung, zunehmender Preisdruck (siehe Absatz unten sowie Abschnitt 2.2.1.2). Diese hohe Relevanz wird jedoch keinesfalls global für den gesamten B2B-Bereich proklamiert. Stattdessen verweisen viele Arbeiten auf einen situativen Ansatz, der besagt, dass die Relevanz einer B2B-Marke in Abhängigkeit mit ihrem spezifischen Marktsegment und ihren Rahmenbedingungen (z.B. Umwelt, Persönlichkeit) variiert. Um diesem situativen Ansatz in der Praxis Rechnung zu tragen, entwickelten einige Autoren Verfahren zur Beurteilung der Markenrelevanz im dem jeweiligen B2BMarktsegment. Der Anspruch dieser Verfahren reicht von konzeptionell erarbeiteten Listen mit Voraussetzungen, z.B. bei Berekoven (1962), bis hin zu empirisch fundierten Instrumenten, z.B. bei dem Ansatz von Meffert und McKinsey. Tabelle 5 gibt einen Überblick über derartige Verfahren. Zu ausführlichen Beschreibungen wird auf die entsprechende Literatur verwiesen.
70
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte Autoren
Berekoven 1962, S. 819
Winterling 1993, S. 84 f.
Von der Oelsnitz 1995, S. 258
Kemper 2000, S. 139-249
Weidner 2002
Meffert und McKinsey nach Backhaus, Schröder, Perrey 2002 und Caspar, Hecker, Sabel 2002 Mudambi 2002
Verfahren Konzeptionell erarbeitete Liste mit Rahmenbedingungen, unter denen B2B-Marken möglich sein könnten: viele Abnehmer auf Markt, Massenfertigung, sichtbare Differenzierung, Konstanz, enges Produktsortiment, Kauf ist starke Vertrauenssache bzw. Risiko hoch. Nach Berekoven werden Marken wichtiger je mehr rationale Unterschiede verloren gehen. Winterling konzipiert vier Prüfkriterien anhand der die Frage zu beantworten ist, ob eine B2B-Marke überhaupt möglich oder sinnvoll ist: Sind Anforderungen eines Markenartikels erfüllbar?, Kann Wettbewerbsvorteil erzielt werden?, Ist der Markt groß genug? Stehen ausreichend Ressourcen zur Verfügung? (Finanzen, Marketing-know-how) Da Marketing das Stiefkind im B2B-Bereich ist, ist für Winterling nicht die Frage „ob“, sondern eher „wie“ eine B2B-Marke aufgebaut werden kann im Vordergrund. Nach von der Oelsnitz ist ein Investitionsprodukt nur dann markenfähig, wenn es folgende Elemente aufweist: Substanz (technisch-funktionaler Produktnutzen, Qualitätsstrategie, Versprechen halten), Persönlichkeit (eigenen, unverwechselbaren Charakter) und Kompetenzanmutung (überlegene Problemlösungsfähigkeit). Entwicklung einer zweistufigen Entscheidungsheuristik zur Beurteilung, ob Markenpolitik in dem spezifischen B2B-Markt anwendbar ist: 1) Vorhandensein von Markenbildungspotential als notwendige Bedingung (beim Leistungsbündel, beim Marktteilnehmer), 2) Vorliegen einer positiven Markenwirkungsdifferenz als hinreichende Bedingung (positive und negative Wirkungen). Eine B2B-Marke ist nur sinnvoll, wenn alle Untersuchungen positiv ausfallen. Konzeptionell entwickelter „Marken-Check“: Die Relevanz von B2B-Marken wird anhand von 4 Dimensionen (Werte und Leistungen, Namensgebung, Alleinstellung, Ingredient Branding) bewertet, die jeweils anhand von 4 Items gemessen werden (3er Skala mit jeweils 0, 10 oder 20 Punkten; jede Dimension wird unterschiedlich gewichtet). Ab 50% der maximalen 80 Punkte gilt ein Produkt als markenfähig. In 18 B2B-Märkten wurde die Markenrelevanz analysiert. Die B2B-Markenrelevanz variiert mit der Bedeutung von drei Funktionen einer Marke (Informationseffizienz, Risikoreduktion, ideeller Nutzen). Zudem wurden Kontextfaktoren auf ihren Zusammenhang mit der Markenrelevanz analysiert. Als Regeln wurden festgehalten, dass die B2B-Markenrelevanz umso größer ist, je weniger Anbieter vorhanden sind, je einfacher der Beschaffungsprozess ist, je unterschiedlicher die Qualität ist, je mehr Beteiligte am Entscheidungsprozess teilnehmen und je sichtbarer die Marke im Unternehmen ist. Es werden drei Kundencluster ermittelt: „brand receptive“, „high tangible“ und „low interest“. Nach Mudambi (2002, S. 257) sind B2B-Marken dann relevant, wenn Produktfehler ernsthafte Probleme für die Organisation oder den Einkäufer persönlich bereiten, die Produkt mehr Service oder Unterstützung brauchen, die Produkte komplex sind und Zeit- oder Ressourcendruck besteht.
Tabelle 5: Verfahrung zur Beurteilung der Markenrelevanz im jeweiligen B2B-Marktsegment
Interessant sind die zentralen theoretischen Begründungen für die Markenrelevanz im B2B-Bereich. Drei Bereiche werden herangezogen: (1) Besonderheiten des B2B-Kontextes begründen die B2B-Markenrelevanz (2) Veränderungen im B2B-Kontext begründen die B2B-Markenrelevant (3) Funktionen für die Marktteilnehmer begründen die B2B-Markenrelevanz (1) Erstens können einige Besonderheiten des B2B-Kontextes, wie sie in Abschnitt 2.2.1.2 vorgestellt wurden, zur Begründung der B2B-Markenrelevanz herangezogen werden (vgl. Merbold 1990, 1995; von der Oelsnitz 1995). Beispielsweise bedingen die Multipersonalität sowie die Langfristigkeit von industriellen Kaufprozessen einen dauerhaften und intensiven Informationsbedarf. Eine Marke kann vor diesem Hintergrund als Informationsbündel bzw. „information chunk“ fungieren (vgl. Kemper 2000, S. 111; Kernstock et al. 2004, S. 8). Bei der Mehrheit der B2B-Produkte spielen Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften eine weitaus größere Rolle als Sucheigenschaften111 (vgl. Büschken 1997, S. 192 f.; Voeth, Rabe 2004, S. 82; Sitte 2001, S. 31 f.). Eine Marke kann vor diesem Hintergrund Vertrauen vermitteln. Weitere Besonderheiten von industriellen Kaufentscheidungen wie beispielsweise die Höhe von
111
Die Einteilung in Vertrauens-, Erfahrungs- und Sucheigenschaften basiert auf der Einteilung informationsökonomischer Leistungseigenschaften nach Weiber, Adler (1995).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
71
Investitionen, die Wichtigkeit des Kaufes für den Produktionsprozess oder die weitreichenden persönlichen und unternehmensbezogenen Konsequenzen von Fehlentscheidungen führen zu einem hohen wahrgenommenen Kaufrisiko bzw. zu Unsicherheit. Eine starke Marke dient als Symbol für Qualität, spendet Vertrauen und suggeriert damit den Entscheidungsträgern Sicherheit im Rahmen des Kaufprozesses sowohl für die Organisation (Sicherheit hinsichtlich des Produktes) als auch für das beteiligte Individuum (Sicherheit hinsichtlich des eigenen Arbeitsplatzes) (vgl. Sinclair, Seward 1988, S. 31; Webster, Keller 2003, S. 395; Lynch, de Chernatony 2004, S. 409). Auch wenn Besonderheiten wie Multipersonalität und hoher Formalisierungsgrad oftmals als Indiz für rationale Entscheidungen herangezogen werden, so wird zunehmend erkannt, dass immaterielle und emotionale Elemente wie Marken dennoch einen Einfluss auf die Entscheidung haben: Die “Marke besitzt einen phasen- und rollenübergreifenden Einfluss auf den Kaufprozess und die Mitglieder des Buying Centers” (Sitte 2001, S. 75; vgl. auch Abschnitt 4.2). Marktveränderungen
B2B-Marke als Lösung
Autoren, welche diese Begründung von B2B-Marken nutzen
Wettbewerber Zunehmende Internationalisierung (Neue Wettbewerber, neue Spielregeln, auch auf Heimatmarkt)
Marke zur Differenzierung
Ginter, Dambacher 2002, S. 62; Von der Oelsnitz 1995, S. 252; Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 25; Mudambi 2002, S. 525; Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 37 ff.; Pförtsch, Schmid 2005, S. 132 Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 7; Willrodt 2004, S. 24; Baumgarth 2004, S. 77
Zunehmender Preisdruck
Leistungshomogenisierung (technische Gleichwertigkeit, Normierung)
Steigende Forschungs- und Entwicklungskosten bei abnehmenden Produktlebenszyklen Zunehmende Angebotskomplexität (heterogene Konzerne, zunehmende Individualisierung, komplexe Leistungen bis hin zu Lösungsorientierung, ständig neue Technologien) Nachfrager Wichtigkeit der Marktbeständigkeit (seit der New Economy und der Wirtschaftskrise sind Fähigkeiten und Reputation wichtiger) Größere Informationsvielfalt (Internationalisierung, Internet) Verringerung persönlicher Beziehungen und häufiger Personalwechsel
Marke zur Differenzierung und Preissetzung Marke zur Differenzierung
Marke zur schnelleren und profitableren Vermarktung Marke zur Komplexitätsreduktion
Homburg, Garbe 1999, S. 848; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 7; Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 41 ff.; Belz, Kopp 1994; Saunders, Watt 1979, S. 115; Baumgarth 2001, S. 276; Lasogga 1998b, S. 84; Sitte 2001, S. 28; Willrodt 2004, S. 24; Baumgarth 2004, S. 77 Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 52 ff.; Von der Oelsnitz 1995, S. 252; Belz, Kopp 1994, Sitte 2001, S. 29; Pförtsch, Schmid 2005, S. 132 Belz, Kopp 1994; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 7; Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 25; Kriegbaum-Kling 2004, S. 335: Webster, Wind 2004, S. 395; Willrodt 2004, S. 23; Baumgarth 2004, S. 77
Marke zur Unsicherheitsreduktion
Droege, Backhaus, Weiber 1993, S. 58 f.;
Marke zur Informationseffizienz Marke zur Kundenbindung
McQuiston 2004, S. 345, Sitte 2001, S. 28 Baumgarth 2004, S. 77
Tabelle 6: B2B-Marke als Lösung für zentrale Marktveränderungen
(2) Zweitens bewirken Marktveränderungen im B2B-Kontext eine zunehmende Relevanz von B2B-Marken (vgl. Abschnitt 2.2.1.2 und Tabelle 6). Die drei wichtigsten Veränderungen, welche die Markenrelevanz bei Konsumgütern begründen, existieren auch im B2B-Kontext: zunehmende Leistungshomogenität, Komplexität und Preisdruck (vgl. Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 48). Die Folgen betreffen nicht nur die Hersteller, sondern verändern auch den industriellen Kaufprozess und erhö-
72
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
hen die Anforderungen an die Einkäufer, die mehr und komplexere Informationen verarbeiten müssen und somit eine höhere Unsicherheit empfinden (vgl. Homburg, Krohmer 2003, S. 892). Vor diesem Hintergrund stellen B2B-Marken eine mögliche Lösung im steigenden Wettbewerb dar (vgl. Belz, Kopp 1994; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 8; Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 25). „To cope with these challenges and avoiding this commodization, many B2B-marketers are increasingly seeking to brand their products to differentiate themselves from their competition. “ (McQuiston 2004, S. 345) (3) Schließlich werden Markenfunktionen, die B2B-Marken für alle Marktteilnehmer erfüllen, als Begründung ihrer Relevanz herangezogen. Diese Begründung basiert auf der Logik, dass Marken für eine Zielgruppe dann relevant sind, wenn sie ihnen Nutzen stiften und damit mehrere Funktionen erfüllen (vgl. Hätty 1989). Diese Markenfunktionen können sich einerseits auf das Herstellerunternehmen und andererseits auf die Kunden beziehen (vgl. Tabelle 7; vgl. zu Markenfunktionen im B2BBereich insbesondere Willrodt 2004, S. 18 ff. und S. 36-73; vgl. Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 4 und dort Literatur-Übersicht über Markenfunktionen für B2C). Grundsätzlich sind die Funktionsweisen von B2B-Marken und B2C-Marken als identisch zu betrachten, auch wenn die Gewichtung der einzelnen Funktionen auf der Kundenseite variiert (vgl. Blombäck 2005, S. 23; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Mudambi 2002, S. 257 und Transferierbarkeit in Abschnitt 2.2.1.3). Einigkeit besteht darin, dass der ideelle Nutzen bzw. die Identitätsfunktion112 im Verhältnis den geringsten Stellenwert hat, die Informationseffizienz bzw. Entlastungsfunktion schon wichtiger ist und das meiste Gewicht auf der Komplexitäts- und Risiko- bzw. Unsicherheitsreduzierung113 liegt114 (vgl. Von der Oelsnitz 1995, S. 254 f.; Mudambi 2002, S. 257; Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 50; Büschken 1997, S. 193; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 23 bis 29, Sitte 2001, S. 31). “Buying top brands from reputable companies is one way of handling and reducing risk.” (Mudambi 2002, S. 256; vgl. auch Voeth, Rabe 2004, S. 87) Auch im B2B-Bereich ist das beste Geschäft nicht die Mar-
112
113
114
Kuhn, Alpert (2005) proklamieren, dass sich die „Selbstausdruck“-Funktion bei B2B-Marken auf die Organisationen beschränken. Dies wird jedoch in Frage gestellt, da auch Mitarbeiter eines Unternehmens sich gerne damit brüsten, in ihrem Job mit „namhaften Herstellern“ zusammenzuarbeiten (vgl. auch Mudambi 2002, S. 257). Die zentrale Rolle der Unsicherheitsreduktion ist damit zu erklären, dass Individuen im B2BBereich vermeintlich mehr Unsicherheit verspüren als im privaten B2C-Kontext, da sie auf fremde Rechnung kaufen, den Kauf rechtfertigen müssen und sowohl organisatorische als auch persönliche Risiken eingehen (vgl. bspw. Tellefsen 2002 und Abschnitte 4.3.2.2.2 und 4.3.3.1.1). Unsicherheit bzw. Risikoempfinden kann sich im B2B-Bereich sowohl auf die Produktleistung als auch auf die persönliche Entscheidungssituation beziehen (vgl. Webster, Keller 2004, S. 395). Hutton (1995) unterscheidet: need-, technical-, market-, acceptance- und transaction uncertainty. Caspar, Hecker, Sabel (2002) weisen darauf hin, dass selbst innerhalb des B2B-Bereichs einzelne B2B-Segmente eine unterschiedliche Gewichtung bezüglich dieser B2B-Markenfunktionen aufweisen.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
73
ke mit dem „billigsten Preis“, sondern die mit dem „besten Wert“ oder dem besten Verhältnis von Preis und allen anderen nutzenstiftenden Merkmalen (vgl. Munoz, Kumar 2004, S. 382). Autor
B2B-Markenfunktionen
B2B-Markenfunktionen für Anbieterunternehmen Hauser, Groll 2002 Schröter (1993, S. 342 Kriegbaum-Kling 2004, S. 337 Pförtsch, Schmid 2005, S. 107 f.
Wachstumsfunktion, günstige Finanzierungsmöglichkeit, Wettbewerbsvorteil Identitätsfunktion für das Unternehmen, Vermittlungsfunktion zwischen Unternehmen und Kunden (i.S.v. fester und dauerhafter Beziehung) Unterscheidungsfunktion, Werbefunktion, Produktprofilierungsfunktion, Synergiebildungs- und Nachfragegewinnungsfunktion, Stabilisierungsfunktion, Monopolisierungsfunktion, Güte- und Garantiefunktion Differenzierung und Kundenbindung, Monetäre Vorteile und Wertsteigerung des Unternehmens, Risikoreduktion, Identifikation und Motivation der Mitarbeiter, Marke als Marktzutrittsschranke, Kommunikationsfunktion der Marke
B2B-Markenfunktionen für die Nachfragerunternehmen Kemper 2000, S. 98 ff McQuiston 2004, S. 353 Merbold 1993, S. 579 von der Oelsnitz 1995, S. 255 Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 50; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 23 bis 29 Mudambi 2002, S. 257
Unterscheidungs- bzw. Differenzierungsfunktion, Herkunftsfunktion, Garantie- bzw. Vertrauensfunktion, Werbe- und Kommunikationsfunktion, Entlastungsfunktion, Schutzfunktion Vertrauensfunktion, Risikoreduzierungsfunktion (des persönlichen und des organisatorischen Risikos) Informationseffizienz Komplexitätsreduktion und Vereinfachung von kollektiven Entscheidungen Informationseffizienz: hohe Lösungskomplexität, geringe Zahl an mögl. Kunden, Multipersonalität Risikoreduktion: Rechtfertigung bei Komplikationen, Individualität der Lösung, Komplexität der Leistung, Notwendigkeit der Liefergarantien, technisch hochdynamische Marktentwicklung Ideeller Nutzen (für Mitarbeiter, Unternehmen und Kunden): Rechtfertigungsproblematik, rationale Informationsverhalten, Formalisierung des Kaufprozesses „functional benefits“: höhere Qualität, bessere Services, Such- und Transaktionskosten reduzieren „emotional benefits“: wahrgenommenes Risiko und Unsicherheit reduzieren, Vertrauen erhöhen, mehr Komfort und besseres Gefühl, Stolz „self-expressive benefits“: persönlich für den Einkäufer (genießt Assoziation mit Top-Unternehmen) und für die Organisation (erzielt Legitimation und Akzeptanz für die eigenen Güter)
Tabelle 7: B2B-Markenfunktionen
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im B2B-Kontext von einer hohen und tendenziell eher steigenden Relevanz des Markenmanagements auszugehen ist, auch wenn diese Relevanz in Abhängigkeit des B2B-Segments, dessen Kontext und sogar innerhalb des Buying Centers variieren kann (vgl. Tabelle 5 und bspw. Bendixen, Bukasa, Abratt 2003). In vielen B2B-Branchen scheint die Markenrelevanz noch nicht erkannt zu sein (vgl. Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 43 f.). Dies bietet umso größere Potentiale für diejenigen Unternehmen, die sich dort als FirstMover115 etablieren und eine Marke mit einer einzigartigen und differenzierten Position bei den Zielgruppen aufbauen können116 (vgl. Ginter, Schröter 2002). Wenn die Markenrelevanz im B2B-Bereich tatsächlich hoch ist, ist die Erforschung des Themenfeldes, insbesondere im Hinblick auf die Erfolgfaktoren des Markenauf-
115
116
Brandter (2005, S. 6) kritisiert den Begriff „First-Mover“ im Zusammenhang mit der Markenpositionierung, da es nicht um die erste entwickelte Positionierungsstrategie, sondern die erste bei den Zielgruppen wahrgenommene Positionierung geht. Er spricht deshalb folgerichtig von „First-toMind-Advantage“. In ökonomisch schwierigen Phasen, in denen die Mehrheit der Markenunternehmen die Markeninvestitionen senken, liegt eine besondere Chance für Unternehmen die antizyklisch handeln (vgl. Boston Consulting Group 2002). Ebenso bietet ein Markt, in dem kaum ein Unternehmen in Marken investiert, eine besondere Chance für den Aufbau bzw. die Stärkung einer Marke.
74
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
baus und der differenzierenden Markenpositionierung, erforderlich. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über den Stand der Literatur. 2.2.2.3 Themenbezogener Überblick über den Stand der Erforschung von Business-to-Business Marken Zu Recht wurde die Markenliteratur im B2B-Kontext, wie in Abschnitt 2.2.1.1 geschildert, lange Zeit als „sparse and unfocused“ oder „Stiefkind der Marketingwissenschaft“ bezeichnet (vgl. Egan, Shipley, Howard 1992; Kemper 2000, S. 82; Michell, King, Reast 2001, S. 415). Bei ersten Untersuchungen behalf man sich mit kleinen Anekdoten, eingeschränkten Fallbeispielen, „Geschichten“ von Managern und bezog sich auf bereits erforschte und verwandte Themenfelder, wie das Markenmanagement bei Konsumgütern, das organisatorische Kaufverhalten, das Beziehungsmanagement oder die Segmentierung industrieller Märkte (vgl. Schultz, Schultz 2000, S. 24; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 435 ff.). Dem steht, spätestens seit die Relevanz von B2B-Marken erkannt wurde, ein extremer Forschungsbedarf bei B2B-Marken gegenüber (vgl. Abschnitt 2.2.2.2). „Marken im B2B-Bereich“ sind inzwischen zunehmend zum Trend geworden (vgl. Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 6). Infolgedessen ist die Zahl der Veröffentlichungen mittlerweile, die sich speziell diesem Themenfeld widmen, deutlich gestiegen. Tabelle 8 zeigt den Status der Literatur zum Business-to-BusinessMarkenmanagement, getrennt nach dem deutschsprachigen und englischsprachigen Raum jeweils in chronologischer Reihenfolge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Berekoven 1962) begann die konkrete Erforschung von B2B-Marken erst Anfang der 90er Jahre (vgl. Blombäck 2005, S. 21). Auffallend ist, dass im deutschsprachigen Raum konzeptionelle Arbeiten überwiegen, während im englischsprachigen viele empirische Studien vorzufinden sind. Die ersten wirklich umfassenden Darstellungen zum B2B-Markenmanagement stammen von Hague und Jackson (1994), Kemper (2000), Sitte (2001) und Blombäck (2005) und Pförtsch, Schmid (2005). Dennoch wird in der Literatur ein Mangel an umfassenden Konzepten zum B2BMarkenmanagement sowie an empirischen Studien konstatiert: „The existing body of research begins to address the important questions, but does not provide a sufficient base for a comprehensive model of B2B branding” (Mudambi 2002, S. 527; vgl. auch Kuhn, Alpert 2005). Thematisch sind bisherige Arbeiten im Wesentlichen fünf Kategorien zuzuordnen117:
117
Zudem behandeln einige Arbeiten die Segmentierung des B2B-Marktes. Auch hieraus können Rückschlüsse für das Markenmanagement bzw. die Positionierung je Segment gezogen werden. Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Arbeit von Mudambi (2001), welche die B2B-Markenrelevanz selbst als Kriterium zur Kundensegmentierung nutzt.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
-
B2B-Markenrelevanz,
-
B2B-Markeninhalte und Kaufkriterien,
-
B2B-Markenwert,
-
B2B-Markenmanagement und
-
B2B-Markennamen.
75
Den größten Bezug zur vorliegenden Arbeit und damit zur B2B-Markenpositionierung haben Artikel zu Markeninhalten und Kaufkriterien. Aber auch Arbeiten zum Markenmanagement allgemein können sich mit Positionierung sowie dem Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität befassen. Derartige Inhalte sind fett hervorgehoben. Autor
Thema
Methodik
Zusammenfassung
Deutschsprachiger Raum Berekoven 1962
Markenrelevanz
Konzeptionell
Trommer 1984
Markeninhalte
Empirisch (n=602)
Merbold 1990
Markenmanagement
Konzeptionell
Woerlen 1993
Markeninhalte
Schröter 1993
Markenrelevanz, -inhalte
Praxisbeispiel zu ABB CEAG Konzeptionell
Merbold 1993 Winterling 1993
Markeninhalte
Konzeptionell
Markenrelevanz, & management
Konzeptionell
Berekoven lehnt Marken für Produktivgüter aus physischen und psychischen Gründen ab. Dennoch kann unter bestimmten Umständen (z.B. große Abnehmerzahl, Massenfertigung, Differenzierbarkeit) die Möglichkeit zur Markenbildung gegeben sein, auch wenn diese nach Berekoven niemals ein ähnlich intensives Markenbewusstsein wie bei Konsumgütern erreichen wird. Auch B2B-Unternehmen brauchen eine Marke (bevorzugt eine Unternehmensmarke). Mit Hilfe einer Studie wurden Erkenntnisse darüber gewonnen, über welche Informationsmedien „Entscheider“ (Hochschulprofessoren und Führungskräfte) sich informieren, welche Kaufkriterien für die Entscheidung wichtig sind, warum man sich für einen teureren Anbieter entscheidet und was die Gründe für einen Lieferantenwechsel sind. Der Autor geht auf markenrelevante Besonderheiten im B2B-Bereich und deren Auswirkungen auf B2B-Marken ein. Die vorherrschende Existenz von Firmenmarken im B2BBereich wird begründet. Produktmerkmale und Firmenimage, beides Elemente der Positionierung, werden als bedeutende Kaufkriterien für industrielle Kaufentscheidungen eingestuft. Werbung für Investitionsgüter bezieht sich überwiegend auf Produkte und deren technische Details. Nach Meinung des Autors wird aufgrund der gesteigerten Informationsüberlastung der „Wettbewerb der Ingenieure“ zum „Wettbewerb der Werbung“, in dem Gefühl und Verstand anzusprechen sind. Geringe Beachtung von B2B-Marken gründet sind auf einem falschen Verständnis von Marken. Die Grenzen zwischen Konsumgütern und Industriegütern sind schwammig, da in beiden Fällen „Menschen“ die Kaufentscheidung treffen. Markenbildung auf Basis rationaler und emotionaler Dimensionen wird auch bei Industriegüterunternehmen als Orientierungsfaktor und Vermittler immer wichtiger. B2B-Marken haben andere Funktionen als B2C-Marken. Die Internationalität erfordert, dass B2B-Marken kulturell offen sind und gleichzeitig „Heimat“ besitzen, sowie Stabilität aufzeigen. Vier Fragestellungen und deren Antworten entscheiden über die Möglichkeiten und Sinnhaftigkeit des Markenaufbaus. Markenpositionierung wird in B2B-Unternehmenspraxis fehlerhaft umgesetzt. Knapp werden Voraussetzungen und der Planungsprozess des B2BMarkenmanagements umschrieben.
Bewusst ausgegrenzt wurden Arbeiten zum „Ingredient Branding“, z.B. „Intel inside“, Teflon oder Alcantara. Dieses Stichwort des B2B-Markenmanagements erfreut sich in den letzten Jahren steigendem Interesse und ist mitunter am besten untersucht. Es entspricht aber, da es sich streng genommen an die Endkunden am Markt richtet, nicht dem Verständnis von Business-to-Business Marken in der vorliegenden Arbeit, das sich streng auf die Beziehung zwischen zwei institutionellen Organisationen bezieht (vgl. Abschnitt 2.2.1). Der interessierte Leser wird daher auf folgende Literatur verwiesen: Freter, Baumgarth (2001), Kleinaltenkamp (2001, S. 262 f.), Ludwig (2000).
76 Autor
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte Thema
Methodik
Zusammenfassung
Belz, Kopp 1994
Markenmanagement
Konzeptionell
o.V. 1994
Markenrelevanz Markeninhalte
Konzeptionell
Merbold 1995
Markenmanagement
Konzeptionell
Hofmaier, Leutbecher 1996 Büschken, 1997 Wiedmann, Schmidt 1997
Markeninhalte
Konzeptionell
Markenrelevanz Markenmanagement, relevanz, -inhalte Markeninhalte
Konzeptionell
Ludwig 2000
Markenmanagement
Konzeptionell
Kemper 2000
Markenrelevanz, Markenmanagement Markenrelevanz
Konzeptionell
Sitte 2001
Markenmanagement
Konzeptionell
Baumgarth 2001
Markenmanagement, relevanz
Konzeptionell
Der Artikel gibt einen Überblick über Markenmanagement bei Investitionsgütern. Zunächst werden die besonderen Marketing- und Kommunikationsbedingungen für Investitionsgüter aufgezeigt. Im Anschluss wird ein Konzept der B2B-Markenführung auf Basis von Kompetenz und Vertrauen erläutert (inkl. kurz Positionierung). Schließlich werden sowohl strategische als auch operative Themen der Markenführung von B2B-Marken diskutiert. Dennoch wird kein Anspruch auf eine geschlossene Theorie der B2B-Markenführung erhoben. Markenkäufe werden im B2B-Bereich zunehmen. Allerdings ist die Effizienz einerseits vom Geschäftstyp abhängig und andererseits davon, wie gut die Sprache der Zielgruppen, d.h. der Ingenieure, getroffen wird. Wettbewerbsbedingungen erfordern auch bei Investitionsgütern den Aufbau von Marken. Allerdings ist nach Von der Oelsnitz ein anderes Verständnis von B2B-Marken im Vergleich zu B2C notwendig: 1) Technikorientierte Sichtweise dominiert, obwohl auch emotionale, Kompetenzvermittelnde Komponenten wichtig sind, 2) weniger Identitätsfördernde, sondern eher komplexitätsreduzierende Funktion, 3) größere Relevanz des Anbieterunternehmens. Von B2B-Besonderheiten werden Rückschlüsse auf die Markenpolitik gezogen. Beispielsweise lautet eine Folgerung, dass „emotionale, geschweige aktivierende Wirkungen“ bei B2B-Marken kaum möglich sind. Betriebliche Einkäufer müssen ihre Entscheidung für eine Marke „in jedem Einzelfall begründen“ bzw. rechtfertigen. Firmenmarken überwiegen, um produktübergreifende Kompetenz und Sicherheit zu vermitteln. Der Autor empfiehlt B2B-Marken die integrierte Vermarktung der Produkte entlang der gesamten Kundenkette unter dem Begriff „vertikales Kundenwert-Marketing): auch an die Kunden ihrer Kunden etc. bis zum Endverbraucher (ohne das Stichwort „Ingredient Branding“ zu gebrauchen). Auf allen Vermarktungsstufen sollen die kritischen Anforderungsund Erfolgsfaktoren analysiert und berücksichtigt werden (Markeninhalte auf allen Stufen). Die Rolle von B2B-Marken hängt von den Funktionen der Marke (Such-. Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften) in der jeweiligen Branche ab. In erster Linie dienen B2B-Marken zur Risikoreduktion, nicht zur Verbesserung der Beschaffungseffizienz. Thematisiert erklärungsbedürftige Güter, die aus B2B als oder B2C stammen können. Die Relevanz des Markenmanagement wird als höher eingestuft, als die tatsächliche Anwendung in der Praxis ist. Schließlich werden Merkmale hinsichtlich ihrer Differenzierungskraft, Kaufrelevanz und ihrem zukünftigen Differenzierungspotential beurteilt. Als Fazit wird darauf hingewiesen, dass weder das Kernleistungsangebot, noch das Serviceangebot zur zukünftigen Differenzierung ausreichen werden. Vielmehr biete eine „Erlebniswelt“ mit weichen Faktoren die größten Chancen für zukünftige Erfolgspotentiale. Emotionale Werbung wird von Buying Centern überdurchschnittlich positiv bewertet (verschiedene Erfolgskriterien wie Aktivierung, Erinnerung etc.), wenn die Produktähnlichkeit und die empfundene Arbeitsüberlastung sehr hoch ausgeprägt sind. Allerdings wird eine konative Wirkung der Werbung im B2B-Bereich nur eingeschränkt bis gar nicht erwartet (1998b). Der informative Eindruck der Werbung spielt hingegen eine untergeordnete Rolle. Besonders ausgeprägt ist die emotionale Wirkung bei Kaufleuten und höherer Position, weniger bei Technik und EDV. Emotionale B2B-Werbung verbessert die KontaktChancen und reduziert den Zeitaufwand für das Werbeverständnis. Emotionen kommen bei technischen Mitarbeitern eher durch „Technik-Begeisterung“ zum Ausdruck. Es werden Anforderungen an die Auswahl von Erlebniswerten gestellt. Detaillierte Inhalte sind produkt-, unternehmens- und branchenspezifisch, sowie im Zeitverlauf den Umweltveränderungen anzupassen. (Stichprobe: 262 Buying Center Mitglieder in über 100 Unternehmen) Beschreibung von Markenmanagement für Produktionsgüter bzw. investive Verbrauchsgüter (Rohstoffe, Einsatzstoffe und Teile). Drei Arten von Marken: Ingredient Branding, CoBranding, inverses Ingredient Branding. Vor- und Nachteile von Ingredient Branding. Vor dem Hintergrund der Veränderungen im B2B-Umfeld stellen B2B-Marken einen Ausweg dar, dessen Bedeutung künftig wachsen wird. Markenaufbau-Prozess wird beschrieben. Sehr umfassendes Buch, das die Relevanz von Marken bei Investitionsgütern begründet, sowie Funktionsbereiche und Zielsetzungen von Investitionsgütermarken aufzeigt. Kemper entwickelt ein Entscheidungsmodell, welches auf Basis von Markenbildungspotentialen und möglichen markenpolitischen Beeinflussungspotentialen die Erfolgsaussichten eines Markenaufbaus abschätzen hilft. Darüber hinaus werden konkrete Ausgestaltungshinweise zur strategischen Umsetzungsebene (Positionierung, Markenstruktur) und operativen Umsetzungsebene (Markengestaltung, Markenname, Kommunikation etc.) gegeben. Top-Manager aller Branchen (B2C, B2B, Dienstleistungen) wurden zur Relevanz von Marken befragt. Bei Konsumgütern und Dienstleistungen stellt der Markenwert einen größeren Teil des Unternehmenswertes dar und wird in Zukunft stärker wachsen als im B2B-Bereich. Zudem wurden Markenbewertungsmethoden in der Praxis analysiert. Umfassendes Buch, welches alle Bereiche des Markenmanagements betrachtet (Planungsprozess, Grundsatzentscheidungen, Umweltanalyse, Markenstrategie, integriertes Markenkonzept, Markengeltung, Markenführung und Controlling) und jeweils typische Konzepte in den Kontext von B2B-Marken stellt; auch die Festlegung des strategischen Markenkerns. Lediglich kurzer Abschnitt in allgemeinem Buch zu Markenmanagement. Kurz werden die Besonderheiten des B2B-Kontextes erläutert, die Frage nach der Sinnhaftigkeit von B2BMarken diskutiert und zwei Besonderheiten „maßgeschneiderte Produkte“ und „Ingredient Branding“ angerissen. In speziellen Fällen ist der Einsatz von emotionaler Werbung zur Unsicherheitsreduktion vorteilhfat.
Von der Oelsnitz 1995
Lasogga 1998 a, b, c
Sattler, PWC 2001
Konzeptionell
Empirisch (n= 63)
Empirisch (n=262)
Empirisch (n=126)
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
77
Autor
Thema
Methodik
Zusammenfassung
Bauer, Becker 2002
Markeninhalte
Empirisch (n=155)
Ginter, Dambacher 2002 Hauser, Groll 2002 Meffert und McKinsey 2002
Markenrelevanz
Konzeptionell
Markenrelevanz
Konzeptionell
Markenrelevanz
Empirisch (n=769 Entscheider)
Weidner 2002
Markenrelevanz, -inhalte
Konzeptionell
Backhaus, Perrey 2002
Markenmanagement
Konzeptionell
Seiwert 2003 Schwa -rtz 2003
Markeninhalte
Praxisbeispiel
Markenmanagement
Empirisch (n=360)
Baumgarth 2004
Markenrelevanz, -wert Markenrelevanz
Konzeptionell
KriegbaumKling 2004
Markenrelevanz, -wert, management
Konzeptionell; Beispiel zu TRUMPF
Willrodt 2004
Markenmanagement, -inhalte
Empirisch (n=376; n=131)
Pförtsch, Schmi d 2005
Markenmanagement
Konzeptionell
Waldmann, Primus 2005
Markeninhalt
Konzeptionell
In einer empirischen Studie wird die Markenpersönlichkeit im B2B-Bereich untersucht. Es werden drei Faktoren der Markenpersönlichkeit identifiziert: Erregung/Spannung, Kompetenz/Vertrauen, Beständigkeit. Der Zusammenhang der Markenpersönlichkeit auf den Markenerfolg im Sinne von Sympathie und Vertrauen wird untersucht. Ginter und Dambacher bestätigen die Relevanz von B2B-Marken, arbeiten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Konsumgütermarken heraus und geben auf Basis der spezifischen Zielsetzungen von B2B-Marken Empfehlungen bezüglich der Markenstruktur und den Gestaltungsrahmen. Auch im B2B Bereich gibt es keine Alternativen zur Marke. Besonders im internationalen B2B-Bereich sind vertrauensvolle Marken, welche mit einem Mehrwert, Kompetenz, Kundennähe und Führerschaft assoziiert werden, notwendig. Ein kurzer Prozess beschreibt die Vorgehensweise zum Aufbau eines Brandings bzw. einer so genannten Business Mission. (Literatur: Backhaus, Schröder, Perrey 2002; Caspar, Hecker, Sabel 2002) Die Relevanz von Marken im B2B-Bereich wird in einer Studie empirisch nachgewiesen. Befragt werden Entscheider aus 18 unterschiedlichen Produktmärkten. Die Markenrelevanz in den B2B-Branchen variiert mit der Bedeutung der drei Funktionen Informationseffizienz, Risikoreduktion und Stiftung eines ideellen Nutzens. Zudem werden Umweltfaktoren identifiziert, welche Rückschlüsse auf die Markenrelevanz zulassen, ohne dass eine aufwendige Analyse notwendig wird. In der Praxis gibt es erfolgreiche B2B-Marken; dennoch sind sie bislang eher von untergeordneter Bedeutung im Vergleich zum B2C-Bereich. Besonders häufig treten B2B-Marken in Form von Unternehmensmarken und Ingredient Branding auf. Der Autor entwickelt einen „Marken-Check“ der die Entscheidung, ob Markeninvestitionen sich lohnen, unterstützt. Aufgrund des unterschiedlichen Kaufverhaltens von Konsumenten und Organisationen sind im B2C- und B2B-Bereich unterschiedliche Eigenschaften und Leistungen wichtig. In sechs Schritten zeigen die Autoren auf, wie in B2B-Märkten starke Marken aufgebaut werden können: Analyse der markenspezifischen Ausgangslage, Analyse des anbieterspezifischen Kaufprozesses, Schließen von Lücken im Kaufprozess (Markentreiber), Stärken-Schwächen-Profil für jeden Anbieter, Gegenüberstellung von Markentreibern und Stärken-Schwächen-Profilen, Erarbeitung konkreter Maßnahmen und eines Markenleitbildes. Bosch-Rexroth wird seit dem Merger als eine einzige Marke positioniert, welche die Vorteile beider Ursprungsmarken vereinen soll. Durch die Bemühung, die Marke emotional aufzuladen, soll sie besser in den Köpfen der Kunden verankert werden. Der Autor berichtet über eine Studie der Universität Mannheim zum aktuellen Status von B2B-Marken. Zentralste Ergebnisse: Manager in technischen Unternehmen fehlt Verständnis für Marken, 60% der Befragten geht von einer steigenden Relevanz der B2BMarken aus, 80% vermarkten B2B-Marke weltweit, sehr wichtig für B2B-Marken sind die Mitarbeiter, größte Schwäche in der B2B-Markenpraxis sind die fehlende interne Kommunikation an die Mitarbeiter und das Markencontrolling. Marken sind auch im B2B-Bereich von hoher Relevanz. Ein zentrales Thema des Markenmanagements ist der Markenwert. Bis auf wenige Ausnahmen wurde der Markenwert bisher ausschließlich im B2B-Bereich analysiert. Baumgarth entwickelt Anforderungen und eine erste umfassende Skizze für ein Markenwertmodell im B2B-Bereich. Industrielle Einkäufe sind besonders von hoher Unsicherheit geprägt (Gründe: technologische Entwicklung, Komplexität, Individualisierungsgrad). B2B-Marken, die Kompetenz und Vertrauen vermitteln, können diese Unsicherheit reduzieren. Der Aufbau und das Management von B2B-Marken müssen allerdings auf Besonderheiten des B2B-Bereichs eingehen und vorhandene Modelle anpassen. Die Relevanz von B2B-Marken wird anhand von Studien und Umweltveränderungen diskutiert. Kriegbaum-Kling geht von einer steigenden Relevanz aus. B2B-Marken erfüllen viele Funktionen und können sehr hohen immateriellen Unternehmenswert darstellen. Vorhandene Konzepte zur Markenwertmessung lassen sich kaum auf Investitionsgüterbereich übertragen. Kein Instrument ist zur Messung des monetären Wertes geeignet, deshalb bislang nur qualitative Messungen (z.B. Bekanntheit) möglich. Zunächst ist für B2BMarken ein durchgängiges Markenmanagement-Konzept mit einheitlicher Positionierung und einheitlichem Konzept notwendig. Das Konzept „Markenkompetenz“ wird speziell für den Industriegüterbereich empirisch überprüft. Es wurden zwei zentrale Dimensionen identifiziert: eine eher funktional und eine eher ideell/symbolisch geprägte Dimension. Für Marketingmanager sind ideele Dimensionen wie die Reputation und die Atmosphäre und für Beschaffungsmanager die funktionalen Dimensionen wie die technische Kompetenz und die Ressourcen wichtiger. Auch der Einfluss von Beschaffungssituationen als Kontext wurde analysiert. Umfassendes Buch zum B2B-Markenmanagement. Im ersten Teil werden konzeptionelle und methodische Inhalte zum strategischen Markenmanagement (Markenaufbau, Markenbildung, Markenkern, Markenwert, Funktionsweisen, Strategien) und zum operativen Markenmanagement (Markenkommunikation, Customer Relationship Management, EBranding) erörtert. Der zweite Teil stellt sehr umfassende Fallbeispiele aus diversen Branchen vor. B2B-Marken werden nicht nur rational gekauft, auch Emotionales spielt eine Rolle. Die Autoren betrachten die Rolle von Produktdesign als emotionales Element bei der Positionierung einer B2B-Marke.
Voeth, Rabe 2004
Konzeptionell
78
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Autor
Thema
Methodik
Zusammenfassung
Preslmayer 2005
Markenmanagement Markenmanagement
Konzeptionell
Aufgrund des Wettbewerbsumfeldes sind Marken auch im B2B-Bereich wichtig, um Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe zu erzeugen. Auch B2B-Marken müssen rational und emotional verkauft werden, d.h. Herz und Kopf der Kunden ansprechen. Es werden 10 Leitsätze für B2B-Markenmanagement aufgestellt. Die Roboterfirma KUKA revolutioniert das Marketing im Maschinenbau. Die Positionierung von KUKA: Spaß vermitteln, Innovation und Sicherheit. „KUKA soll eine Marke sein, mit der sich der Mensch wohl fühlt.“ Wege zum Erfolg: neues Design, Product Placement in James Bond Filmen, Robocoaster für Jahrmärkte.
Kaluza 2005
Beispiel KUKA
Englischsprachiger Raum Lehmann, O´Sha ughnessy 1974 Saunders, Watt 1979 Doyle, Saunders 1985
Markeninhalte
Empirisch
Nicht direkt zu Marken im B2B-Bereich. Untersuchung von zahlreichen möglichen Merkmalen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Kaufentscheidung von industriellen Gütern. Die 17 untersuchten Merkmale wurden zu 5 Faktoren zusammengefasst.
Markenrelevanz, -namen Segmentierung, Markeninhalte
Empirisch (n=100)
Bennion 1987
Markeninhalte, Segmentierung
Empirisch (n=44)
Shipley , Howard 1988 Sinclair, Seward 1988
Markenrelevanz, -namen Markeninhalte, -wert, relevanz
Empirisch (n=135)
Shaw, Giglierano, Kallis 1998
Markeninhalte
Empirisch (n=264)
Gordon, Calantone, di Benedetto 1993 Hague, Jackson 1994
Markenrelevanz, -wert, management
Empirisch (n=114 Hersteller)
Markenmanagement allein bringt keinen Wert für Investitionsgütermärkte (besonders in Rohstoffmärkten). Es besteht die Gefahr, dass der Produktnutzen in den Hintergrund gerät und die Anzahl verschiedener Markennamen (für Rohstoffprodukte) eher Verwirrung bei den Kunden stiftet und damit ineffizient ist. (Stichprobe: Experten und weibliche Kunden) Doyle und Saunders beanspruchen, das erste Modell zur Segmentierung und Positionierung im B2B-Bereich vorzustellen und anhand eines Chemie-Unternehmens zu illustrieren. Der 7-stufige Prozess geht überwiegend auf die generelle Marketing-Strategie und Segmentierung ein und beachtet die Entwicklung der Positionierungsstrategie lediglich in einer Stufe. Positionierung wird eher im Sinne einer grundsätzlichen Marktpositionierung (z.B. Preisführer, Technologieführer) verstanden. Mit Hilfe einer Faktorenanalyse werden Kaufkriterien zu 4 Faktoren gebündelt. (Stichprobe: Tiefeninterviews bei Einkäufer) Industrielle Einkäufer werden hinsichtlich ihrer Kaufkriterien befragt, um auf dieser Basis eine Marktsegmentierung vornehmen zu können. Damit soll es Unternehmen ermöglicht werden, ihren relevanten Markt zu definieren und eine geeignete Positionierungsstrategie in dem jeweiligen Marktsegment zu planen. Es werden nur rationale Faktoren ermittelt: Management Qualität, Preis, Produkt Qualität, Order Policy und Flexibilität der Produktion (basierend auf 25 Items). Viele Industriegüterunternehmen verwenden Markennamen und gehen davon aus, dass diese großen Nutzen liefern. Vor dem Hintergrund des B2B-Bereiches werden die Anwendung von Markennamen, die Entwicklung von Markennamen und der Einfluss der Unternehmensgröße gestestet. (Stichprobe: Marketingleiter) In einer Studie wird die Bedeutung von Markenauswahlkriterien aus Sicht der Hersteller und aus Sicht der Kunden untersucht, was überraschenderweise zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führte. Zudem wird der Markenerfolg (Brand Effectiveness) untersucht. Die Ergebnisse legen offen, dass der Markenerfolg bei den meisten Herstellern sehr gering ist. Die wenigen erfolgreichen B2B-Markenunternehmen sind diejenigen, welche die hochwertigsten Qualitätsprodukte anbieten. (Stichprobe: Kunden und Händler) Es werden 12 physische und psychische Merkmale beim industriellen Computerkauf getestet. Die Studie belegt, dass, nachdem die Basiskriterien bei der industriellen Kaufentscheidung erfüllt sind, die Entscheidung überwiegend von psychologischen Faktoren abhängt. B2B-Marketing sollte deshalb psychologische Aspekte stärker betonen. Zur B2BPositionierung sind diejenigen Inhalte geeignet, die risikoorientierte Bedürfnisse befriedigen. Eine empirische Studie weist die Entwicklung, die Existenz und die Erweiterbarkeit von Markenwert bzw. -stärke (i.S.v. Assoziationen) im B2B-Bereich nach. Die Entwicklung der Markenstärke (Markengeburt, Markenbekanntheit &-assoziationen, Qualitätswahrnehmung, Markenloyalität und Markendehnbarkeit) bei B2B-Marken unterscheidet sich vom B2C-Bereich. Es werden Managementimplikationen zum Markenaufbau im B2B Bereich gegeben.
Markenmanagement
Konzeptionell
Weber 1997
Markeninhalte, Segmentierung Markenwert
Empirisch
McDowell Muda mbi, Doyle, Wong 1997
Empirisch (n=20)
Empirisch (n=19 Hersteller; n=386)
Konzeptionell und Empirisch (n=15)
Hague und Jackson geben in ihrem Buch in fünf Kapiteln einen umfassenden Überblick über Industriegütermarken: .1 Industrielles Kaufverhalten, 2. Marken und Industriegütermärkte (z.B. Funktionen von Industriegütermärkten), 3. Markenanalyse, 4. Aufbau von Industriegütermarken, 5. Markenmanagement. Sehr knapp wird das Thema Positionierung im Sinne von Definition der Markenwerte behandelt. Auch emotionale Faktoren beeinflussen die industrielle Kaufentscheidung, da dort auch Menschen entscheiden. Ein Erfolgsfaktor in wettbewerbsintensiven B2B-Märkten stellt die Entwicklung eines einzigartigen Wettbewerbsvorteils dar. Die B2B-Marke des eigenen Unternehmens und die der Wettbewerbsunternehmen werden anhand ihrer idealen, wahrgenommenen und aktuellen Schlüsselmerkmalen beurteilt (Soll-Positionierung und jeweilige Ist-Positionierung). Die Autoren entwickeln ein Modell des industriellen Markenwertes (Produkt-, Distributions-, Service- und Unternehmensleistung mit jeweils materiellen und immateriellen Bestandteilen). Wenige durchgeführte Interviews (Tiefeninterviews mit Herstellern, Händlern und Einkäufern) unterstützen die Richtigkeit des konzipierten Modells. Besonders in B2BMärkten, in denen eine Differenzierung über Produkt und Preis nicht mehr möglich sind, scheint der Markenaufbau über immaterielle Merkmale wichtig zu sein.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
79
Autor
Thema
Methodik
Hutton 1997
Markenrelevanz
Empirisch (n=429)
Thompson, Knox, Mitchell 1998 Sudharsan, Winter 1998 Ward, Light, Goldstine 1999
Markeninhalte
Empirisch (n=8)
Markeninhalte, Segmentierung Markenrelevanz, management
Empirisch (n=226)
Nicht direkt zu Marken im B2B-Bereich. Aber in einer Studie wird die Bedeutung von Kriterien für die industrielle Kaufentscheidung untersucht, um auf dieser Basis eine Segmentierung von Industriegütermärkten vorzunehmen. (Stichprobe: industrielle Einkäufer)
Konzeptionell
Schultz Schultz 2000
Markenmanagement, Makenwert
Empirisch (n=45)
Gray 2001
Markenrelevanz, -inhalte Markenrelevanz, Segmentierung
Konzeptionell
Markenmanagement Markenmanagement Markenwert,
Konzeptionell
Zwei Missverständnisse werden als Gründe dafür benannt, dass die eigentlich hohe Relevanz von Markenmanagement im B2B-Bereich nicht erkannt wird. Auch B2B-Marken werden über eine differenzierende Identität und ein glaubwürdiges Versprechen definiert. Der Aufbau von Marken wird mit Hilfe der „brand pyramid“ beschrieben. Neben tangiblen, objektiven Eigenschaften und Nutzen sind besonders psychologische und emotionale Nutzen und Werte wichtig. Untersuchung von Best practices, um B2B-Marken aufzubauen und zu erhalten. Die besten B2B-Markenunternehmen haben klar definierte und formalisierte Markenstrukturen (begrenzte Markenanzahl, Konsistenz, Senior Manager), formale Markenaufbau- und Entwicklungspläne (abgestimmte Marken- und Unternehmensstrategie, 360 Grad Blick, klare Positionierung), starke Markenkommunikation (differenzierte Kommunikation, haltbare Markenversprechen) und systematischen Markenwert-Kennzahlensystem (Systematik: Benchmark, qualitativ, finanziell; Markenwert) Marken sind bei B2C und B2B gleich wichtig. Maßnahmen von B2C-Marken können auf B2B-Marken übertragen werden. Allerdings sind Adaptionen und Einschränkungen notwendig. Beispielsweise sind andere Emotionen wichtig und diese sind vorsichtiger einzusetzen. In der Studie wird bei industriellen Einkäufern analysiert, für wen und in welchen Situationen B2B-Marken relevant sind. Auf diese Weise wird der B2B-Markt mit Hilfe einer Clusteranalyse in drei Käufercluster eingeteilt: Marken-Empfängliche (Markenaspekte wie Herstellerbekanntheit, Reputation und bisherige Geschäftsbeziehung sind relativ wichtig), Stark-Materielle (greifbare Merkmale wie Preis und Produkt sind am wichtigsten) und Wenig-Interessierte (keine Merkmale waren besonders wichtig). „Marken-Empfängliche“ kennzeichnen anspruchsvolle Einkäufer, sehr wichtige, risikoreiche Käufe und aufgeschlossene Prozesse. Markenrelevanz eignet sich als Kriterium zur Kundensegmentierung bei B2B. B2B-Markenmanagement wird immer wichtiger, aber viele B2B-Unternehmen haben eine falsche Vorstellung von Marken. Es werden sechs Fallen bzw. „Fettnäpfchen“ im B2BMarkenmanagement vorgestellt.
Mudambi 2001
Morrison 2001 Rosenbroijer 2001 Mitchell, King, Reast 2001 Aaker, Jacobson 2001 Low, Blois 2002 Rozin, Magnusson 2003
Konzeptionell & Empirisch (n=15 Int.; n=116 FB)
Zusammenfassung Die Studie weist im IT/-Telekommunikationsmarkt nach, dass es auch im B2B Bereich markenbewusstes Verhalten gibt (Preis Premium, Weiterempfehlung, Cross Selling). Je bekannter die Marke, desto stärker das Verhalten. Des Weiteren werden Situationen untersucht, in denen Marken eine größere Rolle spielen: hohes Risiko aufgrund persönlicher oder organisatorischer Konsequenzen, hohes Service-Bedürfnis, hohe Produktkomplexität, hoher Zeitdruck, Ressourcenmangel. (Stichprobe: professionelle Einkäufer) B2B-Marken sind zu wenig erforscht, bieten aber ein sehr starkes Potential. 13 Markenmerkmale wurden bezüglich ihrer Relevanz auf allen Stufen des industriellen Kaufprozesses untersucht. Die Wirkung von emotionalen Merkmalen auf den industriellen Kaufprozess scheint auch bedeutsam und muss weiter erforscht werden. (Stichprobe: Senior Einkäufer)
Empirisch
Markenmanagement im B2B-Bereich wird immer wichtiger. Spezieller Fokus: „producer brand“ vs. „private label“ (Herstellermarken vs. Handelsmarken) aus Sicht der Distributoren. (Stichprobe: drei Unternehmen)
Empirisch (n=70)
Laut dieser Studie (bei Herstellern) bestimmen die vier Komponenten Markennamen (Bekanntheit), Sponsoring Strategie (Assoziationen), Differenzierung (Merkmale) und Kundenloyalität den Markenwert im B2B-Bereich. Zu jeder dieser Komponenten werden des Weiteren Faktoren untersucht, welche diese positiv beeinflussen.
Markenwert
Empirisch (n=750)
Markenwert
Konzeptionell
Markenmanagement, -name
Konzeptionell, Praxisbezogen
Nicht direkt B2B, aber hoch-technologischer Markt wird untersucht. Eine empirische Studie weist nach, dass Veränderungen in der Markeneinstellung Auswirkungen auf finanzielle Unternehmenswerte haben (z.B. kurzfristiger Aktienkurs, langfristige Finanzkennzahlen). Zudem werden Faktoren untersucht, welche die Markeneinstellung beeinflussen. (Stichprobe: am Einkauf Beteiligte) Kurzer Überblick über B2B-Branding. Sehr spezielles Thema: Problematik, wenn der B2BMarkenname zur Bezeichnung der Produktart wird und mögliche Reaktionen der Unternehmen. Ein Beispiel aus UK illustriert die Problematik. Der Artikel beschreibt sehr umfassend und praxisbezogen die einzelnen Schritte zur Entwicklung einer neuen globalen B2B-Marke in einem siebenstufigen Prozess. Nach der Definition und Bewertung von Kundensegmenten liegt eine zentrale Aufgabe in der Kreation einer Werteposition und einer Produkt-Preis-Positionierung für das jeweilige Segment. Zwei Tools von Beratungsunternehmen halfen bei Entwicklung der Markenstrategie: Brand Asset Valuator von Young & Rubicam und Brand Driver von Landor Associates. Sehr ausführlich wird die Namensentwicklung beschrieben. Als Fazit wird eine Liste mit Erfolgsfaktoren für die Entwicklung einer B2B-Marke gegeben.
-inhalte
80
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Autor
Thema
Methodik
Zusammenfassung
Bendixen, Bukasa, Abratt 2004 Lynch, de Chernatony 2004
Markenwert,
Empirisch (n=6 Int.; n=54 FB)
Markeninhalte
Konzeptionell
McQuiston 2004 Webster, Keller 2004
Markeninhalte
Praxisbeispiel für Commodity Konzeptionell
Die Autoren entwickeln ein spezielles Markenwert-Konzept vor dem Hintergrund des B2BMarktes und untersuchen Einflussgrößen des B2B-Markenwertes sowie eine entsprechende Kommunikationsstrategie, die auf unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen aufbaut. Ein Vergleich mit anderen Kaufkriterien hatte zum Ergebnis, dass der B2BMarkenwert zwar eine Rolle spielt, Preis und Zulieferung aber wichtiger sind. (Stichprobe: Experten) Einziger Artikel, der bei B2B-Marken konkret auf das Spannungsverhältnis von Emotionalität und Rationalität eingeht. Konzeptionell wird ein Modell für B2B-Marken entwickelt, das sowohl auf rationale und emotionale Werte als auch auf die besondere Rolle der Vertriebsmitarbeiter bei der Kommunikation von emotionalen Werten eingeht und das eine Verbindung zwischen interner und externer Markenkommunikation schafft. Drei Richtlinien für erfolgreiche B2B-Marken: (1) Erkennen, dass industrielle Mitarbeiter durch rationale und emotionale Merkmale beeinflusst werden können, (2) Rationale und emotionale Werte in der internen und externen Markenkommunikation verwenden, (3) Vertriebsmitarbeiter schulen, dass an verschiedene BC-Mitglieder jeweils die für sie relevanten Markenwerte kommuniziert werden. Wichtig ist nicht nur die Markierung, sondern besonders die Differenzierung der B2BMarke durch ein ganzheitliches Versprechen. Ein erfolgreiches Beispiel aus dem Stahlmarkt wird aufgezeigt.
Munoz, Kumar 2004
Markenwert
Konzeptionell
Andersen 2005
Markenmanagement Markenwert
Konzeptionell
Empirisch
Spezielle Studie zu Markenloyalität im B2B-Bereich, speziell zu B2B-Services. Der Einfluss von Zufriedenheit (als affektive Komponente) und Involvement (als kognitive Komponente) auf die Loyalität als Gesamtmaß, sowie die Wirkung von Erfahrung als Moderator auf diese Zusammenhänge werden untersucht.
Markenwert
Empirisch (n=5 Telefoninterv.)
Markenrelevanz, management
Empirisch (n=24 qualitative Interviews)
Die Relevanz von B2B-Marken wird zunehmend erkannt, aber noch nicht in Modellen oder empirischen Studien verarbeitet. In einer empirischen Studie wird das bekannte, kundenorientierte Markenwertmodell von Keller (1998) im B2B-Kontext überprüft. Obwohl Keller behauptet, das Modell sei für alle Märkte anwendbar, proklamieren Kuhn und Alpert, dass wichtige Anpassungen notwendig seien. (Stichprobe: Einkäufer) Eine empirische Untersuchung über die Rolle von Corporate-Brand-Images bei der Auswahl von Subunternehmen im B2B-Bereich und wie Subunternehmen die Markenkommunikation gezielt einsetzen können. Moderatoren wie die Kaufsituation, die Produktart, die Kaufklasse, der Zeitdruck, die bekannten Subunternehmen und die Informationsquellen haben einen nachweisbaren Einfluss auf das Einkaufverhalten und auf die Rolle, die das Corporate-Brand-Image dabei spielt. Bei industriellen Kaufentscheidungen spielen nicht nur, wie lange Zeit behauptet rationale Argumente eine Rolle, sondern insbesondere auch Emotionen.
Bennett, Härtel, McCollKennedy 2005 Kuhn, Alpert 2005
Blombäck 2005
relevanz
Markenrelevanz, management
Die Autoren geben einen globalen Überblick über B2B-Markenmanagement: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von B2C- und B2B-Marken, Relevanz von B2B-Marken in Abhängigkeit des Kontextes, Positionierungsversprechen, 7 Stufen zur Entwicklung einer B2B-Marke, 10 Richtlinien für erfolgreiche B2B-Marken. Auf Basis von B2BBesonderheiten (Multipersonalität, lange Geschäftsbeziehungen etc.) werden Besonderheiten von B2B-Marken abgeleitet. B2B-Marken können rationale und emotionale Elemente besitzen, wobei die rationalen Elemente als wichtiger erachtet werden. Grundmodell eines umfassenden Kennzahlensystems um den Erfolg von B2B-Marken zu messen. Das System besteht aus drei Arten von Kennzahlen: perception metrics, performance metrics und financial metrics. Das System wird an den jeweiligen Kontext angepasst. Speziell die Rolle und Möglichkeiten von web-basierten Markencommunities im B2BKontext werden diskutiert.
Tabelle 8: Stand der Literatur zu Business-to-Business Marken
Für die Positionierung von B2B-Marken im Spannungsfeld zwischen Rationalität und Emotionalität kann aus dem Status der Literatur zum Business-to-BusinessMarkenmanagement folgende Schlussfolgerung gezogen werden: -
In der Literatur besteht Konsens darüber, dass B2B-Markenmanagement von zunehmender Bedeutung ist. Besonders die Möglichkeit zur Differenzierung mit einer B2B-Marke im Wettbewerb, welche Aufgabe der Positionierung ist und über rationale oder emotionale Merkmale erreicht werden soll, gilt als Er-
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
81
folgsfaktor und bestärkt damit die Relevanz der vorliegenden Arbeit (vgl. auch Abschnitt 2.2.2.2). -
Weitere Einigkeit besteht dahingehend, dass Modelle zu B2B-Marken sich zwar an Modellen aus anderen Forschungsbereichen wie Konsumgütermarken oder organisatorischem Kaufverhalten anlehnen können, aber nicht ohne Anpassungen transferierbar sind (vgl. Abschnitt 2.2.1.3). Entsprechend sollte auch die Positionierung von B2B-Marken eine eigenständige Modellierung erfordern.
-
Die Entwicklung in der Literatur weist darauf hin, dass die anfänglich sehr wenigen und praxisnahen Arbeiten allmählich zu einer steigenden Zahl und zu wissenschaftlich-akademischen Arbeiten übergehen, z.B. zum B2BMarkenwert (vgl. Hutton 1997; Bendixen, Bukasa, Abratt 2004), und derweil schon sehr speziell werden, z.B. Beiträge aus dem Jahr 2005 zu B2BMarkencommunities (Andersen 2005) oder B2B-Markenloyalität (Bennett, Härtel, McColl-Kennedy 2005). Die für die vorliegende Arbeit interessante Literatur über Positionierung oder Emotionalität ist allerdings bisweilen als äußerst rudimentär bis als nicht existent zu bezeichnen. “… existing theory on business branding does not recognise adequately the role or extent of emotional responses to B2B brands. [p. 404] … the interest in emotional added value has mainly been confined to B2C markets, and most business brands are defined and communicated principally in terms of functional brand values such as product features and performance [p. 408]” (Lynch, de Chernatony 2004).
-
Die Positionierung von B2B-Marken wurde bislang lediglich in konzeptionellen Arbeiten als ein Baustein im Rahmen des strategischen Markenmanagements erwähnt (vgl. Belz, Kopp 1994; Hague, Jackson 1994; Kemper 2000; Kriegbaum-Kling 2004; Schultz, Schultz 2000; Webster, Keller 2004). Eine konkrete Ausarbeitung von Besonderheiten der B2B-Markenpositionierung, z.B. aufgrund der Multipersonalität, Komplexität, Wahrnehmungsebenen, oder gar eine empirische Analyse unterblieb dabei völlig. Als einzige empirische Arbeiten zur Positionierung von B2B-Marken ist auf die Arbeiten von Doyle und Saunders (1985) und Bennion (1987) zu verweisen. Beide sind jedoch aus heutiger Sicht als unzureichend zu bezeichnen, da in einem Fall Positionierung als grundsätzliche Marktposition im Sinne von Preisführer versus Technologieführer verstanden wird und in dem anderen Fall lediglich rationale Merkmale thematisiert werden.
-
Gleiches gilt für das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität. Auch hier überwiegen in der Literatur konzeptionelle Arbeiten mit „vermutungsnahen“ Aussagen zur Rolle von Emotionen (vgl. Baumgarth 2001; Gray
82
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
2001; Seiwert 2003; Schröter 1993; Woerlen 1993; Von der Oelsnitz 1995; Ward, Light, Goldstine 1999; Webster, Keller 2004). Es fehlt an spezifischen Diskussionen und empirischer Fundierung vor dem B2B-Kontext. Ein erstes relativ umfassendes Konzept, welches direkt das Spannungsverhältnis von Rationalität und Emotionalität im Kontext von B2B-Marken betrachtet, stammt von Lynch und de Chernatony (2004) und ist leider nur konzeptionell angelegt. Einen ersten Vorstoß der empirischen Forschung machen die Arbeiten von Bernett, Härtel, McColl-Kennedy (2005), Lassoga (1998a, b und c), McDowell Mudambi Doyle Wong (1997), Shaw, Giglierano, Kallis (1989) und Thompson, Knox und Mitchell (1998), welche erste Bestätigungen für die Bedeutung von immateriellen und psychologischen Elementen im B2B-Bereich liefern. Dennoch stimmen all diese Arbeiten überein, dass ihre Resultate lediglich als erste Hinweise zu betrachten sind und weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich der Rolle von Emotionalität im B2B-Bereich besteht (vgl. auch Abschnitt 4.2). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für die Erkenntnisse der B2BMarkenpositionierung zwischen Rationalität und Emotionalität lediglich wenige konzeptionelle Arbeiten und sehr vereinzelte empirische Hinweise vorliegen. Die vorliegende Arbeit ist die erste, die diesen Themenkomplex umfassend durchleuchtet und empirisch zu bestätigen versucht. 2.2.3 Positionierung als Herausforderung im Rahmen des Markenmanagement Im Rahmen des Markenmanagements ist ein zentraler Erfolgsfaktor zum Aufbau einer starken Marke die „Schaffung einer unverwechselbaren Markenpersönlichkeit bzw. einer starken Markenidentität“ (Wiedmann 1994a, S. 1034; und dort Domizlaff 1951). Über die Relevanz der Positionierung herrscht in der Literatur bemerkenswerte Einigkeit. Ausgedrückt wird dies in Bezeichnungen der Positionierung als „Grundfrage“, „Kern“, „Kernentscheidung“, „Zentrum“, „hohe Schule“ und „strategische Königsdisziplin“ des Marketing sowie als „Herzstück“ einer verhaltenswissenschaftlich orientierten Strategieformulierung für Marken (vgl. Becker 1996, S. 12; Esch 1998, S. 193; Esch 2000, S. 193; Esch, Andresen 1996, S. 78; Sander, Rätsch 2003, S. 108; Köhler 2001, S. 44; Tomczak, Roosdorp 1996, S. 26; Wind 1988, S. 4). Auch für den Aufbau einer starken Business-to-Business-Marke ist die zentrale Voraussetzung eine eindeutige Positionierung und dadurch Differenzierung vom Wettbewerb (vgl. McQuiston 2004; Voeth, Rabe 2004, S. 86; Winterling 1993, S. 85; Wiedmann, Bausback 2004, S. 2; vgl. Benchmarking-Studie bei Schultz, Schultz 2000, S. 26). Da der Status der Literatur zum B2B-Markenmanagement (vgl. Abschnitt 2.2.2.3) zeigt, dass kaum spezifische Arbeiten zur Positionierung von B2B-Marken existieren
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
83
und die wenigen Veröffentlichungen das Themenfeld nur sehr allgemein und konzeptionell an der Oberfläche behandeln, wird im folgenden ein Überblick über die Thematik gegeben118. „The market literature is surprisingly devoid of practical examples of segmentation and positioning techniques applied to industrial markets“(Doyle, Saunders 1985, S. 24). 2.2.3.1 Idee und Grundlagen der Positionierung Der Erfolg einer Marke hängt davon ab, wie sie „in den Köpfen der Kunden positioniert ist“ (vgl. Brandtner 2005, S. 7). Kunden kaufen nicht nur eine Leistung, sondern darüber hinausgehende Nutzenvorteile bzw. Werteversprechen. Die zugrunde liegende Idee der Positionierung ist, dass Kunden die Produkte oder Marken auswählen „deren Eigenschaften (und zwar subjektiver und objektiver Art) ihren Vorstellungen möglichst in hohem Maße entsprechen“ (Becker 1988, S. 225; vgl. auch Berger 2003; Reiter 2003; Weindlmaier, Maidl 2002; Sander, Rätsch 2003, S. 108; vgl. Abbildung 10). „A winning value proposition is the one that best meets the full set of customer needs“ (Selden, Colvin 2003, S. 122). Werte und Persönlichkeitseigenschaften der Zielgruppen bilden den inhaltlichen Rahmen für die Positionierung der Marke. Zu beachten sind dabei nicht unbedingt nur die aktuellen Werte und Eigenschaften der Person, sondern vielmehr deren Wünsche, Bedürfnisse und Idealvorstellung, welche für die Kaufentscheidung relevant sind (vgl. Hubertz 2000, S. 29; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 217; Strebinger 2001). B2B-Marke ®
MW
Marken-Werte
Wahrnehmungsebenen: Unternehmen Leistung Mitarbeiter Service ...
Positionierung über gemeinsame Werte
Zielgruppen
?
PW
Gemeinsame Werte
Persönliche Werte
Abbildung 10: Idee der Positionierung: „Gemeinsame Werte“ (vgl. Berger 2003, Folie 5)
Homburg und Schneider (2001, S. 607) übertragen diese „Ähnlichkeitshypothese“ auf den B2B-Bereich und kommen zu folgendem Fazit: je ähnlicher zwei Partner sind desto erfolgreicher die Geschäftsbeziehung. Darüber hinaus ist im B2B-Bereich 118
Zur Einführung und konzeptionellen Grundlegung wird deshalb auf die allgemeine Literatur zur Positionierung, die zumeist auf das Konsumgütermarketing fokussiert ist, Bezug genommen. In Analogie zum Markenmanagement kann davon ausgegangen werden, dass die grundlegenden Aufgaben und Definitionen der B2B-Positionierung mit denen des Konsumgütermarketing übereinstimmen sollten, jedoch die grundlegenden Konzepte und Modelle sowie Ausführungen einer Anpassung an den B2B-Kontext bedürfen (z.B. Multipersonalität, Unternehmensmarken; vgl. Abschnitt 2.2.1.3).
84
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
anzumerken, dass „die aktuelle Umgebung, in der sich der Konsument befindet, Einfluss auf die Selbstwahrnehmung nehmen“ kann (Strebinger 2001; vgl. auch Markus, Wurf 1987). Nimmt die aktuelle Umgebung Einfluss auf die Selbstbildfacetten, indem einige in den Vordergrund und andere in den Hintergrund treten, so spricht man vom „situativen Selbstbild“ oder auch „Arbeitsselbst“. Für die vorliegende Arbeit im B2BKontext bedeutet das, dass sich Selbstbilder von Privatpersonen und Personen in Arbeitssituationen unterscheiden und B2B-Marken das „Arbeitsselbst“ der BuyingCenter Mitglieder ansprechen muss. Dieser Umstand des „privaten Selbst“ und des „Arbeitsselbst“ begründet erneut die eigenständige Betrachtung der Positionierung von B2B-Marken (vgl. auch Abschnitt 2.2.1.3). Positionierung als statischer, passiver Begriff (meist „Position“ genannt) bezeichnet die Stellung einer Marke im relevanten Markt beziehungsweise in der Vorstellung der Zielgruppen (vgl. Baumgarth 2001, S. 114; Esch 2001b, S. 238). Jede Marke nimmt auch ohne aktive Positionierungsstrategie - eine Position in der Vorstellung der Zielgruppen ein (vgl. Baumgarth 2001, S. 114). Markenpositionierung119 als Aktivität aber bezeichnet „das Bestreben des Unternehmens, sein Angebot so zu gestalten, dass es im Bewusstsein des Zielkunden einen besonderen und geschätzten Platz einnimmt“ (Kotler, Bliemel 2001, S. 495), der gleichzeitig kaufrelevant für die Zielgruppen und differenzierend vom Wettbewerb (vgl. Esch 2000, S. 193) und von dem eigenen Portfolio ist (vgl. Meffert, Perrey 2002, S. 220). In engem Zusammenhang stehen die Begriffe „Markenidentität“ und „Markenimage“. „Markenidentität“ bezeichnet das Selbstverständnis der Marke aus Sicht des Unternehmens. Es ist die Gesamtheit aller Elemente, welche die Marke und die Markenpersönlichkeit aus Unternehmenssicht ausmachen und stellt im Sinne einer Zielvorstellung dar, wofür eine Marke stehen soll (Soll-Position) (vgl. Bruhn, Homburg 2001, S. 398; Aaker, Joachimsthaler 2001, S. 50; Kapferer 1992, S. 37). „Die Markenidentität definiert ein Raster, an dem sich alle Geschäfte ausrichten müssen. Sie ist das Kernelement des B2B Brand Management und integriert Funktion, Prozess und Emotion ...“ (Ramoser, Lurse 2002, S. 12). Allerdings wird nicht die gesamte Markenidentität an die Zielgruppen vermittelt. Die Markenpositionierung ist der markante Teil der Markenidentität, welcher mit Hilfe des gesamten Außenauftritts und des Marketing-Mix an die Konsumenten kommuniziert wird und die Marke positiv vom Wettbewerb abgrenzen soll (vgl. Aaker 1996, S. 71). Damit weist die Markenpositionierung strategischen Charakter auf (vgl. Köhler 2001, S. 46). Während diese beiden Begriffe die Unternehmensperspektive repräsentieren, nimmt der Begriff „Markenimage“ die
119
„Die Markenpositionierung ist wesentlicher Bestandteil einer systematischen Kunden- und Wettbewerbsorientierung.“ (Köhler 2001, S. 45)
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
85
Perspektive der Zielgruppen ein. Unter Markenimage versteht man die Wahrnehmung einer Marke aus Sicht der Zielgruppen, die durch die Markenassoziationen im Kopf des Kunden widergespiegelt werden (vgl. Keller 2000, S. 978; Aaker, Joachimsthaler 2001, S. 50). Ziel jeglicher kommunikativer Maßnahmen ist es, dass das Markenimage (Ist-Position) der Markenidentität (bzw. Soll-Position) entspricht, d.h. dass die Zielgruppen die Marke in der vom Unternehmen angestrebten Weise wahrnehmen. 2.2.3.2 Zusammenspiel von Markierung, Segmentierung und Positionierung Näher determiniert wird die Positionierung durch das Zusammenspiel von (1) Markierung, (2) Segmentierung und (3) Positionierung (vgl. Wiedmann, Bausback 2007, S. 8; vgl. im B2B-Bereich Bennion 1987 und Webster, Keller 2004, S. 391). Die folgende Fragestellung macht die engen Interdependenzen zwischen den drei Themenkomplexen des strategischen Dreiecks, die letztendlich eigenständige strategische Fragestellungen darstellen, offensichtlich: „Welche Marke wird bei welcher Zielgruppen wie positioniert?“120. (1) Das Bezugsobjekt der Positionierung ist immer eine bestimmte Marke (Markierung). Je nach Markenstruktur121 des betrachteten Unternehmens kann das Bezugsobjekt der Positionierung ein Konzern, ein Unternehmen, ein Geschäftsfeld, eine Produktgruppe oder auch nur ein einzelnes Produkt sein (vgl. Trommsdorff 1995, Sp. 2056; Esch 2001b, S. 238). Im B2B-Kontext sind besonders häufig Unternehmensmarken vorzufinden. Die besondere Herausforderung bei Unternehmensmarken besteht darin, eine „Klammer“, die zu allen Geschäftsfelder passt und dennoch prägnant genug ist, zu finden (vgl. Abschnitt 4.1.1). (2) Bei der Segmentierung stehen die Zielgruppen im Blickpunkt. Unter Segmentierung versteht man „the act of identifying and profiling distinct groups of buyers who
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121
Die integrierte Problemstellung macht die Definition einer sinnvollen Abfolge der drei Elemente des strategischen Dreiecks nicht möglich. Denkbar sind beispielsweise sowohl eine „segmentspezifische Positionierung“ als auch eine „Marktsegmentierung nach Image-Idealpunkten“ (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 356). Esch (2001b) diskutiert in diesem Zusammenhang zum einen, ob die Positionierung auf das Produkt oder das Produkt auf die Positionierung abgestimmt wird (S. 238 f.) und zum anderen, ob die Positionierung an die Zielgruppen angepasst wird oder die Zielgruppen an die Positionierung, indem ihnen neue Bedürfniskategorien vorgestellt werden (S. 245). Üblicherweise kann die Positionierung einer Einzel- oder Familienmarke viel deutlicher und klarer angelegt sein als die Positionierung einer Dachmarke, welche zahlreichen Leistungen und Anspruchsgruppen gerecht werden muss und deshalb zumeist sehr allgemein ist (vgl. Esch 2000, S. 196). Weist eine Markenstruktur mehrere Marken für ein Unternehmen aus, so müssen die Positionierungen aller Marken aufeinander abgestimmt werden. Ein Mehrmarkenunternehmen steht demnach der komplexen Herausforderung gegenüber, einerseits für jede Marke einzeln eine optimale Positionierungsstrategie über alle Identitätsbezugspunkte zu definieren und andererseits die Wechselwirkungen zwischen mehreren Marken, d.h. der Unternehmensidentität und verschiedenen Markenidentitäten, zu gestalten (vgl. Wiedmann 1994a, S. 1047ff.).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
might require separate products and/or marketing mixes” (vgl. Kotler 1994). Auf diese Weise werden der relevante (Teil-) Markt bzw. die relevanten Zielgruppen bestimmt, welche mit einer Marke bzw. Positionierung erreicht werden sollen122. Abhängig von der Stellung der Marke in der Markenstruktur variieren die Art und die Anzahl ihrer Interessensgruppen einer Marke123 (vgl. auch Darstellung bei Meffert, Bierwirth, Burmann 2002, S. 178). Während an einer Produktmarke vornehmlich die Kunden interessiert sind, spricht eine Unternehmensmarke mehrere Interessensgruppen, wie z.B. Kunden, Investoren, Wirtschaftspresse oder potentielle Mitarbeiter, an. Unter der Bedingung, dass B2B-Marken überwiegend Unternehmensmarken sind (vgl. Abschnitt 2.2.2.1), ist die Schlussfolgerung, dass B2B-Marken in besonderem Maße vor eine Vielfalt von Interessensgruppen gestellt sind. Darüber hinaus bedingt die Multipersonalität in Form von Buying Centern im B2B-Bereich, dass selbst die Kundengruppen eine sehr heterogene Zusammensetzung mit unterschiedlichen Funktionen und Positionen und entsprechend unterschiedlichen Anforderungen an die Marke aufweisen können. (3) Durch die Positionierung soll das eigene Angebot so gestaltet werden, dass es in der Wahrnehmung der Zielgruppen einen besonderen und geschätzten Platz einnimmt (vgl. Kotler, Bliemel 2001, S. 495). Dies spielt sich „im Dreieck von Kunde (und Beeinflussung), Konkurrenten und eigener Unternehmung“ ab124 (vgl. Belz, Kopp 1994; Sander, Rätsch 2003, S. 116). Folglich sind bei der Definition der eigenen Zielposition drei Anspruchsgruppen zu berücksichtigen, welche dem Wettbewerbsdreieck nach Ohmae entsprechen (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1580; Esch 2001b, S. 246 ff.; Trommsdorff 1992, S. 458 und Abbildung 11): Zielgruppen, Wettbewerber und eigenes Unternehmen. Die Positionierung der eigenen Marke sollte mit den Idealvorstellungen der Zielgruppen übereinstimmen, die eigene Marke aus Zielgruppen-
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Speziell zur Positionierung vor dem Hintergrund der Segmentierungsproblematik vergleiche Nöthel (1999) und „Target Marketing“ bei Köhler (2001). Segmentierung im B2B-Bereich gilt als schwierige Thematik, insbesondere hinsichtlich ihrer sinnvollen Umsetzung, d.h. dem Mappen der Segmentierungskriterien auf die bestehenden Kunden unter gerechtfertigten Kostengesichtspunkten (vgl. Webster 1991). Spezielle Arbeiten hierzu sind beispielsweise Bennion (1987), Dibb, Wensley (2002), Doyle, Saunders (1985) und Weber (1997). Nach der Relevanz der verschiedenen Zielgruppen bzw. Anspruchsgruppen unterscheiden Kernstock, Esch, Tomczak und Langner (2004, S. 35 f.) zwischen Bezugsgruppen (kaum Bindung und Macht gegenüber dem Unternehmen), Interessensgruppen (unmittelbares Interesse am Verhalten des Unternehmens) und strategischen Anspruchsgruppen (starke Bindung mit Unternehmen; konkrete Anforderungen an das Unternehmen; wirksame Sanktionsmöglichkeiten; bestimmen Zweck und Überleben des Unternehmens). Wichtig ist nach dieser Einteilung die Ausrichtung der Positionierung an den strategischen Anspruchsgruppen. Die Gefahr bei einer zu groben Segmentierung und bei einer Vielzahl an Zielgruppen besteht darin, es möglichst vielen Anspruchsgruppen recht machen zu wollen und damit keinerlei Ecken und Kanten, aber auch kein eigenständiges differenzierendes Profil aufzubauen (vgl. Nöthel 1999, S. 30). Bennion (1987, S. 9) konstatiert hierzu „The company’s product positioning decision defines its target market and competitors“.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
87
sicht vom Wettbewerb differenzieren und der Strategie bzw. den Fähigkeiten des eigenen Unternehmens entsprechen. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe resultiert daraus, dass die Bedingungen „simultan und integriert“ in die Positionierungsstrategie einfließen müssen (vgl. Trommsdorff, Paulssen 2000, S. 1050). Aber auch die weitere Umwelt, wie beispielsweise der politische, soziale und gesellschaftliche Kontext, ist bei der Formulierung der strategischen Positionierung zu beachten (vgl. Kernstock, Esch, Tomczak, Langner 2004, S. 5) Umwelt
Politisch-rechtliche Umwelt
Ökonomische Umwelt
Markt Zielgruppen Fit Eigene Marke
Fit
Differenzierung
Soziokulturelle Umwelt
Wettbewerbsmarke Technische Umwelt
Abbildung 11: Positionierung einer Marke im Lichte des Wettbewerbsdreiecks von Ohmae
Besonders kritisch von den drei Anspruchsgruppen sind die Zielgruppen. Sie müssen mit den Positionierungsinhalten erreicht und für die Marke gewonnen werden. Ein häufig in der Literatur zitiertes Sprichwort macht dies deutlich: „Der Wurm muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch“ (vgl. bspw. Häusel 2004; Esch 2005, S. 146). Beim Kunden muss deshalb nach dessen subjektiv wahrgenommenen Produktnutzen gefragt werden: „Unternehmen denken in Produkteigenschaften, Kunden in subjektiven Produktnutzen“ (vgl. Esch 2001b, S. 235 nach Rothschild 1987, S. 156). Dieses realistische „Hineinversetzen“ bzw. Eindenken in die Zielgruppen bereitet in der Praxis die meisten Probleme (vgl. Nöthel 1999, S. 29). Vor dem B2B-Kontext erweitern sich diese Anforderungen nochmals, da die relevante Zielgruppe nicht nur der Definition der relevanten Unternehmen, sondern der Definition der Mitglieder im Buying Center und der Definition der Entscheider bedarf. 2.2.3.3 Management der Positionierung Die Positionierung ist für den Erfolg der Marke und damit auch den Erfolg des Unternehmens am Markt von herausragender Relevanz (vgl. Abschnitt 2.2.3). Aber Positionierung stellt kein eng abgegrenztes Teilprojekt im Unternehmen dar, sondern erfordert mehr als einen unternehmensweiten Blickwinkel und geht mit unternehmens-
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
weiten Konsequenzen einher125. Aus diesen Gründen erfordert die Positionierung ein sehr strukturiertes Vorgehen und sollte als ganzheitliches Managementkonzept verstanden werden, das die Stufen der aktiven und bewussten Planung, Gestaltung und Kontrolle einer erfolgsversprechenden Stellung einer Marke, d.h. der Gestaltung des Markenimages bei den Zielgruppen, umfasst126 (vgl. Trommsdorff 1995, Sp. 2056). Ries und Trout (1986, S. 2) sprechen in diesem Zusammenhang von “Positioning is what you do to the mind of the prospect”. Überwiegend beschreibt die Literatur einen Prozess in vier Stufen127 (vgl. Baumgarth 2001, S. 115; Esch 2001b; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 769 ff.): -
Positionierungsanalyse (Analyse des eigenen Unternehmens, der relevanten Zielgruppen, der relevanten Wettbewerber und des Marktes128)
-
Definition der Positionierungsstrategie129
-
Implementierung der Positionierungsstrategie und
-
Positionierungskontrolle.
Diese Konzeption als Prozess ist nicht als einmalige Aktivität zu verstehen, sondern vielmehr als ein iterativer Prozess, der im Unternehmen keinerlei spezifischen Anlass benötigt, sondern als Daueraufgabe130 betrachtet werden kann (vgl. Jullens, Sander 2002, S. 35).
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Soll beispielsweise eine Positionierung über Spitzentechnologie, -qualität und –service erreicht werden, sind damit hohe Anstrengungen in allen Unternehmensbereichen, wie der Forschung & Entwicklungsabteilung, der Produktion, dem Kundenkontakt und Service etc., verbunden (vgl. Kriegbaum-Kling 2004, S. 339). Markenpositionierung ist deshalb mit Imagebildung gleichzusetzen (vgl. Esch 2000, S. 192). Die ganzheitliche Positionierungskonzeption nach Wiedmann und Bausback (2005) steht in keinerlei Widerspruch zu dem üblichen vierstufigen Positionierungsprozess, da sich jede der vier Stufen in beiden Ansätzen wieder findet. Vielmehr handelt es sich um eine Vervollständigung des umfassenden Themenkomplexes. Vergleiche zu den Analysebereichen Hölscher, Riesenbeck (2002, S. 6 f.), zur räumlichen Abbildung der Position im Rahmen der Analyse Trommsdorff, Zellerhoff (1994, S. 352 ff.). Esch (2000, S. 2000) spricht statt von Strategie und Implementierung von der Konzept- und Realisationsebene und zeigt typische Probleme auf beiden Ebenen auf. Tatsächlich werden absolute Neupositionierungen lediglich für neue Marken oder einen Relaunch erarbeitet (vgl. Trommsdorff 1995, Sp. 2057; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 767). Daneben ist die Positionierung aber bei jeglicher Unternehmensaktivität zu beachten und regelmäßig am Markt zu überwachen. In Abhängigkeit des Ergebnisses des Soll-Ist-Vergleiches kann die Positionierung beibehalten werden, eine Repositionierung mit leichten Anpassungen oder eine komplette Neupositionierung erforderlich sein (vgl. Esch 2001b, S. 246 f.). Im Rahmen einer Repositionierung wird die Kontinuität gewährleistet, indem der Markenkern erhalten bleibt und lediglich im Bereich der Zusatznutzen Aktualisierungen vorgenommen werden (vgl. Homburg, Schäfer 2001, S. 159; Köhler 2001, S. 55). Die Positionierung ist einem ständigen Controlling zu unterziehen, da auch der Referenzrahmen mit den relevanten Wettbewerbern, sowie die Gemeinsamkeiten und Differenzen „bewegliche Ziele“ darstellen, d.h. einen dynamischen Prozess bilden (vgl. Keller, Sternthal, Tybout 2002, S. 86).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
89
In analoger Weise ist der vierstufige Prozess auf die Positionierung von Businessto-Business Marken anwendbar (vgl. Abschnitt 2.2.1.3). Auf den einzelnen Prozessstufen bedingen die Besonderheiten des B2B-Kontexts Anpassungen (vgl. Abschnitt 2.2.1.2), wie sie in Abschnitt 4.1.1 näher diskutiert werden. Positionierungsziele geben eine grundlegende Stoßrichtung für die Positionierung vor, welche in der Definition der Positionierungsstrategie und deren Implementierung eingehalten werden müssen (vgl. Esch 2001b, S. 245). Die beiden wichtigsten Ziele der Positionierung sind, die Marke derart an die Zielgruppen zu vermitteln, dass einerseits die Idealvorstellungen der Zielgruppen optimal erfüllt werden (Marktpotentialziel, Relevanz) und andererseits die größtmögliche Entfernung von den Wettbewerbern realisiert wird (Differenzierungsziel)131 (vgl. Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. S. 546). Mit Hilfe herausragender Leistungsmerkmale oder eines psychologischen Zusatznutzens soll bei der Zielgruppe eine Unique Selling Proposition132 (USP) im Vergleich zum Wettbewerb erreicht werden (vgl. Becker 1996, S. 12; Meffert 1992, S. 134). Dies gilt ebenfalls im Lichte des B2B-Kontextes (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 86; Hauser, Groll 2002). Trommsdorff grenzt strategische Ziele wie den Aufbau und die Sicherung von Erfolgspotentialen im Wettbewerb oder die Erzielung eines monopolistischen Preisspielraums von wirtschaftlichen bzw. operativen Zielen wie Umsatz, wertmäßigem Marktanteil oder Markenwert ab (vgl. Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 767; Trommsdorff, 1995, Sp. 2057; Trommsdorff, Paulssen 2000, S. 1049). In der weiteren Literatur wird stattdessen mehrheitlich zwischen vorökonomischen und ökonomischen Positionierungszielen differenziert (vgl. Esch 2001b, S. 260; Esch 2005, S. 59 ff.; Becker 1996, S. 14 f; Tomczak, Roosdorp 1996, S. 26): -
Vorökonomische, verhaltenswissenschaftliche bzw. (Markt-) psychologische Ziele der Markenpositionierung beziehen sich auf die Zielgruppenseite und umfassen beispielsweise Aktivierung133, hoher Bekanntheitsgrad, positive Einstellung, positives Image, wahrgenommene Einzigartigkeit bzw. Differenzierung, hohe Preisbereitschaft oder dauerhafte und profitable Alleinstellung im
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Eine Studie mit 200 teilnehmenden Unternehmen bestätigte, dass das wichtigste Markenziel die Differenzierung der Marke darstellt; gefolgt von der Sicherung und dem Ausbau der Markenposition (vgl. Wiedmann, Schmidt 1999, S. 14). Streng genommen bezeichnet USP die Fokussierung auf ein einzigartiges Nutzenmerkmal (vgl. Reeves 1960). Weitere verwandte Konzepte sind Komparativer Konkurrenz-Vorteil (KKK), Unique Advertising Proposition (UAP) oder auch Unique Marketing Proposition (UMP) (vgl. zu UAP Trommsdorff 1992, S. 460; zu KKK Backhaus 2003, S. 35 ff.; zu UMP Magyar 1985, S. 267 ff.). Aktivierung bildet die Basis für jegliche Antriebsprozesse, indem sie „den Organismus mit Energie versorgt und in einen Zustand der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit versetzt“ (KroeberRiel, Weinberg 2003, S. 58).
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2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Wettbewerb. Nach Esch (2001b, S. 240 ff.) können vorökonomische Positionierungsziele weiter in emotionale und sachorientierte Positionierungsziele konkretisiert werden (vgl. Abschnitt 4.3.2.2). -
Ökonomische bzw. wirtschaftliche Ziele der Markenpositionierung beziehen sich eher auf die Unternehmensseite und subsumieren beispielsweise hohe Absatzmengen, hohe Preise134, hohe (mengen- oder wertmäßiger) Marktanteile und hohe Margen, Umsätze oder Gewinne.
Einerseits bauen diese beiden Zielebenen aufeinander auf: erst durch die Erreichung vorökonomischer Ziele werden ökonomische Ziele erreichbar. Andererseits aber stehen sie in gegenseitigem Konflikt135 (vgl. Esch 2001b, S. 260 f.). Zum Beispiel sind zur Erzielung vorökonomischer Ziele lange Betrachtungszeiträume und hohe Investitionen in Werbung notwendig, welche zunächst eine rückläufige wirtschaftliche Situation verantworten und deshalb bei kurzfristiger Betrachtung den ökonomischen Zielen entgegenstehen. Um beiden Ziel-Bereichen gerecht zu werden, muss eine effektive Marken- und Positionierungskontrolle136 (1) bei den Zielgruppen und (2) im Unternehmen ansetzen und dabei sowohl qualitative als auch quantitative Elemente enthalten (vgl. Wiedmann, Ivanov, Klee 2004, S. 4; Meffert, Koers 2002, S. 409; Esch 2001b, S. 258 f.; Esch 2000b, S. 987). Beiden Messgrößen kommen unterschiedliche Funktionen zu. Ohne diese Voraussetzung kann das Marken- bzw. Positionierungscontrolling seiner primären Aufgabe - der gesamthaften Unterstützung der Planung, Realisation und Kontrolle des Markenmanagement137 - nicht nachkommen (vgl. Wiedmann 1994b, S. 1311). (1) Streng genommen ist der Erfolg der Positionierung bei den Zielgruppen zu erzielen und deshalb großes Gewicht auf diesen Teil der Positionierungskontrolle zu
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Mit Hilfe von Marken und ihrer Positionierung über einen Mehrwert wird versucht, dem auf vielen Märkten existierenden Preiswettbewerb zu entkommen und stattdessen eine erhöhte Kundenbindung zu erzielen und ökonomische Erfolge zu sichern (vgl. Kotler, Bliemel 2001, S. 467; Wiedmann 2001b, S. 143). Ebenso stehen die beiden Hauptziele Marktpotentialziele, d.h. die Erreichung der Idealvorstellung der Zielgruppen und Differenzierungsziele im gegenseitigen Konflikt, da alle Marken versuchen, das Ideal der Zielgruppe zu erreichen und somit alle eine identische und keineswegs differenzierende Position einnehmen würden (vgl. Carpenter, Nakamoto, 1989, S. 285 ff. und 1994, S. 570; Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 254, Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 770). Die Erfolgskontrolle bei den Zielgruppen muss zwischen der Kontrolle der Positionierungsstrategie und der Kontrolle der Positionierungsimplementierung unterscheiden (vgl. Implementationslücke bei Levermann 1994). Sehr ausführlich zur Positionierungskontrolle vergleiche Esch (2001b, S. 258 ff.) Nach Munoz und Kumar (2004, S. 382) unterstützt ein effektives Marken-Kennzahlensystem bei folgenden Aufgaben: Performance der B2B-Marke bei Zielgruppen, Performance der B2B-Marke im Vergleich zum Wettbewerb, Identifikation von Schwachstellen der Marken und Allokation von Investitionen in die Marke.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
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legen (vgl. Albers 1989; Esch 2001b, S. 235 und dort Parker, Churchill 1986, S. 1; Esch 2005, S. 142; Wind 1982, S. 75). „Aus Sicht des Marketing kommt es dabei auf die von den Konsumenten wahrgenommenen, subjektiven Produkteigenschaften an … „ (Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 767). Die Erfolgskontrolle beim Kunden erfolgt überwiegend mit Hilfe qualitativer Kennzahlen, wie beispielsweise in Form eines Vergleiches der Soll- und Ist-Position mit Hilfe der Imageanalyse138 (vgl. Esch 2001b, S. 245 und S. 261). Aber auch quantitative Kennzahlen, wie beispielsweise die Messung der Preisbereitschaft oder der Preiselastizität, sind denkbar. Wichtig ist, dass zur Positionierungskontrolle immer die subjektive Wahrnehmung der Zielgruppen als kritische Größe herangezogen wird (vgl. Esch 2000, S. 193; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 767). Denn erst der Erfolg bei den Zielgruppen bildet die notwendige Voraussetzung, um den anschließenden Erfolg im Unternehmen zu generieren. (2) Auf Unternehmensseite wird der ökonomische Erfolg gemessen. Hier kommen bevorzugt quantitative Kennzahlen zum Einsatz, wie beispielsweise der Umsatz, Gewinn, Marktanteil, Profitabilität oder auch der monetäre Wert einer Marke. Unternehmen wollen nicht nur bekannte Marken, sondern insbesondere „profitable Marken“ schaffen (vgl. Brandtner 2005, S. 5). Eine verbreitete Kennzahl des Positionierungserfolges ist der wertmäßige Marktanteil, der sich aus einer Mengen- und einer Preiskomponente139 konstruiert und unter einer gegebenen Budgetrestriktion zu maximieren ist (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351; Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 543). Diese Operationalisierung des Positionierungserfolges findet nach Trommsdorff und Paulssen (2000, S. 2057) in der Praxis140 häufige Anwendung und stößt auch auf Theorieseite auf breite Akzeptanz.
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Imageanalysen sind ein typisches Instrument der Positionierungskontrolle. Beispielsweise können die definierten Positionierungsinhalte hinsichtlich ihrer Ausprägung bei den Zielgruppen anhand einer einfachen Rating-Skala bzw. eines Image-Differentials überprüft werden (vgl. bspw. Markeimage-Spiegel bei Spiegel und Spiegel 2001). Kotler, Bliemel (2001, S. 497) nennen vier Positionierungsfehler: Unterpositionierung, Überpositionierung, unklare Positionierung und zweifelhafte Positionierung. Beide Komponenten sind auf die Präferenz, d.h. die Bevorzugung der Marke vor den Konkurrenzmarken zurückzuführen (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351). „Starke Marken wirken positiv auf die Menge und den Preis.“ (Esch 2005, S. 11 und S. 76) Dem widersprechen Studien, welche belegen, dass es zwar insbesondere für B2C-Marken Controllinginstrumente gibt, diese jedoch in der Praxis kaum Anwendung finden - weder für B2C- noch für B2B-Marken; und das, obwohl Marken einen der wertvollsten immateriellen Vermögensgegenstände der Unternehmen darstellen. Nach einer Best Practice Studie von Prophet in UK im Jahr 2002 haben weniger als ein Drittel der befragten Unternehmen ein Kennzahlensystem zur Kontrolle ihrer Marken (vgl. Munoz, Kumar 2004, S. 381). Dies korrespondiert mit einer Studie in Deutschland von Sattler und PriceWaterhouseCoopers (2001, S. 9) nach der durchschnittlich in allen Branchen nur 26% der Unternehmen eine Markenbewertung durchführen. Auch speziell für B2B-Marken zeigte eine Studie der Universität Mannheim, dass „kaum mehr als 10% der Unternehmen“ regelmäßig eine Analyse der Markenbekanntheit und des Markenimage durchführen und
92
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Die Resultate der Kontrolle geben Aufschluss über die Güte der Positionierungsstrategie und deren Implementierung, welche als Grundlage für weitere Aktivitäten dienen. In Bezug auf die vorliegende Arbeit sind auch bei der Positionierungskontrolle die Besonderheiten des B2B-Kontext und des Spannungsfeldes von Rationalität und Emotionalität zu beachten. Beispielsweise ist der Erfolg bei den Zielgruppen bei allen Mitgliedern des Buying Centers zu kontrollieren und die Wirkung von rationalen und emotionalen Elementen ist dort jeweils vergleichend zu überprüfen. 2.2.3.4 Positionierungsinhalte und Anforderungen Während die Positionierung als Herzstück des Markenmanagements bezeichnet werden kann, ist die Auswahl der Positionierungsinhalte das Herzstück der Positionierung, da mit ihr der Erfolg oder der Misserfolg der Strategie einhergeht. Grundsätzlich können Ideen für potentielle Positionierungsinhalte aus folgenden Bereichen kommen: -
Wünsche, Bedürfnisse, Kaufkriterien und Lebensstile der relevanten Zielgruppen (vgl. Nöthel 1999, S. 28),
-
Positionierungsinhalte der Wettbewerber (vgl. Esch 2001b, S. 250), sowie
-
Stärken, Fähigkeiten und Eigenschaften der eigenen Marke bzw. des eigenen Unternehmens.
Problematisch ist, dass die klassischen Positionierungsideen wie Preis, Qualität oder Service oftmals schon durch Wettbewerber besetzt sind und eine proaktive und einzigartige Positionierung der eigenen Marke erschweren. Kreative Techniken stellen in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit dar, bislang latente oder gar nicht bewusste Bedürfnisse außerhalb des existierenden Wahrnehmungsraumes aufzudecken141 (vgl. Positioning nach Ries, Trout 1986; Esch 2001b, S. 245 f.; vgl. auch reaktive vs. aktive Positionierung bei Nöthel 1999, S. 120 ff.; Köhler 2001, S. 56 f.; Tomczak, Reinecke 1995, S. 509).
141
„nur 6% aller Firmen“ den monetären Wert ihrer B2B-Marke bestimmen (vgl. Schwarz 2003, S. 11). Als schwierig erweist sich die Suche bzw. Bestätigung von innovativen Positionierungsinhalten in Marktforschungsstudien. Die unzureichende Vorstellungskraft bei Kunden führt in Pre-Studien regelmäßig zu negativen Ergebnissen für bisher unbekannte und emotionale Imagedimensionen; dennoch kann sich eine spätere Implementierung als erfolgreich erweisen (vgl. Nöthel 1999, S. 126; Köhler 2001, S. 50).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
93
Die Art und Zahl der potentiellen Positionierungsinhalte ist unüberschaubar groß. Um einen ersten Eindruck zu erhalten werden einige Kategorisierungsmöglichkeiten vorgestellt142: (1) Abstraktionsgrad der Inhalte Positionierungsinhalte können von konkreten Produktfunktionen (z.B. Geräuschlosigkeit, Geschwindigkeit) bis hin zu abstrakten Wertevorstellungen reichen143 (z.B. Bequemlichkeit) (vgl. z.B. means-end-Ansätze bei Baumgarth 2001, S. 45 oder Fillip 1997, S. 37 ff.; „concreteness of stimuli“ bei Hoyer, McInnis 1997, S. 70). (2) Bezugobjekte der Inhalte Je abstrakter die Positionierungsinhalte sind, desto vielfältiger sind die Assoziationen zu verschiedenen Bezugsobjekten: Branche, Unternehmen, Produkt/Leistung, Service, Mitarbeiter etc. (vgl. Wiedmann144 2001, S. 19 und 1996b, S. 65; vgl. zudem Wahrnehmungsebenen bei B2B-Marken in Abschnitt 2.2.2.1). Eine Positionierung über Flexibilität kann beispielsweise bedeuten, dass die Leistung beim Kunden flexibel einsetzbar ist oder das Unternehmen flexibel auf Kundenwünsche eingeht. (3) „Anmutung“ des Inhaltes In sehr weiten Bereichen der Literatur wird zwischen -
rationalen, funktionalen, sachlichen, informativen, utilitaristischen und
-
emotionalen, erlebnisorientierten, hedonistischen
Positionierungsinhalten unterschieden145 (vgl. speziell im B2B-Bereich Ginter, Dambacher 2002, S. 63; Krist 1993, S. 331; Pförtsch, Schmid 2005, S. 85; Sitte 2001, S. 212; Webster, Keller 2004, S. 395 f.; Willrodt 2004, S. 62).
142
143
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145
Wind (1982) und ähnlich Kotler (2000) schlagen mehrere Kategorien zur Planung von Positionierungseigenschaften vor: besondere Eigenschaftsausprägungen, bestimmte Problemlösung (Nutzen, Bedürfnis), bestimmte Nutzenanlässe, bestimmte Anwendergruppen, gegen andere Produkte, Absetzung von der Produktklasse. Peter und Olson (1999, S. 368ff.) unterscheiden in ähnlicher Weise fünf Ansätze zu Positionierungsstrategien: die Positionierung über Attribute, über Nutzen oder Anwendungen, über Nutzergruppen, über Produktklassen und über Wettbewerber. Der Abstraktionsgrad der Positionierungsinhalte geht oftmals mit der Art der Marke (Dach-, Familien- und Einzelmarke) einher. Während Dachmarken eher auf abstrakten, übergreifenden Werteversprechen aufbauen (vgl. Jullens, Sander 2002, S. 34; Sachs 2002, S. 16), stellen einzelne Produktmarken eher konkrete Kundenbedürfnisse in Form von Produktfunktionen in den Vordergrund (vgl. Meffert Bierwirth, Burmann 2002, S. 171 ff.). Vergleiche auch Assoziationen im Rahmen des Reputationsmanagements bei Wiedmann (2001c, S. 5). Wiedmann (1996b, S. 65) unterscheidet in diesem Zusammenhang beispielsweise zwischen Positionierungsmerkmalen, die sich auf das Kernleistungsangebot, das Serviceangebot oder das Erlebnisangebot beziehen. Während Merkmale im Rahmen des Kernleistungsangebotes überwiegend eher rationaler Art sind, überwiegt die Zahl emotionaler Merkmale beim Erlebnisangebot. Vergleiche im B2C-Bereich Aaker (1997), Arnold (1992, S. 36), Becker (1988, S. 226), Bekmeier, Konert (1994), Bhat, Reddy (1998), Chernatony, McDonald (1998, S. 373 ff.), Esch (2001b, S. 240
94
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
(4) Wirkung der Inhalte Positionierungsinhalte, die den Zielgruppen als Reize vermittelt werden, können bei diesen in unterschiedlicher Tiefe und auf unterschiedliche Art verarbeitet werden. Zum einen sind drei Ebenen der Wirkungstiefe vorstellbar: Merkmale, die von den Zielgruppen kaum wahrgenommen werden (reine Stimuli-Ebene), Merkmale, die von den Zielgruppen wahrgenommen werden, aber zu keiner Reaktion führen (reine Perceptions-Ebene) und Positionierungsmerkmale, welche zu einer Verhaltensänderung bei den Zielgruppen führen (Reaktions-Ebene) (vgl. auch Abschnitt 4.4.3.2). Zum anderen sind zwei bis drei Wirkungsarten vorstellbar: Basisanforderungen, Leistungsanforderungen und Begeisterungsanforderungen146 (vgl. Bond, Fink 2001; King 1994, S. 81; Garbe 1999, S. 1119 f.; Herzberg 1986; Punj und Moon 2002, S. 275). In der vorliegenden Arbeit steht insbesondere die rationale und emotionale Positionierung147 im Mittelpunkt (vgl. Abschnitte 1.2 und 2.1.2), für die bei genauer Betrachtung zwei unterschiedliche Begriffsverständnisse vorliegen. (1) Nach einem wahrnehmungsbezogenen Verständnis bedeutet rationale bzw. emotionale Positionierung, dass rationale bzw. emotionale Positionierungsinhalte verwendet werden. Das heißt, dass die verwendeten Positionierungsinhalte von Individuen als entweder eher rational oder eher emotional eingestuft werden. Dieses Verständnis überwiegt in den meisten Positionierungsmodellen148. In Einzelfällen
146
147
148
bis 244), Esch (2000, S. 195), Fanderl, Hölscher, Hupp (2003), Klein-Bölting (2000, S. 115 ff.), Sander, Jakobs (2004, S. 35), Trommsdorff, Zellerhofer (1994, S. 351) und Willenbrock (2003). Ergänzend zu rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten nennt Linxweiler (1999, S. 70) ästetisch-kulturelle (z.B. Design, Sinnlichkeit) und ethisch-ideele (z.B. Glaubwürdigkeit) Positionierungsinhalte. Eine weitere eher untergeordnete Inhaltskategorie bezieht sich auf generelle Unternehmenseigenschaften wie Größe, Standort oder Merkmale der Corporate Identity (vgl. Kühn 1996, S. 116). So unterscheiden Bond und Fink (2001) beispielsweise zwischen Basismerkmalen, artikulierten Merkmalen und Aufregungsmerkmalen. Basismerkmale werden von Zielgruppen vorausgesetzt. Artikulierte Merkmale werden als Wünsche benannt und führen bei Vorliegen zu Zufriedenheit. Aufregungsmerkmale werden nicht erwartet und bewirken deshalb keine Unzufriedenheit wenn sie fehlen. Liegen Aufregungsmerkmale allerdings vor, sind die Zielgruppen positiv überrascht und reagieren mit Bewunderung und Zufriedenheit. In ähnlicher Weise unterscheidet die bekannte Einteilung von Herzberg (1986) in Hygienefaktoren und Motivatoren (vgl. für eine Analyse des Modells von Herzberg im Rahmen von Kundenzufriedenheit im Industriegüterbereich Rudolph 1998). King (1994, S. 81) trennt zwischen Basisanforderungen, Leistungsanforderungen und Begeisterungsanforderungen (vgl. auch Garbe 1999, S. 1119 f.). Und die Studie von Punj und Moon (2002, S. 275) differenziert in Eigenschaften, welche eine Marke überhaupt in das Consideration Set der Zielgruppe bringen, und Eigenschaften, welche die Marken im Consideration Set in einem zweiten Schritt differenzieren können (vgl. zu „Consideration Set“ auch Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 549). „Viewed broadly, these two aspects of hedonic and utilitarian value correspond to the archetypal constructs of emotion and reason.” (Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 85) Für Details wird deshalb auf die ausführliche Darstellung zum Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität in Abschnitt 2.1.2 verwiesen. Positionierungsmodelle von Unternehmensberatungen, wie z.B. der Profiler von Roland Berger Consulting oder die Content-Analyse von MSU Consulting greifen auf diese Systematisierung zwi-
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
95
kann es sich als sehr schwierig erweisen eine Positionierung als eher rational oder emotional einzustufen. Dies liegt zum einen daran, dass die Zuordnung von einzelnen Inhalten zu einer eher rationalen oder emotionalen Anmutung uneindeutig sein kann149: rein rationale Inhalte, rein emotionale Inhalte und gemischte Inhalte (vgl. Abschnitt 2.1.2.1). Zum anderen kann eine Positionierung über mehrere Positionierungsinhalte erfolgen, so dass drei Konstellationen denkbar sind: rein rationale Positionierung, rein emotionale Positionierung und gemischte bzw. hybride Positionierung (vgl. Arber 1999, S. 137). Die Mehrheit der Positionierungen weist eine Mischung aus einerseits eher rationalen Merkmalen (z.B. Preis, Motorleistung) und andererseits eher emotionalen Merkmalen (z.B. Design) auf (vgl. Hirschmann, Holbrook 1982; Mano, Oliver 1993). (2) Hiervon zu unterscheiden ist ein wirkungsbezogenes Verständnis, das unter rationaler bzw. emotionaler Positionierung das Hervorrufen von eher kognitiven oder eher affektiven Reaktionen bei den Zielgruppen versteht. Beispielsweise ist hier auf Park, Jaworski und MacInnis (1986) hinzuweisen, die unter einer kognitiven Positionierung („functional positioning“) die Fähigkeit einer Marke verstehen, die kaufrelevanten Probleme zu lösen, und unter einer affektiver Positionierung („experiential positioning“) die Wirkung einer Marke auf die gefühlsmäßige Zufriedenheit erfassen (vgl. auch150 Waarts 1998, S. 70; Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 85; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 71 ff.). Auch hier sind gemischte bzw. hybride Positionierungen im Sinne von gleichzeitigen kognitiven und affektiven Reaktionen der Zielgruppen vorstellbar. Bei der Definition der Positionierungsstrategie ist eine endgültige Auswahl aus dieser Vielfalt potentieller Positionierungsinhalte zu treffen. Doch gerade diese Aufgabe, relevante und langfristig belastbare Positionierungsinhalte zu finden, stellt sich als schwieriges Unterfangen dar (vgl. Esch 2000, S. 195). Theoretische Studien und Erfahrungen aus der Praxis haben zu einem allgemein anerkannten Katalog mit Grundbedingungen bzw. Anforderungen geführt, welche an erfolgsversprechende Positionierungsmerkmale gestellt werden und die Effektivität der Positionierungsstra-
149
150
schen Emotionalität und Rationalität zurück (vgl. Ramoser, Lurse 2002; Clausnitzer, Heide, Nasner 2002, S. 33). Bereits in Abschnitt 2.1.2.1 wurde die Zurodnungsproblematik beschrieben und konstatiert, dass es sich bei Rationalität und Emotionalität um zwei separate Dimensionen handelt, und Merkmale bzw. Inhalte durchaus Elemente von beidem enthalten können (vgl. Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 85). Waarts (1998, S. 70) bezeichnet mit kognitiver Positionierung die Art und Weise, mit der Marken im Gedächtnis des Verbrauchers gespeichert sind. Und Chaudhuri, Holbrook (2001, S. 85 definieren: “… We define hedonic value as the pleasure potential ... and utilitarian value as the ability to perform functions in the everyday live ...“.
96
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
tegie sichern sollen151. Ein Blick in die bestehende Literatur zeigt einen bestechenden Konsens152 (vgl. Köhler 2001, S. 46; Trommsdorff, 1995, Sp. 2058; Baumgarth, 2001, S. 114; Esch 2001b, S. 236; Esch 2000, S. 193 f.; Esch, Andresen 1996, S. 78; Frigge, Houben 2002, S. 31 f.; Gelbert, Böing 2003, S. 31; Keller, Sternthal, Tybout 2002, S. 81 ff.; Kuß, Tomczak 1998, S. 106 f.; Perrey, Schröder 2003, S. 6; Sander, Rätsch 2003, S. 112 ff.): -
Aufmerksamkeit, Wahrnehmung: Die Positionierung muss von den Zielgruppen tatsächlich wahrgenommen werden und deren Aufmerksamkeit erregen153.
-
Relevanz: Positionierungsinhalte müssen für die Zielgruppen (verhaltens-) relevant sein, d.h. deren Idealvorstellungen relativ nahe kommen und ihnen Nutzen stiften.
-
Emotionaler und sachlicher Nutzen sowie Glaubwürdigkeit: Die Positionierungsinhalte sollten die Zielgruppen sowohl rational überzeugen als auch emotional begeistern.
-
Positive (rationale und emotionale) Differenzierung154: Die Positionierungsinhalte sollten die Marke aus Sicht der Zielgruppen positiv vom Wettbewerb abgrenzen. Eine Differenzierung vom Wettbewerb kann physisch-rational, d.h. über konkrete, objektive Leistungsmerkmale bzw. über den Kernnutzen, oder
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152
153
154
Im Zusammenhang mit der Rolle von Emotionalität im Positionierungsprozess ist anzumerken, dass auch an den Aufbau eines Erlebnisprofils mit Relevanz, Differenzierung, Einzigartigkeit und Operationalisierbarkeit etc. die identischen Anforderungen gestellt werden (vgl. nach Weinberg 1995, S. 100 f.; nach Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 119). Erlebnisse sind als mehr oder weniger komplexe Emotionsbündel aufzufassen (vgl. Abgrenzung von Erlebnis und Emotion bei Esch 2001b, S. 242). Köhler (2001, S. 47) weist vor diesem Hintergrund darauf hin, dass in Positionierungsmodellen besonders drei Anforderungen stetig berücksichtigt werden: Relevanz, Fit und Differenzierung. Esch (2001b, S. 235) stuft zwei Anforderungen ab, indem er „Relevanz“ als eine notwendige Bedingung und „Differenzierung“ bzw. „Einzigartigkeit“ als hinreichende Bedingung bezeichnet. Kotler und Bliemel (1995, S. 487) ergänzen diese übliche Liste noch durch weitere interessante Anforderungen an die Differenzierung: Substantialität (relevant für genügend Käufer), Bezahlbarkeit (Käufer können sich den erforderlichen Aufpreis leisten) und Gewinnbeitragspotential (Merkmal solle Gewinnbeitrag erwirtschaften). Nach Hoyer und McInnis (1997, S. 64 ff.) gibt es vier Wege, um mit Stimuli die Wahrnehmung der Zielgruppen zu erreichen: persönliche Relevanz, Sympathie, Überraschung und Einfachheit der Stimuli. Für eine Definition von Differenzierung vergleiche Kotler und Bliemel (1995, S. 489). Keller, Sternthal, Tybout (2002, S. 81) weisen darauf hin, dass kein einseitiger „Differenzierung“-Blick dominieren darf, da Differenzierung allein im Wettbewerb nicht ausreicht, sondern, dass insbesondere ein Augenmerk auf den Referenzrahmen, d.h. den relevanten Markt und die relevanten Wettbewerber, sowie die Gemeinsamkeiten mit den Wettbewerbsmarken zu richten ist. Besonders die Auswahl der relevanten Referenzwettbewerber ist elementar, da hiervon die Gemeinsamkeiten und Differenzen abhängen. Chip (1995) weist im Zusammenhang mit dem „Young and RubicamModell“ darauf hin, dass die Differenzierung einer Marke nicht notwendiger Weise bedeutet, dass die Kunden den Wunsch haben, sie zu kaufen.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
97
psychisch-emotional, d.h. über subjektiv empfundene Leistungsmerkmale bzw. über den Zusatznutzen, erfolgen155 (vgl. Wiedmann 2001b, S. 143; Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 354; Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 547). Kotler und Bliemel (1995, S. 489) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Zielgruppen nicht auf jeden einzelnen, sondern nur auf den für sie relevanten Unterschied hingewiesen werden müssen156. -
Einzigartigkeit: Ideal ist ein Positionierungsinhalt, welcher der Marke eine einzigartige Position bei den Zielgruppen sichert und vom Wettbewerb nicht oder nur sehr schwierig nachgeahmt werden kann. „Wer in allen Merkmalen durchschnittlich ist, kann sich schlechter im Kopf des Konsumenten verankern als Anbieter mit überdurchschnittlicher Leistung in einem Merkmal“ (Nöthel 1999, S. 123).
-
Fit: Positionierungsinhalte müssen einerseits zu den Zielgruppen (Identifikation) und andererseits zur eigenen Unternehmensstrategie passen (Unternehmenskonformität).
-
Kompetenz: Das Unternehmen muss über (Kern-) Kompetenzen im Bereich der kommunizierten Positionierungsinhalte verfügen, um das Versprechen gegenüber den Kunden halten zu können.
-
Zukunftsorientierung (Vorsprungssicherheit): Die Positionierungsinhalte sollten die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Marke sichern.
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157
-
Kontinuität (Nachhaltigkeit): Auch bei möglichen Veränderungen in der Umwelt sollte der Kern der Positionierung dauerhaft erhalten bleiben.
-
Konzentration157 (Prägnanz, Fokus): Konzentration fordert die Begrenzung auf lediglich ein einzelnes oder wenige relevante Positionierungsmerkmale, um
Kotler, Bliemel (2001, S. 467) kategorisieren vier grundsätzliche Ansätze zur Differenzierung: besser, neuer, schneller oder preisgünstiger sein als der Wettbewerb. Diese können bezüglich der eigenen Leistung, des Services, der Mitarbeiter oder der Identitätsgestaltung umgesetzt werden. Hingegen fanden Carpenter, Glazer und Nakamoto (1994) in ihrer Studie heraus, dass eine Differenzierung und eine positive Markenbewertung durchaus auch durch bedeutungslose Merkmale zustande kommen können. Sie führen dies darauf zurück, dass Kunden allein durch das Hervorheben des Merkmals auf eine hohe Relevanz dieses Aspekts schließen und auch ein unbedeutendes Merkmal die Marke immerhin von den Wettbewerbern unterscheidbar macht. Entgegen der verbreiteten Anforderung der Fokussierung auf ein oder wenige Positionierungsmerkmale, fordern beispielsweise Wiedmann, Trautmann, Böcker (2002, S. 8) die Verwendung mehrerer Positionierungsmerkmale im Rahmen eines integrierten Positionierungskonzeptes, da ihrer Meinung nach einzelne Merkmale nicht mehr zur Differenzierung ausreichen. Die Positionierung über mehrere überlegene Nutzenmerkmale ist für ein Unternehmen aber riskant und mit höheren Anstrengungen verbunden als bei einem einzigen Merkmal (vgl. Kotler, Bliemel 2001, S. 496 f.). Auch Esch (2001b, S. 238 und dort Park et al. 1986, S. 136) weist hinsichtlich mehrerer Positionierungsmerkmale auf Gefahren hin: Schwierigkeiten bei der Konsistenz von Richtlinien, stärkerer Wettbewerb mit mehreren Konkurrenten, weniger Effektivität beim Imageaufbau, höhere Kosten der Implementierung. Speziell im B2B-Kontext schlägt Weber (1997, S. 534) vor, dass die
98
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
ein prägnantes und klares Image aufzubauen (vgl. USP, UAP in Abschnitt 2.2.3.1). -
Operationalisierbarkeit (Instrumentalbezug): Die Positionierungsinhalte müssen mit Hilfe von Marketinginstrumenten an die Zielgruppen vermittelt werden können.
Im Lichte der vorliegenden Arbeit gelten für die Positionierung von B2B-Marken grundsätzlich die gleichen beschriebenen Anforderungen. Jedoch wird das Markenmanagement von B2B-Marken aufgrund der B2B-Besonderheiten wie Multipersonalität oder Leistungsbündeln oftmals als komplexer beschrieben (vgl. Abschnitt 2.2.1.2, 2.2.2, 4.1 und 4.4.2). Auch das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität stellt die Auswahl von relevanten Positionierungsinhalten in der vorliegenden Arbeit vor eine neue Herausforderung. Vor dem gesamten Kontext der Positionierung, der in Abschnitt 2.2.3.2 und Abbildung 11 mit dem Wettbewerbsdreieck von Ohmae dargestellt wurde, ist die Frage zu beantworten, ob vor dem jeweiligen situativen Kontext eher rationale oder eher emotionale Positionierungsinhalte erfolgreich sein werden (vgl. auch Abschnitt 4.5). Abbildung 12 veranschaulicht dies.
Politische Aspekte Soziale Aspekte Gesellschaftliche Aspekte … Produktart Produktlebenszyklus Corporate Identity Eigene Unternehmensstrategie Positionierung anderer Marken Eigene Kernkompetenzen …
Umwelt
Kaufsituation (Zeit, Druck etc.) Involvement Wünsche, Bedürfnisse Art der Zielgruppe (Rollen im Buying Center, z.B. Einkäufer)
Zielgruppen
Positionierungsinhalte ? Rational oder Emotional? Unternehmen
Wettbewerber
Branche Marktwachstum Wettbewerbsdruck Positionierung der Wettbewerber …
Abbildung 12: Kontext für eine Positionierung zwischen Rationalität und Emotionalität vor dem Hintergrund eines situativen Ansatzes
Anzahl der relevanten Merkmale von der spezifischen Situation und insbesondere von dem Involvement der Zielgruppe abhängt: die B2B-Markenwahl erfolgt bei geringem Involvement über ein oder zwei Faktoren und bei hohem Invovlement über eine größere Zahl an relevanten Faktoren.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
99
2.2.3.5 Eignung von bestehenden Positionierungsmodellen zur Positionierung von Business-to-Business Marken zwischen Rationalität und Emotionalität In einem engen Verständnis ist ein Positionierungsmodell eine bildliche Darstellung, in der die „subjektiv wahrgenommene Stellung der eigenen Marke sowie der Konkurrenzmarken in Relation zu einem oder mehreren Idealpunkten“ der Zielgruppen jeweils anhand von zwei bis drei relevanten Positionierungsmerkmalen dargestellt wird158 (vgl. Esch 2001b, S. 236; Esch 2000, S. 194; Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351; Peter, Olson 1999, S. 371). Modelle, die lediglich auf einer starken Vereinfachung des Wahrnehmungsraumes beruhen, werden jedoch der Komplexität der Positionierung nicht gerecht159 (vgl. Sander, Rätsch 2003, S. 117). Aus diesen Gründen ist ein weites Verständnis, wie es die vorliegende Arbeit verwendet, sinnvoll, das unter einem Positionierungsmodell ein Instrument mit einem vorgegebenen Prozess zur Entwicklung einer Soll-Positionierung für eine spezielle Marke versteht. Um dem komplexen Positionierungsproblem in der Praxis eine Hilfestellung in Form einer definierten Vorgehensweise zu geben, sind in der wissenschaftlichen Forschung und insbesondere in Unternehmensberatungen zahlreiche Positionierungsmodelle entwickelt worden. Leider sind die Beschreibungen zur Entwicklung und konkreten Verwendung der Unternehmensberatungsmodelle aus Wettbewerbsgründen sehr rudimentär. Positionierungsmodelle unterscheiden sich zum einen ganz allgemein in den Annahmen über die Entwicklung und Wirkung von Markenimages. Entsprechend wer-
158
159
Historisch ist dieses Denkmodell auf Lewin (1950) und dem Transfer dieses Modells auf Marken von Spiegel (1961) zurückzuführen. Je näher eine Marke an dem Idealpunkt der Zielgruppen liegt desto besser und desto größer die Kaufwahrscheinlichkeit. Die Distanz von Wettbewerbsmarken ist ein Ausdruck für ihre Wettbewerbsbeziehung (vgl. Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 545). Je näher zwei Marken liegen, desto austauschbarer scheinen diese für die Zielgruppen bezüglich der betrachteten Positionierungsmerkmale. Freie Räume im Positionierungsmodell weisen auf in der Branche nicht besetzte Positionen hin (vgl. Nöthel 1999, S. 120 ff.). Zur allgemeinen Theorie der Markenwahrnehmung und –beurteilung, wie attributive Markenbeurteilung (z.B. Vektorenmodelle, Fishbein-Modell, Trommsdorff-Modell), systematische Markenbeurteilung mit der Annahme von Interkorrelationen zwischen den Variablen von Eigenschaftsräumen (z.B. Modell der kognitiven Netzwerke) vergleiche Wiswede (1992, S. 75 ff.) oder Solomon, Bamossy und Askegaard (2001, S. 166 ff.). Die Kritikpunkte an klassischen Positionierungsmodellen sind zahlreich. Sander und Rätsch kritisierien zum einen die begrenzte Dimensionalität bzw. Anzahl der potentiellen Positionierungsmerkmale und zum anderen die fehlende Überprüfung der „Tragfähigkeit“ bzw. Erfüllbarkeit der Positionierung (vgl. auch Köhler 2001, S. 49; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 784). Nöthel (1999, S. 124 f.) und ähnlich auch Köhler (2001, S. 49 f.) tragen Übersichten über Kritikpunkte aus der Literatur zusammen: Vergangenheitsorientierung, unzureichende Annahmen zum Kundenverhalten, eingeschränktes Potential zur Findung einer Alleinstellung, unklare Auswahl der befragten Zielgruppen, Abbildung aller Marken in einem einheitlichen Wahrnehmungsraum über dieselben Merkmale, Beschränkung auf bestehende bzw. bekannte Positionierungsmerkmale und Trend zur Vereinheitlichung der Positionierungen, da alle Anbeiter am Markt mit identischen Positionierungsmodellen arbeiten.
100
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
den beispielsweise unterschiedliche Erfolgskonstrukte wie Aktivierung, Differenzierung oder Fit zur eigenen Person verwendet und in Folge dessen variiert der Modellaufbau. Darüber hinaus unterscheiden sich Positionierungsmodelle ganz konkret hinsichtlich der verwendeten Datenbasis, der Modellarchitektur sowie der statistischen Verfahren (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994; Trommsdorff, Asan, Becker 2004). Als Datenbasis gehen in die Modelle zum einen die relevanten Positionierungsinhalte und zum anderen die betrachteten Marken und ihre Position ein160. Hinsichtlich der Positionierungsinhalte kann weiterhin zwischen Positionierungsmodellen mit und ohne Vorgabe von Inhalten unterschieden werden (vgl. Köhler 2001, S. 47). In Bezug auf die Modellarchitektur wird zwischen Distanzmodellen, Präferenzmodellen wie dem Idealpunktmodell und Modellen mit Wahlverhalten unterschieden. Und als statistische Verfahren161 kommen Clusteranalyse, Faktorenanalyse (vgl. Köhler 2001, S. 48; Trommsdorff, Paulssen 2000, S. 1054 f.), Diskriminanzanalyse, Mehrdimensionale Skalierung (vgl. Köhler 2001, S. 49; Kotler, Bliemel 2001, S. 499), Korrespondenzanalyse (vgl. Hüttner, Schwarting 1999, S. 402), Regressionsanalyse, Kausalanalyse und Conjoint-Analyse (vgl. Köhler 2001, S. 48) zum Einsatz. Trommsdorff und Zellerhoff (1994; sowie Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999) liefern einen historischen Überblick über die Entwicklung von Positionierungsmodellen und eine Beschreibung von einigen zentralen Arbeiten: Perceptor (vgl. Urban 1975), Proposas162 (vgl. Albers 1989), Horsky&Nelson (vgl. Horsky, Nelson 1992), Defender (Hauser, Shugan 1983) sowie Indscal, Copsa, Kyst, Multiscal, Ascal und einige mehr. Interessanter als die Historie ist ein Überblick über neuzeitliche Positionierungsmodelle und deren Beurteilung für die vorliegende Arbeit wie ihn Tabelle 9 liefert.
160
161
162
Zunächst sind relevante Positionierungsinhalte zu identifizieren, um auf dieser Basis die Ausprägungen einer Marke hinsichtlich der relevanten Inhalte zu messen (vgl. Imagedifferential bei Trommsdorff, Paulssen 2000, S. 1053). Alte Modelle basierten überwiegend auf Cluster-, Diskriminanz- und Faktorenanalysen, wohingegen heutige Modelle verstärkt Mehrdimensionale Skalierung oder Conjoint Analyse verwenden (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 263 f.). Allgemein zu statistischen Verfahren bei Positionierungsmodellen vergleiche Trommsdorff (1995, Sp. 2063 ff.), Trommsdorff, Bookhagen, Hess (1999, S. 776) oder auch Trommsdorff, Asan, Becker (2004, S. 554 ff.). Interessant ist an diesem Modell die Idee, dass positionsabhängige Stückkostenbeiträge berücksichtigt werden.
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte Modell
Beratung / Literatur
rbProfiler
Roland Berger; Berger 2002, 2003, 2004 a und b; Ramoser, Lurse 2002
McKinseyMarkenMatik
Riesenbeck, Perrey 2004; Perrey, Schröder 2003
Brand Personality Gameboard: McKinsey und GfK; Hölscher, Riesenbeck 2002, Fanderl, Hölscher, Hupp 2003, Hecker, Hölscher, Hupp 2003; Gillies 2003
163
101 Beschreibung
Ziel
Statistik
Der Ansatz von Roland Berger unterscheidet zwischen fünf Phasen des strategischen Markenmanagements: Brand Diagnosis, Brand Strategy, Action Plan, Brand Mentoring & Brand Tracking. Der rb-Profiler dient als Plattform für den gesamten Markenentwicklungsprozess. Identifikation von 19 konsumorientierten Einstellungsfaktoren in BRD, die in einem zweidimensionalem Raum angeordnet werden (emotional - rational, mehr - weniger Konsum). Vier-FelderMatrix markiert vier sehr unterschiedliche Kundenorientierungen. Sowohl gewünschte als auch abgelehnte Haltungen der relevanten Zielgruppen werden abgetragen. Ramoser und Lurse (2002) beziehen sich speziell auf B2B-Marken und kündigen an, dass eine spezielle Workshopreihe zur B2B-Markenmanagement geplant ist. McKinsey-MarkenMatik ist ein Ansatz, mit dem der Wert von Marken systematisch gestaltet werden soll. Mehrere separate Tools von McKinsey werden kombiniert, um Marken aufzubauen und zu managen: - Markendiamant zur Erfassung des Markenimages - Markenkauftrichter erfasst die Stärke der Marke im Wettbewerbsvergleich zur Potentialermittlung - Markentreiberanalyse und Abbildung im Handlungsoptionsportfolio zur Definition der Markenstrategie bzw. Positionierung
„Shared Values“ zwischen Marke und Zielgruppe
Faktoranalyse, Multidimensionale Skalierung
- Pfadanalyse zur Operationalisierung der Werteverprechen - Brand Personality Gameboard zur Anreicherung der Marke mit Emotionen (s.u.) In einer mehrstufigen Studie wurden 13 relevante Persönlichkeitsmerkmale entwickelt und in einem Positionierungsraum angeordnet. Die Merkmale lassen sich zu vier Polen zusammenfassen: Vernunft, Lust, Kraft und Geist. Empirische Studien belegen den Zusammen163 hang von Markenpersönlichkeit und Erfolgsgrößen wie Markenloyalität, Markenstärke etc. (Markenstärkeindikator „Brand Potential Index“ der GfK). Sowohl die Wahrnehmung von Marken als auch die von Personen lässt sich darin abbilden. Die Soll-Positionierung der Marke wird in vier Schritten ermittelt: Marktanalyse und Segmentierung, Analyse des Kaufverhaltens, Wettbewerberanalyse, Unter-
Bezug zur Arbeit B2B R&E Allg. B2C; Ja Für B2B B2B teils unpassende Werte
Ja Nicht konkret Ja, Abblidung möglich
Stufen des Kaufprozesses Relative Stärke der eigenen Marke, Wichtigkeit im Kauftrichter für die Loyalität der Kunden Kauf, Loyalität Ähnlichkeit bzw. Fit Ähnlichkeit von Markenpersönlichkeit und Zielgruppenpersönlichkeit Je nach Schritt der Analyse: potentialträchtige Zielgruppe, Kompetenz des Un-
Ja
Multivariate Verfahren wie Regressionsmodelle, Logitmodelle und Pfadanalysen; Multidimensionale Skalierung
Branchenübergreifend
Ja, rein emotional (Markenpersönlic hkeit)
Für B2B teils unpassende Werte
Musiol und Nickel (2004, S. 50) kritisieren, dass mit der Markenpersönlichkeit und den dahinterstehenden Eigenschaften die „Magie des Emotionalen“ nur bedingt erfasst werden.
102 Modell
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte Beratung / Literatur
Value Proposition Trichter von BBDO Consulting
Sander, Rätsch 2003; Gelbert, Böing 2003, S. 31 f.
Semiometrie und Promicheck
Semiometrie: TNS Emnid; Petras, Griese 1999
Promicheck: TNS emnid und Promikativ 2005
Need Scope
TNS Emnid 2005
GIMValues
GIM Gesellschaft für innovative
Statistik
Bezug zur Arbeit B2B R&E Allg.
Beschreibung
Ziel
nehmensanalyse. Anwendungsbereiche: Aufbau einer Markenpersönlichkeit bzw. Markenpositionierung, Suche von Werbepartnern und Co-Brands, Fit des CEO, Fit von M&A, Positionierung der Corporate Brand und Gestaltung von Markenportfolios bzw. Markenarchitekturen.
ternehmens etc.
Zur ganzheitlichen Markenpositionierung hat BBDO Consulting das Konzept „Value Proposition Trichter“ entwickelt. Der Ansatz versteht sich als Basisgerüst mit fünf aufeinander aufbauenden Phasen. Er kann in vielen unterschiedlichen Branchen und Bedingungen angewandt werden. Das Konzept umfasst drei Bestandteile: Nutzen/Leistungsversprechen (Benefit), funktionaler „Reason-to-Believe“ (RTB) und emotionale Markenattribute (Brand Charakter: Markenpersönlichkeit und Tonalität). Die Positionierung wird in einem iterativen Prozess auf Basis von Primär- und Sekundärmarktforschung entwickelt, verdichtet sowie intern und extern validiert (z.B. eigene Stärken und Schwächen der Marke).Treiber der Markenstärke werden empirisch ermittelt und dem Stärken-/Schwächenprofil der Marke gegenübergestellt. Ein nachgelagerter „Brand Change Management“Ansatz stellt die konsequente Implementierung sicher. Semiometrie basiert auf soziokulturellen, ursprünglichen, unverfälschten Werten, die jedem Menschen innewohnen (210 in Vorstudien entwickelte Worte; alle in einem Raum angeordnet; zwei Achsen: Lebensfreude vs. Pflicht, Sozialität vs. Individualität). In diesem Raum können Zielgruppen und Marken abgebildet werden (Mapping). Auswahl von Prominenten für die Werbung einer Marke ist oft zu persönlich und emotional gesteuert. Ein empirisch fundiertes Instrument „Promicheck“ hilft bei der professionellen und neutralen Auswahl. Aufbauend auf der Semiometrie wird in dem „semantischen Positionierungsraum“ (210 Worte) die Position von Zielgruppen, Marken und Prominenten eingetragen (bisher: 450 Marken und 350 Prominente analysiert). Strategieableitung auf Basis der Fittinganalyse. Needscope identifiziert und misst Bedürfnisse der Zielgruppen (rationale, soziale und emotionale Bedürfnisse), analysiert Zielgruppenbedürfnisse und das Markenimage in einem psychologischen Positionierungsrahmen, nutzt Bilderskalen zur Messung emotionaler Bedürfnisse und analysiert das Ausmaß in dem Marken diese Bedürfnisse erfüllen. Der psychologische Rahmen wird durch zwei Achsen aufgespannt (vgl. Semiometrie) und enthält sechs Positionierungsfelder mit Grundbedürfnissen, die jeweils über verschiedene Bilder gemessen werden können. Die Beschaffenheit der Beziehung zwischen Mensch und Marke wird analysiert. Die Erhebung kann als quantitati-
Erfolgskriterien sind die Anforderungen an die Positionierung (Experten, Kunden, Nichtkunden), Potentialabschätzung durch Benchmarking
Qualitative und quantitative Verfahren
Branchenübergreifend angewandt (B2C & B2B)
Ja
Einklang von Maßnahmen und Werten der Zielgruppe
Multifaktorielle Analyse
k. A.
Nein (nicht differenziert betrachtet)
Nur von Endkundenbefragung berichtet
Markenfit zu den Zielgruppenbedürfnissen
k. A. (interaktive Analysesoftware; qualitative und quantitative Analyse)
k. A.
Ja
Misst emotionale Bedürfnisse über Bilderskalen
WerteBeziehung zwischen
k. A.
k. A.
k. A.
Grenz überschrei-
Übereinstimmung von persönlichen Werten der Zielgruppe mit Marke oder Celebrity
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte Modell
Beratung / Literatur
103 Beschreibung
Ziel
Statistik
Bezug zur Arbeit B2B R&E Allg. tend einsetzbar KonNein Basiert sumauf güter Paneldaten zu realen Käufen
Marktforschung 2005
ver Fragebogen oder als qualitative Indepth-Exploration erfolgen.
Mensch und Marke
Image Planner
A.C.Nielsen; Elmiger 2004, ACNielsen 2005
Fit zu Zielgruppe, durchschnittlicher Marktanteil je Position
Diskriminanzanalyse
Implizite System (Impsys)
Infratest Burke; Hubertz 2000
Der Image Planner umfasst mehrere Analyseschritte: Kaufmusteranalyse, Einstellungsanalyse, Positionierungsanalyse, Zielgruppen- und Potentialanalyse, Analyse der Ein- und Aussteiger, Werbewirkungsanalyse. Die Einstellungsanalyse erfolgt auf Basis der Bewertung von 91 Einstellungsitems, Hobbies und Gegensatzpaaren durch die Zielgruppe. Messung der gefühlten, unbewussten Elemente einer Marke (Herz) über validierte Bilder und der gedachten, bewussten Elemente (Kopf) über 100 Items, die anschließend gemeinsam in einer achtdimensionalen Landkarte abgebildet werden. Vergleich des rationalen und emotionalen Bildes möglich.
FittingKoeffizient zwischen Marke und Zielgruppe
k. A.
Konsumgüter und Services
Ja
Market Radar Positioni erung
DemoSCOPE, Tschurenev 2001
Datenbasis mit 50 Items in dreidimensionalem Raum dargestellt, in den die Wertorientierung der Zielgruppen, Produkte und Marken eingeordnet werden. Getrennte Analyse des Kaufverhaltens.
Abstimmung von Markenposition und Zielgruppenposition
k. A.
k. A.
Nein
GfK Target Positioning & Emotional Brand Intelligence
GfK Marktforschung 2005; Grimm, Högl, Hupp 2000; Hupp 2000
Zwei Instrumente, um die psychischen und emotionalen Assoziationen der Zielgruppe mit der eigenen Marke zu analysieren und eine erfolgsversprechende Positionierung für die Marke zu finden. - Target Positioning: Untersuchte Marken werden in einem niedrigdimensionierten Wahrnehmungsraum abgebildet. Imagestatements werden zu Faktoren verdichtet und diese hinsichtlich ihrer Wirkung auf den BPI untersucht werden, um so Key Drivers der Marke zu identifizieren.
Driving Power Analyse
Icon Brand Navigation Group; Munzinger, Berens, Kuntkes 2004
WISA (Consideration-SetWISA, WISAWI)
Trommsdorff 1992; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999; Trommsdorff, Paulssen 2000
CAPO
&Equity; CAPO 2004, Krüger, Buri
- Emotional brand Intelligence: Keine Literatur Der verhaltenswissenschaftliche Markenerfolg wird über den bekannten Markeneisberg gemessen. Im Sinne einer Wettbewerbsmatrix erfolgt die Analyse von potentiellen (rationalen und emotionalen) Positionierungsinhalten (1) in Bezug auf ihre Wirkung auf den Markeneisberg und (2) in Bezug auf Stärken oder Schwächen im Vergleich zum Wettbewerb. Positionierungsinhalte sollten bei beidem positiv abschneiden. Das WISA-Modell erfüllt folgende Anforderungen: wenige Imagedimensionen, Wettbewerbsorientierung, Differenzierung und Analyse von Querwirkungen. Der Einfluss von mehrdimensionalen Imagedimensionen und von USPWirkungen auf den Marktanteil wird erfasst. Die Alleinstellungspositionen der Marken werden zueinander in Beziehung gesetzt. Heimliche Gefühle der Konsumenten schaffen die Marke und nicht offenkundige Gedanken. APIA als tiefenpsycho-
Markenartikler & Dienstleister Einzelhandel
Brand Potential Index (BPI) (gefühls- & verstandsmäßige Wertschätzung)
Korrespondenz-, Faktoren-, Kausalanalyse
Zunächst: positiver Markeneisberg; Dann: maximale Rentabilität
Multivariate Analysen zur Wirkung von Inhalten auf den Erfolg
k. A.
Ja, möglich, da keine inhaltlichen Vorgaben
Präferenz, Kaufabsicht, Konsumbudgetanteil oder Einstellung; Marktanteil k. A.
Faktoren-, Kausalbzw. multiple Regressionsanalysen
k. A.
Möglich
Software basierend auf
Konsumgüter;
Ja, setzt nur
Ja, in Zielgröße!
Items werden in jeder Studie individuell definiert
Emotion als Ziel z.B. Sympathie
Bilderskalen zur
104
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Modell
Beratung / Literatur 2002
Beschreibung logische Methode deckt mit Hilfe von Bilderskalen und Spielen unbewusste Phantasien und Empfindungen auf. CAPO überträgt diese Methode auf ein „Computerprogramm“. Während der Anwendung werden die Daten quantitativ analysiert, statistisch verdichtet und anhand übergeordneter Faktoren in „emotionalen Landkarten“ grafisch dargestellt. Verbindung von qualitativen und quantitativen Methoden.
Ziel
Statistik Faktorenanalyse und Multidimensionaler Skalierung
Bezug zur Arbeit B2B R&E Allg. indiviauf Mesduelle Emosung Kontionen von Emotizeption onen je nach und Markt inneren Markenbildern
Tabelle 9: Ausgewählte aktuelle Positionierungsmodelle
Zur Eignung aktueller Positionierungsmodelle für die Thematik der vorliegenden Arbeit können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: -
Erstens ist für die vorliegende Arbeit interessant, welche Erfolgsgrößen die Positionierungsmodelle verwenden. Äuffällig ist, dass das Gros der Arbeiten einzig die Kongruenz bzw. den Fit zwischen Marke und Zielgruppe als Erfolgskennzahl betrachten. Diese Modelle haben gemein, dass mehrere vorab definierte Werte bzw. Eigenschaften in einem Positionierungsraum abgebildet werden, in dem sowohl die Marke als auch die Idealvorstellung der Zielgruppen eingetragen werden. Einerseits ist dies vor dem Hintergrund des in dieser Arbeit angewandten identitätsbezogenen Markenverständnisses zu befürworten (vgl. Abschnitt 2.2.2 und 2.2.3.1). Andererseits ist zu kritisieren, dass die Kongruenzbetrachtung den Positionierungserfolg nur unzureichend abbildet und weitere zentrale Erfolgskennzahlen wie Verhaltensintention der Zielgruppen und wirtschafliche Kennzahlen im Unternehmen zu kurz kommen. Als positive Ausnahmen hierzu sind die Modelle Image Planner von A.C. Nielsen, Driving Power Analyse von Icon Brand Navigation und WISA von Trommsdorff hervorzuheben, welche als Ziele neben dem Fit auch den Marktanteil bzw. die Rentabilität prüfen. Zu kritisieren bleibt, dass viele Modelle die Erfolgskennzahlen nur am Rande erwähnen und deren Konkretisierung gänzlich vernachlässigen. Dies ist bei Unternehmensberatungen aus Gründen des Wettbewerbsgeheimnisses nachvollziehbar, bietet aber hinsichtlich der auf Basis unbekannter Erfolgsgrößen empfohlenen Positionierungsinhalte Angriffspotential.
-
Zweitens sind die Modelle vor dem B2B-Hintergrund zu beurteilen. Einige Modelle proklamieren marktübergreifend, d.h. auch auf Business-to-BusinessMärkten, einsetzbar zu sein. Jedoch ist weder in der Entwicklung der Positionierungsmodelle noch bei den Positionierungsinhalten oder in Anwendungsbeispielen die notwendige Berücksichtigung von B2B-Besonderheiten zu erkennen (vgl. Abschnitt 2.2.1.2).
2.2 Konzeptionelle Bezugspunkte
105
Die Entwicklung der Positionierungsmodelle erfolgt in allen Fällen unter Verwendung eines standardisierten Positionierungserfolges unabhängig davon, ob der Positionierungserfolg vor dem B2B-Kontext einer Anpassung bedarf. Die Beurteilung von B2B-Marken wird sowohl von der persönlichen Einstellung als auch durch das Arbeitsumfeld beeinflusst. Deshalb formt sich der Idealpunkt für B2B-Marken nicht nur durch die persönlichen Präferenzen einer Zielperson, sondern auch durch die unterschiedlichen Präferenzen der Buying Center Mitglieder und die formalen Anforderungen des nachfragenden Unternehmens (vgl. Webster, Keller 2004, S. 395 und Abschnitt 4.5). In Bezug auf die Positionierungsinhalte kann zwischen Modellen mit und ohne Vorgabe von Merkmalen unterschieden werden. Positionierungsmodelle ohne vorab definierte Inhalte sind eher marktübergreifend einsetzbar, da Besonderheiten unmittelbar bei der Entwicklung der Positionierungsstrategie berücksichtigt werden können. In Bezug auf die Anwendungsbeispiele ist als einzige Ausnahme der Artikel von Ramoser und Lurse (2002), der die Anwendung des rb-Profilers im B2B Bereich äußerst knapp dargestellt, zu benennen. In Folge dessen ist die tatsächliche Eignung der angeblich marktübergreifenden Modelle vor dem B2B-Kontext in Frage zu stellen. -
Drittens berücksichtigen nur wenige Modelle explizit das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität, das für die vorliegende Arbeit gefordert wird. Wie in den Abschnitt 2.1.2.2.1 und 2.2.3.4 dargelegt wurde, existieren Rationalität und Emotionalität auf der Seite des Positionierungserfolges bei den Zielgruppen und auf der Seite der Positionierungsinhalte bei dem Anbieterunternehmen. Die Betrachtung von rationalem und emotionalem Positionierungserfolg ist bei den betrachteten Modellen kaum zu finden. Einzig Target Positioning von GfK Marktforschung betrachtet Positionierungserfolg über einen Gesamtindex, der beispielsweise mit dem Konstrukt „Sympathie“ eine emotionale Erfolgsgröße enthält. Rationale und emotionale Positionierungsinhalte werden von einigen Modellen unterschieden: Target Positioning, Implizite System und rb profiler. Doch selbst die Eignung dieser Modelle für die Positionierung von B2B-Marken ist fraglich, da die Art der Positionierungsinhalte und insbesondere die Art der verwendeten Emotionen sehr konsumgüterlastig scheint, z.B. „Spaß“, „Trendy“. Der B2B-Bereich fordert hingegen die Verwendung spezifischer Positionierungsinhalte und insbesondere von spezifischen Emotionen (vgl. Gray 2001; Merbold 1993, S. 579; sowie Abschnitte 2.2.1.3 und 4.1.2).
106
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Folglich ist die Anwendung von Modellen mit vorgegebenen rationalen und emotionalen Inhalten vor dem B2B-Kontext in Frage zu stellen. Zusammenfassend zeigen diese Ausführungen, dass zwar zahlreiche Positionierungsmodelle existieren, deren Anwendbarkeit für die Positionierung von B2BMarken zwischen Rationalität und Emotionalität jedoch fraglich ist. Damit werden die Forschungslücke und das Ziel dieser Arbeit, die Positionierung von B2B-Marken zu durchleuchten, verstärkt. 2.3
Positionierung von Business-to-Business Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
Als Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen wird zunächst in Abschnitt 2.3.1 ein Plädoyer für die Notwendigkeit der Erforschung des vorliegenden Themas gegeben. Darauf folgt in Abschnitt 2.3.2, unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse aus den in Kapitel 2 vorgestellten Grundlagen, die Entwicklung eines Bezugsrahmens zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität. In Abschnitt 2.3.3 werden besondere Herausforderungen für die in Kapitel 4 folgende (empirische) Analyse erläutert. 2.3.1 Zusammenfassendes Plädoyer zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität Als Fazit der vorangegangenen Ausführungen in Kapitel 2 kann konstatiert werden, dass die Erforschung des vorliegenden Themas „Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität“ aus mehreren Gründen aktuell von hoher und zukünftig von noch steigender Bedeutung ist (vgl. Abschnitte 1.1 und 2.2). Ein erster Grund ist in der hohen Relevanz von B2B-Marken zu sehen. Diese wurde in Abschnitt 2.2.2.2 umfassend dargelegt. Ein zweiter Grund ist, dass die Positionierung eine zentrale Rolle für den Aufbau einer starken B2B-Marke spielt, was in Abschnitt 2.2.3 erläutert wurde. Beide Themen „Marke“ und „Positionierung“ stehen immer, bewusst oder unbewusst, mit einer Gewichtung von Rationalität und Emotionalität in Verbindung. Bei B2C-Marken gehört dies längst zum Alltag; bei B2BMarken wird dies kaum thematisiert. Des Weiteren begründet sich die Relevanz des Themas mit zahlreichen B2B-Besonderheiten und Veränderungen im Wettbewerbsumfelds von Business-to-Business Geschäften: relativ transparenter Markt, Globalisierung, hohe Wettbewerbsintensität, hoher Preisdruck, Homogenisierung der B2BLeistungen etc. (vgl. Abschnitt 2.2.1.2). Gerade vor diesem Hintergrund bietet nicht nur der Aufbau von B2B-Marken, sondern insbesondere ihre Positionierung über rationale und/oder emotionale Inhalte eine erfolgsversprechende Möglichkeit zur Differenzierung der eigenen Leistung im verschärften Wettbewerb.
2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
107
Die hohe Bedeutung des Themas vorausgesetzt, scheint eine Überprüfung angebracht, ob und in welchen Bereichen die Positionierung von B2B-Marken mit Besonderheiten verbunden ist, die eine eigenständige Konzeption rechtfertigen. In Abschnitt 2.2.1.3 wurde festgehalten, dass Konzepte und Vorgehensweisen vom B2C- grundsätzlich auf den B2B-Bereich transferierbar sind. Allerdings wurde auch konstatiert, dass die B2B-Besonderheiten eine Anpassung der Konzepte erfordern. Des Weiteren wurde bemerkt, dass die Entwicklung und Analyse von inhaltlichen Aspekten für den B2B-Bereich eigenständig zu erfolgen hat. Für die Positionierung von B2B-Marken bedeutet dies, dass die B2B-Besonderheiten und deren Auswirkung bei allen wesentlichen Bestandteilen der Positionierungskonzeption zu berücksichtigen sind: (1) dem Positionierungserfolg und (2) den potentiellen Positionierungsinhalten (vgl. zu den konkreten Anpassungen Abschnitt 4.1). (1) Eine Positionierung ist erfolgreich, wenn die B2B-Marke eine relevante Position in der Vorstellung der Zielgruppen einnimmt und die gewünschten Reaktionen bei den Zielgruppen hervorruft (vgl. Abschnitt 2.2.3.3). Die Multipersonalität im B2B-Bereich hat zur Folge, dass Positionierungsmerkmale nicht nur für Einzelpersonen, sondern gleich für alle wichtigen Entscheider im Buying Center relevant sein müssen (vgl. bspw. Webster, Keller 2004, S. 395). Darüber hinaus suchen Individuen, die eine Kaufentscheidung nicht im privaten Kontext, sondern im beruflichen Kontext treffen müssen, weniger die Erfüllung privater Bedürfnisse und Anforderungen, sondern vor allem die Erfüllung unternehmensbezogener und formaler Anforderungen (vgl. bspw. Sheth 1973; Voeth, Rabe 2004, S. 90). Beide Aspekte erfordern eine eigenständige Konzeption des Positionierungserfolges im B2B-Bereich. (2) In Abschnitt 2.1.1.2.1 wurde darauf hingewiesen, dass die Wirkung eines Reizes vom Kontext abhängt: „Reiz + Kontext = Wirkung“ (vgl. Peter, Olson 1999, S. 19). Die Wirkung von potentiellen Positionierungsreizen variiert demzufolge mit dem Kontext. Auf globaler Ebene bedeutet dies, dass sich die Wirkung von Positionierungsinhalten im B2C-Bereich und im B2B-Bereich voneinander unterscheiden kann und dass damit eine eigenständige Konzeption und Analyse von erfolgsversprechenden Positionierungsinhalten für B2B-Marken gerechtfertigt ist (vgl. Abschnitte 4.1.2 und 2.2.1.3). Auf tieferer Ebene kann die Wirkung von Positionierungsinhalten auch zwischen einzelnen B2B-Branchen, einzelnen Buying Center-Mitgliedern etc. variieren (vgl. Abschnitt 4.5). Als Quintessenz kann festgehalten werden, dass die Positionierung von B2B-Marken im Vergleich zu B2C-Marken Besonderheiten des Positionierungserfolges und der potentiellen Positionierungsinhalte aufweist. Im Einklang mit Abschnitt 2.2.1.3 wurde der Nachweis erbracht, dass bei der Konzeptionierung der Positionierung von B2BMarken grundsätzlich auf Ideen aus dem B2C-Bereich zurückgegriffen werden kann,
108
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
dass jedoch aufgrund des B2B-Kontextes eine eigenständige Betrachtung erforderlich ist, welche auf die Besonderheiten des B2B-Kontextes eingeht. Nachdem eine eigenständige Konzeptualisierung der Positionierung von B2BMarken zwischen Rationalität und Emotionalität begründet wurde, ist der aktuelle Stand der Forschung zu resümieren. Bislang existieren keinerlei eigenständige Forschungsarbeiten zu dem Thema „Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität“. In den Grundlagen wurden nahe liegende Themenbereiche hinsichtlich ihrer jeweiligen Beiträge zur Positionierung von B2B-Marken analysiert. Weder im Bereich der Industriegüterliteratur, noch im Bereich der B2B-Markenliteratur und auch nicht im Bereich der Positionierungsliteratur sind bemerkenswerte Arbeiten zur gesuchten Thematik zu finden (vgl. Abschnitte 2.2.1 bis 2.2.3). Die wenigen Veröffentlichungen zur Positionierung von B2B-Marken streifen das Thema nur sehr allgemein und konzeptionell an der Oberfläche. Besonders der Positionierungserfolg von B2B-Marken wird in keiner Arbeit diskutiert. Hinweise auf mögliche Positionierungsinhalte werden, wenn überhaupt, eher unterschwellig gegeben. Auffallend ist hierbei, dass es sich immer wieder um die gleichen typischen Merkmale wie Kompetenz, Vertrauen, maßgeschneiderte Problemlösung etc. handelt (vgl. Abschnitt 4.1.2). Eine konkrete und ganzheitliche Diskussion zur Positionierung von Business-to-Business-Marken fehlt bislang gänzlich. Einige aktuelle Positionierungsmodelle proklamieren marktübergreifend anwendbar zu sein; dennoch ist ihre konkrete Anwendung und speziell die Verwendung vorgegebener Positionierungsinhalte im B2B-Bereich in Frage zu stellen (vgl. Abschnitt 2.2.3.5). In Bezug auf Beiträge zu Rationalität und Emotionalität im Markenmanagement und bei der Positionierung bleibt festzuhalten, dass diese hauptsächlich den B2C- und kaum den B2B-Bereich betrachten (vgl. Abschnitt 2.1.2; Lynch, de Chernatony 2004, S. 404). Inzwischen tauchen erste konzeptionelle Arbeiten auf, welche auf eine hohe Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext hinweisen (vgl. Abschnitt 4.2.2). Eine umfassende Debatte über die Rolle von Rationalität und Emotionalität für B2B-Marken fehlt jedoch. Als Resümee der vorausgehenden Ausführungen lässt sich konstatieren, dass das Thema der vorliegenden Arbeit wichtig ist, eine eigenständige Konzeptionierung erfordert, bislang keine speziellen und umfassenden Forschungsarbeiten existieren und bestehende Positionierungsmodelle und insbesondere deren Inhalte nur bedingt für den B2B-Bereich anwendbar sind. Alle diese Gründe machen die Entwicklung eines neuen Modells zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität unentbehrlich. Zu diesem Zwecke werden die Erkenntnisse aus den verwandten Themenfeldern, die in den Grundlagen in Kapitel 2 bislang vorgestellt wurden, in dem folgenden Abschnitt 2.3.2 zusammengetragen und in einen Be-
2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
109
zugsrahmen integriert. Anschließend soll in Kapitel 4 die relevante Forschungslücke geschlossen werden. 2.3.2 Entwicklung eines Bezugsrahmens Ein Bezugsrahmen dient dazu, die Konzeption der Arbeit mit all ihren Überlegungen, Konstrukten und möglichen Zusammenhängen grob darzustellen. Sämtliche Ausführungen und Konkretisierungen zu Einzelthemen eines zusammenhängenden Themenkomplexes können anhand des Bezugsrahmens in das Ganze eingeordnet werden (vgl. Wolf 2003, S. 30). Kirsch (1971, S. 241) definiert einen theoretischen Bezugsrahmen als „eine Reihe theoretischer Begriffe, von denen angenommen wird, dass sie einmal Bestandteil von Modellen bzw. Theorien werden könnten. Darüber hinaus umfasst ein theoretischer Bezugsrahmen einige, freilich sehr allgemeine Gesetzeshypothesen, die jedoch meist nur tendenzielle Zusammenhänge andeuten. Nicht selten beschränken sich die Aussagen darauf, dass zwischen bestimmten Variablen funktionale Beziehungen angenommen werden, ohne dass die Funktionen eingehender präzisiert werden“. Ziel ist es, den weiteren Forschungsprozess und damit die Vorgehensweise der Arbeit zu strukturieren. Als Grundlage für den Bezugsrahmen in der vorliegenden Arbeit dient das klassische SOR-Paradigma164 (vgl. Abschnitt 2.1.1.2). Der Bezugsrahmen muss zunächst den Fokus auf die Markenpositionierung widerspiegeln. Das SOR-Paradigma stellt einen bloßen Rahmen dar und wird in vielerlei Kontexten verwandt. Eine spezifische Verwendung im Rahmen der Positionierung konnte nicht gefunden werden. In Anlehnung an die Verwendung im Markenkontext allgemein (vgl. Baumgarth 2001, S. 34) wurde das SOR-Paradigma aber bereits in Abschnitt 2.1.1.2 auf die Positionierung übertragen. Die Positionierungsstrategie und deren Umsetzung im Unternehmen stellen damit Reize des Anbieterunternehmens dar (Stimuli), welche auf Nachfragerseite zu unsichtbaren Reaktionen (Organism, z.B. Einstellungsänderung) und sichtbaren Reaktionen (Response, z.B. Kauf) führen können. Mit dem Fokus auf den Business-to-Business-Bereich sind Anpassungen verbunden. Entsprechend dem „Model of business buyer behavior“ von Kotler (2004) bewirken Marketing-Simuli des Anbieterunternehmens entsprechende Reaktionen der Käufer
164
Homburg und Schneider (2001, S. 598) kritisieren bei vielen Modellen (Ausnahme: Modell von Choffray, Lilien 1978) des Kaufverhaltens von Organisationen die mangelnde Loslösung vom SOR-Paradigma des Konsumgütermarketings, da die Interaktion zwischen den Beteiligten des Kaufprozesses nicht berücksichtigt wird. In der vorliegenden Arbeit wurde jedoch bewusst eine Einschränkung auf die Individualebene vor dem Kontext des B2B-Bereiches getroffen (vgl. Abschnitte 2.1.1.1). Mit dieser Einschränkung entfällt der Kritikpunkt und das SOR-Paradigma kann auf den B2B-Kontext übertragen werden.
110
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
bzw. der Buying Center. Vor dem B2B-Kontext gehen die Reize von einem Unternehmen aus, das von den Kunden im B2B-Kontext auf mehreren Ebenen wahrgenommen wird, wie beispielsweise dem Konzern, Unternehmen, Selling Center, Vertriebsmitarbeiter, Leistungen oder Service (vgl. Wahrnehmungsebenen von B2BMarken in Abschnitt 2.2.2.1 und Abbildung 8). Auf Nachfragerseite tritt im B2BKontext ein ganzes Unternehmen an die Stelle des Individuums, das bei Konsumgütern dominiert. Die Kaufentscheidung wird in Unternehmen zwar auch von Individuen getroffen, diese sind jedoch in ein Buying Center eingebunden und treffen Entscheidungen mehr oder weniger gemeinsam. Zudem ist der Kaufprozess in vielen Unternehmen stark formalisiert und hat vorgegebenen Standards zu erfüllen. Damit wird deutlich, dass die Zielgröße, der Positionierungserfolg bei der Zielgruppe, einer Anpassung an den B2B-Kontext bedarf, der beispielsweise zwischen der Erfüllung der Unternehmensbedürfnisse und der Personenbedürfnisse unterscheidet. All diese Besonderheiten sind auf den einzelnen Stufen des SOR-Paradigma und dessen Umwelt zu beachten. Auch der Fokus auf das Spannungsfeld Rationalität und Emotionalität wird als Betrachtungsebene in das SOR-Paradigma eingearbeitet. Bereits in den Abschnitten 2.1.1.2 und 2.1.2.2 wurde dargelegt, dass sich das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität über alle Ebenen ziehen kann. Auf Anbieterseite kann die Positionierungsstrategie auf rationalen oder emotionalen Reizen aufbauen. Auf Nachfragerseite können diese Reize sowohl kognitive als auch affektive Prozesse auslösen und schließlich rationale oder emotionale Reaktionen bewirken165. Zur Darstellung des Bezugsrahmens wird das SOR-Paradigma um zwei weitere Elemente ergänzt. Zum einen ist der Positionierungserfolg mit dem SOR-Paradigma nur teilweise abgedeckt. Dem vorökonomischen zielgruppenbezogenen Erfolg nachgelagert sind seine ökonomischen Auswirkungen auf das Anbieterunternehmen (vgl. Ziele der Positionierung in Abschnitt 2.2.3.3). Eine erfolgreich positionierte Marke liefert in einem ersten Schritt einen Mehrwert für die Zielgruppen und darauf aufbauend in einem zweiten Schritt einen Mehrwert für das anbietende Unternehmen, der sich in ökonomischem Erfolg wie in höheren Umsätzen oder höheren Marktanteilen ausdrücken sollte (vgl. B2B-Markenkennzahlen bei Munoz, Kumar 2004, S. 382 f.; Schultz, Schultz 2000, S. 24; vgl. Wirkung der verhaltenswissenschaftlichen auf die ökonomische Markenwirkung bei Esch, Geus, Langner 2002).
165
McInnis und Jaworski (1989) entwickeln im B2C-Bereich ein Modell der Markeneinstellung, das ausgehend von rationalen („utilitarian“) und emotionalen („expressive“) Markenstimuli über komplexe „Black-Box“-Prozesse sowohl kognitive als auch emotionale Reaktionen und dadurch Markeneinstellungen ableitet.
2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
111
Zum anderen erfordert die Entwicklung von Strategien einen umfassenden Blick und insbesondere eine Betrachtung von Besonderheiten in der Umwelt (vgl. Peter, Olson 1999, S. 19; vgl. auch Kontextabhängigkeit in Abschnitt 2.1.1.2.1). Deshalb wird das Modell zusätzlich in eine Betrachtung der Umwelt im Sinne eines situativen Kontextes eingebettet. S
-
O
-
R
Positionierungsstrategie
Positionierungserfolg bei den Zielgruppen
Positionierungserfolg im Unternehmen
Anbieter
Nachfrager
Anbieter
Unternehmen
Unternehmen Buying Center
Selling Center Individuum StimuliEbene Emotionale Stimuli Seriosität Bequemlichkeit … Rationale Stimuli Preis Funktionalität … Physische Stimuli Farbe … auf allen Wahrnehmungsebenen der B2B-Marke:Konzern, Mitarbeiter etc.
Kontext
Unternehmen
Individuum VerarbeitungsEbene Emotionale Aspekte Affektive Prozesse Emotionale Einstellung … Rationale Aspekte Kognitive Prozesse Rationale Einstellung …
Branchenkontext Unternehmenskontext
ReaktionsEbene Emotionale Reaktion Ausgelöste Emotionen Emotionale Bindung … Rationale Reaktion Wissensaufbau Rationale Bindung … Konative Reaktion Kauf Wiederkauf Preisbereitschaft …
Wirtschaftliche Ebene Effektivität und Effizienz der Positionierungsstrategie: Absatz Erzielter Preis Umsatz Gewinn Marktanteil Finanzieller Markenwert der positionierten Marke ...
Buying Center Kontext Individueller Kontext
Abbildung 13: Bezugsrahmen zur Positionierung von Business-to-Business Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
Abbildung 13 zeigt den Bezugsrahmen für die vorliegende Arbeit (vgl. zum Bezugsrahmen allgemein bspw. Peter, Olson 1999, S. 225 oder die Markenerfolgskette bei Bruhn 2004b, S. 22). Auf Anbieterseite wird die Positionierungsstrategie mit rationalen oder emotionalen Inhalten definiert, über den gesamten Unternehmensauftritt (inklusive Selling Center, Leistungen, Service etc.) umgesetzt und damit als „Reize“ an die Zielgruppen vermittelt. Die Nachfragerseite stellen im Business-to-BusinessBereich Unternehmen dar. Der Erfolg der Positionierungsstrategie hängt davon ab, wie gut die Anforderungen und Bedürfnisse des Unternehmens, des Buying Centers und der einzelnen Individuen erfüllt werden (vgl. Abschnitt 2.2.3.2). Wird der Fokus auf die Individualebene, d.h. auf die entscheidungsbefähigte Person gerichtet, so wird diese Person in ihrem Entscheidungsprozess durch das Entscheidungsumfeld
112
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
geprägt. Die Darstellung der Charakteristika der Person, des Buying Centers, des Unternehmens und der Branche als beeinflussender Kontext auf die Kaufentscheidung bringen dies zum Ausdruck. Der Prozess endet auf der Anbeiterseite, denn die Markenpositionierung dient letztendlich dem Zweck über den Erfolg bei den Zielgruppen den wirtschaftlichen Erfolg im Anbieterunternehmen zu steigern. Auf Basis der vorgestellten Zusammenhänge im Bezugsrahmen werden die Ausführungen und Konkretisierungen im weiteren Verlauf der Arbeit aufgebaut. 2.3.3 Herausforderungen bei der Erforschung in Bezug auf den B2B-Kontext und das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität Im vorangegangen Abschnitt 2.3.2 wurde ein Bezugsrahmen zum Thema dieser Arbeit, der Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität, vorgestellt. Um einen ganzheitlichen Eindruck zu dem Thema zu erhalten ist ein kurzer Exkurs erforderlich, der die Herausforderungen beleuchtet, die bei Analysen im Kontext des B2B-Bereichs und im Kontext der Rationalität und Emotionalität auftreten können. Eine erste Herausforderung besteht darin, dass das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität und seine Gewichtung vor den B2B-Besonderheiten komplex zu konzipieren und zu analysieren ist. Dies ist eng mit Besonderheiten des Kauf- und Entscheidungsprozesses im B2B-Bereich zu begründen: (1) Multipersonalität und betrieblicher Bedarf und (2) Bedeutung von rationalen Entscheidungen. (1) Zum einen hat die Besonderheit der Multipersonalität (vgl. Abschnitt 2.2.1.2) zur Folge, dass die drei Entscheidungsebenen „Individualebene“, „Gruppenebene“ und „Unternehmensebene“ die Entscheidungsfindung beeinflussen (vgl. auch Organisatorische Kaufverhaltensmodelle in Abschnitt 2.1.1.1; vgl. auch Mudambi 2002, S. 526). Mit den emotionalen und rationalen Merkmalen gilt es simultan, die einzelnen Individuen bzw. Mitarbeiter zu überzeugen, sowie bei der Gruppendiskussion im Buying Center und auf Unternehmensebene anerkannt zu werden. Doch rationale und emotionale Merkmale, welche Individuen ansprechen, müssen noch lange nicht auf übergeordneter Ebene akzeptiert werden. (2) Zum anderen ist auf die traditionell hohe Bedeutung von rationalen Entscheidungen im B2B-Bereich hinzuweisen (vgl. homo oeconomicus in Abschnitt 2.1.2.1.1, rationale Entscheidungen in den Abschnitten 2.1.2.2.2 und 4.2.1). Besonders im Business-to-Business Bereich gelten rationale Argumentation und rationale Entscheidungsprozesse als überlegen und scheinen Emotionen deplatziert (vgl. Phillips, Clancy 1972; Reinecke 1991; Thomas, Kilmann 1975). Baumgarth und Haase (2005, S. 46) berichten bei direkten Befragungen von „... Verzerrungseffekte[n] ... durch “Rationalisierung“, die dadurch entstehen, dass der „weiche“ Faktor Marke dem
2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
113
Selbstbild des professionellen und rationalen Einkäufers widerspricht.“ Auf Individualebene geben einige mutige Manager zu, Entscheidungen mitunter auf Basis von Intuition zu treffen (vgl. Abschnitt 2.1.2.2 und 4.2.2). Auf Gruppen- und Unternehmensebene bei Diskussionen, Präsentationen und offiziellen Begründungen wird Emotionalität hingegen nach wie vor diskreditiert. Ursache für diese Negierung von emotionalem Verhalten ist, dass die übergeordneten Menschen- und Organisationsbilder in der westlichen Kultur und Gesellschaft nach wie vor das „rationale und vernünftige Handeln als normatives Leitbild propagieren, affektiv gesteuertes Handeln dagegen als primitiv atavistisch einstufen und missbilligen“ (Schafmann 2000, S. 50 nach Kroeber-Riel 1992, S. 235; vgl. auch Nippa 2001, S. 218). Um diese soziale Erwünschtheit166 und besonders im wirtschaftlichen Arbeitsumfeld geforderte Rationalität erfüllen zu können, sind bisweilen absurde Aktionen festzustellen. So konnten Nisbett und Wilson (1977) in einer Studie nachweisen, dass emotionale Entscheidungen abgestritten, verschwiegen und im Nachhinein sogar als rationale Entscheidung getarnt werden, indem vermeintlich rationale Argumente und Rechtfertigungen präsentiert werden167 (vgl. auch Brunsson 1982; Dichter 1973; Häusel 2004, S. 7; Sherlock 1992; Schafmann 2000). Rationalität IndividualEbene
GruppenEbene
UnternehmensEbene
Offizielle Begründung Erfüllung der Unternehmensanforderungen Argumentation bei Diskussionen und Verhandlungen
Sicherung der Mindeststandards (Qualität, Bonität, Lieferzeiten etc.) Sicherung von wirtschaftlichem und effektivem Handeln
Emotionalität Persönliche Sicherheit (Karriere, Arbeitsplatz) Streben nach Erfolg und Anerkennung Einigkeit bzgl. Emotionen wirkt als Beschleunigung Uneinigkeit kann Diskussionen verkomplizieren Unternehmerische Sicherheit (Zuverlässigkeit der Lieferung etc.) Selbstdarstellung der Organisation (z.B. Ingredient Branding, Kooperationen mit gekauftem Produkt)
Problem: Gegenseitiges Abwägen unterschiedlicher Vorstellungen und Durchsetzung der eigenen (rationalen und emotionalen) Entscheidung in der Gruppe und im Unternehmen
Problem: Soziale Erwünschtheit von rationalen Entscheidungen auf offizieller Ebene (Diskussionen, Präsentationen)
Abbildung 14: Herausforderungen in Bezug auf Rationalität und Emotionalität im B2BKaufprozess (eigene Darstellung)
166
167
Soziale Erwünschtheit ist „die nicht immer bewusste Tendenz, sich in einer Weise zu äußern, die nach Ansicht des Befragten in Einklang mit allgemein akzeptierten und befürworteten Normen und Wertvorstellungen steht“ (Wittkowski 1994, S. 33). Es bedarf lediglich des menschlichen Verstandes um zu erkennen, dass dieses Vorgehen nicht sinnvoll ist. Vielmehr scheint eine umgekehrte Reihenfolge zweckmäßiger, die zunächst eine rationale Konsensbildung vorsieht, um alle Möglichkeiten durchzuspielen, und anschließend auf dieser Basis eine intuitive Entscheidung zu treffen (vgl. Berner 2005).
114
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Abbildung 14 stellt beide Problembereiche gemeinsam in einem Schaubild dar. Vor diesem Hintergrund steht das Anbieterunternehmen bei der Positionierung und Kommunikation seiner Marke vor mehreren Fragen: Welche rationalen und emotionalen Merkmale begeistern lediglich ein Individuum, welche eine Gruppe und welche auf Unternehmensebene? Welche rationalen und emotionalen Merkmale sprechen die Individuen insgeheim und inoffiziell an? Welche rationalen und emotionalen Merkmale werden bei offiziellen Diskussionen und Präsentationen vorgetragen? Welchen Anteil haben „inoffizielle“ rationale und emotionale Entscheidungskriterien an der endgültigen Entscheidung? Wie genau finden die Diskussionen um rationale und emotionale Merkmale in den Entscheidungsprozessen zwischen Individuen, Gruppen und Unternehmensebene statt? Diese und weitere Fragen führen in der vorliegenden Arbeit zu weit, sind jedoch ein interessantes Gebiet für zukünftige Forschungsarbeiten (vgl. Forschungsausblick in Abschnitt 5.3). Die vorliegende Arbeit fokussiert sich auf die Betrachtung der Individualebene (vgl. Abschnitt 1.3 und 3.1.1). Eine weitere Herausforderung, welche an den oben genannten Problemen ansetzt, bezieht sich auf die Marktforschung (1) in Bezug auf den B2B-Kontext und (2) in Bezug auf das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität. (1) Die Mehrheit der Marktforschungsmethoden und Messinstrumente ist im B2CBereich entwickelt worden. Marktforschung wurde erst nachrangig im B2B-Bereich betrachtet, da Engpässe auf den B2B-Absatzmärkten zeitlich später auftraten (vgl. Von der Grün, Wolfrum 1994, S. 182). Grundsätzlich wird Marktforschung im B2BKontext als schwieriger und komplexer als im B2C-Bereich angesehen, da der Bereich viel größer und viel heterogener ist (vgl. Garbe 1999, S. 1109; Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 301; Brierty, Eckles, Reeder 1998, S. 129 ff.). Aufgrund der technischen Ausrichtung der Unternehmen gestaltet es sich schwierig, Ansprechpartner für eine Befragung zu Marketing-Themen zu gewinnen. (2) Auch das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität stellt eine besondere Herausforderung für die Marktforschung dar: (2.1) Schwierige Unterscheidung und Messbarkeit von Rationalität und Emotionalität und (2.2), speziell vor dem B2BKontext, die Rationalisierung von Antworten. (2.1) In Abschnitt 2.1.2 wurden Rationalität und Emotionalität nicht als zwei unvereinbare Gegensätze, sondern als zwei Dimensionen vorgestellt, die koexistieren können. Die Zuordnung von Merkmalen oder Prozessen zu einer der beiden Kategorien ist aus mehreren Gründen mit Schwierigkeiten verbunden (vgl. Hanna, Wozniok 2001, S. 220). Erstens handelt es sich bei beiden Elementen um psychische und sehr abstrakte Konstrukte, welche im Menschen selten bewusst, sondern überwiegend unbewusst verankert sind (vgl. Behrens, Neumaier 2004, S. 10; Esch 2005, S. 524). Und zweitens treten rationale bzw. kognitive und emotionale bzw. affektive As-
2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
115
pekte interagierend auf und werden in der Literatur lediglich aus analytischen Gründen differenziert (vgl. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 589 f. und Abschnitt 2.1.2.1). Selbst unter Wissenschaftlern, die sich ausgiebig mit dem Themenkomplex beschäftigt haben, ist die Zuordnung von manchen Konstrukten lediglich tendenziell und umstritten (vgl. Bänsch 2002, S. 11). Für Praktiker, wie sie in der Marktforschung befragt werden, ist die Unterscheidung und Zuordnung wegen des hohen Abstraktionsgrades mit deutlich größeren Anstrengungen und Unsicherheiten verbunden (vgl. Bhat, Rheddy 1998; Experteninterviews in Abschnitt 4.4.2.3). Beispielsweise wird der Begriff „Technik“ eindeutig als rational eingestuft, wohingegen die Aussage „die Kunst der Technik“ sogleich eine emotionale Nuance innehat (vgl. McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 438). (2.2) Eine weitere Schwierigkeit bei der Analyse von Rationalität und Emotionalität besteht vor dem B2B-Hintergrund in der Gefahr, dass Befragte ihre Antworten bewusst oder unbewusst der sozialen Erwünschtheit und den Wünschen des Forschers anpassen könnten (vgl. Phillips, Clancy 1972; Reinecke 1991; Thomas, Kilmann 1975; Költringer 1992, S. 11). Eine offene und direkte Befragung zu Emotionalität läuft deshalb Gefahr, dass bewusst falsche Antworten gegeben werden (vgl. Nisbett, Wilson 1977). Eine derartige Rationalisierung von Antworten führt dazu, dass die Ergebnisse der Marktforschung der Realität widersprechen (vgl. Hubertz 2000, S. 27f.). Da die Thematik „Rationalität versus Emotionalität“ für die vorliegende Arbeit sehr zentral ist, folgt ein kurzer Exkurs zum Unterschied in Bezug auf Messmethoden. Die Forschung hat erkannt, dass affektive und kognitive Konstrukte aufgrund der unterschiedlichen Bewusstseinsgrade und der sozialen Erwünschtheit von Antworten unzureichend mit einheitlichen Messmethoden erhoben werden können168 (vgl. Maddock, Fulton 1996, S. 33 und S. 101 ff.). Mögliche Lösungsansätze sind in zwei Bereichen zu sehen169. Erstens wird vorgeschlagen, zwischen direkten und indirekten
168
169
Besonders in der Werbewirkungsforschung wurden die althergebrachten einheitlichen Modelle wie das AIDA-Modell durch spezifische Modelle für affektive oder kognitive Werbung ersetzt, um der Vielseitigkeit heutiger Werbeformen gerecht zu werden (vgl. Esch 1999, S. 864 ff.; zu AIDA bspw. Behrens 1991, S. 280 ff.; vgl. auch Tabelle 18 in dieser Arbeit). Zur Messung von emotionalen Reaktionen bzw. von Emotionen kommen drei grundsätzliche Arten in Betracht: psychobiologische Messung (z.B. elektrophysiologische Indikatoren, Kreislauf, Atmung), subjektive Erlebnismessung (z.B. verbale Messungen oder nonverbale Messungen wie Bilderskalen) und Messung des Ausdrucksverhaltens (z.B. Gesichtssprache wie bei FAST oder FACS) (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 106). Problematisch ist, dass die drei Messebenen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 101). Zu beachten ist, dass das Messverfahren auf die verwendete Theorie bzw. Definition von Emotion abgestimmt ist (vgl. Bagozzi, Gopinath, Nyer 1999, S. 188). Drei Ansätze haben die weiteste Verbreitung erfahren: Emotions Profile Index (Plutchik 1980, 1991), Differential Emotions Scale (Izard 1977, 1994), Messung auf drei Ebenen PAD-Paradigma (Mehrabian Russell 1974). Für eine noch umfassendere Kritik vergleiche Kruse (1995, S. 20). Er benennt drei Probleme bei der Messung von weichen Faktoren: Dilemma der Irrationalität, der Ambiguität und der Konstrukti-
116
2 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte
Methoden zu wählen. Direkte Methoden können den Befragten überfordern und zu Antworten führen, die aus Verlegenheit geraten wurden. Indirekte Methoden hingegen überwinden die Befragungsproblematik, laufen stattdessen aber Gefahr, dass die Beurteilung der Rationalität vs. Emotionalität vor oder nach der Befragung von der subjektiven Interpretation des Forschers abhängt. Als extreme Form der indirekten Analyse unterstützen in jüngster Zeit Untersuchungen im Bereich Neurologie und Radiologie die ganzheitliche Erfassung von Emotionen und liefern damit Ergebnisse, die mit herkömmlichen Befragungstechniken nicht möglich wären (vgl. Ahlert 2005; vgl. Abschnitt 2.1.2.1). Zweitens fordern Autoren dazu auf, zwischen sprach- und bildbezogenen Methoden zu trennen. Generell gilt, dass Emotionales eher bildhaft und Rationales eher text- bzw. sprachbezogen vermittelt und gespeichert wird und deshalb in analoger Weise gemessen werden soll (vgl. Esch 2001b, S. 263 f.; Esch 2000, S. 261 f.; Esch 2005, S. 518 f.; vgl. Beispiel in Tabelle 10; vgl. Verwendung von bildbezogenen Skalen bei aktuellen Positionierungsmodellen in Tabelle 9). Messgröße Erinnerung - Recall (aktive Erinnerung) - Recognition (passiver Erinnerung; Wiedererkennen) Einstellung (und Kaufabsicht)
Messmodalitäten sprachbezogen - Markenrecall - Protokolle lauten Denkens: Erinnerung an Werbeinhalte - Markenrecognition - Headlinerecognition - Sloganrecognition - Einstellung mittels Anmutungsprofil - Over-all-Einstellung - Einstellungsprofile zur Marke - Skala zur Kaufabsicht
bildbezogen - Bildrecall: Erinnerung an Bildinhalte - Bildrecognition
- Messung innerer Markenbilder (Leichtigkeit des Zugriffes, Vividness des Markenbildes)
Tabelle 10: Überblick über Messgrößen zu sprachbezogenen und bildbezogenen Markenmerkmalen (Esch 1998; Esch 1999, S. 879)
Fest steht, dass die Zuteilung zu eher rational-kognitiven oder eher emotionalaffektiven Elementen der subjektiven Beurteilung von Individuen überlassen ist; entweder dem Befragten oder dem wissenschaftlichen Forschungsteam. Die einzige Ausnahme bilden neurowissenschaftliche Forschungsansätze. Die Zuteilung zu Rationalität und Emotionalität ist damit nie mit 100%iger Sicherheit vorzunehmen, sondern immer angreif- und diskutierbar. Für die vorliegende Arbeit wird aus dieser Problematik abgeleitet, dass die Ansprechpartner in der empirischen Befragung nicht direkt auf dieses Spannungsfeld hingewiesen werden und keinerlei Zuordnungen treffen müssen. Jegliche Zuordnung von Konstrukten oder Indikatoren zu Rationalität oder Emotionalität wird im Vorfeld oder im Nachhinein der Studie direkt von dem Autor, bzw. in Vorstudien mit Experten und wissenschaftlichen Kollegen, vorgenommen. Auf eine bildbezogene Messung wird verzichtet, da die Befragung zu frei wählbaren Lieblingsmarken erfolgt und diese
vität. Er kritisiert deshalb die Verwendung von ausformulierten Merkmalskatalogen, standardisierten Fragebogen und auch von Conjoint Analysen.
2.3 Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität
117
schwierig durch einheitliche Bilderskalen erfassbar ist. Auch wenn die Zuordnung und Messung rationaler und emotionaler Komponenten diskutierbar ist und Verzerrungen durch die empirische Befragung eine Gefahr bilden, so ist die Vorgehensweise damit zu rechtfertigen, dass im B2B-Bereich bislang kaum empirische Analysen zur Rolle von Emotionalität und Rationalität vorliegen (vgl. Abschnitt 2.2.2.3) und mit der vorliegenden Arbeit lediglich ein erster Eindruck gewonnen werden soll, den es zukünftig mit Hilfe weiterer eventuell auch neurowissenschaftlicher Studien zu fundieren gilt (vgl. Abschnitt 5.3).
118
3 Empirisches Vorgehen
3 Empirisches Vorgehen Das folgende Kapitel geht auf die methodische Konzeption der empirischen Analyse ein. Die Empirie in Kapitel 4 greift auf diese Daten und Vorgehensweisen zurück. Zunächst wird in Abschnitt 3.1.1 die Datenerhebung erläutert und anschließend in Abschnitt 3.1.2 die aus der Datenerhebung resultierende Datengrundlage beschrieben. Die zur Datenanalyse verwendete Methodik ist Inhalt von Abschnitt 3.2. 3.1
Datenerhebung und Datengrundlage
3.1.1 Datenerhebung Den Anfang einer empirischen Analyse bildet die Definition der Grundgesamtheit. Da das Thema der vorliegenden Arbeit die Positionierung von B2B-Marken ist, bilden ganz allgemein Unternehmen die Grundgesamtheit. Abgegrenzt werden die befragten Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachfrager in Industriegüterunternehmen und Konsumgüterunternehmen170. Auf einer tieferen Stufe werden Unternehmen in Bezug auf die Produkte differenziert; bei Industriegüterunternehmen wird zwischen Investitionsgütern und Produktionsgütern und bei Konsumgüterunternehmen zwischen Gebrauchsgütern und Verbrauchsgütern unterschieden (vgl. Abschnitt 2.2.1.1). Die Ansprechpartner im Rahmen der empirischen Analyse sind die Kunden von B2B-Marken. Dies sind Nachfragerunternehmen und deren am Kauf beteiligte Mitarbeiter. Ein Blick in die Literatur zeigt, dass teilweise anbietende Unternehmen und dort speziell Mitarbeiter aus dem Vertrieb oder Marketing zur Einschätzung von Kaufkriterien befragt werden (vgl. Droege, Backhaus, Weiber, 1993, S. 58; Shipley, Howard 1993, S. 62). Diese sind an Marktforschungsergebnissen interessiert und deshalb bereit, sich die Zeit für das Ausfüllen des Fragebogens zu nehmen. Die Befragung von Marketingfachleuten oder auch Key Accounts liefert jedoch immer nur Einschätzungen darüber, was diese glauben, dass den Kunden wichtig sei. Dass diese Einschätzungen nicht zwingend mit den tatsächlichen Einstellungen der Kunden zusammenhängen müssen liegt auf der Hand und wurde in Studien, wie beispielsweise von Backhaus und Koch (1983, S. 92) oder Sinclair und Seward (1988), belegt. Um realistische Ergebnisse zu erzielen, liegt es folglich nahe direkt Manager auf Kundenseite,
170
Der Fokus auf B2B-Marken kann zu dem Schluss führen, dass die Grundgesamtheit lediglich B2B- bzw. Industriegüterunternehmen sind, d.h. Unternehmen die Industriegüter anbieten. In der vorliegenden Arbeit werden Nachfragerunternehmen und dort BC-Mitglieder befragt. Aus dieser Sicht kommen sowohl Industriegüterunternehmen als auch Konsumgüterunternehmen als Nachfrager in Betracht, beide kaufen im Sinne eines Business-to-Business-Geschäftes Produkte von Industriegüterunternehmen. Aufgrund dieser Tatsache können sämtliche Unternehmen als Grundgesamtheit zu ihrem Einkaufverhalten befragt werden.
3.1 Datenerhebung und Datengrundlage
119
die mit dem Lieferantenmanagement und den Einkaufsentscheidungen betraut sind, zu befragen. Auch Deshpandé, Farley und Webster (1993, S. 32) sowie Homburg (1995, S. 51) vertreten den Standpunkt, dass valide Daten zu diesbezüglichen Themen nur durch Kundenbefragungen zu generieren sind. Dieser Idee folgt die vorliegende Arbeit. Trotz Unternehmensebene und Buying-Center-Ebene im B2B Bereich findet die empirische Analyse auf der Individualebene statt (vgl. Abschnitt 1.3). “However, the conceptual basis for most observed aggregate (macro) phenomena is at the disaggregate, individual (micro) level. “ (Fox, Reddy, Rao 1996, S. 253 f.) Diese Fokussierung auf Individuen und nicht deren Interaktion verwenden die meisten Arbeiten, welche sich, wie auch die vorliegende Arbeit, mit der Rolle von Emotionen in der Entscheidungsfindung beschäftigen171 (vgl. Ortmann 2001, S. 305). Kategorisiert wurden die Befragten nach dem Ausmaß ihrer Entscheidungsbeeinflussung und ihrem Funktionsbereich „Einkauf“, „Produktion“ und „Technik“ (vgl. Einteilung auch bei Rudolph 1998). Innerhalb dieser Vorgaben erfolgte die Stichprobenauswahl nach dem Zufallsprinzip. Es wurden 1240 Adressen mit Ansprechpartnern in den vorgegebenen Funktionsbereichen aus einem Branchenbuch ausgewählt. Als Untersuchungseinheit dient eine Business-to-Business Marke. Da bei B2BMarken Unternehmensmarken überwiegen, fokussiert sich die Arbeit auf diese Markenkategorie (vgl. Abschnitt 1.3). Hinter einer B2B-Unternehmensmarke können verschiedene Produktkategorien stehen. In Anlehnung an die Kategorisierung in Abschnitt 2.2.1.1 war von den Befragten anzugeben, ob sich ihre Aussagen im Fragebogen auf eine B2B-Marke für Investitionsgüter oder eine B2B-Marke für Produktionsgüter beziehen. Die Befragten konnten die im Fragebogen betrachtete B2B-Marke frei auswählen (vgl. ähnlich bei Homburg 1994, S. 75). Die empirische Analyse bezog sich insofern auf eine hypothetische Kaufentscheidung172. Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass es als unmöglich betrachtet wird, „..., eine Marketingdiagnose für sämtliche technischen Produkte oder Investitionsgüter durchzufüh-
171
172
Ein Versuch das Konzept „emotionale Intelligenz“ auf Organisationen zu transferieren ist bei Huy (1999) nachzulesen. Das „Konzept von hypothetischen Kaufsituationen“ wird im B2B-Bereich kontrovers betrachtet (vgl. Hutton 1997; de Kempf 1999, S. 36). Als Nachteil wird auf die Gefahr hingewiesen, dass nicht tatsächliches, sondern nur potentielles Verhalten gemessen wird und die Vorstellung von Kaufsituationen mit systematischen Biases beim Kunden einhergeht. Dem steht eine bessere Kontrolle der Kaufsituation und der Kaufmerkmale gegenüber. Schließlich ist festzustellen, dass diese Vorgehensweise eine breite Anwendung findet, vergleiche bspw. Choffray, Lilien (1978) und King et al. (1988).
120
3 Empirisches Vorgehen
ren“ (vgl. Belz, Kopp 1994; und dort nach Belz, Tomczak 1992). Dennoch wird in der vorliegenden Arbeit diese Vorgehensweise gewählt. Zum einen versucht die vorliegende Arbeit eine erste grundsätzliche empirische Analyse über die Rolle von Emotionen für B2B-Marken durchzuführen. Solche Basisarbeit berechtigt zu einem breiten Blickwinkel. Zum anderen beanspruchen mehrere Positionierungsmodelle von Unternehmensberatungen für ganze Märkte, d.h. für alle Konsumgüter, oder gar marktübergreifend, d.h. für Konsumgüter, Industriegüter und Dienstleistungen, anwendbar zu sein (vgl. Abschnitt 2.2.3.5). Vor diesem Hintergrund kann die Betrachtung des gesamten B2B-Marktes in der vorliegenden Arbeit gerechtfertigt werden. Zur Erhebung der Daten wurde die schriftliche Befragung gewählt173. Die empirische Analyse hat zum Ziel, Abhängigkeitsstrukturen mit Hilfe von Regressionsanalysen und Kausalanalysen zu testen (vgl. zu den Methoden Abschnitt 3.2.2). Derartige Methoden erfordern einen großen Stichprobenumfang, was mit Hilfe einer schriftlichen Befragung gewährleistet werden kann (vgl. Homburg 1992, S. 507; Kinnear, Taylor 1991, S. 319). Vorteile der schriftlichen Befragung sind darüber hinaus die relativ geringen Kosten und die begrenzte Beeinflussbarkeit der Befragten durch den Marktforscher im Sinne eines so genannten „Interviewer-Bias“ (vgl. Herrmann, Homburg 2000, S. 27). Unter Berücksichtigung der Forschungsfragen in Abschnitt 1.2 wurde ein Fragebogen entwickelt und formuliert (vgl. Anhang 2). In den Fragebogen gingen die Ergebnisse aus den Interviews bzw. dem „Brainstorming“ mit 17 Experten aus der Industrie ein (vgl. Abschnitt 4.4.2.3). Ein solches zweistufiges Vorgehen mit vorgeschalteten Experteninterviews und anschließender Formulierung eines Fragebogens, wird in der Industriegütermarktforschung empfohlen (vgl. Garbe 1999, S. 1119). Der entwickelte Fragebogen wurde dann einem Pretest unterzogen. Dazu wurden erneut acht Experten aus der Unternehmenspraxis und vier Kollegen mit akademischem Hintergrund befragt, was kleinere Layout- und Formulierungsänderungen zur Folge hatte. Schließlich wurden die Fragebogen im Sommer 2004 an die 1240 Ansprechpartner versandt. Um eine passable Rücklaufquote sicherzustellen, erhielten die Teilnehmer Anreize in Form einer Verlosung von Gutscheinen bei allen Teilnehmern und eines Benchmarking-Berichts nach Abschluss der Studie. Des Weiteren waren die Fragebogen mit einem personifizierten Anschreiben versehen, das von den durchführenden Personen persönlich unterzeichnet war.
173
Allgemein stehen in der Industriegütermarktforschung persönliche Befragungen in Form von Experteninterviews im Vordergrund. Der Prestest in Form von Experteninterviews in der vorliegenden Arbeit trägt dieser Anforderung Rechnung. Die schriftliche Befragung eignet sich nach Garbe (1999, S. 1116) nur bei „globalen und überfachlichen Themen“, was auf die vorliegende empirische Analyse zutrifft.
3.1 Datenerhebung und Datengrundlage
121
Die anschließende Datenanalyse erfolgte mit den Computerprogrammen SPSS 12.0 für Windows und LISREL 8.54. 3.1.2 Datengrundlage Die Datenerhebung resultierte in einer Stichprobe von 183 hinreichend vollständig ausgefüllten Fragebogen. Die Rücklaufquote beträgt somit 14,75%, was für eine schriftliche Befragung einen normalen und akzeptablen Bereich darstellt174 (vgl. Herrmann, Homburg 2002, S. 27). Die Akzeptanz der Zahl wird dadurch noch gestützt, dass die Ansprechpartner im Bereich Einkauf, Produktion und Technik üblicherweise eine hohe Antipathie gegenüber Marketing, Marken und diesbezüglichen Befragungen besitzen (vgl. zum Verhältnis von Marketing und Technik in Unternehmen bspw. auch Doyle, Saunders 1985; Schröter 1993, S. 334). Tatsächliche Branchenverteilung in der Stichprobe
Anzahl Konsumgüter
Gebrauchsgut Verbrauchsgut Industriegüter Investitionsgut Produktionsgut Fehlende Angabe
60 24 63 30
84 93
Prozent 33,9% 13,6% 35,6% 52,5% 16,9% 47,5%
Erwartete Branchenverteilung 175 (gemäß Produktionsindex laut Statistischem Bundesamt Deutschland 2005) Anzahl Prozent 88,4 22,21% 187,1 47% 98,7 24,79% 106,7 26,80% 210,9 53% 104,2 26,25%
6
Tabelle 11: Tatsächliche und erwartete Branchenverteilung der Stichprobe
Eine Beurteilung der Repräsentativität der Stichprobe kann beispielsweise anhand der Branchenzugehörigkeit der Unternehmen erfolgen (vgl. Tabelle 11). Mit Hilfe eines F2-Tests erhält man das Ergebnis, dass die Branchenverteilung in der Stichprobe signifikant von der erwarteten Branchenverteilung abweicht (F2 = 30,758; df = 3; Asymptotische Signifikanz = 0,000). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Stichprobe per Zufall ausgewählt wurde (vgl. Abschnitt 3.1.1). Es ist erkennbar, dass Gebrauchsgüterund Investitionsgüterproduzenten überrepräsentiert und Verbrauchsgüter- und Produktionsgüterproduzenten unterrepräsentiert sind. Die Verteilung über Konsumgüterproduzenten (45,9%) und Industriegüterproduzenten (50,8%) ist anders zu bewerten. Ein F2-Test auf dieser Ebene liefert das Ergebniss, dass die Stichprobe nicht von der erwarteten Verteilung abweicht, d.h. die Verteilungen einander sehr gut entsprechen (F2 = 0,014; df =1; Asymptotische Signifikanz = 0,905). Die Qualität der Stichprobe ist insgesamt als zufrieden stellend zu beurteilen.
174
175
Garbe (1999, S. 1117) weist darauf hin, dass im Industriegütersektor bereits eine Anzahl von 50 bis 150 Befragten sehr gute Ergebnisse liefert. Der Produktionsindex misst die monatliche Leistung des produzierenden Gewerbes in Deutschland und wird als zentraler und aktueller Indikator für die konjunkturelle Entwicklung herangezogen.
122
3 Empirisches Vorgehen
Zur weiteren Beschreibung der Stichprobe zeigt die folgende Abbildung 15 die Verteilung des Umsatzes und die Zahl der Mitarbeiter zu den befragten Unternehmen. Betrachtet man die Verteilung der Umsatzgrößenklassen, so fällt auf, dass die Hälfte der befragten Unternehmen einen Umsatz zwischen 50 Mio. und 249 Mio. Euro hat. 86% der befragten Unternehmen haben einen Umsatz kleiner als 250 Mio. Euro. In Bezug auf die Mitarbeiterzahlen fällt auf, dass 93,3% aller befragten Unternehmen den Gruppen „50 bis 499 Mitarbeiter“ und „500 bis 4.999 Mitarbeiter“ zuzuordnen sind. Zwischen beiden Gruppen sind die Unternehmen etwa gleich stark verteilt. Umsatz des befragten Unternehmens 57
60
Anzahl der Mitarbeiter des befragten Unternehm ens
57
100 87
90 50
70 33
Anzahl
Anzahl
40
81
80
30 18
20
60 50 40 30
10
6
20 10
0
6
6
0 Unter 50 Mio € 50 bis 99 Mio €
100 bis 249 Mio €
250 bis 1.000 Mio €
Über 1.000 Mio €
Unter 50 Mitarbeiter
50 bis 499 Mitarbeiter
500 bis 4.999 Mitarbeiter
Über 5.000 Mitarbeiter
Abbildung 15: Beschreibung der Unternehmen in der Stichprobe
Interessant ist, welche Ansprechpartner bei den befragten Unternehmen erreicht wurden (vgl. Abbildung 16). Bezogen auf die Position sind 66,1% der Befragten dem mittleren Management zuzuordnen. Aufsummiert mit den 20,3% Geschäftsführern decken diese beiden oberen Positionen 86,4% der befragten Mitarbeiter ab. Dies ist als positiv zu bewerten, da mit der Höhe der Position auch die Entscheidungsbefugnis steigt. Da die vorliegende Arbeit sich weit gefasst mit Kaufentscheidungen in Unternehmen beschäftigt, ist ein großer Anteil an „Entscheidern“ in der Stichprobe erwünscht (vgl. Abschnitt 2.1.1.1; vgl. auch Garbe 1999, S. 1117). Um „Entscheider“ aus der Stichprobe filtern zu können, sollten die Befragten ihre eigene Entscheidungsbeeinflussung mit Hilfe von drei Indikatoren auf einer Skala von 1 (=“Gar keinen Einfluss“) bis 5 (=“Sehr starken Einfluss“) einstufen; die Indikatoren und Gütekriterien werden in Abschnitt 4.5.2.1 beschrieben. Als Maß für den „Einfluss auf die Entscheidung“ wird hier der Mittelwert der drei Indikatoren herangezogen. Die Selbsteinschätzung zeigt, dass 98,4% der Stichprobe ihren Einfluss auf einer Spanne von 3 bis 5 angeben; 72,1% der Stichprobe sogar schätzt den eigenen Einfluss auf einer Spanne von 4 bis 5. Das bedeutet, dass die absolute Mehrheit der Befragten sich selbst einen sehr hohen Einfluss auf getroffene Unternehmensentscheidungen zuspricht und damit als „Entscheider“ zu bezeichnen sind.
3.1 Datenerhebung und Datengrundlage
123
Die Ansprechpartner können weiterhin über ihre Funktion, Altersstruktur und Geschlecht beschrieben werden. Von den 183 Befragten sind 111 Mitarbeiter aus dem Einkauf, 24 aus der Technik und 15 aus der Produktion176. Diese Ungleichverteilung kann eventuell damit erklärt werden, dass Mitarbeiter aus dem Einkauf aufgrund des wirtschaftlichen Hintergrundes möglicherweise eine höhere Affinität zu Marketingumfragen haben als Mitarbeiter mit technischem Hintergrund, welche diesbezüglich sehr skeptisch sind. Wie zu erwarten sind die Mehrheit der Befragten Männer (89,8%). Dennoch ist eine Quote von 10,2% Frauen vor dem Hintergrund der Ansprechpartner beachtlich. Hinsichtlich der Altergruppen ist zu bemerken, dass die Verteilung über die Gruppen „30 bis 40“, „40 bis 50“ und „über 50“ annähernd gleichverteilt ist. Pos ition de r Be fragte n
Funk tion de r Be fragte n 120
140
111
117
120
100
100
Anzahl
Anzahl
80
80 60 40
36
60
40 24
21 20
15
20
3
12
0 Geschäf tsf ührung
Mittleres Management
Sachbearbeiter
0
Sonstiges
Einkauf
Alter der Befragten 70
Sonstiges
159 160
54 140
48
50
120
40
Anzahl
Anzahl
Produktion
180
63
60
30 20
Technik
Geschlecht der Befragten
100 80 60
15 40 18
10
20
0
0 Unter 30
30 bis 40
40 bis 50
Über 50
Männlich
Weiblich
Abbildung 16: Beschreibung der Ansprechpartner in der Stichprobe
Schließlich bleibt in Bezug auf die Untersuchungseinheit (B2B-Marke) anzumerken, dass in der Stichprobe 96 der Befragten (52,5%) ihre Antworten auf eine B2B-Marke für ein Investitionsgut bezogen und 87 der Befragten (47,5%) eine B2B-Marke für ein Produktionsgut auswählten. Beide Produktarten sind somit in der betrachteten Stichprobe sehr ausgewogen verteilt.
176
12 Befragte sind aus anderen Funktionsbereichen („Sonstiges“) und 21 machten keine Angaben.
124
3.2
3 Empirisches Vorgehen
Methodische Konzeption der Untersuchung
Die nächsten Abschnitte stellen die methodischen Grundlagen der empirischen Analyse vor. Zunächst werden in Abschnitt 3.2.1 die Grundlagen zur Messung von Konstrukten vorgestellt. Anschließend werden in Abschnitt 3.2.2 Methoden vorgestellt, die zur Analyse von Abhängigkeitsstrukturen zwischen diesen Konstrukten dienen. Dann wird in Abschnitt 3.2.3 eine Methode vorgestellt, die es ermöglicht, Objekte oder Merkmale in einem mehrdimensionalen Raum grafisch zu veranschaulichen. Zuletzt wird in Abschnitt 3.2.4 nochmal die methodische Vorgehensweise zusammengefasst. 3.2.1 Messung von Konstrukten Im Rahmen des SOR-Paradigmas in Abschnitt 2.1.1.2 wurde erwähnt, dass bei Individuen zwischen nicht sichtbaren, inneren Prozessen und sichtbaren Reaktionen zu unterscheiden ist. Bereits dort wurde darauf hingewiesen, dass sich die Marktforschung zur Messung von komplexen inneren Gegebenheiten so genannter theoretischer Konstrukte bedient. Unter einem Konstrukt (synonym: latente Variable) verstehen Bagozzi und Philipps (1982, S. 24) „... an abstract entity which represents the ‚true’, ‚nonobservable’ state or nature of a phenomenon“. Beispiele für derartige theoretische Konstrukte sind die Einstellung oder die Loyalität eines Kunden. Theoretische Konstrukte können nicht direkt beobachtet oder gemessen werden (vgl. Homburg, Giering 2001, S. 1097). Stattdessen bedient man sich der indirekten Messung über beobachtbare Indikatoren, sinnvollerweise über mehrere beobachtbare Indikatoren (vgl. Churchill 1979, S. 66). Die Konstruktmessung hat zum Ziel, die Beziehungen zwischen dem theoretischen Konstrukt und den beobachtbaren Indikatoren zu konkretisieren und auf diese Weise das Konstrukt „empirisch greifbar“ bzw. messbar zu machen (vgl. Homburg, Giering 1996, S. 6). Alle Indikatoren eines Konstruktes werden als Skala bezeichnet (vgl. Holm 1970). Zur Messung von Konstrukten sind erst ihre Konzeptualisierung und dann ihre Operationalisierung klarzustellen. Nachfolgend wird die Güte der Messung bestimmt. Konzeptualisierung bedeutet die Erarbeitung der relevanten inhaltlichen Dimensionen eines Konstruktes. So kann ein Konstrukt eindimensional oder mehrdimensional sein, d.h. eine oder mehrere inhaltliche Dimensionen aufweisen (vgl. Bagozzi, Fornell 1982, S. 28-30). Eindimensionale Konstrukte werden auch als Faktoren bezeichnet (vgl. Pflesser 1999, S. 98). Auf Basis der Konzeptualisierung baut die Operationalisierung auf, welche die Entwicklung eines Messinstrumentes, d.h. die Bildung von Indikatoren, bezeichnet177 (vgl. Kieser, Kubicek 1992, S. 67 ff.). In der vorliegenden 177
Je nach Richtung der Beziehung zwischen Konstrukt und Indikator wird von formativen oder reflektiven Indikatoren gesprochen (vgl. Bagozzi 1994; Bollen, Lennox 1991).
3.2 Methodische Konzeption der Untersuchung
125
Arbeit wurde bei der Operationalisierung der Konstrukte, wann immer dies möglich war, auf bereits existierende und empirisch validierte Messinstrumente zurückgegriffen. Der spezielle Untersuchungskontext im B2B-Bereich erforderte jedoch Anpassungen, da viele Skalen zu Marken aus dem B2C-Bereich stammen. Gütekriterien, wie Anforderungen an die Reliabilität und die Validität, überprüfen wie gut eine Skala bzw. ein Messinstrument das Konstrukt misst. Reliabilität178 bezeichnet die Zuverlässigkeit bzw. die formale Genauigkeit der Messung: Reliablität „...refers to the ability to obtain similar results by measuring an object, trait, or contruct with independent but comparable measures” (Churchill 1988, S. 325). Unter Validität179 versteht man die Gültigkeit bzw. die konzeptionelle Richtigkeit der Messung, d.h. die Beantwortung der Frage, ob das Messinstrument das misst, was gemessen werden soll (vgl. Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 90): ein Messinstrument ist valide, „...when the differences in observed scores reflect true differences on the characteristic one is attempting to measure and nothing else“ (Churchill 1979, S. 65). Beide Anforderungen können mit Methoden der ersten und der zweiten Generation kontrolliert werden (vgl. Homburg, Giering 1996; Fornell 1986). Da Methoden der zweiten Generation als überlegen gelten180, schlagen viele Autoren eine Kombination der Verfahren beider Methoden vor (vgl. Anderson, Gerbing 1993; Churchill 1979; Gerbing, Anderson 1988). Nachdem die Skala mit Verfahren der ersten Generation um Indikatoren bereinigt wurde, wird die verbleibende Skala mit Verfahren der zweiten Generation erneut überprüft (vgl. Abschnitt 3.2.4). Methoden bzw. Kriterien der ersten Generation sind das Cronbachsche Alpha, die Item-to-Total Korrelation und die exploratorische Faktorenanalyse. Zu Methoden der zweiten Generation zählt die konfirmatorische Faktorenanalyse. Das Cronbachsche Alpha bestimmt die Reabilität einer Gruppe von Indikatoren, die gemeinsam einen Faktor messen (vgl. Cronbach 1951; Churchill 1979, S: 68; Homburg, Giering 1996, S. 8). Die Spanne der Werte liegt zwischen Null und Eins, wobei ein höherer Wert auf eine hohe Reliabilität hinweist. In der Literatur wird ein Grenzwert von 0,7 als zufriedenstellend betrachtet (vgl. Homburg, Werner 1999, S. 920; Nunnally 1978, S. 245). Da die Höhe des Gütewertes jedoch von der Anzahl der In-
178
179
180
Zu drei Formen der Reliabilität siehe beispielsweise Nunnally (1978, S. 225-255) oder Hildebrandt (1998, S. 88). Zu verschiedenen Formen der Validität siehe beispielsweise Bagozzi, Yi, Philipps (1991), Churchill (1979), Homburg, Giering (1996, S. 7) oder Zaltman, Pinson, Angelmar (1973, S. 44). Für Details zu den Nachteilen der ersten Generation wird auf folgende Literatur verwiesen: Anderson, Gerbing (1993), Bagozzi, Yi, Phillips (1991), Fornell (1986), Gerbing, Anderson (1988, S. 189 f.), Homburg, Giering (1996, S. 9).
126
3 Empirisches Vorgehen
dikatoren abhängt, wird in der Literatur empfohlen, die Mindestmaße entsprechend anzupassen: 0,50 bei zwei Indikatoren, 0,60 bei drei Indikatoren und 0,70 bei vier und mehr Indikatoren (vgl. Bagozzi 1980; Homburg, Giering 1996). Ein Wert unter 0,7 kann gesteigert werden, indem Indikatoren mit einer niedrigen Item-to-Total Korrelation entfernt werden. Die Item-to-Total Korrelation wird zur Beurteilung einzelner Indikatoren eingesetzt. Sie misst die Korrelation zwischen einem Indikator und der Summe aller Indikatoren, die gemeinsam einen Faktor messen (vgl. Churchill 1979; Nunnally 1978). Die korrigierte Item-to-Total Korrelation setzt einen Indikator in Relation mit der Summe der restlichen Indikatoren eines Faktors, nachdem der Faktor entfernt wurde. Hohe Itemto-Total Korrelationen weisen auf hohe Validität hin. Die exploratorische Faktorenanalyse (EFA) untersucht Indikatoren in Bezug auf ihre zugrunde liegende Faktorenstruktur, ohne im Vorfeld Hypothesen über die Ergebnisstruktur zu haben (vgl. Backhaus et al. 2000). Erklärtes Ziel ist die Verdichtung komplexer Strukturen bzw. die Reduktion der Indikatoren auf möglichst wenige Faktoren, welche die Gesamtheit der Indikatoren hinreichend gut erklären (vgl. allgemein zur EFA Hüttner, Schwarting 1999, S. 383; Hartung, Elpert 1992, S. 505). Die Indikatoren sollen jeweils eine ausreichend hohe Faktorladung auf einen Faktor besitzen (0,4)181 und gleichzeitig deutlich niedrigere Ladungen auf alle anderen Faktoren aufweisen (vgl. Homburg, Giering 1996, S. 8). Lassen sich alle Indikatoren eindeutig einem Faktor zuordnen, bezeichnet man das als „valide“. Laden Indikatoren ähnlich stark auf mehrere Faktoren, wird dies als Kreuz- oder Querladung bezeichnet. Indikatoren, die auf keinen Faktor laden oder Querladungen aufweisen, werden eliminiert (vgl. Gerbing, Anderson 1988). Als Gütekriterium182 für die Messung eines extrahierten Faktors dient die erklärte Varianz, die den Anteil der Varianz der Indikatoren ausdrückt, welcher durch den Faktor erklärt wird. Als Mindestwert für die erklärte Varianz wird ein Wert von 50% betrachtet (vgl. Homburg, Giering 1996, S. 12). Bei der Durchführung der Analyse sind Entscheidungen in Bezug auf die Methode der Faktorenextraktion und der Rotation sowie in Bezug auf die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren zu treffen183. In der vorliegenden Arbeit wurde die übliche Hauptkomponen-
181
182
183
Hinsichtlich der notwendigen Mindesthöhe für die Faktorladung hat sich in der Literatur kein einheitlicher Standard durchgesetzt: ab 0,3 bei Churchill (1991) oder Tschopp (1991, S. 53), 0,4 bei Homburg, Giering (1996, S. 12), 0,6 bei Stewart (1981). In der vorliegenden Arbeit wurde die Mindesthöhe der Faktorladung mit 0,5 festgelegt (vgl. bspw. Einwiller 2003). Neben der erklärten Varianz wird häufig der Kaiser-Meyer-Olkin (KMO)-Wert als Gütekriterium herangezogen. Er liegt zwischen Null und Eins, wobei ein Wert ab >0,7 als ziemlich gut eingestuft wird. Für Details vergleiche Backhaus et al. (2000), Berekoven, Eckert, Ellenrieder (2004, S. 217 ff.) und Hüttner, Schwarting (1999). Das Hauptkomponentenmodell setzt voraus, dass jede Variable durch eine Linearkombination der Faktoren vollständig erklärt werden kann.
3.2 Methodische Konzeption der Untersuchung
127
tenanalyse mit orthogonaler VARIMAX-Rotation und dem Kaiser-Kriterium zur Auswahl der Faktorenzahl angewandt, bei dem der Eigenwert der Faktoren größer Eins ist (vgl. Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 219; Kaiser 1974). Vor dem Hintergrund der Markenpositionierung dient die explorative Faktorenanalyse zudem als Verfahren zur Verdichtung von relevanten Positionierungsinhalten. Die verdichteten Positionierungsinhalte spannen dann einen Wahrnehmungsraum auf, in dem eigene Marken, Wettbewerbsmarken und Idealmarken der Zielgruppen abgetragen werden können. Beschreibungen und Beispiele zu diesem Anwendungsbereich sind bei Hüttner, Schwarting (1999, S. 401 ff. und 410), Trommsdorff, Paulssen (2000, S. 1052 und S. 1054) und Shaw, Giglierano und Kallis (1998, S. 50) zu finden. Die konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) ist eine Methode der zweiten Generation. Im Vergleich zur exploratorischen Faktorenanalyse liegen vorab Hypothesen über die zugrunde liegende Faktorenstruktur vor, welche explizit in das Modell einfließen. Die konfirmatorische Faktorenanalyse ist ein Sonderfall der Kausalanalyse184 (vgl. Jöreskog, Sörbom 1989, S. 3). Sie kombiniert die Methoden zur „formalen Darstellung der Messung komplexer Konstrukte durch Indikatoren und zur gleichzeitigen Gütebeurteilung dieser Messung“, bei der Messfehler explizit berücksichtigt werden (vgl. Homburg, Pflesser 1999a, S. 415). Die Konstruktmessung ist erst ab drei Indikatoren möglich. Da in der vorliegenden Arbeit mehrere Faktoren über nur zwei Indikatoren dargestellt werden, wird eine simultane Schätzung der Messmodelle verschiedener Faktoren verwendet (vgl. bspw. Einwiller 2003, S. 170). Zur Schätzung der Parameter stehen gung: ML (maximum-likelihood), ULS weighted least squares) oder GLS Baumgartner 1995, S. 164ff.). Das ML-
unterschiedliche Schätzverfahren zur Verfü(unweighted-least-squares), WLS (generally (generalized-least-squares) (vgl. Homburg, und das ULS-Verfahren sind, auch im Indust-
riegüterbereich, am meisten verbreitet (vgl. Homburg, Pflesser 1999a, S. 424; Backhaus, Büschken 1998, S. 165). Während das ML-Verfahren die Normalverteilung der Indikatoren und eine Stichprobe mit n>150 voraussetzt, ist das ULS-Verfahren für Datensätze geeignet, bei denen eine Abweichungen von der Normalverteilung nicht ausgeschlossen werden kann und bei denen eine Stichprobe mit 100
184
185
Die konfirmatorische Faktorenanalyse entspricht in der Kausalanalyse dem Messmodell der latenten Variablen durch die Indikatoren. Sie basiert auf reflektiven Indikatoren, d.h. fehlerbehafteten Messungen der Faktoren (vgl. Fußnote 177). Die Datenanalyse mit LISREL (konfirmatorische Faktorenanalyse und Kausalanalyse) erfordert einen hohen Stichprobenumfang. Allgemein wird in der Literatur ein Stichprobenumfang von 200 n 400 Befragten nahegelegt. Ding et al. (1995) erklären n=100 als ausreichend. Bentler und Chou (1987) schlagen vor, dass pro Modellparameter die Daten von mindestens 5 Befragten vorliegen sollen.
128
3 Empirisches Vorgehen
S. 77 und dort Homburg, Baumgartner 1995b, S. 1101; Lechler 1997, S. 142). Die vorliegende Arbeit verwendet für die Kausalanalyse LISREL 8.54 und das ULS(unweighted-least-squares)-Schätzverfahren186. Abschließend empfiehlt sich die Beurteilung der Diskriminanzvalidität, die auf Basis der konfirmatorischen Faktorenanalyse über einen F2-Differenztest und/oder das Fornell-Larcker-Kriterium bewertet werden kann (vgl. Homburg, Giering 1996; Homburg, Pflesser 1999a, S. 429 und S. 435; Kebbel S. 65; Fassnacht, S. 84 ff.; Homburg 1995, S. 93 f.). In der vorliegenden Arbeit findet das strengere Fornell/Larcker-Kriterium Anwendung. Es fordert, dass die durchschnittlich erfasste Varianz eines Faktors größer ist als jede quadrierte Korrelation dieses Faktors mit einem anderen Faktor (vgl. Fornell, Larcker 1981, S. 46). Die Gütemaße für die konfirmatorische Faktorenanalyse (und die Kausalanalyse) lassen sich in lokale und globale Anpassungsmaße kategorisieren (vgl. Homburg, Giering 1996, S. 9 f.; Homburg 1992, S. 504 f.). Lokale Anpassungsmaße betrachten Ausschnitte des Modells, speziell einzelne Faktoren und Indikatoren. Globale Anpassungsmaße hingegen diagnostizieren die Güte des Gesamtmodells. Die Anzahl der möglichen Anpassungsmaße ist enorm groß. Übliche globale Anpassungsmaße sind der Chi-Quadrat-Test (F2-Test), der Quotient aus Chi-Quadrat und der Anzahl der Freiheitsgrade (F2/df), der Root mean squared error of approximation (RMSEA), der Goodness-of-Fit (GFI) und der Adjusted Goodness-of-Fit-Index (AGFI). Hinsichtlich der lokalen Anpassungsmaße sind die Indikatorreliabilität, der Signifikanz- bzw. t-Test der Faktorladung zur Beurteilung der Indikatoren, die Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz zur Beurteilung der Faktoren verbreitet. Eine Übersicht der verbreiteten Gütekriterien und ihrer Anspruchniveaus liefert Tabelle 12187 (vgl. auch Homburg, Giering 1996; Homburg, Pflesser 1999a und b, S. 651). Auf eine ausführliche Beschreibung und Definition dieser Kriterien wird in der vorliegenden Arbeit verzichtet und stattdessen auf folgende Literatur verwiesen: Backhaus et al. (2000), Homburg, Baumgartner (1995, S. 165) und Homburg, Pflesser (1999a, 426 ff.). 186
187
Zur Verwendung des ULS-Verfahren vergleiche Fassnacht (2003), Helfert (1998) oder Hüttmann (2003). Es bleibt anzumerken, dass im Rahmen der Konstruktmessung und der Messung von Dependenzen, die Verfehlung einzelner Gütekriterien nicht zwingend zur Ablehnung des gesamten Modells führt. Vielmehr steht das Gesamtbild der Gütekriterien im Vordergund (vgl. Homburg 1995, S. 85; Homburg, Pflesser 1999b, S. 655; vgl. zur Kritik an pauschalen Mindestwerten auch Bagozzi, Yi (1988, S. 82) oder Bagozzi, Baumgartner (1994, S. 403)). Ist aufgrund der Gütekriterien dennoch eine Ablehnung des Kausalmodells notwendig, so kann eine Modifikation im Sinne einer Verkleinerung oder Vergrößerung vorgenommen werden. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, da die Arbeit auf diese Weise explorativen Charakter erhält und eine Modifikation niemals ohne vorherige theoretische Überlegungen erfolgen sollte (vgl. Boomsma 2000, S. 475; Homburg, Pflesser 1999a, S. 431 und 1999b, S. 652 f. für verschiedene Arten von Modifikationen).
3.2 Methodische Konzeption der Untersuchung Kriterium Lokale Anpassungskriterien Indikatorreliabilität Faktorreliabilität Durchschnittlich erfasste Varianz t-Wert der Faktorladung
Globale Anpassungskriterien 2 F -Test 2 F /df GFI AGFI NFI CFI RMSEA Test auf Diskriminanzvalidität 2 F -DIfferenztest Fornell/Lacker-Kriterium
129 Anspruchsniveau
0,1 akzeptabel bei sehr großen Stichproben (vgl. Balderjahn 1985, S. 257) 0,4 allgemein üblicher Wert 0,6 0,5 1,645 (bei einseitigem Test auf dem 5%-Niveau; vgl. Homburg, Giering 1996) Detaillierter nach Harnett und Murphy (1985): > 1,282 (* = signifikant auf dem 10%-Niveau) > 1,645 (** = signifikant auf dem 5%-Niveau) > 2,326 (*** = signifikant auf dem 1%-Niveau) p 0,05 (problematisches Kriterium) 2,5 (vgl. Homburg, Baumgartner 1995, S. 172) 3 allgemein üblicher Maximalwert 0,9 bis 0,95 0,9 0,9 0,9 0,05 für gute Modellanpassung (üblicher Wert) 0,08 für akzeptable Modellanpassung (vgl. bspw. Browne, Cudeck 1993) 3,841 DEV > quadr. Korrelation
Tabelle 12: Gütekriterien und Anspruchniveaus (vgl. Backhaus et al. 2000; Homburg, Baumgartner 1995)
3.2.2 Messung von Dependenzen Nach Beendigung der Konstruktmessung kann die Analyse von Dependenzstrukturen erfolgen. In der vorliegenden Arbeit kommen die Regressionsanalyse und die Kausalanalyse zum Einsatz. Die Regressionsanalyse untersucht gerichtete Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren metrisch skalierten Variablen188. Die Art des Zusammenhangs zwischen den unabhängigen (UV) und der einen abhängigen Variablen (AV) kann linear und nicht linear sein (vgl. Skiera, Albers 1999; Krafft, 1999). In der vorliegenden Arbeit wird der Fall mehrerer unabhängiger Variablen im Rahmen einer multiplen linearen Regressionsanalyse189 betrachtet. Ziel ist es, die Beziehung zwischen den unabhängigen Variablen und der abhängigen Variablen zu ermitteln. Die Regressionskonstante und die Regressionskoeffizienten, welche im Rahmen der Schätzung der Regressionsfunktion berechnet werden, drücken die Art der Beziehung aus. Die Regressionskonstante zeigt den Achsenabschnitt der Geraden. Die Koeffizienten kennzeichnen die Steigung der Geraden, d.h. den Verlauf der Funktion in Bezug auf die Richtung und die Stärke. Da die Regressionskoeffizienten meist auf unterschiedlichen Mess- und Größendimensionen beruhen, lassen sie keinen Vergleich der Einflussstärke von verschiedenen unabhängigen Variablen zu. Erst standardisierte Regressionskoeffizienten, auch Beta-Koeffizienten benannt, ermöglichen einen Ver-
188
189
Zu Voraussetzungen der Regressionsanalyse, wie bspw. Unabhängigkeit der unabhängigen Variablen, vergleiche Albers, Skiera (1999, S. 216 ff.) und Backhaus et al. (2000, S. 45 ff.). Im Gegensatz dazu spricht man von einer einfachen Regressionsanalyse bei nur einer unabhängigen Variablen.
130
3 Empirisches Vorgehen
gleich. Positive bzw. negative Koeffizienten drücken positive bzw. negative Zusammenhänge aus. Je höher dabei der Koeffizient, desto stärker der Einfluss der unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable. Als Anpassungskriterium für die gesamte Regressionsgleichung wird das Bestimmtheitsmaß R2 herangezogen. Es setzt den Anteil der Varianz der abhängigen Variablen, der durch die unabhängigen Variablen erklärt wird, mit der gesamten Varianz der abhängigen Variablen in Relation (vgl. Skiera, Albers 1999, S. 209). R2 kann Werte zwischen Null und Eins annehmen, wobei die Güte umso besser ist je höher der Wert ist; im besten Fall ist der Wert Eins (vgl. Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 208). Allerdings existiert kein allgemein anerkannter Mindestwert für R2: „There is no such value of R2 that can be considered as ‘good’ for all situations” (Jain 1994, S. 168). Des Weiteren ist mit Hilfe von Signifikanztests prüfbar, ob die in der Stichprobe ermittelten Ergebnisse auf die Grundgesamtheit übertragbar sind: Ein F-Test betrachtet die Regressionsfunktion als Ganzes, und mehrere t-Tests untersuchen jeweils die Signifikanz einzelner Regressionskoeffizienten (vgl. Skiera, Albers 1999, S. 210 ff.). Die F-Statistik, die testet, ob das für die Stichprobe geschätze Modell auch für die Grundgesamtheit gilt, hängt unter anderem von der Stichprobengröße ab (Backhaus et al. 2000, S. 68). In der Literatur werden bereits einfache Regressionsanalysen mit 10 Fällen und multiple Regressionsanalysen mit 17 Fällen beschrieben (vgl. Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 206; Skiera, Albers 1999, S. 206 und S. 221). Backhaus et al. (2000, S. 92) sprechen bei 40 Fällen von einer großen Zahl an Beobachtungen und geben als allgemeine Regel an, dass die Zahl der Beobachtungen mindestens doppelt so groß sein soll wie die Anzahl der Variablen in der Regressionsgleichung (S. 112). Zur Modellierung von Kontextfaktoren bei der Regressionsanalyse stehen grundsätzlich zwei Vorgehensweisen zur Verfügung (vgl. Arnold 1982; Sharma, Durand, Gur-Arie 1981). Zum einen können die Kontextfaktoren als Dummy-Variablen in die Regressionsfunktion integriert werden. Zum anderen können a priori Teilstichproben auf Basis der Kontextfaktoren segmentiert werden, für die dann separate Regressionsanalysen durchgeführt werden190. Die vorliegende Arbeit verwendet den zweiten Ansatz, um für einzelne Segmente die Wirkung von unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable vergleichen zu können (vgl. Abschnitt 4.5). Die Kausalanalyse, auch Kovarianzstrukturanalyse genannt, bietet im Vergleich zur Regressionsanalyse mehrere Vorteile: Messung von Faktoren über mehrere Indikatoren, kein Erfordernis der Unkorreliertheit von unabhängigen Variablen, Betrachtung 190
Vergleiche die analoge Vorgehensweise der Multiplen Gruppenanalyse und Gegenüberstellung separater Kausalanalysen beispielsweise bei Rudolph (1998, S. 174) oder Einwiller (2003, S. 195) (vgl. auch Jaccuard, Wan 1996).
3.2 Methodische Konzeption der Untersuchung
131
mehrerer abhängiger Variablen, explizite Berücksichtigung von Messfehlern und Betrachtung von komplexeren Kausalstrukturen. So bietet die Kausalanalyse als einzige Methode die Möglichkeit, neben direkten Wirkungen auch kausale Ketten mit direkten und indirekten Effekten sowie Wechselwirkungen, d.h. reziproke kausale Beziehungen191, betrachten zu können (vgl. Bagozzi 1980; Jöreskog, Sörbom 1989; Homburg 1989, S. 21; Homburg 1992, S. 500 und 506; Homburg, Pflesser 1999b, S. 636). Die Kausalanalyse gilt als anspruchsvoll und komplex; aufgrund der Verfügbarkeit geeigneter Computerprogramme kommt sie jedoch in den letzten Jahren zunehmend zum Einsatz. Homburg und Pflesser (1999b, S. 635) definieren die Kausalanalyse als „multivariates Verfahren, welches auf der Grundlage von empirisch gemessenen Varianzen und Kovarianzen von Indikatorvariablen durch Parameterschätzung Rückschlüsse auf Abhängigkeitsbeziehungen zwischen zugrunde liegenden latenten Variablen zieht“. Das Kausalmodell besteht aus drei Bereichen: einem exogenen und einem endogenen Messmodell, welche die Beziehung von Variablen und ihren Indikatoren betrachten, sowie einem Strukturmodell, das die verschiedenen Variablen in Beziehung setzt192. Zur detaillierten Darstellung der Kausalanalyse siehe Homburg und Hildebrandt (1998) und zu Anwendungsfeldern beispielsweise Dillon (1986). Backhaus und Büschken (1998) diskutieren den Einsatz der Kausalanalyse speziell im Industriegüterbereich, der bislang nicht weit verbreitet ist. Voraussetzung für die Parameterschätzung ist die Identifikation des erstellten Modells, d.h. die Frage, ob der empirische Datensatz genügend Informationen für eine eindeutige Parameterschätzung enthält (vgl. Bagozzi, Baumgartner 1994; Homburg 1992, S. 502 f.). Sowohl die Methoden der Parameterschätzung als auch die Gütemaße der Kausalanalyse entsprechen denen der konfirmatorischen Faktorenanalyse. Zu einer Übersicht wird deshalb auf Abschnitt 3.2.1 und Tabelle 12 verwiesen. 3.2.3 Grafische Darstellung von Elementen Bei der Markenpositionierung werden die Wahrnehmungs- bzw. Positionierungsräume von Zielgruppen häufig grafisch dargestellt, um die Position der eigenen Marke, 191
192
Beispiele für die Modellierung von Wechselwirkungen im Rahmen von Kausalanalysen finden sich in der Literatur eher selten. Ausnahmen hierzu bilden: (1) Wechselwirkung zwischen Einstellung zur Marke und Einstellung zur Werbeanzeige bei MacKenzie, Lutz, Belch (1998, S. 269 ff.), (2) Wechselwirkung von Arbeitszufriedenheit und Leistungsmotivation bei Bagozzi (1980b) und (3) Wechselwirkung zwischen Befürchtung negativer Auswirkungen der EDV am Arbeitsmarkt und am Arbeitsplatz bei Homburg (1989, S. 124). Die Messmodelle des Kausalmodells entsprechen den Modellen der konfirmatorischen Faktorenanalyse (vgl. Jöreskog, Sörbom 1989, S. 3). Das Strukturmodell ähnelt im Aufbau einem Regressionsmodell (vgl. Bagozzi 1994). Infolgedessen bietet die Kausalanalyse den Vorteil, beide Analysearten zu kombinieren, und gleichzeitig die Messung von Konstrukten und die Messung von Dependenzen zu erlauben.
132
3 Empirisches Vorgehen
der Wettbewerbsmarken und der Idealvorstellung der Zielgruppen zu veranschaulichen. Eine Methode, die hierzu eingesetzt wird, ist die mehrdimensionale Skalierung (vgl. Abschnitt 2.2.3.5). Die Mehrdimensionale Skalierung (MDS) dient der „räumlichen Präsentation von Elementen einer Objektmenge auf der Basis von (Reiz-) Ähnlichkeitsrelationen“ (vgl. Wührer 1999, S. 441; Backhaus et al. 2000, S. 605 ff.). Ziel ist es, verschiedene Objekte oder Merkmale grafisch in einem (Wahrnehmungs-) Raum mit einer oder mehreren Dimensionen zu visualisieren. Diese Visualisierung basiert auf einer Umwandlung der einzelnen Daten in räumliche Entfernungen bzw. Distanzmaße. Ähnlich empfundene Objekte bzw. Merkmale sind nahe beieinander dargestellt; unähnlich empfundene Merkmale weit entfernt. Die Distanz zwischen zwei Objekten kann auf unterschiedliche Arten berechnet werden. Ein Überblick über Distanzmaße in Form von Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsmaßen liefern Aldenderfer und Blashfield (1984) oder Cox und Cox (1994). In der vorliegenden Arbeit wird die verbreitete Euklidsche Distanz, ein Spezialfall der Minowski Metrik, angewandt. Als Gütekriterien der Multidimensionalen Skalierung wird üblicherweise der StressWert herangezogen (vgl. Kruskal, Wish 1978). Von schematischen Interpretationen des Wertes wird gewarnt; allerdings ist der Wert umso besser, je näher er an Null kommt (vgl. Wührer 1999, S. 452). Abhängig vom Stress-Wert ist auch die Frage nach der Anzahl der Dimensionen. Meist genügen 2 oder 3 Dimensionen zur Darstellung. Als Faustregel wird die Entwicklung des Stress-Wertes in Abhängigkeit der Dimensionsanzahl verwendet. 3.2.4 Zusammenfassung der Vorgehensweise Die Vorgehensweise der empirischen Analysen in dieser Arbeit ist, wie in der relevanten Literatur empfohlen und als internationaler Standard anerkannt, grob in zwei Stufen eingeteilt (vgl. Abbildung 17; vgl. Anderson, Gerbing 1988, S. 411, Anderson, Gerbing 1993; Homburg, Giering 1996; Homburg, Pflesser 1999a, S. 415). In der ersten Stufe erfolgt die Prüfung der relevanten Konstrukte, wobei die Konstrukte zunächst operationalisiert werden und anschließend die Güte der Messung bestimmt wird. Erst in der darauf folgenden Stufe werden die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Konstrukten konkretisiert, indem Hypothesen formuliert und dann analysiert bzw. überprüft werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Abhängigkeitsanalyse auf einer reliablen und validen Konstruktmessung aufbaut.
3.2 Methodische Konzeption der Untersuchung
133
1. Stufe
Operationalisierung der Konstrukte Prüfung der Konstrukte
Betrachtung aller Indikatoren
Exploratorische Faktorenanalyse
Betrachtung der einzelnen ermittelten Faktoren
Cronbachsches Alpha und Item to Total-Korrelation (1. Generation) Exploratorische Faktorenanalyse (1. Generation) Konfirmatorische Faktorenanalyse (2. Generation)
2. Stufe
Formulierung von Hypothesen Prüfung der Hypothesen
Betrachtung des gesamten Messmodells
Regressionsanalyse Kausalanalyse
Abbildung 17: Vorgehensweise der empirischen Analyse
Die Prüfung der Konstrukte teilt sich in zwei Bereiche auf: (1) Zunächst wird eine gemeinsame exploratorische Faktorenanalyse für alle betrachteten Indikatoren durchgeführt. Diese Analyse ist insbesondere für Indikatoren relevant, bei denen noch keine Vermutung über eine Faktorenstruktur zugrunde liegt. Aber auch gesetzt den Fall, bei der Fragebogenkonzeption wurde bereits eine Faktorenstruktur vermutet oder unterstellt, wird diese mit Hilfe der Analyse hinterfragt und überprüft. „Dies stellt die strengste Prüfung auf Diskriminanzvalidität der verschiedenen Faktoren dar“ (vgl. Einwiller 2003, S. 174). Indikatoren, die nicht eindeutig einem Faktor zugeordnet werden können, da sie beispielsweise zu schwache Ladungen oder Quer- bzw. Kreuzladungen aufweisen, werden hierbei eliminiert (vgl. Churchill 1979, S. 69; Gerbing und Anderson 1988, S. 189). (2) Die ermittelten Faktoren bzw. Konstrukte werden weiterhin mit Methoden der ersten und zweiten Generation derart untersucht, dass zunächst Methoden der ersten Generation angewandt werden und das Resultat erneut anhand der kritischeren Anforderungen aus den Methoden der zweiten Generation überprüft wird. Die verwendeten Methoden und die jeweils geforderten Mindestmaße wurden bereits in Abschnitt 3.2.1 vorgestellt (vgl. zur ersten Generation Churchill 1979 und zur zweiten Generation Gerbing und Anderson 1988 bzw. Anderson und Gerbing 1993). Die erste Analyse betrachtet das Cronbachsche Alpha, das mindestens einen Wert von 0,7 aufweisen muss. Andernfalls erfolgt zur Erhöhung des Cronbachschen Alphas eine Elimination von Indikatoren mit einer geringen Item-to-Total-Korrelation (vgl. Churchill 1979, S. 68). Die zweite Analyse umfasst eine Exploratorische Faktorenanalyse für den einzelnen Faktor. Einzelne Faktoren weisen eine sinnvolle Konvergenzvalidität auf, wenn nach dem Kaiser-Kriterium lediglich ein Faktor extrahiert
134
3 Empirisches Vorgehen
wird (vgl. Robinson, Shaver, Wrightsman 1991). Eine weitere Forderung besagt, dass dieser Faktor mindestens 50% der Varianz der Indikatoren erklären soll. Trifft dies nicht zu, kann durch Elimination derjenigen Indikatoren mit einer niedrigen Faktorladung (z.B. unter 0,4) eine Verbesserung erzielt werden. Schließlich werden die einzelnen Faktoren und die verbleibenden Indikatoren nochmals mit der konfirmatorische Faktorenanalyse und damit den Gütekriterien der zweiten Generation überprüft. Auch hier sind Eliminationen möglich, sofern die geforderten Mindestwerte nicht erreicht werden. Aus der Konstruktmessung resultieren in Anbetracht der Reliabilität und Konvergenzvalidität bereinigte einzelne Faktoren (vgl. Tabelle 25). Erst nachdem alle Konstrukte gemessen und bereinigt sind, erfolgt in der zweiten großen Stufe der empirischen Analyse die Messung von Zusammenhängen und damit die Überprüfung von Hypothesen. Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Methoden wurden bereits in Abschnitt 3.2.2 beschrieben. Die beschriebene Vorgehensweise findet in der vorliegenden Arbeit für alle empirischen Fragestellungen in Kapitel 4 Anwendung.
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
135
4 Untersuchung der Positionierung von Business-to-BusinessMarken zwischen Rationalität und Emotionalität Aufbauend auf den in Kapitel 2 vorgestellten theoretischen und konzeptionellen Grundlagen wird im Folgenden ein Modell zur Positionierung von Business-toBusiness-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität konzeptualisiert. Im Zuge dessen werden schrittweise die Forschungsfragen 1 bis 5 beantwortet (vgl. Abschnitt 1.2). Hierzu wird zunächst ein kurzer Überblick über die Auswirkungen der B2B-Besonderheiten auf die Positionierung gegeben (vgl. Abschnitt 4.1 und Forschungsfrage 1). Anschließend wird die spezielle Bedeutung von Rationalität und Emotionalität im B2B-Kontext erörtert (vgl. Abschnitt 4.2 und Forschungsfrage 2). Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird in Abschnitt 4.3 der Positionierungserfolg von B2B-Marken im Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität modelliert und empirisch untersucht (vgl. Forschungsfrage 3). An die Konzeptualisierung des Positionierungserfolges schließt sich die Generierung und Bewertung potentieller Positionierungsinhalte an, die zum Erfolg einer B2B-Marke beitragen (vgl. Abschnitt 4.4 und Forschungsfrage 4). Schließlich werden in Abschnitt 4.5 Kontextfaktoren diskutiert, welche als Moderatoren auf den Zusammenhang zwischen B2BPositionierungsinhalten und B2B-Positionierungserfolg einwirken können (vgl. Forschungsfrage 5). Das beschriebene Vorgehen dieser Arbeit unterwirft sich damit einer logischen Reihenfolge, in der jeder Abschnitt auf den Erkenntnissen der vorangegangenen Abschnitte aufbaut. Theoretische Überlegungen zu Besonderheiten der B2BPositionierung werden direkt in die Konzeption des B2B-Positionierungserfolges einbezogen. Der B2B-Positionierungserfolg ist Grundlage für die spätere Beurteilung der Positionierungsinhalte. Ein derartiges sequentielles Vorgehen wird auch in anderen Arbeiten empfohlen (vgl. bspw. Vorgehensweise bei BBDO Consulting zur Heftreihe „Brand Equity Excellence“193). 4.1
Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2BMarken
Der Status der Literatur zum B2B-Markenmanagement und zur Positionierung (vgl. Abschnitte 2.2.2.2 und 2.2.3) zeigt, dass kaum spezifische Arbeiten zur Positionierung von B2B-Marken existieren und die wenigen Veröffentlichungen das Themenfeld nur sehr oberflächlich behandeln.
193
In der Reihe zu „Brand Equity Excellence“ sind vier Hefte in folgender Reihenfolge erschienen: Brand Equity Review, Brand Equity Evaluator (d.h. Erfolgsmodell), Brand Equity Drivers (d.h. Markenwerttreiber identifizieren, z.B. Emotionalität, Rationalität, Einzigartigkeit, Prestige) und Brand Equity Benchmark.
136
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Wie in Abschnitt 2.2.1.3 erläutert wurde, sind Erfahrungen aus dem B2C-Bereich ansatzweise auf den B2B-Bereich transferierbar. Darüber hinaus wurde in Abschnitt 2.3.1 der Nachweis erbracht, dass die B2B-Besonderheiten eine eigenständige Konzeptualisierung der Positionierung von B2B-Marken begründen. Hier wird nun darauf einzugehen sein, welche konkreten Veränderungen für die Positionierung im B2BKontext zu erwarten sind. Vorraussetzung für eine derart eigenständige Konzeptualisierung ist eine konkrete Analyse der B2B-Besonderheiten, die bereits in Abschnitt 2.2.1.2 vorgestellt wurde, und der damit verbundenen spezifischen Konsequenzen für die Positionierung. Die Konsequenzen können zum einen den Positionierungsprozess (vgl. Abschnitt 4.1.1) und zum anderen die Relevanz einzelner Positionierungsinhalte (vgl. Abschnitt 4.1.2) betreffen. 4.1.1 Konsequenzen für den Positionierungsprozess Die Besonderheiten, die mit dem B2B-Kontext einhergehen, führen zu Konsequenzen für den Aufbau von Positionierungsmodellen allgemein (vgl. Abschnitt 2.2.3.5) und zu Konsequenzen für die einzelnen Stufen des vierstufigen Positionierungsprozesses (vgl. Abschnitt 2.2.3.3). Ginter und Dambacher (2002, S. 62 ff.) weisen bei der B2B-Markenpositionierung auf mehrere Unterschiede im Vergleich zum B2CBereich hin. Erstens sei in der Analysephase aufgrund der schwierigen B2B-Marktforschung viel Intuition notwendig. Zweitens sei in der Strategiephase die Identifikation des Markenkerns sehr leicht, da meist die Unternehmenshistorie bzw. Gründeridee verwendet werden könne. Und drittens liege die größte Herausforderung in der Implementierung und Bewahrung der Positionierung bzw. Führung der B2B-Marke. Ursächlich für die Implementierungsproblematik sei die „Skepsis und das Unverständnis“ für Marketing, das in technologie- und ingenieurorientierten Unternehmen überwiege, und das nur durch Sturheit und konsequente Durchsetzung durchbrochen werden könne194 (vgl. Schröter 1993, S. 225). Tabelle 13 zeigt die schon bekannten B2B-Besonderheiten (vgl. Abschnitt 2.2.1.2) und die für die vorliegende Arbeit abgeleiteten Konsequenzen für den Aufbau von Positionierungsmodellen und den Positionierungsprozess einzeln auf. Eine separate Diskussion zu jeder Konsequenz wäre zu umfangreich; stattdessen werden ganzheitliche Schlussfolgerungen gezogen.
194
Als besondere Positionierungsprobleme in der B2B-Praxis benennt Winterling (1993, S. 85) den häufigen Fehler, dass die Positionierung zu wenig fokussiert sei und dass die Positionierungsinhalte zu wenig kundenorientiert seien.
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
137
Konsequenzen für … B2BBesonderheiten
… den Positionierungsprozess:
… das Positionierungsmodell allgemein
1. Analyse
2. Strategie
3. Implementierung
4. Kontrolle
Art der Märkte Markttransparenz
Internationalität
Marktangebote sind bekannter; Modell muss positive Differenzierung vom Wettbewerb sicherstellen (z.B. Kombination mit Wettbewerbsvorteilsmatrix) Modell muss Positionierungen in allen Ländern koordinieren (international standardisierte vs. differenzierte Positionierung)
Analyse aller relevanten Wettbewerber und Zielgruppen (Segmentierung)
Positive Differenzierung vom Wettbewerb
Klare Implementierung der Differenzierung
-
Analyse der Wettbewerber und Zielgruppen in allen Ländern
Koordination der Positionierungen in allen Ländern
Koordination der Implementierung in allen Ländern
Separate Kontrolle in allen Ländern
Implementierung des Positionierungsversprechens durch alle Mitarbeiter Gewährleistung des Positionierungsversprechens auch durch Geschäftspartner
Nutzung der persönlichen Kontakte zur Kontrolle
Art der Vermarktung bzw. des Angebots Direkter Vertrieb bzw. Persönlicher Verkauf
Beeinflusst überwiegend Implementierungsphase
Nutzung der persönlichen Kontakte zur Analyse
-
Multiorganisationalität
Beeinflusst lediglich die Implementierungsphase
-
-
Ggf. Positionierung bei Endkunden i.S.v. Ingredient Branding Berücksichtigung der Unternehmensanforderungen
Ggf. Implementierung bei Endkunden
Ggf. Kontrolle bei Endkunden
-
Kontrolle der Erfüllung von Unternehmensanforderungen
-
-
-
-
Modell muss Anforderungen von unterschiedlichen Buying Center Mitgliedern und besonders von Entscheidern berücksichtigen; Individualebene und Gruppenebene
Analyse der einzelnen Buying Center Mitglieder, speziell der Entscheider und der Gruppenentscheidungsprozesse
Modell muss Relevanz und Kompetenz in Bezug auf das Positionierungsversprechen sicherstellen
Lang dauernde Kaufentscheidungs-
Modell muss Kontinuität der Positionierung und deren Implementierung in allen Kaufphasen sichern
Analyse der eigenen Kernkompetenzen entlang der Wertschöpfungskette Analyse der relevanten Merkmale jeweils in allen
Standardisierte Implementierung des Positionierungskerns, Anpassung der Kommunikation an einzelne Funktionen der Buying Center Mitglieder -
Kontrolle bei allen Mitgliedern im Entscheidungs-prozess, besonders bei Entscheidern
Anspruchsvolle Einkäufer
Relevanz des Positionierungskerns für alle Buying CenterMitglieder, besonders für Entscheider; mögliche Anpassungen als Zusatz Positionierung über tatsächlich vorhandene Kompetenz
Positionierung über Inhalte, welche auf allen Stufen bzw. bei
Implementierung in allen Stufen des Kaufprozesses
-
Kontrolle der Aktivitäten der Geschäftspartner
Art der Nachfrage Derivativer Bedarf
Möglichkeiten der Positionierung bei Endkunden als Option testen (Ingredient 195 Branding )
Ggf. Analyse der Endkunden
Betrieblicher Bedarf
Modell muss neben den Anforderungen der Individuen auch formale Anforderungen des Unternehmens als mögliche Inhalte beachten Vgl. bei betrieblicher Bedarf
Analyse der Unternehmensanforderungen, Mindeststandards
Formalisierter Beschaffungsprozess Multipersonalität (Buying Center)
195
-
Ingredient Branding wird in der vorliegenden Arbeit nicht thematisiert, da der Fokus rein auf dem Business-to-Business-Bereich liegt (vgl. Abschnitt 2.2.1).
138
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Konsequenzen für …
B2BBesonderheiten prozesse
Langfristigkeit von Geschäftsbeziehungen
… den Positionierungsprozess:
… das Positionierungsmodell allgemein
1. Analyse Stufen des Kaufprozesses
-
-
2. Strategie den kritischen Stufen relevant sind Strategie muß langfristig beibehalten werden
3. Implementierung
4. Kontrolle
-
-
Art der Leistung Hoher Technologie- und Innovativitätsgrad Leistungskomplexität
Leistungsbündel
Hoher Individualisierungsgrad Hohes Investitionsvolumen Besondere Bedeutung von Dienstleistungen
-
-
-
-
-
Modell muss simple Positionierung über wenige Inhalte entwickeln, um Komplexität zu reduzieren Modell muss die Positionierungen für mehrere Leistungen und das Unternehmen koordinieren
-
Simple Positionierungsstrategie
Einfache Kommunikation der Positionierung
-
Abstimmung der Positionierung mit allen Leistungen und Unternehmen
Implementierung bei allen betroffenen Leistungen
-
-
Analyse aller eigenen subsumierten Leistungen und Kompetenzen (Markierung) -
-
-
-
-
-
-
-
-
Modell muss Positionierung mit Dienstleistungsangebot abstimmen
Analyse der Rolle von Dienstleistungen für die Zielgruppen und der eigenen Dienstleistungskompetenz
Abstimmung der Positionierungsinhalte mit den Dienstleistungen
Implementierung der Positionierung bei den Kontaktpunkten mit den Dienstleistungen
-
Modell muss simple Positionierung über wenige Inhalte entwickeln
-
Simple Positionierungsstrategie
Einfache Kommunikation der Positionierung
-
Modell sollte Differenzierung gegenüber neuen Wettbewerbern ständig sicherstellen Modell sollte Differenzierung und Einzigartigkeit über rationale oder emotionale Nutzen berücksichtigen, um Austauschbarkeit zu entkommen -
Regelmäßige Analyse neuer Wettbewerber
Ggf. moderate Anpassung der Positionierung
-
Suche nach differenzierenden technischen Details oder emotionaler Differenzierung -
Positionierung über technische Details oder emotionalen Zusatznutzen
-
Regelmäßige Kontrolle der eigenen Differenzierungskraft -
-
-
-
-
-
-
-
-
Modell sollte entfernte Zielgruppen integrieren
-
-
Implementierung der Positionierung in Medien für entfernte
-
Entwicklungstendenzen Zunehmende Angebotskomplexität Eintritt neuer Wettbewerber Zunehmende technische Gleichwertigkeit Steigende F&E Kosten bei abnehmenden Produktlebenszyklen Zunehmende Fixkostenintensität Zunehmende Entfernung von Anbieter
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
139
Konsequenzen für … B2BBesonderheiten und Abnehmer Zunehmender wahrgenommener Preisdruck
… den Positionierungsprozess:
… das Positionierungsmodell allgemein
1. Analyse
2. Strategie
Modell sollte Differenzierung und Einzigartigkeit über rationale oder emotionale Nutzen berücksichtigen, um Austauschbarkeit zu entkommen
Suche nach differenzierenden technischen Details oder emotionaler Differenzierung
Positionierung über technische Details oder emotionalen Zusatznutzen
3. Implementierung Zielgruppen -
4. Kontrolle
-
Tabelle 13: B2B-Besonderheiten und deren Konsequenzen für den Positionierungsprozess (eigene Darstellung)
Die Besonderheiten bei B2B-Positionierungsprozessen lassen sich wie folgt zusammenfassen: -
Erstens verstärken einige B2B-Besonderheiten Anforderungen an das Positionierungsmodell, die ohnehin an eine erfolgreiche Positionierung gestellt werden, wie Differenzierung, eigene Kompetenz, Fokussierung oder Kontinuität (vgl. Abschnitt 2.2.3.4). Beispielsweise bewirkt die etwaige Transparenz auf B2B-Märkten, dass den potentiellen Zielgruppen sämtliche Wettbewerber bekannt sein können und die positive Differenzierung vom Wettbewerb umso wichtiger wird. Das hohe Anspruchsniveau der Einkäufer hat zur Folge, dass diese sich sehr gut mit der angebotenen Leistung auskennen und sich nicht mit allgemeinen und oberflächlichen „Floskeln“ abspeisen lassen. Vielmehr muss die Ansprache der Einkäufer professionell sein, tatsächlich relevant sein und durch spätere tatsächliche Kompetenz nachgewiesen werden. Da die Leistungen und auch der gesamte Kaufprozess sehr komplex sind, muss die Positionierung klar und konzentiert auf wenige Inhalte erfolgen, um zusätzliche Komplexität zu vermeiden (Fokussierung).
-
Zweitens bewirken einige B2B-Besonderheiten, dass zum Positionierungsprozess extrem viele Informationen in der Analysephase erhoben und in der Strategieentwicklungsphase integriert werden müssen196. Dies betrifft besonders Informationen über verschiedene Länder und deren relevante Positionierungsinhalte, Informationen über die verschiedenen Mitglieder im Buying Center, sowie deren Beeinflussungsmöglichkeiten im Rahmen des Entscheidungsprozesses und deren relevante Positionierungsinhalte, Informationen über die formalen Anforderungen der nachfragenden Unternehmen und schließlich aufgrund von Leistungsbündeln und dazugehörigen Dienstleis-
196
Je höher die Marke in der Markenhierarchie gestellt ist und je mehr einzelne Leistungen subsumiert werden, desto umfangreicher wird die relevante Informationsfülle. Der größte Informationsund Koordinationsaufwand entsteht bei einer Unternehmensmarke bzw. Corporate Brand wie sie in der vorliegenden Arbeit betrachtet wird (vgl. Abschnitt 1.3).
140
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
tungspaketen mehr Informationen aus dem eigenen Unternehmen, d.h. über Kompetenzen sämtlicher betroffener Leistungen und Dienstleistungen. Aufgrund der extrem hohen Heterogenität bei den Zielgruppen ist die Definition der inhaltlichen Positionierungsstrategie sehr anspruchsvoll. Es gilt nicht nur heterogenen Zielgruppen, wie Kunden, Investoren, aktuellen und potentiellen Mitarbeitern, sondern auch heterogenen Kunden, wie den unterschiedlichen Buying-Center-Mitgliedern gerecht zu werden (vgl. in Abschnitt 4.1.2 „Spannungfeld von Standardisierung und Adaption“). Überdies sind neben den rein individuellen Anforderungen jedes Buying Center Mitglieds auch die formal vorgegebenen organisatorischen Anforderungen zu integrieren: „...personal needs motivate the behaviour of individuals but organisational needs legitimate the buying decision processes and its outcomes“ (Webster, Keller 2004, S. 395) -
Drittens treten im B2B-Kontext Besonderheiten wie persönlicher Verkauf, Multiorganisationalität auf, die mit einer anderen Wahrnehmung der B2B-Marke bei den Zielgruppen einhergehen. Bereits in Abschnitt 2.2.2.1 wurde darauf hingewiesen, dass bei B2B-Marken mehrere Wahrnehmungsebenen eine zentrale Rolle spielen: Unternehmen, Leistungen, Prozesse, Mitarbeiter, Dienstleistungen etc. In Summe führt diese Besonderheit dazu, dass die Positionierung in besonderem Maße von allen Aktivitäten des Unternehmens, seiner Mitarbeiter, seiner Geschäftspartner und in sämtlichen Kontaktpunkten mit den Zielgruppen vermittelt wird197. Für die Positionierung bedeutet dies, dass in der Analysephase alle relevanten Wahrnehmungsebenen und Kontaktpunkte ermittelt und hinsichtlich ihrer Kompetenz analysiert werden müssen. Des Weiteren bedeutet es, dass in der Implementierungsphase eine konsistente Vermittlung der Positionierung auf allen Wahrnehmungsebenen bzw. bei allen Kontaktpunkten sichergestellt werden muss. Die Wahrnehmungsebenen können beispielsweise dahingehend abgestuft werden, wie groß der Kundenkontakt ist (vgl. Abbildung 18). Je mehr Kundenkontakt ein Aspekt besitzt, desto wichtiger ist die Umsetzung der Positionierungsvorgaben.
197
Zur Forderung nach einer ganzheitlichen Umsetzung des Markenmanagements bei allen Kontaktpunkten mit den Zielgruppen im B2C-Bereich vergleiche zum Beispiel Köhler (2001), Sander, Rätsch (2003, S. 107 und S. 114) und Frigge, Houben (2002, S. 29). Im B2B-Bereich kommt dieser Forderung aufgrund der umfassenderen Wahrnehmung eine noch größere Bedeutung zu (vgl. Abschnitt 2.2.2.1).
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
Unternehmen
Kein Kundenkontakt Werkstatt für Betriebsfahrzeuge Buchhaltung Etc.
Kontinuum zwischen Unternehmen und Zielgruppe
Kaum Kundenkontakt Geschäftsbereiche Technik Rechtsabteilung Etc.
141
Zielgruppen
Wenig Kundenkontakt
Direkter Kundenkontakt
Abrechnung Pförtner Etc.
Produkte Service Vertrieb Außendienst Kommunikation Call Center Etc.
Abbildung 18: Nähe des Kundenkontaktes von verschiedenen Wahrnehmungsebenen
Ob die beschriebenen Besonderheiten eine gänzliche Neugestaltung von Positionierungsmodellen erfordern oder in bestehende Positionierungsmodelle integriert werden können, hängt von der Art des Positionierungsmodells ab (vgl. Abschnitt 2.2.3.5). Für ein Modell mit vorgegebenen Positionierungsinhalten bedeuten die B2BBesonderheiten, dass die vorgegebenen Inhalte hinsichtlich sämtlicher Anforderungen von verschiedenen Buying Center-Mitgliedern und formaler Anforderungen des Unternehmens, sowie den Anforderungen in verschiedenen Ländern bewertet werden müssen. Die Darstellung der relevanten Positionierungsinhalte in getrennten Schaubildern oder mittels farblicher Kennzeichnung innerhalb eines Schaubildes ermöglicht dann den Vergleich zwischen verschiedenen Ländern oder verschiedenen Buying Center Mitgliedern und gegebenenfalls die Ermittlung eines einheitlichen Positionierungskerns als gemeinsame Schnittmenge dieses Vergleichs (vgl. Abschnitt 4.5.1.2). Darüber hinaus wurde die besondere Bedeutung der Glaubwürdigkeit und der tatsächlichen Kompetenz im B2B-Bereich mehrfach betont (vgl. Belz, Kopp 1994; Baumgarth 2001, S. 280 f.; Hauser, Groll 2002; Plötner 1995). Für das Positionierungsmodell bedeutet dies, dass identifizierte relevante Positionierungsinhalte in besonderem Maße dahingehend überprüft werden müssen, ob das Unternehmen tatsächlich über entsprechende Kompetenzen verfügt. Dies könnte beispielsweise über die Zwischenschaltung einer bewährten Wettbewerbsvorteilsmatrix198 (vgl. Homburg, Krohmer 2003, S. 399; Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 197 ff.) in das Positionierungsmodell erfolgen oder über Mappen der verschiedenen Positionierungsmodelle mit den jeweiligen Anforderungen und Kompetenzen. Abbildung 19 vermittelt
198
Einige Positionierungsmodelle verwenden die Wettbewerbsvorteilsmatrix unter anderem Namen als ein Instrument im Rahmen der Positionierungsentwicklung, z.B. „Relevanz/PerformanceProfile“ bei BBDO Consulting (vgl. Sander, Rätsch 2003, S. 119), „Handlungsoptions-Matrix“ im Rahmen der Markentreiberanalyse bei McKinsey (vgl. Riesenbeck, Perrey 2004, S. 127) oder „Driving Power Analyse“ bei icon brand navigation group (vgl. Munzinger, Berens, Kuntkes 2004).
142
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Anforderungen verschiedener Buying Center-Mitglieder: Einkäufer Techniker etc.
Aggregation: Durchschnittliche Wichtigkeit für alle BCMitglieder und für das Nachfragerunternehmen Wettbewerbsvorteilsmatrix
(Formale) Anforderungen des Nachfragerunternehmens:
Tatsächliche Kompentenz des Anbieterunternehmens: (Analyse entlag der gesamten Wertschöpfungskette)
Positionierungsmodell unter Berücksichtigung der vielfältigen Anforderungen im B2BBereich
+
Kompentenzen der Leistungsbündel, Dienstleistungen und Wahrnehmungsebenen (z.B. Vertriebsmitarbeiter):
-
Aggregation: Relative Kompetenz im Vergleich zum Wettbewerb Wettbewerb
Liste potentieller Positionierungsinhalte dargestellt über Mehrdimensionale Skalierung
Anbieterunternehmen
Positionierungsmodell mit vorgegebenen potentiellen Positionirungsinhalten
Nachfragerunternehmen
beispielhaft einen Eindruck über ein B2B-Positionierungsmodell, das die Besonderheiten des Kontexts in besonderer Weise berücksichtigt.
Positionierung des Wettbewerbs im internationalen Markt: (Ziel: Differenzierung) Wettbewerber 1 Wettbewerber 2
+
Aufgrund der vielfältigen Anfoderungen im B2B-Bereich bleiben nur wenige potentielle Positionierungsinhalte aus der anfänglichen Liste übrig
Abbildung 19: Skizzierung der Anforderungen an ein Positionierungsmodell für den B2BKontext
4.1.2 Konsequenzen für die Art der potentiellen Positionierungsinhalte Eher unterschwellig werden in bisherigen Arbeiten zum B2B-Markenmanagement und zur Positionierung Hinweise auf erfolgsversprechende Werte und Positionierungsmerkmale für den B2B-Kontext gegeben. Auffallend ist hierbei, dass es sich immer wieder um die klassischen Merkmale handelt: Kompetenz, Vertrauen, Innovation, Service, Glaubwürdigkeit und „Alles aus einer Hand“ (vgl. Belz, Kopp 1994; Hauser, Groll 2002; o.V. 1999; Godefroid 1995b; Kleinaltenkamp 2000, S. 213; Voeth, Rabe 2004). Ob die Entwicklung der Positionierungsinhalte im B2B-Kontext schwieriger oder leichter ist als im B2C-Kontext wird in der Literatur unterschiedlich bewertet (vgl. Hauser, Groll 2002; Ginter, Dambacher 2002). Eine diesbezügliche Diskussion erfolgt in Abschnitt 4.4.
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
143
Klar ist aber, dass die Besonderheiten im B2B-Kontext mit Konsequenzen für die Positionierungsinhalte einhergehen (vgl. Abschnitt 2.2.1.2 und 2.3.1). „Die Erwartungen und Anforderungen an die Marke betreffen (unthematische) „benefits“, die in dieser Intensität beim klassischen Konsumartikel nicht festzustellen sind“ (Merbold 1993, S. 579). Zum einen können B2B-Besonderheiten allgemein anerkannte Anforderungen, welche an eine erfolgreiche Positionierung gestellt werden, verstärken oder erweitern (vgl. Abschnitt 2.2.3.4). Zum anderen stützen einige B2B-Besonderheiten eher die Verwendung von rationalen Positionierungsinhalten, während andere durchaus die Verwendung von emotionalen Positionierungsinhalten bekräftigen (vgl. zur Relevanz von Rationalität und Emotionalität im B2B-Bereich Abschnitt 4.2). Eine in dieser Arbeit entwickelte Darstellung zu dieser Thematik liefert Tabelle 14. Konsequenzen für … B2BBesonderheiten
… die Bedeutung einzelner Anforderungen an Positionierungsinhalte
… die Art der Positionierungsinhalte: ratio- emotinal onal
… potentielle Positionierungsinhalte
Art der Märkte Markttransparenz
Aufmerksamkeit, positive Differenzierung vom Wettbewerb, Einzigartigkeit Internationalität Fit der Positionierungsinhalte in allen Ländern (Standardisierung vs. Adaption)
x
x
x
x
Leistungsfähigkeit, Kompetenz, Beziehungsfähigkeit, guter Ruf, Partnerschaft Internationalität, Flexibilität, Überall vor Ort
Art der Vermarktung bzw. des Angebots Direkter Vertrieb bzw. Persönlicher Verkauf
Kompetenz bei Mitarbeitern mit Kundenkontakt, Operationalisierbarkeit
MultiFit der Positionierung von Suborganisationali- unternehmen zur eigenen tät Positionierung, Kompetenz auch bei Subunternehmen vorhanden
-
x
x
x
x
-
x
x
Betreuung, Ähnlichkeit der Persönlichkeiten, Kundenbindung, Offenheit, Beratung, Informiertheit, Kompetenz der Mitarbeiter, Verständnis für Branchen, Freundlichkeit, Bodenständigkeit, keine Arroganz, Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Beziehungsorientierung, Freundlichkeit, Offenheit, Aussehen, ernst nehmen Netzwerk, Integrationsfähigkeit, Integration von Geschäftspartnern, „Alles aus einer Hand“, Überall vor Ort
Art der Nachfrage Derivativer Bedarf Betrieblicher Bedarf
Relevanz für Individuum und Relevanz für das nachfragende Unternehmen, Fit zum Individuum und Fit zum nachfragenden Unternehmen; Mit dem betrieblichen Bedarf verbunden sind: hohe Bedeutung der Distribution und gravierende Konsequenzen einer Fehlentscheidung und deshalb ein hohes wahrgenommenes Risiko
Formalisierter Rationaler Nutzen Beschaffungsprozess Multipersonali- Aufmerksamkeit, Relevanz, Fit, tät (Buying rationaler und emotionaler NutCenter) zen für alle Mitgliedern im Buying Center, besonders für Ent-
x
x
x
Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Qualität, Prestige, Aussehen, Problemlösungskompetenz, Sicherheit Leistungsfähigkeit, Qualitätsnachweise, Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit, Versprechen halten, Sicherheit, Professionalität, Erfahrung, Verantwortung, vertragliche Regelungen, Informationsvermittlung, Glaubwürdigkeit, Seriosität, Glaubwürdigkeit, Bodenständigkeit, Prestige, Schnelligkeit, Flexibilität, „Da sein“, alles läuft rund“ Aber Entscheider sind auch Menschen: Prestige, Erfolg, Offenheit, Aussehen, Heimatverbundenheit, Weltoffenheit, Fairness, Tradition, guter Ruf, „Mitdenken“, Vorbild sein, Erfolg haben. Für Individuum Emotionales zur Sicherheit, für Unternehmen Rationales zur Rechtfertigung. Preis-Leistungs-Verhältnis, Qualitätsstandards, Serviceleistungen, Kompetenz, Erfahrung, Leistungsfähigkeit, Problemlösungskompetenz, Referenzen, Know-how, Informationsaustausch Vielseitigkeit, Fairness, Gerechtigkeit, Offenheit, Beziehungsfähigkeit, Freundlichkeit, Integrativität, Unterschiedliche Relevanz für einzelne Buying-Center Mitglieder:
144
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Konsequenzen für …
B2BBesonderheiten
… die Bedeutung einzelner Anforderungen an Positionierungsinhalte
… die Art der Positionierungsinhalte: ratio- emotinal onal
scheider (Standardisierung vs. Anpassung)
Anspruchsvolle Relevanz des PositionierungsEinkäufer versprechens für Einkäufer; tatsächliche Differenzierung und Kompetenz Lang dauernde Kontinuität; Relevanz und OpeKaufentschei- rationalisierbarkeit auf allen dungsprozesse Stufen des Kaufprozesses Langfristigkeit Kontinuität, tatsächliche Kompevon Geschäfts- tenz, Zukunftsfähigkeit, Operatibeziehungen onalisierbarkeit
x
-
-
x
-
x
x
x
… potentielle Positionierungsinhalte - Entscheider: Reputation, Kompetenz, Erfahrung, Serviceleistungen - Kaufmann: Preis-Leistungs-Verhältnis - Techniker: Funktionalität, Kompetenz Auch Unterschiede bei Erlebniswerten (z.B. Techniker: technisches Erlebnis; Kaufleute: Sicherheitserlebnis...) Professionalität, Kompetenz, Leistungsbereitschaft, Erfahrung, Informiertheit, Beratung, Flexibilität
Offenheit, Kümmern, Informationsvermittlung, Freundlichkeit, Sorgen Offenheit, Beratung, Service (vor, während, nach Kauf), Persönlichkeit der Mitarbeiter, Informiertheit, Vertrauen, Betreuung, Fürsorge, Beziehungsfähigkeiten, Hilfsbereitschaft, regelmäßiger Kontakt, ein Ansprechpartner, Ehrlichkeit, Partnerschaft, Freundschaft, Ehrlichkeit, Spaß an der Arbeit, Einfühlungsvermögen, Kümmern, Planungssicherheit
Art der Leistung Hoher Techno- Zukunftsfähigkeit, Kontinuität logie- und Innovativitätsgrad Einfachheit durch Leistungskomplexität Konzentration auf wenige Positionierungsinhalte (Hohe Unsicherheit)
Leistungsbündel
Hoher Individualisierungsgrad
Hohes Investitionsvolumen
Fit der Positionierungsinhalte zu allen betroffenen Leistungen bzw. zu Unternehmen, Kompetenz bei allen Leistungen -
Kompetenz, Leistungsfähigkeit, Referenzen, Reputation, Erfahrung, Beratung, Know-how der Mitarbeiter, Einfachheit, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Tradition, Glaubwürdigkeit, Transparenz, Zuverlässigkeit, Spezialwissen, Sicherheit, Innovativität, Integrativ, Vernetzungsfähigkeit, Informationsvermittlung Vielfältigkeit, „Alles aus einer Hand“, breite Kompetenz, Spezialkompetenz, Integrativität, Vernetzungsfähigkeit
x
x
x
x
x
x
x
x
-
x
-
x
x
x
-
x
-
-
-
-
-
-
-
Fit der Positionierungsinhalte zu Besondere Bedeutung von dem Dienstleistungsangebot Dienstleistungen
Kreativität, Innovativität, Aktivität, einen Schritt voraus sein, technisches Know-how, Leistungsfähigkeit, Experimentieren, Mut haben, Offenheit
Flexibilität, Offenheit, Individualisierung, Anpassungsfähigkeit, auf Wünsche eingehen, andere einbinden, Kompetenz, Know-how, Service, Innovativität, Kreativität, Vielfältigkeit (viele Leistungsvarianten), Beziehungsfähigkeit, Integration des Kunden Sicherheit, Vertrauen, Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit, Finanzkraft, Bonität, Tradition, Reputation, Seriosität, Vertragliche Regelungen, Dauerhaftigkeit, Service, Preis-Leistungsverhältnis, Gerechtigkeit, PreisFairness. Servicekompetenz, Beratung (vor, während, nach Kauf), Bequemlichkeit, Flexibilität, Kulanz, Freundlichkeit, Ratschläge geben, Hilfsbereitschaft, Service bei allen Touch Points
Entwicklungstendenzen Zunehmende Angebotskomplexität Eintritt neuer Wettbewerber Zunehmende technische Gleichwertigkeit Steigende F&E Kosten bei abnehmenden Produktlebenszyklen Zunehmende Fixkostenintensität
-
Zukunftsorientierung und Differenzierung Aufmerksamkeit, Differenzierung und Einzigartigkeit besonders über emotionale Nutzen Interne Probleme des anbietenden Unternehmens. Keine Relevanz für Kunden
Interne Probleme des anbietenden Unternehmens. Keine Relevanz für Kunden
Einfachheit, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Informationsaustausch Beziehungsfähigkeit, Partnerschaft, Aktivität, guter Ruf, Spaß an der Arbeit Beziehungsfähigkeit, Partnerschaft, Einfühlungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Ehrlichkeit, Eigeninitiative, Kreativität, Innovativität
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
145
Konsequenzen für … B2BBesonderheiten
… die Bedeutung einzelner Anforderungen an Positionierungsinhalte
… die Art der Positionierungsinhalte: ratio- emotinal onal
… potentielle Positionierungsinhalte
Erreichbarkeit, Internationalität, überall zu Hause, FlexibiliZunehmende tät, Netzwerk Entfernung von x x Anbieter und Abnehmer Leistungsfähigkeit, Beratung Zunehmender Differenzierung und Einzigartigkeit über besonderen rationalen wahrgenomx x oder emotionalen Zusatznutzen mener Preisdruck * Ein „x“ bedeutet, dass mit der jeweiligen B2B-Besonderheite tendenziell die jeweilige Art von Positionierungsinhalten gefördert wird, d.h. tendenziell eher rationale oder emotionale Inhalte verbunden sind.
Tabelle 14: B2B-Besonderheiten und deren Konsequenzen für die Anforderungen und die Art der Positionierungsinhalte (eigene Darstellung)
Mit den B2B-Besonderheiten sind in Bezug auf die Positionierunginhalte Auswirkungen (1) hinsichtlich der Anforderungen an eine erfolgreiche Positionierung und (2) hinsichtlich der Art der Positionierungsinhalte zu konstatieren. (1) In Bezug auf die Anforderungen an eine erfolgreiche Positionierung -
Am meisten sticht hervor, dass der Koordinationsaufwand, der im Rahmen der Positionierung als „Fit“ gefordert wird, im B2B-Bereich sehr viel umfassender ist und um einige Anforderungen ergänzt werden muss. Die klassische Fit-Bedingung im B2C-Bereich bezieht sich auf die Abstimmung der Inhalte mit den Anforderungen der Zielgruppen199 und mit der Strategie des eigenen Unternehmens. Im B2B-Bereich bestehen darüber hinaus weitere Abstimmungsbedarfe im Zusammenhang mit den Positionierungsinhalten: Fit zu allen Leistungen, Fit in allen Ländern, Fit zu den Normanforderungen des nachfragenden Unternehmens, Fit zu allen Buying-Center-Mitgliedern, Fit zum Dienstleistungsangebot, Fit auf allen Stufen des Kaufprozesses und Fit der Geschäftspartner bzw. Subunternehmen. Die Komplexität, die aus dem geforderten „Fit“ zu sämtlichen Anspruchsgruppen entsteht, wird dadurch potenziert, dass die Interessen der verschiedenen Zielgruppen mitunter entgegenstehen können (vgl. Kernstock, Esch, Tomczak, Langner 2004, S. 40 f.) und ein gemeinsamer Nenner deshalb nicht auffindbar ist (vgl. unten „Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Adaption“).
-
Zweitens begründen die B2B-Besonderheiten das Spannungsfeld zwischen Einfachheit und Professionalität der Positionierungsinhalte. Einfachheit wird im Sinne einer Komplexitätsreduktion aufgrund der hohen und tendenziell steigenden Komplexität des Leistungsangebots gefordert (vgl. Ginter, Damba-
199
Der „Fit“ der Positionierungsinhalte zu den Bedürfnissen und Nutzenvorstellungen der Zielgruppen wird in einigen Positionierungsmodellen als Zielgröße, d.h. als Positionierungserfolgsgröße verwendet (vgl. Abschnitt 2.2.3.5).
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cher 2002, S. 64 ff.; Schafmann 2000, S. 75 ff.; Hauser, Groll 2002). Sie kann einerseits durch einfache Inhalte und andererseits durch eine Fokussierung der Positionierungsstrategie auf wenige Inhalte ausgedrückt werden. Die geforderte Professionalität auf der anderen Seite begründet sich mit dem betrieblichen Bedarf, dem hohen Grad an Technologie und den hohen Ansprüchen der Einkäufer, die in der Regel ein hohes Maß an Wissen und Erfahrung bezüglich der gekauften Leistung besitzen200 (vgl. Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Merbold 1995, S. 414 f.). -
Drittens ist ersichtlich, dass im B2B-Kontext das Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Adaption eine große Rolle spielt. Ursächlich für dieses Spannungsfeld sind die vielseitigen Anforderungen und Kundenwünsche, die sich aus der Multipersonalität bei der Kaufentscheidung ergeben (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 91). Kaufleute stellen beispielsweise aufgrund ihrer Funktion andersartige Anforderungen als Techniker (vgl. Webster, Keller 2004, S. 395). In diesem Kontext stellt sich bei der Entwicklung und Implementierung der B2B-Positionierung die Frage, ob allen Zielgruppen und BCMitgliedern standardisierte Inhalte vermittelt werden, oder ob inhaltliche Anpassungen für die verschiedenen Zielgruppen vorgenommen werden. Unter diesen Umständen besteht bei B2B-Unternehmen die Gefahr, nicht die optimale, sondern eine für alle Zielgruppen akzeptable Positionierungsstrategie finden zu wollen und dadurch auf notwendige „Ecken und Kanten“ zu verzichten. Doch auch für B2B-Marken ist trotz aller Anspruchsgruppen und Koordinationserfordernissen eine Fokussierung unverzichtbar: „a firm must not take care to attempt to be all things to all people“ (vgl. McQuiston 2004, S. 348). Eine weitere Lösung könnte darin gesucht werden, einen einheitlichen Positionierungskern für alle Zielgruppen zu finden und in Einzelfällen je nach Zielgruppe weitere Positionierungsinhalte hinzuzufügen (vgl. Buying Center als Kontextfaktor in Abschnitt 4.5). Doch die Strategie, auf verschiedene Kundenbedürfnisse einzugehen, ist kritisch, da eine Verwässerung der Positionierung zu befürchten ist: „Products can have multiple positioning strategies, although increasing the number involves difficulties and risks.” (Peter, Olson 1999, S. 369) Diese grundsätzlich schon national auftretende Problematik verschärft sich im internationalen Kontext. „... international erscheint es zweckmäßig, eine über-
200
Ähnlich beschreibt Merbold (1995, S. 415) das Spannungsfeld von B2B-Marken zwischen „Spezialist“, mit einem klar und eng definierten Leistungsvermögen und einer Fokussierung auf die Kompetenz von Produkten und Menschen, oder „Universalist“, mit einem breit gefächerten Leistungsvermögen und einem Fokus auf das ganze Unternehmen.
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
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greifende Kernpositionierung ganz allgemein erkennbar zu machen, soweit nicht zwingende Besonderheiten der Länderkulturen entgegenstehen“ (vgl. Köhler 2001, S. 58 f.). Merbold (1993, S. 580) weist darauf hin, dass aufgrund der Internationalisierung des B2B-Bereiches industrielle Entscheider „mobile Leute“ sind. Eine weltweit einheitliche Positionierung ist deshalb erforderlich, um Verwirrungen zu vermeiden. Gleichzeitig fordert er „Heimat“ für die globale B2B-Marke, d.h. die Kommunikation ihrer „nationalen Wurzeln“ im Sinne des „country-of-origin“. -
Viertens werden einige vorgestellte Anforderungen an die Positionierungsinhalte massiver verlangt. Beispielsweise scheint aufgrund der hohen Innovationsgeschwindigkeiten und des steigenden internationalen Wettbewerbs die Zukunftsfähigkeit sehr wichtig. Die Langfristigkeit von einzelnen Kaufprozessen und Geschäftsbeziehungen bestärken die hohe Bedeutung der Kontinuität im Zeitverlauf. „Werbewirkung baut sich, gerade im Investitionsbereich angesichts langer Entscheidungsabläufe, in kleinen Schritten auf“ (Bunk 1991). Schließlich betonen die hohe technologische Intensität, die Langfristigkeit der Beziehungen, die Wichtigkeit der Kaufentscheidung und die hohen Investitionssummen die extrem hohe Bedeutung von tatsächlicher Kompetenz bezüglich der Positionierungsversprechen (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1579 ff.; Baumgarth, 2001, S. 279; Hauser, Groll 2002; Wiedmann, Schmidt, 1999, S. 30).
(2) In Bezug auf die Art der Positionierungsinhalte Die B2B-Besonderheiten geben Anlass sowohl auf rationale als auch auf emotionale Positionierungsinhalte zu setzten. Jedoch bedeutet dies keineswegs, dass rationale und emotionale Positionierungsinhalte vom B2C-Bereich übernommen werden sollten. Vielmehr bewirken die Besonderheiten, dass im B2B-Bereich spezifische rationale und emotionale Inhalte von Relevanz sind (vgl. Gray 2001; Merbold 1993, S. 579; vgl. auch Abschnitt 2.2.1.3). Als rationale B2B-Positionierungsinhalte sind echte Problemlösungskompetenz, Wirtschaftlichkeitsvorteile, Spezialwissen, Branchenkenntnis, Integrationsfähigkeit, Schnelligkeit, Strukturiertheit oder ein umfassender Blickwinkel vorstellbar. Erfolgsversprechende emotionale B2BPositionierungsinhalte könnten Vertrauenswürdigkeit, Risikoreduzierung, Einfühlungsvermögen, echte Partnerschaft, Ernst nehmen, Mitdenken oder Hilfsbereitschaft sein. Für die ausführliche Begründung und Diskussion, dass sowohl rationale als auch emotionale Positionierungsinhalte im B2B-Bereich relevant sein können, wird auf Abschnitt 4.2, und für eine Analyse und empirische Bewertung potentieller B2BPositionierungsinhalte wird auf Abschnitt 4.4, verwiesen.
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4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.1.3 Zusammenfassung Mit den Abschnitten 4.1.1 und 4.1.2 wurde die Forschungsfrage 1, wie sich die B2BBesonderheiten auf die Positionierung von B2B-Marken auswirken, gebührend beantwortet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Prozess der Positionierung von B2B-Marken im Großen und Ganzen mit dem Vorgehen im B2C-Bereich vergleichbar ist. Dennoch steht die Positionierung von B2B-Marken vor einigen spezifischen Herausforderungen, die auf den Besonderheiten im B2B-Kontext gründen und die Positionierung deutlich komplexer erscheinen lassen: -
Viel mehr Informationen müssen in die Positionierung einfließen und koordiniert werden. Diese werden durch Besonderheiten wie mehrere Wahrnehmungsebenen, Leistungsbündel, Bedeutung von Service, Multipersonalität, Multiorganisationalität, hohe Internationalisierung und den betrieblichen Bedarf verursacht.
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Einige Anforderungen an eine erfolgreiche Positionierung werden verstärkt gestellt: Differenzierung, Kontinuität, tatsächliche Kompetenz, Zukunftsfähigkeit und Fit.
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Es werden zusätzliche Anforderungen an eine erfolgreiche Positionierung gefordert, die insbesondere die „Fit“-Bedingung betreffen: Fit zu allen Leistungen, Fit in allen Ländern, Fit zu den Normanforderungen des nachfragenden Unternehmens, Fit zu allen Buying-Center-Mitgliedern, Fit zum Dienstleistungsangebot, Fit auf allen Stufen des Kaufprozesses, Fit der Geschäftspartner bzw. Subunternehmen.
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Die B2B-Positionierung steht vor dem besonderen Spannungsfeldern zwischen Einfachheit und Professionalität sowie zwischen Standardisierung und Adaption.
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Grundsätzlich können B2B-Positionierungsinhalte rationaler und emotionaler Natur sein. Allerdings wird erwartet, dass im B2B-Kontext andere Arten von rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten relevant sind als im B2CBereich.
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Die Besonderheiten der B2B-Positionierung müssen auf allen Stufen des Positionierungsprozesses Berücksichtigung finden. In der Analysephase sind sämtliche relevanten Informationen zu erheben. In der Phase der Strategieentwicklung müssen alle Informationen und Anforderungen integriert und koordiniert werden. Bei der Implementierung ist sicherzustellen, dass die definierten Positionierungsinhalte auf allen Wahrnehmungsebenen und bei allen
4.1 Bedeutung der B2B-Besonderheiten für die Positionierung von B2B-Marken
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Kontaktpunkten kommuniziert werden, und letztlich müssen bei der Kontrolle alle Besonderheiten beachtet werden. Positionierungsmodelle, welche speziell die Entwicklung einer Soll-Position für eine B2B-Marken stützen sollen, müssen diesen besonderen Herausforderungen in gebührendem Maße Rechnung tragen. 4.2
Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
In Abschnitt 2.1.2 wurden die Begriffe „Rationalität“ und „Emotionalität“ dargelegt und ihre Rolle für das Marketing und die Positionierung erläutert. In diesem Zusammenhang wurde bereits auf die hohe Bedeutung von beiden Aspekten bei jeglichen Kaufentscheidungen hingewiesen. Mit der Forschungsfrage 2 wird dieser Themenkomplex konkret mit B2B-Marken verknüpft: Welche Rolle spielen Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken und ihrer Positionierung? (vgl. Abschnitt 1.2). Diese Frage soll im Folgenden beantwortet werden. Aspekte der Rationalität und Emotionalität sind auf unterschiedlichen Ebenen vorzufinden (vgl. Abschnitte 2.1.1 und 2.1.2): -
Erstens auf der Anbieterseite als Reize bei der Positionierung und Kommunikation von B2B-Marken.
-
Zweitens auf der Nachfragerseite als interne Prozesse und als sichtbare Reaktionen bei Mitarbeitern.
Wichtig für die Positionierung von B2B-Marken ist, dass bei den Zielgruppen die gewünschte Wirkung bzw. Reaktion, z.B. die positive Einstellungsveränderung oder der Kauf der Marke, erzielt wird. Rationale und emotionale Positionierungsinhalte spielen vor diesem Hintergrund insofern eine Rolle, da die Frage aufgeworfen wird, welche der beiden Inhaltsarten besser geeignet ist, um die gewünschte Wirkung bei den Zielgruppen hervorzurufen (vgl. Annahmen zu Reizarten und Wirkungsarten in Abschnitt 2.1.1.2.1). Diese Frage, „ob die Zielgruppe Ingenieure und Einkaufsentscheider rational oder emotional anzusprechen sind, ist so alt wie die Kommunikation selbst“ (Woerlen 1993). Dennoch existieren unterschiedliche Begründungen für die Wirkungsmuster von rationalen und emotionalen Merkmalen auf die industrielle Kaufentscheidung. In der Vergangenheit wurde diese Thematik sehr undifferenziert betrachtet. Es wurde nicht explizit zwischen der Rolle von Rationalität und Emotionalität auf Anbieter- und Nachfragerseite im B2B-Kontext unterschieden. Einen Überblick über bestehende Reflexionen liefert dieses Kapitel. Zunächst wird die traditionell hohe Bedeutung von Rationalität für den B2B-Bereich in Abschnitt 4.2.1 begründet. Anschließend wird in Abschnitt 4.2.2 die zögerlich erkannte Bedeutung von Emotionalität und deren
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4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Begründung erläutert. Beiden Perspektiven liegen glaubhafte und nachvollziehbare Begründungen und Analysen zugrunde. In Abschnitt 4.2.3 wird deshalb der Frage nachgegangen, ob nicht einer integrierten Verwendung von Rationalität und Emotionalität der Vorzug gegeben werden sollte. Im späteren Verlauf der Arbeit wird dann konkret auf das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität auf Nachfragerseite (vgl. Abschnitt 4.3) und auf Anbieterseite (vgl. Abschnitt 4.4) eingegangen. 4.2.1 Traditionelle Übermacht von rationalen Argumenten im B2B-Bereich Die klassische Ökonomie stellt den Konsumenten als ein rational agierendes Individuum dar, das unter der Bedingung begrenzter Ressourcen bestrebt ist, seinen Nutzen zu maximieren (vgl. Hanna, Wozniak 2001, S. 289). Man spricht vom Menschenbild des „homo oeconomicus“, den es ausschließlich durch rationale Reize zu aktivieren gilt (vgl. Abschnitt 2.1.2.1). Lange Zeit prägte diese Vorstellung das gesamte wirtschaftliche Denken. In Bereichen des privaten Konsums ist unbestritten, dass dieses Menschenbild die Realität nur ungenügend abbildet und zuweilen Emotionen das menschliche Agieren determinieren. Im Business-to-Business-Kontext hingegen hält sich die Vorstellung des rational agierenden Individuums bis heute sehr hartnäckig: „Most discussions of marketing in technical fields focus on the performance characteristics of the product, or on the needs of buyers addressed by tangible features of the product” (Bendixen, Bukasa, Abratt 2004, S. 371; vgl. auch Schafmann 2000, S. 54; Lynch, de Chernatony 2003, S. 7). Begründung der (anhaltenden) Bedeutung von Rationalität Die Gründe für die hohe Bedeutung von Rationalität im B2B-Kontext lassen sich drei Kategorien zuordnen: (1) den Individuen des anbietenden Unternehmens, (2) den Individuen des nachfragenden Unternehmens und (3) dem Entscheidungsumfeld. (1) Im B2B-Bereich ist der Grad an Technologie bei den Produkten sehr hoch und nimmt einen hohen Stellenwert im Anbieterunternehmen ein. In Folge dessen sind für die Individuen des anbietenden Unternehmens eine technik- bzw. produktorientierte Denkweise und eine inside-out-Perspektive kennzeichnend (vgl. Fritz 1994; Von der Oelsnitz 1995, S. 254; Woerlen 1993; Wiedmann, Schmidt 1997, S. 19 und S. 36; Pförtsch, Schmid 2005, S. 4). Selbst beim Top-Management und den Vertriebsmitarbeitern, die gemeinsam ein Selling Center formen, überwiegt ein technischer Hintergrund, der auf Ausbildungen in Bereichen des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Informatik etc. zurückzuführen ist (vgl. Webster 1981). Engelhardt und Günter beschreiben dies mit „Dominanz der Ingenieure“ (1981, S. 18). So ist es nicht verwunderlich, dass die Forschungs- und Entwicklungsabteilung, sowie die
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
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Produktion den höchsten Stellenwert im Unternehmen innehaben. Hingegen ist das Verständnis für Marketing und Markenmanagement bei den Verantwortlichen und im gesamten B2B-Unternehmen überwiegend sehr gering: „Too many technical people have a distored view of marketing and promotion.“201 (Brierty, Eckles, Reeder 1998, S. 439; vgl. auch Schröter 1993, S. 225; Galinowski 2003, S. 7; Schwarz 2003, S. 11). Meist wird bei Marketing nur an Vertrieb und bei Marken nur an eine Werbekampagne oder einen Slogan gedacht (vgl. Ward, Light, Goldstine 1999, S. 86). Die Zusammenarbeit von Forschung & Entwicklung und Marketing ist häufig stärker durch ein Gegeneinander202 statt durch ein Miteinander geprägt (vgl. Wunderer, Walser 1986, S. 232 ff.). Eine konsequente Marktorientierung fehlt vielen Unternehmen im B2B-Bereich gänzlich, ist aber die Voraussetzung für ein fundiertes und ganzheitliches Markenmanagement (vgl. Abschnitt 2.2.2). (2) In Buying Centern der nachfragenden Unternehmen dominiert bei den Individuen ebenfalls eine Technikorientierung (vgl. Schmidt 2001, S. 236). Ergänzt werden die Technik-Versierten in den Buying Centern üblicherweise durch Kaufleute aus dem Einkauf oder dem Controlling. Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme nahe, dass bei der Einkaufsentscheidung im Buying Center einerseits stark auf technische Details, und andererseits stark auf den Preis und andere Kennzahlen geachtet und somit eher rational entschieden wird. Mehr noch wiegt aber die Tatsache, dass die Kaufentscheidung nicht als Privatperson, sondern als Mitarbeiter für ein Unternehmen gefällt wird. Je nach Art des Kaufes verfügen die Mitarbeiter über umfassendes Wissen bezüglich des gekauften Produktes, haben Routine beim Kauf, sind diesbezüglich als Experten zu bezeichnen und sind deshalb sehr anspruchsvolle Kunden (vgl. Mudambi 2002, S. 257; Ginter, Dambacher 2002, S. 57; Lynch, de Chernatony 2004, S. 405). Je höher das Know-how und die Routine, desto besser können Angebote bewertet werden und desto höher wird der Erfolg von rationalen Informationen als Kaufkriterien eingestuft. Des Weiteren kauft der Mitarbeiter nicht auf eigene Rechnung, sondern gibt fremdes Geld aus. Daraus wird abgeleitet, dass der einzelne Mitarbeiter eine geringe persönliche und emotional geprägte Beziehung zu den Gütern hat (vgl. Berekoven 1962, S. 817). Vielmehr wird vom Mitarbeiter erwartet, dass seine Entscheidung wohl durchdacht ist und rational bzw. plausibel begründet werden kann. Er schuldet dem Unternehmen, dem Vorgesetzten und seinen Kollegen Rechenschaft in Bezug auf seine Entscheidung (vgl. Merbold 1993, S. 579; Schafmann 2000, S. 54). 201
202
Das fehlende Verständnis für Marketing im gesamten B2B-Unternehmen erschwert die Marketingarbeit, da die Effektivität des Marketing von der Unterstützung anderer Unternehmensbereiche abhängt, wie der Produktion, der Technik, der Forschung & Entwicklung (vgl. Ames 1970). Weinrauch und Anderson (1982) geben eine umfassende Übersicht über typische Konflikte zwischen den Fachbereich Marketing und Technik.
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4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
(3) Hinsichtlich des B2B-Entscheidungsumfeldes gibt es mehrere Gründe, welche auf eine hohe Bedeutung von rationalen Argumenten beim Kauf hinweisen. Grundsätzlich baut dieses Denken auf dem Bild des „homo oeconomicus“ bzw. „rational buyer“ auf (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 408). Zum einen sind betriebliche Käufe mit einer hohen Tragweite und mit hohen Investitionen für das Unternehmen verbunden (vgl. Trommer 1984, S. 86; Von der Oelsnitz 1995, S. 253; KriegbaumKling 2004, S. 335). Von der Güte und der Lieferung der eingekauften Ware hängen sowohl der Produktionsprozess und die finanzielle Situation des Unternehmens (organisatorisches Risiko) als auch die eigene Karriere des Verantwortlichen ab (persönliches Risiko) (vgl. Black 1973, S. 19; Mudambi 2002, S. 526; Schafmann 2000, S. 54). Um das organisatorische Risiko zu minimieren, sind die Kaufprozesse in vielen Unternehmen stark formalisiert und Informationsansprüche sowie Mindeststandards wie Qualitätsanforderungen, Liefertermine, wirtschaftliche Kriterien vorgegeben (vgl. Schafmann 2000, S. 54). Damit werden vermeintlich rationale Entscheidungen erzwungen und die Flexibilität der einzelnen Mitarbeiter wird eingeschränkt. Schafmann (2000, S. 54 f.) führt als weitere vermeintliche Gründe für rationale Entscheidungen die Multipersonalität und die damit assoziierte breitere Informationsbasis in B2B-Kaufprozessen an. Multipersonalität zwingt die Beteiligten, die eigene Meinung mit sachlichen Argumenten und Fakten zu untermauern und so, die Gruppen von der eigenen Präferenz zu überzeugen. Wird die notwendige Informationsgrundlage für die Entscheidung im Buying Center arbeitsteilig zusammengetragen, ist von einer umfassenderen und zeitaufwendigeren Informationsanalyse und deshalb von einer tiefer durchdachten und rationalen Entscheidung auszugehen (vgl. Schulz 1972, S. 23). Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass übergeordnete Menschen- und Organisationsbilder jegliche Emotionalität verleugnen (vgl. Nippa 2001, S. 219). Die westliche Welt ist von der Vorstellung geprägt, dass logischanalytisches Denken und bewusste kognitive Prozesse überlegen sind (vgl. Domagalski 1999, S. 835). Emotionen, Intuition und Leidenschaft werden hingegen als „dysfunktionel“ und „destruktiv“ eingestuft (vgl. Loewenstein 2000; Zeelenberg 1999). Von Mitarbeitern eines Unternehmens wird erwartet, dass sie Alternativen ausgiebig abwägen und sich zielorientiert entscheiden (vgl. auch Abschnitt 2.3.3).
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
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Gründe für die hohe Bedeutung von Rationalität im B2B-Kontext Individuen des anbietenden Unternehmens Produkt- und technikorientiert, nicht marktorientiert oder markenaffin Selling Center: Geschäftsführung und Vertrieb technisch versiert
Individuen des nachfragenden Unternehmens Buying Center: Technischer oder kaufmännischer Hintergrund Know-how und Routine beim Kauf Kauf als Mitarbeiter für ein Unternehmen auf fremde Rechnung Rationale Begründung und Rechenschaft gefordert Keine persönliche oder emotionale Beziehung zum Produkt
B2B-Entscheidungsumfeld Hohe Bedeutung des Kaufs für den Produktionsprozess Vorgeschriebene Mindeststandards Formalisierte Entscheidungsprozesse Multipersonalität erzwingt gegenseitige plausible bzw. rationale Argumentation Umfassende und zeitaufwendige Informationsgrundlagen bei Arbeitsteilung möglich Offensichtliche Diskreditierung von Emotionen und Intuition in übergeordneten Menschen- und Organisationsbildern
Abbildung 20: Gründe für die hohe Bedeutung von Rationalität im B2B-Kontext (eigene Darstellung)
Folge: Rein rationale Positionierung und Kommunikation im B2B-Bereich auf Anbieterseite Auf Grundlage dieser Umstände bei den Unternehmen und deren Mitarbeitern wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass rationale Inhalte zur Positionierung und Kommunikation (Reize) für B2B-Marken besonders geeignet sind. Entsprechend wurden in der Vergangenheit lange Jahre ausschließlich messbare Produkteigenschaften und rationale Informationen im Industriegütermarketing betont (vgl. Blombäck, 2005, S. 43; Shaw, Giglierano, Kallis 1998, S. 45; Esch 2000, S. 252; Esch, Andresen 1996, S. 81). Emotionale und aktivierende Wirkungen wurden im B2BBereich als wirkungslos betrachtet, weshalb dem Aufbau von markenspezifischen Erlebniswelten zu wenig Bedeutung beigemessen wird (vgl. Merbold 1995, S. 415; Wiedmann, Schmidt 1997, S. 13; Wiedmann, Schmidt 1999, S. 30). Werbung im B2B-Bereich „vernachlässigt weitgehend die Gefühlsebene in der Argumentation für Entscheider, Beeinflusser und eigene Mitarbeiter“ (Belz, Kopp 1994, S. 1584) und gilt eher als trocken und nur vereinzelt als “originell und mutig” (vgl. Bunk 1991). Kritik an der reinen Rationalität Doch die historisch vermutete Überlegenheit rein rationaler Entscheidungen findet keinerlei empirische Bestätigung und steht im Konflikt mit den Erfahrungen des Konsumgütermarketing und den Erkenntnissen über die menschliche Persönlichkeit (vgl. Shaw, Giglierano und Kallis 1998, S. 45; Herrmann 1999, S. 102). Stattdessen las-
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4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
sen sich mehrere Kritikpunkte bzw. Grenzen der reinen Rationalität203 aufzeigen. Abgesehen von allgemeinen Kritikpunkten einer rationalen Entscheidung, die auf der Begrenzung menschlicher Kapazitäten, der hohen Komplexität und Informationsüberlastung sowie dem hohen Zeitdruck basieren (z.B. selektive Wahrnehmung, begrenzte Ressourcenverarbeitungskapazität )204, lassen sich spezielle Kritikpunkte vor dem Hintergrund des B2B-Kontextes ableiten. Erstens ist es abwegig, dass ein Individuum im Sinne einer „gespaltenen Persönlichkeit“ im Privatleben und Berufleben zwei völlig entgegengesetzte Denk- und Handlungsweisen innehat, d.h. im Privaten emotional, impulsiv, beeinflussbar und entscheidungsavers und im Berufsleben rational, objektiv kalkulierend, unvoreingenommen und entscheidungsfreudig ist (vgl. zur Darstellung der Diskrepanz zwischen privatem und beruflichen Handlungsraum Schafmann 2000, S. 56; Dichter 1973, S. 16; Hill 1972, S. 50). Zwei Zitate verdeutlichen dies: -
„One of the persistent failures of our time is the belief that when a man undertakes a technical job, or is solving a technical problem, he can separate himself from his ordinary human emotions and act coldly and logically, functioning as an „intelligent calculating machine”.” (Dichter 1973, S. 16).
-
„Are we to believe that an executive makes business buying decisions based on quantifiable product characteristics and yet makes personal buying decisions based on intangibles?” (Shaw, Giglierano, Kallies 1989, S. 45).
Unter der Prämisse, dass das Menschenbild im B2C-Marketing der Realität entspricht, wäre das Bild des industriellen Entscheiders anzupassen und um Emotionalität und Irrationalität zu ergänzen205. Zweitens kann argumentiert werden, dass rationales Entscheiden umso schwieriger ist je mehr Personen an der Entscheidung, d.h. im Buying Center, beteiligt sind (vgl. „Logik des kollektiven Handelns“ bei Olson 1965). Diese Personen werden in den seltensten Fällen einheitliche Absichten verfolgen. Vielmehr ist die Realität geprägt von „Machtspielen, Intrigen, Konfliktbewältigung, Koalitionsbildung oder Entscheidungsunterdrückung“ (vgl. Nippa 2001, S. 223). Als Resultat sind die getroffenen Entscheidungen mitunter eher als durchge-
203
204
205
„Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie sieht sich – wie auch die damit verbundene verhaltensorientierte Ökonomie und Finanztheorie – dem Dilemma ausgesetzt, zwar über eine Vielzahl von Falsifizierungen der normativen Entscheidungstheorie oder neoklassischen und Institutionen-Ökonomie, aber über kein geschlossenes Theoriegebäude zu verfügen, das annähernd so einfach, reduktionsistisch und abstrakt ist“ (vgl. Nippa 2001, S. 228 und dortige Autoren). Allgemein zu Grenzen der Rationalität siehe Cook und Levi (1990). Vergleiche Blythe (1997, S. 64 f.), Hanna, Wozniak (2001, S.110 f.), Kobes (1993, S. 22), Kotler, Bliemel (2001, S. 345), Miller, Hickson, Wilson (1996, S. 294) und Wiswede (1992, S. 73 ff.). Ein weiteres Indiz dafür, dass Individuen ihr Wesen und ihren Charakter in Unternehmen beibehalten, ist in dem Phänomen von informalen Organisationsstrukturen zu sehen (vgl. Schafmann 2000, S. 57).
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
155
setzte Vorstellungen Einzelner oder als gemeinsame Kompromisse zu interpretieren, nicht aber als rationale Entscheidung für viele Einzelne zu bezeichnen. „Wenn Menschen strikt nach ihrem individuellen Interesse handeln, dann kann es sein, dass dies zum Nachteil ihres gemeinsamen Interesses geschieht“ (Elster 1987, S. 22). Drittens ist rationales Entscheiden bei Ungewissheit, z.B. über die zukünftige Entwicklung oder Veränderungen, die Änderungen von Rahmenbedingungen oder von eigenen Vorstellungen, kaum möglich (vgl. Wiesenthal 1987, S. 9). Im B2B-Bereich ist diesbezüglich an die ständigen Technologiewechsel und die hohe Komplexität von Produkten und Prozessen zu denken, die eine rein rationale Entscheidung erschweren. Zusammenfassend wird konstatiert, dass die im B2B-Bereich weit verbreitete Auffassung eines „komplett rationalen Investitionsvorgangs längst überholt und damit falsch“ ist (vgl. Pförtsch, Schmid 2005, S. 47). Darüber hinaus ist fragwürdig, ob rationales Entscheiden bedeutet, dass lediglich Positionierungs- und Kommunikationsinhalte rational sein müssen (vgl. Abschnitt 2.1.1.2.1). Die Entscheidung für rationale und bzw. oder emotionale Merkmale der Marke ist unabhängig von der Art der Entscheidung. Doch auch die bisherige Positionierung und Werbung von B2B-Marken wird als zu einseitig, zu wortlastig, zu informativ und zu wenig emotional kritisiert (vgl. Baumgarth 2001, S. 117 und S. 280; Kleinaltenkamp, Plötner 1994; Pförtsch, Schmid 2005, S. 85). Anwendungsbereich Trotz Kritik an rein rationalen Entscheidungen und „... Trotz unbestreitbarer Widerlegungen dominieren das Rationalitätsparadigma und seine Axiome die Hauptströmungen der Ökonomie sowie speziell der Entscheidungsforschung“ (vgl. Diedrich 1996). Doch darf die Kritik an der Rationalität nicht derart verstanden werden, dass Rationalität keinerlei Bedeutung zukommt. Vielmehr gibt es spezielle Anwendungsbereiche, in denen eine einseitig rationale Positionierung von B2B-Marken durchaus angebracht ist, beispielsweise auf Märkten mit echten Innovationen oder auf HighInvolvement-Märkten (vgl. Belz, Kopp 1994). 4.2.2 Zögerliche Entdeckung von Emotionen im B2B-Bereich Im vorangegangenen Abschnitt wurde die traditionelle Überlegenheit der Rationalität im B2B-Kontext beschrieben. „This focus on rationality has underpinned the longheld assumption that the organisational buyer ‘is not an emotional or impulsive one; he is making a rational decision’. … The notion of organisational purchasers as purely rational buyers has, however, been increasingly questioned and challenged.” (Lynch, de Chernatony 2004, S. 405; und dort Wolter, Bacon, Duhan, Wilson 1989; Wilson 2000; Fineman 1996, S. 543). Im Laufe der Zeit kam verstärkt Kritik an der reinen Rationalität auf (vgl. Abschnitt 4.2.1). Diese setzte unter anderem daran an,
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4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
dass rationale Merkmale die organisationale Kaufentscheidungen nicht vollständig erklären konnten206 (vgl. Bendixen, Bukasa, Abratt 2004, S. 371). Das Interesse an Emotionalität im B2B-Kontext stieg: „Die Beschaffung von Investitionsgütern ist oft emotionaler als es den Maschinenbauern lieb ist“ (Pförtsch, Schmid 2005, S. 47). Selbst Innovationen, Perfektion, Technik und Maschinen können für das Gehirn hochemotional sein (vgl. Häusel 2004, S. 7). Inzwischen wurden erste Analysen zu diesem Thema durchgeführt (vgl. Überblick über erste Studien unten bei „Folge“). Aufgrund der ersten Ergebnisse wird mittlerweile selbst im B2B-Bereich anerkannt, dass Entscheidungen nur zum Teil von der Ratio beeinflusst werden und auch emotionale Komponenten eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen (vgl. Barten 1997; Von der Oelsnitz 1995, S. 254). Woerlen (1993, S. 66) bezeichnet diese Entwicklung von der Rationalität zur Emotionalität als Wandel vom „Wettbewerb der Ingenieure“ zum „Wettbewerb der Werbung“. Begründung der (langsam anerkannten) Bedeutung von Emotionalität Die Gründe für die hohe Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext sind in drei Kategorien zu suchen: (1) den Individuen des nachfragenden Unternehmens, (2) dem B2B-Entscheidungsumfeld des nachfragenden Unternehmens und (3) dem B2B-Gesellschafts- bzw. Wettbewerbsumfeld. (1) Die primäre und meistgenannte Begründung für die hohe Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext setzt bei den Individuen des nachfragenden Unternehmens an: auch den industriellen Einkauf tätigen Menschen207 und nicht „juristische Personen“ (vgl. Von der Oelsnitz 1995, S. 254; Ginter, Dambacher 2002, S. 54; Keller, Webster 2004, S. 395; Waldmann, Primus 2005, S. 25; vgl. Kritik an der „gespaltenen Persönlichkeit“ in Abschnitt 4.2.1). Eine Zitat von Harding (1966, S. 76) vor vielen Jahren veranschaulicht dies: -
„... that corporate decision-makers remain human after they enter the office. They respond to “images“; they buy from companies to which they feel “close“; they favor suppliers who show them respect and personal consideration, and who do extra things “for them”; they “over-react” to real or imagined slights, tending to reject companies which fall to respond to bingo cards, or delay in submitting requested bids.”
206
207
„Human behavior cannot be understood without considering emotion (…) and thus it is likely that in some, if not in all, business purchasing emotion has a part to play.” (Bennet, Härtel, McCollKennedy 2005, S. 105). So rühmen sich Bennett et al. (2005, S. 104) sogar als erste Arbeit den Nachweis zu erbringen, dass im B2B-Kontext „affect“ eine größere Rolle spielen könnte als „cognition“, wenn auch nur speziell für B2B-Services. Nach Weinberg prägen Emotionen den Menschen sowohl im Privatleben als auch im Berufsleben, denn „Emotionen sind biologisch programmiert“ (vgl. Kobes 1993, S. 22; vgl. auch Abschnitt 2.1.2.1.2).
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
157
Menschen, ob als Privatperson oder Geschäftspartner brauchen „Streicheleinheiten für die Seele“ (o.V. 2002). Als menschliches Wesen betrachtet sind Entscheider in Unternehmen mit den aktuellen Problemen in allen Beschaffungssituationen konfrontiert: Informationsüberlastung, selektive Wahrnehmung, begrenzte Ressourcenverarbeitungskapazität etc. (vgl. Lasogga 1998b, S. 84; Wiswede 1992, S. 73 ff.). Besonders Top-Managern fehlen im Normalfall die Informationstiefe und Beschäftigungszeit für eine ausgiebige Entscheidung (vgl. Merbold 1993, S. 579). Emotionale Aspekte in Form von Reputation, Glaubwürdigkeit etc. stellen vor diesem Hintergrund eine kognitive Entlastung dar. Mit emotionalen Erlebniswerten kann eine „angenehme Atmosphäre“ geschaffen werden, „die eine positive Auswirkung auf den gesamten Informationsverarbeitungsprozess hat“ (vgl. Lasogga 1998a, S. 58). Auch persönliche Beziehungen können im B2B-Marketing als emotionales Element verstanden werden (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1589). Eine angenehme und emotionale Beziehung mit Geschäftspartnern kann die Entscheidungssituation entlasten und darüber hinaus auch das Bedürfnis des Menschen nach sozialer Integration erfüllen (vgl. Schafmann 2000, S. 140 ff.). (2) Andererseits sehen sich Entscheider in Unternehmen zusätzlichen Herausforderungen gegenüber, die mit dem speziellen B2B-Entscheidungsumfeld verbunden sind. Industrielle Entscheidungen sind durch ein hohes Maß an Zeitdruck, hohe Investitionen, unüberschaubare Angebote und hohe Produktkomplexität gekennzeichnet (vgl. Abschnitt 2.2.1.2; Pförtsch, Schmid 2005, S. 13; Barten 1997, S. 179; Hutton 1997). Zudem sind die Entscheidungen von hoher Wichtigkeit für das Unternehmen, z.B. Gefahr des Produktionstops oder Qualitätsprobleme, aber auch von hoher Wichtigkeit für die eigene Person, z.B. Gefahr eines Karriereknicks oder des Arbeitsplatzverlustes bei einer großen Fehlentscheidung (vgl. Schafmann 2000, S. 54; Mudambi 2002, S. 526). All diese Herausforderungen manifestieren sich in einer hohen wahrgenommenen Unsicherheit des Entscheiders (vgl. Merbold 1993, S. 578; Heide, Weiss 1995, S. 30 f.; Hüttmann 2003, S. 150; Kemper 2000, S. 66; Plötner 1995, S. 11). Um die Unsicherheit bzw. das persönliche und unternehmerische Risiko zu reduzieren, würdigen Entscheider vermehrt weiche Entscheidungsfaktoren wie Image, Reputation oder Vertrauenswürdigkeit des Anbieters (vgl. Merbold 1993, S. 579; Shaw, Giglierano, Kallis 1998, S. 50 und 52; Lynch, de Chernatony 2004, S. 409; Waldmann, Primus 2005, S. 25; Brandtner 2005, S. 6). Nicht nur eine Marke selbst (vgl. Abschnitt
158
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
2.2.2.2), sondern insbesondere ihre emotionalen Bestandteile wirken in diesem Umfeld als Sicherheitssurrogat208 und erleichtern dadurch die Entscheidungsfindung. Emotionen kommen im B2B-Entscheidungsumfeld zwei Funktionen zu. Zum einen wirkt die Integration von emotionalen Aspekten im Sinne einer „Initialzündung“ bedarfsverdeutlichend und anregend, wenn nicht sogar als „Katalysator“ für das Treffen von Entscheidungen (vgl. Barten 1997, S. 172; Nippa 2001, S. 233 ff.; und Abschnitt 2.1.2.4). Und zum anderen ist eine erlebnisbezogene Kommunikation notwendig, um industrielle Käufer von der Richtigkeit einer Entscheidung zu überzeugen, d.h. gewinnen wird der Anbieter „von dem sie glauben, dass er den Erfolg garantiert“ (Sitte 2001, S. 29 f.). (3) Darüber hinaus begründet das Gesellschafts- bzw. Wettbewerbsumfeld im B2B-Bereich eine hohe Bedeutung von Emotionalität. Auf der Nachfragerseite ist zu konstatieren, dass Privatpersonen den Wertewandel in der Gesellschaft weg von Pflicht- und Akzeptanzwerten und hin zu Selbstentfaltungswerten am Arbeitsplatz nicht ausschalten können. So öffnen sich auch im B2B-Bereich die Möglichkeiten zur Vermittlung von eher hedonistischen Werten, indem davon auszugehen ist, dass „... industrielle Entscheider, die im Konsum- und Freizeitbereich erlebnis- und genußorientiert ausgerichtet sind, eine emotionale Werbung präferieren“ (vgl. Lasogga 1998a, S. 55). Auf der Anbieterseite hingegen sieht sich der B2B-Bereich den klassischen Herausforderungen im Wettbewerbsumfeld gegenüber: gesättigte Märkte, Globalisierung, steigende Leistungshomogenität, schneller technologischer Wandel, Informationsvielfalt, Preisdruck und damit einhergehend ein immer intensiver werdender Wettbewerb (vgl. Abschnitt 2.2.1.2 und Trommsdorff 1992, S. 458). Vor diesem Hintergrund reichen rein technische Versprechen nicht mehr aus. Stattdessen müssen den Zielgruppen Zusatznutzen in Form von Emotionen als Kaufargumente geliefert werden (vgl. Backhaus 1984, S. 7; Weiss, S. 16). Trotz des schnellen, technologischen Wandels gleichen sich die angebotenen Leistungen immer mehr an, d.h. die Homogenität der B2B-Güter steigt (vgl. Lasogga 1998a, S. 54). Erstens bieten technisch-rationale Merkmale in einem Markt mit homogenen Leistungen keine Möglichkeit, sich vom Wettbewerb abzugrenzen209. Emotionen sind hier der einzige Weg, eine Differenzierung vom Wettbewerb zu erreichen (vgl. Berekoven 1962, S. 818; Preslmayer 2005, S. 13; Saunders, Watt 1979, S. 115 f.; Trommsdorff 1992, S. 458; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 128; Lynch, de Chernatony 2004, S. 408; Wald-
208
209
Von einer starken Marken werden direkt auch Rückschlüsse auf eine bessere Qualität der Produkteigenschaften gezogen (vgl. Esch 2000, S. 191). Nach Wiedmann (1996b, S. 65) sind im B2C-Bereich mit zunehmender Emotionalisierung Vorteile verbunden, welche auch im B2B-Kontext Gültigkeit haben sollten: das Profilierungspotential und das Kundenbindungspotential steigen, das Nachahmungsrisiko und die Planbarkeit nehmen hingegen ab.
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
159
mann, Primus 2005, S. 25). Zweitens ist eine Positionierung über technische Merkmale, aufgrund des technologischen Wandels, sehr kurzlebig. Es besteht jederzeit die Gefahr, vom Wettbewerb mit neuen Innovationen überrollt zu werden. Mit emotionalen Versprechen und übergreifenden Problemlösungen kann hingegen eine dauerhafte Bindung erzielt werden, welche die technisch-funktionale Entwicklung überdauert (vgl. Lasogga 1998b, S. 84; Lynch, de Chernatony 2004, S. 403). Emotionale Versprechen an die Zielgruppen können vom Wettbewerb nicht leicht und schnell kopiert werden (vgl. Brandt, Johnson 1997). Drittens kann auch das Grundproblem des immer intensiveren Wettbewerbsdrucks und des Preisdrucks nur durch den Aufbau eines einzigartigen Images gemildert werden. Eine emotionale Bindung von Zielgruppen kann eine Lösung vor drohenden Preisspiralen darstellen. Und viertens kann Folgendes festgehalten werden: „Emotionen und Bilder schaffen (falls richtig gewählt) Sympathie. Sie sind in der Lage auch im Industriegütermarketing wirksam zu differenzieren und „Schlüsselerlebnisse“ mit dem Anbieter zu verbinden, die sich in einer Informationsflut durchsetzen“ (Belz, Kopp 1994, S. 1589). Gründe für die hohe Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext Individuen des nachfragenden Unternehmens
B2B-Entscheidungsumfeld
Industrielle Kaufentscheidung treffen auch „Menschen“ nicht „juristische Personen“ Individuen haben keine „gespaltene Persönlichkeit“ im Privatleben und im Arbeitsleben Suche nach Vereinfachung aufgrund klassischer Wahrnehmungsprobleme: Informationsüberlastung, selektive Wahrnehmung, begrenzte Ressourcen Bedürfnis nach sozialer Integration
Hohe Unsicherheit und hohes persönliches und unternehmerisches Risiko aufgrund von: Zeitdruck Hohen Investitionen Hoher Produktkomplexität Hoher Bedeutung der Entscheidung für eigene Person und Unternehmen
B2B-Markt- bzw. Wettbewerbsumfeld Wertewandel in der Gesellschaft Wettbewerbsintensität Leistungshomogenisierung Technologischer Wandel Preisdruck Informationsvielfalt
Abbildung 21: Begründung für die hohe Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext (eigene Darstellung)
Folge: Verstärkt emotionale Positionierung und Kommunikation im B2BBereich auf Anbieterseite Auf Basis der verhaltenswissenschaftlichen und psychologischen Erklärungen sowie der beschriebenen Wettbewerbsveränderungen liegt die Schlussfolgerung nahe, dass emotionale Aspekte B2B-Entscheidungen beeinflussen können. Schafmann (2000, S. 59-66) gibt in einem historischen Überblick die Auseinandersetzung mit emotionalen und sozialen Faktoren im B2B-Kaufverhalten. Sie unterscheidet Arbeiten auf pragmatischer, praxisorienterter Ebene und Arbeiten auf modelltheoretischer Ebene (vgl. auch Abschnitt 2.1.1.1). Zahlreiche Arbeiten stammen
160
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
aus den 60er und 70er Jahren. Danach ebbt die Auseinandersetzung mit diesem Thema wieder ab. Seit Mitte der 90er Jahre steht Emotionalität jedoch wieder vermehrt im Fokus der B2B-Literatur (vgl. chronoligischer Überblick in Tabelle 15). Bislang fehlt es zwar noch an fundierten, umfassenden Ausarbeitungen und empirischen Studien zu diesem Thema, doch es mehren sich praxisbezogene Veröffentlichungen, die den Einsatz von Emotionen im B2B-Bereich empfehlen (vgl. KroeberRiel, Weinberg 2003, S. 368; Schafmann 2000, S. 60). Und auch erste kleinere wissenschaftliche Arbeiten weisen auf die hohe Relevanz von psychologischen und intangiblen Merkmalen auch bei rationalen und systematischen Entscheidungen sowie im B2B-Kontext hin (vgl. Tabelle 15 und Abschnitt 2.2.2.2). Als erste Arbeit, welche die Bedeutung von Emotionen für B2B-Marken explizit hervorhebt und konzeptionell diskutiert, verdient die Veröffentlichung von Lynch und de Chernatony (2004) besonderere Beachtung. Autor
Kontext
Fundiertheit
Emotionen als ... Reiz (S) X
Wirkung (OR)
X
Lehmann, O`Shaugh nessy 1974
Analyse von industriellen Kaufkriterien
Empirisch
Wolter, Bacon, Duhan, Wilson 1989
Schätzung des Marktwertes von alternativen Produkten
Empirisch
X
Woerlen 1993
Werbung für Investitionsgüter
Praxisbeispiel
X
Schröter 1993
Relevanz von B2B-Marken
X
Hague, Jackson 1994 Von der Oelsnitz 1995 Merbold 1995
B2B-Marken allgemein
McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997
Modell des industriellen Markenwertes
Konzeptionell Konzeptionell Konzeptionell Konzeptionell Empirisch
Barten 1997
Marketingkommunikation bei industriellen Anlagen Werbung im B2B-Kontext (nicht konkret zu B2BMarken)
Konzeptionell
X
Empirisch
X
Lasogga 1998a, b und c
Aufbau von B2B-Marken Aufbau von B2B-Marken
X
Aussage 17 Merkmale werden zu fünf Faktoren aggregiert. Die Empfehlung lautet, Merkmale wie Glaubwürdigkeit der Lieferung, Glaubwürdigkeit der Produkte, Service und Flexibilität zu betonen. Es handelt sich durchgehend um eher emotionale Merkmale, ohne dass dies direkt benannt wird. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Emotionalität von verschiedenen Buying Center Mitgliedern sehr unterschiedlich bewertet wird: Designer bewerten emotionale Aspekte positiver als Einkäufer. Auch auf der Wirkungsseite finden beide Arten von Verarbeitung statt: „... an industrial buyer, ..., is both thinking rationally and reacting emotively to the product options...“ (S. 83) Aufgrund der Wettbewerbsbedingungen wird die Werbung, die Gefühl und Verstand anspricht, im B2B-Bereich immer wichtiger. Emotionen schaffen Aufmerksamkeit, auf deren Basis rationale Informationen vermittelt werden können. Markenbildung auf Basis von rationalen und emotionalen Dimensionen wird im B2B-Bereich immer wichtiger. Emotionale Faktoren von B2B-Marken beeinflussen die industrielle Kaufentscheidung, da auch im B2B-Bereich Menschen entscheiden. Technikorientierte Sichtweise dominiert, obwohl auch emotionale, kompetenzvermittelnde Komponente wichtig sind.
X
X
„Emotionale, geschweige aktivierende Wirkungen“ sind bei B2B-Marken kaum möglich.
X
Der Markenwert für den industriellen Kunden umfasst die vier Leistungsmerkmale: Unternehmen, Produkt, Distribution und Service. Alle vier Bereiche können sowohl materielle als auch immaterielle Bestandteile enthalten. Zwischen beiden Bestandteilen bestehen Synergien. Immaterielle Merkmale sind auch bei rationalen und systematischen Kaufentscheidungen wichtig. Emotionen sind im B2B Bereich bzw. Anlagengeschäft nicht in der Lage, Investitionsentscheidungen zu bewirken. Dennoch können sie durchaus unterstützend wirken, indem sie Bedarf aufzeigen und eine positive Gefühlsbasis liefern Emotionale Werbung wird von Buying Centern überdurchschnittlich positiv bewertet. Sie wirkt jedoch lediglich auf Erfolgsgrößen wie Aktivierung, positive Erinnerung etc. und erzielt keine konative Wirkung. Der informative Eindruck der Werbung spielt nur eine untergeordnete Rolle.
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
Autor
Kontext
Fundiertheit
Emotionen als ... Reiz (S) X
Shaw, Giglierano, Kallis 1998
Analyse der industriellen Kaufentscheidung
Empirisch
Thompson, Knox, Mitchell 1998
Analyse von industriellen Kaufkriterien im Kaufprozess
Empirisch
X
Ward, Light, Goldstine 1999
Aubau von B2B-Marken
Konze ptionell
X
Kemper 2000
Strategische Markenpolitik im Investitionsgüterbereich Emotionen im B2B-Kaufentscheidungsverhalten
Konzeptionell
X
Gray 2001
B2BMarketing
X
Baumgarth 2001
B2B-Marken allgemein
Konzeptionell Konzeptionell
Schmidt 2001
Marken bei erkärungsbedürftigen Gütern Markenpersönlichkeit von Industriegütern
Empirisch
X
Empirisch
X
Seiwert 2003
B2B-Marken allgemein
Praxisbeispiel
X
Webster, Keller 2004 Lynch, de Chernatony 2004
Aufbau von B2B-Marken
X
Markenkommunikation im B2B-Bereich
Konzeptionell Konzeptionell
Waldmann, Primus 2005 Pförtsch, Schmid 2005 Preslmayer 2005
Produktdesign bei B2BMarken
Konzeptionell
X
B2BMarkenmanagement B2B-Marken allgemein
Konzeptionell Konzeptionell
X
Schafmann 2000
Bauer, Becker 2002
161
Wirkung (OR)
X
X
Qualitative Interviews
X
X
Aussage Explizite Analyse von immateriellen Merkmalen bei der industriellen Kaufentscheidung. Differenzierung zwischen physischen und psychologischen Merkmalen. Die Resultate zeigen, dass, nachdem Basiskriterien erfüllt sind, die industrielle Kaufentscheidung stark von psychologischen Merkmalen abhängt. Die Studie analysiert Merkmale auf den einzelnen Stufen des industriellen Kaufprozesses. Das Resultat zeigt, dass emotionale Aspekte auf allen Stufen des industriellen Kaufprozesses beteiligt sind. Beispiele sind Reputation für Lieferzuverlässigkeit und Verantwortung in der ersten Stufe oder Managementfähigkeiten, Führerschaft und Vertrauen in der letzten Stufe der Kaufprozesse. Der Aufbau von B2B-Marken wird mit Hilfe der „brand pyramid“ beschrieben. Materielle bzw. objektive Eigenschaften und Nutzen sind Elemente des Produktmanagement. Sollen Marken aufgebaut werden sind zusätzlich psychologische und emotionale Nutzen und Werte wichtig sowie die Kreation einer Markenpersönlichkeit. Auch im Investitionsgüterbereich existieren emotionale Werbewirkungen. Allerdings werden die Spielräume im B2BBereich geringer als im B2C-Bereich eingeschätzt. Das Ausmaß der Emotionalität hängt von den Individuen, dem Markt und dem Angebot ab. Es werden emotionale Aspekte im Rahmen von industriellen Kaufentscheidungen betrachtet: Streben nach Vereinfachung, Streben nach Prestige und Anerkennung, Angstemotion und Risikoreduktion, Streben nach sozialer Integration. Laut der Ergebnisse werden professionelle Entscheidungsträger von allen vier Motiven beeinflusst. Bei B2B-Marken sind andere Emotionen wichtig und diese sind vorsichtiger einzusetzen als im B2C-Bereich. Bei maßgeschneiderten B2B-Leistungen sind der Aufbau von Reputation auf Basis von Kompetenz und Vertrauen und die Anwendung von emotionaler Werbung vorteilhaft, um Unsicherheit zu reduzieren. Empirisch wird eine positive Wirkung von Erlebniskompetenz auf den Erfolg des strategischen Markenmanagements nachgewiesen. Allerdings wird der Begriff „Erlebniskompetenz“ nicht näher erläutert. Es werden drei Faktoren der Markenpersönlichkeit im B2BBereich ermittelt: Erregung/Spannung, Kompetenz/ Vertrauen, Beständigkeit. In einem zweiten Schritt wird die Wirkung der drei Faktoren auf den Markenerfolg geprüft, der über die Konstrukte „Vertrauen“ und „Sympathie“ gemessen wird. Bestätigt haben sich positive Wirkungen von Kompetenz auf Vertrauen, von Beständigkeit auf Vertrauen und von Kompetenz auf Sympathie. Der Faktor Spannung wirkt nicht. Emotional aufgeladene B2B-Marken sind besser in den Köpfen der Kunden verankert.
Bei B2B-Marken sind rationale und emotionale Merkmale möglich, wobei die rationalen Elemente als wichtiger erachtet werden. Alle industriellen Mitarbeiter werden, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, bei der Kaufentscheidung sowohl durch rationale als auch durch emotionale Merkmale beeinflusst. B2B-Marken sollten deshab beide Elemente ausgewogen vermitteln. Emotionen tragen bei B2B-Marken zu Wertschaffung und zur Differenzierung bei. Produktdesign wird als emotionales Element bei der Positionierung von B2B-Marken betrachtet.
X
X
X
Beiläufig wird erwähnt, dass im B2B-Bereich nicht nur rein rational entschieden wird und neben rationalen auch emotionale Assoziationen vermittelt werden müssen. Auch B2B-Marken müssen rational und emotional an die Zielgruppen vermittelt werden, d.h. deren Kopf und Herz ansprechen.
162
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Kontext
Fundiertheit
Blombäck 2005
Image von Lieferanten
Empirisch
Bennett, Härtel, McCollKennedy 2005
Markenloyalität im B2BBereich
Empirisch
Autor
Emotionen als ... Reiz (S) X
Aussage
Wirkung (OR)
X
Bei industriellen Kaufentscheidungen spielen nicht nur, wie lange Zeit behauptet, rationale Argumente eine Rolle, sondern insbesondere auch Emotionen. Eine Studie zu B2B-Services analysiert den Einfluss von Zufriedenheit (als affektive Komponente) und Involvement (als kognitive Komponente) auf die Loyalität gegenüber B2B-Marken. Die Autoren rühmen sich als erste Arbeit den Nachweis zu erbracht zu haben, dass im B2B-Kontext bei hohem Risikoempfinden „affect“ eine größere Rolle spielen könnte als „cognition“.
Tabelle 15: Überblick über Literatur zu Emotionen im B2B-Bereich (vgl. Historie bei Schafmann 2000, S. 60 ff.; vgl. auch Tabelle 16 und potentielle B2B-Positionierungsinhalte in Anhang 1)
Leider vermitteln bisherige Studien lediglich einen ersten Eindruck über die Bedeutung von Emotionalität im B2B-Kontext. Aus diesem Grund wird einstimmig eine tiefer gehende Erforschung von Emotionalität im industriellen Kaufprozess, insbesondere in wissenschaftlichen Beiträgen, gefordert (vgl. McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 436; Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 28; Wolter, Bacon, Duhan, Wilson 1989; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 368). Auch in der Praxis sind diese Appelle bei ersten B2B-Unternehmen angekommen. Emotionen und Intuition genießen einen Aufschwung auf der Seite der Entscheidungsprozesse und auf der Seite der Kommunikation. Dies zeigt sich zum einen darin, dass vereinzelt erfolgreiche Unternehmensführer wie Heinrich von Pierer (Siemens), Wendelin Wiedeking (Porsche) oder Bernd Pischetsrieder (BMW) offen bekennen, manche Entscheidungen nach Intuition, „Bauchgefühl“ oder „Gespür“ zu treffen (vgl. Gebert 2004, S. 134; Weber 1995, S. 72 f.). Zum anderen zeigt es sich darin, dass erste B2B-Marken über Emotionen positioniert werden: „... bei den Herstellern von Gabelstaplern, Steckern und Baustoffen hielten Emotionen Einzug. „Es war, als hätte man plötzlich entdeckt, dass auch Ingenieure Wesen mit Gefühlen sind ...“ (Richter, Hammer, Hase, Wieking 2003, S. 24 f.). Doch selbst, wenn im B2B-Bereich Emotionen eine Rolle spielen, ist davon auszugehen, dass es sich um andere Emotionen handelt als bei B2C-Märkten (vgl. Gray 2001; Merbold 1993, S. 579; vgl. Abschnitte 2.2.1.3, 2.3.1, 4.1.2 sowie 4.4). Kritik an einseitig emotionaler Positionierung Emotionalität im B2B-Bereich ruft auch Skeptiker hervor. Einerseits wird angeführt, dass Emotionen zwar auch im B2B-Bereich wirken, jedoch nicht in der Art und insbesondere nicht in dem Ausmaß wie im Konsumgüterbereich (vgl. Gray 2001). Andererseits wird auf eine Erfahrung aus dem Konsumgüterbereich zurückgegriffen, wenn vor der Gefahr gewarnt wird, dass die Verbraucher auf leere „Gefühlsduseleien“ nicht hereinfallen (vgl. Richter, Hammer, Hase, Wieking 2003, S. 24 ff.). „Emotion in der Investgüterwerbung ... ist kein Selbstzweck.“ (Bunk 1991). Vielmehr müssen Emotionen derart ausgewählt werden, dass ein sinnvoller Zusammenhang mit der erbrachten Leistung erkennbar ist: sowohl im B2C-Bereich (vgl.
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
163
mit der erbrachten Leistung erkennbar ist: sowohl im B2C-Bereich (vgl. Homburg, Krohmer 2003, S. 39) als auch im B2B-Bereich (vgl. Barten 1997, S. 172; Wiedmann, Schmidt 1997, S. 20). Anwendungsbereich So wie im B2B-Bereich einerseits an der Rationalität festgehalten wird, so bleibt andererseits die Skepsis an der Emotionalität bestehen (vgl. Abschnitt 4.2.1; vgl. auch Esch 2001b, S. 252). Die Folge ist, dass in der Praxis zwar erste B2B-Marken tatsächlich über Emotionen positioniert sind, ihre Zahl im Verhältnis zur Gesamtzahl der B2C-Marken jedoch äußerst gering einzustufen ist. Dieser Umstand sollte nicht als Beweis für die Irrelevanz von Emotionen gewertet werden, sondern eher als „reelle Chance für den Aufbau eines Wettbewerbsvorteils“, der von der Konkurrenz differenziert (vgl. Winterling 1993, S. 85). Auch Wiedmann und Schmidt (1997, S. 69) stellen insbesondere für erklärungsbedürftige Güter fest, dass eine „Erlebniswelt“ mit weichen Faktoren die größten Chancen für zukünftige Erfolgspotentiale bieten. Dieser Vorteil ist umso größer, da die Besetzung von relevanten Emotionen in vielen B2B-Branchen noch nicht verteilt ist und B2B-Unternehmen mitunter noch zu den „First-Movern“ zählen können, die eine relevante Emotion in den Vorstellungen der Zielgruppen besetzen (vgl. allgemein zur Chance für „First-Mover“ bei B2B-Marken bei Ginter, Dambacher 2002, S. 55). Zu den Anwendungsbereichen für eine reine Verwendung von Emotionalität im B2B-Bereich zählen insbesondere gesättigte Märkte, Märkte mit hoher Produktbzw. Leistungshomogenität, Märkte mit wenig involvierten Zielgruppen und Märkte, in denen die Kaufentscheidung kaum von sachlichen Unterschieden abhängt (vgl. Esch 2001b, S. 252; Sitte 2001, S. 73; Trommsdorff 1992, S. 458; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 433; Lasogga 1998 a b und c). De Chernatony und McDonald (1998) behaupten, dass Gefühle im B2B-Bereich bei extrem technologischen Produkten und bei hohem finanziellem Risiko eine Rolle spielen. Darüber hinaus gilt der Einsatz von Emotionen als vorteilhaft bei Nachfragern mit Informationsüberlastung am Arbeitsplatz, mit niedrigem Informationsinteresse, mit allgemein als hoch empfundener Arbeitsüberlastung oder mit allgemeiner Aufgeschlossenheit gegenüber emotionalen Reizen, wie beispielsweise Mitarbeiter aus dem kaufmännischen Bereich und/oder einer höheren hierarchischen Position210 (vgl. Lasogga 1998a, b und c). Aber auch für spezielle Produktarten von Industriegütern wie investiven Einzelaggregaten oder auch bei System- und Anlagengeschäft wird der Einsatz von Emotionen als besonders geeignet bezeichnet (vgl. Von der Oelsnitz 1995, S. 255). 210
Gemäß der Studie von Lasogga nehmen technische Mitarbeiter ihr Umfeld anders wahr und sind gegenüber emotionalen Erlebniswerten weniger aufgeschlossen; ihre Emotionalität kommt eher in „Technik-Begeisterung“ zum Ausdruck (Lasogga 1998c, S. 308).
164
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.2.3 Rationalität und Emotionalität – eine Symbiose auch im B2B-Bereich Die Diskussionen der vorangegangen beiden Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2 zeigen, dass sowohl das Konzept der Rationalität als auch das der Emotionalität im B2BBereich auf schlüssigen Begründungen aufbaut. Damit lässt sich konstatieren, dass grundsätzlich beide Arten von Positionierungsinhalten, die im B2C-Bereich schon lange zur gängigen Praxis gehören, auch im B2B-Bereich Anwendung finden können (vgl. Bendixen, Bukasa, Abratt211 2003, S. 372; Lasogga 1998a; Lynch, de Chernatony 2004, S. 404; Saunders, Watt 1979, S. 116; Ward, Light, Goldstine 1999). Sowohl reine Rationalität als auch reine Emotionalität sind mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden, und beide Alternativen sind in speziellen Anwendungsbereichen sinnvoll (vgl. Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2). Der direkte Vergleich bzw. die optimale Gewichtung beider Aspekte spaltet bis heute die Wissenschaft212. Traditionell orientierte Autoren behaupten, dass Emotionalität (bzw. Intangibles) eine geringere Rolle spielen würde als Rationalität (vgl. Webster, Keller 2004, S. 396), da im B2B-Bereich nach wie vor die Forderung nach Sachlichkeit überwiegt. Doch die „Einbeziehung emotionaler Elemente in das Kommunikations-Mix führt ... nicht zwangsläufig zu Einbußen an Sachlichkeit oder Glaubwürdigkeit der vermittelten Informationen“ (Lasogga 1998b; vgl. auch KroeberRiel 1977, S. 209). So bestätigen andere Autoren und Studien, dass im B2B-Bereich Emotionales gleichbedeutend oder sogar wichtiger ist als Rationales (vgl. Lehmann, O’Shaughnessy 1974; Shaw, Giglierano, Kallis, 1989; Saunders, Watt 1979). Auch die Unternehmenspraxis im B2B-Bereich ist sich hinsichtlich der Gewichtung von Rationalität und Emotionalität uneinig213 (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1589).
211
212
213
Bendixen, Bukasa und Abratt (2003, S. 372) und McDowell Mudambi, Doyle, Wong (1997, S. 438 ff.) sprechen nicht von rationalen und emotionalen, sondern von tangiblen and intangiblen Merkmalen. Dabei wird „tangible“ mit physikalisch, erfahren und messbar beschrieben, wohingegen „intangible“ mit schwer fassbar, visionär und emotionalen Dimensionen beschrieben wird. Damit sind diese Begriffe nicht deckungsgleich mit Rationalität und Emotionalität, tendieren aber in eine ähnliche Richtung und werden ebenso als Spannungsfeld dargestellt (vgl. Abschnitt 2.1.2). Zur vergleichenden Wirkung von rationaler bzw. informativer Werbung gegenüber emotionaler Werbung im B2B-Bereich vergleiche Lasogga (1998a, b) und Schmidt (2001, S. 237). Lassoga (1998a, S. 57) proklamiert, dass informative Werbung im Vergleich zur emotionalen Werbung in keinem Bereich überlegen ist. Die Ergebnisse von Schmidt (2001, S. 237) jedoch weisen auf eine Überlegenheit von infomativer Werbung gegenüber emotionaler Werbung hin. Auch wenn einige Autoren behaupten, dass Emotionalität bzw. Intangibles im B2B-Bereich eine geringere Rolle spiele als im B2C-Bereich, fehlen empirische Nachweise zu dieser Aussage (vgl. McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 444). Einen derartigen Hinweis liefert lediglich Schmidt (2001, S. 236) mit seiner Behauptung, dass speziell für erklärungsbedürftige Produkte Emotionen bei Konsumgütern wichtiger sind als bei Investitionsgütern. Nach wie vor ist auch die B2C-Marketing-Praxis zweigeteilt zwischen der Fraktion, welche den Konsumenten als emotional betrachtet, und der Fraktion, die noch heute zögert, sich von der Sichtweise des Kunden als sehr rationales Wesen abzuwenden und stattdessen einzugestehen, dass das Modell der „Rechen-Maschine“ ein Mythos ist (vgl. O’Shaughnessy, O’Shaughnessy 2003, Preface).
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
165
Fakt ist, dass weitere Studien notwendig sind, um die Rollen von Rationalität und Emotionalität im B2B-Bereich aufzuklären (vgl. McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 445), und zwar nicht nur auf globaler Ebene, sondern speziell vor dem Hintergrund variierender Rahmenbedingungen (vgl. auch Abschnitt 4.5). Wie so oft, wenn zwei Alternativen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen existieren, stellt sich die Frage, ob die beste Lösung nicht in einer Kombination beider Alternativen, d.h. in einer gemischten bzw. hybriden Positionierung, liegt und ob damit die Vorteile beider Alternativen und damit Synergien generiert werden können (vgl. gemischte bzw. hybride Positionierung in Abschnitt 2.2.3.4). Auch dieser Ansatz hat Anhänger214 wie beispielsweise Belz, Kopp (1994), Ginter, Dambacher (2002, S. 67), Lynch, de Chernatony (2004), McDowell Mudambi, Doyle, Wong (1997, S. 438 ff.), Wiedmann, Schmidt (1999, S. 99 f.), Wiedmann, Schmidt, Merkel (2000, S. 57), Wiedmann, Bausback (2004, S. 5 ff.) oder Woerlen (1993). Hubertz (2000, S. 26) stellt im B2C-Bereich sogar die Hypothese auf, dass beide Elemente – rationale und emotionale - für eine Kaufentscheidung derart wichtig sind, dass die Entscheidung nicht erfolgt, wenn eines von beiden fehlt. Ähnlich konkret ist die folgende Forderung für den B2B-Kontext: „Therefore a holistic approach incorporating balanced emotional and functional brand values is required, rather than a strategy that excludes one set of brand values completely“ (Lynch, de Chernatony 2004, S. 408). Um einen Eindruck über die unterschiedlichen Reize zu erhalten, zeigt Tabelle 16 einige Beispiele für rationale und emotionale Reize und Abbildung 22 Beispiele mit eher rational-informativer oder eher emotionaler Werbung für B2B-Marken (vgl. Zuordnungsproblematik und Herausforderungen in den Abschnitten 2.1.2.1 und 2.3.3).
214
Anhänger eines kombinierten Ansatzes im B2C-Bereich sind beispielsweise Bhat, Reddy (1998), Brandmeyer, Pirck (2004) und Hubertz (2000). Bhat und Reddy behaupten die erste empirische Studie zu sein, die nachweist, dass Marken gleichzeitig sowohl über emotionale als auch über rationale Elemente positioniert werden können. Im Zusammenhang mit der Hemisphärentheorie vergleiche auch Hanna, Wozniak (2001, S. 153).
166
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Rationale Reize
Emotionale Reize
Hanna, Wozniok 215 2001, S. 219
Autor
B2C
Markt
Economy in purchase, economy in use, increased profitability (financial gain), money saving, space saving, time saving, labor saving, increased performance, more effective performance, more efficient performance, consistent performance, simplicity in construction, simplicity in operation, ease of installation, ease of repair, durability (long product life), purity, availability, availability of complete servicing, low maintenance cost, quality materials, quality workmanship, thoroughly researched and tested, convenience, physical comfort, health and cleanliness, safety and security
Pride in personal appearance, pride of ownership, pride in the appearance of one’s property, ambition & recognition, desire to conform or imitate, approval from others, status, prestige and esteem, desire to express individuality, creativity, self-fulfilment, recreation, entertainment, amusement, play, sport, rest and relaxation, appetite and taste, hedonism, beauty and style, desire for adventure and variety and novelty, curiosity, guilt, fear, humour, hospitality, devotion, sympathy, love of family, romance and sex, loyalty and patriotism, generosity
Shaw, Giglierano, Kallis 1989
B2B
Continous operation, system performance monitoring, built in high security systems, office automation systems compatibility, 600 tps or greater throughput
Credibility, system growth, single source for system integration, continuous development of the system byS supplier, vendor provided in house support, vendors who understand your environment, availability of in house and personal who know the product
Brierty, Eckles, Reeder 1998, S. 105 f.
B2B
Rational needs: price, quality, product service, customer service, meeting product specifications, delivery times, reciprocity
Emotional needs: psychological needs, perceived risk, status and reward, friendship
Thompson, Knox, B2B Mitchell 1998, S. 27
Technische Kompetenz, Preis, Problemlösungen wie Lieferung und Verantwortung
Persönliches Vertrauen, kultureller Fit
Ginter, Dambacher B2B 2002, S. 67
Technik, Produktqualität, Umsatz
Namen, Werte, Öffentlichkeit, Produktdesign
Lynch, de Chernatony 2004, S. 405 und 409
B2B
Preis, Produktmerkmale, Lieferung, konsistente Vertrauen, Prestige, Karrieresicherheit, FreundQualität, Zuverlässigkeit des Lieferanten, Kun- schaft, soziale Bedürfnisse, kognitive Entlastung, Sicherheit denservice
Hague, Hague, Harrison 2005
B2B
Preis, Qualität, Lieferung, Verpackung
Beziehung, Vertrauen, Sicherheit
Tabelle 16: Beispiele für eher rationale Reize und eher emotionale Reize
Beispiel für rational-informative Werbung
Beispiel für emotionale Werbung
Abbildung 22: Rational-informative und emotionale Werbung für B2B-Marken
215
Hanna und Wozniak (2001, S. 220) weisen darauf hin, dass einige Eindrücke zu beiden Kategorien geordnet werden könnten.
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
167
Begründung der notwendigen Kombination Begründet wird die Vorteilhaftigkeit einer Kombination von Rationalität und Emotionalität einerseits mit allgemeinen Gründen wie (1) der Konzeption menschlicher Entscheidungsprozesse, (2) den fehlerhaften Annahmen im Rahmen der reinen Rationalität und der reinen Emotionalität, sowie andererseits mit speziellen Gründen aus dem B2B-Bereich wie (3) den unterschiedlichen Funktionen von beiden Elementen und (4) der Multipersonalität im B2B-Bereich. (1) Die Konzeption menschlicher Entscheidungsprozesse bezieht sich auf die Tatsache, dass neuere Studien unter Mithilfe von Neurologie und Radiologie belegen, dass emotionale bzw. affektive und rationale bzw. kognitive Prozesse im Inneren des Menschen nie unabhängig voneinander ablaufen und dass bei jeder Entscheidung, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, beide Elemente beteiligt sind (vgl. Abschnitt 2.1.2.1; o.V. 2001; Hodges 2002; Kenning et al. 2005, S. 55 und S. 57). Der Rückschluss für das Markenmanagement und seine Inhalte besteht darin, dass „rationale und emotionale Elemente miteinander verknüpft werden müssen, damit eine umfassende Aktivierung erreicht wird, die zur nachhaltigen Verankerung der Marke führt“ (vgl. Göttgens et al. 2005, S. 14). Es ist davon auszugehen, dass diese Untrennbarkeit von Emotionalität und Rationalität bei Entscheidungsprozessen im Menschen fest verankert ist, gleichgültig ob die Entscheidung als Privatperson oder als Unternehmensmitarbeiter getroffen wird. (2) Eine implizit unterstellte Annahme der reinen Rationalität bzw. der reinen Emotionalität ist oftmals, dass die Art des Reizes gleichbedeutend mit der Art der Wirkung ist. So wird angenommen, dass kognitive Entscheidungen mit rationalen Reizen beeinflusst werden können. Werden Entscheidungen eher affektiv und intuitiv getroffen, wird unterstellt, dass diese auf emotional wahrgenommene Reize reagieren. Diese Zusammenhänge wurden bereits in Abschnitt 2.1.1.2.1 in Frage gestellt und verworfen (vgl. Brandtmeyer 2003b). In der vorliegenden Arbeit wurde die These aufgestellt, dass die Art des wahrgenommenen Reizes nicht mit der Art der Wirkung gleichbedeutend sein muss. Demnach können emotionale Reaktionen durchaus von rationalen Reizen ausgelöst werden und umgekehrt. Ein Beispiel hierfür wäre, dass ein neues, technisches Detail als rationaler Reiz bei einem Techniker zu wahren Begeisterungstiraden, d.h. zu emotionalen Reaktionen, führen kann. Auf die vorliegende Diskussion übertragen bedeutet diese These, dass, um eine gewünschte Reaktion hervorzurufen, beide Arten von Reizen zweckmäßig sein können und in die Analyse einbezogen werden sollten. Darüber hinaus wurde ebenfalls in Abschnitt 2.1.1.2.1 sogar die Annahme aufgestellt, dass gerade eine Kombination mehrerer Reize erst zu einer gewünschten Wirkung führen kann.
168
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
(3) Rationalität und Emotionalität kommen im B2B-Bereich unterschiedliche Gewichtung und Funktionen im Kaufprozess zu. Rationalität bezieht sich auf die rationale Auseinandersetzung mit der Marke („Was bringt mir die Marke?) (vgl. Hubertz 2000, S. 28). Es wird abgewogen, ob die notwendigen Funktionen bzw. physischen Bedürfnisse mit der Marke erfüllt werden können (vgl. Saunders, Watt 1979, S. 116). Emotionalität hingegen bezeichnet die emotionale Beziehung zur Marke. Die Frage ist, ob der Einkäufer ein gutes Gefühl beim Kauf der Marke hat bzw. ob seine psychologischen Bedürfnisse erfüllt werden können. Uneinigkeit besteht hinsichtlich der Gewichtung und Reihenfolge beider Elemente (vgl. auch Abschnitt 2.1.2). Saunders und Watt (1979) betrachten beide Elemente als ebenbürtig. Bunk (1991), Woerlen (1993), Barten (1997, S. 172) auch Lynch und de Chernatony (2004, S. 408) ordnen Emotionalität lediglich eine Art „Stopperfunktion“ oder „Initialzündung“ ein, d.h. ein Mittel, um Aufmerksamkeit zu generieren, um anschließend die wichtigen und fundierten rationalen Informationen zu vermitteln. Damit wird der Emotionalität eine eher niedrige Gewichtung zu Beginn des Kaufaktes zugeordnet. Andere Autoren hingegen betrachten Emotionalität als wichtiges Element am Ende des Kaufaktes. Beispielsweise unterscheiden Shaw, Giglierano und Kallis (1998, S. 45 und S. 52), Thompson, Knox, Mitchell (1998, S. 29) und auch Herrmann (1996, S. 61) zwischen anfänglichen Basiskriterien, welche grundsätzlich erfüllt sein müssen, um in die Kaufauswahl einbezogen zu werden, und die vorwiegend von rationaler bzw. funktioneller Art sind, und Zusatznutzen, welche nach Erfüllung der Basiskriterien die Kaufentscheidung bestimmen und eher emotionaler bzw. psychologischer Art sind216. Unabhängig von Gewichtung und Reihenfolge ist augenscheinlich, dass beide Elemente unterschiedliche Funktionen im Kaufprozess einnehmen. Rationalität zielt auf die Erfüllung der formalen Unternehmensanforderungen und die offizielle Rechtfertigung der Kaufentscheidung ab. Emotionalität dient zur Generierung von Aufmerksamkeit, zur Differenzierung gegenüber Wettbewerbern sowie als Zusatznutzen zur Risikoreduktion. Eine Kombination von beiden Elementen verknüpft die unterschiedlichen Funktionen217.
216
217
Diese Einteilung in Basiskriterien und Zusatznutzen geht auf das Modell von Herzberg, der Hygienefaktoren und Motivatoren unterscheidet, zurück. Thompson, Knox, Mitchell (1998, S. 29) proklamieren, die Richtigkeit des Herzberg-Modells für den B2B-Bereich bestätigt zu haben. Beutin (2000, S. 147) emittelt in seiner emprischen Studie, dass bei industriellen Geschäftsbeziehungen der Zusatznutzen erheblich stärker zum gesamthaften Nettokundennutzen beiträgt als der Kernnutzen. Analog argumentieren Musiol und Nickel (2004, S. 50) allgemein für alle Marken, dass erfolgreiche Marken immer „Leistung und Emotion zu einer Synthese“ bringen und beides nicht als unabhängige Hebel zu verstehen sind: rationale Leistungsversprechen können über einen emotionalen Mehrwert vermittelt werden, Emotionen dürfen nicht ohne Bezug zu rationalen Bedürfnissen kommuniziert werden. Vergleiche im B2C-Bereich auch Homes, Vrocker (1987, S. 34) welche aufgrund der unterschiedlichen Funktionen von rationalen und emotionalen Inhalten zwei mögli-
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
169
(4) Schließlich begründet die Multipersonalität im B2B-Bereich die Kombination von Rationalität und Emotionalität. Erstens bedeutet Multipersonalität, dass mehrere Personen aus üblicherweise verschiedenen Funktionsbereichen an einem Entscheidungsprozess teilnehmen. Die unterschiedlichen Hintergründe und verbunden damit eventuell auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten sind Ursache dafür, dass die Personen auf unterschiedliche Kaufkriterien achten (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 91; vgl. auch Abschnitt 4.5). Dabei variiert sowohl die Gewichtung von rationalen als auch von emotionalen Nutzenvorteilen zwischen den Individuen: beispielsweise achten Einkäufer auf Finanzen, Produktionsleiter auf hohe Durchlaufzeiten und Sicherheitsexperten auf ein geringes Risiko (vgl. Hague, Hague, Harrison 2005). Es ist anzunehmen, dass rationale und emotionale Merkmale sehr unterschiedlich bewertet werden und ein Teil des Buying Centers eher durch Rationalität, der andere Teil eher durch Emotionalität erreicht werden kann (vgl. bspw. Lynch, de Chernatony 2004, 406; Wolter, Bacon, Duhan, Wilson 1989; Wiedmann, Schmidt 1999, S. 77; Wiedmann, Schmidt, Merkel 2000, S. 47). Eine Kombination aus beiden Elementen gewährleistet vor dem Hintergrund des B2B-Kontextes, dass mehrere Personen des Buying Centers beeinflusst werden können. Zweitens bedeutet Multipersonalität aber auch, dass einzelne Individuen versuchen, Einfluss auf die Entscheidung der Gruppe auszuüben. Nach einer Studie von Farrell und Schroder (1996) kann ein Buying Center Mitglied die anderen Mitglieder am besten mit einem Mix aus rationaler Überzeugung (rationales Element), inspirierenden Anreizen (emotionales Element) und beratenden Gesprächen beeinflussen. Für den Anbieter von B2B-Marken kann dies bedeuten, dass in den Verkaufsgesprächen den einzelnen Buying Center Mitgliedern sowohl passende rationale Argumente als auch emotionale Darlegungen an die Hand gegeben werden sollten, welche diese wiederum im Buying Center gezielt einsetzen können, um die restliche Gruppe von dem B2B-Anbieter zu überzeugen.
che Ansätze vorschlagen: „two-stage approach“ (erst emotional, dann rational) oder „combined approach“ (beides gleichzeitig).
170
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Gründe für die Vorteilhaftigkeit einer Kombination von Rationalität und Emotionalität Konzeption menschlicher Entscheidungsprozesse
Annahmen der reinen Rationalität und Emotionalität
Kognitive und affektive Art des Reizes muss nicht gleich der Art der Prozesse im inneren Wirkung sein (z.B. emodes Menschen sind untionales Entscheiden zertrennlich muss nicht ausschließ Neurologische und lich auf emotionalen radiologische Studien Merkmalen beruhen) belegen das Um eine bestimmte Reaktion hervorzurufen können beide Reizarten zweckmäßig sein
Unterschiedliche Funktionen beider Aspekte Rationalität zur Erfüllung physischer Bedürfnisse bzw. formaler Unternehmens-anforderungen Emotionalität zur Erfüllung psychologischer Bedürfnisse bzw. zur Generierung von Aufmerksamkeit, zur Differenzierung und Risikoreduktion
Multipersonalität im B2B-Bereich
BC-Mitglieder achten je nach eigenem Hintergrund (Funktion, Position, Persönlichkeit) auf unterschiedliche Positionierungsinhalte Von Rationalität und Emotionalität werden BCMitglieder unterschiedlich angesprochen Eine Kombination erreicht mehr Personen Einzelne Individuen können Mehrpersonenentscheidungen am besten über rationale Überzeugung, Inspiration und Beratung beeinflussen
Abbildung 23: Begründung für die Vorteilhaftigkeit einer Kombination von Rationalität und Emotionalität im B2B-Bereich (eigene Darstellung)
Anwendungsbereiche der Kombination und Gewichtung von Rationalität und Emotionalität Sowohl für die reine Rationalität als auch für die reine Emotionalität wurden jeweils spezifische Anwendungsbereiche definiert (vgl. Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2). Eine Kombination beider Elemente, d.h. eine hybride Positionierung, ist in jeglichen Situationen anwendbar. Jedoch kann die Gewichtung beider Elemente in Abhängigkeit von den Kontextfaktoren wie Branchen oder Produktgattungen differenziert gestaltet werden (vgl. Analyse in Abschnitt 4.5). Es werden zwei Arten von Kontextfaktoren unterschieden, die das Ausmaß von Rationalität und Emotionalität bestimmen: personenbezogene bzw. individuelle und kaufbezogene bzw. organisatorische Merkmale (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 412; Mudambi 2002, S. 526; Sudharshan, Winter 1998, S. 9). Personenbezogene Kontextfaktoren sind beispielsweise die Art der Person (vgl. Hubertz 2000, S. 27), die persönliche Einstellung (vgl. Saunders, Watt 1979, S. 116), die Bedürfnisse und Informationsinteressen (vgl. Esch 2000, S .195) oder das Involvement der Zielgruppen (vgl. Esch 2001b, S. 240 bis 244218; speziell im B2B-Bereich vgl. Lynch, de Cherna-
218
Esch (2001b, S. 241; 2005, S. 147 ff.) und Levermann (1994) trennen zwischen kognitivem und emotionalem Involvement (KI, EI), die mit ihren Ausprägungen eine Vier-Felder-Matrix aufspannen. Den vier Feldern sind vier inhaltliche Positionierungsstrategien zugeordnet: erlebnisbezogene Positionierung (EI hoch, KI niedrig), sachorientierte Positionierung (EI niedrig, KI hoch), gemischte Positionierung (EI & KI hoch) und Förderung der Markenbekanntheit (EI & KI niedrig).
4.2 Bedeutung von Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
171
tony 2004, S. 412, Barten 1997, S. 193219, Kobes 1993, S. 23). Als kaufbezogene Kontextfaktoren, welche die Gewichtung von Rationalität und Emotionalität bestimmen, werden die Branche, die Produktart und die Kaufsituation allgemein benannt (vgl. Brandmeyer, Pirck 2004; Hubertz 2000, S. 27; vgl. Lynch de Chernatony 2004, S. 412). 4.2.4 Zusammenfassung Zusammenfassend können für die Bedeutung von Rationalität und Emotionalität im B2B-Bereich folgende Aussagen festgehalten werden: -
Die Bedeutung von Rationalität und Emotionalität im B2B-Bereich veränderte sich im Zeitverlauf. Reine Rationalität herrschte lange Zeit vor und überwiegt noch heute in vielen Branchen. Dennoch wird seit einigen Jahren zunehmend auch der Emotionalität eine Beteiligung an industriellen Entscheidungsprozessen zugestanden.
-
Es liegen nachvollziehbare Begründungen für die hohe Bedeutung von beiden Aspekten vor. Gründe für die hohe Bedeutung von Rationalität sind: hohe Technikorientierung, anspruchsvolle Einkäufer, formale Kaufprozesse, Notwendigkeit der rationalen Begründung bzw. der Rechenschaftsablegung, gesellschaftliche Zwänge und Leitbilder. Gründe für die hohe Bedeutung von Emotionalität sind: Menschen als Entscheider, Suche nach Vereinfachung und Sicherheit, Wertewandel in der Gesellschaft, Notwendigkeit der Differenzierung über Emotionen.
-
Der Trend zur Emotionalität wird häufig fehlinterpretiert und führt zu der Gefahr in „leere Gefühlsduseleien“ zu verfallen, die nicht zum Erfolg führen. Erfolgsversprechend sind Emotionen aber nur dann, wenn sie einen sinnvollen Bezug zur erbrachten Leistung aufweisen.
-
Der optimale Ansatz für B2B-Marken ist die Kombination von Rationalität und Emotionalität. Die Vorteilhaftigkeit der Kombination begründet sich in der Unzertrennbarkeit affektiver und kognitiver Entscheidungsprozesse im Inneren des Menschen, mit den unterschiedlichen Funktionen beider Aspekte und mit der Multipersonalität im B2B-Bereich.
219
Barten empfiehlt für das industrielle Anlagengeschäft eine eher „rationale, sachbezogene Argumentation von kognitiv hohem Anspruch“ und mit textbetonter Gestaltung für hoch involvierte Nachfrager und eine eher „emotionale Aktivierung von kognitiv geringem Anspruch“ mit bildbetonter Gestaltung im Fall niedrig involvierter Nachfrager.
172
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
-
Einstimmigkeit herrscht in der Literatur dahingehend, dass Rationalität und Emotionalität im B2B-Kontext ein interessantes Themenfeld darstellen, das dringend einer tiefergehenden Erforschung bedarf.
-
Einige Herausforderungen erschweren die Erforschung von Rationalität und Emotionalität im B2B-Kontext: soziale Erwünschtheit von Rationalität, unterschiedliche Wirkungsebenen von der Individual- über die Gruppen- bis hin zur Unternehmensebene, Zuordnungsproblematik von Rationalität und Emotionalität allgemein, sowie Schwierigkeitsgrad der B2B-Marktforschung (vgl. Abschnitte 2.1.2.1, 2.2.1.3 und 2.3.3).
Schließlich lässt sich für dieses Kapitel festhalten, dass eine Kombination von Rationalität und Emotionalität eine erfolgsversprechende Lösung darstellt, da sich beide Elemente gegenseitig ergänzen und unterschiedliche Funktionen im Rahmen der Kaufentscheidung erfüllen. 4.3
Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
Der Begriff des Positionierungserfolges findet weder in Theorie noch in der Praxis Anwendung. Generell ist zu konstatieren, dass die vielfältigen Arbeiten zur Positionierung den Fokus überwiegend auf die Bedeutung und den Zweck der Positionierung, Vorgehensweisen zu Entwicklung einer Soll-Positionierung und Positionierungsinhalte vor verschiedenen Kontexten legen. Die Konzeptualisierung der Erfolgskriterien einer Positionierung stehen im Hintergrund (vgl. Abschnitt 2.2.3). Doch die Kenntnis über den Positionierungserfolg und die Rolle von kognitiven und affektiven Prozessstufen hat wichtige Implikationen für die Auswahl der relevanten Positionierungsinhalte (vgl. Kim, Allen, Kardes 1996, S. 318; Kim, Lim, Bhargava 1998, S. 144; vgl. auch Elaboration-Likelihood-Model in Abschnitt 2.1.2). Erkennt man die zentrale Bedeutung des Positionierungserfolges an, sind zwei Schlussfolgerungen zu ziehen. Erstens ist elementare Kritik an der Positionierungsliteratur und den Positionierungsmodellen zu üben, welche dem Aspekt des Positionierungserfolges viel zu wenig Beachtung schenken (vgl. Abschnitt 2.2.3 und insbesondere 2.2.3.5). Zweitens wird die Notwendigkeit begründet, ein Modell des Positionierungserfolges zu entwickeln. Da eine umfassende Auseinandersetzung zum Positionierungserfolg in der Literatur fehlt, ist es zur Beantwortung der Forschungsfrage 3 (vgl. Abschnitt 1.2) notwendig, sich dem Begriff „Positionierungserfolg“ zunächst konzeptionell zu nähern. Aus diesem Grund erfolgt im ersten Abschnitt eine grundsätzliche Annäherung an den Begriff „Positionierungserfolg“ über einzelne nahe liegende Themenbereiche bzw. theoretische Bezugspunkte (Abschnitt 4.3.1). Im nächsten Abschnitt werden ein Untersu-
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
173
chungsmodell illustriert sowie dessen relevante Bestandteile konzeptualisiert (vgl. Abschnitt 4.3.2). Der dritte Teil stellt die empirische Untersuchung und ihre Ergebnisse zum Modell des B2B-Positionierungerfolges vor (vgl. Abschnitt 4.3.3). 4.3.1 Überblick über das theoretische Umfeld des Positionierungserfolges Eine Annäherung an den Begriff „Positionierungserfolg“ ist über zwei Perspektiven möglich. Die engere Perspektive beschränkt sich auf die geistige Durchdringung des Positionierungsthemas selbst (vgl. Abschnitt 4.3.1.1). Die andere Perspektive lässt einen weiteren Blickwinkel zu, indem sie Konzeptionen und Erfahrungen von verwandten Themenkomplexen wie dem Markenerfolg oder dem Werbeerfolg betrachtet (vgl. Abschnitt 4.3.1.2). Beide Perspektiven finden in der vorliegenden Arbeit in kombinierter Weise Beachtung. 4.3.1.1 Annäherung über die Positionierungsliteratur Der Begriff „Positionierung“ wurde bereits in Abschnitt 2.2.3 ausgiebig dargelegt. Ein kurzer Review zu einzelnen spezifischen Stichworten der Positionierung wird nachstehend gegeben und ermöglicht Rückschlüsse für die Modellierung des Positionierungserfolges: (1) Positionierungsziele, (2) Anforderungen an Positionierungsinhalte, (3) Positionierungsmodelle sowie (4) Positionierungscontrolling. (1) Positionierungserfolg setzt voraus, dass die Vorgaben aus den Positionierungszielen erreicht werden. Aufgrund dieser engen Verknüpfung beider Begriffe wird bei der Konzeptualisierung des Positionierungserfolges auf die Einteilung der Positionierungsziele zurückgegriffen und zwischen vorökonomischem Positionierungserfolg bei den Zielgruppen, d.h. im B2B-Kontext den Nachfragerunternehmen, und ökonomischem Positionierungserfolg bei Anbieterunternehmen differenziert (vgl. Abschnitt 2.2.3.3; Esch 2001b, S. 260; Becker 1996, S. 14 f; Tomczak, Roosdorp 1996, S. 26). Im Zusammenhang mit den Positionierungszielen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Positionierung um ein Konzept handelt, das langfristige Ziele verfolgt, da die Etablierung einer Markenposition in den Köpfen der Zielgruppen ein langwieriger Prozess ist und ein hohes Maß an Kontinuität erfordert (vgl. Esch 1999, S. 894 sowie Zukunfts- und Kontinuitätsanforderung in Abschnitt 2.2.3.4). Dies bedeutet, dass der Positionierungserfolg nicht über kurzfristige Kriterien gemessen werden darf, sondern anhand langfristig orientierter Erfolgsgrößen zu beurteilen ist. (2) In Abschnitt 2.2.3.4 wurden allgemein anerkannte Anforderungen an Positionierungsinhalte220 vorgestellt, wie Aktivierungspotential, Relevanz, Fit, Einzigartig-
220
Zu Details vergleiche folgende Literatur: Baumgarth (2001, S. 114), Esch (2000, S. 193 f.), Esch 2001b, S. 236), Esch, Andresen (1996, S. 78), Keller, Sternthal, Tybout (2002, S. 81 ff.), Köhler
174
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
keit oder Kontinuität der Inhalte. Je mehr diese Anforderungen eingehalten werden, desto wahrscheinlicher ist die Positionierung erfolgreich. Die Anforderungen können insofern als Erfolgsfaktoren221 des Positionierungserfolges interpretiert werden. Erfolgskriterium
Positionierungsmodell
Literaturnachweis
Bemerkung
Kundenorientiert Wertschätzung durch Kunde
Target Positioning
GfK Marktforschung; Hupp 2000
Fit (zwischen Persönlichkeit der Marke und der Zielgruppen)
rb-Profiler
Roland Berger; Berger 2002, 2003, 2004 a und b McKinsey mit GfK; Hölscher, Riesenbeck 2002; Fanderl, Hölscher, Hupp 2003, Gillies 2003 TNS Emnid; Petras, Griese 1999
Brand Personality Gameboard
Semiometrie
Image Planner von A.C. Nielsen Implizite System (Impsys) Market Radar
Potentielle Positionierungseigenschaften werden mit dem Brand Potential Index (BPI) in Verbindung gesetzt; BPI = Kennzahl der Attraktivität einer Marke gegenüber Wettbewerbsmarken (gefühls- und verstandsmäßige Wertschätzung) Keine Informationen über die Erfolgskriterien, anhand derer die im Rb-Profiler vorgegebenen Positionierungsmerkmale ermittelt wurden. Vorgegebenen Positionierungsinhalte aus Abgleich der Markenpersönlichkeit von J. Aaker (1997) mit der menschlichen Persönlichkeit. Die zur Positionierung gewählten Maßnahmen werden auf Übereinstimmung mit den Wertevorstellungen der Zielgruppe geprüft
A.C. Nielsen; Elmiger 2004 Infratest Burke; Hubertz 2000 DemoScope; Tschurenev 2001
Unternehmensorientiert Marktanteil, Absatzmenge
Gewinn
Preispremium
Perceptor
Urban 1975
Defender
Hauser, Shugan 1983
WISA
Trommsdorff, Zellerhofer 1994
Proposas
Albers 1989
Horsky & Nelson
Horsky, Nelson 1992
Studie
Kalra, Goodstein 1998
Positionierung existierender und idealer Produkte im Marktraum; Berechnung der Kaufwahrscheinlichkeit und Gewinnmaximierung Positionierungsmodell, welches Konkurrenzreaktionen beachtet Erfassung des Einflusses mehrerer Imagedimensionen und von USP-Wirkungen auf den Marktanteil mittels Kausalanalyse Positionierungsmodell zur Identifikation der gewinnoptimalen Position eines Neuproduktes; berücksichtigt positionsanhängige Stückdeckungsbeiträge Ermittlung gewinnmaximierender Preis- und Eigenschaftskonzepte für hochpreisige Neuprodukte Erfolg der inhaltlichen Positionierungsstrategien wird anhand des Markenerfolges gemessen, der wiederum über ein Preispremium dargestellt wird
Tabelle 17: Erfolgskriterien in ausgewählten Positionierungsmodelle bzw. -studien
(3) Positionierungsmodelle bzw. -studien, welche entweder bei der Identifikation relevanter Positionierungsinhalte helfen sollen oder bereits bestimmte Positionierungsinhalte vorgeben, benötigen zur Beurteilung der Inhalte für eine spezifische Marke ein definiertes Ziel- oder Erfolgskriterium, d.h. eine Definition des Positionierungserfolges. Ein Überblick über bestehende Positionierungsmodelle zeigt (vgl. Abschnitt 2.2.3.5), dass überwiegend schlichtweg auf übliche Erfolgskennzahlen wie den Fit zum Kunden (vgl. Berger 2002; Hölscher, Riesenbeck 2002; Griese 1999)
221
(2001, S. 46), Kuß, Tomczak (1998, S. 106 f.), Trommsdorff (1995, Sp. 2058) und Sander, Rätsch (2003, S. 112 ff.). Unter Erfolgsfaktoren versteht man „jene Daten, für die unternehmensübergreifend ein Einfluss auf den Erfolg festgestellt werden konnte“ (vgl. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 276). Die Erfolgsfaktorenforschung spielt im strategischen Marketing eine sehr zentrale Rolle.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
175
oder den Marktanteil (vgl. Urban 1975; Trommsdorff, Zellerhofer 1994) zurückgegriffen wird (vgl. Tabelle 17). Meist wird nur ein einzelnes Erfolgskriterium herangezogen. Fairerweise muss jedoch zugegeben werden, dass die Positionierungsmodelle zwar nur ein Erfolgskriterium verwenden, aber die Modelle teilweise in einen mehrstufigen Prozess mit mehreren Erfolgskriterien eingebettet sind. Unternehmensberatungen, welche Modelle mit vorgegebenen Positionierungsinhalten für ihre Beratungsprojekte verwenden, verschweigen die bei der Entwicklung verwendeten Kennzahlen aufgrund des „Betriebsgeheimnisses“ gänzlich, was Zweifel an der Integrität der Modelle aufkommen lässt. Damit wird deutlich, dass Positionierungsmodelle keinen nennenswerten Beitrag zur Konzeptualisierung des Positionierungserfolges leisten, außer, dass die Frage aufgeworfen wird, ob ein einzelnes Kriterium der zentralen Bedeutung des Positionierungsthemas gerecht werden kann. Fatal ist diese Simplifizierung und Zerrissenheit insbesondere deshalb, da je nach Erfolgsdefinition sehr unterschiedliche Listen mit angeblich relevanten Positionierungsinhalten ermittelt und „empfohlen“ werden. (4) Positionierungscontrolling bezeichnet die Kontrolle der Effektivität und der Effizienz bei der Erreichung der Positionierungsziele bzw. des Positionierungserfolges (vgl. Abschnitt 2.2.3.3). Aus den Erkenntnissen des Positionierungscontrollings lässt sich ableiten, dass sich Positionierungserfolg keineswegs nur auf die Erreichung der Soll-Position in den Vorstellungen der Verbraucher bezieht, sondern, dass Positionierungserfolg sowohl vorökonomische als auch ökonomische und damit sowohl qualitative (z.B. Einstellung zur Marke) als auch quantitative (z.B. Umsatz, Marktanteil) Erfolgskennzahlen umfassen muss (vgl. Wiedmann, Ivanov, Klee 2004, S. 4; Meffert, Koers 2002, S. 409; Esch 2001b, S. 258 f.; Esch 2000b, S. 987). Eine Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse liefert Abbildung 24. ... ist in vorökonomischen Positionierungserfolg bei den Zielgruppen bzw. Nachfragerunternehmen und ökonomischen Positionierungserfolg bei den Anbieterunternehmen unterteilbar. B2BPositionierungserfolg
... muss auf langfristig orientierten Erfolgskennzahlen, nicht auf kurzfristigen Erfolgsgrößen aufbauen. ... setzt voraus, dass spezifische Anforderungen an die Positionierungsinhalte erfüllt sind. ... ist ein derart zentrales Thema, dass er kaum über ein einzelnes Erfolgskriterium gemessen werden kann. ... kann und sollte sowohl qualitative als auch quantitative Erfolgskennzahlen umfassen (z.B. Einstellung, Preisbereitschaft).
Abbildung 24: Annäherung an den Positionierungserfolg über die Positionierungsliteratur
176
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.3.1.2 Annäherung über verwandte Themenkomplexe Die Aufgabe der Positionierung ist es, spezielle Positionierungsinhalte derart auszuwählen und zu kommunizieren, dass die Zielgruppen in ihrer Wahrnehmung und ihrem Handeln nach den Wünschen des Anbieterunternehmens beeinflusst werden (vgl. Abschnitt 2.2.3). Anhand dieser Kurzbeschreibung werden zahlreiche Überschneidungen mit anderen Managementthemen offenkundig, wie beispielsweise: -
dem Markenerfolg (vgl. bspw. Bekmeier-Feuerhahn 1998; Esch 2000b; Schimansky 2004),
-
der Reputation222 (vgl. bspw. Frombrun, Wiedmann 2001; Schwaiger, Högl, Hupp 2003),
-
dem Kommunikations- bzw. Werbeerfolg (vgl. bspw. Bongard 2002; Esch 1999; Schweiger, Schrattenecker 2001; Steffenhagen 2000) sowie
-
dem Konsumentenverhalten und organisatorischem Kaufverhalten (vgl. Abschnitt 2.1.1).
Allesamt aufbauend auf den grundlegenden Erkenntnissen des Konsumentenverhaltens haben die genannten Managementthemen mehrere Gemeinsamkeiten. Besonders zwei dieser Gemeinsamkeiten sollten in analoger Weise auch für den Positionierungserfolg gelten. Erstens erfordert die Erfolgsbetrachtung eine Differenzierung nach verschiedenen Prozessstufen. Auf einer hohen Ebene kann generell zwischen (vorökonomischem) Erfolg bei den Zielgruppen und (ökonomischem) Erfolg beim Anbieterunternehmen unterschieden werden (vgl. Biel 2001, S. 66; Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 90; Homburg, Schäfer 2001, S. 158). Auf einer tiefer liegenden Ebene kann der (vorökonomische) Erfolg bei der Zielgruppe wiederum weiter zergliedert werden. Beispielsweise nach dem SOR-Paradigma in einen nicht sichtbaren, inneren Erfolg (z.B. Aktivierung, Einstellung) und einen sichtbaren Erfolg in Form von sichtbaren Reaktionen am Markt (z.B. Kauf) (vgl. Tolle, Steffenhagen 1994, S. 1286 und Abschnitt 2.1.1.2.1). Dies ist auch im B2B-Bereich der Fall: „in this sample, the buyers seem to go through a hierarchical buying process” (Shaw, Giglierano, Kallis 1998, S. 50 f.). Die Konzepte, welche derartige Erfolgsprozesse abbilden, sind vielfältig. Zur Übersicht sind einige Beispiele in Tabelle 18 dargestellt. Anzumerken ist hier, dass traditionelle (Stufen-) Modelle wie AIDA223 sehr anschaulich und einfach aufgebaut sind
222
223
„At the corporate level, reputation and corporate branding are closely related concepts“ (Mudambi 2002, S. 526). Noch heute ist AIDA bei Praktikern besonders verbreitet. Doch das AIDA-Modell wurde von einem Amerikaner namens Lewis als Anleitung für ein Verkaufsgespräch entwickelt und stammt aus dem Jahr 1898. Ein Zeitpunkt, zu dem es weder ordentliche Werbewirkungsforschung noch generell
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
177
(z.B. hierarchischer Prozess), jedoch dem heutigen Wissenstand nicht mehr gerecht werden224 (vgl. Ambler, Vakratsas 1999; Koschnick 2005; Lürssen 2004). Aktuell wird davon ausgegangen, dass Prozesse nicht als hierarchisch aufgebaute Kettenreaktionen ablaufen, sondern dass die einzelnen Konstrukte miteinander in Wechselwirkung stehen, Rückkopplungen sowie Überspringen möglich sind und, dass je nach Reiz, Zielgruppe und Kontext unterschiedliche Prozesse ablaufen. Esch unterscheidet (1999, S. 864) verschiedene „Werbewirkungspfade“ in Abhängigkeit der Art des Reizes (informativ vs. emotional) und des Involvement der Zielgruppe. Für den Positionierungserfolg bedeutet dies, dass auch dieser als ein Prozess mit mehreren Stufen zu verstehen ist und im Sinne von „Wirkungspfaden des Positionierungserfolges“ in Abhängigkeit von der Branche, der Rahmenbedingungen oder der Art der Positionierungsinhalte (rational vs. emotional) variieren kann (vgl. Einleitung in Abschnitt 4.3.1.3). Folglich muss bei der Beurteilung von potentiellen Positionierungsinhalten berücksichtigt werden, dass der Erfolgsprozess unterschiedlich aufgebaut sein kann und die Wirkung des Inhaltes entweder anhand aller Prozessstufen oder anhand explizit ausgewählter Prozessstufen225 zu analysieren ist (vgl. auch Abschnitt 4.4 sowie Gelbert, Herrmann, Schulz-Moll, Thun 2003, S. 54; Hupp, Xu 2003, S. 232 und S. 238; Thompson, Knox, Mitchell 1998). Eine zweite Gemeinsamkeit ist die Trennung in emotional-affektive und rationalkognitive Komponenten des Erfolges, welche auf unterschiedlichen Prozessstufen vorgenommen werden kann (vgl. Abschnitt 2.1.2). Ein sehr ausführliches Beispiel hierzu liefert Esch (1999, S. 869), der bei der Werbewirkung erstens kognitive Wirkungen mit den Stufen Informationsaufnahme, Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung (d.h. gedankliche Auseinandersetzung), zweitens emotionale Wirkungen mit den Stufen Aufnahme emotionaler Reize, emotionales Wahrnehmungsklima und Erlebniswirkung (d.h. Gefallen und Akzeptanz der Werbung) und drittens komplexe Wirkungen wie die Einstellung oder innere Bilder unterscheidet,
224
225
ordentliche Werbung gab (vgl. Koschnick 2005). Zudem basiert AIDA, wie die meisten Stufenmodelle der Werbewirkung, auf reinem Nachdenken, wurde durch keinerlei Forschung oder Empirie gestützt (vgl. Koschnick 2005) und konnte auch nachträglich nicht empirisch bestätigt werden (vgl. Ambler, Vakratsas 1999). So gibt es mehrere empirische Arbeiten, welche die Aussagekraft von Stufenmodellen in Frage stellen. Hier zwei Beispiele: Zum einen wurde erkannt, dass Werbung auch ohne Aufmerksamkeit positiven Einfluss auf die Einstellung ausüben kann (vgl. Mere-exposure-Effekt bspw. bei Felser 2001, S. 205 f.). Zum anderen ist Aufmerksamkeit nicht die zwingende Voraussetzung für Interesse, sondern erst, wenn Interesse oder Kaufinteresse besteht, richtet sich die Aufmerksamkeit auf entsprechende Informationen (vgl. Schweiger, Schrattenecker 2001, S. 150). Studien zum Markenwert oder Werbeerfolg in der Literatur raten dazu, neben häufig verwendeten Einstellungsmessungen auch Verhaltensmessungen wie beispielsweise die Preisbereitschaft zu messen (vgl. Kalra, Goodstein 1998, S. 222 f.). Zur Begründung wird auf die Abschnitte 2.2.3.3 und 4.3.1.1 verwiesen, in denen gefordert wird, dass das Controlling sowohl qualitative als auch quantitative Kennzahlen umfassen muss, da beide Zielbereiche mitunter im Konflikt stehen können.
178
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
welche selbst wiederum in affektive und kognitive Komponenten zergliedert werden können. So können viele theoretische Konstrukte wie beispielsweise die Einstellung eines Individuums, das Involvement eines Individuums oder die Markentreue bzw. loyalität entweder affektiv oder kognitiv gefärbt sein226. In Bezug auf den Positionierungserfolg bedeutet dies, dass auch dieser in affektive und kognitive Komponenten zerlegt werden kann. Die Positionierungsinhalte wiederum könnten hinsichtlich ihrer affektiven und kognitiven Wirkung analysiert werden. Darüber hinaus ist auf eine Besonderheit hinzuweisen, welche sich aus dem Business-to-Business-Kontext der vorliegenden Arbeit ergibt. Im Lichte des B2BKontexts ist bei allen genannten Managementthemen zwischen Erfolg auf der Individualebene bei den Mitgliedern des Buying Centers und Erfolg auf der Organisationsebene zu unterscheiden (vgl. Barten 1997, S. 154; Tellefsen 2002, S. 646; vgl. Abschnitt 2.1.1.1). Für den Positionierungserfolg kann daraus abgeleitet werden, dass dieser in einen Erfolg bei einzelnen Mitgliedern des Buying Centers und einen Erfolg beim Nachfragerunternehmen insgesamt zergliedert werden kann. Betrachtet man ausschließlich den individuellen Entscheidungsprozess, so ist davon auszugehen, dass sich die Kausalketten des Entscheidungsprozesses bei B2C und B2BBetrachtung zwar ähneln, aber einzelne Stufen des individuellen B2BEntscheidungsprozesses in Betracht der B2B-Besonderheiten zu ergänzen bzw. zu verändern sind (z.B. Fit zur eigenen Person, Fit zum Unternehmen; vgl. Transferierbarkeit in Abschnitt 2.2.1.3 und folgende Ausführungen in Abschnitt 4.3.2). Tabelle 18 zeigt ausgewählte Modellbeispiele aus den relevanten Managementbereichen und bewertet diese hinsichtlich der vorgestellten Gemeinsamkeiten „Mehrstufigkeit“ und „Rationalität vs. Emotionalität“ sowie der betrachteten Branche. Autoren
Managementthema
Branchen
Rational & Emotional
Mehrere Prozessstufen
Kaufverhalten Vergleiche Abschnitt 2.1.1.2
SOR-Paradigma
-
Ohlwein 2001
Konsumentenverhaltensforschung
B2C
Thompson, Knox, Mitchell 1998
Buying Process (Analyse von Markenmerkmalen in jeder Stufe des Kaufprozesses)
B2B (Individualebene)
226
Stimulus (emotionaler, rationaler, physischer Reiz) Æ Organismus (affektive, kognitive und konative Prozesse) Æ Reaktion (affektive und kognitive Reaktionen) Einstellung Æ Verhaltensabsicht Æ tatsächliches Handeln (Zusammenhang oft kontrovers diskutiert; hier für Untersuchungskontext bestätigt) Technical Specification Æ Awareness Set Æ Consideration Set Æ Choice Set
Ja
Nein
Nein
Vergleiche zu den einzelnen Kontrukten die folgende Literatur: zur Einstellung (vgl. Aaker, Jacobson 2001, S. 489; Saunders, Watt 1979, S. 116; Voss, Spangenberg, Grohmann 2003 und allgemein Abschnitt 4.3.2.2.3), zum Involvement (Esch 2001b, S. 241; Levermann 1994) und zur Markenloyalität (Bennett, Härtel, McColl-Kennedy 2005; Wiswede 1992, S. 84 und Fußnote 237).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken Managementthema
Autoren
Branchen
179 Rational & Emotional
Mehrere Prozessstufen
Werbewirkung, -erfolg Behrens 1996, S. 280 ff. Steffenhagen 2000, S. 11
AIDA
-
Attention Æ Interest Æ Desire Æ Action
Nein
Vielzahl der Werbewirkungen
-
Ja
Esch 1999, S. 867
Werbewirkungspfade (sowie Beziehung zwischen Werbezielen und Werbewirkung auf S. 871 und S. 892) Wirkung von emotionaler Werbung
-
Drei Arten von Werbewirkungen: Momentane Werbewirkung bei Kontakt Dauerhafte Werbewirkung: Kognitive Wirkung (z.B. Markenbekanntheit und Markenwissen) und Emotionale Wirkung (Marken- und Werbeeinstellung) Beobachtbare Verhaltenswirkung Je nach Art des Reizes (informativ vs. emotional) und Involvement der Zielgruppe unterschiedliche Wirkungspfade: (starke vs. schwache) Aufmerksamkeit Æ kognitive und emotionale Vorgänge Æ Einstellung Æ Kaufabsicht Æ Verhalten Aktivierungspotential (intensive, emotionale und kognitive Aktivierung) Æ Beschäftigung mit dem Werbemittel Æ Anmutungsqualität Æ Produktbewertung Æ Erinnerungsleistungen (recall und recognition)
Baumgarth 2001, S. 34
Markenwirkung (klassisch an SORParadigma orientiert)
-
Gelbert, Böing 2003, S. 18; Esser, Klein-Bölting, 227 Schulz-Moll 2002 Chaudhuri, Holbrook 2001
Brand Screen zur Messung der Markenstärke von BBDO Consulting Model of Brand Loyalty and Brand Performance
alle
Hupp, Xu 2003; vgl. auch Caspar, Metzler 2002
Brand Performance Measurement mit Brand Assessment System (BASS) (vorökonomisch und ökonomisch) Brand Equity Drivers and Customer Based Brand Equity (CBBE)
B2C
Markenkauftrichter von McKinsey
alle
Gestützte Bekanntheit Æ Vertrautheit Æ Engere Auswahl Æ Kauf Æ Loyalität
Nein
Metrics for brand measurement
B2B; alle
Three classes of measurement: Perception metrics: Awareness (Saliency, recognition) and Familiarity & consideration (What do customers think and feel about the brand? Differentiation, Relevance, Creditbility, Likeability …) Performance metrics: Purchase decision (Act? Trial, Repeat, Preference, Price Premium ...) and Loyalty (Behave over time? Satisfaction, Retention, ROI …) Financial metrics: Value Creation (Market Share, Revenue, Operating cash flow, Market cap, Brand valuation …)
Nein; nebenbei erwähnt
Lasogga 1998a, 1998b
B2B (Individualebene)
Ja
Ja
Markenwert, -erfolg
Bauer, KleinBölting, Murad Aga, Sander, Valtin, 2004, S. 9 Riesenbeck, Perrey 2004, S. 100 ff.; vgl. auch Willenbrock 2003, S. 21 Munoz, Kumar 2004, S. 382 f.
-
B2C
(Markenumwelt: interne und externe Reize) Æ Wahrnehmung und Interpretation (z.B. Aufmerksamkeit, Wahrnehmung) Æ Markenbeurteilung (z.B. Einstellung, Image, Präferenzen) Æ Markenauswahl Æ Markenverhalten (z.B. Kauf, Treue, Weiterempfehlung etc.) (ungestützte und gestützte) Markenbekanntheit Æ Image Æ Kaufbereitschaft Æ Kauf Æ Loyalität
Ja
Brand Trust (cognition) and Brand Affect (affect) Æ Purchase Loyalty (PL) and Attitudinal Loyalty (AL) Æ PL auf Market Share and AL auf Relative Price (Marke Æ) erste Stufe der Markenstärke, d.h. Markenattraktivität (emotionale, rationale und verhaltensorientierte Aspekte; Brand Potential Index) Æ zweiter Teil der Markenstärke, d.h. Markenerfolg (Verhaltenswirkung, Erlöspotential) Æ Monetärer Markenwert für das Unternehmen (Markenmerkmale Æ Markennutzen Æ) Customer Based Brand Equity Æ Bereitschaft zu Preispremium
Ja
Nein
Ja
Ja (bei Markennutzen)
Tabelle 18: Überblick über Modelle mit mehreren Prozessstufen des Erfolges
227
Weitere Literaturquellen: Böing, Huber, Schotte (2002), Gelbert, Schulz-Moll, Thun, Herrmann (2003) und Jullens, Sander (2002).
180
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Abbildung 25 zeigt eine Zusammenfassung der Erkenntnisse, welche aus den nahe liegenden Managementthemen für die vorliegende Entwicklung des Positionierungserfolges gewonnen wurden. ... umfasst den (vorökonomischen) Erfolg bei den Zielgruppen und den (ökonomischen) Erfolg beim Anbieterunternehmen ... umfasst mehrere (sichtbare und nicht-sichtbare) Erfolgsstufen innerhalb des vorökonomischen Positionierungserfolges, d.h. bei den Zielgruppen. B2BPositionierungserfolg
... ist kein hierarchisch aufgebauter Prozess, sondern variiert je nach Reiz und Kontext und umfasst mehrere Erfolgskonstrukte, welche in gegenseitiger Wechselwirkung stehen können. ... ist nicht über ein Erfolgskriterium zu messen, sondern über ein System mehrerer Kriterien, welche teilweise aufeinander aufbauen. ... enthält emotionale und rationale Komponenten. ... ist bei den Nachfragerunternehmen in Erfolg auf Individualebene, bei den einzelnen Mitgliedern des Buying Centers, und auf Organisationsebene zu unterscheiden.
Abbildung 25: Annäherung an den Positionierungserfolg über verwandte Themenkomplexe
4.3.1.2.1 Exkurs: erste spezifische Arbeiten zum B2B-Markenwert Die Konzepte Markenerfolg und Positionierungserfolg sind sehr unmittelbar verwandt; streng genommen kann Positionierungserfolg sogar als Element des Markenerfolges betrachtet werden. Einzelne Erfolgsgrößen aus beiden Konzepten, z.B. Preisbereitschaft, sind folglich problemlos übertragbar (vgl. Hutton 1997; Bendixen, Bukasa, Abratt 2003, S. 378). Aus diesem Grund erfolgt ein kurzer Exkurs zum Markenerfolg, in dem insbesondere überprüft wird, ob die vorgestellten Gemeinsamkeiten der Markenkonzepte auch speziell für den B2B-Markenerfolg Gültigkeit besitzen. Die konzeptionellen und empirischen Arbeiten zum Markenerfolg sind unzählbar, wenn auch unter variierenden Begriffen verpackt: „Markenerfolg“, „Markenwert“, „Markenstärke“, „Markenkraft“, „Brand Equity“, „Brand Strength“, „Brand Power“228. Doch trotz der hohen Zahl an unterschiedlichen Markenwertmodellen hat es bislang kein Modell zu einer international anerkannten Dominanz229 gebracht (vgl. im B2BKontext Low, Blois 2002, S. 387). In neuerer Zeit sind zudem erste spezifische Ar228
229
Vergleiche folgende Literatur zum Markenwert: Aaker (1991), Aaker (1996b), Absatzwirtschaft (2004), Bekmeier-Feuerhahn (1998), Esch (2000b), Farquhar (1989), Gelbert, Böing (2003), Hammann (2001), Kapferer (1992), Keller (1993; 2000; 2001; 2003), Sattler, PriceWaterhouseCoopers (2001) Schimansky (2004), Tolle, Steffenshagen (1994) und Winters (1991). Aufgrund der Diskussion, Marken als Vermögensgegenstände in der Bilanz auszuweisen, steigt das internationale Interesse an einem einheitlich anerkannten Verfahren zur Messung des Markenwertes (vgl. auch Schultz, Schultz 2000, S. 27; Hammann 2001). In Deutschland arbeitet die Gesellschaft für DIN-Verfahren sogar an der Entwicklung eines normierten Berechnungsstandard für den monetären Markenwert (vgl. Markenverband 2005, S. 26).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
181
beiten zum B2B-Markenerfolg230 erschienen, welche für die vorliegende Arbeit von besonderer Relevanz sind: Aaker, Jacobson (2001), Baumgarth (2004), Bendixen, Bukasa, Abratt (2004), Bennett, Härtel, McColl-Kennedy (2005), Gordon, Calantone, di Benedetto (1993), Hutton (1997), Kim, Reid, Plank, Dahlstrom (1998), KriegbaumKling (2004) und McDowell Mudambi, Doyle, Wong (1997). Konsens besteht in der Literatur dahingehend, dass die Modelle zum B2CMarkenwert nur mit Anpassungen231 auf den B2B-Kontext übertragbar sind (vgl. Abschnitt 2.2.1.3). Die oben aufgeführten Schlussfolgerungen für den Positionierungserfolg werden in analoger Weise auch in der Literatur zum B2B-Markenerfolg gefunden. Erstens wird der Markenerfolg allgemein in mehrere Abstufungen zerteilt. Einerseits wird der vorökonomische Markenerfolg bei der Zielgruppe sowie seine tiefergreifenden Unterteilungen232 und andererseits der ökonomische bzw. finanzielle Markenerfolg im Unternehmen betrachtet233. Dieser Aufbau wird von Kuhn und Alpert (2005),
230
231
232
233
Für eine explizite Definition von „B2B-Markenwert“ vergleiche Michell, King, Reast (2001). Im B2B-Bereich, für den Marken eine verhältnismäßig neue Rolle spielen (vgl. Abschnitt 2.2.2), wird die Markenbewertung in der Praxis noch fast gar nicht umgesetzt (vgl. Gordon, Calantone, di Benedetto 1993, S. 4; Kriegbaum-Kling 2004, S. 340). Nach einer VDMA-Studie führen gerade mal 15% aller befragten B2B-Unternehmen eine Markenbewertung durch. Dieser Wert erscheint jedoch letztlich noch hoch und kann dadurch erklärt werden, dass unter Markenbewertung allgemein Marktforschung verstanden wurde (vgl. Behlke 2002, S. 22; VDMA 2001). Über die Art der Anpassung für den B2B-Markenwert besteht hingegen noch keine Einigkeit. Kuhn und Alpert (2005) identifizieren speziell bei dem Markenwertmodell von Keller (2001) sechs notwendige Veränderungen für eine Verwendung im B2B-Kontext, z.B. bei Gefühlen oder der Beziehung zur Marke. Und das obwohl Keller (2001) selbst behauptet, dass sein Modell branchenübergreifend verwendbar ist. Gordon, Calantone und di Benedetto (1993) führen die Notwendigkeit von Anpassungen auf die besondere Stellung der Unternehmensmarke oder des persönlichen Vertriebs im B2B-Kontext zurück, was zur Folge hat, dass Loyalität (zum Unternehmen oder zur Marke) im B2B-Kontext um eine Facette ergänzt werden muss: Loyalität zum Vertriebsmitarbeiter. Kriegbaum-Kling (2004, S. 345) konstatiert, dass die Messung des monetären B2B-Markenwertes mit Anpassungen verbunden sei, die bislang noch nicht gelöst sind, und dass deshalb bislang nur qualitative Zielgrößen verwendbar seien. Baumgarth (2004, S. 88) stellt eine Skizze für ein B2BMarkenwert-Modell vor, das sich aus einem Prozess- und einem Strukturmodell zusammensetzt. Speziell zur Transferierbarkeit von Markenwert-Modellen vergleiche Gordon, Calantone und di Benedetto (1993), Kriegbaum-Kling (2004, S. 345) und Kuhn, Alpert (2005). Gordon, Calantone, di Benedetto (1993) beschreiben die Entwicklung von Markenwert bei den Kunden als „Lernprozess“ mit mehreren Stufen: Geburt, Markenbewusstsein und Assoziationen, Aufbau von Qualität und Wertvorstellungen, Markenloyalität und schließlich Markenausdehnung. Kuhn, Alpert (2005) beschreiben in Analogie zu Keller (2001) eine so genannte „branding ladder“, welche vier Stufen mit Fragen umfasst, die vom Kunden gestellt werden und auf die die Marke eine Antwort geben muss. Baumgarth (2004) differenziert zwischen der Markenstärke bei den Mitgliedern im Buying Center und dem ökonomischen Markenwert. In seinem Prozessmodell zum B2B-Markenwert verknüpft er beide Stufen mit Hilfe von Regressions- oder Kausalanalysen, um zu identifizieren, welche „Facetten der Markenstärke den ökonomischen Markenwert wie stark bestimmen“ (S. 89). Derartige Facetten könnten beispielsweise eher emotionaler oder eher rationaler Art sein. Den ökonomischen Markenwert konkretisiert Baumgarth mit drei Größen: Preispremium, Mengenpremium, Loyalität.
182
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Baumgarth (2004) sowie von Gordon, Calantone und di Benedetto (1993) im B2BBereich angewandt. Zweitens kann zwischen affektiven und kognitiven Markenerfolgsbestandteilen differenziert werden. Dieser Aspekt wird in der B2B-Literatur sehr kontrovers diskutiert. Kuhn und Alpert (2005) kommen zu dem Schluss, dass Gefühle beim B2BMarkenwert keine wichtige Rolle spielen und auch die Beziehung zur Marke eine andere ist. Die vorliegende Arbeit (vgl. Abschnitt 4.2), sowie Bennett, Härtel, McCollKennedy (2005, S. 98) und Bendixen, Bukasa, Abratt (2003, S. 371) sind Vertreter für eine Berücksichtigung affektiver und kognitiver Elemente bei der Erfolgsprüfung. Drittens ist hinsichtlich der Unterscheidung in Individual- und Organisationsebene festzustellen, dass die Literatur zum B2B-Markenerfolg bislang lediglich auf die Individualebene eingeht und die Organisationsebene lediglich insofern betrachtet wird, als dass Induviduen mit unterschiedlichen Funktionen betrachtet werden, um das Buying Center abzubilden (vgl. Baumgarth 2004, S. 89 f.). 4.3.1.3 Hinweis: Kontextabhängigkeit von Erfolgsmodellen Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass die Erfolgswirkung von rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten mit den Kontextfaktoren variieren kann (vgl. Forschungsfrage 5 in Abschnitt 1.2). In Abschnitt 4.3.1.2 wurde erwähnt, und hier soll nochmals deutlich darauf hingewiesen werden, dass sich auch das Modell des Positionierungserfolges mit den Rahmenbedingungen verändern kann. Zum einen kann der Aufbau des Modells abweichen, zum anderen sind Veränderungen in der Gewichtung der einzelnen Modellkomponenten möglich. Dies hat zur Folge, dass sich in Abhängigkeit der Rahmenbedingungen die Konzeptualisierung des Positionierungserfolges und damit einhergehend die Auswahl der relevanten Positionierungsinhalte bzw. Stimuli verändern. „The scorecard structure varies according to the circumstances, business maturity and the category in which the business operates ...“ (Munoz, Kumar 2004, S. 385). Zur Einteilung von möglichen Kontextfaktoren wird auf Abschnitt 4.5 verwiesen. So sind kaufbezogene und personenbezogene Kontextfaktoren vorstellbar. Der Markt könnte bspw. einen Einfluss in der Form haben, dass die affektive Einstellung zur Markenpositionierung im B2C-Bereich eine größere Rolle spielt als im B2B-Bereich. Interessant für die vorliegende Arbeit ist die Theorie der „Werbewirkungspfade“ von Esch (1999, S. 864), die davon ausgeht, dass die Art der Reize, wie rationale oder emotionale Reize, das Erfolgsmodell verändert.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
183
Eine Analyse von Veränderungen des Modells zum Positionierungserfolg in Abhängigkeit der Rahmenbedingungen führt in dieser Arbeit jedoch zu weit und bleibt ein Vorschlag für weitergehende Forschungsvorhaben (vgl. Abschnitt 5.3). Die vorliegende Arbeit beschränkt sich mit der Forschungsfrage 5 auf die Analyse, welchen Einfluss die Kontextfaktoren auf die Auswahl von Positionierungsinhalten haben (vgl. Abschnitt 1.2). 4.3.2 Entwicklung eines Untersuchungsmodells zum B2BPositionierungserfolg und Konzeptualisierung der relevanten Konstrukte vor dem Hintergrund dieser Arbeit 4.3.2.1 Bezugsrahmen zum B2B-Positionierungserfolg Als Quintessenz der Annäherungen aus Abschnitt 4.3.1 wird ein simpler Definitionsversuch formuliert, der als Arbeitsgrundlage für die vorliegende Arbeit dient. Danach versteht die vorliegende Arbeit unter B2B-Positionierungserfolg... -
den langfristigen Erfolg
-
bei den Nachfagerunternehmen auf Individualebene (vorökonomischer Erfolg) und Organisationsebene sowie
-
bei den Anbieterunternehmen (ökonomischer Erfolg)
-
der mit Hilfe von qualitativen als auch quantitativen Kennzahlen überprüft werden kann.
Gemäß dieser Definition wird der B2B-Positionierungserfolg wie in Abbildung 26 dargestellt skizziert. Die Modellierung des B2B-Positionierungserfolges erfolgt dabei in Anlehnung an mehrere Literaturquellen: -
hinsichtlich der Zweiteilung in Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen und (ökonomischen) Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen vergleiche die Literatur zu Positionierungszielen bei Esch 2001b, S. 260), Becker (1996, S. 14 f.), Tomczak, Roosdorp (1996, S. 26) und die Literatur zum Markenerfolg bei Chaudhuri, Holbrook (2001, S. 90) und Hupp, Xu (2003, S. 223) und
-
hinsichtlich des allgemeinen Aufbaus des Modells auf Individualebene vergleiche das SOR-Paradigma234 (in Abschnitt 2.1.1.2), die Markenmodelle bei Caspar, Metzler (2002, S. 7 und S. 10), Hupp, Xu (2003, S. 223 und 238) und Bauer, Klein-Bölting et al. (2004, S. 17), das Markenkennzahlensysteme bei
234
Zur Möglichkeit derartige SOR-Modelle mit Hilfe von Kausalanalysen zu überprüfen vergleiche Bagozzi (1980, S. 241).
184
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Munoz, Kumar (2004, S. 383), den Markeneisberg235 der icon brand navigation group (vgl. Munzinger, Berens, Kuntkes 2004), das Zielsystem zur Markennavigation von Esch, Geus und Langner (2002) und das Modell zum B2BBranding von Mudambi (2002, S. 528) und McDowell Mudambi, Doyle, Wong (1997, S. 435). Vor dem B2B-Kontext findet die erste Hauptstufe, der Erfolg im Nachfragerunternehmen, auf mehreren Ebenen statt: Individualebene, Gruppen- bzw. Buying Center Ebene sowie Organisations- bzw. Unternehmensebene (vgl. Abschnitt 2.1.1.1; vgl. Webster, Wind 1972; Sheth 1973; Engelhardt, Günter 1981, S. 44). Darüber hinaus lässt sich der Erfolg auf der Individualebene bzw. bei den Zielgruppen wiederum in drei Unterstufen kategorisieren, welche den Entscheidungsprozess von Kunden abbilden: Wahrnehmung bzw. Beurteilung der positionierten B2B-Marke, Einstellung zur positionierten B2B-Marke, Verhaltensintention gegenüber der positionierten B2BMarke und schließlich die Reaktion auf die positionierten B2B-Marke (vgl. Abschnitt 4.3.1.2). In Anlehnung an das SOR-Paradigma (vgl. Abschnitt 2.1.1.2) lassen sich Beurteilung, Einstellung und Verhaltensintention den unsichtbare Prozessen („O“) auf der Individualebene und die Handlungen (z.B. Kauf, wiederholter Kauf, gezahlter Preis) den sichtbare Reaktionen („R“) zuordnen, welche im B2B-Kontext nicht zwingend von der Reaktion eines Individuum, sondern vielmehr durch die gemeinsame Reaktion des Buying Centers abhängen. Die zweite Hauptstufe stellt, wie auch im B2C-Bereich, der (ökonomische) Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen dar. Es ist offenkundig, dass Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen erst auf Basis von Positionierungserfolg bei den Zielgruppen, d.h. dem Nachfragerunternehmen, realisiert werden kann (vgl. Abschnitte 2.2.3.3 und 4.3.1). Kennzeichnend für (ökonomischen) Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen sind beispielsweise übliche ökonomische Unternehmenskennzahlen wie Menge, Preis, Marktanteil, Umsatz oder Gewinn. In den folgenden Abschnitten 4.3.2.2 und 4.3.2.3 werden die entwickelten Stufen des Positionierungserfolges einzeln erläutert und die für die vorliegende Arbeit relevanten Konstrukte konzeptualisiert.
235
Der Markeneisberg sagt aus, dass das „Markenbild“ in Form von Differenzierungskraft etc. (Beurteilungskriterium) auf das „Markenguthaben“ in Form von Markensympathie und Vertrauen (Einstellung) einwirkt.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
185
Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen 4.3.2.3
Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen 4.3.2.2 Nachfragerunternehmen Buying Center
Effektivität und Effizienz der Positionierungsstrategie:
Person 3 Person 2 Person 1
Beurteilung
Einstellung
4.3.2.2.2 Relevanz Fit Differenzierung etc.
4.3.2.2.3
VerhaltensIntention 4.3.2.2.4
Tatsächliches Verhalten 4.3.2.2.5
Affektiv Kognitiv Konativ bzw. Intentional
Kaufabsicht Preisbereitschaft etc.
Kauf Wiederkauf Gezahlter Preis etc.
Absatz Erzielter Preis Umsatz Werbungskosten Marge Gewinn (Mengen- und Wertmäßiger) Marktanteil etc.
Abbildung 26: Skizzierung des Positionierungserfolges (eigene Darstellung)
Die bisherige Entwicklung des Positionierungserfolges war relativ allgemein gehalten. Im weiteren Verlauf wird deshalb nunmehr auf jeder Stufe eine Spezifizierung und Fokussierung hinsichtlich (1) des Themas dieser Arbeit und (2) der Eingrenzung der empirischen Analyse vorgenommen. (1) In Bezug auf das Thema dieser Arbeit werden auf jeder Stufe die Besonderheiten, welche sich durch den B2B-Kontext sowie das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität ergeben, herausgearbeitet. (2) In Bezug auf die Eingrenzung der vorliegenden Arbeit ist auf mehrere Aspekte hinzuweisen (vgl. Abschnitte 1.3 und 4.3.2.4). Eine ausführliche Vorstellung und Begründung der Eingrenzungen findet in Abschnitt 4.3.2.4 statt. Sind die Eingrenzungen mit Folgen bei der Auswahl der relevanten Konstrukte und deren Konzeptualisierung verbunden, erfolgt an der jeweiligen Stelle ein kurzer Hinweis. 4.3.2.2 B2B-Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen Zunächst wird in Abschnitt 4.3.2.2.1 allgemein auf die Bedeutung des B2B-Kontexts und des Spannungsfelds von Rationalität und Emotionalität auf den Positionierungserfolg bei den Zielgruppen eingegangen. Nach diesen allgemeinen Ausführungen werden die einzelnen identifizierten Erfolgsstufen sehr konkret erörtert (vgl. Abschnitte 4.3.2.2.2 bis 4.3.2.2.5).
186
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.3.2.2.1 Allgemein zur Bedeutung des B2B-Kontexts sowie der Rationalität und Emotionalität für den Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen Bedeutung des B2B-Kontexts für den Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen Die Besonderheiten des B2B-Kontexts und von B2B-Marken, die in den Abschnitten 2.2.1.2 und 2.2.2.1 dargelegt wurden, haben einen Einfluss auf die Individuen im Nachfragerunternehmen und somit auch auf den Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen. Die Tatsache, dass B2B-Marken über mehrere Wahrnehmungsebenen aufgenommen werden, lässt schlussfolgern, dass der Erfolg bei den Zielgruppen auf Basis von mehreren Eindrücken resultiert (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Alle Wahrnehmungsebenen wie Unternehmen, Leistungsbündel, Prozesse, Service, Vertriebsmitarbeiter beeinflussen gemeinsam den Positionierungserfolg bei den Individuen. Die Messung des Positionierungserfolges wie die Einstellungsmessung muss sich deshalb auf die gesamthafte Einstellung gegenüber allen Eindrücke bzw. allen Wahrnehmungsebenen beziehen. Bei den Zielgruppen ist der Positionierungserfolg vor dem B2B-Kontext auf mehreren (Entscheidungs-)Ebenen existent: Individualebene, Gruppen- bzw. Buying Center-Ebene und Unternehmensebene (vgl. Abschnitt 2.1.1.1; Engelhardt, Günter 1981, S. 44; Tellefsen 2002, S. 646). Die vorliegende Arbeit betrachtet das SORParadigma lediglich auf Individualebene, als interne Prozesse und Reaktionen von einzelnen Individuen236 (vgl. auch Abgrenzung der vorliegenden Arbeit auf Individualebene in Abschnitt 1.3 und 4.3.2.4). Streng genommen sollten die beobachtbaren Reaktionen der Gruppe bzw. dem Unternehmen zugeordnet werden. Dennoch treffen letztendlich ein oder mehrere Individuen die Entscheidung (vgl. Webster, Keller 2004, S. 393). Gruppenentscheidungen sind insofern als Aggregation individueller Entscheidungen aufzufassen (vgl. Barten 1997, S. 155). Multipersonalität drückt eben diese Besonderheit aus, dass mehrere Individuen am Entscheidungsprozess beteiligt sind (vgl. Abschnitt 2.2.1.2). Der Positionierungserfolg ist deshalb nicht nur bei einem Individuum, sondern gleichzeitig bei mehreren Individuen eines Buying Centers zu erzielen (vgl. Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 30; Voeth, Rabe 2004, S. 91). Je mehr Individuen und vor allem „Entscheider“ von der Positionierung überzeugt werden, desto eher tritt der Positionierungserfolg ein
236
Vergleiche aber beispielsweise Formulierungen wie „Einstellung des Buying Centers“ oder „Einstellung des Nachfragers und seinen Entscheidungsträgern“ bei Barten (1997, S. 179).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
187
(vgl. Webster, Keller 2003, S. 398). Genauer gesagt, je nach Ausmaß der formalen und informalen Entscheidungsmacht, ist die Einstellung des Individuums für das Kaufverhalten des Nachfragerunternehmens mitbestimmend (vgl. Barten 1997, S. 177). In Bezug auf den betrieblichen Bedarf und den hohen Formalisierungsgrad ist zu konstatieren, dass der Positionierungserfolg nicht allein von den Wünschen und Vorstellungen der Individuen, sondern auch von den offiziellen Anforderungen und Vorstellungen des Unternehmens abhängt (vgl. Sheth 1973; Voeth, Rabe 2004, S. 90; Webster, Keller 2003, S. 395). Diese offiziellen Anforderungen des Arbeitskontextes werden als Kriterien zur Beurteilung und Entscheidung herangezogen und prägen damit die eigentlich individuellen Prozesse und Reaktionen. Bedeutung von Rationalität und Emotionalität für den Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen Allgemein nehmen Rationalität und Emotionalität vor dem Hintergrund des B2BKontexts unterschiedliche Rollen auf den Entscheidungsebenen ein. Auf Gruppen- und Unternehmensebene wird der Rationalität in der westlichen Welt und insbesondere im Arbeitskontext und in öffentlichen Diskussionen ein hoher Stellenwert zugerechnet. Emotionalität wird hingegen insbesondere in Entscheidungsprozessen weithin als minderwertig bzw. gar als Störfaktor wahrgenommen (vgl. Abschnitt 2.1.2, 2.3.3 und 4.2). Auf Individualebene bestimmen Rationalität und Emotionalität mehr oder weniger bewusst gleichermaßen die internen Prozesse und Reaktionen. Doch die Akzeptanz beider Elemente auf Gruppen- und Unternehmensebene prägt die individuellen Prozesse im Sinne von externen Erwartungen. Speziell auf Individualebene kann sich das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität sowohl auf der Stufe der nichtbeobachtbaren Prozesse („Organism“) als auch auf der Stufe der beobachtbaren Reaktionen („Response“) offenbaren (vgl. Abschnitt 2.1.1.2 und 2.1.2). Auf beiden Stufen gibt es Konstrukte, die in Bezug auf Rationalität und Emotionalität zugeordnet oder zergliedert werden können und Konstrukte, bei denen dies nicht zutrifft. Auf der Stufe interner Prozesse beispielsweise kann zwischen kognitiver und affektiver Einstellung oder kognitiver und affektiver Markenloyalität237 unterschieden werden (vgl. zur Einstellung Abschnitt 4.3.2.2.3; vgl.
237
„Markenloyalität“ wird von einigen Autoren in kognitive und affektive Loyalität bzw. Treue aufgeteilt (vgl. im B2C-Kontext Wiswede 1992, S. 84 und Oliver 1999, S. 36; vgl. auch im B2B-Kontext affektive und kognitive Komponente der Einstellungsbezogenen Markenloyalität bei Bennett, Härtel, McColl-Kennedy 2005). Nach Wiswede (1992, S. 84) können sechs Arten von Markentreue unterschieden werden: affektive, kognitive, habituelle, risikomeidende, tredierte und soziale Treue. Nach Wiswede (1992, S. 84) basiert affektive Treue auf positiven affektiv-emotionalen Beziehungen zur Marke und kognitive Treue auf Überzeugungen, welche bewusst erfahren werden sowie auf rationaler Ebene reproduzierbar sind.
188
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
zur Markenloyalität Wiswede (1992, S. 84) und Bennett, Härtel, McColl-Kennedy (2005)). Die Preisbereitschaft hingegen kann nicht zergliedert werden. Auf der Stufe beobachtbarer Reaktionen sind beispielsweise affektive Reaktionen, d.h. gezeigte Reaktionen wie Freude, und kognitive Reaktionen, wie Wissensaufbau, differenzierbar. Andere Reaktionen wie der gezahlte Preis oder Nicht-Kauf können in Bezug auf Rationalität und Emotionalität nicht zugeordnet werden. Als Gradmesser für den Positionierungserfolg am Markt können deshalb sowohl aktivierende als auch kognitive Prozesse bei den Zielgruppen dienen (vgl. Esch 2001b, S. 249 f.). Diese aus dem B2C-Bereich vertrauten Gegebenheiten gelten in identischer Weise für Personen im B2B-Kontext (vgl. Saunders, Watt 1979, S. 116; Thompson, Knox und Mitchell 1998, S. 28). 4.3.2.2.2 Wahrnehmung bzw. Beurteilung der Positionierung Die erste Erfolgsstufe zeichnet sich durch die Wahrnehmung bzw. Beurteilung der Positionierung durch die Zielgruppen aus. Zur Beurteilung der Positionierung können Individuen mehrere Kriterien heranziehen. Bei der Konzeptualisierung der Beurteilungskriterien orientiert sich die vorliegende Arbeit an den allgemein anerkannten Anforderungen, welche an eine erfolgsversprechende Positionierung gestellt werden238: Wahrnehmung, Relevanz, Kompetenz, Fit, Zukunftsorientierung, positive Differenzierung, Einzigartigkeit, Konzentration, Kontinuität und Operationalisierbarkeit239 (vgl. Abschnitt 2.2.3.4). Sander und Rätsch (2003, S. 112) kategorisieren die Anforderungen in drei Untergruppen: formale, zielgruppenbezogene und unternehmensbezogene Erfolgskriterien. Zu den formalen Anforderungen zählen die Konzentration auf wenige Merkmale, die Zukunftsorientierung und die Kontinuität in Bezug auf die gewählten Positionierungsinhalte. Unternehmensbezogene Anforderungen an die Positionierungsinhalte beziehen sich auf Ansprüche, deren Erfüllung im Anbieterunternehmen kontrolliert werden muss. Dies sind die Sicherstellung von tatsächlicher Kompetenz des Unternehmens bezüglich des Positionierungsinhaltes und die Operationalisierbarkeit der gewählten Inhalte. Zielgruppenbezogene Anforderungen an die Positionierungsinhalte sind Erfolgskriterien, die aus Sicht der Zielgruppen erfüllt sein müssen. Dies sind insbesondere die blose Wahrnehmung durch die Zielgruppe, die Relevanz für die Zielgruppe, der Fit zu der Zielgruppe sowie die positive Differenzierung und die Ein238
239
Der Literaturüberblick zeigt, dass hinsichtlich der Anforderungen zwar ein großer Konsens besteht, jedoch bislang keine empirische Überprüfung im Sinne von empirisch nachgewiesenen Erfolgsfaktoren stattgefunden hat. Dass viele dieser Anforderungen auch explizit im B2B-Bereich gelten wird bei Ward, Light und Goldstine (1999) dokumentiert, die explizit von „relevance“, „persistence and consistency“ (S. 89) sowie von „enduring“ (S. 90) sprechen.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
189
zigartigkeit aus Sicht der Zielgruppe. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nicht wie das Anbieterunternehmen den Erfüllungsgrad dieser Anforderungen beurteilt, sondern nur die subjektiven Sicht der Zielgruppen. Aufbauend auf dieser Einteilung werden die Beurteilungskriterien anhand der zielgruppenbezogenen Anforderungen an die Positionierungsinhalte konzeptualisiert. Business-to-Business-Bereich als Kontext Der B2B-Kontext verheißt, dass der Kaufprozess einen betrieblichen (keinen privaten) Bedarf deckt und stark formalisiert ist (vgl. Abschnitt 2.2.1.2). Die Individuen handeln demnach nicht als Privatpersonen, sondern als Mitarbeiter eines Unternehmens (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 90). Deshalb müssen die Anforderungen an die Positionierungsinhalte einerseits für das Individuum240 und andererseits, zumindest aus Sicht des beurteilenden Individuums, auch für das kaufende Unternehmen erfüllt werden241 (vgl. auch Sheth 1973; Telefsen 2002, S. 646; Saunders, Watt 1979, S. 116; Banville, Dornoff 1973, S. 62). Beispielsweise äußert sich das in der Selbstdarstellungsfunktion von B2B-Marken (vgl. Abschnitt 2.2.2.2). Diese kann sich einerseits auf die Selbstdarstellung des Individuums, wie dem Stolz des Einkäufers auf die Zusammenarbeit mit namhaften Herstellern, und andererseits auf die Selbstdarstellung des Unternehmens, wie Werbung für eigene Produkte unter Berufung auf Bestandteile von namhaften Vorlieferanten, beziehen (vgl. Mudambi 2002, S. 527). Dabei ist zu beachten, dass sich die Wahrnehmung des Individuums im Privatleben und im Arbeitskontext voneinander unterscheiden; z.B. bezieht sich der „Fit zur eigenen Person“ auf die Arbeitspersönlichkeit (vgl. „working self“ bei Strebinger 2001 sowie Markus, Wurf 1987). Diese Spezifizierung zwischen Anforderungen der eigenen Person und dem Unternehmen äußert sich insbesondere bei den Anforderungen der „Relevanz“ und des „Fit“. Spannungsfeld „Rationalität vs. Emotionalität“ als Kontext Das Spannungsfeld von Rationalität vs. Emotionalität manifestiert sich bei den betrachteten zielgruppenbezogenen Anforderungen hauptsächlich bei der „Differenzierung“ (vgl. Abschnitt 2.2.3.4). Die Differenzierung der eigenen Leistung vom Wettbewerb wird dahingehend unterschieden, ob sie eher physisch-rationaler bzw. funktionaler oder psychisch-emotionaler Natur ist242 (vgl. im B2B-Kontext243 McDowell Mu240
241
242
Nach Saunders, Watt (1979, S. 116) werden Kaufentscheidungen auch im B2B-Bereich niemals ohne den Einfluss der eigenen Persönlichkeit getroffen. Sheth (1975) unterscheidet in seinem Modell des industriellen Kaufverhaltens zwischen drei Anforderungen: Erwartungen der Individuen, produktspezifische Faktoren und unternehmenspezifische Faktoren. Keller, Sternthal, Tybout (2002, S. 83) kategorisieren drei Arten von Differenzierung: “brand performance associations” bezieht sich auf das Produkt und den Service zur Erfüllung funktionaler Bedürfnisse (rationale Differenzierung), “brand imagery associations“ bezieht sich auf das Image
190
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
dambi, Doyle, Wong 1997; vgl. zur Definition Abschnitt 2.2.3.4 und allgemein Abschnitte 2.1.2 und 4.2). Beispiele im B2B-Kontext244 sind zur rationalen Differenzierung Materialeigenschaften oder Motorleistung und zur emotionalen Differenzierung Serviceleistungen, Ergonomie oder Maschinendesign (vgl. Waldmann, Primus 2005). Über beide Varianten kann eine Differenzierung vom Wettbewerb erreicht werden (vgl. Wiedmann 2001, S. 142). Abgrenzung Die Gegenüberstellung der Themenschwerpunkte der vorliegenden Arbeit mit den zielgruppenbezogenen Anforderungen ergab, dass sich insbesondere Spezifikationen bei den Anforderungen „Relevanz“, „Fit“ und „Differenzierung“ ergeben. Deshalb begrenzt sich die folgende empirische Analyse auf die Betrachtung dieser drei Beurteilungskriterien, die laut Köhler (2001, S. 47) die häufigste Anwendung finden245. „Aktivierung“ wurde darüber hinaus als Anforderung an die Positionierungsinhalte außer Acht gelassen, weil es sich mehr um eine kurzfristige Erfolgsgröße und nicht, wie für den Positionierungserfolg gefordert, um eine langfristige Erfolgskennzahl handelt246 (vgl. Esch 1999, S. 894; vgl. Abschnitt 4.3.1.1). Konzeptualisierung der relevanten Konstrukte Gemäß den obigen Ausführungen und insbesondere vor dem Hintergrund des B2BKontextes werden die Anforderungen „Relevanz“ und „Fit“ jeweils hinsichtlich des eigenen Individuums und hinsichtlich des Unternehmens beurteilt. Das heißt, die Positionierungsinhalte müssen sowohl für das Individuum als auch für das Unternehmen relevant sein. „Of course, the promise of value must be relevant to the people or businesses a company wants to have as its customers“ (Ward, Light, Goldstine 1999,
243
244
245
246
bzw. die typischen Nutzergruppen (emotionale Differenzierung) und „consumer insight associations“ bezieht sich auf Differenzierung über das Verständnis für die Kundenprobleme und wird von den Autoren als wenig attraktiv bewertet. Vergleiche im B2C-Kontext: Haedrich, Tomczak (1988), Keller, Sternthal, Tybout (2002, S. 83 f.), Trommsdorff, Asan, Becker (2004, S. 547), Trommsdorff, Zellerhoff (1994, S. 354) und Wiedmann (2001b, S. 143). Kotler und Bliemel (1995, S. 470) unterscheiden zwischen Leistungen mit großen Differenzierungsmöglichkeiten und hochstandardisierten Leistungen mit geringen Differenzierungsmöglichkeiten, finden jedoch selbst bei Normvorschriften im B2B-Kontext Beispiele für differenzierte Angebote: Stahlsorte differenziert über Konsistenz und Materialeigenschaften, Elektromotoren sind unterschiedlich zuverlässig oder wartungsintensiv, Kugellager haben differenzierte Laufzeiten. Vergleiche zu den Aussagen von Köhler (2001, S. 47) die Fußnote 152 und darüber hinaus zur zur Bedeutung der drei Kriterien die Fußnote 154. Differenzierung allein reicht zum Positionierungserfolg nicht aus. Erst, wenn die Marke auch „relevant“ ist, hat der Kunde einen Grund für den Kauf. Damit wird deutlich, dass „Differenzierung“ und „Relevanz“ jeweils notwendig, aber keine hinreichenden Bedingungen des B2B-Positionierungserfolges darstellen. Esch (1999, S. 894) fordert im Bereich der Werbewirkung die Trennung von kurzfristigen und langfristigen sowie von allgemeinen bzw. positionierungsrelevanten Wirkungsgrößen.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
191
S. 89; vgl. auch Tellefsen 2002, S. 645247). Analog müssen die Positionierungsinhalte sowohl zum Individuum als auch zum Unternehmen passen. Thompson, Knox und Mitchell248 (1998, S. 28) sprechen hierbei von „persönlicher Kompatibilität“ und „kulturellem Fit zwischen den Organisationen“. Beide Anforderungen werden deshalb folgendermaßen konzeptualisiert: ‚Relevanz für das Individuum’ (z.B. persönliche Bedürfnisse), ‚Relevanz für das kaufende Unternehmen’ (z.B. formale Kaufkriterien), ‚Fit zu dem Individuum’ (z.B. persönliches Statusstreben) und ‚Fit zu dem kaufenden Unternehmen’ (z.B. Außendarstellung des Unternehmens). Die Konzeptualisierung der „Differenzierung“ wird in der vorliegenden Arbeit vor dem Hintergrund des Spannungsfelds von Rationalität und Emotionalität in ‚physischrationale Differenzierung’ und ‚psychisch-emotionale Differenzierung’ aufgespaltet (vgl. Wiedmann 2001b, S. 143; Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 354; Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 547). 4.3.2.2.3 Einstellung Die zweite Erfolgsstufe bei den Individuen manifestiert sich in ihrer Einstellung gegenüber der Markenpositionierung. Der Einstellung wurde und wird sowohl in der theoretischen Forschung, aber stärker noch in der kommerziellen Marktforschung eine zentrale Rolle zugesprochen, was sich an Bezeichnungen wie „Schlüsselbegriff der modernen Sozialpsychologie“ (Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 594) oder „Mädchen für alles“ (vgl. KroeberRiel, Weinberg 2003, S. 168) äußert. Die Gründe für diese zentrale Rolle sind darin zu sehen, dass die Einstellung als valide messbar, gut zu beeinflussen, verhaltensprägend und vielseitig einsetzbar gilt und sie hinsichtlich des Zurechnungsdilemmas des SOR-Paradigmas gar als ein „bewährter Kompromiss“ zwischen instrumentnahen, psychologischen und ergebnisnahen, ökonomischen Erfolgsgrößen stehen kann (vgl. Ajzen, Krebs 1994; Trommsdorff 2002, S. 149 ff.). Sie ist als hypothetisches Konstrukt deutlich einfacher zu ermitteln als die Abbildung einer realen und wirklichkeitsgetreuen Handlungssituation. Vor dem Hintergrund des Positionierungserfolges
247
248
Tellefsen (2002, S. 645) bestätigte in seiner empirischen Analyse, dass organisationale Kaufentscheidungen sowohl von organizational needs“ als auch von individuellen „personal needs“ der Einkäufer, wie Effizienz und Sicherheit, abhängen und, dass Einkäufer sogar mehr durch die Erfüllung der persönlichen Bedürfnisse beeinflusst werden. Vergleiche eine ähnliche Trennung im B2B-Kontext in persönliches Risiko und unternehmensbezogenes Risiko bei Hawes und Barnhouse (1987) und Hutton (1997). Thompson, Knox und Mitchell (1998, S. 28) untersuchten die Relevanz von Kriterien auf verschiedenen Stufen des industriellen Kaufprozesses. Gerade in der letzten Stufe weisen Sie auf die hohe Bedeutung von persönlicher Kompatibilität (Fit zum Individuum) und kultureller Fit zwischen den Organisationen (Fit zum Unternehmen) hin.
192
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
ist es bedeutsam, dass Einstellung zudem als „langfristiges Konstrukt“ angesehen wird (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 206; vgl. auch Blythe 1999, S. 70). Obwohl „Einstellung“ aufgrund des hohen Interesses eines der am besten erforschten Konstrukte darstellt, existiert in der Literatur bis heute kein Konsens über die Definition und Konzeptualisierung von Einstellung (vgl. Gröppel-Klein 2001b, S. 170). Beispiele für eine Definition von Einstellung249 (engl. „attitude“): -
„Zustand einer gelernten und dauerhaften Bereitschaft, in einer entsprechenden Situation gegenüber dem betreffenden Objekt mehr oder weniger stark positiv oder negativ zu reagieren“ (vgl. Trommsdorff, Paulssen 2000 S. 1057)
-
“global and relatively enduring […] evaluations of objects, issues or persons […] These evaluations can be based on behavioural, cognitive, and affective information and experiences, and they are capable of guiding behavioural, cognitive, and affective responses” (Petty, Unnava, Strathman 1991, S. 242; vgl. ähnlich bei Esch 2000, S. 192).
Die gewählten Definitionen verdeutlichen, dass zwischen eindimensionalen und komplexen mehrdimensionalen Konzeptionen zu unterscheiden ist. Vertreter für eine eindimensionale Konzeption betrachten lediglich eine Komponente der Einstellung oder eine globale Gesamteinstellung zu einem Objekt (vgl. Osgood, Suci, Tannenbaum 1957; Berekoven, Eckert, Ellenrieder 2004, S. 81; Gröppel-Klein 2004, S. 210; vgl. eindimensionale Skala bei de Kempf 1999). Mehrdimensionale Konzeptionen (vgl. Bagozzi, Burnkrant 1979; Mano, Oliver 1993) lassen sich wiederum in zweidimensionale und dreidimensionale Konzepte zerlegen (vgl. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 596). Zweidimensionale Konzeptionen unterscheiden eine affektive und eine kognitive Komponente250 (vgl. Edell, Burke 1987; Batra, Ahtola 1990; Voss,
249
250
Eng verwandt mit dem Konstrukt „Einstellung“ ist das „Image“. Beide Konstrukte werden weithin als Synonyme verstanden (vgl. Esch 2000, S. 192; Gröppel-Klein 2004, S. 336; Kroeber-Riel, Weinberg 2003; Spiegel 1961; Trommsdorff, Zellerhoff 1994). Ein Unterschied wird teilweise darin gesehen, dass die Einstellung als eindimensionales und Image als komplex-mehrdimensionales Konstrukt, das subjektiv, sprachlich, bildhaft, episodisch und nicht nur kognitiv, sondern auch emotional, erlebnisorientiert und wertend ist, verstanden wird (vgl. Trommsdorff 1992, S. 458; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 768 ff.). Im Zusammenhang mit Marken versteht man unter „Image“ das Bild, das sich die Zielgruppen von der Marke machen (vgl. Abschnitt 2.2.2). Die vorliegende Arbeit wählt den Begriff „Einstellung“, da dieser „schärfer expliziert“, „theoretisch besser fundiert“ und „empirisch greifbarer“ ist (vgl. Wiswede 1992, S. 72 f.). Auch „Präferenzen“ hängen eng mit der „Einstellung“ zusammen und werden als „relative Einstellung“ beschrieben, d.h. die Einstellung zu einer Marke im Vergleich zu einer anderen Wettbewerbsmarke (vgl. Trommsdorff 2002, S. 150; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 768 ff.). Eine eindimensionale Messung kann der komplexen Natur des Einstellungsphänomens nicht gerecht werden. Mehrere Dimensionen ermöglichen eine bessere Erklärungen des Konsumentenverhaltens und eine bessere Beurteilung von Marketingstrategien (vgl. Bagozzi, Burnkrant 1979; Park, Jaworski, MacInnis 1986). Neuere Studien belegen diese Meinung: Die Studie von Voss, Spangenberg und Grohmann (2003) differenziert zwischen einer „hedonic dimension“ und einer „utilitarian dimension“ der Einstellung zur Marke. Es wird nicht nur umfassend nachgewiesen,
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
193
Spangenberg, Grohmann 2003). Dreidimensionale Konzeptionen, die so genannten „Drei-Komponenten-Theorie“251, kategorisieren eine gefühlsmäßige bzw. affektive, eine wissensbasierte bzw. kognitive und schließlich eine handlungsbezogene, konative bzw. intentionale Komponente (vgl. Krech, Crutchfield, Ballachey 1962; Bagozzi, Burnkrant 1979; Day 1972, S. 279; Trommsdorff 2002, S. 154; Rosenberg et al. 1960; Blythe 1997, S. 70 ff.). Die kognitive Komponente resultiert aus den Informationen über das Objekt, seinen Funktionen und dem Wissen bzw. der Meinung und Überzeugung der Zielgruppen diesbezüglich; die affektive Komponente repräsentiert hingegen die allgemeinen Gefühle der Zielgruppe hinsichtlich des Objektes252 (vgl. Day 1972, S. 279; Voss, Spangenberg, Grohmann 2003, S. 310; Hanna, Wozniak 2001, S. 183). In der vorliegenden Arbeit sind als Objekt die Marke und deren Positionierung zu sehen. Einstellung
Affektive Komponente
Kognitive Komponente
Konative Komponente
Affekt oder Gefühl bzgl. eines Objektes
Wissen, Denken und Erfahrungen bzgl. eines Objektes
Verhaltenskomponente im Sinne einer Bereitschaft
Abbildung 27: Konzeptualisierung der Einstellung
Am meisten verbreitet ist die dreidimensionale Konzeption, wobei das zweidimensional Modell nicht im Widerspruch steht, sondern eher als Teilmodell zu verstehen ist. Auch die vorliegende Arbeit greift auf diese mehrdimensionale Konzeptualisierung der Einstellung zurück.
251
252
dass es sich um zwei separate Variablen handelt, sondern auch die Überlegenheit dieser zweidimensionalen Konzeption im Vergleich zur eindimensionalen Einstellungsmessung zu Zwecken der Marktforschung bestätigt. Auch Hoyer und McInnis (1997, S. 141 ff.) unterscheiden zwischen einer kognitiven und einer affektiven Basis, auf denen Individuen ihre Einstellung entwickeln. Je nach persönlicher Motivation, Fähigkeit und Möglichkeit variiert die Gewichtung beider Einstellungsgrundlagen. Zu den Theorien der Einstellungsforschung zählen neben der „Drei-Komponenten-Theorie“ auch die „Means-End-Analyse“ und das „ABC-Modell der Einstellung“ (vgl. Gröppel-Klein 2004b, S. 336 ff.). Das ABC-Modell stellt eine Integration der beiden anderen Formen dar. Es verknüpft die drei Komponenten in unterschiedlichen Varianten miteinander und erklärt damit unterschiedliche Wege der Einstellungsbildung (vgl. Varianten CAB, CBA und ABC bei Solomon, Bamossy, Askegaard 1999, S. 123; vgl. auch Abschnitt 2.1.2). Für einen Vergleich von weiteren Einstellungsmodellen siehe Day (1972, S. 279). Schwer davon abzugrenzen sind die englischen Begriffe „brand affect“ und „brand cognitions“ (bzw. „brand trust“), welche ebenfalls das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität bezüglich der Einstellung zur Marke ausdrücken. „Brand cognition“ wird als “expectancy value from brand attributes” (vgl. de Kempf 1999, S. 35) oder „willingness of the average consumer to rely on the ability of the brand to perfom its stated function“ und “brand affect” als “brand’s potential to elicit a positive emotional response in the average consumer as a result of its use” definiert (vgl. Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 82).
194
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Allgemein anerkannt ist, dass die drei Komponenten aufeinander abgestimmt und konsistent sein sollen (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 336). Strittig ist jedoch, ob mehrdimensional so zu verstehen ist, dass es sich um ein einziges Konstrukt mit mehreren Faktoren handelt oder, dass es sich um zwei bzw. drei Konstrukte handelt, die separat gemessen werden und zwischen denen Wirkungszusammenhänge bestehen können. Letztere Auffassung, bei der die affektive Einstellung und die kognitive Einstellung separate Konstrukte sind, bietet die Vorteile, dass der Differenzierungsgrad von Marken sowie die Effektivität von rationalen und emotionalen Werbekampagnen und Positionierungsstrategien vergleichend getestet werden können und schließlich, dass die Erkärungskraft von Modellen deutlich ansteigt (vgl. Voss, Spangenberg, Grohmann 2003, S. 310 und S. 319; Park, Jaworski, MadInnis 1986; Dillon et al. 2001). Einstellung Affektive Einstellung Verhaltensintention
Tatsächliches Verhalten
Kognitive Einstellung
Abbildung 28: Einstellung von Individuen (vgl. Trommsdorff 2002, S. 155)
Über die Art des Zusammenwirkens und mögliche Reihenfolgen wird ebenfalls sehr kontrovers diskutiert (vgl. ABC-Modell in Abschnitt 2.1.2). Es wird davon ausgegangen, dass die drei Komponenten nicht unabhängig und parallel auftreten, sondern in einem kausalen Zusammenhang miteinander stehen253 (vgl. Trommsdorff 2002, S. 155). Heutzutage ist die Interpretation üblich, dass affektive und kognitive Komponenten der Einstellung in Wechselwirkung stehen und beide direkt auf die Verhaltensintention als konative Komponente einwirken, welche dann wiederum das tatsächliche Verhalten beeinflussen kann, das im Zeitverlauf auf die Einstellung zurückwirken kann254 (vgl. Ajzen 1996; Trommsdorff 2002; Gröppel-Klein 2004, S. 207
253
254
Da der Zusammenhang zwischen den drei Komponenten unterschiedlich aufgefasst werden kann, hat diese Theorie für Verwirrung gesorgt. Für unterschiedliche Interpretationen der DreiKomponenten-Theorie wird bspw. auf Bagozzi, Burnkrant (1979) verwiesen. Besonders kontrovers wird insbesondere der Zusammenhang zwischen der affektiven Komponente und der kognitiven Komponente der Einstellung diskutiert (vgl. Day 1972, S. 279). Lange Zeit wurde nur die Vorstellung verfolgt, dass die Einstellung auf das Verhalten wirkt (EVHypothese). Neuere Untersuchungen weisen jedoch zudem auf eine Rückkopplung hin und gehen folglich davon aus, dass tatsächliches Verhalten die Einstellung beeinflusst (vgl. Mummedy, Schiebel, Sturm 1988, S. 40 ff.; Schiebel 1988, S. 201 ff.).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
195
und S. 336 f.; Petty, Unnava, Strathman 1991; vgl. auch Zusammenhänge in den Abschnitten 4.3.2.4 und 4.3.3.3). Der vermutete enge Zusammenhang zwischen „Einstellung“, „Verhaltensintention“ und „tatsächlichem Verhalten“ (kurz auch EV-Hypothese) ist in der Literatur sehr umstritten, da zwischen individuellen Vorstellungen und der Realität zahlreiche weitere soziale und situative Einflussfaktoren intervenieren (vgl. bekannte kritische Studie von LaPiere 1934; zu Diskussionen, Studien und Problemen Ajzen, Fishbein 1980; Benninghaus 1976; Trommsdorff 2002, S. 155 ff.; Kroeber-Riel-Weinberg 2003, S. 171 ff.). Auch insbesondere im B2B-Bereich ist auf intervenierende Einflussfaktoren wie die finanzielle Situation des Nachfragerunternehmens, möglicher Zeitdruck, rechtliche Vorschriften des Nachfragerlandes oder nicht vorhersehbare Stimmungen im Buying Center zu verweisen (vgl. Barten 1997, S. 179). Business-to-Business-Bereich als Kontext Vor dem B2B-Kontext bilden vor allem die formalen Kaufanforderungen sowie der Rationalitätsanspruch die Rahmenbedingungen für die individuelle Einstellungsbildung. Vor diesem Hintergrund ist es zum einen vorstellbar, dass die affektive und kognitive Komponente der Einstellung im B2B-Bereich eine andere Gewichtung einnehmen als im B2C-Bereich (vgl. Brandmeyer, Pirck 2004255; vgl. auch Abschnitt 2.1.2). So wäre aufgrund des Rationalitätsanspruches vorstellbar, dass der kognitiven Komponente der Einstellung eine größere Rolle zukommt. Zum anderen ist davon auszugehen, dass die inhaltliche Konzeptualisierung und Operationalisierung beider einzelnen Komponenten an den B2B-Kontext angepasst werden muss (vgl. Kuhn, Alpert 2005). Zur Messung der affektiven Einstellung sind spezifische B2BIndikatoren wie „good“, „comfortable“ und „it will do the job“ (vgl. Beziehung zur B2BMarke bei Kuhn, Alpert 2005) besser geeignet als typische B2C-Indikatoren wie „I feel good“, „makes me happy“ oder „gives me pleasure“ (vgl. „Brandaffect“ bzw. „hedonic value“ von B2C-Marke bei Chaudhuri, Holbrook 2001). Spannungsfeld „Rationalität vs. Emotionalität“ als Kontext Das Spannungsfeld von „Rationalität vs. Emotionalität“ spiegelt sich bei der Einstellung in der kognitiven und der affektiven Komponente wider.
255
Brandmeyer und Pirck (2004) konzeptualisieren die Markenbindung über drei Komponenten: Gefallen (Emotionalität), Vernunft (Rationalität) und Vertrauen. Sie weisen darauf hin, dass zum Markenaufbau beide Elemente „Gefallen“ und „Vernunft“ als Bindungsfacetten optimal verbunden werden müssen, jedoch die Gewichtung zwischen beiden Facetten zwischen Branche (B2C und B2B) und Produktgattung variieren kann.
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4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Abgrenzung Die Individuen werden hinsichtlich ihrer „affektiven Einstellung“ und „kognitiven Einstellung“ zur Positionierung der B2B-Marke befragt. Konzeptualisierung der relevanten Konstrukte Die Einstellung zur Marke wird in der vorliegenden Arbeit in die kognitive und die affektive Einstellung zur Marke aufgeteilt. Aufgrund der expliziten Betrachtung des Spannungsfeldes von Rationalität und Emotionalität ist es wichtig, die beiden Komponenten der Einstellung als separate Faktoren zu betrachten256 (vgl. Batra, Ahtola 1990; Voss, Spangenberg, Grohmann 2003; Ahtola 1985; Batra 1984; Hirschman, Holbrook 1982; Puto, Wells 1984; Holbrook, Batra 1987, S. 405). Diese Zweiteilung der Einstellung findet auch explizit bei B2B-Marken Anwendung (vgl. Aaker, Jacobson 2001, S. 489; Saunders, Watt 1979, S. 116). Die nach dem Drei-Komponenten-Modell vorgesehene dritte Komponente, die so genannte konative Komponente (vgl. Trommsdorff 2002, S. 154), wird in der vorliegenden Arbeit aufgrund der oben genannten Gründe nicht als Teil der Einstellung betrachtet, sondern als eigenständiges Konstrukt „Verhaltensintention“ im nächsten Abschnitt 4.3.2.2.4 konzeptualisiert. 4.3.2.2.4 Verhaltensintention Die dritte Erfolgsstufe äußert sich in der Verhaltensabsicht der Individuen, auch Verhaltensintention oder Handlungsbereitschaft genannt. Es gilt als umstritten, ob die Verhaltensabsicht entweder als konative Komponente der Einstellung oder als eigenständiges Konstrukt konzeptualisiert werden sollte (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 170; Söderlund, Vilgon, Gunnarson 1999, S. 169; vgl. Abschnitt 4.3.2.2.3). Um dem oben beschriebenen Dilemma der EV-Hypothese, dass eine positive Einstellung nicht zwingend ein Indiz für tatsächliches Kaufverhalten darstellt, zu entkommen, ist eine Betrachtung als eigenständiges Konstrukt vorteilhaft (vgl. Rothman 1964; Nieschlag, Dichtl, Hörschgen 2002, S. 599). Die Messung der Verhaltensabsicht bietet im Vergleich zur bloßen Einstellungsmessung den Vorteil, dass die Befragten sich besser in die gesamte Kaufsituation versetzen und diese beurteilen. Die vorliegende Arbeit vertritt vor diesem Hintergrund die Auffassung, dass die Verhaltensabsicht als eigenständiges Konstrukt konzeptualisiert wird257 (vgl. Ajzen, Fishbein 1973, S. 41 ff.; Esch 1999, S. 867; Gelbert, Böing 2003,
256 257
Vergleiche eine ähnliche Zweiteilung für das Konstrukt „Präferenz“ bei Zajonc, Markus (1982). Homburg, Krohmer (2002, S. 39) schreiben, dass die „konative Komponente der Einstellung“ in der Entstehung einer „Verhaltensabsicht“ wirksam werden kann. Die Prognosefähigkeit der Kaufabsicht gilt als höher als die der Einstellung (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 189).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
197
S. 18). Unter „Verhaltensintention“ („behavioral intention“) versteht man die Neigung, sich in einer konkreten Situation gegenüber einem Gegenstand in einer bestimmten Art zu verhalten (vgl. Rothman 1964b, S. 21 ff.; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 170). In der Literatur werden unterschiedliche Ausprägungen der Intention differenziert. Die vorliegende Arbeit unterscheidet zwischen zwei Dimensionen: der Preisbereitschaft und der Kaufbereitschaft (vgl. Söderlund, Vilgon, Gunnarson 1999, S. 170). Diese spiegeln die zwei wesentlichen Punkte wider, welche den Mehrwert einer B2BMarke kennzeichnen: die Preisprämie und/oder den Mengenvorteil bei Preisgleichheit (vgl. Pförtsch, Schmid 2005, S. 59). Business-to-Business-Bereich als Kontext Der B2B-Kontext bedingt keine spezifischen Veränderungen der Konzeption von Verhaltensintention. Spannungsfeld „Rationalität vs. Emotionalität“ als Kontext Für die Verhaltensabsicht werden vor dem Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität keine konzeptionellen Veränderungen erkannt. Abgrenzung Die Individuen werden in Bezug auf ihre „Verhaltensintention“ gegenüber der positionierten B2B-Marke befragt. Bereits jetzt wird vorweggenommen, dass die vorliegende Arbeit auf eine Befragung des Anbieterunternehmens und eine Beobachtung des tatsächlichen Kaufverhaltens der Individuen bzw. des nachfragenden Unternehmens verzichtet (vgl. Abschnitt 4.3.2.4). Der „ökonomische Positionierungserfolg“ beim Anbieterunternehmen wird deshalb nur indirekt über die Verhaltensintention der Individuen im Nachfragerunternehmen abgeschätzt. Konzeptualisierung der relevanten Konstrukte In Abschnitt 4.3.2.3 wird als zentrale Kennzahl des „ökonomischen Positionierungserfolges“ im Anbieterunternehmen der „wertmäßige Marktanteil“ herausgearbeitet, der aus einer Preis- und einer Mengenkomponente besteht (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351; Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 543). Um diese Kennzahl gut abschätzen zu können, transferiert die vorliegende Arbeit die beiden Komponenten auf die Verhaltensintention und zerteilt diese in zwei Konstrukte: in die „Kaufbereitschaft“ und die „Preisbereitschaft“, um jeweils ein Indiz für die Mengen- und die Preiskomponente des Positionierungserfolges im Unternehmen zu haben (vgl. Söderlund, Vilgon, Gunnarson 1999, S. 170; Baumgarth 2004, S. 91).
198
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.3.2.2.5 Reaktion Schließlich äußert sich die vierte Erfolgsstufe bei den Zielgruppen in den sichtbaren Reaktionen auf die Markenpositionierung. Zu den sichtbaren Reaktionen zählen der Kauf bzw. Nicht-Kauf der positionierten Marke, der Wiederholungskauf im Sinne von tatsächlicher Markenloyalität oder der tatsächlich gezahlte Preis. Business-to-Business-Bereich als Kontext Im Lichte des B2B-Kontexts ist darauf hinzuweisen, dass Reaktionen als Zusammenspiel von individuellen Entscheidungen und Gruppen- bzw. Unternehmensentscheidungen entstehen (vgl. Webster, Wind 1972; vgl. Abschnitt 2.1.1.1). Spannungsfeld „Rationalität vs. Emotionalität“ als Kontext Bei den sichtbaren Reaktionen der Zielgruppen kann teilweise zwischen kognitiven und affektiven Aspekten differenziert werden: gezeigte Emotionen wie Freude (affektive Reaktion) oder Aufbau von Wissen (kognitive Reaktion). Konstrukte, wie der Kauf oder der gezahlte Preis, lassen sich dieser Dichotomie jedoch nur schwierig zuordnen. Abgrenzung Wie oben schon kurz erwähnt, begrenzt sich die vorliegende Arbeit auf eine reine Betrachtung der Individualebene (vgl. Abschnitte 1.3 und 4.3.2.1). Diese Individualebene wird mit Hilfe einer schriftlichen Befragung analysiert, die auf der Vorstellung einer fiktiven Kaufentscheidung aufbaut (vgl. Abschnitt 1.3). Eine Beobachtung des tatsächlichen Verhaltens ist auf diese Weise nicht möglich, lediglich eine Einschätzung der Verhaltensabsicht (vgl. Abschnitt 4.3.2.2.4). Auf der Reaktions-Ebene erübrigt sich deshalb die Identifikation und Konzeptualisierung relevanter Konstrukte. 4.3.2.3 (Ökonomischer) B2B-Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen Die letzte Erfolgsstufe der Positionierung zeigt sich beim ökonomischen Erfolg im Anbieterunternehmen. Zur Bewertung des Positionierungserfolges im Unternehmen stehen übliche wirtschaftliche Effektivitäts- und Effizienzkennzahlen zur Verfügung (vgl. Hupp, Xu 2003; Munoz, Kumar 2004, S. 383; Baumgarth 2004, S. 79; vgl. konkret im Positionierungskontext Esch 2001b, S. 260 und Mühlbacher, Dreher 1996, S. 70). Die Effektivität der Positionierungsstrategie weist auf den Zielerreichungsgrad hin: Wurde die richtige Positionierungsstrategie ausgewählt? Wird die Zielgruppe erreicht? Erfolg drückt sich im Absatz der Leistung und in dem erzielten Preis aus. Mögliche Erfolgskennzahlen sind demnach Absatz, Preis, Umsatz, Gewinn sowie der
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
199
mengenmäßige oder wertmäßige Marktanteil. Die Effizienz drückt aus, wie gut das Ziel erreicht wird. Wie gut wird die Positionierungsstrategie umgesetzt? Wie gut werden die Zielgruppen erreicht? Die Effizienz ist umso höher je besser das Ziel erreicht wird und je weniger interne Ressourcen (z.B. Arbeitszeit, Budget) dafür verwendet werden. Eine mögliche Effizienzkennzahl ist die Relation von Werbeausgaben und Positionierungserfolg. Business-to-Business-Bereich als Kontext Für den ökonomischen Positionierungserfolg im anbietenden Unternehmen werden keinerlei erforderlichen Anpassungen an den B2B-Kontext identifiziert. Spannungsfeld „Rationalität vs. Emotionalität“ als Kontext Auch hinsichtlich des Spannungsfeldes von Rationalität und Emotionalität werden keine Anpassungserfordernisse für den Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen erkannt. Abgrenzung Die Effizienz einer Positionierungsstrategie kann nur anhand eines direkten Falls im Unternehmen geprüft werden. Da die empirische Studie im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch lediglich eine fiktive Positionierungsstrategie betrachtet, muss auf eine Effizienzprüfung verzichtet werden (vgl. Abschnitte 1.3 und 4.3.2.4). Um die fiktive Positionierungsstrategie in der vorliegenden Arbeit zu bewerten, wird deshalb auf Effektivitätskennzahlen zurückgegriffen. Effektivität drückt in diesem Zusammenhang aus, wie gut die gewählte Positionierungsstrategie zur Erreichung des Positionierungserfolges im Unternehmen beiträgt. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass die empirische Befragung nicht im Anbieterunternehmen, sondern nur auf Kundenseite durchgeführt wird (vgl. Abschnitt 4.3.2.4). Der ökonomische Erfolg wird deshalb nicht direkt über Kennzahlen im Anbieterunternehmen, sondern indirekt als Verhaltensintention der Zielgruppen abgefragt (vgl. Abschnitt 4.3.2.2.3). Aufgrund dieser indirekten Befragung wird der ökonomische Positionierungserfolg im Folgenden kurz konzeptualisiert. Konzeptualisierung Globale ökonomische Positionierungskennzahlen sind der maximale Markenwert, der wertmäßige Marktanteil oder der Umsatz, die alle eine Preis- und eine Mengenkomponente subsumieren258 (vgl. Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 767;
258
Beide Komponenten, d.h. die Mengenkomponente und die Preiskomponente, sind auf die Präferenz, d.h. die Bevorzugung der Marke vor den Konkurrenzmarken zurückzuführen (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351). Sie sind Bestandteile in vielen Konzepten des Markenwertes (vgl. Aaker 1996b; Winters 1991; Holbrook 1992). Zu ähnlichen Konzeptualisierungen des Unterneh-
200
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351). Nach Trommsdorff, Paulssen (2000, S. 2057) ist die Konzeptualisierung des Positionierungserfolges als wertmäßiger Marktanteil sowohl in der Theorie als auch in der Praxis anerkannt. Der wertmäßige Marktanteil ist unter einer gegebenen Budgetrestriktion zu maximieren (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 351; Trommsdorff, Asan, Becker 2004, S. 543; vgl. generell Preispremium259 als Ziel der Positionierung bei Kalra, Goodstein 1998). Aufgrund der oben getroffenen Abgrenzung ist die vorliegende Arbeit gezwungen, den wertmäßigen Marktanteil indirekt als Verhaltensintention der Zielgruppen zu erheben. In Anlehnung an Trommsdorff et al. (1994, 2000, 2004) und in Anbetracht der Abgrenzung wird der wertmäßige Marktanteil in der vorliegenden Arbeit deshalb mit Hilfe von zwei Konstrukten erfasst: „Kaufbereitschaft“ und „Preisbereitschaft“ (vgl. Abschnitt 4.3.2.2.4). Beide Komponenten finden auch speziell im B2B-Bereich häufig Anwendung, um den Markenerfolg zu messen. Hutton (1997, S. 431) sowie Bendixen, Bukasa und Abratt (2004, S. 372) erfassen den B2B-Markenwert über Größen wie Preispremium, erhöhte Nachfrage, Weiterempfehlung oder Cross Selling. In beiden Studien konnte empirisch bestätigt werden, dass erfolgreiche Marken auch im B2B-Kontext mit einem Preispremium einhergehen (vgl. zum Ergebnis beider Studien Abschnitt 2.2.2.2 und dort Tabelle 4). „On the revenue side, strong technology brands can increase customers’ willingness to buy related products and services and pay price premiums.” (Ward, Light, Goldstine 1999, S. 95). 4.3.2.4 Abgrenzung und Zusammenfassung eines Untersuchungsmodells zum B2B-Positionierungserfolg In Abbildung 26 wurde ein Bezugsrahmen zum B2B-Positionierungserfolg vorgestellt (vgl. Abschnitt 4.3.2.1). Des Weiteren wurden die Stufen des B2BPositionierungserfolges vor dem Kontext von Business-to-Business und Rationalität vs. Emotionalität betrachtet und Besonderheiten herausgearbeitet (vgl. Abschnitte 4.3.2.2 und 4.3.2.3).
259
mens- bzw. Markenerfolges siehe auch Aaker (1996b, S. 115 ff.: „market behavior“ modelliert als Marktanteil, Marktpreis und Vertriebsabdeckung), Bauer et al. (2004: um Brand Equity Drivers zu identifizieren wird ein Erfolgsmodell mit Markenstärke im Sinne von Loyalität einerseits und der Preispremiumakzeptanz andererseits verwendet) oder Chaudhuri, Holbrook (2001, S. 84: „brand outcomes“ oder „brand performance“ modelliert als Marktanteil und relativer Preis). Speziell zur Verwendung von Preispremium als Kennzahl des Markenerfolges vergleiche beispielsweise auch Bauer, Klein-Bölting, Murad Aga, Sander und Valtin (2004, S. 17), als Ziel von Werbeanzeigen vergleiche Krishnamurthi, Raj (1985) oder Kaul, Wittink (1995), speziell im B2BBereich vergleiche Mudambi (2002, S. 257) und allgemein zu Gründen und Folgen von Preispremiums vergleiche Rao und Monroe (1996).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
201
Abgrenzung der empirischen Untersuchung Für das weitere Vorgehen und insbesondere für die empirische Studie beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf den zielgruppenbezogenen Positionierungserfolg und verzichtet damit auf eine Betrachtung des Positionierungserfolges im Anbieterunternehmen. Dies hat folgende Gründe: -
Erstens ist festzuhalten, dass der Positionierungserfolg bei den Zielgruppen die notwendige Bedingung für den Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen darstellt. Aus Marketingsicht ist streng genommen ausschließlich die subjektive Wahrnehmung der Zielgruppen entscheidend260, um die Bedeutung der Positionierungsinhalte einzustufen (vgl. Abschnitt 2.2.3.3; vgl. Albers 1989; Esch 2001b, S. 235; Parker, Churchill 1986, S. 1; Esch 2000, S. 193; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 767; Wind 1982, S. 75; vgl. auch Forschungsfrage 4).
-
Zweitens wurde erkannt, dass sich die Besonderheiten aufgrund der beiden Kontexte dieser Arbeit vor allem im Bereich des zielgruppenbezogenen Positionierungserfolges äußern. So ist insbesondere zu beantworten, welche Rolle Rationalität und Emotionalität bei den industriellen Zielgruppen spielen. Der unternehmensbezogene Positionierungserfolg im B2B-Bereich unterscheidet sich hingegen nicht von dem im B2C-Bereich (vgl. Forschungsfrage 3).
Die endgültig getroffene Entscheidung im Unternehmen ist eine Funktion der individuellen Präferenzen, der eigenen Entscheidungsbefugnis, der Gruppendiskussion und der individuellen Durchsetzungskraft in der Gruppe sowie der organisatorischen Rahmenbedingungen (vgl. organisationales Kaufverhalten in Abschnitt 2.1.1.1). Diesbezüglich beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Betrachtung der Individualebene (vgl. Abschnitte 4.3.2.4 sowie Mudambi 2002, S. 526). Dies begründet sich mit folgenden Aspekten: -
Positionierung soll den Kaufentscheidungsprozess bei den Zielgruppen beeinflussen. Auch im B2B-Kontext treffen letztendlich nicht abstrakte Organisationen, sondern Menschen bzw. Individuen die Entscheidung (vgl. Von der Oelsnitz 1995, S. 254; Lynch, de Chernatony 2004, S. 412; vgl. auch Abschnitt 4.2.2). Um die Unternehmensebene zu verstehen, ist es deshalb zunächst notwendig, die Individualebene mit ihren Bedürfnissen und ihrem Verhalten zu
260
Im B2C- wie auch im B2B-Bereich sollten Planung und Kontrolle der Positionierung ausschließlich an verhaltenwissenschaftlichen Größen (beim Kunden) gemessen werden und nicht an ökonomischen Größen. Esch (2001b, S. 260 f.) begründet dies damit, dass für den Imageaufbau Zeit und Geld notwendig sind, was sich zunächst nachteilig auf die ökonomischen Kennzahlen auswirken kann. Ökonomische Erfolgsgrößen gehen deshalb mit der Gefahr einher, dass falsche Schlüsse und Reaktionen getätigt werden.
202
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
verstehen (vgl. Tellefsen 2002, S. 646). Von Interesse ist, mit welchen rationalen und emotionalen Inhalten einzelne entscheidungsbefugte Individuen erreicht werden können (Kaufleute, Techniker etc.). -
Das Spannungsfeld „rational vs. emotional“ kann grundsätzlich auf mehreren Ebenen in Unternehmen betrachtet werden (vgl. Abschnitt 2.3.3). Auf der Individualebene ist bekannt, dass bei privaten Kaufentscheidungen immer sowohl kognitive als auch emotionale Bestandteile eine Rolle spielen (vgl. Abschnitte 2.1.1.2 und 2.1.2); bei Individuen im Arbeitskontext existieren eher Mutmaßungen anstelle von empirisch fundierten Erkenntnissen (vgl. Überblick über Studien in Abschnitt 4.2.2). Vor diesem Hintergrund ist es zunächst interessant zu erforschen, ob und inwieweit auch Individuen im Arbeitskontext von beiden Bestandteilen beeinflusst werden.
Mit dem Fokus auf die Individualebene ist es für den vorökonomischen Positionierungserfolg wiederum umso wichtiger, die einzelnen bzw. wenigen Personen zu identifizieren und mit der Positionierung anzusprechen, welche den größten Einfluss auf die endgültige Entscheidung besitzen bzw. diese eigenständig treffen – die so genannten „Entscheider“ – und ihr Informations-, Auswahl- und Entscheidungsverhalten zu studieren (vgl. Hauser, Groll 2002; Webster, Keller 2004, S. 394; vgl. zur Definition Abschnitte 2.1.1.1 und 3.1.2). Die Identifikation und Analyse der Entscheider sowie die genaue Kenntnis ihrer Persönlichkeit ist deshalb so elementar, da Kaufentscheidungen auch im B2B-Bereich niemals unabhängig von der eigenen Person und ihrer Einstellung gefällt werden (vgl. Saunders, Watt 1979, S. 116). Ein Kritikpunkt dieser Eingrenzung könnte darin bestehen, dass bei einer alleinigen Betrachtung der Individualebene speziell die B2B-Besonderheit der Multipersonalität ausgeblendet wird und es somit zu einer Verwischung von B2B-Marketing und B2C-Marketing kommt. Diesem Einwand kann entgegen gehalten werden, dass Individuen in der Rolle als Privatperson oder als Mitarbeiter eines Unternehmens in unterschiedlicher Weise agieren (vgl. Abschnitte 2.1.1.1 und 2.2.1.3). Das Arbeitsverhältnis und das Unternehmen, wie formale Anforderungen, Budgetgrenzen, Rechtfertigungsproblematik, werden als Kontext immer einen mehr oder weniger bewussten Einfluss auf die individuelle Wahrnehmung und die individuelle Meinungsbildung aufzeigen (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 412; Strebinger 2001). Eine Betrachtung von Mechanismen der Verhandlungs- und Durchsetzungsproblematik, welche auf Gruppen- und Unternehmensebene ablaufen, würde für die vorliegende Arbeit jedoch zu weit führen und muss Inhalt zukünftiger Forschungsvorhaben sein (vgl. Abschnitt 5.3). Im Gegenteil kritisieren Nord und Fox (1996, S. 148), dass im B2B-Bereich inzwischen die Gruppenebene zu stark im Fokus steht und die Betrachtung der Individuen vernachlässigt wird (vgl. Abschnitt 2.1.1.1).
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
203
Als dritte Abgrenzung ist darauf hinzuweisen, dass die folgende Analyse lediglich eine fiktive Kaufentscheidung betrachtet. Dies bedeutet, dass teilnehmende Personen den Fragebogen zu einer Marke ihrer Wahl beantworten. Dies wird damit begründet, dass auf diese Weise jede angeschriebene Person, welche an Kaufentscheidungen für das Unternehmen beteiligt ist, grundsätzlich an der Befragung teilnehmen kann. Zum einen gestaltet sich die Identifikation von Adressaten, welche am Kauf speziell definierter Leistungen teilnehmen, schwierig. Zum anderen wird auf diese Weise mit einer höheren Rücklaufquote gerechnet. Für das Untersuchungsmodell bedeuten diese Eingrenzungen, dass der Fokus auf den ersten drei Stufen des Positionierungserfolges bei den Zielgruppen liegt (vgl. Abbildung 26). Die Analyse der tatsächlichen „Reaktionen“ von Individuen durch Beobachtungen sowie die Analyse des (ökonomischen) Positionierungserfolges durch eine Befragung des Anbieterunternehmens entfallen gänzlich. Beurteilung der B2B-Positionierung
Einstellung zur B2B-Positionierung
Verhaltensintention aufgrund der B2B-Positionierung
Relevanz für Individuum
Relevanz für Organisation
Stärke der affektiven Einstellung
Preisbereitschaft
Stärke der kognitiven Einstellung
Kaufbereitschaft
Fit zu Individuum
Fit zu Organisation
Physische Differenzierung
Psychische Differenzierung
Abbildung 29: Untersuchungsmodell des B2B-Positionierungserfolges bei den Zielgruppen
Übersicht des Untersuchungsmodells Als Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen wird der Positionierungserfolg für die vorliegende Arbeit wie in Abbildung 29 dargestellt modelliert. Schwerpunktmäßig sind hierbei diejenigen Konstrukte herausgestellt, welche vor dem Kontext dieser Arbeit eine besondere Rolle spielen und die in den Abschnitten 4.3.2.2 bis 4.3.2.3 begründet wurden. Das Konzept „Positionierungserfolg“ und erst recht der Fokus auf den B2B-Bereich und das Spannungsfeld von „Rationalität und Emotionalität“ wurden in der Wissenschaft bisher vernachlässigt (vgl. Abschnitt 2.2.3). Im weiteren Verlauf wird das konzeptionell entwickelte Modell einer empirischen Untersuchung unterzogen und damit die Forschungsfrage 3 beantwortet (vgl. Abschnitt 4.3.3).
204
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.3.3 Empirische Analyse Die Vorgehensweise der empirischen Analyse entspricht der Darstellung in Abschnitt 3.2.4. 4.3.3.1 Operationalisierung In Abschnitt 4.3.2 wurde das Modell des Positionierungserfolges von B2B-Marken vor dem Hintergrund von Rationalität und Emotionalität entwickelt. Dabei wurde näher auf die einzelnen Konstrukte eingegangen, die nun in den nächsten Abschnitten operationalisiert werden. Sofern dies möglich war wurde auf existierende Skalen zurückgegriffen. Die fehlende Erforschung des Themas vor dem B2B-Kontext macht jedoch umfassende Anpassungen der Messkonzepte erforderlich. 4.3.3.1.1 Operationalisierung der Beurteilungskriterien Die Relevanz der Positionierungsinhalte wird hinsichtlich der „Relevanz für die Person“ selbst und der „Relevanz für das Unternehmen“ differenziert (vgl. „personal needs“ vs. „organizational needs“ bei Tellefsen 2002 und “non-task variables” vs. „task variables“ bei Webster, Wind 1972b, S. 19). Das Konstrukt „Relevanz für das Individuum“ stellt auf die Bedeutsamkeit der einzelnen Positionierungsinhalte für die entscheidungsbefugte Person selbst ab. Die Messung erfolgt in Anlehnung an Zhang (1996, S. 18 und S. 21), der die persönliche Wichtigkeit von Produktmerkmalen im Kaufprozess unter der Variablen „Message argument strength“ erfasst und Indikatoren wie „strong“, „persuasive“ oder „convincing“ verwendet. Das Konstrukt „Relevanz für das Unternehmen“ wird ebenfalls durch zwei Indikatoren operationalisiert. In Anlehnung an die rein konzeptionelle Beschreibung von Webster und Wind (1972b, S. 19) zu den „task variables“ der organisatorischen Kaufentscheidung wurden zwei Indikatoren formuliert: „Task-related motives relate to the specific buying problems to be solved and involve the general buying criteria of buying ...“ (vgl. Tabelle 19). Indikator
Konstrukt „Relevanz für das Individuum“ x119 Die Merkmale der Marke sind stark. x120 Die Merkmale der Marke überzeugen mich. Konstrukt „Relevanz für das Unternehmen“ X121 Die Merkmale der Marke erfüllen die formalen Anforderungen unseres Unternehmens. X122 Die Merkmale der Marke erfüllen die spezifischen Kaufprobleme unseres Unternehmens.
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen in der Stichprobe (Min / Max)
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
3,56 3,77
1,019 0,984
1 bis 5 1 bis 5
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
3,98
0,917
1 bis 5
3,59
1,263
1 bis 5
Extremausprägungen der 5er Skala
Tabelle 19: Relevanz der Positionierungsinhalte - Operationalisierung und deskriptive Werte
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
205
Der Fit der Positionierungsinhalte wird ebenfalls in zwei einzelne Konstrukte aufgespalten: „Fit zur Person“ und „Fit zum Unternehmen“. Das Konstrukt „Fit zur Person“ zielt auf die Identifikation des Individuums mit der präferierten Marke im Kaufentscheidungsprozess ab. Dieses Phänomen weist eine hohe Ähnlichkeit mit der Identifikationsdiskussion im B2C-Bereich auf und kann demnach in analoger Form operationalisiert werden. In der vorliegenden Arbeit wird auf die Operationalisierung zur „Self-/Brand-Image Congruity“ von Kamp and MacInnis (1995) Bezug genommen. Indikator Konstrukt „Fit zum Individuum“ x115 Diese Marke ist „die Richtige“. x116 Ich habe ein gutes Gefühl beim Kauf dieser Marke. Konstrukt „Fit zum Unternehmen“ X117 Die Marke ist ähnlich wie unser Unternehmen positioniert. X118 Die Marke passt zu den Zielen unseres Unternehmens.
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen in der Stichprobe
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
3,59 3,90
0,915 0,764
1 bis 5 1 bis 5
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
3,43
1,096
1 bis 5
3,70
1,017
1 bis 5
Extremausprägungen der 5er Skala
Tabelle 20: Fit der Positionierungsinhalte - Operationalisierung und deskriptive Werte
Für die Operationalisierung des Konstruktes „Fit zum Unternehmen“ wird auf die konzeptionelle Aussage von Homburg und Schneider (2000, 2001) zum Fit von Geschäfsbeziehungen261 zurückgegriffen: “Erfolgsversprechend sind insbesondere solche Geschäftsbeziehungen, in denen die Partner eine ähnliche Positionierung in bezug auf Preise und Qualität, eine ähnliche Marketing- und Vertriebsorientierung sowie eine ähnliche Kultur aufweisen“ (Homburg, Schneider 2001, S. 607). Vor dem Hintergrund der Markenpositionierung werden hieraus zwei Indikatoren abgeleitet, welche aus persönlicher Sicht des Individuums nach dem Ausmaß fragen, in dem die betrachtete Marke zur aktuellen Positionierung (Ist) und zu den Idealen262 bzw. Zielen (Soll) des eigenen Unternehmens passt (vgl. Tabelle 20). Die Differenzierung der Positionierungsinhalte wurde in rational-physische und emotional-psychische Differenzierung untergliedert (vgl. Abschnitte 2.1.2, 2.2.3.4 und 4.3.2.2.2 sowie Wiedmann 2001b, S. 143; Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 354; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997). Während diese Zweiteilung konzeptionell verbreitet und akzeptiert ist, mangelt es an getrennten Skalen zur Messung beider
261
262
Darüber hinaus kann auf den Ansatz zur „Buyer-Seller Interaction“ von Sheth (1976) verwiesen werden, der proklamiert, dass die Zufriedenheit mit der Kaufbeziehung davon abhängt, inwieweit die Art und die Inhalte der Kommunikation von beiden Parteien kompatibel sind (Fit) (vgl. auch Lynch, de Chernatony 2004, S. 410). Im B2C-Bereich suchen Personen nicht zwingend Marken, die zu ihrem eigenen Selbstbild passen, sondern vielmehr zu ihrem eigenen Idealbild, unabhängig davon, ob sie diesem tatsächlich entsprechen (vgl. Hubertz 2000). Die Analogie gilt für B2B-Unternehmen, die beispielsweise keinen Fit zur tatsächlichen, sondern eher zur angestrebten Positionierung suchen.
206
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Differenzierungsarten. Bisherige empirische Arbeiten messen Differenzierung entweder als globales Maß (vgl. Aaker 1996b, S. 118; Song, Parry 1997a und 1997b; Zaichkowsky 1985, S. 347) oder stellen die getrennt ermittelten Merkmals-Profile von zwei konkreten Marken gegenüber (vgl. Messung von Markendifferenzen durch Gegenüberstellung der affektiven und kognitiven Einstellung zur Marke bei Voss, Spangenberg, Grohmann 2003, S. 319; Messung durch Abweichung vom Durchschnitt der Merkmalsausprägung bei Riesenbeck, Perrey 2004, S. 128). Beide Ansätze können in der vorliegenden Arbeit nicht verwendet werden, da vor dem Themenhintergrund kognitive und affektive Differenzierung separat und zudem anhand einer frei wählbaren Lieblingsmarke gemessen werden soll. Die Operationalisierung beider Konstrukte erfolgt deshalb relativ frei. Ausdruck einer positiven Differenzierung sind die subjektiv wahrgenommene „Einzigartigkeit“ („unique“) und „Überlegenheit“ („superiority“) im Vergleich zum Wettbewerb für die Zielgruppen (vgl. Song, Parry 1997a und b; Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 770 f.). Beides kann entweder für den Bereich der „kognitiven Differenzierung“ oder der „affektiven Differenzierung“ ausgedrückt werden (vgl. Tabelle 21). Indikator Konstrukt „Kognitive Differenzierung“ x123 Die Marke weicht in beobachtbaren Leisungsmerkmalen positiv von anderen Marken ab. x124 Diese Marke hat einzigartige Funktionen. Konstrukt „Affektive Differenzierung“ X125 Die Marke vermittelt ein besseres Erlebnis als andere Marken. X126 Diese Marke hat eine einzigartige Persönlichkeit
Extremausprägungen der 5er Skala
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen in der Stichprobe
3,56
0,935
1 bis 5
2,67
1,201
1 bis 5
2,74
1,161
1 bis 5
2,23
1,182
1 bis 5
Tabelle 21: Differenzierung der Positionierungsinhalte - Operationalisierung und deskriptive Werte
4.3.3.1.2 Operationalisierung der Einstellung Trotz vielzähliger konzeptioneller und empirischer Arbeiten herrscht in der Literatur kein Konsens über die Messung von Einstellung: eindimensionale, globale Messung versus mehrdimensionale, differenzierte Messung (vgl. Trommsdorff 2002, S. 172 ff.). Welche Operationalisierung gewählt wird, hängt letztlich von der zugrunde liegenden Definition ab (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 189 ff.). In der vorliegenden Arbeit wurde die Einstellung von Individuen hinsichtlich einer kognitiven und einer affektiven Ausprägung unterschieden (vgl. Abschnitt 4.3.2.2.3). Um die Rolle der beiden Elemente einzeln analysieren und gegenüberstellen zu können, ist es notwendig, sie als separate Konstrukte zu konzeptualisieren. Die Operationalisierung der Konstrukte „kognitive Einstellung“ und „affektive Einstellung“ erfolgt in enger Anlehnung an die Skalen zur Messung der „utilitarian dimensi-
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
207
on“ und „hedonic dimension“ der Einstellung zu einer B2C-Marke von Voss, Spangenberg und Grohmann263 (2003, S. 312). Der B2B-Kontext in der vorliegenden Arbeit macht etliche Anpassungen der Begrifflichkeiten notwendig, die im Rahmen der Vorstudie auf Basis von Experteninterviews konkretisiert wurden (vgl. Abschnitt 3.1.1). Beide Konstrukte werden jeweils über fünf Indikatoren gemessen264 (vgl. Tabelle 22). Indikator Konstrukt „Stärke der affektiven Einstellung“ x98 Die Marke ist beeindruckend. x99 Die Marke ist spannend. x100 Die Marke ist sympathisch. x101 Die Marke ist originell. x102 Die Marke ist ansprechend. Konstrukt „Stärke der kognitiven Einstellung“ x103 Die Marke ist effektiv. x104 Die Marke ist hilfreich. x105 Die Marke ist funktionell. x106 Die Marke ist unentbehrlich. x107 Die Marke ist praktisch.
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen in der Stichprobe
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
3,18 2,36 2,95 2,31 2,98
1,211 1,191 1,276 1,212 1,290
1 bis 5 1 bis 5 1 bis 5 1 bis 5 1 bis 5
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
3,74 3,23 3,79 2,72 3,30
1,230 1,351 1,192 1,384 1,139
1 bis 5 1 bis 5 1 bis 5 1 bis 5 1 bis 5
Extremausprägungen der 5er Skala
Tabelle 22: Affektive Einstellung und kognitive Einstellung - Operationalisierung und deskriptive Werte
4.3.3.1.3 Operationalisierung der Verhaltensintention Die Bereitschaft bezüglich der Menge, d.h. des Kaufes der Marke, drückt sich in Konstrukten wie „Verhaltensintention“, „Kaufabsicht“, „Markenloyalität“, „Markentreue“, Markencommitment“ aus. Das Konstrukt „Kaufabsicht“ erfragt die „Wahrscheinlichkeit, mit der ein Konsument in absehbarer Zeit mit einer konkreten Kauftätigkeit rechnet.“ (vgl. Bruhn, Homburg 2004, S. 373). Die Messung des Konstruktes „Kaufabsicht“ ist zumeist sehr kurzfristig orientiert und bezieht sich lediglich auf eine einzelne Kauftätigkeit (vgl. bspw. Holmes, Crocker 1987, S. 30; Zhang 1996, S. 21). Das Konstrukt „Markenloyalität“ beschreibt „a deeply heald commitment to rebuy or repatronize a preferred product/service consistently in the future” (Oliver 1999, S. 34). Skalen zur „Markenloyalität“ beziehen sich nicht auf ein Einzelereignis, sondern
263
264
Siehe Voss, Spangenberg, Grohmann (2003, S. 311) zur sehr ausführlichen Kritik an der Skala von Batra, Ahtola (1990) und ihren Einsatzproblemen in verschiedenen nachfolgenden Studien, sowie die Entwicklung der eigenen Skala der Autoren, welche in der vorliegenden Arbeit Verwendung findet (vergleiche auch Spangenberg, Voss, Crowley 1997). Dem Autor der vorliegenden Arbeit ist bewusst, dass rein verbale Einstellungsmessungen als überholt gelten. Aufgrund der Hemisphärentheorie (vgl. Abschnitt 2.1.2), nach der Rationalität und Emotionalität in separaten Hirnhälften verarbeitet werden, sollten kognitive Eindrücke eher sprachlich und emotionale Eindrücke eher bildhaft analysiert werden. Sprachliche Tests erfassen demnach nur einen Teil des Images. Methoden zur Erfassung der emotionalen Images sind beispielsweise Imageryforschung, Assoziationstests etc. (vgl. Esch 2001b, S. 263 f.; Esch 1999, S. 892). Die in der Literatur geforderte differenzierte Wirkungsmessung in Abhängigkeit des Reizes und der Werbeziele wird in der vorliegenden Arbeit dennoch nicht umgesetzt, da die empirische Analyse sehr quantitativ ausgerichtet ist und Bilderskalen eine Auswertung nicht ermöglichen würden.
208
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
auf mehrere Kaufereignisse wie Wiederholungskauf oder das Cross-SellingPotential. Sie sind damit umfassender und langfristiger angelegt. Positionierung als Themenfokus dieser Arbeit fordert eine starke Kennzahl mit langfristiger Orientierung (vgl. Abschnitte 2.2.3.3 und 4.3.1.1). Aus diesem Grund bezieht sich die vorliegende Arbeit bei der Operationalisierung der Mengenkomponente bzw. „Kaufbereitschaft“ auf Skalen zur „Markenloyalität“265, wobei auf Skalen von Aaker (1996b, S. 118), Homburg und Giering (2001, S. 1166) sowie Putrevu und Lord (1994) zurückgegriffen wird. Indikator
Extremausprägungen der 5er Skala
Standardabweichung
Spannweite der Variablen in der Stichprobe
3,30
1,139
1 bis 5
3,02
1,211
1 bis 5
3,59
0,967
1 bis 5
3,66
0,993
1 bis 5
4,00
0,889
1 bis 5
2,21
1,076
1 bis 5
2,15
1,056
1 bis 5
Mittelwert
Konstrukt „Kaufbereitschaft“ x108
x109
x111 x113 x114
Ich würde meine Lieblingsmarke immer kaufen, weil ich einen sehr positiven Gesamteindruck habe. Auch wenn einige Wettbewerbsmarken identische Merkmale aufweisen, würde ich immer meine Lieblingsmarke kaufen. Die Marke würde ich auch bei nächster Gelegenheit gerne wieder kaufen. Ich würde gerne auch neue Produkte von dieser Marke ausprobieren. Die Marke würde ich jederzeit an andere weiterempfehlen.
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
Konstrukt „Preisbereitschaft“ x110
x112
Auch wenn einige Wettbewerbsmarken identische Merkmale aufweisen, wäre ich bereit, für meine Lieblingsmarke einen höheren Preis zu bezahlen. Für die Marke würde ich auch in Zukunft einen höheren Preis zahlen.
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
Tabelle 23: Verhaltensintention - Operationalisierung und deskriptive Werte
Die Bereitschaft bezüglich des Preises wird beispielsweise in Konstrukten wie „Preisbereitschaft“, „Preisintention“, „Zahlungsbereitschaft“ (willingness to pay), „Reservationspreis“ erfasst (vgl. Balderjahn 2003, S. 389; vgl. speziell im B2B-Bereich Smith, Nagle 2002). „Preisbereitschaft“ bezeichnet die Willigkeit eines Nachfragers,
265
In Bezug auf die Verwendung der „Markenloyalität“ ist auf zwei kritische Aspekte hinzuweisen. Zum einen verbinden viele Autoren mit Markenloyalität ein vergangenheitsorientiertes Konzept. Dem widerspricht nicht nur die aufgeführte Definition von Oliver (1999), sondern auch explizit die Konzeptualisierung zur Kundenloyalität von Homburg und Krohmer (2003, S. 104), die „Hinsichtlich des zeitlichen Bezugsobjektes von Kundenloyalität … zwischen einer ex anteSichtweise und einer ex post-Sichtweise … unterscheiden. Während sich die erste auf die Verhaltensabsicht bezieht, wendet sich die zweite dem vergangenen Verhalten zu.“ Sie weisen zudem darauf hin, dass zur Messung der ex post-„Markenloyalität“ objektive Erhebungen in Unternehmen am besten geeignet sind, während die ex ante-„Markenloyalität“ ausschließlich durch Kundenbefragungen ermittelt werden kann (vgl. auch Beutin 2001). Folglich spricht nichts gegen eine zukunftsbezogene Sichtweise, wie sie in der vorliegenden Arbeit eingenommen wird. Zum anderen verknüpfen einige Operationalisierungen mit der Markenloyalität auch eine Preiskomponente (vgl. Aaker 1996b, S. 118; Chaudhuri, Holbrook 2001; Rundle-Thiele, Mackay 2001). Weil die vorliegende Arbeit lediglich eine Bereitschaft zur Kaufmenge abfragt, und die Preisbereitschaft als ein eigenständiges Konstrukt entwickelt wurde, beschränkt sich die ausgewählte Operationalisierung mit den Indikatoren auf eine ex ante-Sichtweise und auf die Mengenkomponente.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
209
in einer bestimmten zukünftigen Kaufsituation für eine Leistung höchstens einen maximalen Preis zu zahlen266 (vgl. Diller 2000, S. 168; Bruhn, Homburg 2004, S. 637). Auch B2B-Marken ermöglichen einen Preispremiumanspruch, da die „Bereitschaft der Kunden höhere Preise zu bezahlen sich nachhaltig steigern lässt“ (vgl. Pförtsch, Schmid 2005, S. 46). In der vorliegenden Arbeit wird die Preisbereitschaft direkt beim Kunden erfragt267. Üblicherweise erfolgt die Befragung zu einer bestimmten existierenden oder hypothetischen Leistung, welche genau spezifiziert wird. Nachfrager müssen für dieses Produkt ihre Preisobergrenze in Geldeinheiten angeben bzw. 100 Punkte über verschiedene definierte Leistungen verteilen (vgl. Woratschek 3002, S. 615; Kotler, Bliemel 2001, S. 828). Da die vorliegende Arbeit eine hypothetische Kaufentscheidung zu einem Produkt nach Wahl des Befragten analysiert und diese preislich sehr heterogen sein können, ist keine Angabe in Geldeinheiten möglich, sondern lediglich eine Tendenz des Nachfragers zur Bereitschaft für eine beliebige Lieblingsmarke ein Preispremium zu zahlen. Die Operationalisierung der „Preisbereitschaft“ baut deshalb in der vorliegenden Arbeit auf den Indikatoren von Chaudhuri und Holbrook (2000) sowie Garbarino und Edell (1997, S. 151 f.: „willingness to pay a premium“) auf. Eine Übersicht zur Operationalisierung der „Kaufbereitschaft“ und der „Preisbereitschaft“ zeigt Tabelle 23. 4.3.3.2 Resultate der Konstruktmessung Zunächst wird eine gemeinsame exploratorische Faktorenanalyse unter Anwendung der Hauptkomponenten-Methode und der Varimax-Rotation mit KaiserKriterium durchgeführt (vgl. Resultat in Tabelle 24). Der Grenzwert der Faktorladungen ist auf 0,5 definiert. Alle Faktorladungen der endgültigen Matrix liegen jedoch deutlich über dieser Schwelle. Zur Übersichtlichkeit sind geringere Faktorladungen ausgeblendet.
266
267
Rationales Verhalten unterstellt hinsichtlich der Preisbereitschaft, dass der Nachfrager die Marke wählt, welche die größte positive Differenz zwischen Preisbereitschaft und aktuellem Preis aufweist (vgl. Balderjahn 2003, S. 390). Alternativ zur direkten Befragung beim Kunden kann die Preisbereitschaft indirekt beim Kunden mittels Conjoint-Analysen oder objektiv mittels Analysen von Marktdaten ermittelt werden (vgl. Balderjahn 2003, S. 391 ff.; Smith, Nagle 2002, S. 22). In der Literatur wird die direkte Kundenbefragung im Vergleich zu anderen indirekten Methoden negativ bewertet, da die Aufmerksamkeit der Nachfrager auf dem Preis gerichtet und deshalb keine valide Messung möglich ist. Für die vorliegende Arbeit mit einer schriftlichen Befragung von Kunden (vgl. Abschnitt 0) sind jedoch keine alternativen Messungen möglich. Für Arten der direkten Befragung von Kunden zu Ihrer Preisbereitschaft vergleiche Balderjahn (2003, S. 391 ff.).
210
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Aufgrund von Leer- oder Kreuzladungen ergab sich die Notwendigkeit von den anfänglichen 29 Indikatoren des Positionierungserfolges zehn zu eliminieren (x98, x102, x106, x115, x116, x119, x120, x121, x122, x125). Dies hatte leider die Elimination ganzer Konstrukte zur Folge. Die Konstrukte ‚Fit zur Person’ (x115, x116), ‚Affektive Differenzierung’ (x125, x126), ‚Relevanz für das Individuum’ (x119, x120) und ‚Relevanz für das Unternehmen’ (x121, x122) fehlen deshalb im weiteren Verlauf der Analyse. Faktorbezeichnung
Indikator
1
Faktorladungen ) (nach schiefwinkliger Rotation) Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5
Faktor 1 Faktor 6 x101 0,853 x99 0,821 x126 0,676 x100 0,676 Kaufbereitschaft x113 0,783 x108 0,776 x111 0,690 x114 0,642 x109 0,636 Kognitive Einstellung x105 0,893 x107 0,875 x103 0,681 x104 0,676 Preisbereitschaft x110 0,892 x112 0,867 Fit zum Unternehmen x118 0,917 x117 0,873 Kognitive Differenzierung x123 0,837 x124 0,739 Durch die Faktoren erklärte Varianz 16,38% 16,22% 16,04% 11,15% 10,32% 9,25% 1 ) Die Tabelle zeigt ausschließlich die Faktorladungen auf den zugehörigen Faktor. Alle anderen Faktorladungen sind für die Analyse irrelevant und deshalb ausgeblendet. Affektive Einstellung
Tabelle 24: Resultate der exploratorischen Faktorenanalyse der 29 Indikatoren zum Positionierungserfolg
Die restlichen 19 Indikatoren lassen sich auf sechs Faktoren verdichten, die insgesamt 79,375% der Gesamtvarianz erklären. Die sechs Faktoren bestätigen die konzeptualisierten Variablen des Positionierungserfolges sehr gut. Lediglich ein Indikator (x126) weist eine nicht vorherbestimmte Ladung auf. Indikator x126 („Diese Marke hat eine einzigartige Persönlichkeit“) war zur Messung von „Affektive Differenzierung“ bestimmt und lädt nun auf das Konstrukt „Affektive Einstellung“. Schon im Vorfeld der Untersuchung war die enge Verknüpfung zwischen diesen Konstrukten offensichtlich, und die diesbezügliche Diskriminanz wurde kritisch betrachtet. So ist es nun nachvollziehbar, dass Indikator x126 inhaltlich zu dem Faktor „Affektive Einstellung“ passt. Er wird deshalb dort beibehalten. Alle anderen Indikatoren laden auf die jeweils a priori definierten Konstrukte. Im Anschluss werden die ermittelten Faktoren sukzessiv jeweils weiteren Analysen unterzogen. In der vorliegenden Arbeit erfolgt die konfirmatorische Faktorenanalyse simultan für alle Konstrukte des Positionierungserfolges (vgl. auch Einwiller 2003, S. 174). Eine simultane Messung für alle Konstrukte bietet im Gegensatz zur separaten Schätzung den Vorteil, dass auch für Konstrukte mit lediglich zwei Indika-
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
211
toren Gütekriterien der zweiten Generation berechnet werden können (hier: „Preisbereitschaft“, „Fit zu Unternehmen“ und „Kognitive Differenzierung“; vgl. Fassnacht 2003, S. 139). Die Gütekriterien der konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden in Abschnitt 3.2.1 kurz erläutert. Werden Gütekriterien verletzt, erfolgt in dieser Stufe eine Elimination von Indikatoren mit niedriger Indikatorreliablität. Globale Anpassungskriterien der simultanen konfirmatorischen Faktorenanalyse 2
487,23 122 3.993688525 0,000 0,128
F Freiheitsgrade (df) 2 F /df p-Wert RMSEA
GFI AGFI NFI CFI
0,98 0,97 0,95 0,98
Detaillierte Gütekriterien für die separate exploratorische Faktoren- und Reliabilitätsanalyse, sowie die simultane konfirmatorische Faktorenanalyse Faktor
Affektive Einstellung
Kaufbereitschaft
Kognitive Einstellung
Indikator
x101 x99 x126 x100 x113 x108 x111 x114 x109 x105 x107 x103 x104 x110 x112 x118 x117 x123 x124
Rel Korrigierte CronbachItem-tosches TotalAlpha Korrela(standardition siert) 0,86 0,793 0,639 0,745 0,658 0,860 0,772 0,649 0,719 0,599 0,682 0,901 0,725 0,764 0,844 0,794 0,923 0,857 0,857 0,855 0,749 0,749 1 1 ) ) 1 )
EFA Durch den Faktor erklärte Varianz 70,81%
64,95%
77,55%
Indikatorreliablität 2 (R )
0,73 0,62 0,51 0,57 0,60 0,57 0,63 0,36 0,67 0,65 0,86 0,65 0,59 0,84 0,87 2 1,00 ) 0,47 2 1,00 )
KFA t-Wert der FaktorreliFaktorlaablität dung
32,26 32,48 19,05 29,92 27,79 28,99 25,64 20,70 24,52 32,71 38,37 31,30 29,51 20,52 20,89 28,74 15,58 27,50
Durchschnittlich erfasste Varianz
0.6075
0,86
0.566
0,86
0.6875
0,90
Preisbereit92,85% 0.855 schaft Fit zum Unter87,47% nehmen 1 Kognitive ) Differenzierung EFA = exploratorische Faktorenanalyse, KFA = konfirmatorische Faktorenanalyse; Rel = Reliabilitätsanalyse 1 ) Keine Ergebnisse für Konstrukte mit nur einem Indikator möglich. 2 2 ) R wurde für x117 und x124 wegen eines negativen Messfehlers bzw. dem Ein-Indikator-Fall auf Null gesetzt.
0,92 -
Tabelle 25: Resultate der Konstruktmessung für die endgültigen Konstrukte des Positionierungserfolges
In der vorliegenden Arbeit muss aufgrund einer zu geringen Indikatorreliabilität (R2) zusätzlich der Indikator x123 (R2 = 0,25) eliminiert werden. Die Elimination eines Indikators macht eine erneute Berechnung der Gütekriterien für das jeweilige Konstrukt notwendig. Tabelle 25 stellt zusammenfassend die relevanten Gütemaße für die endgültigen Konstrukte dar, d.h. nach Elimination der Indikatoren. Das Cronbachsche Alpha und die Item-to-Total-Korrelation liegen für alle Faktoren bzw. Indikatoren deutlich über den Mindestmaßen von 0,7 bzw. 0,5. Auch die durchschnittlich erklärte Varianz liegt für alle Faktoren weit über der Grenze von 50%. Und schließlich erfüllen die Faktoren und Indikatoren die lokalen Gütemaße der konfirma-
212
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
torischen Faktorenanalyse: die Indikatorreliabilität liegt jeweils über 0,4268, die tWerte deuten auf eine hohe Siginifikanz hin, und die durchschnittlich erfasste Varianz liegt jeweils über 0,5 (vgl. Abschnitt 3.2.1). Lediglich bei den globalen Gütekriterien ist die Relation F2/df mit einem Wert von 3,99 als unbefriedigend zu bezeichnen269. Da allerdings die globalen Gütekriterien wie GFI, AGFI, NFI und CFI allesamt eindeutig über dem kritischen Wert von 0,9 liegen, wird die Messung insgesamt trotzdem angenommen und kann als zufriedendstellend bezeichnet werden. Die Diskriminanzvalidität wird in der vorliegenden Arbeit über das Fornell/LarckerKriterium beurteilt (vgl. Tabelle 26). Die Resultate sind zufriedenstellend. Fornell/Larcker-Kriterium
Durchschnittlich erfasste Varianz Fit zum Unternehmen Kognitive Differenzierung Affektive Einstellung Kognitive Einstellung Kaufbereitschaft Preisbereitschaft
Fit zum Unternehmen
Kognitive Differenzierung
Affektive Einstellung
Kognitive Einstellung
Kaufbereitschaft
Preisbereitschaft
-
-
0,86
0,90
0,86
0,92
-
Quadrierte Korrelation der Faktoren
-
0,011
0,86
0,057
0,276
0,90
0,203
0,109
0,312
0,86
0,041
0,062
0,232
0,124
0,92
0,100
0,163
0,307
0,303
0,332
Tabelle 26: Resultate zur Diskriminanzvalidität
4.3.3.3 Hypothesenformulierung Abbildung 29 in Abschnitt 4.3.2.4 zeigt das Untersuchungsmodell des Positionierungserfolges. Es wurde als ein Prozessmodell mit drei Hauptstufen konzipiert. Bezüglich des Zusammenhangs zwischen den drei Stufen wurden bereits im vorangegangenen Abschnitt 4.3.2 implizit zwei Basishypothesen aufgestellt: die Beurteilung der Positionierung wirkt auf die Einstellung der Individuen und die Einstellung wiederum wirkt auf die Verhaltensintention. Für beide Basisannahmen werden nunmehr konkrete Hypothesen formuliert und theoretisch begründet. (1) Die erste Basishypothese unterstellt, dass die Beurteilung der Positionierung einen Einfluss auf die Einstellung der Zielgruppen zur Positionierung hat. Während früher die Ansicht überwog, dass dargebotene Informationen nur direkt auf die 268
269
Einzig der Indikator x113 liegt mit 0,36 unter der Grenze von 0,4. Dies kann jedoch vernachlässigt werden, da die restlichen Gütemaße für das Konstrukt Kaufbereitschaft insgesamt sehr gut sind und auf diese Weise die inhaltliche Breite des Konstruktes erhalten bleibt. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der F2-Wert einige problematische Eigenschaften aufweist und deshalb nicht überbewertet werden sollte (vgl. Homburg, Hildebrandt 1998, S. 24). Ziel der empirischen Forschung ist lediglich eine maximale Approximation, nicht jedoch eine absolute Reproduktion der Realität.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
213
Einstellung einwirken, gehen nach heutiger Ansicht Einstellungsveränderungen „auch auf Informationen zurück, die das Individuum selbst im Laufe der Kommunikation erzeugt und die in der Kommunikation gar nicht dargeboten werden“ (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 205), wie die intrapersonale Beurteilung einer Positionierung. Ein ähnlicher Zusammenhang bestätigte sich bereits in der empirischen Studie von Edell und Burke (1989, S. 76), die eine signifikante Wirkung von „brand attribute evaluations“270 auf „attitude towards brand“ nachwiesen. Von den in Abschnitt 4.3.2.2.2 konzeptualisierten Beurteilungskriterien blieben nach der exploratorischen Faktorenanalyse in Abschnitt 4.3.3.2 nur noch die Kriterien (1.1) ‚Fit zur Organisation’ und (1.2) ‚Physische Differenzierung’, für die nun Hypothesen formuliert werden. (1.1) Da Individuen im B2B-Kontext für den betrieblichen Bedarf kaufen, spielen neben eigenen Anforderungen insbesondere formale, organisatorische Anforderungen eine Rolle bei der Kaufentscheidung (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 90; Banville, Dornoff 1973, S. 62). Insbesondere, wenn die nachgefragte Marke nach außen sichtbar ist, wie beim Einbau von sichtbaren Teilen oder Modulen, speziell beim Ingredient Branding oder bei sonstigen Markenkooperationen, steigert dies die Bedeutung von Marken im B2B-Kontext (vgl. Backhaus, Schröder, Perry 2002, S. 54). Die Selbstdarstellung und der ‚Fit’ der Marke zur eigenen Organisation271 werden bedeutsame Anforderungen (vgl. Abschnitt 4.3.2.2.2). Die nachgefragte Marke muss zu dem aktuellen Nachfragerunternehmen (Ist) oder seinen Idealen und Zielen (Soll) passen (vgl. Analogie zum B2C-Bereich in Abschnitt 2.2.3.1). Dies zu beurteilen ist Aufgabe des am Entscheidungsprozess beteiligten Individuums. In seiner Funktion, als Mitarbeiter des Unternehmens, wird an das Individuum deshalb die Erwartung gestellt, eine Marke auszuwählen, welche die geforderte Bedingung erfüllt (vgl. Barten 1997, S. 155). Eine Verletzung der externen Erwartungen wäre für das Individuum mit negativen Folgen und deshalb mit möglichen, persönlichen Risiken, z.B. Karrierebehinderungen oder Sanktionen, verbunden (vgl. Mudambi 2002, S. 526). Insofern ist das Indiviuum bestrebt, die externen Erwartungen zu erfüllen und eine Marke auszuwählen, welche zur Organisation passt. Liegt dieser ‚Fit’ einer Marke zur Organisation aus Sicht des Individuums vor, verändert sich damit die Einstellung des Individuums zur Marke. Je
270
271
Angaben über die Operationalisierung von „brand attribute evaluations“ fehlen in dem Artikel von Edell und Burke (1989). Ein Erfolgfaktor von Geschäftsbeziehungen ist nachgewiesenermaßen die Ähnlichkeit von Geschäftspartnern (vgl. Homburg, Schneider 2000; Homburg, Schneider 2001, S. 607).
214
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
nach Kauf- bzw. Entscheidungssituation kann diese Einstellungsveränderung eher kognitiver oder affektiver Natur sein272. Damit ergeben sich die Hypothesen: H1a: Der Fit von Positionierungsinhalten zur Nachfragerorganisation beeinflusst die affektive Einstellung der Zielgruppen positiv. H1b: Der Fit von Positionierungsinhalten zur Nachfragerorganisation beeinflusst die kognitive Einstellung der Zielgruppen positiv. Nachträglich wird angemerkt, dass ‚Fit zur Zielgruppe’273 im B2C-Bereich ein gängiges Erfolgkriterium ist, das in einigen Positionierungsmodellen sogar als zentrales Kriterium zur Auswahl von Inhalten herangezogen wird (vgl. Abschnitte 2.2.3.5 und 4.3.1.1). In diesen Modellen wird folglich implizit unterstellt, dass der Fit zur Zielgruppe sich positiv auf die Einstellung bzw. das Verhalten der Zielgruppe auswirkt. Diese Hypothese sollte auf den B2B-Bereich transferierbar sein. (1.2) Die Entscheidungssituation im B2B-Bereich ist (ähnlich wie im B2C-Bereich) von einer Fülle an wettbewerbsverschärfenden Umständen auf Anbieter- und Nachfragerseite geprägt: Globalisierung, viele Anbieter, Homogenisierung des Leistungsangebots, Informationsüberlastung sowie Erfolgs- und Zeitdruck der industriellen Entscheider und vieles mehr (vgl. Abschnitte 1.1 und 2.2.1.2). Im Zuge dessen erschwert sich die Beurteilung und Auswahl einer optimalen Marke für die Individuen. Umso auffälliger ist es für den industriellen Entscheider, wenn sich eine Marke in relevanten Merkmalen deutlich positiv von der Konkurrenz abhebt bzw. differenziert (‚Differenzierung’). Die positive Differenzierung einer Marke erleichert die Entscheidung des Individuums und kann auf diese Weise seine Einstellung zur Marke beeinflussen (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg 2003274, S. 135). „Strong, favorable, unique associations that distinguish a brand from others in the same frame of reference are fundamental to successful brand positioning“ (Keller, Sternthal, Tybout 2002, S. 83). Bereits in Abschnitt 2.1.1.2.1 wurde die Annahme begründet, dass die Art des Reizes nicht der Art der Wirkung entsprechen muss. Für den vorliegenden Zusammenhang
272
273
274
Die kognitive Einstellung zu einer Marke könnte sich beispielsweise ändern, wenn bei einem Routinekauf viele Marken die Fit-Bedingung erfüllen und dies insofern lediglich einen üblichen Schritt im Rahmen der Beurteilung darstellt. Ist die Fit-Bedingung hingegen von sehr großer Bedeutung und konnte auch nach langer Suche noch von keiner zur Auswahl stehenden Marke erfüllt werden, kann das Finden einer „passenden Marke“ beim Individuum wahre Begeisterungsstürme auslösen und damit eher zur Veränderung der affektiven Einstellung führen. Im B2C-Bereich ist ‚Fit’ zur Zielgruppe eine gängige Bedingung zur erfolgreichen Positionierung (vgl. Strebinger 2001; Weis, Huber 2000; Fanderl, Hölscher, Hupp 2003, S. 3; vgl. Positionierungsmodelle in Abschnitt 2.2.3.5). Die zentrale Rolle wird mit Theorien wie der Selbstkonsistenztheorie fundiert. Hingegen wurde der „Fit zur Organisation“ im B2B-Bereich bis heute noch überhaupt nicht betrachtet. Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 137) konstatieren, dass auch Werbung die Einstellung zur Marke ändern kann.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
215
bedeutet dies, dass die wahrgenommene physische Differenzierung einer Marke mit einer Veränderung der sowohl affektiven als auch kognitiven Einstellung einhergehen kann (vgl. Lasogga 1998a und b275). Beispielsweise kann die auffallende Überlegenheit einer Marke die Zielgruppen rational überzeugen (kognitive Einstellung) oder sehr stark überraschen und begeistern (affektive Einstellung). Die nächsten Hypothesen lauten folglich: H2a: Die physische Differenzierung von Positionierungsinhalten beeinflusst die affektive Einstellung der Individuen positiv. H2b: Die physische Differenzierung von Positionierungsinhalten beeinflusst die kognitive Einstellung der Individuen positiv. (2) Die zweite Basishypothese geht davon aus, dass die Einstellung der Zielgruppen zur Marke einen Einfluss auf das Verhalten bzw. die Verhaltensintention in Hinsicht auf die beabsichtigte Menge und die Preisbereitschaft hat. Der Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten ist in unzähligen Arbeiten beschrieben (vgl. EV-Hypothese in Abschnitt 4.3.2.2.3276). Insbesondere im B2CBereich sind Studien zahlreich, im B2B-Bereich jedoch eher mäßig vorhanden. Aber die EV-Hypothese ist umstritten277 (vgl. Trommsdorff 2002, S. 155 ff., Kroeber-RielWeinberg 2003, S. 171 ff.; Tschurenev, S. 43). Zu viele Faktoren wirken auch im B2B-Bereich als Moderatoren auf den Zusammenhang zwischen der inneren Einstellung und der tatsächlichen Handlung, wie der Zeitdruck oder die Stimmungen im Buying Center (vgl. Barten 1997, S. 179). Die vorliegende Untersuchung bezieht sich allerdings nicht auf das tatsächliche Verhalten, sondern auf die Verhaltensbereitschaft bzw. die innere Neigung einzelner Individuen278 (vgl. Abschnitte 4.3.2.2.3 und 4.3.2.2.5). Konkret lautet der zu untersuchende Zusammenhang demzufolge: Wirkt die innere Einstellung auf die Verhaltensintention der Individuen im B2B-Bereich? Ein derartiger Zusammenhang wird in Anlehnung an ein Modell von Howard (1973) bereits bei Saunders und Watt (1979, S. 116) für den B2B-Bereich explizit unterstellt: „The buyer’s intention concerning the brand is a function of personal attitude … . The personal attitude is likely to be multidimensional, consisting of a number of attitudes
275
276
277
278
Lasogga (1998b) bestätigt für den B2B-Bereich, dass Reizart und Wirkungsart nicht übereinstimmen müssen und bemerkt hierzu: „Die gedanklichen Reizwirkungen, ausgelöst durch emotionale Werbung, unterscheiden sich somit nicht von denen einer informativen Werbung.“ Vergleiche darüber hinaus Ajzen, Fishbein (1980), Benninghaus (1976), Charlton, Ehrenberg (1976, S. 158), Elster (1999, S. 328 ff.), Frey, Ohlwein (2001), Stahlberg, Gollwitzer (1993), Trommsdorff (2002, S. 155) und auch Arbeiten bei Weber (1997, S. 534). Studien haben gezeigt, dass „positive affektive und kognitive Einschätzungen eines Produktes nicht unbedingt zum Kauf führen müssen“ (vgl. Gröppel-Klein 2004, S. 207). Vergleiche zur Wirkung von Einstellung auf die Verhaltensabsicht beispielsweise Trommsdorff, Asan, Becker (2004, S. 544), Trommsdorff, Zellerhoff (1994, S. 352), Trommsdorff, Bookhagen, Hess (1999, S. 768 ff.).
216
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
which can be grouped into two basic types. One type is ... functional and depend upon the brand’s ability to satisfy a buyer’s physiological needs. The second type refers to a buyer’s psychological needs.“ Umfangreich wird die Analyse dadurch, dass zwischen ‚Affektiver Einstellung’ und ‚Kognitiver Einstellung’ sowie bei der Verhaltensintention zwischen ‚Kaufbereitschaft’ und ‚Preisbereitschaft’ differenziert wird279 (vgl. Abschnitt 4.3.2.2.3, 4.3.2.2.5 und 4.3.2.3). Von beiden Arten der Einstellung wird eine positive Wirkung auf die ‚Kaufwahrscheinlichkeit’ erwartet280 (vgl. v. Rosenstiel, Ewald 1979, S. 149; Gröppel-Klein 2001, S. 207 und S. 336; Voss, Spangenberg, Grohmann 2003, S. 316 f.; Chandon, Wansink, Laurent 2000). Der Enthusiasmus für eine Marke (affektive Einstellung) kann, ebenso wie die nüchterne Überzeugung für eine Marke (kognitive Einstellung), zu einer Kauf- und Weiterempfehlungsbereitschaft führen. In gleicher Weise wird von beiden Arten der Einstellung eine positive Wirkung auf das erzielbare ‚Preisniveau’ erwartet (vgl. Trommsdorff 2002, S. 159; Dhar, Wertenbroch 2000). “Consumers with a strong, favourable brand attitude should be more willing to pay premium prices for the brand.” (Keller 1993, S. 9). Die Preisbereitschaft kann dadurch erhöht werden, dass ein Individuum entweder affektive Empfindungen wie das Gefühl von Sicherheit281 oder rationale Einsichten wie die Beurteilung als überlegene Leistung mit einer Marke verbindet (vgl. Kalra, Goodstein 1998, S. 223). Grundsätzlich kann bei diesen Fragestellungen, da sie auf Individualebene gestellt werden, auf verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse aus dem B2C-Kontext zurückgegriffen werden, auch wenn in der Literatur ein Unterschied in der Gewichtung von Rationalität und Emotionalität in Abhängigkeit von den Branchen (B2C vs. B2B) und der Produktart angenommen wird (vgl. Brandmeyer, Pirck 2004, S. 2; vgl. auch Abschnitte 2.2.1.3 und 4.2). In Analogie zu den Erkenntnissen des B2C-Bereichs282 und den ausführlichen Begründungen für den B2B-Bereich in den
279
280
281
282
Aussagen über den Zusammenhang von der Einstellung auf die separaten Verhaltensintentionen hinsichtlich des Kaufes und des Preises werden bei mehreren Autoren getroffen, beispielsweise im Zusammenhang mit Kennzahlen des Markenwertes wie Marktanteil oder relativem Preis (vgl. Aaker 1996b; Baldinger, Rubinson 1996; Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 90; Keller 1993; und allgemein Trommsdorff 2002, S. 159). Homburg und Krohmer (2003, S. 39) erwarten als Verhaltenswirksamkeit von affektiver bzw. kognitiver Einstellung die häufige verbale Äußerung hinsichtlich der empfundenen Attraktivität bzw. der Erfahrungen mit einer Leistung. Im B2C-Bereich bestätigt sich diese Hypothese, wenn Kalra und Goodstein (1998, S. 223) berichten, dass der Autoreifenhersteller Michelin in der Werbung mit der Angst der Eltern bezüglich der Sicherheit von Babies an Bord spielt und auf diese Weise ein Preispremium bei Reifen erzielt. Allgemein existieren unterschiedliche Meinungen zur Rolle von Rationalität und Emotionalität im Kaufverhalten. Einige Autoren bestätigen die Notwendigkeit einer kombinierten Implementierung beider Elemente, wie die von Kroeber-Riel und Meyer-Hentschel (1982) geforderte „Doppelstrategie“ mit Argumenten und Gefühlen oder die von Brandmeyer und Pirck (2004) empfohlene Markenbindung über die Komponenten Gefallen (Emotionalität), Vernunft (Rationalität) und Vertrauen.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
217
Abschnitten 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3 nimmt die vorliegende Arbeit an, dass sowohl Rationalität als auch Emotionalität beim organisationalen Kaufverhalten eine Rolle spielen und dass diejenigen B2B-Marken am stärksten sind, die sowohl die kognitive als auch die affektive Komponente ansprechen. Infolgedessen lassen sich die nächsten Hypothesen formulieren: H3a: Die affektive Einstellung bei Individuen beeinflusst ihre Preisbereitschaft positiv. H3b: Die kognitive Einstellung bei Individuen beeinflusst ihre Preisbereitschaft positiv. H4a: Die affektive Einstellung bei Individuen beeinflusst ihre Kaufabsicht positiv. H4b: Die kognitive Einstellung bei Individuen beeinflusst ihre Kaufabsicht positiv.
Einstellung zur B2B-Positionierung
Beurteilung der B2B-Positionierung H1a(+)
Fit zu Organisation
H3a(+)
Affektive Einstellung
H1b(+)
Preisbereitschaft
H3b(+)
H2a(+) Physische Differenzierung
Verhaltensintention aufgrund der B2B-Positionierung
H4a(+) H2b(+)
Kognitive Einstellung
H4b(+)
Kaufbereitschaft
Abbildung 30: Überblick über die Basishypothesen zum Positionierungserfolg
Zusammenfassend lassen sich die formulierten Hypothesen wie in Abbildung 30 gezeigt darstellen. (3) Betrachtet man ausschließlich die Ausformulierung aus den beiden Basishypothesen, stellt sich der B2B-Positionierungserfolg als ein einfach strukturiertes Modell dar, das den komplexen Zusammenhängen von Entscheidungsprozessen nicht gerecht zu werden scheint (vgl. Abschnitt 4.3.1.2). Denn neben den beiden Basishypothesen sind zwischen den betrachteten Konstrukten noch weitere direkte und indirekte Zusammenhänge sowie Wechselwirkungen vorstellbar, welche den B2BPositionierungserfolg deutlich komplexer modellieren, aber der Realität besser gerecht werden. (3.1) So ist es vorstellbar, dass die Beurteilung der B2B-Positionierung nicht nur indirekt über die Einstellung, sondern auch direkt auf die Verhaltensintention der Individuen einwirkt. Als Beurteilungskriterien wurden in Abschnitt 4.3.2.2.2 der ‚Fit’ und die ‚Differenzierung’ herausgearbeitet, welche nach Kroeber-Riel und Weinberg direkt auf die ‚Kaufintention’ wirken: „Je näher die wahrgenommene Position einer
Andere Autoren wiederum trauen allein der Emotionalität ohne Unterstützung von Rationalität eine Wirkung auf das Verhalten zu (vgl. Allen, Macheleit, Kleine 1992; Zajonc, Markus 1982).
218
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Marke am Idealpunkt liegt – das heißt, je näher sie der Vorstellung vom idealen Produkt kommt –[Anm. d. Autors: Fit], und je weiter andere wahrgenommene Marken davon entfernt liegen [Anm. d. Autors: Differenzierung], umso größer ist die Kaufwahrscheinlichkeit für die Marke.“ (Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 220; in Anlehnung an Wind 1982, S. 93). Die Annahme, dass der ‚Fit’ der Marke zum Nachfragerunternehmen positiv auf den Kauf der Marke wirkt, ist auf die Grundidee der Positionierung zurückzuführen (vgl. Abschnitt 2.2.3.1). Konkret in Bezug auf den ‚Fit’ einer B2B-Marke schreiben Lynch und de Chernatony (2004, S. 410; in Anlehnung an Sheth 1976): „a satisfactory sales outcome is dependent on the degree to which the parties involved are compatible regarding the style and content to their communication”. Sie gehen davon aus, dass ein ‘Fit’ der Inhalte von beiden Unternehmen die Kaufabsicht erhöht. In Bezug auf die ‚Differenzierung’ gehen in der Literatur mehrere Autoren von einem solchen Zusammenhang aus. Im B2C-Bereich weisen Haedrich und Tomczak (1988, S. 37 f.) darauf hin, dass sowohl ‚funktionale’ als auch ‚emotionale Differenzierung’ mit einer Verhaltensänderung bei den Konsumenten einhergehen kann. Auch Smith und Park (1992) bestätigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Markendifferenzierung und Marktanteil. Aber konkret im B2B-Kontext wird die Differenzierungskraft einer Marke als Determinante des Kaufverhaltens betrachtet (vgl. Kuhn, Alpert 2005; Gordon, Calantone, die Benedetto 1993). Daraus lassen sich zwei Hypothesen ableiten: H6a: Der Fit von Positionierungsinhalten zur Nachfragerorganisation beeinflusst die Kaufbereitschaft der Individuen positiv. H6b: Die physische Differenzierung von Positionierungsinhalten beeinflusst die Kaufbereitschaft der Individuen positiv. (3.2) Des Weiteren sind in zwei Bereichen Wechselwirkungen innerhalb des vorgestellten Modells zum B2B-Positionierungserfolg erwägbar: (1) erstens zwischen der ‚kognitiven’ und der ‚affektiven Einstellung’ und (2) zweitens zwischen der ‚Preisbereitschaft’ und der ‚Kaufbereitschaft’. (3.2.1) Immer mehr moderne Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass kognitive und affektive Prozesse innerhalb von Individuen nie unabhängig voneinander ablaufen283 (vgl. Abschnitt 2.1.2). „Although the two systems are distinct, they
283
So können affektive Reaktionen durch Kognitionen interpretiert oder beeinflusst werden, wie bspw. „Ich bin überzeugt, dass der Vertriebsmitarbeiter sehr fair ist“. Konträr können kognitive Reaktionen durch Affektives tangiert werden, wie beispielsweise „Die Funktionalität der Maschiene begeistert mich total.“.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
219
are richly interconnected, and each system can influence and be influenced by the other.” (Peter, Olson 1999, S. 37 sowie S. 41 f.) Übertragen auf die vorliegende Arbeit bedeuten diese Erkenntnisse, dass von Wechselwirkungen zwischen der ‚kognitiven’ und der ‚affektiven Einstellung’ eines Individuums auszugehen ist. Die dazugehörenden Hypothesen lauten: H7a: Die affektive Einstellung beeinflusst die kognitive Einstellung der Individuen positiv. H7b: Die kognitive Einstellung beeinflusst die affektive Einstellung der Individuen positiv. (3.2.2) Wechselwirkungen sind auch zwischen den beiden Verhaltensintentionen, d.h. der ‚Preisbereitschaft’ und der ‚Kaufbereitschaft’, denkbar. Unter ‚Kaufbereitschaft’ wird in der vorliegenden Arbeit die langfristige und breit verankerte Absicht verstanden, eine Marke auch zukünftig wieder zu kaufen. Vor diesem Kontext wurde bei der Operationalisierung auf Skalen zur Markenloyalität zurückgegriffen. Mit einer erhöhten ‚Kaufbereitschaft’ im Sinne von Markenloyalität wird im B2C-Bereich eine geringere Preissensitivität assoziiert (vgl. Wiswede 1992, S. 85; Bauer et al. 2004, S. 17). „Specifically, brand-loyal consumers [Anm. d. Autors: Kaufbereitschaft] may be willing to pay more for a brand [Anm. d. Autors: Preisbereitschaft] because they perceive some unique value in the brand that no alternative can provide“ (Chaudhuri, Holbrook 2001, S. 81; und dort nach Jacoby, Chestnut 1978; Pessemier 1959; Reichheld 1996; vgl. auch Bauer et al. 2004 und BBDO 2005). Dieser Wirkungszusammenhang wird in analoger Form bei Individuen im B2B-Kontext unterstellt. Aber auch der umgekehrte Wirkungszusammenhang wird in der Literatur thematisiert. Nach Balderjahn (2003, S. 390) gibt es zahlreiche Erklärungsmodelle für den Zusammenhang zwischen ‚Preisbereitschaft’ und Nachfrage. Allgemein ist davon auszugehen, dass je preisunelastischer die Zielgruppe desto größer die Präferenz für die Marke und desto eher besteht eine Kaufbereitschaft. Die passenden Hypothesen sind: H8a: Die Kaufbereitschaft beeinflusst die Preisbereitschaft der Individuen positiv. H8b: Die Preisbereitschaft beeinflusst die Kaufbereitschaft der Individuen positiv. Sämtliche formulierten Hypothesen zu dem Modell des B2B-Positionierungserfolges werden in Abbildung 31 veranschaulicht.
220
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Einstellung zur B2B-Positionierung
Beurteilung der B2B-Positionierung
Affektive Einstellung Ș1
Verhaltensintention aufgrund der B2B-Positionierung
H3a
H1a H6a
Fit zur Organisation ȟ1
H5a
Preisbereitschaft Ș3
H3b
H1b H7
H8
H2a Physische Differenzierung ȟ2
Kaufbereitschaft Ș4
H5b
H6b
H2b
Kognitive Einstellung Ș2
H4a H4b
Abbildung 31: Überblick über die formulierten Hypothesen zum Positionierungserfolg
4.3.3.4 Resultate der Hypothesenprüfung Die Überprüfung der in Abschnitt 4.3.3.3 formulierten und in Abbildung 31 zusammengefassten Hypothesen erfolgte mithilfe einer Kausalanalyse (vgl. zum Verfahren Abschnitt 3.2.2). Die Resultate zu dem betrachteten Untersuchungsmodell präsentiert Abbildung 32284. Auf eine Darstellung der einzelnen Indikatoren und der Messfehler zu jedem Konstrukt wird verzichtet. Die Validierung der einzelnen Konstukte wurde bereits in den Abschnitten 4.3.3.1 und 4.3.3.2 ausreichend behandelt.
284
Die Bezeichnung der Variablen stimmt mit den Konventionen der Kausalanalyse überein. Die zwei exogenen Variablen ‚Fit zur Organisation’ sowie ‚Physische Differenzierung’ werden mit ȟ bezeichnet, während die vier endogenen Variablen ‚Affektive Einstellung’, ‚Kognitive Einstellung’, ‚Preisbereitschaft’ und ‚Kaufbereitschaft’ mit Ș ausgedrückt werden. Mit Ȗ werden die Einflüsse exogener Variablen und mit ȕ die Einflüsse endogener Variablen auf wiederum endogene Variablen bezeichnet.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
221
Einstellung zur B2B-Positionierung
Beurteilung der B2B-Positionierung
Verhaltensintention aufgrund der B2B-Positionierung
Affektive Einstellung Ș1
H3a: ȕ31=0,44***
H1a: Ȗ11=0,11*** H6a: ȕ21=0,30***
Fit zur Organisation ȟ1
Preisbereitschaft Ș3
H5a: Ȗ41=0,11*** H3b: ȕ41=0,18*
H1b: Ȗ21=0,40***
H7: ȕ43=0,38**
(H4a: ȕ32=0,06)
H2a: Ȗ12=0,44*** Physische Differenzierung ȟ2
(H8: ȕ34=0,07) Kaufbereitschaft Ș4
H5b: Ȗ42=0,13*** H6b: ȕ12=0,27***
H2b: Ȗ22=0,14*** Kognitive Einstellung Ș2
2
F: df: p-Wert: RMSEA:
356,06 122 0,0000 0,103
NFI: CFI: GFI: AGFI:
0,98 0,97 0,95 0,98
* ** *** (kursiv) ----
H4b: ȕ42=0,25***
signifikant auf dem 10%-Niveau signifikant auf dem 5%-Niveau signifikant auf dem 1%-Niveau nicht signifikant nicht signifikant
Abbildung 32: B2B-Positionierungserfolg - Resultate der Hypothesenprüfung
Zunächst wird die Anpassungsgüte des Strukturmodells bewertet, indem die globalen Gütemaße betrachtet werden. Die zentralen globalen Gütemaße sind im unteren Teil der Abbildung 32 aufgeführt. Der Quotient aus dem Chi-Quadrat-Wert (F2=356,06) und den Freiheitsgraden (df=122) (F2/df=2,92) liegt eindeutig unter dem geforderten Wert von 3, d.h. dass das Strukturmodell den empirischen Datensatz sehr gut abbildet. Der RMSEA liegt mit dem Wert von rund 0,1 über dem strengen Grenzwert von 0,05 (vgl. Homburg, Baumgartner 1995, S. 166). Doch auch weniger strenge Grenzwerte werden als noch akzeptabel hingenommen, wie bei Browne, Curdeck (1993) und Hennig-Thurau (1998, S. 242) mit RMSEA 0,1 oder Hildebrandt und Annacker (1996, S. 1420), welche sogar einen Wert von RMSEA = 0,68 noch akzeptieren. Aufgrund des explorativen Charakters des Untersuchungsmodells wird der ermittelte RMSEA-Wert toleriert. Die restlichen Gütekriterien erfüllen die jeweils geforderten Werte sehr gut: NFI, CFI, GFI und AGFI liegen alle deutlich über dem Mindestwert von 0,9 und weisen
222
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
damit auf einen sehr zufriedenstellenden Modell-Fit hin. Damit wird das Untersuchungsmodell nachhaltig gestützt und die globale Anpassungsgüte des Strukturmodells wird insgesamt als sehr zufriedenstellend beurteilt. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass das komplexe Modell mit direkten und indirekten Effekten sowie Wechselwirkungen die Realität gut abbildet. Auch die lokalen Gütemaße sind für alle Konstrukte erfüllt. Sie wurden bereits im Rahmen der simultanen Faktorenanalyse in Abschnitt 4.3.3.2 diskutiert (vgl. zu den Ergebnissen Tabelle 25). Nachdem die Anpassungsgüte des Untersuchungsmodells als akzeptabel eingestuft wurde, folgt nun eine Diskussion der Einzelergebnisse für die Hypothesen des Strukturmodells. Bis auf zwei Ausnahmen wurden alle Hypothesen des Strukturmodells bestätigt. Die Mehrheit der Hypothesen (10 von 14) wurde sogar auf einem Signifikanzniveau von 1% bestätigt; eine Hypothese auf dem 5% und eine auf dem 10% Niveau (vgl. zu den Signifikanzniveaus Abschnitt 3.2.2 sowie Harnett und Murphy 1985). Zunächst wird die erste Basishypothese, d.h. der Zusammenhang zwischen der Beurteilung der Positionierung und der Einstellung der Individuen zur Positionierung, betrachtet. Die ersten beiden Hypothesen (H1a und H1b) beziehen sich auf die Beziehung zwischen dem ‚Fit zur Organisation’ und der ‚affektiven’ bzw. ‚kognitiven Einstellung’ der Individuen (vgl. Abschnitt 4.3.3.3). Beide Hypothesen werden bestätigt. Der ‚Fit zum Unternehmen’ beeinflusst demnach die ‚affektive Einstellung’ und die ‚kognitive Einstellung’ signifikant positiv. Hinsichtlich der Stärke des Effekts ist jedoch festzuhalten, dass die Wirkung auf die ‚kognitive Einstellung’ mit 0,40 deutlich stärker ist als auf die ‚affektive Einstellung’ mit 0,11. Die nächsten beiden Hypothesen (H2a und H2b) betreffen den Zusammenhang von ‚physischer Differenzierung’ und der ‚affektiven’ bzw. ‚kognitiven Einstellung’ der Individuen (vgl. Abschnitt 4.3.3.3). Beide Hypothesen werden durch die Resultate der Schätzung auf dem 1%-Niveau unterstützt. Damit kann festgehalten werden, dass die ‚physische Differenzierung’ sowohl auf die ‚affektive Einstellung’ als auch auf die ‚kognitive Einstellung’ eine signifikant positive Wirkung ausübt. Die Wirkung ist auf die ‚affektive Einstellung’ mit einem Wert von 0,44 stärker als auf die ‚kognitive Einstellung’ (0,14). Es folgen die Ergebnisse zur zweiten Basishypothese, d.h. zum Zusammenhang zwischen der Einstellung zur Markenpositionierung und der Verhaltensintention der Indiviuen.
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
223
Hypothesen H3a und H3b wurden zu der ‚affektiven Einstellung’ und ihrer Wirkung auf die ‚Preisbereitschaft’ und die ‚Kaufbereitschaft’ formuliert (vgl. Abschnitt 4.3.3.3). Für H3a bestätigte sich ein signifikant positiver Zusammenhang auf dem 1%-Niveau; für H3b nur auf dem 10%-Niveau. Die ‚affektive Einstellung’ wirkt mit einer Stärke von 0,44 positiv auf die ‚Preisbereitschaft’ und mit einer Stärke von 0,18 positiv auf die ‚Kaufbereitschaft’. Damit zeigt sich, dass der Einfluss auf die ‚Preisbereitschaft’ deutlich höher ist als auf die ‚Kaufbereitschaft’. Schließlich umfassen die Hypothesen H4a und H4b die ‚kognitive Einstellung’ der Individuen und ihren Zusammenhang mit der ‚Preis-‚ und ‚Kaufbereitschaft’ (vgl. Abschnitt 4.3.3.3). Es besteht kein signifikanter Einfluss von ‚kognitiver Einstellung’ auf ‚Preisbereitschaft’. Hypothese H4a konnte damit nicht bestätigt werden. Allerdings zeigen die Ergebnisse einen auf dem 1%-Niveau signifikanten Einfluss der ‚kognitiven Einstellung’ auf die ‚Kaufbereitschaft’, wenngleich dieser mit einer Stärke von 0,25 nur mäßig stark ist. Hypothese H4b gilt damit als bestätigt. Überdies werden die Resultate zu weiteren direkten und indirekten Zusammenhänge und zu den Wechselwirkungen betrachtet. Die direkten Effekte von den Beurteilungskriterien ‚Fit zur Organisation’ (H5a: 0,11) und ‚physische Differenzierung’ (H5b: 0,13) auf die ‚Kaufbereitschaft’ bestätigten sich. Diese sind zwar nicht sehr stark, aber auf dem 1%-Niveau signifikant. Damit wird deutlich, dass beide Beurteilungskriterien der Positionierung die ‚Kaufbereitschaft’ gegenüber der B2B-Marke sowohl direkt als auch indirekt über die affektive und kognitive Einstellung positiv beeinflussen (vgl. Tabelle 27). Der Fit-Beurteilung und der wahrgenommenen Differenzierungskraft kommen direkte Verhaltenswirkungen zu. Auch hinsichtlich der vier vermuteten Wechselwirkungen konnten drei Zusammenhänge auf sehr hohem Signifikanzniveau (1%) bestätigt werden. Zwischen der ‚kognitiven Einstellung’ und der ‚affektiven Einstellung’ der Individuen zu einer Positionierung bestehen deutliche Zusammenhänge, welche in beide Richtungen annähernd gleich stark sind (H6a: 0,30 bzw. H6b: 0,27). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine positive affektive Einstellung zur Positionierung sich auch auf die kognitive Einstellung zur Markenpositionierung auswirkt und umgekehrt. Darüber hinaus wurde auf dem 5% Niveau ein stark positiver Einfluss der ‚Preisbereitschaft’ auf die ‚Kaufbereitschaft’ bestätigt (H7: 0,38); jedoch kein signifikanter Einfluss in umgekehrter Richtung (H8), weshalb hier nicht von einer „Wechselwirkung“ gesprochen werden kann. Das heißt Individuen, die hinsichtlich einer B2B-Marke bereit sind, ein Preispremium zu zahlen, sind auch eher bereit die Marke generell zu kaufen. Dieses Resultat stärkt die zentrale Rolle der ‚affektiven Einstellung’ im B2BBereich. Die ‚kognitive Einstellung’ wirkt gemäß den Resultaten lediglich direkt auf
224
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
die ‚Kaufbereitschaft’ und nur über einen indirekten Weg zur ‚affektive Einstellung’ auf die ‚Preisbereitschaft’. Stattdessen wirkt die ‚affektiven Einstellung’ direkt auf die ‚Kaufbereitschaft’ und die ‚Preisbereitschaft’, sowie zusätzlich über mehrere indirekte Wege auf die Kaufbereitschaft. Nachstehende Tabelle 27 zeigt die direkten, indirekten und totalen Effekte innerhalb der Konstrukte des B2B-Positionierungserfolges (vgl. zur Berechnung Backhaus et al. 2000, S. 399 ff.; Homburg, Hildebrandt 1989, S. 27; Homburg, Pflesser 1999b, S. 656 f.). Die Resultate zeigen, dass die ‚Preisbereitschaft’ sehr stark durch die Stärke der ‚Affektiven Einstellung’ bestimmt wird, und die ‚Kaufbereitschaft’ durch mehrere Einflussgrößen in starkem Maße determiniert wird. Einflussfaktoren Fit zum Unternehmen Physische Differenzierung Kognitive Einstellung Einflussfaktoren Fit zum Unternehmen Physische Differenzierung Affektive Einstellung Einflussfaktoren Fit zum Unternehmen Physische Differenzierung Affektive Einstellung Kognitive Einstellung Kaufbereitschaft Einflussfaktoren Fit zum Unternehmen Physische Differenzierung Affektive Einstellung Kognitive Einstellung Preisbereitschaft
Wirkungen auf die Affektive Einstellung Direkter Effekt 0,11 0,44 0,27 Direkter Effekt 0,40 0,14 0,30 Direkter Effekt 0,44 Direkter Effekt 0,11 0,13 0,18 0,25 0,38
Indirekter Effekt 0,11 0,04 Wirkungen auf die Kognitive Einstellung Indirekter Effekt 0,03 0,13 Wirkungen auf die Preisbereitschaft Indirekter Effekt 0,10 0,23 0,12 Wirkungen auf die Kaufbereitschaft Indirekter Effekt 0,19 0,20 0,24 0,09 -
Totaler Effekt 0,22 0,48 0,27 Totaler Effekt 0,43 0,27 0,30 Totaler Effekt 0,10 0,23 0,44 0,12 Totaler Effekt 0,30 0,33 0,42 0,34 0,38
Tabelle 27: Direkte und indirekte Effekte innerhalb des B2B-Positionierungserfolges
Neben den bislang erwähnten statistischen Resultaten ist die inhaltliche Interpretation sehr interessant. In Bezug auf den ‚Fit zum Unternehmen’ kann rekapituliert werden, dass dieser sowohl auf die ‚affektive’ und ‚kognitive Einstellung’ des Individuums zur Markenpositionierung als auch auf die ‚Kaufbereitschaft’ positiv einwirkt. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter eines Nachfragerunternehmens bei der Entscheidung für einen Lieferanten bzw. eine Leistung darauf achten, ob und in wieweit die nachgefragte Marke zum eigenen Unternehmen passt. Wie schon im Rahmen der Hypothesenformulierung erläutert kann der Fit beider Marken für die Selbstdarstellung des eigenen Unternehmens sehr bedeutsam sein, falls die gekaufte Marke nach außen sichtbar ist (vgl. Abschnitt 4.3.3.3). Interessant wäre im B2B-Bereich, welche Rolle der ‚Fit zur eigenen Person’, d.h. zum Mitarbeiter selbst, spielt; und ob der ‚Fit zur Person’ oder der
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
225
‚Fit zum Unternehmen’ für die Einstellungsbildung des Mitarbeiters wichtiger ist. Leider wurde das Konstrukt ‚Fit zur Person’ im Rahmen der Operationalisierung eliminiert, so dass keine Antworten auf diese Fragen gegeben werden können (vgl. zukünftige Forschung in Abschnitt 5.3). Die ‚physische Differenzierung’ der Markenpositionierung beeinflusst gemäß den Untersuchungsergebnissen ebenfalls die ‚affektive’ und ‚kognitive Einstellung’ zur Markenpositionierung sowie die ‚Kaufintention’ der Individuen positiv. Die in den Abschnitten 2.1.1.2.1 und 4.3.3.3 getroffene Annahme, dass die Art des Reizes bzw. der Beurteilung nicht mit der Art der Wirkung übereinstimmen muss, wird damit bestätigt. Laut den Ergebnissen beeinflusst eine ‚rational-physische Differenzierung’ nicht nur beide Arten der Einstellung, sondern wirkt sich auf die ‚affektive Einstellung’ sogar stärker aus als auf die ‚kognitive Einstellung’. Dies bedeutet, dass eine rationale Abgrenzung, wie durch ein technisches Detail, Mitarbeiter sehr wohl emotional begeistern kann. Interessant wäre wiederum die Analyse, wie eine ‚psychische Differenzierung’ auf die Einstellung wirken würde, und welche der beiden Differenzierungsarten im direkten Vergleich besser wirken würde. Da das Konstrukt ‚psychische Differenzierung’ jedoch eliminiert werden musste, beiben diese Fragestellungen für zukünftige Forschungsprojekte bestehen (vgl. Abschnitt 5.3). In Hinsicht auf die ‚kognitive’ und die ‚affektive Einstellung’ sind positive Wirkungen auf die ‚Preisbereitschaft’ und die ‚Kaufbereitschaft’ der Individuen ermittelt worden. Es wurde erwartet, dass die ‚affektive Einstellung’ stärker auf die ‚Preisbereitschaft’ wirkt als die ‚kognitive Einstellung’. Dies bewahrheitet sich. Insgesamt zeigen die Resultate, dass die ‚Preisbereitschaft’ am stärksten über eine positive ‚affektive Einstellung’ zur Markenpositionierung beeinflusst werden kann. Die ‚Kaufbereitschaft’ hingegen kann über mehrere Stellhebel positiv beeinflusst werden, wie den ‚Fit’ der Marke zum Nachfragerunternehmen, die ‚Physische Differenzierung’ der Marke sowie eine hohe ‚Affektive’ und/oder ‚Kognitive Einstellung’. Die bestehende Wechselwirkung zwischen der ‚Kognitiven’ und der ‚Affektiven Einstellung’ hat zur Folge, dass unabhängig davon, ob nur die affektive oder nur die kognitive Komponente oder sogar beide Komponenten der Einstellung gezielt durch Reize angesprochen werden, immer eine Verarbeitung auf beiden Ebenen stattfindet. Auf diese Weise ist es dann auch möglich, über die kognitive Einstellung die affektive Einstellung positiv zu beeinflussen und damit indirekt die Preisbereitschaft der Individuen zu erhöhen, was die kognitive Einstellung auf direktem Wege gemäß der Studienergebnisse nicht erzielen kann. Insgesamt spielt eine positive ‚affektive Einstellung’ der Individuen zur B2B-Marke eine zentrale Rolle im Entscheidungsprozess, da von dieser mehrere direkte und indirekte Ausstrahlungseffekte auf die Verhaltensintentionen des Individuums ausge-
226
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
hen. Insbesondere, wenn mit einer B2B-Marke nicht nur ein hoher Marktanteil, sondern ein hohes Preispremium erzielt bzw. ein Hochpreissegment angesprochen werden soll, ist die Schaffung einer starken und positiven ‚affektiven Einstellung’ unumgänglich. Doch obwohl ihr im Kaufprozess von Individuen im B2B-Kontext, d.h. Mitarbeitern, eine zentrale Rolle zukommt, darf dies nicht derart interpretiert werden, dass allein die Ansprache der ‚affektiven Einstellung’ durch die Positionierung zum Erfolg ausreicht. Auch eine positive ‚kognitive Einstellung’ muss aufgebaut werden. Fehlt eine kognitive Überzeugung, fehlt den Individuen im Arbeitsumfeld die offiziell anerkannte Rechtfertigung und Legitimation für die Entscheidung (vgl. Webster, Keller 2004, S. 395). Erst eine Positionierung, welche die kognitiven und affektiven Ansprüche in kombinierter Weise befriedigt, schafft ein festes Fundament für die Marke, auf dessen Basis ein dauerhafter Erfolg aufbauen kann. Eine derartige Kombination übertrifft sowohl eine rein emotionale als auch eine rein rationale Ergriffenheit. 4.3.4 Zusammenfassung Mit den vorangegangenen Abschnitten wurde die Forschungsfrage 3 sehr umfangreich beantwortet. Ein zusammenfassendes Fazit für den Positionierungserfolg von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität lautet: -
Der Positionierungserfolg von B2B-Marken lässt sich als Prozess mit mehreren Stufen modellieren: Erfolg im Nachfragerunternehmen und Erfolg im Anbieterunternehmen.
-
Der Positionierungserfolg von B2B-Marken findet im Nachfragerunternehmen auf mehreren Ebenen statt: Individualebene, Gruppenebene und Organisationsebene.
-
Der Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen unterscheidet auf der Individualebene interne Prozesse wie Beurteilung, Einstellung und Verhaltensabsicht und sichtbare Prozesse wie tatsächliche Reaktionen der Nachfrager.
-
Die empirische Analyse der Individualebene ergab, dass die positive Beurteilung der Positionierung sich positiv auf die individuelle Einstellung zur Positionierung auswirkt. Anstelle von Fit zur eigenen Person, was aus dem B2CBereich bekannt ist, spielt im B2B-Kontext speziell der Fit zum Nachfragerunternehmen als Beurteilungskriterium der Markenpositionierung eine Rolle. Auch die wahrgenommene Differenzierung der positionierten Marke wirkt sich positiv auf die Einstellung aus. Dabei beeinflusst eine rational-physische Differenzierung nicht nur die kognitive, sondern insbesondere auch die affektive Einstellung zur Markenpositionierung. Daraus lässt sich ableiten, dass die Art
4.3 Positionierungserfolg von Business-to-Business-Marken
227
des Reizes (rational vs. emotional) nicht mit der Art der Wirkung (kognitive vs. affektive Wirkung) übereinstimmen muss. -
Als weiteres Resultat der Analyse wurde erkannt, dass die Einstellung zur Positionierung sich auf die Verhaltensintention in Form von Preis- und Kaufbereitschaft auswirkt. Dabei kommt der affektiven Einstellung eine deutlich zentralere Rolle zu als der kognitiven Einstellung. Insofern bestätigt sich die Vermutung, dass Emotionalität auch bei organisationalen Entscheidungsprozessen beteiligt ist. Das heißt auch bei industriellen Entscheidern sollte versucht werden, emotionale Reaktionen hervorzurufen.
-
Zwischen der affektiven und der kognitiven Einstellung der Individuen zur B2B-Marke treten signifikante Wechselwirkungen auf. Das bedeutet, dass immer beide Arten der Einstellung in den Kaufprozess involviert sind. Die Preisbereitschaft in Bezug auf die B2B-Marke wirkt positiv auf die Kaufbereitschaft der Individuen, jedoch nicht umgekehrt. Insgesamt wird die Preisbereitschaft der Individuen in Bezug auf die B2B-Marke ausschließlich über eine positive affektive Einstellung zur Marke beeinflusst. Die Kaufbereitschaft hingegen wird über mehrere Stellhebel beeinflusst. Dem Aufbau einer starken affektiven Einstellung im Sinne einer emotionalen Reaktion kommt dann eine wichtige Stellung bei der Positionierung von B2B-Marken zu, wenn mit der Marke ein hoher Preis erzielt werden soll. Als generelles Fazit lässt sich festhalten, dass einer kombinierten Ansprache von kognitiven und affektiven Reaktionen das größte Erfolgspotential zugesprochen wird.
4.4
Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
„Although advertisers cannot directly control the cognitive and affective responses consumers have during information processing, they can try to influence these reactions through certain elements of the communication.” (Engel, Blackwell, Miniard 1990, S. 388; vgl. auch Peter, Olson 1999, S. 225) Die Definition dieser Elemente, die nicht nur rein in der Kommunikation eines Unternehmens, sondern durch den gesamten Unternehmensauftritt vermittelt werden, ist Aufgabe der Positionierung (vgl. Abschnitt 2.2.3). „The firms must determine the basic attributes that affect a buyer’s choice of suppliers for its product in question. Once these attributes are identified a firm can choose the appropriate bases for positioning with respect to identified segments of the market.” (Bennion 1987, S. 9) Die Listen potentieller Positionierungskriterien für spezifische Branchen sind sehr heterogen. In Abschnitt 2.3.1 wurde belegt, dass speziell für Marken im B2B-Bereich eine eigenständige Analyse der relevantesten Positionierungsinhalte vorgenommen werden muss. Als eine Gemeinsamkeit von B2B- und B2C-Marken wurde jedoch er-
228
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
kannt, dass beide als ein Bündel rationaler und/oder emotionaler Nutzenversprechen an die Zielgruppen zu verstehen sind (vgl. Ginter, Dambacher 2002, S. 63). B2BPositionierungsinhalte können demnach auch rationaler oder emotionaler Art sein, sich jedoch inhaltlich von denen im B2C-Bereich unterscheiden. Gemäß diesen Erkenntnissen sollen im Folgenden potentielle Positionierungsinhalte speziell für B2B-Marken identifiziert und bewertet werden. Hierzu wird zunächst in Abschnitt 4.4.1 ein kurzer Überblick über Arten von Positionierungsinhalten vor dem B2B-Kontext gegeben. In Abschnitt 4.4.2 werden systematisch potentielle Positionierungsinhalte für den B2B-Bereich identifiziert, welche anschließend in Abschnitt 4.4.3 im Rahmen einer empirischen Analyse hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Positionierungserfolg (vgl. Abschnitt 4.3) bewertet werden. 4.4.1 Wahrnehmung von B2B-Marken und Arten von Positionierungsinhalten bei B2B-Marken Vor der Analyse potentieller Positionierungsinhalte für B2B-Marken wird ein kurzer Rückblick auf mögliche Besonderheiten hinsichtlich (1) der Wahrnehmung von B2BMarken und (2) der Arten von Inhalten gegeben. (1) Die Definition von Business-to-Business-Marken in Abschnitt 2.2.2.1 brachte als Besonderheit zum Ausdruck, dass B2B-Marken auf beiden Seiten des Austauschprozesses über mehrere Ebenen wahrgenommen werden: (a) mehrere Wahrnehmungsebenen auf der Anbieterseite und (b) mehrere wahrnehmende Personen auf der Nachfragerseite (vgl. auch Abbildung 8). (a) B2B-Marken werden auf der Anbieterseite über das Unternehmen, die Leistungen, die Geschäftsprozesse, den Service, die Mitarbeiter (Wortwahl, Kleidung etc.) und den gesamten Unternehmensauftritt (Fuhrpark, Briefwechsel, Werbung etc.) wahrgenommen (vgl. McQuiston 2004, S. 345; Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 10; Ward, Light und Goldstine 1999; Morrison 2001, S. 33; Schwarz 2003, S. 11). (b) Auf der Nachfragerseite beurteilen aufgrund der Multipersonalität mehrere beteiligte Personen die B2B-Marke, wie Geschäftsführer, Einkäufer, Nutzer. Jede dieser Personen stellt, nicht zuletzt aufgrund seiner Funktion und Position im Unternehmen, unterschiedliche Anforderungen an die B2B-Marke (vgl. Voeth, Rabe 2004, S. 91). Für die Positionierung von B2B-Marken bedeutet dies erstens, dass bei der Generierung von potentiellen Positionierungsinhalten bei kundenorientiertem Vorgehen die Wünsche aller Buying-Center Mitglieder und bei anbieterseitigem Vorgehen alle Wahrnehmungsebenen der Marke zu beachten und auf Ideen zu prüfen sind (vgl. folgender Abschnitt 4.4.2; Frigge, Houben 2002, S. 32). Zweitens muss eine definierte Positionierungsstrategie im Rahmen der Implementierung zwingend im Anbieter-
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
229
unternehmen auf allen Wahrnehmungsebenen umgesetzt werden, um alle kaufbeteiligten Personen anzusprechen285. „Eine Marke wird durch jede Form der Interaktion mit ihren Zielgruppen geprägt ... Es ist daher absolut essenziell, das Leistungsversprechen einer Marke konsequent und ganzheitlich, das heißt an allen Kontaktpunkten, an denen sie mit ihren „Stakeholdern“ (Anspruchsgruppen) in Berührung tritt, umzusetzen.“ (Sander, Jakobs 2004, S. 35; vgl. auch Köhler 2001, S. 57; Webster, Keller 2004, S. 389 f.). (2) Bei der Darlegung des Positionierungskonzeptes wurde in Abschnitt 2.2.3.4 auf verschiedene Arten von Positionierungsinhalten hingewiesen, die nunmehr kurz in Erinnerung gerufen werden sollen: Abstraktionsgrad der Inhalte, Bezugsobjekte der Inhalte und Anmutung der Inhalte. Für die Positionierung von B2B-Marken bedeutet dies, dass in die Suche alle Arten von Positionierungsinhalten einbezogen werden können (vgl. Abschnitt 4.4.2). Jedoch liegt der Fokus der Arbeit auf dem Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität. Im Bewusstsein dieser Erkenntnisse werden nun Ideen für potentielle Positionierungsinhalte bei B2B-Marken generiert und anschließend in Bezug auf ihre Relevanz empirisch untersucht (vgl. Abschnitte 4.4.2 und 4.4.3). 4.4.2 Identifikation von potentiellen Positionierungsinhalten bei B2B-Marken Grundsätzlich herrschen in der Literatur widersprüchliche Ansichten über die Komplexität, welche mit der Identifikation von Positionierungsinhalten bei B2B-Marken einhergeht. Ginter und Dambacher (2002, S. 62 ff.) vertreten die These, dass die Positionierung für B2B-Marken leichter zu finden ist als für B2C-Marken, da oftmals direkt auf der Gründeridee aufgebaut werden kann286. Im Gegensatz dazu sind andere Autoren der Ansicht, dass die Positionierung als „Aushängeschild“ von B2B-Marken schwieriger zur finden ist (vgl. Schultz, Schultz 2000, S. 26). Hauser und Groll (2002, S. 38 f.) begründen dies damit, dass Positionierungsinhalte im B2B-Kontext nicht nur einen einmaligen Kaufakt, sondern die Basis für eine dauerhafte Geschäftsbeziehung hervorrufen müssen. Belz und Kopp (1994, S. 1594) argumentieren über komplexe Herstellerunternehmen mit „diversifizierten Geschäfts-, Produkt- und Kunden-
285
286
Zentrale Bedeutung bei der Implementierung hat die Entscheidung über Text und Bildmotive sowie deren Verhältnis zueinander. Untersuchungen haben gezeigt, dass Sprache und Text vom Kunden in anderer Form aufgenommen werden als Bilder (vgl. Esch, Andresen 1996, S. 88; vgl. auch Theorie der dualen Kodierung sowie Picture-Superiority-Effect bei Gröppel-Klein 2004, S. 334 f.). Bilder sind besser geeignet, um Emotionen bei den Zielgruppen hervorzurufen. Das Positionierungsversprechen muss nach dem Ermessen von Ginter und Dambacher (2002, S. 62 ff.) lediglich relevant, einfach und glaubwürdig sein. Ansprüche, die ihrer Meinung nach meist von der Gründeridee erfüllt würden.
230
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
bereichen“ im B2B-Bereich, welche die Identifikation eines gemeinsamen Nenners287 bzw. einer überzeugenden inhaltlichen „Sinnklammer“ für die Positionierung verkomplizieren (vgl. auch Wiedmann, Bausback 2004, S. 3 f.). Dies bestätigen Klein-Bölting und Gürntke (2002, S. 13 f.) und weisen zudem auf die hohe Dynamik und die ständigen Transformationen von Unternehmen hin, wie strategische Fusionen, Zukäufe, Ausgründungen oder Kooperationen. Vor diesem Hintergrund ist es insbesondere für Unternehmensmarken eine Herausforderung, eine gemeinsame Positionierung aufzubauen und diese während der Transformationen klar zu halten. Rozin (2004, S. 345) benennt die Schwierigkeit, alle am B2B-Kaufprozess beteiligten Personen, d.h. das gesamte Buying Center, gezielt zu erreichen. Diese Annahme, dass die Entwicklung der Positionierungsstrategie im B2B-Bereich aufgrund des erhöhten Koordinationsaufwandes und weiterer Besonderheiten tendenziell schwieriger ist als im B2CBereich vertritt auch die vorliegende Arbeit (vgl. Abschnitt 4.1). Generell kann die Bestimmung möglicher Positionierungsdimensionen durch wettbewerbsorientierte, kundenorientierte und unternehmensinterne Analysen erfolgen und eher auf quantitativer Basis (z.B. Fragebogen) oder eher qualitativer Basis (z.B. Gruppendiskussionen oder Tiefeninterviews) ermittelt werden (vgl. Trommsdorff, Bookhagen, Hess 1999, S. 773 und Abschnitt 2.2.3.4). Indirekte Verfahren288 sind den direkten vorzuziehen, um rationalisierte Antworten zu vermeiden; dies ist insbesondere im B2B-Bereich der Fall (vgl. Abschnitt 2.3.3). Eine direkte Befragung ist hauptsächlich bei Experten zu verwenden (vgl. Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 357). In der vorliegenden Arbeit wurde ein mehrstufiger Prozess gewählt, welcher die beschriebenen Erhebungsarten kombiniert. Um Ideen für potentielle B2B-Positionierungsinhalte zu erhalten, wird ein dreistufiger Prozess durchlaufen. Zunächst werden potentielle Positionierungsinhalte aus den Besonderheiten des B2B-Kontexts abgeleitet. Anschließend gibt der Status über die aktuelle B2B-Literatur einen weiteren Eindruck über mögliche Positionierungsinhalte. Zuletzt werden die Resultate von speziell im Rahmen einer Vorstudie durchgeführten
287
288
Belz und Kopp (1994, S. 1594) warnen davor, dass als Folge dieser Komplexität oftmals „leere Worthülsen“ bzw. „erzwungene Aussagen“ gewählt werden, welche von den Mitarbeitern nicht getragen werden. Die interne Kommunikation ist im B2B-Bereich ohnehin sehr bedeutsam, da häufig selbst Mitarbeiter den Überblick über die Aktivitäten des Konzerns verlieren. Werden hingegen tatsächlich starke Anstrengungen hinsichtlich einer klaren Positionierung unternommen, soll der Wirkungsgrad im B2B-Bereich sehr hoch sein, da die meiste Konkurrenz zu vielseitig und zu wenig kommuniziert (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1586). Indirekte Verfahren betrachten Globalurteile in Bezug auf Merkmalskombinationen, wie z.B. die Ermittlung von globalen Eindrücken wie Ähnlichkeiten oder Präferenzen (vgl. Zellerhoff 1994, S. 357). Auf Basis der Globalurteile werden Rückschlüsse auf die Relevanz von einzelnen Merkmalen gezogen. Direkte Verfahren stellen direkte Fragen zur Relevanz von einzelnen Merkmalen.
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
231
Experteninterviews vorgestellt289. Diese drei Prozessstufen werden in den Abschnitten 4.4.2.1, 4.4.2.2 und 4.4.2.3 kurz vorgestellt. Als Konglomerat aller drei Prozessstufen wird in Abschnitt 4.4.2.4 eine zusammenfassende Tabelle präsentiert, anhand der schließlich die endgültige Auswahl an potentiellen B2B-Positionierungsinhalten für die weitere Analyse erfolgt (vgl. Abbildung 33 sowie eine ähnliche Vorgehensweise bei Hutton 1997290). 1. Stufe: Ableitung aus den Besonderheiten des B2B-Kontextes 2. Stufe: Ableitung aus dem Status der Literatur 3. Stufe: Ableitung aus Experteninterviews Potentiell relevante B2B-Positionierungsinhalte
Abbildung 33: Dreistufiger Prozess als Trichter zur Identifikation potentiell relevanter B2BPositionierungsinhalte
4.4.2.1 Ableitung aus den Besonderheiten im B2B-Kontext In einer ersten Stufe werden B2B-Positionierungsinhalte aus den Besonderheiten des B2B-Kontextes abgeleitet. Diese Art der Analyse wird vorangestellt, um frei und unvoreingenommen von jeglicher Literatur über mögliche Positionierungsinhalte vor dem B2B-Kontext zu reflektieren. Auf diese Weise können zum einen in der Literatur bislang vernachlässigte Positionierungsinhalte entdeckt werden und zum anderen wird die Relevanz für den B2B-Bereich direkt bestätigt, indem die Inhalte unmittelbar aus den B2B-Besonderheiten abgeleitet werden. Dass die Besonderheiten des B2B-Kontextes eine Auswirkung auf die Art der relevanten Positionierungsinhalte haben kann, wurde bereits in Abschnitt 4.1.2 diskutiert. Zur Erinnerung zeigt Tabelle 28 eine Zusammenfassung der wichtigsten B2BBesonderheiten und die daraus abgeleiteten Positionierungsinhalte.
289
290
Vergleiche Besonderheiten bei der Industriegütermarktforschung, wie die Vorgehensweise zur Produktentwicklung mittels „Quality Function Deployment“ (vgl. Garbe 1999, S. 1118 ff.). Demnach ist im B2B-Bereich ein mehrstufiger Prozess notwendig, der zunächst eine Art „Brainstorming“ in einzelnen Kundengesprächen vorsieht, um auf dieser Grundlage anschließend einen Fragebogen zu erstellen. Hutton (1997) nutzte einen mehrstufigen Prozess, um seine Hypothesen zu entwickeln: Literaturübersicht, Erfahrung des Autors mit drei Unternehmen, Interviews und vier Fokusgruppendiskussionen.
232 B2BBesonderheiten
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Potentielle Positionierungsinhalte
Art der Märkte Markttransparenz Internationalität
Leistungsfähigkeit, Kompetenz, Beziehungsfähigkeit, Guter Ruf, Partnerschaft Internationalität, Flexibilität, Überall vor Ort
Art der Vermarktung Direkter Vertrieb bzw. persönlicher Verkauf Multiorganisationalität
Betreuung, Ähnlichkeit der Persönlichkeiten, Kundenbindung, Offenheit, Beratung, Informiertheit, Kompetenz der Mitarbeiter, Verständnis für Branchen, Freundlichkeit, Bodenständigkeit, keine Arroganz, Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Beziehungsorientierung, Freundlichkeit, Offenheit, Aussehen, ernst nehmen Netzwerk, Integrationsfähigkeit, Integration von Geschäftspartnern, „Alles aus einer Hand“, überall vor Ort
Art der Nachfrage Derivativer Bedarf Betrieblicher Bedarf
Formalisierter Beschaffungsprozess Multipersonalität (Buying Center)
Anspruchsvolle Einkäufer Lang dauernde Kaufentscheidungsprozesse Langfristigkeit von Geschäftsbeziehungen
Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Qualität, Prestige, Aussehen, Problemlösungskompetenz, Sicherheit Leistungsfähigkeit, Qualitätsnachweis, Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit, Versprechen halten, Sicherheit, Professionalität, Erfahrung, Verantwortung, vertragliche Regelung, Informationsvermittlung, Glaubwürdigkeit, Seriosität, Bodenständigkeit, Schnelligkeit, Flexibilität, „Da sein“, alles läuft rund“, Preis Aber Entscheider sind auch Menschen: Prestige, Erfolg, Offenheit, Aussehen, Heimatverbundenheit, Weltoffenheit, Fairness, Tradition, guter Ruf, „Mitdenken“, Vorbild sein, Erfolg haben Preis-Leistungs-Verhältnis, Qualitätsstandards, Serviceleistungen, Kompetenz, Erfahrung Leistungsfähigkeit, Problemlösungskompetenz, Referenzen, Know-how, Informationsaustausch Vielseitigkeit, Fairness, Gerechtigkeit, Offenheit, Beziehungsfähigkeit, Freundlichkeit, Integrativität, Unterschiedliche Relevanz für einzelne Buying-Center Mitglieder: - Entscheider: Reputation, Kompetenz, Erfahrung, Serviceleistungen - Kaufmann: Preis-Leistungs-Verhältnis - Techniker: Funktionalität, Kompetenz Auch Unterschiede bei Erlebniswerten (z.B. Techniker: technisches Erlebnis; Kaufleute: Sicherheitserlebnis) Professionalität, Kompetenz, Leistungsbereitschaft, Erfahrung, Informiertheit, Beratung, Flexibilität Offenheit, Kümmern, Informationsvermittlung, Freundlichkeit, Sorgen
Offenheit, Beratung, Service (vor, während, nach Kauf), Persönlichkeit der Mitarbeiter, Informiertheit, Vertrauen, Betreuung, Fürsorge, Beziehungsfähigkeit, Hilfsbereitschaft, regelmäßiger Kontakt, ein Ansprechpartner, Ehrlichkeit, Partnerschaft, Freundschaft, Spaß an der Arbeit, Einfühlungsvermögen, Kümmern, Planungssicherheit
Nachfrageseite Hoher Technologieund Innovativitätsgrad Leistungskomplexität Leistungsbündel Hoher Individualisierungsgrad Hohes Investitionsvolumen Bedeutung von Dienstleistungen
Kreativität, Innovativität, Aktivität, einen Schritt voraus sein, technisches Know-how, Leistungsfähigkeit, Experimentieren, Mut haben, Offenheit Kompetenz, Leistungsfähigkeit, Referenzen, Reputation, Erfahrung, Beratung, Know-how der Mitarbeiter, Einfachheit, Verständlichkeit, Strukturiertheit, Tradition, Glaubwürdigkeit, Transparenz, Zuverlässigkeit, Spezialwissen, Sicherheit, Innovativität, Vernetzungsfähigkeit, Informationsvermittlung Vielfältigkeit, „Alles aus einer Hand“, breite Kompetenz, Spezialkompetenz, Integrativität, Vernetzungsfähigkeit Flexibilität, Offenheit, Individualisierung, Anpassungsfähigkeit, auf Wünsche eingehen, andere einbinden, Kompetenz, Know-how, Service, Innovativität, Kreativität, Vielfältigkeit (viele Leistungsvarianten), Beziehungsfähigkeit, Integration des Kunden Sicherheit, Vertrauen, Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit, Finanzkraft, Bonität, Tradition, Reputation, Seriosität, Vertragliche Regelungen, Dauerhaftigkeit, Service, Preis-Leistungsverhältnis, Gerechtigkeit, Preis-Fairness Servicekompetenz, Beratung (vor, während, nach Kauf), Bequemlichkeit, Flexibilität, Kulanz, Freundlichkeit, Ratschläge geben, Hilfsbereitschaft, Netzwerk, Service bei allen Touch Points
Tabelle 28: Potentielle Positionierungsinhalte abgeleitet aus den B2B-Besonderheiten
Für eine Auswahl von zentralen typischen B2B-Besonderheiten werden nunmehr mögliche Positionierungsinhalte begründet. Aufgrund der Multipersonalität im B2BBereich sind alle am Entscheidungsprozess beteiligten Individuen zu integrieren. Merkmale von Zulieferern wie Offenheit, Integrationsfähigkeit oder Vielseitigkeit werden vor diesem Hintergrund notwendig. Die Individuen haben unterschiedliche Funktionen im Kaufentscheidungsprozess zu erfüllen, die sich auf die Art ihrer Kaufkriterien auswirken, z.B. Ingenieure (Produktleistung), Finanzierung (Kaufpreis), Einkauf
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
233
(operative Kosten) und andere Beauftragte (Sicherheitsaspekte) (vgl. Webster, Keller 2004, S. 395). Da die Individuen für den betrieblichen Bedarf kaufen, Kaufentscheidungen für die Produktion und den Unternehmenserfolg wichtig sind und mit dem Kauf hohe Investitionsentscheidungen verbunden sein können, werden Merkmale wie Professionalität, Leistungsfähigkeit oder Seriosität der angebotenen B2B-Marke sehr wichtig. Die Kaufentscheidungen gehen oftmals mit lange dauernden Kaufentscheidungsprozessen und folgenden langfristigen Geschäftsbeziehungen einher. Beide Aspekte machen es notwendig, dass Beziehungskompetenz, gute Betreuung, Vertrauen und Ehrlichkeit im gemeinsamen Umgang wichtig werden (vgl. Ginter, Dambacher 2002, S. 57). Die nachgefragten Leistungen sind häufig durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet. Aus diesem Grund spielen tatsächliche Kompetenz, gute Beratung und Erfahrung eine zentrale Rolle. Der hohe Technologie- und Innovationsgrad begründen Merkmale wie Kreativität, Innovativität, Know-how und Leistungsfähigkeit. Dass die Leistungen meist als Leistungspakete gekauft werden, fördert abermals die Relevanz von Intergrationsfähigkeiten und Vielseitigkeit. 4.4.2.2 Status über den Stand der Forschungsarbeiten (Literaturüberblick) Als zweite Stufe der Generierung von potentiellen B2B-Positionierungsinhalten wird ein Status der aktuellen Literatur zusammengetragen. Obwohl der bisherige Umfang an Literatur zur B2B-Markenpositionierung in den Abschnitten 2.2.2 und 2.2.3 als unzureichend kritisiert wurde, sind die Literaturquellen zu potentiellen Positionierungsinhalten im B2B-Kontext mannigfaltig. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zur Ideengenerierung Literaturquellen zu inhaltlich verwandten Themenfelden wie -
Kundennähe bzw. Kundenzufriedenheit im B2B-Kontext (vgl. bspw. Beutin 2003; Homburg 1995; Rudolph 1998; Homburg, Rudolph 1998),
-
Kaufkriterien im B2B-Kaufprozess (vgl. bspw. Engelhardt, Günter 1981; Droege, Backhaus, Weiber 1993; Lehmann, O’Shaughnessy 1974),
-
Segmentierung von B2B-Märkten (vgl. bspw. Bennion 1987; Dibb, Wensley 2002; Kleinaltenkamp 2000; Mudambi 2002) oder
-
Kommunikationsinhalte im B2B-Kontext (vgl. bspw. Lasogga 1998 a, b und c) herangezogen werden.
Den Status der Literatur zu potentiellen B2B-Positionierungsinhalten zeigt eine umfangreiche Tabelle, welche auf 16 Seiten 52 Literaturquellen wiedergibt. Damit der aktuelle Textfluss nicht gestört ist wird die Tabelle im Anhang 1 gezeigt. Allen betrachteten Arbeiten ist gemein, dass sie sich auf den B2B-Kontext beziehen. Die betrachtete Literatur wird nach ihrem Erhebungsdesign in konzeptionelle und empirische Arbeiten, um den unterschiedlichen Grad der Fundiertheit aufzuzeigen, und der
234
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
sprachlichen Herkunft in Deutsch- und Englischsprachige Arbeiten untergliedert (vgl. Tabelle 29). Literatur im B2B-Kontext
Konzeptionelle Arbeiten
Empirische Arbeiten
Deutschsprachig
Teil 1
Teil 3
Englischsprachig
Teil 2
Teil 4
Tabelle 29: Einteilung der betrachteten Literatur zu B2B-Positionierungsinhalten
Als Resumee des Literaturüberblicks lässt sich festhalten: -
Es fällt auf, dass deutsch- und englischsprachige Arbeiten ausgewogen verteilt sind und, dass die Zahl der empirischen Arbeiten erstaunlich hoch ist.
-
Rationale und emotionale Positionierungsinhalte werden sowohl in konzeptionellen als auch in emprischen Arbeiten behandelt. Dabei bleibt die bewußte Unterscheidung zwischen rationalen und emotionalen Aspekten in den meisten Arbeiten ungeachtet; eher zufällig scheinen beiderlei Aspekte in den unabhängigen Variablen vertreten zu sein. Ausnahmen, die bewusst Emotionen im B2B-Bereich analysieren, bilden die Arbeiten von Bauer, Becker (2002), Lasogga (1998 a, b) und Schafmann (2000). Insgesamt ist festzuhalten, dass sowohl für rationale als auch für emotionale Merkmale positive Wirkungen auf den Erfolg der B2B-Marke diagnostiziert werden.
-
Einige konkrete Positionierungsinhalte kehren in dem Literaturüberblick immer wieder. Beispiele für eher rationale Merkmale sind Leistung, Qualität, Preis, Problemlösung, Gesamtlösungen, Innovationen und Schnelligkeit. Emotionale Merkmale sind beispielsweise Vertrauen, Kompetenz, Sicherheit, Beziehungskompetenz, Offenheit und Freundlichkeit (vgl. für ausführliche Ergebnisse Anhang 1 und Tabelle 30).
4.4.2.3 Ideensammlung aus Experteninterviews (Vorstudie) Schließlich umfasst die dritte Stufe Interviews mit 17 Experten aus Industrieunternehmen (vgl. Datenerhebung in Abschnitt 3.1.1). Diese Vorstudie war qualitativ und offen konzipiert, was sich vor allem darin zeigt, dass es keinerlei Vorgaben zu Positionierungsmerkmalen gab. Die Experten wurden allgemein nach Kriterien befragt, welche den B2B-Zielgruppen bei Kaufentscheidungen sehr wichtig sind und wurden gebeten, diese Kriterien hinsichtlich ihrer wahrgenommenen Rationalität bzw. Emotionalität zu bewerten. Obwohl sich die in den Abschnitten 2.1.2 und 2.3.3 erwähnte Schwierigkeit bei der Zuordnung zu Rationalität und Emotionalität zeigte, können die Resultate grob in drei Bereiche gegliedert werden. Die Resultate für eher emotionale relevante Kriterien sind: Vertrauen, Transparenz der Vorgänge, Personal (ein kompetenter Ansprechpartner), Beziehungsmanage-
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
235
ment (Gefühl von „Aufgehoben sein“), entwaffnende Offenheit und Unkompliziertheit, Sicherheit, Umweltbewußtsein, Verantwortung für die Region und schnelle Lösung von Problemen. Als eher rationale relevante Kriterien werden benannt: PreisLeistungs-Verhältnis, Leistung bzw. Problemlösungskompetenz, Technische Kompetenz, Schnelligkeit, Prozessbeherrschung, Innovationsfähigkeit, Service, Flexibilität, angebotene Zusatzleistungen, Stabilität und Risikomanagement. Relevante Kriterien, welche als Mischung zwischen rational und emotional empfunden werden, sind: Versorgungssicherheit, Verantwortung, Seriosität, Professionalität, Internationalität, Fortschritt sowie Bonität. Die Auflistung der Vorstudien-Ergebnisse zeigt, dass auch bei B2B-Marken sehr wohl emotionale Kriterien eine Rolle spielen. Jedoch wird schon auf den ersten Blick deutlich, dass sich die Art der Emotionen stark von denen im B2C-Bereich unterscheidet und sich damit die in den Abschnitt 4.1.2 und 4.2.2 (vgl. Gray 2001) konstatierte Annahme bereits bestätigt. Während im B2C-Bereich emotionale Positionierungskriterien wie Lebenslust, Freude, Spaß, Sport, Wellness, Aussehen, Trends, Luxus oder Vergnügen etc. vorherrschen, sind im B2B-Bereich eher emotionale Inhalte wie Sicherheit, Vertrauen, Offenheit, Transparenz etc. gefordert. 4.4.2.4 Zusammenfassung und Auswahl erfolgsversprechender Positionierungsinhalte bei B2B-Marken In den drei vorgestellten Stufen wurden zahlreiche Ideen für Positionierungsinhalte gewonnen, welche nunmehr in Tabelle 30 gegenübergestellt und verglichen werden. Als Essenz des Vergleichs ist eine Liste mit 63 potentiell relevanten Positionierungsinhalten für Business-to-Business-Marken entstanden, welche in der rechten Spalte von Tabelle 30 wiedergegeben ist. Ausgewählt wurden diejenigen Kriterien, denen vor dem Hintergrund des dreistufigen Prozesses eine zentrale Bedeutung zukam. Bei der Auswahl der Kriterien wurde auf eine Gleichverteilung eher als rational und eher als emotional eingeordneter Positionierungsinhalte geachtet. Diese Liste dient für die folgende empirische Studie als Grundlage (vgl. Abschnitt 4.4.3).
236
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Abschnitt 4.4.2.1
Abschnitt 4.4.2.2
Abschnitt 4.4.2.3
Resultat
Vorschläge auf Basis der B2B-Besonderheiten
Konkretisierungen aus der B2B-Literaturübersicht
Ergebnisse der Expertengespräche
Liste mit B2BPositionierungsinhalten Schnell sein Flexibel sein Da läuft alles „rund“
Begründung Derivativer Bedarf, Hohe Bedeutung der Distribution (laufende Produktion), Hohe Individualisierung
Leistungskomplexität, hohe Unsicherheit
Hoher Preisdruck, Hohe Investitionsvolumen, relative Markttransparenz, betrieblicher Bedarf, formalisierter Beschaffungsprozess, Konsequenzen bei Fehlentscheidungen, technische gleichwertige Leistungen Markttransparenz, Derivativer Bedarf (schlechte Qualität strahlt auf eigenes Image aus), Betrieblicher Bedarf, rationaler bzw. formalisierter Beschaffungsprozess, Konsequenzen bei Fehlentscheidungen Leistungskomplexität, Leistungsbündel, hohe Individualisierung, hohe Technologieanforderungen, betrieblicher Bedarf, rationale bzw. formalisierter Beschaffungsprozess, Konsequenzen bei Fehlern, hohe Unsicherheit Leistungskomplexität, Leistungsbündel, hohe Individualisierung, hohe Technologieanforderungen, betrieblicher Bedarf, formalisierter Beschaffungsprozess, Konsequenzen bei Fehlern, hohe Unsicherheit
Merkmale Schnelligkeit, Flexibilität
Einfachheit, Bequemlichkeit bzw. Komfort Preis
Konzeptionell
Empirisch
Zeit, Flexibilität, Schnelligkeit, Anpassungskompetenz, Mobilität, Serviceflexibilität, Lieferflexibilität, Flexibilität im Umgang mit den Kunden, Just-in-Time, Beweglichkeit, Dynamik, Lieferschnelligkeit, Zeitersparnis Weniger Einzelteile, rechtzeitige Selbstdiagnose, einfache Austauschbarkeit, Vereinfachung, Bequemlichkeit
Flexibilität des Lieferanten, kurze Lieferzeit, Schnelligkeit der Projektierung, dynamisch, Produktionsflexibilität, Anpassungsflexibilität, Just in Time
schnelle Lösung der Probleme, Schnelligkeit, Flexibilität, keine Bürokratie
Einfachheit des Bestellvorgangs, Leichtigkeit der Benutzung, Bedienungsfreundlichkeit, Leichtigkeit der Wartung Preis, Akquisitionskosten, Betriebskosten, Finanzierungsbedingungen, PreisLeistungs-Verhältnis, Inzahlungsnahme alter Maschinen, Finanzierungsangebote, frühe Preisabschläge, Festpreisverträge, preisliche Flexibilität, wettbewerbsfähiger Preis, niedriger Einstiegspreis Produkt-, Maschinenqualität, Servicequalität, Qualität, Güte des Servicenetzes, Management Qualitätsimage, Null-Fehler, Qualitätskontrolle, qualitativ hochwertige Mitarbeiter
Unkompliziertheit, Einfachheit der Anwendung
Einfach bzw. unkompliziert sein
PreisLeistungskompetenz
Über den Preis verhandeln Ausgewogenes PreisLeistungsVerhältnis bieten
Qualität
Qualität mit Zertifikaten belegen Gute Qualität liefern Hochwertig sein
Preis, Kosten, Anschaffungskosten, Life-CycleCosts, Preis-LeistungsVerhältnis, Zahlungsbedingungen, Verkaufsaktionen, Preishöhe, Rabatte,
Qualität
Qualität, Produktqualität, Leistungsergebnisqualität, Prozessqualität, Total Quality Management (Zertifikate), NullFehlerquote, Dienstleistungsqualität, Qualität der Beratung, Qualitätsprinzipien, Verarbeitung, Hochwertigkeit
Kompetenz, Wissen, Knowhow (Spezialist vs. Generalist)
Technologische Führerschaft, Know-how zu spezifischen Abnehmerbranchen, Qualifikation der Mitarbeiter, technische Kompetenz, Produktkompetenz, Systemkompetenz, Wissen der Mitarbeiter, Einbezug von Spezialisten, Referenzkunden, Exzellenz, kompetente Antworten
Kompetenz (des Beratungspersonals, der Techniker), Spezialwissen, technische Unterstützung, technologische Kompetenz, technologische Führerschaft, zuverlässige HighTech
technisches Wissen, Professionalität, „Mitdenken“ des Mitarbeiters
Technisches Know-how Professionell sein Branche kennen Tiefes Spezialwissen haben
Leistungsfähigkeit, Funktionalität
Aktuelles und zukünftiges Potential, personelle und wirtschaftliche Gesamtkraft, Problemlösung, Leistungsfähigkeit für Rationalisierungspotentiale, Leadership, spezifische Leistungen, größere Genauigkeit, Funktionalität, Steigerung der Produktfeatures, Produktivität der Abläufe, Kraft, Durchsetzungsvermögen
Fähigkeiten des Anbieters, technische Eigenschaften der Leistung, Leistungsfähigkeit, technische Leistung, Hilfe im Notfall, Präzision
Zur Effizienz verdammt, Leistung, echte Problemlösungskompetenz, Problem-lösungsbereitschaft, – fähigkeit, Prozessbeherrschung
Konkrete Probleme tatsächlich lösen können „Alles hinkriegen“
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
237
Abschnitt 4.4.2.1
Abschnitt 4.4.2.2
Abschnitt 4.4.2.3
Resultat
Vorschläge auf Basis der B2B-Besonderheiten
Konkretisierungen aus der B2B-Literaturübersicht
Ergebnisse der Expertengespräche
Liste mit B2BPositionierungsinhalten Lange Tradition vorweisen Erfahrung haben Regelmäßig Kontakt halten Eine (einzelne) Person kümmert sich Durchgehend erreichbar sein
Begründung Hohe Unsicherheit
Merkmale Tradition
Hoher Individualisierungsgrad, Bedeutung des direkten Vertriebs, Bedeutung von Dienstleistungen, Multipersonalität, hoher Informationsbedarf, langfristige Geschäftsbeziehungen
Kundenorientierung
Langfristige Geschäftsbeziehungen, Bedeutung des direkten Vertriebs, hohe Unsicherheit, Buying Center, Beziehung/ Partnerschaft, Eintritt neuer Wettbewerber, zunehmende Entfernung von Abnehmer und Nachfrager Direkter Vertrieb, hohe Unsicherheit
Persönliche Beziehung, Partnerschaft
Letztendlich entscheiden Menschen, direkter Vertrieb, Langfristige Geschäftsbeziehungen
Spaß, Humor
Hoher Individualisierungsgrad, direkter Vertrieb, hohe Unsicherheit, Buying Center, hoher Informationsbedarf, Langfristigkeit von Geschäftsbeziehungen, Leistungskomplexität und Erklärungsbedürftigkeit, rationaler und formalisierter Beschaffungsprozess
Offenheit, Informationsaustausch
Konzeptionell
Empirisch
Langjährige Erfahrung, Alter des Unternehmens
Benennung von Referenzmaschinen, Referenzen, Tradition, jahrelange Erfahrung
Erfahrungen, Referenzen
Kundennähe, Kundenkompetenz, applikationsund kundenfreundlicher Service, Kundenbeziehungsmanagement, Freundlichkeit, Reklamationsabwicklung, Schnelle zeitliche Verfügbarkeit, Menschlichkeit, Wohlbefinden, Telefonate und Besuche, kurze und freundliche Sprechweise Beziehungskompetenz, persönliche Beziehung, Kundenkontakt von nicht im Verkauf tätigen Personen, tiefe Kundenbeziehung, Partnerschaft (lichkeit), Freundschaft, Betreuung, Kundenkontakt, Lieferbeziehung, regelmäßige Besuche, Bindung, Interesse zeigen, gemeinsam Zukunft planen
Kundenfreundlichkeit des Personals, kundenorientiert, Beschwerdemanagement, Erhältlichkeit, Verständnis für Bedürfnisse
Ein kompetenter Ansprechpartner, Kundenorientierung, persönliche Erreichbarkeit
Beziehungsnutzen (Kern- und Zusatznutzen), Commitement des Lieferanten, Zusammenarbeit, gute Erfahrungen mit Lieferanten, Erfahrung mit dem Service
Beziehungsmanagement, „Aufgehoben sein“, „Wohlfühlen“, echte Betreuer
Partnerschaft aufbauen Sich einfühlen Ernst nehmen
Keine Arroganz oder Überheblichkeit der Mitarbeiter
Auf dem Boden geblieben Freundlich sein Immer was zu lachen haben Freude an der Arbeit haben
Offene Kommunikation (der Vertriebsmitarbeiter), entwaffnende Offenheit, kein Taktieren, Wissen vermitteln, Informationen vermitteln
Vielfältige Informationen haben „Immer auf dem Laufenden“ sein Ganz offen miteinander umgehen
Bodenständigkeit
Offenheit, offene Gespräche, Aufgeschlossenheit, Offenheit im Informationsverhalten, Offenheit gegenüber Anregungen von Kundenseite, (Sofortiger) Datenabruf und Auswertbarkeit, hohe Datenintegration, einfache Datenkonfiguration, Informationsmaterial, Frühwarndienst bei Veränderungen, TelefonAuskünfte, Direct-MailAktionen, Material für interne Ausbildungszwecke
Produktbezogene Informationen, Kommunikation mit internen Mitarbeitern, Informiertheit über Leistungen, Dokumentation
238
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Abschnitt 4.4.2.1
Abschnitt 4.4.2.2
Abschnitt 4.4.2.3
Resultat
Vorschläge auf Basis der B2B-Besonderheiten
Konkretisierungen aus der B2B-Literaturübersicht
Ergebnisse der Expertengespräche
Liste mit B2BPositionierungsinhalten Bei Problemen „da sein“ Echte Ratschläge geben Mitdenken
Begründung Langfristigkeit von Geschäftsbeziehungen, Leistungskomplexität, Individualisierung, Unsicherheit, Bedeutung von Dienstleistungen, hohe Bedeutung der laufenden Produktion
Merkmale Hilfsbereitschaft, „Da sein“
Konzeptionell
Empirisch
Personelle Aushilfe, Unterstützung bei Problemen, Telefonberatung bei akuten Projekten, Außendienstpräsenz, Empfehlungen geben, bei Problemen „Wir“-Sprache verwenden, Probleme sofort aufgreifen
Ferndiagnose per Telefon
Politische Verkaufsunterstützung, Ratschläge geben, schnelle Hilfe bei Problemen
Leistungskomplexität, betrieblicher Bedarf, hohe Investitionsvolumen, hohe Unsicherheit, Bedeutung der Distribution, rationaler und formalisierter Beschaffungsprozess, langfristige Geschäftsbeziehungen, Konsequenzen bei Fehlentscheidungen Leistungsbündel, hohe Individualisierung, Buying Center, Heterogenität der Branchen
Sicherheit
Sicherheit, Solidität, Konstanz, Kontinuität, Zukunftssicherheit, Sicherheitsfeatures des Produktes, Garantie, Produkthaftung, rücknahme, Mobilitätsgarantie, Risikoreduktion, Testmöglichkeit, Kompetenzzentrum
Finanzielle Stabilität des Anbieters, Solidität, Beständigkeit, Zukunftssicherheit (des Anbieters), Konsistenz der Leistungen über die Zeit hinweg; Leistung testen
Sicherheit, Versorgungssicherheit, Bonität, „Unsicherheitsreduktion“, Stabilität, Risikomanagement, „Aufgehoben sein“, Seriosität
Stets ehrlich sein „Gut aufgehoben“ sein Seriös sein
Vielseitigkeit
Durchgängigkeit bei der Produktpalette, umfassende Produktpalette
Fähigkeit Zusatzleistungen anzubieten, „Alles aus einer Hand“
Vielseitig sein „Alles aus einer Hand“ bieten
Hohe Internationalität der B2B Branche, zunehmende Entfernung von Anbieter und Nachfrager Leistungskomplexität, hohe Individualisierung, hohe Technologie
Internationalität, Regionalität
Gesamtlösungen aus einer Hand, Leistungsumfang, Leistungsbreite, umfassendes Leistungsspektrum, Serviceleistungen vorschlagen Weltweite Präsenz, Standort
Internationaler Erfolg, Verantwortung für die bzw. Unterstützung der Region
Direkt vor Ort sein International sein
Innovativität, Mut haben
Innovationskompetenz, Innovation, Experimentierfreude, neue Ideen
Bedeutung für die Region, Internationale Präsenz, Marktpräsenz, globale Perspektive, Abdeckung des Weltmarktes Innovativität, Innovationsstärke, Investitionen in F&E, Innovative Servicekonzepte, Innovative Marketingkonzepte, eigene F&E
Konstanz im Fortschritt, Innovationsfähigkeit, ÖkoInnovationen
Leistungskomplexität, Leistungsbündel, direkter Vertrieb, Multipersonalität, Langfristigkeit von Geschäftsbeziehungen
Integrativität
Kompatibilität
Integrierte Lösungen, Integrationsfähigkeit
Direkter Vertrieb, Investitionsvolumen, Unsicherheit, hoher Informationsbedarf, langfristige Geschäftsbeziehungen, Konsequenzen bei Fehlentscheidungen
Glaubwürdigkeit, Transparenz
Vernetzungskompetenz, (elektronische) Integrierbarkeit der Leistung, gemeinsame Entwicklung von Neuheiten (mit Kunden), Normgerechtigkeit von Anlagen, Kooperative Werbung, soziale Integration, Konsonanz Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Stimmigkeit, Berechenbarkeit, Verständlichkeit (z.B. Rechnungen), Beschriftung
Spaß am Experimentieren haben Kreativ sein Immer „einen Schritt voraus“ sein Alle Aspekte vernetzen Andere gut einbeziehen können Einen umfassenden Blick haben
Nachvollziehbarkeit der Tarife bzw. Preise
Transparenz der Vorgänge, Vertrauen, nicht taktieren, Stimmige Abrechnungskompetenz (Rechnung), Verständlichkeit, Transparenz, Beständigkeit
Strukturiert sein Dinge verständlich aufbereiten Transparent sein
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
239
Abschnitt 4.4.2.1
Abschnitt 4.4.2.2
Abschnitt 4.4.2.3
Resultat
Vorschläge auf Basis der B2B-Besonderheiten
Konkretisierungen aus der B2B-Literaturübersicht
Ergebnisse der Expertengespräche
Liste mit B2BPositionierungsinhalten Fair sein
Begründung Multipersonalität, Langfristige Geschäftsbeziehungen Derivativer Bedarf, betrieblicher Bedarf, hohe Investitionsvolumen, hohe Unsicherheit, Bedeutung der Distribution, langfristige Geschäftsbeziehungen, Konsequenzen bei Fehlern Hohe Unsicherheit, Bedeutung der Distribution, Derivativer Bedarf
Merkmale Gerechtigkeit, Fairness
Konzeptionell
Empirisch
Fairness
Fairness
Zuverlässigkeit des Produktes, Zuverlässigkeit bei allgemeinen Terminen und Lieferterminen
Zuverlässigkeit
Verlässlichkeit, Produktzuverlässigkeit, Planungszuverlässigkeit, Betriebszuverlässigkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Haltbarkeit, Lieferzuverlässigkeit, Zusagen einhalten
Verantwortungsvoll, Umwelt, Gesundheit
Gemeinsame Verantwortung, Verantwortung übernehmen, Umweltverträglichkeit
Direkter Vertrieb, hohe Unsicherheit
Gesamtauftritt, Aussehen
Corporate Identity, Corporate Design, Design (von Anlagen), Ästhetik, Präsenz auf dem Markt
Werbung, Kommunikation der internen Mitarbeiter, Maschinendesign, Vertriebsmitarbeiter, Auftragsbearbeitung und Prozesse, Design
Leistungskomplexität, betrieblicher Bedarf, hohe Investitionsvolumen, hohe Unsicherheit, Bedeutung der Distribution, Konsequenzen bei Fehlern, neue Wettbewerber, zunehmende Entfernung Leistungskomplexität, hohe Individualisierung, hohe Technologieanforderungen
Reputation, Vertauenswürdigkeit, Prestige, Ansehen
Vertrauen, Reputation, Image bzw. Ruf des Herstellers, Bekanntheit, Unternehmensgröße, Prestige, Ansehen, Status, Seriosität, Vertrauenswürdigkeit
Individualisierung
Individualisierung, Individuelle Bedürfnisbefriedigung, Freiheit
Vertrauen, vertrauenswürdig, Reputation des Anbieters, Erfolg, allgemeiner Ruf des Anbieters, Vertrauen gegenüber dem Verkäufer, Vertrautheit, vertrauenswürdiger Firmenname, Größe des Unternehmens, Image, WeltklasseReputation Anpassungsfähigkeit an Abnehmerbedürfnisse, Eingehen auf Kundenwünsche, Individualisierung
Kleine Zahl potentieller Nachfrager, technisch gleichwertige Leistungen
Lebendigkeit, Eigeninitiative
Spontane Anrufe
Versprechen halten (Fulfillment), Pünktlichkeit
Sicher planen können Sichere Versorgung Versprechen halten
Verantwortung für die Region (Arbeitsplätze), Umwelt, ÖkoInnovationen
Verantwortung für sein Umfeld übernehmen Gesundheitliche Aspekte beachten Umweltvertr äglichkeit bzw. -schutz beachten Sympathisch sein Gut aussehen bzw. gutes Design haben
Sympathie der Mitarbeiter, Gebäudegestaltung, Erscheinungsbild, Strukturierter Gesamtauftritt, geschlossenes Bild Vertrauen, Börsengang, überzeugend
Engagement des Mitarbeiters, Proaktivität, eigene Meinung vertreten
Ansehen bzw. Prestige haben
Individuell „maßschneidern“ Wünsche „von den Augen ablesen“ Selbst Initiative ergreifen Mit „Leidenschaft“ dabei sein
Tabelle 30: Gegenüberstellung von B2B-Positionierungsinhalten abgeleitet aus B2BBesonderheiten, aus dem Status der Literatur und Experteninterviews (eigene Darstellung)
240
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Interessant an der aggregierten Liste mit potentiellen B2B-Positionierungsinhalten ist, dass viele Merkmale wiederholt in allen drei Erhebungsstufen aufzufinden sind. Die mehrmalige Erwähnung in allen Stufen spricht für eine hohe Relevanz, aber auch für eine bereits hohe Verbreitung der Positionierungsmerkmale. Interessant sind auch gerade diejenigen potentiellen B2B-Positionierungsinhalte, welche nur auf einer oder auf wenigen Stufe in Erscheinung treten. Dies eröffnet durchaus die Chance, dass es sich um ein neues, d.h. bislang nicht verbreitetes, aber möglicherweise erfolgsversprechendes Positionierungsmerkmal für B2B-Marken handelt. In Expertengesprächen wurde mehrfach die Bodenständigkeit von Mitarbeitern des anbietenden Unternehmens als wichtig erachtet, was in der Literatur nirgendwo betrachtet wird. Aufgrund der B2B-Besonderheiten wird oftmals vergessen, dass auch industrielle Entscheidungen von Menschen getroffen werden. Insbesondere aufgrund des persönlichen Vertriebs können zwischenmenschliche Aspekte wie Freude bei der Arbeit eine B2B-Marke positiv hervorheben. Schließlich wurden B2B-Positionierungsinhalte in Expertengesprächen und in konzeptionellen Arbeiten erwähnt, welche jedoch bislang nicht oder kaum empirisch bestätigt wurden, wie Integrativität, Fairness, Verantwortung oder Eigeninitiative. 4.4.3 Empirische Analyse zu relevanten B2B-Positionierungsinhalten Die empirische Analyse zu relevanten B2B-Positionierungsinhalten erfolgt in einem zweistufigen Prozess (vgl. Vorgehen in Abschnitt 4.3.3). In der ersten Stufe liegt der Fokus ausschließlich auf der Erfassung der Positionierungsinhalte im B2B-Bereich, welche in den vorangegangenen Abschnitten erarbeitet wurden (vgl. Abschnitt 4.4.3.1). Die zweite Stufe betrachtet neben den Positionierungsinhalten zusätzlich den in Abschnitt 4.3 definierten Positionierungserfolg. Um die Relevanz der potentiellen Positionierungsinhalte für B2B-Marken zu ermitteln, wird ihre Wirkung auf den Positionierungserfolg überprüft (vgl. Abschnitt 4.4.3.2). 4.4.3.1 Erfassung von B2B-Positionierungsinhalten 4.4.3.1.1 Operationalisierung der B2B-Positionierungsinhalte Die Auswahl der betrachteten B2B-Positionierungsinhalte erfolgte bereits in Abschnitt 4.4.2.4 (vgl. Tabelle 30). Hier wird nun kurz auf die konkrete Operationalisierung der einzelnen Inhalte eingegangen. Soweit dies möglich war, erfolgte die konkrete Formulierung der einzelnen Indikatoren vorrangig in Anlehnung an die bearbeitete Literatur oder in Anlehnung an Redewendungen aus den Experteninterviews.
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken Eher rationale B2B-Positionierungsinhalte Indikator
Formulierung
Eher emotionale B2B-Positionierungsinhalte Indikator
X19 X20 X21 X22 X25 X26 X28 X29 X30 X31
Ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis Die halten regelmäßigen Kontakt Die sind flexibel Die sind schnell Mit denen kann man über den Preis verhandeln Die liefern sehr gute Qualität Deren Qualität ist mit Zertifikaten belegt Die sind sehr professionell Die verfügen über technisches Know-how Die kennen unsere Branche
X23 X24 X27 X35 X39 X40 X41 X43 X44 X45
X32
Die verfügen über tiefes Spezialwissen
X47
X33
Da bekommt man „alles aus einer Hand“
X48
X34
Die sind vielseitig
X49
X36 X37 X38 X42 X46 X51 X52 X53 X54 X59 X60 X64 X65 X68 X69 X70 X71 X75
Die können meine konkreten Probleme tatsächlich lösen Die blicken auf eine „lange Tradition“ zurück Die haben Erfahrungen Es ist durchgehend jemand erreichbar Die geben mir echte Ratschläge Die sind „immer auf dem Laufenden“ Es werden vielfältige Informationen ausgetauscht Da ist alles völlig transparent Alles ist sehr verständlich aufbereitet Mit denen kann man sicher planen Mit denen ist die Versorgung sicher Die sind international Die sind direkt vor Ort Die sind anderen regelmäßig „einen Schritt voraus“ Die haben einen umfassenden Blick Die integrieren alles Die können andere gut einbeziehen Die sind strukturiert
241
X50 X55 X56 X57 X58 X61
Formulierung Alles ist einfach bzw. unkompliziert Da läuft alles „rund“ Da ist alles hochwertig Mit ihrem Fleiß „kriegen die alles hin“ Die sind äußerst freundlich Die „denken mit“ Die nehmen mich ernst Eine (einzelne) Person kümmert sich um mich Bei Problemen sind sie „da“ Die fühlen sich in meine Situation ein Die lesen mir meine Wünsche „von den Augen ab“ Alles wird individuell für mich „maßgeschneidert“ Mit denen kann man ein partnerschaftliches bis freundschaftliches Verhältnis aufbauen Die sind bereit, ganz offen miteinander umzugehen Die sind absolut fair Die sind absolut seriös Die stehen für Ansehen bzw. Prestige Bei denen ist man „gut aufgehoben“ Die halten stets, was sie versprechen
X62
Die sind stets ehrlich
X63 X66 X67 X72 X73 X74
Die übernehmen Verantwortung für ihr Umfeld Die haben viele kreative Ideen Experimentieren macht denen Spaß Die sind „auf dem Boden geblieben“ Die haben Freude an der Arbeit Mit denen gibt es immer was zu lachen
X76
Die sind sympathisch
X77 X78 X79 X80 X81
Alles sieht gut aus bzw. hat tolles Design Die achten auf gesundheitliche Aspekte Umweltverträglichkeit werden beachtet Die sind mit „Leidenschaft“ dabei Die ergreifen selbst die Initiative
Tabelle 31: Formulierung der rationalen und emotionalen B2B-Positionierungsinhalte
242
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Der Fokus dieser Arbeit auf das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität (vgl. Abschnitte 1.2, 2.1.2 und 4.2) hat zur Folge, dass einzelne Indikatoren bereits im Vorfeld der empirischen Analyse als eher rational oder eher emotional eingestuft wurden (vgl. ähnliches Vorgehensweise bei Shaw, Giglierano, Kallis291 1989, S. 47 und Burke, Edell 1989, S. 73 f). Auch diese Einteilung basiert auf Kategorisierungen aus der Literatur und den vorgeschalteten Experteninterviews. Es wurde darauf geachtet, dass rationale und emotionale Indikatoren in der Auswahl gleich stark vertreten sind (vgl. auch Abschnitt 4.4.2.4). Tabelle 31 zeigt die Zuordnung und die Formulierung der rationalen und emotionalen Indikatoren zu den B2B-Positionierungsinhalten. 4.4.3.1.2 Messung von potentiellen B2B-Positionierungsinhalten Zur konkreten Erfassung von potentiellen B2B-Positionierungsinhalten im Rahmen einer empirischen Studie gibt es drei Möglichkeiten: die Messung über einzelne Indikatoren, die Messung über gemischte Faktoren aus rationalen und emotionalen Indikatoren und die Messung über rein rationale und rein emotionale Faktoren. Die Zusammenfassung von einzelnen Indikatoren zu übergeordeten Faktoren erfolgt mittels exploratorischer Faktorenanalyse und stellt eine häufig eingesetzte Vorgehensweise im Bereich von Kaufkriterien oder Positionierungsinhalten dar292. In der vorliegenden Arbeit werden rein rationale und rein emotionale Faktoren zu den Positionierungsinhalten gebildet. Dieser Weg wird gewählt, um die Wirkung rationaler Inhalte und emotionaler Inhalte auf den Positionierungserfolg getrennt voneinander untersuchen und vergleichen zu können (vgl. Forschungsfrage 4 in Abschnitt 1.2; vgl. auch Kobes 1993). Weinberg unterscheidet die drei Reizarten emotional, gedanklich (rational) und physisch und äußert sich hinsichtlich ihrer Wirkungsweise im B2B-Bereich folgendermaßen: „Wer wissen will, wie stark eine Anzeige aktiviert, sollte diese Reizarten getrennt analysieren“ (vgl. Kobes 1993, S. 23 f.). Die Befragten wurden gebeten, die Wichtigkeit der aufgelisteten Kaufkriterien mit Hilfe einer 5-Punkte-Likert-Skala zu bewerten (vgl. Vorgehensweise bspw. bei Dibb, Wensley 2002, S. 239). Auf dieser Datenbasis erfolgt die Analyse. 291
292
Shaw, Giglierano und Kallis (1998, S. 50) testeten Merkmale der B2B-Kaufentscheidung auf ihre Relevanz. Vor Einsatz einer exploratorischen Faktorenanalyse wurden diese Indikatoren als psychisch oder physisch eingeteilt und anschließend alle in eine Analyse eingebracht. Ein ermittelter Faktor enthält sowohl psychische als auch physische Elemente. Vergleiche auch Burke, Edell (1989, S. 73 f.). Vergleiche eine entsprechende Vorgehensweise im B2C-Bereich bei J. Aaker (1997, S. 350 ff.: brand personality dimensions mit Faktoren und Unterfacetten), Burke, Edell (1989, S. 73 f.: feelings scale vs. judgement scale) und speziell im B2B-Bereich vergleiche Doyle, Saunders (1985, S. 28: purchasing criteria), Bennion (1987, S. 11 f.: product variables, factor importance), Dibb, Wensley (2002: B2B-Kaufkriterien und Faktoren) sowie Kleinaltenkamp (2000, S. 212 f.: Zuordnung von Kriterien zu Beurteilungsfaktoren).
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken Rationale Faktoren
Indikator
RF1 Integration
x70 x69 x71 x54
RF2 Informationsfülle
x51 x52 x32
RF3 Erfahrung
x34 x37 x64 x28
RF4 Ratschläge
x38 x22 x36
Die integrieren alles. Die haben einen umfassenden Blick. Die können andere gut einbeziehen. Alles ist sehr verständlich aufbereitet. Die sind „immer auf dem Laufenden“. Es werden vielfältige Informationen ausgetauscht. Die verfügen über tiefes Spezialwissen. Die sind vielseitig. Die blicken auf eine lange Tradition zurück. Die sind international. Deren Qualität ist mit Zertifikaten belegt. Die haben Erfahrung. Die sind schnell. Die können meine konkreten Probleme tatsächlich lösen. Die geben mir echte Ratschläge. Mit denen kann man über den Preis verhandeln.
x46 RF5 x25 Preisverhandlung Durch die Faktoren erklärte Varianz
Faktor 1 0,901 0,888
243
Faktorladungen (nach schiefwinkliger Rotation) Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4
Faktor 5
0,817 0,608 0,817 0,781 0,715 0,598 0,846 0,632 0,590 0,536 0,806 0,644 0,541 0,854
19,12%
17,39%
12,02%
10,49%
8,65%
Tabelle 32: Resultate der exploratorischen Faktorenanalyse zu rationalen Indikatoren der B2BPositionierungsinhalte Emotionale Faktoren
Indikator
EF1 Zuverlässig
x62 x56 x61
Die sind stets ehrlich. Die sind absolut seriös. Die halten stets, was sie versprechen. x50 Die sind bereit, ganz offen miteinander umzugehen. x43 Eine (einzelne) Person kümmert sich um mich. EF2 x73 Die haben Freude an der ArBodenbeit. ständigkeit x72 Die sind „auf dem Boden geblieben“. x67 Experimentieren macht denen Spaß. EF3 x78 Die achten auf gesundheitliche Soziale Aspekte. Verantworx47 Die lesen mir meine Wünsche tung „von den Augen ab“. x79 Umweltverträglichkeit wird beachtet. x45 Die fühlen sich in meine Situation ein. EF4 x74 Mit denen gibt es immer was zu Ausstrahlachen. lung x57 Die stehen für Ansehen bzw. Prestige. x77 Alles sieht gut aus bzw. hat ein tolles Design. EF5 x27 Da ist alles hochwertig. Da sein x44 Bei Problemen sind sie „da“. EF6 x23 Alles ist einfach bzw. unkompliEinfach ziert. x24 Da läuft alles „rund“. Durch die Faktoren erklärte Varianz
Faktor 1 0,913 0,853 0,838
Faktorladungen (nach schiefwinkliger Rotation) Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5
Faktor 6
0,793 0,667 0,835 0,829 0,705 0,790 0,639 0,630 0,599 0,807 0,736 0,673 0,804 0,752 0,858
20,94%
11,83%
11,29%
10,94%
8,48%
0,857 8,33%
Tabelle 33: Resultate der exploratorischen Faktorenanalyse zu emotionalen Indikatoren der B2B-Positionierungsinhalte
244
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Um rein rationale und rein emotionale Faktoren zu erfassen, werden zwei getrennte exploratorische Faktorenanalysen für die beiden in Abschnitt 4.4.3.1.1 vorgestellten Indikatorengruppen durchgeführt. Dabei werden diejenigen Indikatoren, welche keine Ladung auf einen Faktor oder Kreuzladungen aufweisen, eliminiert (vgl. Abschnitt 3.2.1). Entsprechend der Methodik in Abschnitt 4.3.3.2 wird die exploratorische Faktorenanalyse unter Anwendung der Hauptkomponenten-Methode und der VarimaxRotation mit Kaiser-Kriterium ausgeführt, wobei der Schwellenwert der Faktorladung auf 0,5 fixiert ist. Wegen Leer- oder Kreuzladungen mussten von den anfänglichen 31 rationalen Indikatoren zu B2B-Positionierungsinhalten 15 und von den anfänglichen 32 emotionalen Inhalten 13 eliminiert werden. Damit bleiben 16 rationale und 19 emotionale Indikatoren bestehen, welche sich zu fünf rationalen und sechs emotionalen Faktoren verdichten lassen (vgl. zu rationalen Faktoren Tabelle 32 und zu emotionalen Faktoren Tabelle 33). Die rationalen Indikatoren erklären 67,63% der Gesamtvarianz und die emotionalen Indikatoren 71,80% der Gesamtvarianz293. Im Anschluss an die beiden exploratorischen Faktorenanalysen werden die ermittelten einzelnen Faktoren weiteren Analysen unterzogen: separate Reliablitätsanalyse, exploratische und konfirmatorische Faktorenanalyse (vgl. Abschnitt 3.2.1). Auf jeder Stufe kann die Elimination weiterer Indikatoren notwendig werden. Bezüglich der rationalen Indikatoren ist aufgrund einer geringen Item-to-Total Korrelation die Elimination von x54, x64 und x28 und aufgrund eines geringen R2 im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse die Elimination von x37, x22 und x36 notwendig. Bei den emotionalen Indikatoren müssen aufgrund der Item-to-Total Korrelation x43, x47 und x45, sowie aufgrund des R2 die Indikatoren x67, x27 und x24 entfernt werden. Nach Elimination der Indikatoren wurden die relevanten Gütekriterien für die einzelnen Konstrukte erneut berechnet und in Tabelle 34 und Tabelle 35 zusammengestellt. Für die rationalen Faktoren liegen das Cronbachsche Alpha, die Item-to-TotalKorrelation und die durchschnittlich erklärte Varianz eindeutig über den geforderten Grenzwerten. Auch die lokalen Gütekriterien im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse (z.B. R2, t-Wert) liegen allesamt über den Grenzwerten. Lediglich bei den globalen Gütekriterien erreichen die Relation F2/df und der RMSEA nicht die vorgegebenen Grenzen. Da jedoch die restlichen Gütemaße wie GFI, AGFI, NFI und CFI als sehr gut zu bezeichnen sind, wird das Modell insgesamt akzeptiert (vgl. auch Diskussion über globale Gütekriterien in den Abschnitten 3.2.1 und 4.3.3.2).
293
Die jeweils durch die Faktoren erklärte Varianz kann auch als Kriterium für die Bedeutung der Faktoren für die befragten Individuen herangezogen werden (vgl. Bennion 1987, S. 12).
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
245
Rationale Faktoren zu B2B-Positionierungsinhalten Globale Anpassungskriterien der simultanen konfirmatorischen Faktorenanalyse 2
143,27 28 5.116785714 0,00000 0,150
F Freiheitsgrade (df) 2 F /df p-Wert RMSEA
GFI AGFI NFI CFI
0,98 0,96 0,97 0,99
Detaillierte Gütekriterien für die separate exploratorische Faktoren- und Reliabilitätsanalyse, sowie die simultane konfirmatorische Faktorenanalyse Faktor
RF1 Integr ation
Indikator
x70 x69
EFA Durch den Faktor erklärte Varianz
Indikatorreliablität 2 (R )
t-Wert der Faktorladung
0,80 0,70
15,10 15,16
0,715
0,74
14,84
-
-
-
0,52
10,71
0,690
0,63
12,82
0,609
0,45
12,17
0,553
0,44
11,17
-
-
-
-
-
-
-
-
Korrigierte Item-toTotalKorrelation
0,896
0,845 0,836
Durchschnittlich erfasste Varianz
0,75
0,8068
0,51
-
-
-
-
x25 RF5 ) ) ) 1,00 ) 20,05 Preisverhandlung EFA = exploratorische Faktorenanalyse, KFA = konfirmatorische Faktorenanalyse; Rel = Reliabilitätsanalyse 1 ) Keine Ergebnisse für Konstrukte mit nur einem Indikator möglich. 2 2 ) R wurde für x38, x46 und x25 wegen dem Ein-Indikator-Fall auf Null gesetzt.
-
x71
RF2 Informationsfü lle
x51 x52
x32 x34 RF3 Erfahrung
x37
x64 x28
x38 RF4 Ratsc hläge
x22 x36
x46
Die blicken auf eine lange Tradition zurück. Die sind international. Deren Qualität ist mit Zertifikaten belegt. Die haben Erfahrung. Die sind schnell. Die können meine konkreten Probleme tatsächlich lösen. Die geben mir echte Ratschläge. Mit denen kann man über den Preis verhandeln.
0,800
1
)
0,618
-
82,98%
KFA Faktorreliablität
0,8972
x54
Die integrieren alles. Die haben einen umfassenden Blick. Die können andere gut einbeziehen. Alles ist sehr verständlich aufbereitet. Die sind „immer auf dem Laufenden“. Es werden vielfältige Informationen ausgetauscht. Die verfügen über tiefes Spezialwissen. Die sind vielseitig.
Rel Cronbac hsches Alpha (standardisiert)
62,99%
1
)
1
2
)
1
)
-
1
)
1
1
18,79
-
2
)
1
1,00 )
1,00 ) 1
2
14,71
Tabelle 34: Gütekriterien der einzelnen rationalen Faktoren zu den B2B-Positionierungsinhalten
Bei den emotionalen Faktoren sind die Werte für das Cronbachsche Alpha, die Item-to-Total-Korrelation und die durchschnittlich erklärte Varianz ebenfalls sehr gut. Auch die lokalen Gütekriterien der konfirmatorischen Faktorenanalyse liegen deutlich über den geforderten Maßen; bis auf die durchschnittlich erfasste Varianz für den Faktor EF4. Da dieser Wert mit 0,48 die Grenze von 0,5 jedoch nur gering unterschreitet, wird dieser Verstoß vernachlässigt. Bei den globalen Gütekriterien ist die Relation F2/df nicht zufriedenstellend, sie ist jedoch mit einem Wert von 3,59 deutlich
246
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
besser als bei den rationalen Faktoren. Die verbleibenden Gütekriterien wie GFI, AGFI etc. sind jedoch sehr zufriedenstellend und das wird Modell angenommen. Emotionale Faktoren zu B2B-Positionierungsinhalten Globale Anpassungskriterien der simultanen konfirmatorischen Faktorenanalyse 2
187,02 52 3.596538462 0,0000 0,119
F Freiheitsgrade (df) 2 F /df p-Wert RMSEA
GFI AGFI NFI CFI
0,98 0,96 0,96 0,99
Detaillierte Gütekriterien für die separate exploratorische Faktoren- und Reliabilitätsanalyse, sowie die simultane konfirmatorische Faktorenanalyse Faktor
Indikator
Rel Cronbachsches Alpha (stand.) 0,909
Korr. Item-toTotalKorrelation 0,863
EFA Durch den Faktor erklärte Varianz 79,40%
KFA Indikatorreliablität 2 (R )
t-Wert der Faktorladung
Faktorreliablität
0,9071 Die sind stets ehr0,77 16,68 lich. Die sind absolut 0,829 0,81 17,55 seriös. 0,808 0,82 16,97 x61 Die halten stets, was sie versprechen. 0,697 0,51 15,91 x50 Die sind bereit, ganz offen miteinander umzugehen. x43 Eine (einzelne) Person kümmert sich um mich. 0,842 86,41% 0,8679 EF2 x73 Die haben Freude 0,728 0,53 16,30 Boan der Arbeit. denstä x72 Die sind „auf dem 0,728 1,00 15,83 ndigBoden geblieben“. keit x67 Experimentieren macht denen Spaß. 0,828 85,42% 0,8435 EF3 x78 Die achten auf 0,708 0,88 15,63 Soziale gesundheitliche VerAspekte. antwor- x47 Die lesen mir meine tung Wünsche „von den Augen ab“. x79 Umweltverträglich0,708 0,57 16,03 keit wird beachtet. x45 Die fühlen sich in meine Situation ein. 0,733 65,19% 0,7342 EF4 x74 Mit denen gibt es 0,587 0,46 15,83 Ausimmer was zu strahlachen. lung x57 Die stehen für 0,539 0,42 13,98 Ansehen bzw. Prestige. x77 Alles sieht gut aus 0,543 0,56 16,91 bzw. hat ein tolles Design. 1 1 EF5 x27 Da ist alles hoch) ) Da sein wertig. 1 2 x44 Bei Problemen sind 1,00 ) ) 11,40 sie „da“. 1 1 1 2 EF6 x23 Alles ist einfach ) ) ) 1,00 ) 14,15 Einfach bzw. unkompliziert. heit x24 Da läuft alles „rund“. EFA = exploratorische Faktorenanalyse, KFA = konfirmatorische Faktorenanalyse; Rel = Reliabilitätsanalyse 1 ) Keine Ergebnisse für Konstrukte mit nur einem Indikator möglich. 2 2 ) R wurde für x23 und x44 wegen dem Ein-Indikator-Fall auf Null gesetzt. EF1 Zuverlässig
x62
Durchschnittlich erfasste Varianz 0,72
x56
Tabelle 35: Gütekriterien der einzelnen emotionalen Faktoren zu den B2BPositionierungsinhalten
0,77
0,72
0,48
-
-
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
247
Es bleibt anzumerken, dass aufgrund der durchgeführten Bereinigungen einige Faktoren lediglich durch einen einzelnen Indikator abgebildet werden. Dennoch werden diese Faktoren weiterhin berücksichtigt, wie dies auch in anderen Arbeiten der Fall ist (vgl. bspw. Bennion 1987, S. 12). 4.4.3.2 Bewertung der Relevanz von potentiellen B2B-Positionierungsinhalten Bislang wurden potentielle B2B-Positionierungsinhalte identifiziert, begründet, operationalisiert und gemessen (vgl. Abschnitte 4.4.2 und 4.4.3.1). Nunmehr werden die B2B-Positionierungsinhalte mit dem B2B-Positionierungserfolg aus Abschnitt 4.3 verknüpft, um die Relevanz der einzelnen Inhalte für B2B-Marken zu bestimmen. Denn die Bedeutung von Merkmalen bei der Kaufentscheidung von industriellen Einkäufern unterscheidet sich: „Buyers do not place equal emphasis on all attributes in the purchase decision“ (Mudambi 2002, S. 526). In den kommenden beiden Abschnitten werden dazu zunächst Hypothesen formuliert (vgl. Abschnitt 4.4.3.2.1) und darauf die dazugehörenden Resultate der empirischen Analyse vorgestellt (vgl. Abschnitt 4.4.3.2.2). 4.4.3.2.1 Hypothesenformulierung Die Basishypothese besagt, dass grundsätzlich diejenigen B2B-Positionierungsinhalte für B2B-Marken relevant sind, welche positiv auf den B2B-Positionierungserfolg einwirken. Der Positionierungserfolg wurde in Abschnitt 4.3 als ein Modell mit einstellungsbezogenen und verhaltensbezogenen Konstrukten entwickelt. Um die Relevanz von Positionierungsinhalten zu ermitteln, sind die Positionierungseigenschaften als unabhängige Variable und die Erfolgskonstrukte wie Einstellung, Präferenz, Kaufintention und Kaufverhalten als die abhängigen Variablen zu definieren (vgl. Kroeber-Riel, Weinberg294 2003, S. 224 und S. 205; Fanderl, Hölscher, Hupp 2003, S. 6; Trommsdorff, Zellerhoff 1994, S. 357). Es lässt sich folgende Basisannahme ableiten: HBasis: Die B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen den B2B-Positionierungserfolg. Diese beschriebene Basisannahme wurde bereits im Bezugsrahmen implizit unterstellt (vgl. Abbildung 13 in Abschnitt 2.3.2). Sie ist im Folgenden näher zu spezifizieren. Zum einen wurde der B2B-Positionierungserfolg in Abschnitt 4.3 als ein Modell mit mehreren Konstrukten modelliert, zwischen denen zahlreiche komplexe Zusammenhänge bestehen. Unter diesen Umständen wird die Basishypothese dahin294
Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 224) halten fest, dass schrittweise weitere Eigenschaftsdimensionen der Marken als unabhängige Variablen aufzunehmen sind bis das Modell eine hinreichende Erkärungskraft besitzt.
248
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
gehend spezifiziert, dass die einzelnen B2B-Positionierungsinhalte nicht den „globalen Positionierungserfolg“, sondern wiederum jede einzelne Stufe des B2BPositionierungserfolges positiv beeinflussen können (vgl. Abbildung 34). Eine ähnliche Vorgehensweise findet sich bereits sowohl im B2C-Bereich als auch im B2B-Bereich. Im B2C-Bereich sind die Arbeiten von Gelbert, Herrmann, Schulz-Moll und Thun295 (2003, S. 52 ff.), von Hupp, Xu296 (2003, S. 232 und S. 238), von Caspar, Metzler (2002, S. 19 f.) oder von Bauer, Klein-Bölting, Murad-Aga, Sander und Valting297 (2004, S. 17) zu benennen. Im B2B-Bereich ist besonders auf die Analyse von Thompson, Knox und Mitchell (1998) oder Lasogga298 (1998b) hinzuweisen, welche einzelne Markenmerkmale hinsichtlich ihrer Bedeutung für jede Stufe im Business-to-Business-Kaufprozess erforschen. Der B2B-Positionierungserfolg gliedert sich grob in die drei Stufen: Beurteilung der Positionierung, Einstellung zur Positionierung und Verhaltensintention aufgrund der Positionierung (vgl. Abschnitt 4.3.2). An dieser Stelle trifft die Arbeit eine Einschränkung. Innerhalb der ersten Stufe werden als Beurteilungskriterien der ‚Fit zur Organisation’ und die ‚physische Differenzierung’ herangezogen (vgl. Abschnitt 4.3.3.1.1). Die Erfüllung dieser Kriterien wirkt sich positiv auf den weiteren Positionierungserfolg aus. Jedoch ist der Erfüllungsgrad nur speziell vor dem jeweiligen Kontext des Entscheiders, seiner konkreten Lieblingsmarke und ihrer Positionierung, sowie des konkreten Wettbewerbsumfelds zu bestimmen. Die weitere empirische Analyse baut jedoch auf einer fiktiven Kaufsituation mit einer frei wählbaren hypothetischen Lieblingsmarke auf (vgl. Abschnitt 1.3). Vor diesem Hintergrund macht die Betrachtung des Einflusses von Positionierungsinhalten auf die beiden Beurteilungskriterien keinen Sinn. Folglich werden keine Hypothesen hinsichtlich dieser Beurteilungskriterien aufgestellt, sondern es werden ausschließlich die zweite und dritte Stufe des B2B-Positionierungserfolges in der wei-
295
296
297
298
Mit mehreren Kausalanalysen wird jeweils der Einfluss verschiedener Marketingfaktoren auf die einzelnen Stufen der Markenstärke ermittelt. Mit mehreren Kausalanalysen werden Positionierungsfelder hinsichtlich ihrer Wirkung auf mehrere Erfolgskonstrukte wie Markenattraktivität (i.S.v. Einstellung) und Markenerfolg (i.S.v. Verhaltensbereitschaft) gemessen. Mittels eines Kausalmodells wird der Einfluss von Markeneigenschaften auf aggregierte Markennutzen und deren Einfluss zum einen auf die Markenstärke und zum anderen auf die Preispremiumakzeptanz gemessen. Lasogga (1998b) untersucht die Wirkung von emotionaler Werbung auf einzelne Stufen im B2BKaufprozess. Er unterscheidet im B2B-Kaufprozess zwischen den Stufen Aktivierungspotential, Beschäftigung mit dem Werbemittel, Anmutungsqualität, Produktbewertung und Erinnerungsleistungen (vgl. Tabelle 18). Nach seinem Verständnis ist das Aktivierungspotential eine notwendige Voraussetzung für die anschließende Werbewirkung, reicht aber nicht aus, um Erfolg zu erzielen. Die alleinige Akzeptanz von emotionaler Werbung im B2B-Bereich sagt demnach nichts über ihre „Meinungs- und Verhaltensbeeinflussung“ aus. Eine konative Wirkung der Werbung beim Kaufverhalten im B2B-Bereich wird von dem Autor nur eingeschränkt bis gar nicht erwartet.
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
249
teren Analyse betrachtet. Das heißt, es wird davon ausgegangen, dass Positionierungsinhalte im Sinne von Reizen direkt auf die Einstellung der Individuen und die Verhaltensintention der Individuen einwirken299 (vgl. Holmes, Crocker 1987, S. 28; Garbano, Edell 1997, S. 147; Homburg, Krohmer 2003, S. 41). Zum anderen ist vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes zwischen Rationalität und Emotionalität auf die Trennung zwischen rational und emotional wahrgenommenen B2B-Positionierungsinhalten hinzuweisen. Um die Rolle von beiden Inhaltsarten im B2B-Kaufprozess zu verstehen, müssen beide Inhaltsarten hinsichtlich ihrer Wirkungsweise auf alle Stufen im Prozess, d.h. auf alle verschiedenen Erfolgskonstrukte, analysiert werden (vgl. Kim, Lim, Bhargava 1998, S. 143; Bauer, KleinBölting, Murad Aga, Sander, Valtin 2004300; vgl. zu Emotionen Bagozzi et al. 2000, S. 52). Für beide Arten von Positionierungsinhalten wird eine positive Wirkung auf die Einstellung und das Verhalten von Individuen im B2B-Kaufprozess sowie auf die gesamte industrielle Kaufentscheidung unterstellt (vgl. Lynch, de Chernatony 2004, S. 404 und S. 406 f.; Gröppel-Klein 2001, S. 184). Dabei ist erneut auf eine bereits in den Grundlagen getroffene (und in Abschnitt 4.3.3.4 partiell bestätigte) Annahme hinzuweisen: die Art der Wirkung muss nicht mit der Art der Reaktion übereinstimmen (vgl. Abschnitt 2.1.1.2.1 und Lasogga 1998). Im vorliegenden Kontext bedeutet dies, dass rationale und emotionale Positionierungsinhalte sowohl den kognitiven als auch den affektiven Positionierungserfolg beeinflussen können (vgl. Hypothesen H9a, H9b, H10a, H10b und Abbildung 34). Des Weiteren könnten Hypothesen hinsichtlich der Stärke der einzelnen Zusammenhänge artikuliert werden. So kann durchaus davon ausgegangen werden, dass rationale und emotionale Positionierungsinhalte sich sehr unterschiedlich auf die einzelnen Erfolgskonstrukte auswirken. In einer ähnlichen Untersuchung zu Kommunikationsinhalten im B2B-Bereich fand Lasogga (1998b) heraus, dass emotionale Reize stärker und informative bzw. rationale Reize schwächer auf emotionale Reaktion wirken und dass beide Reizarten (emotional und informativ) gleich stark auf die kognitive Reaktion wirken (vgl. Tabelle 15).
299
300
Auch Peter und Olson (1999, S. 225 f.) betrachten den Einfluss von Stimuli auf das Konsumentenverhalten. Sie unterscheiden vier Strategien, welche ein verändertes Konsumentenverhalten zum Ziel haben: Beeinflussung von affektiven Reaktionen, Beeinflussung von kognitiven Reaktionen, direkte Beeinflussung des Verhaltens und kombinierte Beeinflussung dieser drei Aspekte. Das BBDO Brand Equity Drivers Modell betrachtet für B2C-Marken neben den Nutzendimensionen „functional value“ (rational) und „hedonic value“ (emotional) zudem „prestige value“, „uniqueness value“ und „self-expression value“. Die Wirkung der einzelnen Nutzendimensionen wird zum einen direkt auf die Markenstärke im Sinne von Markenloyalität und zum anderen direkt auf die Preisbereitschaft analysiert (vgl. Bauer et al. 2004; BBDO 2005). Auch Hanna und Wozniok (2001, S. 240) sprechen im B2C-Bereich emotionalen Reizen eine Wirkung auf Kognitionen, Einstellung und dem Kaufverhalten zu.
250
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Aber nicht nur der Vergleich von rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten ist interessant. Tiefergehend könnten auch Hypothesen über die Wirkung von unterschiedlichen Arten von rationalen Positionierungsinhalten und unterschiedlichen Arten von emotionalen Positionierungsinhalten entwickelt werden (vgl. Edell, Burke301 1989, S. 72; Kroeber-Riel, Weinberg 2003, S. 128 f. und S. 140). Hinsichtlich beider Zusatzhypothesen trifft die vorliegende Arbeit jedoch keinerlei Erwartungen, sondern nimmt einen eher exploratorischen Charakter ein. Dennoch kann die Stärke der Einflüsse später gegenübergestellt werden. Konstrukte des B2B-Positionierungserfolges Kognitive Einstellung
H9a
H9b
Affektive Einstellung
H9c
Kaufbereitschaft
Preisbereitschaft
H9d
Rationaler Positionierungsinhalt RF 1 RF 2 RF 3 RF 4 RF 5 H10a
H10b
H10c
H10d
Emotionaler Positionierungsinhalt EF 1 EF 2 EF 3 EF 4 EF 5 EF 6
Abbildung 34: Grundhypothesen über den Zusammenhang von B2B-Positionierungsinhalten und dem B2B-Positionierungserfolg
Zusammenfassend lassen sich Hypothesen für rationale und emotionale Positionierungsinhalte formulieren (vgl. auch Abbildung 34): H9a: Rationale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die kognitive Einstellung der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. H9b: Rationale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die affektive Einstellung der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. H9c: Rationale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die Kaufbereitschaft der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv.
301
Edell und Burke (1989, S. 72) bemerken in diesem Zusammenhang, dass die Aussage „feeling matter“ nicht genügt, da nicht nur zwischen Emotionen und Kognitionen, sondern auch von unterschiedlichen Arten von Emotionen („feelings“) bzw. von unterschiedlichen Arten von Kognitionen („judgements“) sehr unterschiedliche Wirkungen ausgehen können.
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
251
H9d: Rationale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die Preisbereitschaft der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. H10a: Emotionale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die kognitive Einstellung der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. H10b: Emotionale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die affektive Einstellung der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. H10c: Emotionale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die Kaufbereitschaft der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. H10d: Emotionale B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen die Preisbereitschaft der Individuen im Nachfragerunternehmen positiv. 4.4.3.2.2 Resultate der Hypothesenprüfung Die in Abschnitt 4.4.3.2.1 entwickelten Hypothesen beschreiben Zusammenhänge, die als unabhängige Variablen die rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten betrachten und als abhängige Variablen die Konstrukte des Positionierungserfolges heranziehen. Derartige Zusammenhänge können sowohl mit Hilfe einer multiplen Regressionsanalyse als auch mit einer Kausalanalyse überprüft werden. Die multiple Regessionsanalyse ist eher als traditionelles Verfahren zu bezeichnen. Dagegen gilt die Kausalanalyse als modener und leistungsfähiger. Beide Methoden kommen nacheinander zum Einsatz, um die Zusammenhänge zunächst mit der Regressionanalyse grundlegend zu analysieren und dann mit der anspruchsvolleren Kausalanalyse zu bestätigen (vgl. bspw. Vorgehen bei Kebbel 2000). Bei der multiplen Regressionsanalyse kann die Wirkung mehrerer unabhängiger Variablen auf eine einzige abhängige Variable analysiert werden (vgl. Abschnitt 3.2.2). Für die vorliegende Analyse bedeutet dies, dass für jedes Erfolgskonstrukt eine multiple Regressionsanalyse durchzuführen ist. Die Ergebnisse dieser Regressionsanalysen sind in Tabelle 36 abgebildet. Sämtliche Regressionsfunktionen wurden mittels eines F-Tests auf Signifikanz überprüft. Da die F-Werte aller Regressionsfunktionen auf dem 0,1% Niveau signifikant sind, kann von einem Zusammenhang zwischen den unabhängigen und der jeweils abhängigen Variablen ausgegangen werden. Der R2–Wert liegt für die einzelnen Regressionsfunktionen zwischen 0,10 und 0,29, d.h. die unabhängigen Variablen erklären jeweils zwischen 10% und 30% der abhängigen Variablen. Folglich müssen weitere Variable existieren, welche die abhängigen Variablen beeinflussen. Dennoch können diese Werte als zufriedenstellend beurteilt werden. Die Ergebnisse der Regressionsanalyse zeigen, dass der Faktor EF6 keinerlei Zusammenhänge mit einem Erfolgskonstrukt aufweist. Des Weiteren fällt auf, dass je-
252
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
weils bei den Faktoren RF5, EF3 und EF5 ein negativer Zusammenhang auf die Erfolgskonstrukte vorliegt. Zur inhaltlichen Interpretation der Ergebnisse wird auf den folgenden Abschnitt 4.4.3.2.3 verwiesen. Una bhä ngige Variable
Abhängige Variable Affektive Einstellung
1
Koeff. ) 2 2
T
Signifikanz
Kognitive Einstellung
1
Koeff. )
T
Signifikanz
Preisbereitschaft
1
Koeff. )
T
Signifikanz
Kaufbereitschaft
1
Koeff. )
T
R )
0,27
0,29
0,15
0,15
FTest
0,000
0,000
0,000
0,000
RF1
,280***
3,727
,000
RF2
,164**
2,129
RF3
,072
1,012
RF4
,156**
RF5
-,145**
2 2
,064
,858
,035
-,103
-1,357
,313
,410***
5,856
2,026
,044
,245***
3,223
-2,148
,033
-,106
-1,587
,392
-,056
-,687
,493
,177
,106
1,269
,206
,000
,007
,086
,932
,002
,292***
3,502
,001
,114
-,177**
-2,415
,017
,160*
1,977
,050
-,078
-,942
,348
,286***
3,720
,000
,083
1,000
,319
-,033
-,449
,654
R )
0,30
0,12
0,19
0,15
FTest
0,000
0,001
0,000
0,000
EF1
-0,025
-0,327
0,744
-0,125
-1,450
0,149
EF2
0,179**
2,367
0,019
0,170**
2,022
EF3
0,095
1,293
0,198
0,083
1,013
EF4
0,417***
5,757
0,000
0,201**
EF5
-0,144**
-2,147
0,033
0,116
EF6
0,047
0,727
0,468
-0,074
Signifikanz
0,321***
3,854
0,000
-0,003
-0,031
0,975
0,045
-0,015
-0,188
0,851
0,211**
2,550
0,012
0,312
-0,136*
-1,717
0,088
-0,022
-0,267
0,789
2,485
0,014
0,302***
3,879
0,000
0,268***
3,376
0,001
1,552
0,122
-0,169**
-2,340
0,020
-0,057
-0,781
0,436
-1,018
0,310
-0,032
-0,452
0,652
-0,011
-0,152
0,879
RF1 = Integration, RF2 = Informationsfülle, RF3 = Erfahrung, RF4 = Ratschläge, RF5 = Preisverhandlungen, EF1 = Zuverlässigkeit, EF2 = Bodenständigkeit, EF3 = Soziale Verantwortung, EF4 = Ausstrahlung, EF5 = Da sein, EF6 = Einfachheit 1
) Die angegebenen Werte sind standardisierte Regressionskoeffizienten (Beta-Koeffizienten). *: Signifikanz auf dem 10%-Niveau **: Signifikanz auf dem 5%-Niveau ***: Signifikanz auf dem 1%-Niveau 2 ) Erklärungsgehalt des Modells durch quadrierte multiple Korrelationen gemessen.
Tabelle 36: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zur Relevanz von B2BPositionierungsinhalten
Zusätzlich wurden dieselben Zusammenhänge nochmals mit mehreren Kausalanalysen überprüft. Diese Art der Verwendung einer Kausalanalyse im Sinne einer „kausalanalytischen Erfolgsfaktorenforschung“ hinsichtlich mehrerer Erfolgskonstrukte geschieht in Anlehnung an Gelbert, Schulz-Moll, Thun und Herrmann (2003, S. 54). Die Resultate zeigt Tabelle 37. Sowohl die lokalen als auch die globalen Gütekriterien der Kausalanalysen sind zufriedenstellend. Die theoretischen Modelle passen sich damit gut an den empirischen Datensatz an. Die Resultate der Kausalanalyse zeigen, dass einzig der Faktor EF6 keinerlei Wirkung auf den B2B-Positionierungserfolg hat. Faktor EF3 wirkt bei der Kausalanalyse
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
253
leicht auf die Verhaltensintention, wenn auch negativ. Der Faktor RF5 wirkt durchweg negativ auf die Erfolgskonstrukte. Grundsätzlich gehen bis auf Faktor EF6 von allen anderen analysierten B2B-Positionierungsinhalten signifikante Wirkungen auf mindestens ein Erfolgskonstrukt aus. Auch hier wird zur inhaltlichen Diskussion der Resultate auf den folgenden Abschnitt 4.4.3.2.3 verwiesen. Abhängige Variable Unabhängige Variable 2
F (df)
Affektive Einstellung Koeffizient t-value 311,17 (65)
Kognitive Einstellung Koeffizient t-value 297,72 (65)
Preisbereitschaft Koeffizient t-value 188,65 (42)
GFI
0,98
0,98
0,98
AGFI
0,97
0,96
0,96
Kaufbereitschaft Koeffizient t-value 313,55 (78) 0,97 0,95
RF1
0.33***
5.90
0.078
1.15
- 0.068
-0.95
0.19***
3.42
RF2
0.23***
3.10
- 0.12
-1.27
0.14*
1.61
- 0.11*
-1.39
RF3
0.050
0.78
0.44***
5.76
0.0014
0.019
0.29***
4.60
RF4
0.12*
1.42
0.26***
2.44
0.29***
2.71
0.11
1.21
RF5
- 0.18***
-3.04
- 0.11*
-1.49
- 0.20***
-2.60
- 0.025
-0.40
2
F (df)
361,93 (100)
399,09 (100)
211,45 (71)
428,64 (116) 0,96
GFI
0,97
0,97
0,98
AGFI
0,95
0,95
0,97
0,94
EF1
- 0.031
-0.45
- 0.15***
-2.49
0.40***
3.98
0.026
EF2
0.13**
1.85
0.15***
2.38
- 0.12
-1.15
0.17***
0.39 2.22
EF3
0.036
0.53
0.057
1.02
- 0.26***
-2.65
- 0.1*
-1.71
EF4
0.60***
7.84
0.29***
4.90
0.46***
4.32
0.44***
5.86
EF5
- 0.15**
-2.01
0.12**
1.87
- 0.20**
-2.13
- 0.10*
-1.41
EF6
0.037
0.59
- 0.072
-1.25
- 0.018
-0.22
- 0.0014
-0.022
RF1 = Integration, RF2 = Informationsfülle, RF3 = Erfahrung, RF4 = Ratschläge, RF5 = Preisverhandlungen, EF1 = Zuverlässigkeit, EF2 = Bodenständigkeit, EF3 = Soziale Verantwortung, EF4 = Ausstrahlung, EF5 = Da sein, EF6 = Einfachheit 1
) Die angegebenen Werte sind die Koeffizienten im Rahmen der Kausalanalyse. *: Signifikanz auf dem 10%-Niveau **: Signifikanz auf dem 5%-Niveau ***: Signifikanz auf dem 1%-Niveau
Tabelle 37: Resultate der Kausalanalysen zur Relevanz von B2B-Positionierungsinhalten
4.4.3.2.3 Interpretation der Resultate: Erfolgsversprechende emotionale und rationale Positionierungsinhalte für B2B-Marken Überblick der Ergebnisse Nachdem die Zusammenhänge zwischen B2B-Positionierungsinhalten und B2BPositionierungserfolgskonstrukten sowohl mit multiplen Regressionsanalysen als auch mit Kausalanalysen untersucht wurden, interessiert besonders ein Vergleich der Resultate aus beiden Methoden wie ihn Tabelle 38 präsentiert (vgl. ähnliches Vorgehen beispielswiese bei Kebbel 2000, S. 154 und S. 162). Die Ergebnisse der Regressionsanalyse stimmen mit denen der Kausalanalyse sehr gut überein; es gibt keinerlei Widersprüchlichkeiten. Ist ein Zusammenhang in beiden Analysen als signifikant bestätigt worden, so haben die Zusammenhänge dieselben Vorzeichen. Diese Kongruenz der Ergebnisse aus der multiplen Regressionsanalyse
254
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
und der anspruchsvolleren Kausalanalyse bestätigt die Güte der Messung und die Ergebnisse in besonderer Weise. Allerdings offenbart die Kausalanalyse einige zusätzliche kausale Beziehungen, welche in der Regressionsanalyse nicht als signifikant auftreten. Abhängige Variable Affektive Einstellung Unabhängige Variable
Regression Zsg.
Sig.
Kausalanalyse Zsg. Sig.
Kognitive Einstellung Regression Zsg.
Sig.
Kausalanalyse Zsg. Sig.
Preisbereitschaft Regression Zsg.
Sig.
Kaufbereitschaft
Kausalanalyse Zsg. Sig.
Regression Zsg.
Sig.
+
*
Kausalanalyse Zsg. Sig.
Rationale Faktoren RF1
+
***
+
***
RF2
+
**
+
***
RF3 RF4
+
**
+
*
RF5
-
**
-
***
**
+
**
+
*
+
***
+
***
+
***
+
***
+
***
+
***
-
*
-
**
-
***
-
***
+
***
+
***
+
*** -
*
-
***
+
***
-
*
+
***
+
***
+
**
+
***
Emotionale Faktoren EF1 EF2
+
+
**
EF3 EF4
+
***
+
***
EF5
-
**
-
**
+
**
+
***
+
***
+
***
+
**
-
**
-
**
+
***
-
*
+
***
-
*
EF6 RF1 = Integration, RF2 = Informationsfülle, RF3 = Erfahrung, RF4 = Ratschläge, RF5 = Preisverhandlungen, EF1 = Zuverlässigkeit, EF2 = Bodenständigkeit, EF3 = Soziale Verantwortung, EF4 = Ausstrahlung, EF5 = Da sein, EF6 = Einfachheit *: Signifikanz auf dem 10%-Niveau **: Signifikanz auf dem 5%-Niveau ***: Signifikanz auf dem 1%-Niveau
Tabelle 38: Vergleich der Resultate von Regressionsanalyse und Kausalanalyse
Insgesamt fällt auf, dass die zwei Faktoren RF5 und EF3 durchgehend eine negative Wirkung auf die Erfolgskonstrukte haben. Der rationale Faktor RF5 umfasst Preisverhandlungen. Es war nicht unbedingt davon auszugehen, dass eine hohe Bereitschaft, über Preise zu verhandeln, sich negativ auf die affektive Einstellung der Individuen auswirkt. Dennoch ist nachvollziehbar, dass schnelle Preisverhandlungen bei Individuen auch zu einem „unguten Gefühl“ hinsichtlich der Qualität und der Seriosität führen302 und infolgedessen einen negativen Eindruck hinterlassen können. Dagegen erscheint es im Nachhinein geradezu logisch, dass sich Preisverhandlungen negativ auf die Preisbereitschaft auswirken. Der emotionale Faktor EF3 subsumiert Aspekte der sozialen Veranwortlichkeit. Es kann keine Wirkung auf die Einstellung
302
Die Wissenschaft bezeichnet dieses Phänomen als „Preis-Qualitätsinferenz“. Wird der Preis als finanzieller Aufwand verstanden, beeinflusst ein hoher Preis die Kaufentscheidung negativ. Wird der Preis stattdessen als Qualitätsindikator eingesetzt, so fördert ein hoher Preis die Präferenz und die Kaufentscheidung. Der Nachfrager assoziiert mit steigenden (sinkenden) Preisen eine höhere (geringere) Qualität der Leistung (vgl. ausführlich bei Pechtl 2005, S. 38 ff.).
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
255
der Individuen, jedoch eine negative Wirkung auf deren Preisbereitschaft und Kaufbereitschaft erkannt werden. Dies überrascht. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass die Übernahme von derartiger Verantwortung von Kundenseite eine Grundvorraussetzung darstellt, und dass ihr Vorliegen keinerlei Handlungsbereitschaft auslöst. Der emotionale Faktor EF5 weist überwiegend negative Wirkungen auf. Er beinhaltet den Aspekt der Nähe des Anbieters im Sinne von „Da sein“. Auch hier wurde ein postiver Zusammenhang mit den Erfolgskonstrukten erwartet. Tatsächlich zeigen sich aber negative Wirkungen auf die affektive Einstellung sowie auf die Preis- und Kaufbereitschaft der Individuen. Lediglich auf die kognitive Einstellung zeigt sich ein positiver Einfluss (vgl. Tabelle 37). Allerdings sind alle Wirkungen lediglich auf dem 5% bzw. dem 10% Niveau signifikant. Eine negative Wirkung könnte dann Sinn machen, wenn „da sein“ mit negativen Assoziationen wie „belästigen“ oder „nerven“ interpretiert wird. Zudem ist der Indikator ‚Bei Problemen sind sie „da“.’ formuliert. Es ist vorstellbar, dass die Assoziation „es kann Probleme geben“ für die Kaufphase nicht geeignet ist. Bei beiden Methoden weist der emotionale Faktor EF6 keinerlei signifikanten Zusammenhang auf. EF6 beschreibt den Positionierungsinhalt „Einfachheit“, der insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Komplexität im B2B-Bereich als relevant eingeschätzt wurde (vgl. Abschnitt 4.1.2). Dies wird in der empirischen Analyse nicht signifikant bestätigt. Im Nachhinein ist es verständlich, dass „einfach sein“, allein betrachtet, auf Individuen im B2B-Kaufprozess keine Wirkung ausübt. Vielmehr ist vorstellbar, dass „Einfachheit“ zum einen nur in Kombination mit anderen Positionierungsinhalten wie hoher Integrationsfähigkeit oder echter Problemlösungsfähigkeit und zum anderen nur in sehr komplexen Kontexten (vgl. Abschnitt 4.5) zum Tragen kommt. In Bezug auf die restlichen Zusammenhänge bestätigen sich die aufgestellten Hypothesen H9a bis H10d: Sowohl rationale als auch emotionale B2BPositionierungsinhalte können auf alle Stufen des B2B-Positionierungserfolges einwirken. Rationale B2B-Positionierungsinhalte können sowohl auf die affektive Einstellung (H6a bestätigt für RF1, RF2, RF4) als auch auf die kognitive Einstellung (H6b bestätigt für RF3, RF4), sowie direkt auf die Verhaltensintention in Form von Preisund Kaufbereitschaft einwirken (H6c bestätigt für RF2, RF4; H6d bestätigt für RF1, RF3). In entsprechender Weise können emotionale B2B-Positionierungsinhalte nicht nur auf die affektive Einstellung (H10a bestätigt für EF2, EF4), sondern auch auf die kognitive Einstellung (H10b bestätigt für EF2, EF4, EF5) einen positiven Einfluss ausüben und zudem direkt auf die Verhaltensabsicht wirken (H10c bestätigt für EF1, EF4; H10d bestätigt für EF2, EF4).
256
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Damit wird erneut deutlich, dass die bereits in den Grundlagen aufgestellte Annahme bestätigt wird. Die Art des Reizes (rational vs. emotional) muss nicht mit der Art der Wirkung (kognitiv vs. affektiv) korrespondieren, sondern vielmehr können beide Reizarten beide Arten von Wirkung hervorrufen (vgl. Abschnitte 2.1.1.2.1 und 4.3.3.4). Interpretation für die Positionierung von B2B-Marken Nach der kurzen Ergebnisübersicht stellt sich die Frage nach der Interpretation der Resultate und den daraus folgenden Konsequenzen für die Positionierung von B2B-Marken. Positionierungsmerkmale durchlaufen bei der Wahrnehmung durch die Nachfrager mehrere Stufen der inneren Verarbeitung und der Reaktion (vgl. SOR-Paradigma in Abschnitt 2.1.1.2.1 sowie Abschnitt 4.3.2). Entsprechend wurde bereits in Abschnitt 2.2.3.4 darauf hingewiesen, dass Positionierungsmerkmale eine unterschiedliche Wirkungstiefe erreichen können: reine Stimuli-Ebene, reine Preceptions- bzw. Einstellungs-Ebene und Reaktions-Ebene. Tabelle 38 zeigt die Wirkung der rationalen und emotionalen B2BPositionierungsinhalte auf die verschiedenen Erfolgskonstrukte. Dabei fällt auf, dass sich je nach Erfolgskonstrukt die Bedeutung einzelner B2B-Positionierungsinhalte stark unterscheidet (vgl. auch Gelbert, Schulz-Moll, Thun, Herrmann 2003, S. 52). So wird die Preisbereitschaft eher durch gute Ratschläge (RF4) und durch Zuverlässigkeit (EF1) beeinflusst, wohingegen die Kaufbereitschaft eher durch Integrationsfähigkeit (RF1), Erfahrung (RF3) und Bodenständigkeit (EF2) des Anbieters gefördert wird. Unter diesen Umständen ist zwischen verschiedenen Wirkungsarten von B2BPositionierungsinhalten zu unterscheiden. Ein B2B-Positionierungsinhalt kann dann als erfolgreich oder relevant bezeichnet werden, wenn er mindestens ein Erfolgskonstrukt positiv beeinflusst. Ein Positionierungsinhalt ist logischerweise jedoch umso stärker, je weiter er bei den Zielgruppen vordringt, d.h. je mehr Erfolgskonstrukte er positiv beeinflusst und vor allem je eher es zu der gewünschten Reaktion kommt, d.h. je stärker er nicht nur auf die einstellungsbezogenen, sondern direkt auf die handlungsbezogenen Erfolgsgrößen einwirkt. Infolgedessen wird zwischen vier Relevanzstufen von B2B-Positionierungsinhalten unterschieden303:
303
Um die Relevanz einzelner Positionierungsinhalte zusätzlich vor dem Hintergrund der spezifischen Unternehmenssituation beurteilen zu können, können die Positionierungsziele und in Folge dessen die Positionierungserfolgskonstrukte gewichtet werden. Ist das Ziel die Marktführerschaft, ist die Kaufbereitschaft von Bedeutung und die Preisbereitschaft nachrangig. Ist hingegen die E-
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
-
257
Gruppe 1 kann unterteilt werden in Gruppe 1a: „reine Stimuli-Ebene“: B2B-Positionierungsinhalte, welche keinerlei Wirkung auf die Erfolgskonstrukte ausüben Gruppe 1b: „negative Wirkung“: B2B-Positionierungsinhalte, welche ausschließlich negativ auf die Erfolgskonstrukte einwirken Gruppe 1c: „gemischte Wirkung“: B2B-Positionierungsinhalte, die auf einige Erfolgskonstrukte positiv und gleichzeitig auf andere negativ wirken (Relevanz hängt von Einzelfall und Gewichtung der Erfolgskonstrukte ab)
-
Gruppe 2 „reine Einstellungs-Ebene“: B2B-Positionierungsinhalte, welche ausschließlich positiv auf die kognitive und/oder affektive Einstellung der Individuen einwirken, nicht aber direkt auf die Verhaltensintention
-
Gruppe 3 „reine Reaktions-Ebene“: B2B-Positionierungsinhalte, welche nicht auf die Einstellung, aber direkt positiv auf die Verhaltensintention der Individuen in Form von Preis- und/oder Kaufbereitschaft einwirken und
-
Gruppe 4 „Einstellungs- und Reaktions-Ebene“: B2B-Positionierungsinhalte, welche sowohl die Einstellung als auch die Verhaltensintention der Individuen positiv beeinflussen.
Die Relevanz der Positionierungsinhalte steigert sich von Gruppe 1 (nicht relevant bzw. evtl. im Einzelfall relevant) bis Gruppe 4 (extrem relevant). Positionierungsinhalte der Gruppe 1a und 1b sind für die Positionierung von B2B-Marken irrelevant bzw. kaum relevant. Eine Besonderheit stellt Gruppe 1c mit gemischter Wirkung dar, bei der die Relevanz im Einzelfall zu beurteilen ist. Positionierungsinhalte der Gruppe 2 sind für die Positionierung relevant. Anzumerken ist hierbei, dass Inhalte der Gruppe 2 zwar keinen direkten Einfluss auf das Verhalten haben, jedoch durch die Beeinflussung der Einstellung indirekt auch auf die Verhaltensintention wirken (vgl. Modell des B2B-Positionierungserfolges in Abschnitt 4.3.3.4). Sehr relevant sind diejenigen Inhaltsmerkmale, welche zur gewünschten Reaktion bei den Individuen führen, d.h. die Merkmale der Gruppe 3. Am meisten relevant sind schließlich Positionierungsinhalte der Gruppe 4. Diese wirken direkt positiv auf mehrere Erfolgskonstrukte. Diese Wirkungen verstärken sich indirekt noch aufgrund der komplexen Beziehungsgeflechte zwischen den Erfolgskonstrukten (vgl. Abschnitt 4.3.3.4). Anhand dieser Kategorisierung lässt sich die Relevanz der betrachteten B2BPositionierungsinhalte wie in Tabelle 39 dargestellt bewerten.
tablierung einer „Luxus-B2B-Marke“ in einem Premium Segment das Ziel, ist die Preisbereitschaft als Erfolgskriterium von sehr hohem Stellenwert.
258
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Abhängige Variable
Unabhängige Variable und inhaltliche Interpretation
Einstellungsebene Affektive Kognitive Einstellung Einstellung
Relevanz
Reaktionsebene PreisbereitKaufbereitschaft schaft
Gruppe
Aussage
Rationale Faktoren RF1
Integration
+
RF2
Informationsfülle
+
RF3
Erfahrung
+ +
+
4
Sehr relevant
-
1c
Relevant
+
4
Sehr relevant
+
+
4
Sehr relevant
1b
Nicht relevant
RF4
Ratschläge
+
(RF5)
(Preisverhandlungen)
-
-
-
-
+
+
+
Emotionale Faktoren EF1
Zuverlässigkeit
EF2
Bodenständigkeit
(EF3)
(Soziale Verantwortung)
EF4
Ausstrahlung
+
(EF5)
(Da sein)
-
(EF6)
(Einfach)
1c
Eher Relevant
+
4
Sehr relevant
-
-
1b
Nicht relevant
+
+
+
4
Extrem relevant
+
-
-
1c
Kaum relevant
1a
Nicht relevant
Tabelle 39: Relevanz der analysierten B2B-Positionierungsinhalte
Als Schlussfolgerung zur Relevanz potentieller B2B-Positionierungsinhalte lässt sich festhalten: -
Sowohl rationale als auch emotionale B2B-Positionierungsinhalte wirken auf den B2B-Positionierungserfolg ein.
-
Die Art des Reizes (rational vs. emotional) sagt nichts über die Art der Wirkung (kognitive vs. affektive Einstellung) aus.
-
Als extrem relevanter B2B-Positionierungsinhalt ist in der vorliegenden Arbeit der emotionale Faktor ‚Ausstrahlung’ (EF4: immer etwas zu lachen, Prestige, gut Aussehen) ermittelt worden. Er wirkt positiv auf alle vier Erfolgskonstrukte.
-
Weitere sehr relevante B2B-Positionierungsinhalte, die ausschließliche positive Wirkungen auf Erfolgskonstrukte haben, sind die Faktoren ‚Integration’ (RF1), ‚Erfahrung’ (RF3), Verteilung von ‚echten Ratschlägen’ (RF4) und ‚Bodenständigkeit’ (EF2).
-
Einige B2B-Positionierungsinhalte weisen gemischte Wirkungen auf die Erfolgskonstrukte aus. Hier hängt die Relevanz der Inhalte von der Verteilung der positiven und der negativen Effekte ab, d.h. davon, welche Wirkung überwiegt und welchen Stellenwert die Erfolgskonstrukte für das Anbieterunternehmen einnehmen. Bei ‚Informationsfülle’ (RF2) überwiegen die positiven Effekte auf die ‚affektive Einstellung’ und die ‚Preisbereitschaft’. Die negative Beeinflussung der ‚Kaufbereitschaft’ ist erstaunlich und kann nicht erklärt werden, ist aber auch deut-
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
259
lich geringer als die positiven Effekte (vgl. Tabelle 37). Bei dem emotionalen Faktor ‚Zuverlässigkeit’ (EF1) sind negative Effekte auf die ‚kognitive Einstellung’ und positive Effekte auf die ‚Preisbereitschaft’ zu erkennen. Auch hier fällt es schwer, eine Erklärung für den negativen Effekt zu finden. Bei dem emotionalen Faktor ‚Da sein’ (EF5) überwiegen die negativen Effekte auf ‚affektive Einstellung’, ‚Preis-‚ und ‚Kaufbereitschaft’. Der leicht positive Effekt auf die ‚kognitive Einstellung’ kann die negativen Effekte nicht übertönen. Die stark negative Wirkung könnte dadurch erklärt werden, dass „da sein“, allein betrachtet, den Zielgruppen keinen Nutzen bringt und die Zielgruppen in der Kaufphase nicht an mögliche Problemsituationen erinnert werden wollen. -
Schließlich sind drei potentielle B2B-Positionierungsinhalte als nicht relevant beurteilt worden, weil sie entweder wie ‚Preisverhandlungen’ (RF5) und ‚Soziale Verantwortung’ (EF3) nur negative Effekte auf den B2BPositionierungserfolg aufweisen oder wie ‚Einfach’ (EF6) keinerlei signifikante Wirkung auf den Positionierungserfolg zeigen.
Nachsicht kann in Bezug auf Positionierungsinhalte mit negativer, keiner oder geringer Wirkung in zweierlei Hinsicht geübt werden. Erstens ist die Analyse von bislang unbekannten Inhalten in Marktforschungsstudien äußerst schwierig und führt oftmals zu negativen Ergebnissen (vgl. Nöthel 1999, S. 126; Köhler 2001, S. 50, vgl. Fußnote 141). Zweitens ist es vorstellbar, dass Positionierungsinhalte wie ‚Einfachheit’ einzeln betrachtet keine Wirkung entfalten, sondern erst in Kombination mit ‚Integrationsfähigkeit’ positiven Einfluss nehmen (vgl. zukünftige Forschung in Abschnitt 5.3). Zuletzt wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorliegende Arbeit keinen Anspruch auf Ausschließlichkeit der analysierten B2B-Positionierungsinhalte erhebt. Erkärtes Ziel der Forschungsfrage 4 war einerseits der Nachweis, dass sowohl rationale als auch emotionale Positionierungsinhalte sich positiv auf den Erfolg der B2B-Marke auswirken können und andererseits sollte ein Eindruck davon gegeben werden, welche rationalen und emotionalen Inhalte dies sein könnten. Neben den elf definierten Faktoren sind jedoch weitere erfolgsversprechende B2BPositionierungsinhalte vorstellbar. Insbesondere sind diese im Kontext für jeden konkreten Einzelfall zu analysieren. 4.4.3.2.3.1 Exkurs: Instrument zur Positionierung von B2B-Marken Im Anschluß an diese Analyse lassen sich die als grundsätzlich relevant ermittelten B2B-Positionierungsinhalte in ein Instrument zur Positionierung von B2B-Marken, integrieren. Mit Hilfe der multidimensionalen Skalierung werden die relevanten B2BPositionierungsinhalte in einem Schaubild abgetragen (vgl. Abbildung 35 und Abschnitt 3.2.3). Dabei wurde als Distanzmaß die Euklidsche Distanz verwendet.
260
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Grundsätzlich entsprechen die Verwendungsmöglichkeiten denen von anderen Positionierungsmodellen mit vorgegebenen Positionierungsinhalten (vgl. Abschnitt 2.2.3.5): Eintragung der Vorstellungen und Wünsche der Zielgruppensegmente als Zielkorridor, Eintragung der Ist-Position der eigenen Marke aus Sicht der Zielgruppen, Eintragung der Ist-Position der Wettbewerbsmarken aus Sicht der Zielgruppen, Eintragung der entwickelten Soll-Position für die eigene Marken sowie Eintragung der Ist-Position von potentiellen Kooperationspartnern, Werbepartnern etc., um den Fit bzw. das Erfolgspotential für die eigene Marke abschätzen zu können (z.B. bei Markenkooperationen).
EF2Bodenständigkeit RF4Ratschläge
EF4Ausstrahlung
EF1Zuverlässigkeit
RF2Wissen
RF1Integration
RF3Erfahrung
Abbildung 35: Graphische Darstellung der relevanten B2B-Positionierungsinhalte
Die Anwendung setzt aufgrund der B2B-Besonderheiten jedoch weitgehendere Analysen voraus als dies im B2C-Bereich beschrieben wird (vgl. Abschnitte 4.1.1 und 2.2.1.2): Berücksichtigung der Anforderungen der formalen Unternehmensanforderungen und der verschiedenen BC-Mitglieder, Beurteilung der tatsächlichen Kompetenz des Anbieterunternehmens, Abstimmung der Positionierung mit allen Leistungen der B2B-Marke und möglicherweise Beachtung des internationalen Kontextes. Neben der klassischen Positionierung ist im B2B-Bereich nicht nur ein Einsatz zur Auswahl von Markenkooperationspartnern oder Werbepartnern, sondern insbesondere der Einsatz zur Auswahl von Geschäftspartnern und Subunternehmern vorstellbar, da diese in erheblichem Maße zur Wahrnehmung der B2B-Marke bei den Zielgruppen beitragen.
4.4 Relevante Positionierungsinhalte bei Business-to-Business-Marken
261
4.4.4 Zusammenfassung zu relevanten B2B-Positionierungsinhalten Mit den vorangegangenen Abschnitten wurde die Forschungsfrage 4 ausführlich beantwortet. -
Mögliche Positionierungsinhalte wurden in drei Stufen ermittelt: Ableitung aus den Besonderheiten des B2B-Kontexts, Ableitung aus dem Status der Literatur und Ableitung aus Experteninterviews.
-
Sowohl rationale als auch emotionale Positionierungsinhalte können im B2BKontext positiv auf den Positionierungserfolg einwirken.
-
Die Wirkung von Positionierungsinhalten ist in Bezug auf mehrere Stufen des B2B-Positionierungserfolges zu analysieren: die ‚affektive Einstellung’ zur Positionierung, die ‚kognitive Einstellung’ zur Positionierung, die ‚Kaufbereitschaft’ und die ‚Preisbereitschaft’ aufgrund der Markenpositionierung. In Bezug auf die Relevanz von B2B-Positionierungsinhalten wurden vier Gruppen kategorisiert: Gruppe 1 (keine Wirkung, negative Wirkung, gemischte Wirkung), Gruppe 2 (positive Wirkung auf die Einstellungsebene), Gruppe 3 (positive Wirkung auf die Verhaltensebene), Gruppe 4 (positive Wirkung auf die Einstellungsund Verhaltensebene). Die Relevanz der B2BPositionierungsinhalte steigt von der Gruppe 1 bis zur Gruppe 4.
-
Die Art des Reizes muss nicht mit der Art der Wirkung übereinstimmen. Demnach können sowohl rationale als auch emotionale B2B-Positionierungsinhalte auf die kognitive und auf die affektive Einstellung zur Markenpositionierung einwirken.
-
Es wurden 63 potentielle rationale und emotionale B2B-Positionierunginhalte identifiziert. Diese wurden zu fünf rationalen und sechs emotionalen Faktoren verdichtet. Als grundsätzlich nicht relevant beurteilt wurden ‚Preisverhandlungen’ (RF5), ‚Soziale Verantwortung’ (EF3) und ‚Einfachheit’ (EF6). Gemischte Wirkungen weisen ‚Informationsfülle’ (RF2), ‚Zuverlässigkeit’ (EF1) und ‚Da sein’ (EF5) auf. Als relevant eingestuft wurden ‚Integration’ (RF1), ‚Erfahrung’ (RF3), Verteilung von ‚echten Ratschlägen’ (RF4) und ‚Bodenständigkeit’ (EF2). Extrem relevant ist die ‚Ausstrahlung’ (EF4), die positiv auf alle vier Erfolgskonstrukte einwirkt.
4.5
Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2BBesonderheiten – Ausgewählte Beispiele
Im vorangegangen Abschnitt 4.4 wurden potentielle B2B-Positionierungsinhalte generiert und bezüglich ihrer Wirkung auf den B2B-Positionierungserfolg bewertet. Auf diese Weise konnten allgemeine Empfehlungen zur Verwendung der B2B-
262
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Positionierungsinhalte gegeben werden (vgl. Abschnitt 4.4.4). Wie bei vielen aufgestellten Theorien und abgeleiteten Implikationen ist auch hier das Postulat der Allgemeingültigkeit in Bezug auf die getroffenen Aussagen zu kritisieren. Die Forschungsfrage 5 setzt an dieser Kritik an, indem sie nach Kontextfaktoren der B2BPositionierung fragt (vgl. Abschnitt 1.2). Theoretischer Bezugspunkt dieser Idee ist der situative Ansatz304 (synonym: „Kontingenzansatz“ bzw. „contingency approach“). Demnach gibt es nicht eine universell anwendbare optimale Strategie, sondern es gibt mehrere richtige Strategien und die Eignung einer Strategie hängt von der jeweiligen Situation ab (vgl. Hofer 1975; Zeithaml, Varadarajan, Zeithaml 1988; vgl. im B2B-Kontext Wilson, Lilien, Wilson 1991; vgl. Kontext als Einfluss in Abschnitt 2.1.1.2.1). Die Situation wird mit Hilfe der sogenannten Kontextfaktoren, auch situative Faktoren oder Einflussfaktoren genannt, beschrieben. Übertragen auf das Thema der vorliegenden Arbeit kann sich der situative Ansatz in drei Bereichen niederschlagen. -
Die Zweckmäßigkeit des B2B-Markenmanagements kann vom situativen Kontext abhängen. Dies zeigen Arbeiten zur Markenrelevanz im B2B-Bereich wie sie in Tabelle 4 in Abschnitt 2.2.2.2 vorgestellt wurden.
-
Das Modell zum B2B-Positionierungserfolg kann mit dem situativen Kontext variieren, da die Wahrnehmung der Marke kontextabhängig ist (vgl. GröppelKlein 2004b, S. 328; Baumgarth 2004, S. 86). Entweder die Gewichtung der einzelnen Erfolgskonstrukte oder die Reihenfolge im Sinne von Wirkungspfaden kann sich verändern305 (vgl. Hinweis in Abschnitt 4.3.1.3).
-
Die Eignung der (rationalen und emotionalen) B2B-Positionierungsinhalte hängt von dem situativen Kontext ab. Je nach Kontext sind eher rein rational wahrgenommene oder eher rein emotional wahrgenommene Positionierungsinhalte geeignet, oder es ist eine Strategie mit gemischen Positionierungsinhalten vorzuziehen (vgl. Abschnitte 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3 und Abbildung 12 in Abschnitt 2.2.3.4). Die Positionierung der B2B-Marke wird dementsprechend
304
305
Der situative Ansatz entstammt der Organisations- und Führungsforschung in den 50/60er Jahren (vgl. Kieser, Kubicak 1978, S. 105). Daneben hat der Ansatz im Bereich des Strategischen Managements eine weite Verbreitung gefunden (vgl. Zeithaml, Varadarajan, Zeithaml 1988). Beispielsweise ermittelten Voss, Spangenberg, Grohmann (2003, S. 311) im B2C-Bereich, dass die „Produktart“ als Kontextfaktor einen Einfluss auf die Rolle der beiden Einstellungsarten hat. Je nach Produktart ist bei der Einstellung entweder die „hedonic dimension“ wichtiger, die „utilitarian dimension“ wichtiger oder aber beide Dimensionen sind wichtig. Indirekt können sich mit der Veränderung des B2B-Positionierungserfolgsmodells auch die erfolgsversprechenden B2BPositionierungsinhalte verändern (vgl. im B2C-Bereich Kim, Allen, Kardes 1996, S. 318; Kim, Lim, Bhargava 1998, S. 144).
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
263
in Abhängigkeit von der Situation bewertet: “A buyer may choose one brand in one situation and another in a different situation.” (Mudambi 2002, S. 531). Aus Komplexitätsgründen wird die Arbeit die Variation der Markenrelevanz und des Positionierungserfolgsmodells ausklammern und sich auf die Betrachtung der B2BPositionierungsinhalte vor dem situativen Kontext konzentrieren. Die Forschungsfrage 5 mannifestiert sich in zwei Erkenntniszielen. Zum einen ist die Frage zu beantworten, welche Rahmenbedinungen bzw. situativen Faktoren einen Einfluss auf die Eignung von B2B-Positionierungsinhalten haben können. Dies wird in Abschnitt 4.5.1 erarbeitet. Zum anderen ist zu analysieren, welche rationalen und emotionalen B2B-Positionierungsinhalte vor dem jeweiligen situativen Kontext am besten geeignet sind. Diesbezüglich werden in Abschnitt 4.5.2 die Ergebnisse einer empirischen Analyse zu einigen ausgewählten Kontextfaktoren vorgestellt. Diese Vorgehensweise, in einem ersten Schritt zu untersuchen, welcher Zusammenhang zwischen Stimuli und den Reaktionen besteht (im diesem Fall zwischen B2BPositionierungsinhalten und B2B-Positionierungserfolg in Abschnitt 4.4) und anschließend in einem zweiten Schritt den Einfluss von Kontextfaktoren auf diese Zusammenhänge zu analysieren (vgl. aktueller Abschnitt), ist weit verbreitet (vgl. Peter, Olson 1999, S. 24). 4.5.1 Konzeptualisierung von Kontextfaktoren Die situativen Faktoren, welche die industrielle Kaufentscheidung und damit auch die Bewertung der B2B-Positionierungsinhalte beeinflussen können, sind mannigfaltig. Einen Eindruck von der Vielfalt an Kontextfaktoren gibt Tabelle 40 mit Arbeiten aus nahe liegenden Themenkomplexen. Autor
Kontext
Kontextfaktoren
Ausgewählte Arbeiten aus dem Bereich des situativen Ansatzes Hofer 1975
Situative Faktoren
Zeithaml, Varadarajan, Zeithaml 1988 Wilson, Lilien, Wilson 1991
Situative Faktoren Situative Faktoren bei industriellen Kaufentscheidungen
Umgebungsbezogene, wettbewerbsbezogene, marktbezogene und kundenbezogene Variable sowie organisationsbezogene Merkmale und Ressourcen. Umgebungsbezogene, wettbewerbsbezogene und organisatorische Merkmale Art der Kaufsituation (Neukauf vs. Wiederholung), wahrgenommenes Risiko (technisches Risiko, finanzielles Risiko)
Ausgewählte Arbeiten aus dem Bereich des ökonomischen Kaufverhaltens (vgl. Abschnitt 2.1.1.1) Webster, Wind 1972, 1972b
Johnston, Lewin 1996
Faktorengruppen, die das Kaufverhalten im B2B-Bereich bestimmen Determinanten des organisationalen Beschaffungsverhaltens
Umweltfaktoren Unternehmensfaktoren Gruppen- bzw. Buying Center-Faktoren Individuelle Charakteristika der Mitglieder im Buying Center situative, organisationale, käuferbezogene, verkäuferbezogene, gruppenbezogene, persönliche und informationsbezogene Determinanten sowie Konfliktmechanismen
264
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Autor
Kohli 1989
Kotler, Bliemel 2001, S. 384
Kontext Determinanten auf den Einfluss in organisationalen Kaufentscheidungen Einflussfaktoren beim organisatorischen Kaufprozess
Kontextfaktoren Charakteristika des Buying Centers (Größe, Vertrautheit, Verbundenheit) Charakteristika der Situation (Risiko, Zeitdruck) Charakteristika des Individuums (Einflussversuche) Umfeld (Nachfrageniveau, Konjunktur ... ), Organisation (Ziele, Grundsätze, Verfahren, Struktur, System), Interpersonelle Faktoren (Interesse, Autorität, Status, Einfühlungsvermögen, Überzeugungskraft), Individuelle Faktoren (Alter, Einkommen, Ausbildung, Position ... ) Käufer
Ausgewählte Arbeiten aus dem Bereich des B2B-Markenmanagements McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 436
Faktoren, welche die industrielle Kaufentscheidung beeinflussen
Mudambi 2002, S. 526
Segmentierung von Zielgruppen für B2BMarken
Kim, Reid, Plank, Dahlstrom 1998
Bedeutung des B2BMarkenwertes
Umwelt Organisation Interpersonal Individuell Einkäufercharakteristik (low interest, traditional, sophisticated) Kaufcharakteristik (low-risk, product-oriented, high risk) Entscheidungsprozesscharakteristik (convenience, goes by book, formal) Produktart Kaufsituation
Ausgewählte Arbeiten aus dem Bereich der Markenrelevanz im B2B-Bereich Backhaus, Schröder, Perrey 2002, S. 50, Caspar, Hecker, Sabel 2002, S. 15 und S. 3336
Kontextfaktoren, die Einfluss auf die Funktionen von B2B-Marken und damit auf die B2BMarkenrelevanz nehmen
Empirisch bestätigte Einflussgrößen auf die Markenrelevanz
Hutton 1997
Situationen, in denen B2B-Marken wichtig sind
Webster, Keller 2004
Einflussfaktoren der Markenrelevanz
Blombäck 2005
Moderatoren der Rolle von B2B-Marken
Baumgarth, Haase 2005, S. 45
Moderatoren bei der Messung der B2BMarkenrelevanz Einfluss auf die Relevanz von B2B-Marken
Bendixen, Bukasa, Abratt 2003, S. 374 f.
306
(vgl. Abschnitt 2.2.2.2)
Leistungsbezogene Kriterien (Wertigkeit/Investitionsvolumen, Wahrnehmbarkeit der Marke, Qualitätsunterschiede zwischen Marken, Erklärungsbedürftigkeit der Leistung, Öffentlichkeit der Markennutzung), Buying Center-bezogene Faktoren (Anzahl der Entscheider, Informationsstand, Kaufmännische Orientierung der BC-Mitglieder), Kaufprozesskriterien (Beschaffungskomplexität, Bedarfsfrequenz, Art des Auftragsvergabesystems), Umfeldbezogene Faktoren (Anzahl der Hersteller, Markenvielfalt, Marktlebenszyklus, technologische Dynamik) Die B2B-Markenrelevanz ist umso größer je weniger Anbieter vorhanden sind (Anbieterzahl), je einfacher der Beschaffungsprozess ist (Komplexität des Beschaffungsprozesses), je unterschiedlicher die Qualität ist (Leistungshomogenität), je mehr Beteiligte am Entscheidungsprozess teilnehmen (Anzahl der Buying Center Mitglieder) und je sichtbarer die Marke im Unternehmen ist (Sichtbarkeit der Marke). Empirisch nachgewiesen wurden: Serviceintensität Komplexität des Produktes Hohes organisatorisches Risiko (Funktionalität) und persönliches Risiko für Einkäufer Zeitdruck bzw. allgemein Ressourcenmangel Die Relevanz von B2B-Marken variiert mit der Art der Kaufsituation: Komplexität Neuheit des Kaufes Anzahl der beteiligten Personen Zeitbedarf Kaufsituation Produktart Kaufklasse Zeitdruck bekannte Subunternehmen Informationsquellen Kulturunterschiede Rolle im Buying Center Persönlichkeit des Entscheiders Buying Center Mitglieder
Tabelle 40: Ausgewählte Arbeiten zu Kontextfaktoren der industriellen Kaufentscheidung
306
Marken haben grundsätzlich einen „emotionalen Touch“ (vgl. Definition von B2B-Marke in Abschnitt 2.2.2.1). Entsprechend ist vorstellbar, dass mit der Relevanz von Marken in einem B2BSegment auch die Relevanz von emotionalen Inhalten generell steigt.
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
265
Auffällig ist, dass sich die Art und die Einteilungen der Kontextfaktoren im Großen und Ganzen in den verschiedenen Arbeiten gleichen. Interessant sind für die vorliegende Arbeit insbesondere diejenigen Kontextfaktoren, die in Arbeiten zum Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität vorgestellt werden. Hierzu ist ein Rückblick auf das Wettbewerbsdreieck von Ohmae und dessen Rolle bei der Auswahl von B2B-Positionierungsinhalten sinnvoll, nach dem das eigene Unternehmen, die Wettbewerber, die Zielgruppen sowie Umweltfaktoren als Determinanten wirken (vgl. Abbildung 12 in Abschnitt 2.2.3.4). Desweiteren ist eine retrospektive Betrachtung der Anwendungsbereiche für unterschiedliche inhaltliche B2B-Positionierungsstrategien wertvoll (vgl. Abschnitte 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3). Tabelle 41 zeigt, ergänzt und systematisiert diese Anwendungsbereiche. Dabei weisen die situativen Faktoren nicht auf eine rein rationale oder rein emotionale Positionierung hin, sondern geben vielmehr einen Hinweis auf die Gewichtung der Inhalte bei einer gemischten bzw. hybriden Positionierung.
Autoren
Kontext
Lynch, de Chernatony 2004, S. 412
B2B: Determinanten der Emotionalität im organisatorischen Kaufprozess
Lasogga 1998a, S. 56
B2B: Definition von Kommunikationsinhalten für B2BMarken B2B: Kontingenzfaktoren, die die Risikoübernahme bei strategischen industriellen Entscheidungen beeinflussen
Nippa 2001, S. 223 (auf Basis von Baird, Thomas 1985)
Hague, Hague, Harrison 2005 Saunders, Watt 1979, S. 116 Wolter, Bacon, Duhan, Wilson 1989 Barten 1997, S. 193
B2B: Gewichtung von Nutzenmerkmalen B2B: Kaufabsicht des Einkäufers B2B: Einfluss auf Einkaufskriterien B2B: Gestaltung der Kommuniktion für das industrielle Anlagengeschäft
Autoren
Kontext
Esch 2001b, S. 252 Lehman, O’Shaughnessy 1982
B2B: Positionierungseigenschaften B2B: Persönliches Risiko und Kaufkriterien von Einkäufern
Kontextfaktoren für rationale vs. emotionale B2B-Positionierungsinhalte Organisatorische Faktoren: Produkt Kaufsituation Individuelle Faktoren: Persönliche Charakterisitika Rolle und Einflussmöglichkeit im Buying Center Level des Involvement in die Kaufentscheidung Produkt Unternehmen Branche Umwelt (-veränderungen) Branchenspezifisches Organisationsumfeld Organistionsspezifika Problem- bzw. Aufgabenmerkmale Charakteristika der Entscheidungsträger Die Kontingenzfaktoren gelten laut Nippa (2001) als Bezugsrahmen sowohl für organisatorische Entscheidungen allgemein als auch für die Analyse des Einflusses von Emotionen und Intuition auf die Entscheidungsprozesse. Rolle im Buying Center Psychologischer und kultureller Hintergrund der Individuen Persönliche Einstellung des Einkäufers Buying Center Funktion (z.B. Einkäufer, Designer) bewerten emotive oder nicht-funktionale Merkmale sehr unterschiedlich Involvement der Zielgruppen (rational bei hohem und emotional bei niedrigem Involvement) (vgl. identische Hypothese im B2C-Bereich bei Homes, Crocker 1987) Kontextfaktoren die rationale B2B-Positionierungsinhalte begünstigen Märkte mit echten Innovationen Märkte mit High-Involvement Einkäufer, die “risk avoiders” sind, legen mehr Wert auf “technical attributes” und finden “rational and objective factors” wichtig (Persönlichkeit)
266
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Autoren
Kontext
Kontextfaktoren die emotionale B2B-Positionierungsinhalte begünstigen
Lasogga 1998a, S: 55; 1998b; 1998c
B2B: Bewertung von Werbung im Buying Center (Achtung: bezieht sich nur auf Akzeptanz von emotionaler Werbung, nicht auf Meinungs- und Verhaltensbeeinflussung)
Esch 2001b, S. 252
B2B: Positionierungseigenschaften
Sitte 2001, S. 73
B2B: Kaufentscheidungsprozess B2B: Marke als emotionales Element
Hohe Produktähnlichkeit Hohe Arbeits- und Informationsüberlastung Niedriges Informationsinteresse und niedriges Involvement des Entscheiders (Aktualität des Kaufes, zeitliche Distanz zur letzten Entscheidung, Produktklasse) Aufgeschlossenheit des Entscheiders gegenüber Emotionalem (auch im Privatleben erlebnis- und genußorientiert) Entscheidungsphase (positiv bei Investitionspause und Entscheidungsbeginn) Funktion des Mitarbeiters (positiv bei Kaufleuten und negativ bei Technik und EDV) Hierarchieebene des Mitarbeiters (positiv bei höheren Positionen) Gesättigte Märkte Märkte mit hoher Produkt- bzw. Leistungshomogenität Märkte mit geringem Involvement der Zielgruppen Märkte, in denen sachliche Unterschiede keine Rolle spielen Je weniger die Entscheidung von sachlichen Unterschieden abhängt Bei raschem technischen Fortschritt und schneller Imitierbarkeit Schwierigkeiten bei der Differenzierung über die Produktqualität oder den Preis
McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 433 Chernatony, McDonald 1998 Von der Oelsnitz 1995, S. 255 Wiesenthal 1987, S. 9
B2B: Produktpositionierung Allgemein: rationales vs. emotionales Handeln
Extrem technologische Produkte Hohes finanzielles Risiko (Investitionsvolumen) In Abhängigkeit der Produktart: Primär bei investiven Einzelaggregaten Aber auch bei System- und Anlagengeschäft Je größer das BC, desto eher emotionale Entscheidungen Je größer die Unsicherheit bzw. je größer die Veränderung der Randbedingungen (Dynamik), desto eher emotionale Entscheidungen
Tabelle 41: Ausgewählte Arbeiten zu Kontextfaktoren der rationalen bzw. emotionalen B2BPositionierungsstrategie
Bei der Kategorisierung der Kontextfaktoren wird auf die Systematik von Lynch und de Chernatony (2004) zurückgegriffen und zwischen kaufbezogenen und personenbezogenen Kontextfaktoren unterschieden. Die kaufbezogenen Kontextfaktoren werden weitergehend kategorisiert in Merkmale des Marktes, der Kaufsituation und der Leistung. Personenbezogene Kontextfaktoren subsumieren Merkmale des Buying Centers und Merkmale des Individuums. Jeder situative Faktor kann einer dieser fünf Kategorien zugeordnet werden. Abbildung 36 gibt einen Überblick über die Systematisierung der Kontextfaktoren in dieser Arbeit. Im Weiteren beschränkt sich diese Arbeit auf wenige markante Faktoren: die Produktart, die Häufigkeits des Kaufes, die Funktion des Mitarbeiters, die Position des Mitarbeiters, das Ausmaß der Entscheidungsbeeinflussung und die Größe des Buying Centers. Die Gründe für diese Eingrenzung liegen zum einen in der Tatsache, dass dem Umfang einer Befragung Grenzen gesetzt sind (z.B. Fragebogenlänge, Zeitbedarf). Zum anderen waren manche Kontextfaktoren zwar Bestandteil der Befragung, zeigten jedoch im Nachhinein bei der Gruppierung eine zu geringe Teilstichprobe, so dass die statistischen Methoden nicht angewandt werden konnten.
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
267
Kontextfaktoren
Kaufbezogene Faktoren
Markt/Branche/ Unternehmen
Kaufsituation
Umwelt Branche Marktkomplexität Marktdynamik Marktsättigung
Investitionsvolumen Häufigkeit des Kaufes Entscheidungsphase Arbeits- und Informationsüberlastung
Personenbezogene Faktoren
Leistung Produktart Technologische Komplexität Technologische Dynamik, Innovationsgrad Sichtbarkeit der Leistung Leistungshomogenität
Buying Center Funktion Position Ausmaß des Einflusses eines Mitgliedes („Entscheider“) Größe des Buying Centers
Individuum Geschlecht Involvement im Kaufprozess (affektives vs. kognitives Involvement) Persönlichkeit Wahrgenommenes Risiko bzw. Unsicherheit Aufgeschlossenheit gegenüber Emotionen
Abbildung 36: Übersicht der Kontextfaktoren zur Auswahl von rationalen und emotionalen B2B-Positionierungsinhalten
4.5.1.1 Kaufbezogene Kontextfaktoren In Bezug auf die kaufbezogenen Kontextfaktoren werden lediglich (1) die Produktart und (2) die Häufigkeit des Kaufes betrachtet. (1) Leistungen können im B2B-Bereich von sehr unterschiedlicher Natur sein. Die Spannweite reicht vom Kauf von Arbeitsutensilien wie Schraubenziehern oder Bleistiften bis hin zu komplexen Anlagen wie einer Fertigungsstraße oder eines neuen EDV-Systems. In Abschnitt 2.2.1.1 wurden mehrere Varianten zur Klassifikation von Produkten vorgestellt. Gleichzeitig wurde begründet und definiert, dass allgemein von Industriegütern gesprochen wird, welche sich in Investitionsgüter und Produktionsgüter unterscheiden lassen (vgl. Freter, Baumgarth 1996, S. 484; Freter, Baumgarth 1998, S. 8; Homburg 1995, S. 50; Pfeiffer, Bischoff 1974, Sp. 920). (2) Die Kaufhäufigkeit drückt den „Wiederholungsgrad“ des Kaufprozesses aus (vgl. Backhaus 2003, S. 104). Sie kann vom einmaligen Kaufakt bis hin zu regelmäßigen Routinekäufen variieren. Bekannte Modelle wie der Kaufklassenansatz von Robinson, Faris und Wind (1967), der die drei Kategorien Neukauf, unmodifizierter Wiederkauf und modifizierter Wiederkauf unterscheidet, bilden diese Thematik ab. 4.5.1.2 Personenbezogene Kontextfaktoren Als personenbezogene Kontextfaktoren werden insbesondere diejenigen Faktoren betrachtet, welche die Rolle des Individuums im Buying Center beschreiben, und
268
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
nicht Faktoren, die rein das Individuum betrachten307. Mehrere Ansätze versuchen, Individuen im Buying Center zu erfassen: Buying Center Struktur nach Webster und Wind (1972, S. 78 ff.), Promotoren-Modell nach Witte (1973, 1976), Informationsverhaltenstypologie nach Strothmann (1979, S. 90 ff.) und Buying Network-Ansatz von Bristor (1987) oder Johnston und Bonoma (1981) (vgl. Abschnitt 2.1.1.1). Welches Konzept den größten empirischen Beitrag liefert ist nicht nachgewiesen; vielmehr empfiehlt sich eine integrative Betrachtung (vgl. Backhaus 2003, S. 101). Problematisch bei den Konzepten ist die Zuteilung der Personen, da erstens ein Individuum mehrere abgrenzte Rollen einnehmen kann und zweitens einige Rollen wie der „Informationsselektierer“ bei Webster und Wind (1972) schwer zu fassen sind, so dass eine Selbsteinteilung der Individuen in der Praxis kritisch zu betrachten ist (vgl. Backhaus 2003, S. 75 ff.). Aus diesem Grund wird, wie in vielen empirischen Untersuchungen im B2B-Bereich, von komplexen Buying Center Konzeptionen Abstand genommen (vgl. Homburg, Rudolph 1998, S. 244). Stattdessen werden Kontextfaktoren verwendet, die in der Praxis sorglos abzufragen sind: (1) die Funktion, (2) die Position, (3) der Grad des Einflusses im Buying Center und (4) die Größe des Buying Centers (vgl. auch für das Marketing relevante Merkmale von Mehrpersonenentscheidungen bei Engelhardt, Günter 1981, S. 40 ff.; Fitzgerald 1989, S. 212 f.). (1) Die Funktion bezeichnet den im Organigramm eines Unternehmens festgelegten Aufgabenbereich eines Mitarbeiters (vgl. Backhaus 2003, S. 75). Trommer (1984, S. 89) hat untersucht, welche Personen bzw. Funktionsbereiche in welcher Phase des Entscheidungsprozesses beteiligt sind. Er berichtet von folgenden Verteilungen: Anfangsinitiative (besonders Forschung und Entwicklung sowie Technische Leitung), generelle Entscheidung über die Investition (besonders Geschäftsführung und Technische Leitung) und Entscheidung über Anbieter (besonders Einkauf und Technische Leitung). Nach dieser Studie wird die endgültige Entscheidung vom Einkauf und der technischen Leitung getroffen. Obwohl Tellefsen (2002, S. 651) seine Analyse auf Einkäufer begrenzt, kritisiert er, dass die Mehrzahl der B2B-Studien sich auf eine Art von Buying Center Mitglied – entweder Einkäufer oder Geschäftsführer - beschränkt. Techniker werden zu Unrecht in vielen Untersuchungen vernachlässigt: „Technical specialists must be specifically targeted because of their propensity to reward more generously the strong brand and the fact, that they are sometimes the ones who make the final brand choice decision” (Bendixen, Bukasa, Abratt 2003. S. 379).
307
Wilson und Woodside (1994) ermittelten in ihrer empirischen Untersuchung, dass sogenannte „rationale“ Faktoren, wie die Rolle im Buying Center oder das Expertenwissen, mehr zum Einfluss des Individuums im Buying Center beitragen als persönliche „emotionale“ Faktoren, wie demographische oder psychologische Charakteristika.
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
269
(2) Mit Position wird die hierarchische Stellung der Beteiligten in einem Unternehmen bezeichnet. Der Einfluss von Führungskräften auf die industrielle Entscheidung ist einleuchtend (vgl. auch eine Untersuchung des Spiegel-Verlags 1967, S. 7). (3) Eng mit der hierachischen Stellung verbunden ist der Einfluss auf die Entscheidung im Buying Center. Nach der Art bzw. dem Grund des Einflusses unterscheidet Witte (1973) zwischen Fach- und Machtpromotoren (vgl. Abschnitt 2.1.1.1). Für die vorliegende Arbeit ist aber weniger der Ursprung des Einflusses als vielmehr die Stärke des Einflusses relevant, um die sogenannten „Entscheider“ selektieren zu können (vgl. Abschnitt 2.1.1.1). (4) Die Mehrzahl der industriellen Kaufentscheidungen wird von mehreren Personen getroffen (vgl. Multipersonalität in Abschnitt 2.2.1.2). Eine Untersuchung des SpiegelVerlags (1967, S. 6) ermittelte eine durchschnittliche Buying Center Größe von 2 bis 4 Mitarbeitern. Die Besonderheit der Multipersonalität im Buying Center hat zur Folge, dass bei industriellen Kaufentscheidungen die einzelnen Mitglieder aufgrund ihrer Funktionen im Unternehmen unterschiedliche Interessen, Informationsbedürfnisse, Wünsche, Anforderungen und Kaufkriterien haben (vgl. Baumgarth 2004, S. 86; Sudharshan, Winter 1998, S. 15 f.; Voeth, Rabe 2004, S. 91; McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997, S. 436; Pförtsch, Schmid 2005, S. 140). „Each member of the buying center is likely to give priority to very different decision criteria“ (Webster, Keller 2004, S. 395). Diese divergierenden Interessen sind mitunter nicht nur unterschiedlicher Art, sondern können einander sogar teilweise entgegenstehen. Beispielsweise achten Anwender auf Informationen über Anwendungsmöglichkeiten, Finanzpersonal und Einkäufer auf den Startpreis sowie die Instandhaltungskosten, Produktionsleiter auf Durchlaufzeiten und die Produktqualität sowie Sicherheitsexperten auf ein geringes Risiko (vgl. Hague, Hague, Harrison 2005; Homburg, Krohmer 2003, S. 896; Webster, Keller 2004, S. 395; vgl. Übersicht über Funktionsbereiche und deren Entscheidungskriterien bei Brierty, Eckles, Reeder 1998, S. 91 und in Tabelle 54). Neben den individuellen Anforderungen der einzelnen Buying Center Mitglieder sind bei der industriellen Kaufentscheidung auch formal definierte organisatorische Anforderungen zu erfüllen (vgl. Abschnitt 4.1.1). Industriegüteranbieter werden mit dieser Heterogenität der Bedürfnisse konfroniert und müssen ihr gerecht werden (vgl. Homburg, Krohmer 2003, S. 896; vgl. auch Doppelte Pluralität bei B2B-Marken in Abschnitt 2.2.2.1). Dies gilt insbesondere auch für die B2B-Marke und ihre Positionierung am Markt. Die „...Pluralität von Bedürfnissen und verfügbaren Informationen führt dazu, dass Industriegütermarken aus verschiedenen Blickwinkeln beurteilt werden, die jeweils andere Bewertungsmäßstäbe
270
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
ansetzen.“ (Voeth, Rabe 2004, S. 91). Die Definition von B2B-Positionierungsinhalten, die ein konsistentes Image bei der Zielgruppe generiert, gestaltet sich vor diesem Kontext sehr schwierig (vgl. Thompson, Knox, Mitchell 1998, S. 30; vgl. auch Abschnitt 4.4). Am effektivsten wäre eine Fokussierung auf die Zielgruppe der „Entscheider“ innerhalb des Unternehmens. Doch diese Zielgruppe ist schwer ausfindig zu machen, da die Entscheidungsgewalt in jedem einzelnen Unternehmen eine Funktion der Unternehmensgröße, der Hierarchiestufen, der Unternehmenskultur etc. ist. Statt dem Fokus auf wenige Entscheider kann es stattdessen sinnvoll sein, bei allen Zielgruppen, die mit der B2B-Marke in Berührung kommen, einen positiven Eindruck zu hinterlassen (vgl. Bendixen, Bukasa, Abratt 2003, S. 379). Geschäftsführung
Produktion Ein Kern ist für alle Mitglieder des Buying Centers relevant (z.B. Leistung) („kleinster gemeinsamer Nenner“)
„Entscheider“ Positionierungsinhalte, die für mehrere Mitglieder des Buying Centers relevant sind (z.B. Preis) Arbeitssicherheit
Positionierungsinhalte, die nur für ein Buying Center Mitglied relevant sind (z.B. Rabattsystem) Einkauf
Technik
Abbildung 37: Positionierung einer B2B-Marke vor dem Kontext der Heterogenität der Bedürfnisse
Ein möglicher Lösungsansatz besteht darin, den kleinsten gemeinsamen Nenner über alle Anforderungsprofile zu finden (vgl. Kemper 2000, S. 254). Ein alternativer Lösungsansatz ist, die geforderte Konzentration auf ein bis zwei Positionierungsinhalte zu vernachlässigen und stattdessen mehrere Positionierungsinhalte zu verwenden (vgl. zur Konzentration Abschnitt 2.2.3.4 und Fußnote 157). „…business brands may have to work on more than one level to accommodate the variability in the processing of brand information and the brand responses of buying centre members“ (Lynch, de Chernatony 2004, S. 406). Voraussetzung hierfür ist, dass die Anforderungen einzelner Buying Center Mitglieder getrennt voneinander analysiert werden: „It would be useful to explore whether these individuals have different personal needs that may be addressed by suppliers. If so, than suppliers might be able to develop different personal benefit bundles for different key members of buying firms“ (Tellefsen 2002, S. 651). Abbildung 37 stellt diese Heterogenität der Bedürfnisse graphisch dar.
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
271
4.5.2 Empirische Analyse zu Kontextfaktoren der B2B-Positionierung Zunächst werden in Abschnitt 4.5.2.1 die zentralen Kontextfaktoren operationalisiert. Da zur Erfassung der Kontextfaktoren keine komplexen Konstrukte zum Einsatz kommen, entfällt ein eigenständiger Abschnitt zur Konstruktmessung. Sind Gütekriteren existent, werden diese direkt bei der Operationalisierung aufgeführt. In Abschnitt 4.5.2.2 folgt die Formulierung von Hypothesen in Bezug auf die Wirkung der Kontextfaktoren. Schließlich werden in Abschnitt 4.5.2.3 die Resultate der Hypothesenprüfung vorgestellt. 4.5.2.1 Operationalisierung der Kontextfaktoren und Konstruktmessung Die Operationalisierung der „Produktart“ richtet sich streng an der Kategorisierung von B2B-Produkten in Abschnitt 2.2.1.1. Dort wurde definiert, dass zwischen Investitionsgütern und Produktionsgütern differenziert wird (vgl. Freter, Baumgarth 1996, S. 484; Freter, Baumgarth 1998, S. 8; Homburg 1995, S. 50; Pfeiffer, Bischoff 1974, Sp. 920). Beide Produktarten werden mit einigen Beispielen verdeutlicht. Industrielle Dienstleistungen werden nicht betrachtet. Die Befragten konnten bei der Beantwortung des Fragebogens die Art des betrachteten Produktes frei wählen. Die Verteilung der Antworten ist mit 52% und 48% sehr ausgewogen (vgl. Tabelle 42). Beide Produktarten fließen in die spätere Analyse als zwei separate Gruppen ein. Prozent Indikator Skala Anzahl der Antworten Konstrukt „Produktart“ Bitte legen Sie sich auf den Kauf eines bestimmten Produktes fest, an dessen Kaufprozess Sie beteiligt waren. Um welche Art von Produkt handelt es sich? x1a Investitionsgut, z.B. Maschine, Anlage, 96 52% Betriebsausstattung Nur ein Kreuz setzen. x1b Produktionsgut, z.B. Rohstoffe, Bauteile, 87 48% Hilfsstoffe, Betriebsstoffe
Tabelle 42: Produktart - Operationalisierung und deskriptive Werte
Reliabilität Indikator
Konstrukt „Kaufhäufigkeit“ X3 Wir kaufen das Produkt sehr regelmäßig ein. X4
Der Kauf des Produktes ist für uns Routine.
Extremausprägungen der 5er Skala
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen
3,72
1,563
1 bis 5
Cronbach sches Alpha (stand.)
Korr. Item-toTotalKorrelation 0,899
0,946 3,67
1,483
1 bis 5
EFA Durch einen Faktor erklärte Varianz
94,94% 0,899
Tabelle 43: Kaufhäufigkeit - Operationalisierung, deskriptive Werte und Gütekriterien
Die beiden Indikatoren zur Messung des Kontruktes „Kaufhäufigkeit“ wurden in Anlehnung an Anderson, Chu, Weitz (1987) operationalisiert (vgl. Tabelle 43). Für die folgende Analyse der Kontextfaktoren wurden die beiden Indikatoren zu einem Index
272
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
zusammengefasst. Anschließend wurden die Antworten in zwei Gruppen eingeteilt: „seltener Kauf“ (1,00 bis 2,99) und „häufiger Kauf“ (3,01 bis 5,00)308. Die Konstrukte „Funktion“ und „Position“ werden über Nominalskalen erfasst. Die betrachteten Funktionsbereiche hängen von der Art der Untersuchung ab. Da die vorliegende Arbeit industrielle Kaufentscheidungen betrachtet, werden die Funktionsbereiche betrachtet, die in empirischen Untersuchungen am häufigsten genannt werden: Einkauf, Technik und Produktion (vgl. Homburg, Rudolph 1998, S. 244 und dortige Autoren; vgl. auch Rudolph 1998, 135; Sudharshan, Winter 1998, S. 15 f.). Befragte, die sich in diesen drei Bereichen nicht wiederfanden, konnten ihren Funktionsbereich unter „Sonstiges“ eintragen. Die Operationalisierung der Positionen ist ebenfalls in drei Abstufungen – Geschäftsführung, Mittleres Management, Sachbearbeiter – gegliedert und lässt ein Feld „Sonstiges“ für weitere Einträge offen (vgl. auch Hüttmann 2003, S. 243). Die Analyse der Kontextfaktoren betrachtet jede Funktion und Position als einzelne Gruppe (vgl. auch Tabelle 44). Die Eintragungen unter „Sonstiges“ wurden nicht betrachtet, da diese zu heterogen sind. Indikator Konstrukt „Funktion“ In welchem Funktionsbereich arbeiten Sie? x127 Einkauf a Technik Produktion Sonstiges, und zwar: ... Konstrukt „Position“ Was ist Ihre Position in dem Unternehmen? x127 Geschäftsführung b Mittleres Management Sachbearbeiter Sonstiges, und zwar:
Skala
Anzahl
Prozent der Antworten
Nur ein Kreuz setzen.
111 24 15 12
68,50% 14,80% 9,30% 7,40%
Nur ein Kreuz setzen.
36 117 21 3
20,30% 66,10% 11,90% 1,70%
Tabelle 44: Funktion und Position - Operationalisierung und deskriptive Werte
Der Grad, in dem ein Individuum „Einfluss auf die Entscheidung“ des Buying Centers nimmt, wird über drei Indikatoren gemessen (vgl. Tabelle 45). Diese sind in Anlehnung an Kohli (1989, S. 63; „Informant Self-Perceived Influence“) und Farrell, Schroder (1996, S. 302; „Manifest Influence“) operationalisiert309. Die drei Indikatoren werden zu einem Index aggregiert. Um die Wirkung des Kontextfaktors „Einfluss auf die Entscheidung“ testen zu können, werden zwei Gruppen gebildet. Dabei erfolgt eine extreme Selektion, die nur diejenigen Befragten als „Entscheider“ selektiert, die
308
309
Fälle mit einem Index von 3,00 liegen genau in der Mitte der Skala und sind keiner Gruppe zuzuordnen. Es wurden sechs Fälle entfernt. Zur Vorgehensweise vergleiche auch Einwiller (2003, S. 195), der die Stichprobe entlang einer Moderatorvariablen in zwei Gruppen unterteilt und ebenfalls Fälle aus der „Mittelkategorie“ ausschließt, um die Homogenität in den Gruppen und die Heterogenität zwischen den Gruppen zu erhöhen. In der Literatur werden verschiedene Verfahren zur Messung der Einflussstärke von Buying Center Mitgliedern vorgeschlagen (vgl. Backhaus 2003, S. 92 ff.; Büschken 1994; Voeth 2002a). Allgemein zu einem umfassenden Überblick über die Messung des „Einflusses“ in Buying Centern vergleiche Büschken (1997b).
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
273
bei allen drei Aussagen mit voller Zustimmung geantwortet haben: „Kaum Einfluss“ (1,00 bis 4,99) und „Sehr hoher Einfluss“ bzw. „Entscheider“ (nur 5,00). Reliabilität Extremausprägungen der 5er Skala
Indikator
Konstrukt „Entscheider“ X91 Welchen Einfluss haben Sie auf die Meinung Ihrer Kollegen? X92 Welchen Einfluss haben Sie auf die endgültigen Kaufkriterien? X93 In welchem Ausmaß beeinflussen Sie die getroffene Entscheidung?
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen
4,13
0,801
2 bis 5
4,18
0,880
1 bis 5
4,25
0,825
2 bis 5
1 = „Stimme gar nicht zu“ 5 = „Stimme voll zu“
Cronbach sches Alpha (stand.)
Korr. Item-toTotalKorrelation
EFA Durch einen Faktor erklärte Varianz
0,604
0,725
0,830
74,73%
0,746
Tabelle 45: Entscheider – Operationalisierung, deskriptive Werte und Gütekriterien
Die „Größe des Buying Centers“ wird direkt über die Anzahl der Personen erfragt, ohne Vorgabe von Antwortmöglichkeiten (vgl. Kohli 1989, S. 62). Die Spannweite der Antworten reicht von einer Person bis 20 Personen. Im Durschschnitt nehmen 4,09 Personen an einer industriellen Kaufentscheidung teil (vgl. Tabelle 46). Zur Analyse der Buying Center Größe als Kontextfaktor wird zwischen „Kleinen Buying Centern“ (1 bis 3 Personen) und „Großen Buying Centern“ (4 und mehr Personen) unterschieden. Hieraus ergab sich eine gut verteilte Stichprobe von 90 kleinen und 78 großen Buying Centern. Indikator Konstrukt „Größe des Buying Center“ X82 Wie viele Personen sind durchschnittlich am Kauf des Produktes beteiligt?
Extremausprägungen der 5er Skala
Mittelwert
Standardabweichung
Spannweite der Variablen
Offene Frage
4,09
3,213
1 bis 20
Tabelle 46: Größe des Buying Centers – Operationalisierung und deskriptive Werte
4.5.2.2 Hypothesenformulierung Eine Grundannahme ist, dass sowohl rationale als auch emotionale Positionierungsinhalte zum Erfolg einer B2B-Marke beitragen können und, dass die Eignung der unterschiedlichen Positionierungsinhalte von Kontextfaktoren abhängt: „Für das Markenmanagement kann ein hoher Kontextbezug festgestellt werden. In Abhängigkeit von den Merkmalen der Entscheidungssituation sind eher ideel/symbolische oder funktionale Dimensionen der Markenkompetenz für Nachfrager relevant.“ (Willrodt 2004, S. 184; vgl. auch Abschnitt 2.1.1.2.1). Welche Auswirkungen die vorgestellten ausgewählten Kontextfaktoren haben können wird nunmehr begründet. Es kommt weniger auf Globalaussagen an, ob vor einem Kontext tendenziell nur rationale oder nur emotionale Positionierungsinhalte geeignet sind, sondern vielmehr auf eine differenzierte Betrachtung, welche rationalen Inhalte und welche emotionalen Inhalte vor einem bestimmten Kontext wirken. Dennoch werden in der
274
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
Literatur diskutierte Annahmen zu Globalaussagen zur Vorteilhaftigkeit von rationalen und emotionalen Inhalten kurz vorgestellt und Hypothesen abgeleitet. Da die Erkenntnisse vor dem B2B-Kontext rudimentär sind, herrscht im weiteren Verlauf ein explorativer Charakter der Arbeit vor. Sofern aus nahe liegenden Forschungsarbeiten Hypothesen vorliegen, werden diese zitiert, aber auch kritisch hinterfragt und konferiert. In diesem Zusammenhang werden bereits vor der empirischen Überprüfung Unstimmigkeiten bzw. unterschiedliche Argumentationen debattiert. Als Produktart werden Investitionsgüter und Produktionsgüter betrachtet (vgl. Abschnitt 2.2.1.1 und 4.5.2.1). Die optimale rationale und emotionale Positionierung von B2B-Marken kann von der Produktart abhängen: „Branding strategy obvisously needs to be tailored to the specific product type“310 (Webster, Keller 2004, S. 392; vgl. auch Lehmann, O’Shaughnessy 1974, S. 36 f.; Lynch und de Chernatony 2004; Lasogga 1998a). Konkret in Bezug auf das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität bei der Positionierung proklamiert Von der Oelsnitz (1995, S. 255), dass emotionale Elemente bevorzugt im Bereich von investiven Einzelaggregaten, Systemgeschäften und Anlagengeschäften eingesetzt werden können. In der vorliegenden Arbeit lassen sich diese drei Produktarten unter dem Begriff „Investitionsgüter“ subsumieren. Hieraus abgeleitet lautet eine Hypothese: H1: Investitionsgüter begünstigen den Einsatz Positionierungsinhalten stärker als Produktionsgüter.
von
emotionalen
B2B-
Dies kann damit begründet werden, dass der Kauf von Investitionsgütern im Vergleich zu Produktionsgütern mit einer höheren Unsicherheit behaftet ist. Unsicherheit kann aufgrund der hohen Investitionskosten und aufgrund der mangelnden Erfahrung beim Kauf entstehen, da Investitionsgüter in der Regel selten gekauft werden. Emotionale Aspekte wie Zuverlässigkeit, positive Ausstrahlung bzw. Reputation können Sicherheit vermitteln. Der Kauf von Produktionsgütern ist hingegen meist Routine, das Involvement ist niedrig und das empfundene Kaufrisiko ist sehr gering. Gleichzeitig lassen sich jedoch auch Gegenargumente finden, die dafür sprechen, dass bei Investitionsgütern insbesondere rationale Argumente von zentraler Bedeutung sein könnten. Der Kaufprozess von Investitionsgütern dauert sehr lange. Aufgrund des seltenen Kaufs und der hohen Investitionskosten, sind das Informationsbedürfnis und das Involvement der Einkäufer sehr hoch. Bei hohem Involvement, hohem Informationsinteresse und einem lange dauernden Kaufprozess ist davon auszugehen, dass Einkäufer insbesondere detaillierte Informationen bzw. rationale Argumente abwägen
310
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass einige Autoren die Wirkung von Produktarten zum Anlaß nehmen, um diese in „hedonic products“ und „utilitarian products“ (vgl. de Kempf 1999) oder „feel products“ und „think products“ (vgl. Peter, Olson 1999, S. 416) einzuteilen.
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
275
(vgl. Lassoga 1998b, S. 84). Die Aussagekraft der Hypothese wird damit eingeschränkt. Lynch und de Chernatony (2004) proklamieren, dass die Vorteilhaftigkeit von rationalen und emotionalen Inhalten bei B2B-Marken mit der Kaufsituation variiert. Ein Kennzeichen der Kaufsituation ist die Kaufhäufigkeit. In Bezug auf die Kaufhäufigkeit unterscheiden Robinson, Faris und Wind (1967) zwischen absolutem Neukauf, modifiziertem Wiederkauf und unmodifiziertem Wiederkauf. Diese drei Arten unterscheiden sich in Bezug auf die Kauferfahrung, das Informationsbedürfnis und der Suche nach Alternativen. Nach Doyle, Woodside und Mitchell (1979, S. 11) gehen die Kategorien zudem mit einer unterschiedlichen Zeitdauer einher: 1 Woche bis 7 Monate bei einem unmodifizierten Wiederkauf und 7 Monate bis 5 Jahre bei einem Neukauf. Einige dieser Aspekte wurden bereits indirekt bei der Produktart diskutiert. Die obige Argumentation kann insofern übertragen werden. Bei einem Routinekauf sind das Informationsinteresse und die empfundene Unsicherheit relativ gering. Bei einem Neukauf oder seltenen Kauf hingegen sind die industriellen Entscheider mit Informationen überlastet und empfinden eine hohe Unsicherheit. Je seltener ein Kauf wiederholt wird, desto größer sind die Risiken, weil keine Lerneffekte bestehen (vgl. Engelhardt, Günter 1981, 53). Aus dieser Sicht sind die Entscheider bei seltenem Kauf gegenüber Emotionen, die Sicherheit versprechen und damit die Entscheidung erleichtern, aufgeschlossen. Gleichzeitig könnte argumentiert werden, dass bei einem seltenen Kauf bevorzugt rationale Inhalte betrachtet werden, da das Involvement hoch ist. Auf die Formulierung einer Hypothese wird deshalb an dieser Stelle verzichtet. Im Bereich der personenbezogenen Kontextfaktoren stellen viele Autoren die Behauptung auf, dass die Rolle im Buying Center einen Einfluss auf die Beurteilung von rationalen und emotionalen Inhalten von B2B-Marken ausübt (vgl. Lynch, de Chernatony 2004; Hague, Hague, Harrison 2005; Wolter et al. 1989; Häusel 2004, S. 9; vgl. Tabelle 41). Lynch und de Chernatony (2004, S. 406) konstatieren: „...while some organisational buyers may be strongly influenced by functional brand values, the brand selection criteria of other buying center members may be based on more emotional considerations“. Die Rolle im Buying Center kann einerseits an formalen Charakteristika wie der Funktion oder der Position des Mitglieds festgemacht werden und andererseits an essentiellen, wenngleich möglicherweise auch informellen, Charakteristika wie dem Einfluss auf die Entscheidung. Lassoga (1998c, S. 308) ermittelte in seiner Studie zu emotionalen Kommunikationsinhalten bei B2B-Marken Unterschiede in der Akzeptanz zwischen verschiedenen Funktionsbereichen. Nach seinen Ergebnissen sind kaufmännische Mitarbeiter Emotionen gegenüber aufgeschlossener als Mitarbeiter aus der Technik. Gründe
276
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
hierfür sind in der Tatsache zu sehen, dass Personen mit hoher technischer Affinität gegenüber immateriellen und weichen Aspekten, wie dem Marketing allgemein, sowie speziell Marken und Emotionen gegenüber, äußerst skeptisch sind (vgl. Schröter 1993, S. 225; Galinowski 2003, S. 7; Schwarz 2003, S. 11; vgl. besonders Abschnitt 4.2.1). Demgegenüber haben kaufmännische Mitarbeiter zwar auch eine rational geprägte Sichtweise, indem sie Preise und Kennzahlen überwachen, haben aber aufgrund ihrer Ausbildung auch eine marktorientierte Denkweise kennen gelernt. Daraus ergibt sich die Hypothese: Mitarbeiter mit kaufmännischem Hintergrund sind gegenüber emotionalen H2: B2B-Positionierungsinhalten mehr aufgeschlossen als Mitarbeiter mit technischem Hintergrund. Die Hypothese drückt jedoch lediglich eine in der Literatur vermutete Tendenz zur „Aufgeschlossenheit“ gegenüber Emotionalem aus. Einschränkend sei hier erwähnt, dass auch kaufmännische Funktionsbereiche rationale Argumente sehr schätzen. So legt ein Mitarbeiter aus dem Einkauf mit dem Kaufpreis, dem Rabattsystem und den Instandhaltungskosten großen Wert auf rationale Merkmale. Gleichzeitig können auch Techniker Emotionen zeigen, die sich überwiegend in Form von „TechnikBegeisterung“ ausdrücken (vgl. Lasogga 1998c, S. 84). Ein weiteres Resultat von Lassoga 1998c S. 84) besagt, dass die Akzeptanz von emotionalen Inhalten im B2B-Bereich bei hohen Hierarchieebenen bzw. Positionen größer ist. Mitarbeiter auf hoher Hierarchieebene verfügen tendenziell über viel Erfahrung in ihrem Geschäftsfeld. Meist stehen sie unter Zeitdruck und sind mit vielfältigen Aufgaben betraut. Entscheidungen können aus Zeitgründen nicht auf Basis von vollständigen Informationen getroffen werden. Zudem haben diese Mitarbeiter aufgrund ihrer bisherigen Erfolge und hohen Positionen eher die Freiheit, ihre Entscheidungsheuristik frei zu wählen und auch den Gebrauch von Intuition zuzugeben. Ein Mitarbeiter auf niedriger Hierarchieebene hingegen wird bei seiner Entscheidung stark von den externen Vorgaben und Erwartungen im Unternehmen beeinflusst. Er muss seine Entscheidung vor seinen Vorgesetzten rechtfertigen und wird deshalb tendenziell hartnäckiger auf rationale Inhalte achten. Daraus ergibt sich folgende Hypothese: Mitarbeiter auf hohen Hierarchieebenen sind gegenüber emotionalen B2BH3: Positionierungsinhalten mehr aufgeschlossen als Mitarbeiter auf niedrigen Hierarchieebenen. Bei der Betrachtung von Buying Centern ist die Selektion von Mitarbeitern, die großen Einfluss auf die Entscheidung haben - sogenannte „Entscheider“ - besonders interessant (vgl. Abschnitte 2.1.1.1 und 3.1.1). Obwohl diese Zielgruppe von zentra-
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
277
ler Bedeutung ist, existieren keinerlei Arbeiten, welche sie in einen Bezug zu rationalen oder emotionalen Kommunikationsinhalten setzen. Die Machtposition der Entscheider kann auf formeller oder informeller Macht basieren. Argumentiert man über formelle Machtpositionen, können die Diskussion und die Annahmen zu Hierarchieebenen übernommen werden. Bei informellen Machtpositionen ist die Ableitung von Annahmen schwierig. Auf die Formulierung einer Hypothese wird deshalb verzichtet. Schließlich ist es eine neue aber interessante Idee, die Vorteilhaftigkeit von emotionalen und rationalen B2B-Positionierungsinhalten vor dem Hintergrund der Größe des Buying Centers zu betrachten. Nach Wiesenthal (1987, S. 9) und Olson (1965) ist rationales Entscheiden umso schwieriger, je mehr Personen an einer Entscheidung beteiligt sind. Jedes Buying Center Mitglied verfolgt, entsprechend seiner Rolle im Buying Center, eigene Ziele bei der Entscheidung. Es ist vorstellbar, dass sich diese aus Sicht der Einzelnen rationalen Entscheidungen gegenseitig widersprechen und nur ein Kompromiß durchsetzbar ist. Damit verliert der Entscheidungsprozess an Rationalität. Dennoch hat dies keine Aussagekraft über die Art der Inhalte, die bei der Entscheidung herangezogen werden. Erstens kann ein großes Buying Center bedeuten, dass viele Mitarbeiter mit Spezialwissen zu einem bestimmten Funktionsbereich vertreten sind, die nach rationalen Inhalten suchen. Zweitens steigt mit der Anzahl der Personen, vorausgesetzt es besteht Arbeitsteilung, die zeitliche Kapazität, die für eine Entscheidung verwendet werden kann. Dadurch können Entscheidungen auf der Grundlage einer umfangreichen Informationsbasis getroffen werden. Und drittens ist sicher, dass eine steigende Zahl an Teilnehmern damit einhergeht, dass die Entscheidungen gemeinsam diskutiert werden und jeder seinen Standpunkt öffentlich rechtfertigen muss. Da in der westlichen Weltanschauung Rationalität als Überlegen gilt, werden in offiziellen Diskussionen in Buying Centern vermehrt rationale Argumente herangezogen311 (vgl. Domagalski 1999, S. 835; vgl. auch Abschnitt 4.2.1). Ist das Buying Center hingegen sehr klein, kann die Entscheidung von ein bis zwei Personen getroffen werden. Diese stehen vermehrt unter Zeitdruck und verfügen unter Umständen nicht über Spezialwissen, um einzelne rationale Fakten beurteilen zu können. Sie müssen die herangezogenen Entscheidungskriterien in geringerem Maß diskutieren und sind deshalb vermutlich für emotionale Inhalte empfänglicher. Damit lautet die Hypothese: Je größer das Buying Center, desto eher werden H4: Positionierungsinhalte bei der Entscheidung berücksichtigt.
311
rationale
B2B-
Ebenso wie in der Neoklassischen Ökonomie das Menschenbild des „homo oeconomicus“ auf das Individuum aufgelegt wird, so wird dieselbe Verhaltensweise auch bei den Gruppenentscheidungen im B2B-Bereich unterstellt (vgl. Miller, Hickson, Wilson 1996, S. 295).
278
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
4.5.2.3 Resultate der Hypothesenprüfung Um die Wirkung der Kontextfaktoren zu analysieren, wurde für jede Ausprägung eines Kontextfaktors eine separate multiple Regressionsanalyse durchgeführt. Zur Mehrgruppenanalyse wurde die Regressionsanalyse verwendet, da diese im Vergleich zur Kausalanalyse bei geringeren Teilstichproben möglich ist (vgl. Vorgehensweise in Abschnitt 3.2.2). Zudem zeigt der Methodenvergleich in Abschnitt 4.4.3.2, dass die Regressions- und die Kausalanalyse zu einheitlichen Ergebnissen führen. Zur Komplexitätsreduktion wurde lediglich eine zentrale Erfolgskennzahl betrachtet - die Kaufbereitschaft. Die Resultate sind in den folgenden Tabellen dargestellt, wobei lediglich die zentralen Resultate knapp kommentiert werden. Zu den Gütekriterien der multiplen Regressionsanalyse wie dem R2 und den Signifikanzniveaus wird auf die Abschnitte 3.2.2 und 4.4.3.2.2 verwiesen. Die Resultate zur Produktart zeigen, dass die Vorteilhaftigkeit von emotionalen B2BPositionierungsinhalten nicht eindeutig von der Produktart abhängt (vgl. Tabelle 47). Damit wird die aufgestellte Hypothese abgelehnt (vgl. Abschnitt 4.5.2.2). Investitionsgüter umfassen meist sehr komplexe Systeme oder Anlagen und sind mit hohen Investitionsvolumen verbunden. Dazu passt, dass bei der Kaufentscheidung insbesondere die Integrationsfähigkeit und die Bereitschaft zur Preisverhandlung eine Rolle spielen. Zudem wirken sich Bodenständigkeit und Ausstrahlung der Anbieter bei Invesitionsgütern positiv auf die Kaufbereitschaft aus. Bei Produktionsgütern hingegen wirken B2B-Anbieter positiv, die auf Erfahrungen verweisen können und gute Ratschläge geben. Der F-Test zeigt, dass die Ergebnisse zu den emotionalen Faktoren bei den Produktionsgütern nicht auf die Grundgesamtheit übertragen werden können. Abhängige Variable: Kaufwahrscheinlichkeit
Unabhängige Variable 2 R F-Test (Konstante) RF1 Integration RF2 Informationsfülle RF3 Erfahrung RF4 Ratschläge RF5 Preisverhandlung 2 R F-Test (Konstante) EF1 Zuverlässigkeit EF2 Bodenständigkeit EF3 Soziale Verantwortung EF4 Ausstrahlung EF5 Da sein EF6 Einfach
Koeff.
0,790*** -0,025 -0,102 -0,123 0,206**
0,201 0,321** -0,185* 0,194* -0,036 -0,048
Investitionsgut n=96 T 0,47 0,000
Signifikanz
Koeff.
2,316 7,765 -0,272 -1,012 -1,430 2,433 0,29 0,000
0,023 0,000 0,786 0,314 0,156 0,017
-0,070 -0,217 0,410*** 0,266* -0,117
3,606 1,525 2,337 -1,680 1,732 -0,337 -0,469
0,001 0,131 0,022 0,096 0,087 0,737 0,640
-0,184 0,049 0,063 0,346*** -0,034 0,054
Produktionsgut n=87 T 0,22 0,001
Signifikanz
3,947 -0,618 -1,631 3,994 1,964 -1,079 0,13 0,068
0,000 0,538 0,107 0,000 0,053 0,284
3,736 -1,517 0,409 0,518 2,917 -0,301 0,481
0,000 0,133 0,684 0,606 0,005 0,764 0,632
Tabelle 47: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zum Kontextfaktor Produktart
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
279
Die Resultate zur Kaufhäufigkeit zeigen keine eindeutigen Vorteile für emotionale oder rationale B2B-Positionierungsinhalte je nach Kontext. Bei seltenem Kauf sind die Integrationsfähigkeit und die Bereitschaft zur Preisverhandlung sehr wichtig. Interessant ist, dass bei seltenem Kauf Ratschläge eher negativ wirken. Vielleicht, weil die industriellen Entscheider bei einem seltenen Kauf eher hoch involviert sind und sich die Zeit für eigene Informationsanalysen nehmen. Bei häufigem Kauf hingegen wirken sich bestehende Erfahrungen und Ratschläge sehr positiv aus; leicht negativ aber wirkt die Informationsfülle bei häufigem Kauf. Interessant ist zudem, dass das „Da sein bei Problemen“ bei seltenen Käufen negativ wirkt. Dies könnte damit erkärt werden, dass Buying Center Mitglieder bei der Kaufentscheidung noch nicht an mögliche Probleme erinnert werden wollen. Abhängige Variable: Kaufwahrscheinlichkeit
Unabhängige Variable 2 R F-Test (Konstante) RF1 Integration RF2 Informationsfülle RF3 Erfahrung RF4 Ratschläge RF5 Preisverhandlung 2 R F-Test (Konstante) EF1 Zuverlässigkeit EF2 Bodenständigkeit EF3 Soziale Verantwortung EF4 Ausstrahlung EF5 Da sein EF6 Einfach
Koeff.
0,829*** -0,166 -0,067 -0,314** 0,357**
0,021 0,675*** 0,183 -0,214 -0,293** 0,004
Seltener Kauf 54 T 0,44 0,000
Signifikanz
Koeff.
0,202 5,891 -1,369 -0,440 -2,246 2,673 0,34 0,003
0,841 0,000 0,177 0,662 0,029 0,010
-0,059 -0,190* 0,444*** 0,316*** -0,029
1,918 0,144 3,373 1,066 -1,133 -2,111 0,028
0,061 0,886 0,001 0,292 0,263 0,040 0,977
-0,092 -0,025 0,149 0,270*** 0,112 0,065
Häufiger Kauf 117 T 0,24 0,000
Signifikanz
4,401 -0,620 -1,764 4,965 2,898 -0,320 0,13 0,017
0,000 0,536 0,081 0,000 0,005 0,749
3,701 -0,801 -0,218 1,264 2,679 1,110 0,698
0,000 0,425 0,828 0,209 0,009 0,269 0,486
Tabelle 48: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zum Kontextfaktor Kaufhäufigkeit
Bei der Betrachtung der Funktionsbereiche im Buying Center muss die Betrachtung der Produktion aufgrund einer zu geringen Teilstichprobe (n=15) leider entfallen312. Auch die Teilstichprobe zur Technik ist mit n=24 sehr gering, wird jedoch akzeptiert, um einen Vergleich zwischen kaufmännischen und technischen Mitarbeitern zu ermöglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Einkäufer tendeziell eher über rationale Inhalte angesprochen werden (vgl. Tabelle 49). Die positive Wirkung von Preisverhandlungen auf die Kaufbereitschaft von Einkäufern überrascht nicht. Die negative Wirkung von Wissen erstaunt mehr. Vielleicht kann dies damit erkärt werden, dass Einkäufer keine Detailinformationen wünschen, da sie von technischen Informationen schnell überfordert sind und sich auf die technische Beurteilung von BC-Mitgliedern 312
In Abschnitt 3.2.2 wurde gefordert, dass die Zahl der Beobachtungen doppelt so groß sein soll wie die Zahl der Variablen in der Regressionsgleichung, d.h. bei 6 bis 7 Variablen werden ca. 14 Beobachtungen gefordert. Besser sind jedoch höhere Stichproben.
280
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E
verlassen. Dazu passt auch, dass viel Erfahrung, gute Ratschläge und ein gutes Image positiv auf die Kaufbereitschaft von Einkäufern wirken. Die Ergebnisse zu den rationalen Faktoren bei den Mitarbeitern aus der Technik sind nur schwach signifikant. Die Ergebnisse zu den emotionalen Faktoren sind signifikant - allerdings sind die Wirkungen überwiegend negativ. Positiv wirken lediglich die Integrationsfähigkeit und die Bodenständigkeit. Alle weiteren Emotionen wirken negativ auf die Kaufentscheidung. Zur Verteidigung kann dem entgegen gehalten werden, dass Emotionales zwar negativ auf die Kaufentscheidung wirkt, jedoch ein positiver Einfluss auf die Einstellung der Techniker möglich sein kann. Zum anderen sind die Resultate aufgrund der geringen Fallzahl kritisch zu bewerten. Die Hypothese, dass kaufmännische Mitarbeiter eher über Emotionales angesprochen werden als technische Mitarbeiter, ist dennoch nicht bestätigt. Abhängige Variable: Kaufwahrscheinlichkeit
Unabhängige Variable 2 R F-Test (Konstante) RF1 Integration RF2 Informationsfülle RF3 Erfahrung RF4 Ratschläge RF5 Preisverhandlung 2 R F-Test (Konstante) EF1 Zuverlässigkeit EF2 Bodenständigkeit EF3 Soziale Verantw. EF4 Ausstrahlung EF5 Da sein EF6 Einfach
Koeff.
0,042 -0,404*** 0,458*** 0,383*** 0,223***
-0,128 0,177 0,041 0,281*** 0,069 -0,100
Einkauf 111 T 0,34 0,000
Sign.
Koeff.
2,699 0,462 -3,982 5,408 3,996 2,681 0,15 0,010
0,008 0,645 0,000 0,000 0,000 0,009
0,769*** -0,058 0,235 -0,124 -0,339
4,520 -1,160 1,646 0,371 2,658 0,667 -1,043
0,000 0,249 0,103 0,711 0,009 0,506 0,299
-3,746*** 6,621*** -5,030*** -3,128*** -4,992*** -4,037***
Technik 24 T 0,46 0,035
Sign.
1,075 3,176 -0,141 0,637 -0,453 -1,475 0,77 0,000
0,297 0,005 0,889 0,532 0,656 0,158
5,675 -4,818 4,896 -5,349 -4,375 -5,557 -5,135
0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000
Tabelle 49: Resultate der multiplen Regressionsanalysen für den Kontextfaktor Funktion im Buying Center
Bei der Betrachtung der Position bzw. Hierarchieebene entfällt, aufgrund einer zu geringen Teilstichprobe, die Analyse für Sachbearbeiter (n=21). Damit kann der interessante Vergleich zwischen beiden Extrema – Geschäftsführung versus Sachbearbeiter – nicht durchgeführt werden. Der verbleibende Vergleich von Geschäftsführung und Mittlerem Management zeigt keine Auffälligkeiten in Bezug auf rationale und emotionale B2B-Positionierungsinhalte (vgl. Tabelle 50). Die Vermittlung einer großen Informationsfülle wirkt bei Geschäftsführern negativ auf die Kaufbereitschaft. Geschäftsführer haben in der Regel nicht die Zeit, sich mit Detailinformationen zu beschäftigen und erwarten ausgearbeitete, übersichtliche Entscheidungsvorlagen. Stattdessen wirken globale Erfahrung und gute Ratschläge positiv. Im Bereich der emotionalen Inhalte wirkt neben der positiven Ausstrahlung der B2B-Anbieter insbe-
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
281
sondere deren Bodenständigkeit positiv. Besonders interessant ist, dass Einfachheit bei Geschäftsführern sehr positiv wirkt. Diese haben aufgrund ihrer Position vermutlich den Mut zuzugeben, dass Einfachheit, im Sinne von einfachen Darstellungen und einfachen Lösungen, bei gegebener Komplexität von Produkten und Prozessen, sehr wichtig ist. Beim mittleren Management hingegen wirkt Einfachheit negativ auf die Kaufentscheidung. Dort herrscht evenutell die Angst, dass hinter Einfachheit ein Mangel an Professionalität steckt. Ebenso wirkt die Preisverhandlungsbereitschaft negativ. Ein Grund könnte sein, dass mit der Bereitschaft zur Preissenkung meist die Angst vor schlechter Qualität steigt. Das mittlere Management wird von Integrationsfähigkeit, Erfahrung, Zuverlässigkeit, Bodenständigkeit und Ausstrahlung positiv beeinflusst. Die formulierte Hypothese kann auf Basis dieser Ergebnisse weder eindeutig bestätigt noch eindeutig abgelehnt werden. Es ist keine globale Aussage zur Aufgeschlossenheit bezüglich der Rationalität und Emotionalität möglich. Abhängige Variable: Kaufwahrscheinlichkeit
Unabhängige Variable 2 R F-Test (Konstante) RF1 Integration RF2 Informationsfülle RF3 Erfahrung RF4 Ratschläge RF5 Preisverhandlung 2 R F-Test (Konstante) EF1 Zuverlässigkeit EF2 Bodenständigkeit EF3 Soziale Verantw. EF4 Ausstrahlung EF5 Da sein EF6 Einfach
Koeff.
-0,176 -0,780*** 0,598*** 0,930*** -0,082
-0,200 0,339** -0,012 0,502*** -0,261* 0,663***
Geschäftsführung 36 T 0,68 0,000
Sign.
Mittleres Management 117 Koeff. T 0,25 0,000
2,882 -0,881 -4,247 4,887 4,813 -0,539 0,69 0,000
0,007 0,386 0,000 0,000 0,000 0,594
0,190* 0,028 0,296*** 0,098 -0,197**
1,154 -1,060 2,525 -0,053 3,024 -1,876 4,789
0,258 0,298 0,017 0,958 0,005 0,071 0,000
0,354*** 0,187* 0,048 0,334*** -0,357*** -0,231***
Sign.
3,470 1,957 0,255 2,814 1,011 -2,283 0,29 0,000
0,001 0,053 0,799 0,006 0,314 0,024
4,912 3,348 1,812 0,516 3,393 -3,342 -2,640
0,000 0,001 0,073 0,607 0,001 0,001 0,009
Tabelle 50: Resultate der multiplen Regressionsanalysen für den Kontextfaktor Hierarchieebene
Die Resultate zum Einfluss der Person auf die engültige Entscheidung zeigen, dass Mitarbeiter mit einem geringen Einfluss tendenziell mehr auf emotionale Reize reagieren (vgl. Tabelle 51). Insgesamt wirken Integrationsfähigkeit, Ratschläge, Zuverlässigkeit, Bodenständigkeit und Ausstrahlung positiv auf Mitarbeiter mit geringen Einflussmöglichkeiten. Interessant ist, dass die Übernahme von sozialer Verantwortung auf Mitarbeiter mit geringem Einfluss negativ wirkt und hingegen bei Mitarbeitern mit hohem Einfluss, d.h. bei Entscheidern, sehr positiv wirkt. Bei Entscheidern wirkt zudem die Erfahrung positiv auf die Kaufbereitschaft. Dass die Zuverlässigkeit negativ wirkt, scheint nicht plausibel, wird jedoch auch nicht überbewertet, da die Signifikanz grenzwertig ist.
282
4 Untersuchung von B2B-Marken zwischen R & E Abhängige Variable: Kaufwahrscheinlichkeit
Unabhängige Variable 2 R F-Test (Konstante) RF1 Integration RF2 Informationsfülle RF3 Erfahrung RF4 Ratschläge RF5 Preisverhandlung 2 R F-Test (Konstante) EF1 Zuverlässigkeit EF2 Bodenständigkeit EF3 Soziale Verantw. EF4 Ausstrahlung EF5 Da sein EF6 Einfach
Koeff.
Kein Entscheider 126 T 0,18 0,000
0,214* 0,051 0,067 0,180* -0,129
0,352*** 0,248** -0,314*** 0,244** -0,099 -0,061
Sign.
Koeff.
3,902 1,943 0,509 0,611 1,895 -1,479 0,31 0,000
0,000 0,054 0,612 0,542 0,060 0,142
0,210 -0,117 0,436*** -0,055 0,033
4,057 3,236 2,235 -3,221 2,425 -1,138 -0,777
0,000 0,002 0,027 0,002 0,017 0,257 0,439
-0,282* -0,228 0,505*** 0,080 0,138 0,119
Entscheider 57 T 0,21 0,028
Sign.
2,516 1,556 -0,703 3,428 -0,324 0,241 0,27 0,013
0,015 0,126 0,485 0,001 0,747 0,810
3,177 -1,979 -1,608 3,175 0,493 0,990 0,814
0,003 0,053 0,114 0,003 0,624 0,327 0,420
Tabelle 51: Resultate der multiplen Regressionsanalysen zu dem Kontextfaktor „Entscheider“
Die Resultate zur Größe des Buying Centers als Kontextfaktor widerlegen die aufgestellte Hypothese, dass mit der Zahl der Personen im Buying Center die Betrachtung von rationalen Inhalten steigt (vgl. Tabelle 52). Bei kleinen Buying Centern wirkt insbesondere die Erfahrung des B2B-Anbieters auf die Kaufentscheidung. Bei großen Buying Centern wirken Integrationsfähigkeit, Ratschläge, die Bereitschaft zur Preisverhandlung und die Zuverlässigkeit positiv. In beiden Fällen beeinflusst die positive Ausstrahlung des B2B-Anbieters die Kaufentscheidung positiv. Abhängige Variable: Kaufwahrscheinlichkeit
Unabhängige Variable 2 R F-Test (Konstante) RF1 Integration RF2 Informationsfülle RF3 Erfahrung RF4 Ratschläge RF5 Preisverhandlung 2 R F-Test (Konstante) EF1 Zuverlässigkeit EF2 Bodenständigkeit EF3 Soziale Verantwortung EF4 Ausstrahlung EF5 Da sein EF6 Einfach
Kleines Buying Center 90 Koeff. T Signifikanz 0,19 0,003 0,110 -0,140 0,362*** 0,061 -0,178*
-0,150 0,092 0,059 0,273** -0,012 0,073
Großes Buying Center 78 Koeff. T Signifikanz 0,31 0,000
3,669 1,055 -1,209 3,586 0,529 -1,735 0,09 0,203
0,000 0,294 0,230 0,001 0,599 0,086
0,342* 0,024 -0,031 0,276** 0,244**
3,297 -1,173 0,799 0,475 2,344 -0,114 0,650
0,001 0,244 0,427 0,636 0,021 0,909 0,517
0,261* 0,244 -0,093 0,295** -0,143 0,034
1,699 1,888 0,175 -0,207 2,153 2,157 0,33 0,000
0,094 0,063 0,861 0,837 0,035 0,034
3,216 1,813 1,567 -0,813 2,343 -1,280 0,321
0,002 0,074 0,121 0,419 0,022 0,205 0,749
Tabelle 52: Resultate für die multiplen Regressionsanalysen zu dem Kontextfaktor Größe des Buying Centers
Ressümierend kann festgehalten werden, dass bei keinem Kontextfaktor eine rein rationale oder eine rein emotionale B2B-Positionierungsstrategie als überlegen gilt.
4.5 Kontextfaktoren der Positionierung vor dem Hintergrund der B2B-Besonderheiten
283
Vielmehr wirken in jeder Situation immer rationale und emotionale Inhalte auf den Erfolg. Allerdings unterscheidet sich von Kontext zu Kontext die Art der rationalen und emotionalen Inhalte. 4.5.3 Zusammenfassung zu den Kontextfaktoren Die Ausführungen in den letzten Abschnitten haben die Forschungsfrage 5 beantwortet. Die Resultate können folgendermaßen zusammengefasst werden: -
Vielfältige Kontextfaktoren können auf die Positionierung von B2B-Marken einwirken. Auswirkungen können sich für die Relevanz von B2B-Marken, für den Aufbau des B2B-Markenerfolges und für die Eignung von B2BPositionierungsinhalten ergeben.
-
Kontextfaktoren können in kaufbezogene Faktoren (Markt/Branche/Unternehmen, Kaufsituation, Leistung) und in personenbezogene Faktoren (Buying Center, Individuum) untergliedert werden.
-
Die empirische Analyse verschiedener ausgewählter Kontextfaktoren zeigt, dass nie rein rationale oder rein emotionale Inhalte überlegen sind, sondern, dass in allen Situationen immer beide Inhaltsarten positiv auf die Kaufentscheidung wirken können. Die Art der erfolgreichen rationalen und emotionalen Inhalte unterscheidet sich von Kontext zu Kontext. Damit wird deutlich, dass zur Positionierung von B2B-Marken keine globalen Empfehlungen gegeben werden können, sondern eine Kontextbetrachtung im Sinne eines situativen Ansatzes notwendig ist.
284
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit In der vorliegenden Arbeit wurde die Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität erstmals konzeptualisiert und operationalisiert. In Abschnitt 5.1 folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse aus der Untersuchung. Diese werden anschließend in Abschnitt 5.2 auf ihren Beitrag für die Unternehmenspraxis hin bewertet, wobei Empfehlungen für das Markenmanagement von Business-to-Business-Unternehmen gegeben werden. Abschnitt 5.3 schließlich stellt Abgrenzungen der Arbeit vor und zeigt interessante Bereiche für zukünftige Forschungsvorhaben auf. 5.1
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Unternehmen im Business-to-Business-Bereich, wie auch im Business-to-ConsumerBereich, kämpfen mit ähnlichen und stetig schwierigeren Wettbewerbsbedingungen wie Globalisierung, Preisdruck oder Informationsüberlastung der Kunden. Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit war die Erkenntnis, dass B2B-Unternehmen bislang erst in geringem Ausmaß einen möglichen Lösungsansatz anwenden, der bei B2CUnternehmen üblich ist – der Aufbau und die Positionierung einer Marke. Eine augenscheinliche Erklärung für dieses Defizit ist darin zu sehen, dass dem B2B-Bereich ein hohes Maß an Rationalität zugeschrieben wird. Auf der einen Seite dominiert in Anbieterunternehmen eine hohe Technik-Affinität. Auf der anderen Seite sollen Mitarbeiter bei Kaufprozessen in Nachfragerunternehmen ausschließlich anhand vermeintlich handfester Aspekte wie der Leistung, der Funktion oder dem Preis entschieden. Marken, die immer mit emotionalen Elementen einhergehen, stoßen vor diesem Hintergrund oftmals auf kein Verständnis, werden in ihrer Relevanz gerne unterschätzt und finden folglich nur eine geringe Anwendung. Dieser Kontext gab der vorliegenden Arbeit den Anlass, das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität bei der Positionierung von B2B-Marken konkret in den Blickpunkt zu stellen. Zunächst erfolgte eine wissenschaftliche Durchdringung der Thematik im Rahmen der Grundlagen. Hierbei wurden sämtliche Teilelemente wie der „B2B-Bereich“, das „B2B-Markenmanagement“, die „Positionierung“ oder das „Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität“ separat dargelegt (vgl. Abschnitte 2.1.2, 2.2.1, 2.2.2 und 2.2.3) und anschließend in einen gemeinsamen Bezugsrahmen integriert (vgl. Abschnitt 2.3). Obgleich die Relevanz des Themas als sehr hoch eingestuft wurde (vgl. Abschnitt 2.2.2.2 und 2.3.1), offenbarte die Bestandsaufnahme der Literatur, dass es bislang kaum wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu diesem Thema gibt (vgl. Abschnitt 2.2.2.3 und 2.2.3.5).
5.1 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
285
Mit der vorliegenden Arbeit wurde diesem Forschungsbedarf begegnet. Die Durchdringung der Thematik in Abschnitt 4 orientierte sich an fünf Forschungsfragen (vgl. Abschnitt 1.2), zu denen die folgenden Erkenntnisse erzielt wurden. (1) Forschungsfrage 1: Wie wirken sich die B2B-Besonderheiten auf die Positionierung aus? Die B2B-Besonderheiten sind einerseits mit Auswirkungen auf den Positionierungsprozess und andererseits mit Auswirkungen auf die Positionierungsinhalte verbunden, welche die Positionierung von B2B-Marken als sehr komplex erscheinen lassen. In Bezug auf den Positionierungsprozess sind auf der Stufe der Strategieentwicklung sehr viele Informationen zu berücksichtigen. Dies ergibt sich durch die Besonderheit der Multipersonalität, was bedeutet, dass die Positionierungsstrategie alle Mitglieder im Buying Center positiv ansprechen muss, oder durch die Besonderheit von Leistungsbündeln, was bedeutet, dass die Positionierung zu allen unter einer Marke erfassten Leistungen passen muss. Auf der Stufe der Implementierung gilt es, die korrekte Vermittlung der Markenpositionierung über sämtliche Aktivitäten und Kontaktpunkte sicherzustellen. Der Aufwand erhöht sich dadurch, dass B2B-Marken über mehrere Ebenen vermittelt bzw. wahrgenommen werden (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Im B2B-Bereich sind insbesondere der persönliche Verkauf und gegebenenfalls die beteiligten Geschäftspartner bzw. Subunternehmen zu schulen. In Bezug auf die Positionierungsinhalte ist zu konstatieren, dass sich die B2BBesonderheiten zum einen auf die Anforderungen an erfolgreiche Positionierungsinhalte und zum anderen auf die Art der Positionierungsinhalte auswirken. Einige bekannte Positionierungsanforderungen werden verstärkt gefordert und andere kommen neu hinzu. Verstärkt gefordert wird die Anforderung ‚Fit’ der Positionierung zu den Zielgruppen und der angebotenen Leistung, da die Multipersonalität und die Leistungsbündel den Koordinationsaufwand erhöhen. Neu bei den Anforderungen sind die Spannungsfelder von „Einfachheit vs. Professionalität“ und „Standardisierung vs. Adaption“. Die geforderte Einfachheit begründet sich mit der oftmals hohen Komplexität der Leistungen und der Kaufprozesse im B2B-Bereich; die „Professionalität“ mit der Beteiligung von hoch anspruchsvollen Einkäufern. Das zweite Spannungsfeld basiert auf der Vielzahl von Ansprüchen, wie formale Unternehmensrichtlinien und Ansprüche der verschiedenen Buying-Center Mitglieder, denen es gerecht zu werden gilt. Bei der Art der Positionierungsinhalte wurde erkannt, dass die B2BBesonderheiten sowohl die Verwendung von rationalen als auch von emotionalen Positionierungsinhalten begründen. Jedoch erscheinen aufgrund des B2B-Kontextes andere inhaltliche Arten von rationalen und emotionalen Positionierungsmerkmalen relevant als im B2C-Bereich.
286
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
(2) Forschungsfrage 2: Welche Rolle spielen Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken? Beim Markenmanagement sind Rationalität und Emotionalität auf der Anbieterseite in Form von rationalen und emotionalen Reizen, aber auch auf Nachfragerseite in Form von kognitiven und affektiven internen Prozessen und sichtbaren Reaktionen zu beachten. Im B2B-Bereich veränderte sich die Bedeutung von Rationalität und Emotionalität im Zeitverlauf. Während reine Rationalität traditionell überwog und in einigen Branchen und Unternehmen auch heute noch dominiert, werden emotionale Elemente im B2B-Bereich erst langsam anerkannt. Für die hohe Bedeutung von beiden Aspekten existieren überzeugende Begründungen, die sich sowohl auf die Nachfragerals auch auf die Anbieterseite stützen. Für die Rationalität sprechen beispielsweise: hohe Technikorientierung der Anbieter, anspruchsvolle Einkäufer und Notwendigkeit der Rechenschaftsablegung bei den Nachfragern. Gründe für die Emotionalität sind unter anderem: Möglichkeit der Differenzierung über Emotionen für die Anbieter, Menschen als Entscheider sowie Suche nach Vereinfachung und Sicherheit auf der Nachfragerseite. Für die Positionierung von B2B-Marken sind grundsätzlich sowohl rationale als auch emotionale Inhalte verwendbar. Beide Reinformen sind mit spezifischen Vorteilen verbunden, aber auch mit spezifischen Kritikpunkten behaftet. Neben den Reinformen ist eine kombinierte Anwendung von rationalen und emotionalen Positionierungsinhalten vorstellbar. Für die Kombination spricht, dass jeder Kaufentscheidung immer sowohl affektive als auch kognitive Elemente zugrunde liegen, dass Rationalität und Emotionalität unterschiedliche Funktionen im Kaufprozess zukommen und, dass mit kombinierten Inhalten besser auf unterschiedliche Anforderungen der Buying Center Mitglieder eingegangen werden kann. (3) Forschungsfrage 3: Was macht (vor dem Kontext von B2B und dem Spannungsverhältnis von Rationalität und Emotionalität) den Positionierungserfolg bei B2B-Marken aus? B2B-Positionierungserfolg stellt einen Prozess mit den beiden Hauptstufen (vorökonomischer) „Erfolg in Nachfragerunternehmen“ und (ökonomischer) „Erfolg im Anbieterunternehmen“ dar. Der „Erfolg im Nachfragerunternehmen“ findet im B2B-Bereich auf drei Ebenen statt: Individualebene, Gruppenebene und Unternehmensebene. Auf der Individualebene können drei Prozessstufen des Positionierungserfolges konzeptualisiert werden: die Beurteilung der positionierten B2B-Marke, die Einstellung zur positionierten B2B-Marke und die Verhaltensabsicht aufgrund der positionierten B2BMarke. Dieser individuelle Entscheidungsfindungsprozess wird durch den Kontext der Arbeitssituation, wie durch die Buying Center Struktur oder den möglichen Zeitdruck, beeinflusst. Die Verhaltensabsicht eines einzelnen Individuums lässt nur indi-
5.1 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
287
rekt einen Rückschluss auf das tatsächliche Verhalten des Nachfragerunternehmens zu, da im B2B-Bereich in der Regel mehrere Individuen die endgültige Kaufentscheidung bestimmen. Dennoch kann die Individualebene als Indiz für den Positionierungserfolg in Nachfragerunternehmen gewertet werden. Letztendlich entscheiden auch in Unternehmen Menschen und nicht abstrakte Organisationen. Das tatsächliche Verhalten der Gruppe bzw. Organisation, lässt sich umso besser mit der Individualebene vorhersagen, je mehr Individuen eine positive Verhaltensintention in Bezug auf die B2B-Marke innehaben und je größer der Einfluss des betrachteten Individuums auf den Entscheidungsausgang ist („Entscheider“). Die empirische Analyse auf der Individualebene bestätigte die theoretische Konzeptualisierung der Prozessstufen. Die Beurteilung der positionierten B2B-Marke wirkt sich positiv auf die individuelle Einstellung zur positionierten B2B-Marke aus. Als Beurteilungskriterien spielen vor dem B2B-Kontext der ‚Fit’ zum Unternehmen und der ‚Differenzierungsgrad’ der Positionierung eine Rolle. Interessant ist, dass sich die Beurteilung ‚rational-physisch differenzierte Positionierung’ sowohl auf die ‚kognitive Einstellung’, als auch insbesondere auf die ‚affektive Einstellung’ positiv auswirkt. Des Weiteren wirkt sich die Einstellung auf die Verhaltensintention in Form von Preisbereitschaft und Kaufbereitschaft der Individuen aus. Die ‚affektive Einstellung’ wirkt stark positiv auf die ‚Preisbereitschaft’ und leicht positiv auf die ‚Kaufbereitschaft’. Die ‚kognitive Einstellung’ der Individuen beeinflusst die ‚Kaufbereitschaft’ positiv. In Bezug auf die Rolle von Rationalität und Emotionalität im Positionierungserfolg von B2B-Marken lässt sich schlussfolgern, dass auf der Nachfragerseite beide Aspekte eine Rolle bei der Kaufentscheidung spielen. Bei industriellen Entscheidern finden als Reaktion auf B2B-Marken sowohl kognitive als auch affektive Prozesse statt, welche wiederum Verhaltenssteuernd wirken. Für eine erfolgreiche Positionierung ist deshalb sowohl die kognitive Einstellung als auch die affektive Einstellung der Buying Center Mitglieder anzusprechen. (4) Forschungsfragen 4: Was sind potentielle Positionierungsinhalte bei B2BMarken? Was sind erfolgsversprechende rationale und emotionale Positionierungsmerkmale für B2B-Marken? Ideen für potentielle Positionierungsinhalte von Business-to-Business-Marken wurden in einem dreistufigen Prozess ermittelt: Ableitung aus den Besonderheiten des B2B-Kontextes, Ableitung aus dem Status der Literatur und Ableitung aus Experteninterviews. Aus einer Gegenüberstellung der jeweiligen Resultate wurde eine Liste mit potentiellen Positionierungsinhalten für die vorliegende Arbeit abgeleitet, welche als Grundlage für die empirische Analyse diente. Das Ergebnis von zwei separaten exploratorischen Faktorenanalysen waren fünf rationale Faktoren ‚Integration’, ‚Informationsfülle’, ‚Erfahrung’, ‚Ratschläge’ und ‚Preisverhandlungen’ sowie sechs
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5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
emotionale Faktoren ‚Zuverlässigkeit’, ‚Bodenständigkeit’, ‚Soziale Verantwortung’, ‚Ausstrahlung’, ‚Da sein’ und ‚Einfachheit’. Die ermittelten rationalen und emotionalen Positionierungsinhalte wurden hinsichtlich ihrer Erfolgswirkung auf die einzelnen Konstrukte des B2BPositionierungserfolges geprüft. Es wurden grob vier Relevanzstufen von B2BPositionierungsinhalten unterschieden. Gruppe 1 ist kaum bis leicht relevant, da keine negativen oder gemischten Wirkungen auf die Erfolgskonstrukte vorliegen. Nicht relevant aufgrund keiner oder negativer Wirkung sind der rationale Faktor ‚Preisverhandlungen’ sowie die emotionalen Faktoren ‚Soziale Verantwortung’ und ‚Einfachheit’. Leicht relevant hingegen, aufgrund von gemischter Wirkung, sind die Faktoren ‚Informationsfülle’, ‚Zuverlässigkeit’ und ‚Da sein’. Gruppe 2 ist ausschließlich relevant für die Wirkung auf die Einstellung; und Gruppe 3 ausschließlich relevant für die Wirkung auf die Verhaltensintention. Kein ermittelter Faktor ist diesen Gruppen zuzuordnen. Die B2B-Positionierungsinhalte der Gruppe 4 schließlich sind sehr relevant, da sie sowohl positiv auf die Einstellung als auch auf die Verhaltensintention wirken. Hierzu gehören die rationalen Faktoren ‚Integration’, ‚Erfahrung’ und ‚Ratschläge’ sowie die emotionalen Faktoren ‚Bodenständigkeit’ und ‚Ausstrahlung’. Der emotionale Faktor ‚Ausstrahlung’ wirkt sogar positiv auf jedes einzelne Erfolgskonstrukt. Anzumerken ist, dass rationale und emotionale B2B-Positionierungsinhalte einen positiven Einfluss auf den Positionierungserfolg von B2B-Marken haben können. Die Ergebnisse zeigen, dass rationale B2B-Positionierungsinhalte auf die affektive und die kognitive Einstellung wirken können; gleiches gilt für emotionale B2BPositionierungsinhalte. Das heißt für das Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität, dass die Art des Reizes nichts über die Art der Verarbeitung im Individuum aussagt. (5) Forschungsfragen 5: Welche Kontextfaktoren wirken auf die Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität ein? Unter welchen Kontextfaktoren sind welche Positionierungsinhalte erfolgsversprechend? Mögliche Kontextfaktoren bei der Positionierung von B2B-Marken wurden aus nahe liegenden Themenbereichen abgeleitet. Speziell wurden solche Kontextfaktoren betrachtet, die einen Einfluss auf die Vorteilhaftigkeit von eher rationalen oder eher emotionalen Inhalten haben können. Es lassen sich zwei Kategorien unterteilen: kaufbezogene und personenbezogene Kontextfaktoren. Kaufbezogene Kontextfaktoren beziehen sich auf den Markt bzw. das Unternehmen, die Kaufsituation oder die Leistung. Personenbezogene Kontextfaktoren können das Buying Center oder das Individuum betreffen.
5.2 Implikationen für die B2B-Unternehmenspraxis
289
Die empirische Analyse zu ausgewählten Kontextfaktoren zeigte, dass in keiner Situation rein rationale oder rein emotionale Inhalte überlegen sind. Immer wirken sowohl rationale als auch emotionale Positionierungsinhalte auf den Erfolg – die Kaufwahrscheinlichkeit gegenüber der B2B-Marke. Unterschiede zwischen den einzelnen Kontexten bestehen darin, dass jeweils andere Arten von emotionalen und rationalen Positionierungsinhalten erfolgreich sind. Beispielsweise wirken bei Investitionsgütern die ‚Integrationsfähigkeit’, die ‚Preisverhandlungsbereitschaft’ und die ‚Bodenständigkeit’ des B2B-Anbieters, während bei Produktionsgütern ‚Erfahrung’, ‚Ratschläge’ und eine positive ‚Ausstrahlung’ wirken. Die Bewertung der B2BPositionierungsinhalte ist folglich stark kontextabhängig. Zusammenfassend lässt sich nach der empirischen Analyse festhalten, dass auch im B2B-Markenmanagement sowohl rationale als auch emotionale Aspekte eine Rolle spielen – auf Angebots- und auf Nachfrageseite – und einen Beitrag zum Erfolg der positionierten B2B-Marke leisten. Die theoretischen Ausführungen zur Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität werden damit gestützt. 5.2
Implikationen für die Business-to-Business Unternehmenspraxis
Empirische Untersuchungen sind neben der hohen wissenschaftlichen Relevanz auch für die Praxis von großem Interesse. In allen Märkten und Branchen wird der Wettbewerb immer intensiver. Unternehmen suchen nach immer neuen Strategien, um dem Wettbewerbsdruck und Preisdruck auf dem Weltmarkt zu trotzen und den eigenen Unternehmenserfolg zu steigern. Die diskutierten Strategieoptionen und Schlagworte sind mannigfaltig: Suche nach neuen Märkten und neuen Zielgruppen mit immer tieferer Segmentierung, permanente Suche nach Innovationen, Produktvariationen, Kosteneffizienz, Outsourcing, Lean Production, Reorganisationsprojekte, Total Quality Management, Customer Relationship Management etc. Markenaufbau und Markenpflege als strategische Optionen werden in vielen Business-to-Business Unternehmen bislang mit der Begründung ausgeklammert, dass „Marken nur etwas für Konsumgüter“ seien und der Markenaufbau mit zu großen Kosten verbunden sei. Doch Unternehmen mit dieser Voreingenommenheit verzichten auf eine Strategieoption mit großem Erfolgspotential. Auf Basis der Resultate der vorliegenden Arbeit werden im Folgenden eine Reihe von Empfehlungen für Business-to-Business-Unternehmen abgeleitet: (1) Marken sind auch im B2B-Kontext von großer und weiterhin steigender Relevanz (vgl. Abschnitt 2.2.2.2). Deshalb sollten B2B-Unternehmen den Markenaufbau als strategische Option berücksichtigen, Marken ernst nehmen und bewusst managen. Auch wenn es aufgrund der hohen Technikorientierung in B2B-Unternehmen schwierig ist, muss ein richtiges Markenverständnis bei den Mitarbeitern aufgebaut
290
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
werden. Danach sind Marken ein pointiertes Leistungsversprechen an die Zielgruppen, nach dem sich alle Aktivitäten im Unternehmen zu richten haben. Speziell in Märkten oder Branchen, in denen sich bislang keine Marke etabliert hat, besteht die Chance, im Sinne eines „First Movers“ eine besondere Position bei den Zielgruppen einzunehmen und einen dauerhaften Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern zu erzielen. (2) Der B2B-Bereich weist Besonderheiten auf, die ihn deutlich vom B2C-Bereich unterscheiden (vgl. Abschnitte 2.2.1.2 und 2.2.1.3). Hierzu zählen beispielsweise die Multipersonalität, die Leistungsbündel, die besondere Stellung des persönlichen Vertriebs und speziell bei Marken die Vielzahl an Wahrnehmungsebenen (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Aus diesem Grund erfordern B2B-Marken ein spezielles Markenmanagement. Da traditionell ausschließlich B2C-Marken betrachtet wurden, und B2B-Marken erst seit wenigen Jahren im Blickpunkt der Literatur stehen, stammt die Mehrheit der Konzepte und Modelle zum Markenmanagement aus dem B2C-Bereich. Grundsätzlich können diese Ansätze übertragen werden. Jedoch ist eine Anpassung an die Besonderheiten des B2B-Bereichs erforderlich. B2B-Unternehmen in der Praxis sollten deshalb beim B2B-Markenmanagement stets die Besonderheiten ihres Geschäftsfeldes beachten. Sofern das Markenmanagement externe Unterstützung benötigt, ist im Auswahlprozess nicht einfach ein Markenspezialist zu beauftragen, sondern es ist darauf zu achten, dass Beratungen oder Agenturen spezielle Erfahrung und Kompetenz im Bereich von B2B-Marken nachweisen können. (3) Das wichtigste Resultat der Untersuchung für die Praxis ist, dass bei B2BMarken nicht nur auf Rationalität, sondern parallel auch ganz bewusst und mutig auf Emotionalität gesetzt werden sollte. Bei jedem Menschen und bei jeder Entscheidung, unabhängig davon, ob im Privatleben oder im beruflichen Kontext, sind kognitive und affektive Prozesse unweigerlich miteinander verknüpft. Business-to-Business Unternehmen sollten deshalb ganz gezielt versuchen, sowohl kognitive als auch affektive Wirkungen bei den Mitgliedern des Buying Centers hervorzurufen. Gerade affektive Reaktionen bei Entscheidern, wie ein Gefühl von Sicherheit oder echte Begeisterung für ein technisches Detail, vermögen industrielle Kaufprozesse zu entscheiden. Diese affektiven Reaktionen können dabei entweder durch rationale oder durch emotionale Reize des Angebots ausgelöst werden. Auch industrielle Entscheider sind Menschen. Und Menschen können in ihrer Wahrnehmung nicht strikt zwischen rein rationalen Argumenten und emotionalen Reizen differenzieren. Sicherlich werden industrielle Entscheider immer rationale Reize wie
5.2 Implikationen für die B2B-Unternehmenspraxis
291
Leistungsbeschreibungen, Funktionen, Preise, Qualitätsnachweise, Liefertermine fordern. Doch industrielle Entscheider sind keine rationalen Rechenmaschinen (vgl. Pickton, Broderick 2001). Kein Manager kann seine Entscheidung auf einer vollständigen Informationsbasis treffen. Die Arbeitssituation ist geprägt von hohem Zeitdruck, nicht zu bewältigenden Informationsmassen, unkalkulierbaren Unsicherheiten aus der Umwelt, empfundenem Risiko für das Unternehmen und damit auch für die persönliche berufliche Karriere. Hinzu kommt das Streben nach Anerkennung und Macht. Weiche Informationen, welche die Unsicherheit mindern und damit die Entscheidung erleichtern, kommen damit zum Zug. Hierzu zählen beispielsweise Ansehen und Reputation der Marke, Ausstrahlung, gute bisherige Geschäfsbeziehungen, Erreichbarkeit, wertvolle Ratschläge, Seriosität und Zuverlässigkeit. Besonders hervorzuheben ist die hohe Bedeutung der Ausstrahlung eines Unternehmens. Diese zeigt sich sowohl beim Ansehen des Unternehmens, beim Design der Produkte, der Gestaltung der Geschäftsunterlagen als auch bei der Freundlichkeit und dem Auftreten der Mitarbeiter. Gemäß der durchgeführten Studie hat eine positive Ausstrahlung, bei der alle Elemente mit denen der Nachfrager in Kontakt kommt aufeinander abgestimmt sind, ein die größte Wirkung auf den Erfolg einer B2B-Marke. Business-to-Business Unternehmen in der Praxis wird folglich empfohlen, eine B2BMarke immer sowohl über rationale als auch über emotionale Inhalte zu positionieren und auf eine positive Ausstrahlung bzw. einen positiven Auftritt des gesamten Unternehmens zu achten. (4) Auch wenn die vorliegende Arbeit der Unternehmenspraxis die Verwendung von Emotionalität empfiehlt, so ist darauf hinzuweisen, dass im B2B-Bereich andere Emotionen als im B2C-Bereich wichtig sind. Statt Emotionen wie ‚Spaß’, ‚Freiheit’‚ oder ‚Bequemlichkeit’ im B2C-Bereich dominieren im B2B-Bereich eher ‚Sicherheit’, ‚Zuverlässigkeit’ oder ‚Erreichbarkeit’. Obgleich unterschiedliche Emotionen relevant sind, können B2B-Unternehmen von dem Erfahrungsvorsprung des B2C-Bereichs lernen. Als Fazit aus dem B2C-Bereich lässt sich folgender Grundsatz formulieren: Es dürfen keine „leeren“ Emotionen verwendet werden. Emotionale Reize müssen immer in einem Zusammenhang zur angebotenen Leistung stehen. (5) Als Positionierungsinhalte wurden fünf rein rationale und sechs rein emotionale Faktoren betrachtet. Für die rationalen Faktoren ‚Integration’, ‚Informationsfülle’, ‚Erfahrung’ und ‚Ratschläge’, sowie für die emotionalen Faktoren ‚Zuverlässigkeit’, ‚Bodenständigkeit’ und ‚Aussstrahlung’ wurden positive Wirkungen auf den Positionierungserfolg nachgewiesen. Diese können in Analogie zu Positionierungstools für B2C-Marken mit Hilfe der multidimensionalen Skalierung in einem Positionierungsmodell für B2B-Marken dargestellt werden (vgl. Abschnitt 4.4.3.2.3.1). Den-
292
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
noch wird die Unternehmenspraxis darauf hingewiesen, dass es sich bei dem B2BPositionierungstool eher um einen groben Rahmen handelt. Es werden erste Ansatzpunkte für erfolgsversprechende rationale und emotionale Positionierungsinhalte für Business-to-Business-Marken gegeben. Aber es wird mit den B2BPositionierungsinhalten keineswegs ein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Vielmehr sind weitere Positionierungsinhalte vorstellbar, die vor dem jeweiligen Branchen- und Unternehmenskontext einer eigenständigen Erfolgsanalyse unterzogen werden müssen. (6) Die Erkenntnisse aus der Analyse von Kontextfaktoren zeigen, dass in allen Situationen sowohl rationale als auch emotionale B2B-Positionierungsinhalte zum Erfolg führen können. Die Art der rationalen und emotionalen Inhalte muss an den jeweiligen Kontext aus Branche, Unternehmen, Kaufsituation, Leistung, Buying Center Struktur und beteiligten Individuen angepasst werden. Business-to-Business Unternehmen sollten einzelne rationale und emotionale Inhalte nie auf Basis von „allgemeingültigen Empfehlungen“ oder vordefinierten Positionierungskatalogen, sondern immer vor ihrem konkreten Kontext auswählen. (7) Besonderheiten des B2B-Bereichs wirken sich nicht nur auf die Entwicklung einer Positionierungsstrategie aus, sondern auch auf deren Implementierung. Erstens ist für die Praxis wichtig, dass die Positionierung konsequent auf allen Wahrnehmungsebenen von B2B-Marken umgesetzt werden muss. Dies betrifft neben den klassischen Aspekten wie Produktgestaltung, Verpackung, Werbung beispielsweise auch den Auftritt der Vertriebsmitarbeiter, das Gebäude oder den Fuhrpark des Unternehmens und den Auftritt von Subunternehmen (vgl. Abschnitt 2.2.2.1). Zweitens müssen B2B-Unternehmen bei der Vermittlung von emotionalen Elementen sehr vorsichtig sein. Zwar wurde bewiesen, dass Emotionalität bei B2B-Marken auf der Anbieter- und der Nachfragerseite eine wichtige Rolle spielt. Doch ist der offene Umgang mit dieser Thematik noch nicht üblich. B2B-Unternehmen wird dennoch geraten, ihre Marke über rationale und emotionale Inhalte zu vermitteln und bei den Nachfragern gezielt Emotionen hervorzurufen. Statt emotionale Aspekte direkt anzusprechen und offen zu kommunizieren, wie dies bei Slogans im B2C-Bereich oftmals getan wird, ist es im B2B-Bereich jedoch ratsam, Emotionen eher unauffällig anzuwenden und auf ihre unterschwellige Wirkung zu setzen. Drittens muss bei der Umsetzung der Positionierung besonders auf die unterschiedlichen Mitarbeiter im Nachfragerunternehmen eingegangen werden. Die klare Umsetzung des definierten Positionierungskerns ist unanfechtbar. Dennoch können neben der Kernpositionierung flexible Randbereiche definiert werden, welche die konkreten Anforderungen von unterschiedlichen Buying-Center-Rollen, z.B. Einkäufer oder Techniker, ansprechen.
5.2 Implikationen für die B2B-Unternehmenspraxis
293
(8) Schließlich soll die Praxis für die Bedeutsamkeit des Positionierungserfolges sensibilisiert werden. Bei der Entwicklung einer neuen Positionierungsstrategie liegt der Fokus zumeist auf der Suche nach Positionierungsinhalten, nicht auf der Definition des Positionierungserfolges. Doch die Auswahl von Positionierungsinhalten hängt von der Definition des Erfolges ab, das heißt, die Inhalte sind nur so gut wie die Definition des Positionierungserfolges. Die Definition des Positionierungserfolges wiederum wird von den Unternehmenszielen determiniert. Ist beispielsweise ein hoher Marktanteil das Hauptziel, liegt das größte Gewicht auf der Erhöhung der Kaufbereitschaft; wird ein Hochpreissegment angestrebt, liegt das größte Gewicht eher auf der Erhöhung der Preisbereitschaft. Speziell vor dem B2B-Kontext ist zunächst anzumerken, dass der Erfolg von B2BMarken nicht bei abstrakten Organisationen, sondern bei Menschen, d.h. Mitarbeitern in den Nachfragerorganisationen, zu erzielen ist. Einige Positionierungsmodelle von Unternehmensberatungen verwenden als Erfolgskriterium lediglich die Kongruenzbedingung, d.h. die Übereinstimmung von Markenpersönlichkeit und Zielgruppenpersönlichkeit, und die Differenzierungsbedingung, d.h. die Abgrenzung der Marke von Wettbewerbsmarken (vgl. Abschnitte 2.2.3.5 und 4.3.1.1). Dies erscheint nicht ausreichend. Zwar sollten die beiden genannten Bedingungen zweifelsohne erfüllt sein. Doch ist darüber hinaus unbedingt mit modernen Marktforschungsmethoden zu überprüfen, ob sich die potentiellen Inhalte tatsächlich positiv auf die Handlungsbereitschaft der Zielgruppen auswirken. Vor dem Spannungsfeld von Rationalität und Emotionalität sollte zudem analysiert werden, ob die potentiellen Inhalte beide Komponenten der Entscheidungsprozesse anstoßen, d.h. sowohl affektiv-emotionale als auch kognitiv-rationale Reaktionen bei den Zielgruppen hervorrufen. (9) Die Arbeit beschäftigte sich mit der Positionierung von Business-to-BusinessMarken zwischen Rationalität und Emotionalität. Um die Wirkung von Positionierungsinhalten und die innere Verarbeitung bei den Zielgruppen zu analysieren, ist die Betrachtung des Positionierungserfolges bei den Zielgruppen ausreichend. Die Unternehmenspraxis wird jedoch noch kurz darauf hingewiesen, dass zu einem umfassenden Positionierungscontrolling neben der Kontrolle des Erfolges bei den Zielgruppen unbedingt die Kontrolle des ökonomischen Erfolges im Anbieterunternehmen in Bezug auf Effektivität und Effizienz der Strategie und der Implementierung zählen. Zusammenfassend lassen sich die Implikationen für die Managementpraxis in allgemeine Implikationen zu B2B-Marken und deren Positionierung und Implikationen speziell für Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken differenzieren (vgl. Abbildung 38).
294
Allgemein zu B2B-Marken und deren Positionierung
Speziell zu Rationalität und Emotionalität bei B2B-Marken
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
1
Große und weiterhin steigende Relevanz von Marken im B2B-Bereich. Deshalb sollten Industriegüterunternehmen verstärkt in den professionellen Aufbau und die Pflegen von Marken investieren.
2
Konzepte aus dem B2C-Markenmanagement können als Grundlage dienen, aber B2BMarken erfordern ein spezielles, angepasstes B2B-Markenmanagement.
3
Für die Auswahl der Positionierungsinhalte ist die Modellierung des Positionierungserfolges (z.B. Kaufbereitschaft, Preisbereitschaft) entscheidend.
4
Die Implementierung der B2B-Positionierungsinhalte muss bei allen Kontaktpunkten mit dem Nachfragerunternehmen erfolgen: Produkt, Service, Werbung, Vertriebsmitarbeiter, Subunternehmen etc.
5
Umfassendes Controlling der B2B-Marke und deren Positionierung ist erforderlich und umfasst den Erfolg bei den Nachfrageunternehmen, aber auch den ökonomischen Erfolg im eigenen Unternehmen.
6
Bei B2B-Marken spielt nicht nur Rationalität, sondern auch Emotionalität eine bedeutende Rolle für den Erfolg.
7
Reize (Positionierungsstrategie bei B2B-Anbietern): Bewusst rationale und emotionale Positionierungsmerkmale für B2B-Marken auswählen
8
Reaktionen (Positionierungserfolg bei B2B-Nachfragern): Bei industriellen Entscheidern nicht nur rationale, sondern bewusst emotionale Reaktionen hervorrufen, da diese zur Handlungsbereitschaft beitragen
9
Zusammenhang zwischen Reiz und Reaktion: Die Art des Reizes muss nicht mit der Art der Reaktion zusammenhängen. Auch rationale Positionierungsmerkmale können emotionale Reaktionen hervorrufen.
10
Art der Emotionen: Bei B2B-Marken sind andere Emotionen relevant als für B2C-Marken (z.B. Sicherheit, Bodenständigkeit, Erreichbarkeit). Emotionale Positionierungsmerkmale müssen immer im Zusammenhang mit der Leistung stehen. Keine leeren Emotionen verwenden.
11
Auswahl und Gewichtung von Rationalität und Emotionalität: Es gibt keine global gültigen erfolgsversprechenden B2B-Positionierungsinhalte, sondern die Auswahl muss immer vor dem jeweiligen Kontext erfolgen. In allen Kontexten können rationale und emotionale Positionierungsinhalte zum Erfolg führen, lediglich die Art der Inhalte und deren Gewichtung variiert.
Abbildung 38: Implikationen für die Managementpraxis
5.3 Kritische Diskussion und Implikationen für zukünftige Forschungsfelder
5.3
295
Kritische Diskussion und Implikationen für zukünftige Forschungsfelder
Die Untersuchung hat erstmalig das Thema Positionierung von B2B-Marken zwischen Rationalität und Emotionalität konkret betrachtet und hat damit einen exploratorischen Charakter inne. Im Rahmen der konzeptionellen und empirischen Betrachtungen wurden einige wesentliche Fragestellungen beantwortet. Gleichzeitig wurden jedoch auch weitere interessante Fragestellungen aufgeworfen (vgl. Abbildung 39). Diese ergeben sich zum einen aus den inhaltlichen Abgrenzungen, dem Untersuchungsdesign, aber auch aus aktuellen und prognostizierten Entwicklungen.
Mögliche zukünftige Forschungsfelder
1
Fokussierung auf spezielle Segmente im B2B-Bereich, z.B. einzelne Branchen (Maschinenbau, Automobilzulieferer, Chemie etc.), verschiedene Leistungsarten (Investitionsgüter, Produktionsgüter, industrielle Dienstleistungen)
2
Betrachtung weiterer Zielgruppen von B2B-Marken: Investoren, Lieferanten, Mitarbeiter
3
Erweiterung der Buying Center Betrachtung: Analyse von rationalen und emotionalen Merkmalen bei interpersonellen Abstimmungsprozessen, und bei offiziellen Begründungen und Präsentationen
4
Vergleichende Analyse des Spannungsfeldes von Rationalität und Emotionalität bei B2BMarken in verschiedenen Ländern und Kulturen
5
Neurowissenschaftliche Studien zur Verarbeitung von Rationalität und Emotionalität B2BMarken und industriellen Entscheidern
Abbildung 39: Implikationen für zukünftige Forschungsfelder
Eine zentrale Abgrenzung ist der Fokus auf den B2B-Bereich. Markenpositionierung zwischen Rationalität und Emotionalität wird damit in einen neuen Kontext gestellt und die Themenstellung eindeutig determiniert. Grundsätzlich ist diese Arbeit innerhalb dieses Rahmens breit angelegt, um den B2B-Bereich möglichst gut abzudecken und generalisierbare Ergebnisse zu erhalten. Dennoch sind Abgrenzungen stets erforderlich, um den Untersuchungsrahmen nicht zu sprengen und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Eine erste Abgrenzung betrifft die betrachteten Leistungsarten hinter den B2BMarken. Es wurden sämtliche (materielle) Leistungsarten, genauer Investitionsgüter und Produktionsgüter, betrachtet. Einzig industrielle Dienstleistungen wurden aus der Betrachtung ausgenommen, da in Anlehnung an die übliche Dienstleistungsliteratur eine eigenständige Erforschung als notwendig erachtet wird. Zukünftige Forschungsarbeiten könnten sich demzufolge auf die Betrachtung von Positionierung zwischen Rationalität und Emotionalität speziell bei B2B-Marken im Dienstleistungsbereich oder in einzelnen B2B-Branchen fokussieren.
296
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
Eine weitere zentrale Abgrenzung erfolgte in Bezug auf die betrachteten Zielgruppen von B2B-Marken. Es wurden ausschließlich Mitarbeiter in Nachfragerunternehmen und somit Kunden betrachtet und befragt. Im Gegensatz zu zahlreichen Studien, welche einen leichteren Weg gehen und auskunftsbereite Marketingabteilungen aus den Anbieterunternehmen befragen, sind die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit von größerem Interesse und von höherer Güte. Weitere interessante Zielgruppen von B2B-Marken wie Investoren, Lieferanten und Mitarbeiter wurden vernachlässigt, um den Umfang der Untersuchung einzugrenzen. Eine Betrachtung sämtlicher Zielgruppen und ihre Beeinflussung durch rationale und emotionale B2BPositionierungsinhalte wären für zukünfitge Forschungsvorhaben interessant. Zum anderen wurde bei den Zielgruppen der Fokus auf die Individualebene gelegt. Dem B2B-Kontext mit der typischen Multipersonalität wurde insoweit Rechnung getragen, als dass Individuen aus unterschiedlichen Funktionsbereichen (z.B. Einkauf, Produktion, Technik), von unterschiedlichen Hierarchieebenen (z.B. Geschäftsführung, Mittleres Management, Sachbearbeiter) und insbesondere sogenannte Entscheider befragt wurden. Der Fokus auf die Individualebene begründete sich zum einen mit der Tatsache, dass auch in Organisationen die Entscheidungen letztendlich von Menschen getroffen werden und zum anderen begründete er sich mit einer Reduktion der Komplexität und dem Aufwand der Datenerhebung. Dennoch bleibt zu kritisieren, dass weder die Gruppen- noch die Organisationsebene und damit keinerlei interpersonelle Abstimmungsprozesse betrachtet wurden. Zukünftige Forschungsvorhaben, welche die Rolle von Rationalität und Emotionalität in industriellen Entscheidungsprozessen differenziert nach Individual-, Gruppen- und Organisationsebene analysieren, werden deshalb befürwortet und sollten beispielsweise folgende Fragen beantworten: Welche rationalen und emotionalen Merkmale begeistern lediglich ein Individuum, welche eine Gruppe und welche auf Unternehmensebene? Welche rationalen und emotionalen Merkmale sprechen die Individuen insgeheim bzw. inoffiziell an? Welche rationalen und emotionalen Merkmale werden bei offiziellen Diskussionen und Präsentationen vorgetragen? Welchen Anteil haben inoffizielle rationale und emotionale Entscheidungskriterien an der endgültigen Entscheidung? Ebenso spannend wäre vor der Individualebene im B2B-Kontext ein Vergleich zwischen Beurteilungskriterien in Bezug auf die eigene Person und Beurteilungskriterien in Bezug auf das Unternehmen. Die Frage, welche Rolle vor dem B2B-Kontext der ‚Fit zur eigenen Person’, d.h. zum Mitarbeiter selbst, und der ‚Fit zum Unternehmen’ bei der Einstellungsbildung des Mitarbeiters spielen, wäre interessant. Leider wurde das Konstrukt Fit zur Person im Rahmen der Operationalisierung eliminiert, so dass die vorliegende Arbeit keine Antwort auf diese Frage geben kann.
5.3 Kritische Diskussion und Implikationen für zukünftige Forschungsfelder
297
Bei dem Positionierungserfolg wurde in der empirischen Analyse eine Eingrenzung auf den Erfolg im Nachfragerunternehmen vorgenommen. Dies ist für die Bewertung der Relevanz von B2B-Positionierungsinhalten zunächst ausreichend und bietet den Vorteil, dass die Datenerhebung auf die Kundenbefragung begrenzt werden kann. Dennoch gehört zu einer umfassenden Erfolgsbetrachtung auch der (ökonomische) Erfolg im Anbieterunternehmen. So könnte in kommenden Forschungsarbeiten der Zusammenhang zwischen Positionierungserfolg im Nachfragerunternehmen und Positionierungserfolg im Anbieterunternehmen näher durchleuchtet werden. In Bezug auf die betrachteten B2B-Positionierungsinhalte kann zum einen kritisch hinterfragt werden, ob die Zuordnung von rationalen und emotionalen Indikatoren im Vorfeld der Empirie als Vorgehensweise akzeptabel ist. In der vorliegenden Arbeit war diese Vorgehensweise notwendig, damit in zwei separaten exploratorischen Faktorenanalysen rein rationale und rein emotionale Faktoren ermittelt, sowie getrennt analysiert und bezüglich ihrer Wirkungen verglichen werden konnten. Grundsätzlich sind jedoch auch gemischte Faktoren denkbar. Des Weiteren ist in Bezug auf die untersuchten B2B-Positionierungsinhalte anzumerken, dass diesbezüglich keineswegs ein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Nicht alle B2B-Marken in allen B2B-Märkten lassen sich über lediglich sieben Inhalte positionieren; obgleich diese Ambition klassischen Positionierungsmodellen aus dem B2C-Bereich unterliegt. Die ermittelten sieben B2B-Positionierungsinhalte wirken positiv auf den nachfragerbezogenen Positionierungserfolg. Dennoch sollten Unternehmen weiteren B2BPositionierungsinhalten offen begegnen und ihren Erfolgsbeitrag in speziellen Analysen vor dem jeweiligen Unternehmenskontext überprüfen. Auch eine gezielte Untersuchung nicht von einzelnen Positionierungsinhalten, sondern von definierten Kombinationen an Positionierungsinhalten ist zukünftig interessant. Daneben bietet die Untersuchung von Kontextfaktoren Ansatzpunkte für weitere Forschungsvorhaben im Zusammenhang mit der Positionierung von B2B-Marken. Zahlreiche Determinanten für die Markenpositionierung aus den Kontextbereichen Markt/Branche/Unternehmen, Kaufsituation, Leistung, Buying Center und Individuum sind vorstellbar. Es kann einerseits davon ausgegangen werden, dass diese Kontextfaktoren als Moderatoren auf den Zusammenhang von B2B-Positionierungsinhalten und B2B-Positionierungserfolg wirken. Jeder Positionierungsinhalt wirkt in Abhängigkeit von spezifischen Kontextfaktoren unterschiedlich. Andererseits können die Kontextfaktoren die Bedeutung von einzelnen Modellkomponenten des B2BPositionierungserfolges verschieben. Dies würde bedeuten, dass sich in Abhängigkeit der Kontextfaktoren die Konzeptualisierung des Positionierungserfolges und damit indirekt auch die Auswahl der relevanten Positionierungsinhalte verändern (vgl. Abschnitt 4.5). Eine Analyse von Veränderungen des Modells zum B2B-
298
5 Zusammenfassende Bewertung der Arbeit
Positionierungserfolg in Abhängigkeit der Kontextfaktoren führt in dieser Arbeit jedoch zu weit und bleibt ein Vorschlag für weitergehende Forschungsvorhaben. Der Status der Literatur zum B2B-Markenmanagement wurde auf internationaler Ebene erhoben. Die empirische Studie wurde allerdings auf die Bundesrepublik Deutschland eingeschränkt, um den Aufwand und die Kosten für die Datenerhebung zu begrenzen. Auch an dieser Stelle sind weitere zukünftige Untersuchungen sinnvoll, da B2B-Marken als Unternehmensmarken oftmals sehr international sind. So könnten in Bezug auf die Rolle von Rationalität und Emotionalität durchaus Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern und deren Kulturen bestehen. Des Weiteren könnte die Kritik aufkommen, dass die B2B-Markenpositionierung in der vorliegenden Arbeit nur statisch betrachtet wird. Doch auch dynamische Betrachtungen von Positionierungsinhalten könnten für künftige Forschungsarbeiten von Interesse sein. So könnte die Bedeutung von B2B-Positionierungsinhalten mit der Existenzdauer des Anbieterunternehmens (vom Start-up zum traditionellen Weltkonzern) oder mit der Dauer von Geschäftsbeziehungen variieren. Abschließend verbleibt im Hinblick auf die Methodik zu bemängeln, dass die empirische Analyse auf der direkten Methode in Form einer schriftlichen Befragung basiert. Gerade im Zusammenhang mit rationalen und emotionalen Aspekten gelten indirekte Methoden und insbesondere neurowissenschaftliche Studien als überlegen (vgl. Kenning et al. 2005). Die methodische Vorgehensweise ist jedoch damit zu rechtfertigen, dass es sich um eine erste empirische Arbeit zu diesem Thema mit explorativem Charakter handelt. Neurowissenschaftliche Untersuchungen sind sehr aufwendig und kostenintensiv. Sie werden erst seit einigen Jahren vermehrt für die Analyse von sozialwissenschaftlichen Phänomenen im Konsumgüterbereich eingesetzt und sie geben einen unvoreingenommenen Eindruck über die Rolle von Rationalität und Emotionalität in menschlichen Entscheidungsprozessen. Neurowissenschaftliche Untersuchungen im B2B-Bereich, d.h. einen speziellen Einblick in das Gehirn von industriellen Entscheidern, fehlen bislang gänzlich, wären aber ein zukünftiges Forschungsgebiet von höchstem Interesse.
Anhang 1
299
Anhang 1 Die folgenden beiden Tabellen geben einen Überblick über konzeptionelle und empirische Arbeiten zu potentiellen Positionierungsinhalten im B2B-Bereich. Um eine Verzerrung der Inhalte durch die Übersetzung zu vermeiden, werden potentielle Inhalte gegebenenfalls in englischer Sprache aufgelistet. Emotionale Aspekte sind in allen Tabellen fett hervorgehoben.
Konzeptionelle Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte
Sonstiges
Deutschsprachige Literatur Backhaus (2003, S. 12 ff.)
Wettbewerbsfaktoren auf Industriegütermärkten
Barten (1997, S. 173 ff.)
Wirksame Motive bei der Kommunikation im Anlagengeschäft
Baumgarth (2001, S. 279) (dort nach Belz, Koop 1994, S. 1594 f. und Detig 1994)
Positionierung einer B2B-Marke für individuelle Leistungen
Belz, Kopp (1994, S. 1579 ff.)
Investitiongütermarke
Zeit Flexibilität Kosten Qualität - Leistungsergebnisqualität - Prozessqualität Sicherheitsmotiv Prestigemotiv Gewinnmotiv (Kostensenkung, Erlössteigerung) Zeitersparnismotiv Bequemlichkeitsmotiv Konsonanzmotiv Motiv der Wiederherstellung uneingeschränkter Freiheit Technologische Führerschaft Kundennähe, Offenheit und Know-how zu spezifischen Abnehmerbranchen Sicherheit, Solidität, Konstanz und langjährige Erfahrung Gesamtlösungen aus einer Hand Serviceleistungen (z.B. Beratung, Anlagenüberwachung, Kundenschulung) Weltweite Präsenz Aktuelles und zukünftiges Potential sowie personelle und finanzielle „Gesamtkraft“ der Unternehmung
Aufbau von ... Kompetenz - Innovationskompetenz - Vernetzungskompetenz - Dienstleistungskompetenz - Technische Kompetenz - Kundenkompetenz - Beziehungskompetenz - Anpassungskompetenz (Flexibilität) Vertrauen (nach Belz, 1989 und Rieger, 1990) - Kontinuität und Verlässlichkeit - Glaubwürdigkeit - Stimmigkeit - Fairness und Sicherheit - Berechenbarkeit - Akzeptanz - Verständlichkeit und persönliche Beziehung - Fassbarkeit und Problemlösung - Kompetenz - Bekanntheit Emotionen - Persönliche Beziehungen Positionierungsmöglichkeiten zur Differenzierung: Technologische Führerschaft und Innovation Kundennähe, Offenheit und (Abnehmer-) Branchen-Knowhow
Je nach Entscheidungsträger werden inhaltliche und intensitätsmäßige Unterschiede angenommen.
Wichtig bei der B2B Markenstrategie sind die Aufmerksamkeit und die Reputation (Reptation umfasst die Komponenten Kompetenz und Vertrauen). Die Wahrnehmung von Vertrauen und Kompetenz wird auch durch Informationssurrogate gestützt: Unternehmensgröße, Qualifikation der Mitarbeiter, Alter des Unternehmens Vertrauen kann nur indirekt kommuniziert werden. Die wahrgenommene Kompetenz führt zu Vertrauen (vgl. Belz, Kopp 1994, S. 1587).
300
Anhang 1
Konzeptionelle Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Berdi (2004)
Wichtige Aspekte bei der Beziehung zwischen technischem Vertrieb (Selling Center) und dem Einkauf (Buying Center)
Beutin (2003, S. 537)
Typische Leistungsparameter/kriterien für die Kundenzufriedenheitsbefragung eines Maschinenbau/Industriegüterunternehmens.
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte Total Quality Management (Zertifikate) Sicherheit, Solidität, Konstanz, langjährige Erfahrung Gesamtlösungen aus einer Hand Leistungsfähigkeit für Rationalisierungspotentiale und Kundenvorteile Serviceleistungen für Benutzerzuverlässigkeit und Beratung, Anlagenüberwachung, Produktzuverlässigkeit, Planungszuverlässigkeit, Kundenschulungen, Instandsetzungszuverlässigkeit, Betriebszuverlässigkeit Aktuelles und zukünftiges Potential sowie personelle und finanzielle Gesamtkraft des Unternehmens Corporate Identity und -Design Weltweite Präsenz Preis Gesamtkostenbetrachtung Partnerschaft Vertrauen Geschwindigkeit der Zusammenarbeit Kreativer Dialog Transparenz Offenheit Made in Germany Qualität Innovation Prozessoptimierung Bonität Fertigungskapazität Produktionsstätten in Europa Fehler beim Wareneingang Logistik Pünktlichkeit Arbeitssicherheit Wirtschaftliche Stabilität (Umsatz, Mitarbeiterzahl, Invesitionsverhalten) Commitment zu Branche des Kunden Termine einhalten Flexibilität Reaktionsgeschwindigkeit bei Anfragen und Ausschreibungen Service Proaktiv steuern Innovative Themen forcieren Produkte - Breite der Produktpalette - Innovationsgrad - Kundenspezifische Anforderungen - Zuverlässigkeit der Produkte - Garantieleistungen - Betriebskosten - Preis-Leistungs-Verhältnis - Lebensdauer Kundenbetreuung - Erreichbarkeit - Freundlichkeit - Zustand und Vollständigkeit der Lieferung - Verständlichkeit/Richtigkeit der Rechnung - Betreuung bei Rückfragen Informationsmaterial/Außendarstellung - Messeauftritte - Presse/Öffentlichkeitsarbeit - Prospekte/Kataloge - Mailings - Preislisten - Internetauftritt Beschwerdemanagement - Erreichbarkeit - Freundlichkeit - Kompetenz - Schnelligkeit - Ergebnis Angebotserstellung - Schnelligkeit der Angebotserstellung
Sonstiges
Die Aspekte stammen aus einer Diskussion zwischen mehreren Wirtschaftsvertretern aus Vertrieb und Einkauf. Die Reihenfolge der Inhalte ist ungeordnet und orientiert sich nach der Reihenfolge in der Diskusssion.
Mögliche Kriterien, welche zur Zufriedenheit der industriellen Kunden führen können. Diese sind auch als mögliche Positionierungskriterien interpretierbar.
Anhang 1
301
Konzeptionelle Arbeiten Autor
Engelhardt, Günter (1981, S. 61 ff.)
Thematischer Bezug
Auswahlkriterien bei der Lieferanten-analyse und -bewertung
Liferantenanalyse-System (als Scoring Modell)
Hauser, Groll (2002)
Mögliche Positionierung von Invesitionsgütern
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte - Schnelligkeit der Auftragsbestätigung - Betreuung bei Rückfragen - Eingehen auf Kundenwünsche - Abwicklung - Digitale Angebotserstellung After-Sales-Service - Erreichbarkeit/Hotline - Reaktionszeit - Qualität der Servicemitarbeiter - Ersatzteilprogramm - Schnelligkeit der Ausführung - Preis-Leistungs-Verhältnis Preis Produktqualität Zuverlässigkeit der Lieferung Lieferrisiken (z.B. beim Import) Konditionen Kreditgewährung Sortiment Service Garantieleistungen Image des Lieferanten Bestehen von langfristigen Geschäftsbeziehungen Möglichkeit zur Gegengeschäften Kapazität des Lieferanten Kapitalsmäßige oder vertragliche Verflechtung Qualitätsbereich - Technische Qualität - Ausschlussquoten - Image des Produkts beim Kunden - Service Finanzieller Bereich - Preis - Rabattgewährung - Lieferantenkredite Lieferbedingungen - Liefergenauigkeit - Liefersicherheit - Verhalten bei Reklamationen Allgemeine Kriterien - Bisherige Lieferbeziehungen und Zufriedenheit - Ruf des Lieferanten - Kapazität - Gegengeschäfte - Kooperationsbereitschaft Investitionsgüterhersteller müssen Kompetenz ausstrahlen: Möglichkeit zukünftiger Systemanpassungen Dauerhafter After-Sales-Service Reduktion von Komplexität Assoziationen mit Unternehmensmarken im B2B-Bereich: Mehrwert Kompetenz Kundennähe Leadership
Hofmaier, Leutbecher (1996, S. 107)
Determinanten eines „berechenbaren“ Kundennutzens bei Investitionsgütern
Folgende Merkmale haben zudem hohe Bedeutung: Konstanz, Dauerhaftigkeit, Kontinuität Stabilität, Zuverlässigkeit, Zukunftssicherheit Nationale Ungebundenheit Produktfaktoren (Anschaffungskosten und Life-Cycle-Costs) Ehrlichkeit Preis-Leistungs-Verhältnis Leistungsvorteil - Spezifische Leistung - Größere Genauigkeit - Leistungsumfang (-breite) - (elektronische) Integrierbarkeit - kompaktes „Packaging“ - Produktqualität - Elektronische Funktionalität Kostenvorteil
Sonstiges
Unter der Voraussetzung, dass mehrere Lieferanten ein Gut liefern können, dienen die vorgestellten Kriterien zur Auswahl zwischen diesen Lieferanten.
Beispiel für ein Lieferantenanalyse-Modell. Die einzelnen Kriterien werden je nach Bedeutung gewichtet. Jeder Lieferant wird in Bezug auf die Kriterien mit einer Punktzahl von 1 bis 5 bewertet. Die errechneten ScoringZahlen täuschen einerseits eine „Scheingenauigkeit“ vor, andererseits hilft die Methode komplexe Entschei-dungen zu „rationalisieren“.
B2B-Unternehmen müssen Kompetenz an die industriellen Nachfrager vermitteln. Ziel ist es, Vertrauen bei den Nachfragern aufzubauen.
Der Artikel handelt von der Vermarktung von Investitionsgütern. Es wird nicht direkt von Marken gesprochen. Unterscheidung von kritischen Anforderungsfaktoren (KAF) und kritischen Erfolgs-
302
Anhang 1
Konzeptionelle Arbeiten Autor
Homburg, (1995, S. 123)
Kemper (2000)
Thematischer Bezug
Kundennähe bei Industriegüterunternehmen
Mögliche Positionierungsaussagen bei Investitionsgütern (Kemper 2000, S. 255; mit Verweis auf Belz, Kopp 1994 und McDowell Mudambi, Doyle, Wong 1997)
Emotionale Anmutungen von Investitionsgüter-marken bei Investoren (S. 257)
Emotionale Bedürfnisse von Entscheidungs-trägern (S. 258)
Ludwig (2000, S. 24) Mennicken (2005)
Investitionsgüter-marke
Moll, Stippel (1996, S. 14-18)
Erfolgreiches Industriegut
Unternehmensmarke im Energiebereich
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte - „Null“-Fehlerquote - weniger Einzelteile - rechtzeitige Selbstdiagnose - einfache Austauschbarkeit Servicevorteil - Serviceflexibilität - Applikations- und kundenspezifischer Service - Längere Serviceintervalle - Lieferflexibilität Informationsvorteil - (sofortige) Datenabruf- und Auswertbarkeit - hohe Datenintegration - einfache Datenkonfiguration Kundennähe des Leistungsangebots - Produkt- und Dienstleistungsqualität - Qualität der kundenbezogenen Prozesse - Flexibilität im Umgang mit Kunden Kundennähe des Interaktionsverhaltens - Offenheit im Informationsverhalten gegenüber Kunden - Offenheit gegenüber Anregungen von Kundenseite - Kundenkontakte von nicht im Verkauf tätigem Personal Ein weiterer Indikator kann beiden Dimensionen des Konstruktes Kundennähe zugeordnet werden - Qualität der Beratung durch den Verkäufer Technologische Führerschaft und Innovation Weltpräsenz Aktuelles und zukünftiges Potential Solidität Langjährige Erfahrung Stabilität Serviceorientierung Kundennähe Offenheit Menschlichkeit Sicherheit Gesamtlösungs-Know-how Integrationskompetenz Hochwertigkeit Exzellenz Seriosität Vertrauenswürdigkeit Offenheit Partnerschaftlichkeit Sicherheit Individual- und Geltungsnutzen wie Sicherheit Bequemlichkeit Wohlbefinden Bindung Ästhetik Prestige Aufbau von Systemkompetenz Vertrauen Kompetenz Verlässlichkeit Sicherheit Umfassendes Leistungssprektrum rund um Energie Emotionaler Zusatznutzen durch Erlebniswelt ist wichtig bei low involvement (Strom) Gemeinsame Entwicklung von Neuheiten (mit Kunden) Offenheit Experimentierfreude Tiefe Kundenbeziehung Design Steigerung der Produkt-Features Ideen Just-In-Time
Sonstiges faktoren (KEF).
Die einzelnen Merkmale stellen die Konzeptualisierung des Konstruktes „Kundennähe“ dar.
Die Positionierung von B2B-Marken muss sowohl nach innen als auch nach außen klar kommuniziert werden. Positionierungsaussagen bei Investitionsgütern können eher sachlich-rationale oder eher emotionale Kundennutzen sein. Die Liste soll Beispiele geben. Je weniger Angebote über rationale Merkmale differenziert und beurteilt werden können, desto bedeutender wird die psychologische Differenzierung über Zusatznutzen. Emotionale Zusatznutzen dienen zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse von Entscheidungsträgern.
Marke ist besonders wichtig für Investitionsgüter. Eine Unternehmensmarke bietet den Vorteil, dass im Vergleich zur Einzel- oder Familienmarke die aufgezählten Variablen kommuniziert werden können. Interview mit Herrn Moll (Geschäftsführer von Keiper Recaro, Autositze)
Anhang 1
303
Konzeptionelle Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Ortmann (2001, S. 306)
Emotionen, die in Organisationen motivieren
o.V. (1996, S. 116)
Erfolgreicher Investitionsgüter-vertrieb
o.V. (1999, S. 53)
Positionierung von Investitionsgüter-marken
Rentzsch (1998, S. 211)
Konto der Emotionen beim Kunden (Vertrauen)
Von der Oelsnitz
Anforderungen an eine Investiti-
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte Produktkompetenz / hohe Leistung Reputation Zuverlässigkeit Preis Individualisierung Sicherheitsfeatures Fairness Vertrauen Respekt Anerkennung Flexibilität Schnelligkeit Gemeinsame Verantwortung Produktivität der Abläufe Qualitätsprinzipien Anforderungen an den Verkäufer: Beratung - Allgemeinwissen - Neuigkeiten - Betriebswirtschaftliche Kenntnisse - Branchenkenntnisse - Unternehmenskenntnisse - Kundenkenntnisse - Produkt- und Dienstleistungskenntnisse - Erfahrungen Partnerschaft - Freundschaft - Betreuung Organisation - Problemlösung - Einbezug von Spezialisten Vertrauen in Produkt oder Anbieter - Zuverlässigkeit - Qualität - Leistung - Experten oder Referenzkunden Service - Dienstleistungen - Beispiele: Anlagenüberwachung per Teleservice, Schulungen, Fachpublikationen, umfassende Beratung Kompetenz - Beispiele: Kooperationen mit technischen Hochschulen, eigene F&E Abteilung Leistung - Qualität - Innovativität Emotionen Kundenbeziehungsmanagement Design (von Anlagen) Einzahlungen: Spontane Anrufe Empfehlungen abgeben Zusagen einhalten Interesse zeigen Offen miteinander sprechen Telefonieren, besuchen Aufgeschlossenheit zeigen Vorschläge für Serviceleistungen unterbreiten Bei Problemen in der „Wir“-Sprache reden Probleme sofort aufgreifen Kurze, freundliche Sprechweise Disziplinierte, kompetente Antworten Verantwortung übernehmen Die Zukunft gemeinsam planen Auszahlungen: Lediglich Rückrufe vornehmen Rechtfertigungen vortragen Zusagen nicht ernst nehmen … (Gegenteil der Einzahlungen) "TECH" (Substanz): - sachlich-funktionale Produktqualitäten
Sonstiges
Der Artikel bezieht sich eher allgemein auf Industriegüter und nicht speziell auf Markenmanagement im B2B-Bereich.
Es werden mehrere Beispiele aus der Unternehmenspraxis gegeben. Marken und Emotionen sind für Investitionsgüterhersteller wichtig.
Das Konto der Emotionen ist als Metapher zu verstehen. Es beschreibt die Größe des Vertrauens, das in einer Beziehung aufgebaut wird.
Im B2B-Bereich nehmen Marken aufgrund der
304
Anhang 1
Konzeptionelle Arbeiten Autor (1995, S. 254)
Von Hirsch (1998)
Thematischer Bezug ons-gütermarke
Investitionsgüter-marke
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte "TOUCH": - emotionale (Persönlichkeit) - Kompetenzvermittelnde Leistungs-komponenten (Kompetenz)
Besser - Service - Qualität (Eigenschaften und Unternehmen) Billiger Schneller - Beweglichkeit - Flexibilität - Dynamik - Kraft - Durchsetzungsvermögen
Sonstiges Besonderheiten von Industriegütern eine andere Wertigkeit ein als im B2C-Bereich. B2B-Marken haben den Zweck der Komplexitätsreduktion bei kollektiven Entscheidungen. „Besser“ und „Billiger“ schaffen auf vielen Märkten keine Differenzierung vom Wettbewerb. Deshalb ist „Schneller“ eine neue Differenzierungsdimension.
Englischsprachige Literatur Egan, Shipley, Howard (1992, S. 313)
Hague, Jackson (1994, S. 8 und 31 ff.)
Kriterien auf der Nachfragerseite im B2B-Bereich
Faktoren im industriellen Kaufentscheidun gs-prozess
Selection criteria: Value Analysis Supplier Credibility Supplier Performance Uncertainty reduction Risk-cost containment Quality control Financial and industrial stability Buying factors: DMU components Buy Class Quality Price Delivery Reliability Technical ability Market services Information Geographical location Innovativeness NPD Previous contact Reciprocity Willingness to customise Personal benefits for buyer Centralisation of procurement Continuity of supply Inventory management Quality - Reliability - Durability - Strength - Longevity - Power - Finish - Engineering integrity - Etc. Price - High discount - Spezial payment terms - Value for money - Etc. Delivery - Off-the-shelf availability - Speed - Time promise - Etc.
Die Kriterien stammen aus einem Modell für Industriegütermarken. Das Modell stellt auf der Anbieterseite „Brand objectives“ und „Branding strategy“ dar. Auf der Nachfragerseite sind „Selection criteria“ und „Buying factors“ aufgezeigt. Beide Seiten treffen am Markt aufeinander.
Die drei Faktoren beeinflussen die industrielle Kaufentscheidung am meisten. Hinter den drei Faktoren stehen mehrere Merkmale. Zusätzlich erkennen die Autoren an, dass weitere Faktoren auf die industrielle Entscheidung einwirken.
Anhang 1
305
Konzeptionelle Arbeiten Autor
Thematischer Bezug Funktionelle und nichtfunktionelle Nutzen einer Marke
McQuisto n, (2004)
Komponenten einer Marke für Stahl, die zu einer umfassenden Kundenlösung beitragen
Weber (1997)
Wettbewerbsvorteile in Industriegütermärkten (speziell für Briefpapier)
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte Functional benefits: Performance Problem solution Non-functional benefits: Recognition Trust Confidence Status Comfort Warmth of feeling Technical solution – consistent physical product by having: - Right chemical composition - Desired durface quality - Good flatness - Low residual stresses Logistical solution – fast, efficient deliveries: - 2-week lead time - products made to order Spirit of cooperation among stakeholders: - Share inventory - Sharing ideas Customer support solution – support staff knowleadgeable in: - Technical aspects of product - Customers’ processes - Technological developments - Non-steel issues Corporate image and policy - Recognized brand name - Coming together of involved departements to position the brand as total solution - Strong customer orientation in all interactions with customers Overall Appearance Variety of Colors Variety of Grades Press Performance Price Broad Merchant Inventory Readily Available Delivery Sales Representatives Service Consistent Paper Quality Credit Policy Return Policy Promotional Incentives / Deals
Sonstiges Funktionale Nutzen sind eher produktbezogen und einfach zu identifizieren. Hingegen sind nichtfunktionale Nutzen (symbolische Nutzen) bei Industriegüter-marken schwierig zu erkennen.
Praxisbeipiel für eine erfolgreiche B2B-Marke im Commodity Bereich.
Zielgruppensegmentierung kann auf mehreren Stufen spezifiziert werden. Auf einer Makroebene sind die Kunden beispielsweise in Bezug auf ihre Größe oder die Region zu kategorisieren. Auf einer Mikroebene ist eine Segmentierung auf Basis von Kunden-nutzen, wie anhand der genannten Beispiele, sinnvoll.
Tabelle 53: Konzeptionelle Arbeiten zu potentiellen Positionierungsinhalten im B2B-Bereich
306
Anhang 1
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte
Empirie
Sonstiges
Deutschsprachige Literatur Backhaus (2003, S. 53); Backhaus, Koch, (1983, S. 92)
Auftragsvergabe
Bauer, Becker (2002)
Markenpersönlichkeit von Industriegüterunternehmen
Personenschutz Betriebssicherheit Gesamtsicherheit Gesamtpreis Technische Leistung Bedienerfreundlichkeit Zahlungsbedingungen Konstruktive Auslegung Konkurrenzangebote Liefertermin Ersatzteillieferung Garantie Gewährleistung Ausbaufähigkeit Haftung Vertragsstrafen Referenzanlagen Einzelpreise Dokumentation Gebäude Abnahmekonditionen Wartung, Service Nebenkosten Zuständigkeiten Kompatibilität Umwelteinflüsse Montagebedingungen Transport, Verpackung Rücktrittsbedingungen Gegengeschäfte Personalschulung Erregung bzw. Spannung: Außergewöhnlich (außergewöhnlich, originell, faszinierend) Exklusiv (exklusiv, elegant) Trendy (trendy, jugendlich) Vital (vital, ausdruckstark) Attraktiv (attraktiv) Kompetenz bzw. Vertrauen: Vertrauenserweckend (vertrauenserweckend, zuverlässig, kompetent, überzeugend) Fortschrittlich (fortschrittlich, dynamisch, erfolgreich) Flexibel (flexibel, konkurrenzfähig)
Beutin (2000, S. 147)
Nettokundennutzen einer industriellen Geschäftsbeziehung
Beständigkeit: Bekannt (bekannt, angesehen) Solide (solide) Männlich (männlich, stark) Vertraut (vertraut) Beziehungsnutzen - Kernnutzen - Zusatznutzen Beziehungskosten - Preis - Akquisitionskosten - Betriebskosten Diese Beziehung wird von folgenden Charakteristika beeinflusst: Produktcharakteristika - Produktqualität - Servicequalität Lieferantencharakteristika - Flexibilität des Lieferanten - Commitement des Lieferanten Beziehungscharakteristika - Vertrauen
Beurteilung von Auftragesvergabekriterien durch Kunde und Key Account
Ein Vergleich der beurteilten Kriterien zur Auftragsvergabe zeigt, dass es deutliche Unterschiede in den Einschätzungen zwischen Kunden und Key Accounts gibt. Die Kriterien sind in absteigender Bedeutung für die Kunden aufgelistet. Die Befragung bezog sich auf Mitttelspannungsschaltanlagen.
Führungskräfte in Mittelstand und Großunternehmen der Industriegüterbranche (n=155); Branchen: Informationstechnik, PKW /Fuhrpark, Büroeinrichtung, Telekommunikation, Dienstleister/ Unternehmensberater
Es wurden 69 Persönlichkeitseigenschaften abgefragt. Die positiv bewerteten Eigenschaften wurden übergeordneten Facetten und drei Faktoren zugeordnet. In einer Regressionsanalyse konnte ein Zusammenhang zwischen Markenpersönlichkeit und Vertrauen bzw. Sympathie (für Kaufwahrscheinlichkeit) nachgewiesen werden. Damit soll bewiesen werden, dass die Markenpersönlichkeit auf die Kaufwahrscheinlichkeit wirkt.
Marktbefragung von Unternehmen in USA und Deutschlang (fast n =1000)
Die Konstrukte des Beziehungsnutzens wirken positiv auf den Nettonutzen. Interessanterweise wirkt der Zusatznutzen stärkter als der Kernnutzen. Die Konstrukte der Beziehungskosten wirken negativ auf den Nettonutzen. Bis auf die Akquisitionskosten konnten diese Zusammenhänge signifikant bestätigt werden. Die Geschäftsbeziehung (Nutzen und Kosten) wird durch Charakteristika des Produktes, des Lieferan-
Anhang 1
307
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte
Empirie
- Zusammenarbeit Droege, Backhaus (Weiber, 1993, S. 58 ff.)
Kaufkriterien bzw. Kaufgründe in der Investitionsgüterindustrie
Homburg, Rudolph (1998), Rudolph (1998)
Kundenzufriedenheit in Industriegütermärkten
Horstmann (2001, S. 440 f.)
Kundenzufriedenheit in der Investitionsgüterindustrie am Beispiel eines Maschinenbauunternehmens
Kleinaltenkamp (2000, S. 213) (und dort nach Köhler, Uebele
Kriterien und Beurteilungsfaktoren zur Marktsegmentierung bei IndustrieelektronikSystemen
Besonders hohe Bedeutung: Erwartete Marktbeständigkeit der Anbieter in Zukunft (Planungssicherheit) Anpassungsflexibilität des Anbieters an technische Entwicklungen Marktpräsenz des Anbieters Umfang und Qualität des Dienstleistungsangebots des Anbieters Technologische Kompetenz des anbietenden Unternehmens Geringere Bedeutung: Größe des Unternehmens Image Testmöglichkeiten Referenzen Kompatibilität Eigene F&E Aktivitäten Demo- und Kompetenzzentren Zufriedenheit mit den Vertriebsmitarbeitern (0.25) (P, M, E) Zufriedenheit mit der Auftragsbearbeitung und den Prozessen (0.25) (P, M, E) Zufriedenheit mit dem Beschwerdemanagement (0.23) (E, M, P) Zufriedenheit mit den Produkten (0.17) (M, E, P) Zufriedenheit mit dem technischen Service (0.09) (E, P, M) Zufriedenheit mit den produktbezogenen Informationen (0.05) (E, M, P) Zufriedenheit mit der Kommunikation mit internen Mitarbeitern (0.05) (M, E, P)
Technisches Gesamtkonzept Programmbreite/-abstufung Betriebszuverlässigkeit Einsatzflexibilität, Verwendungsbreite Systemangebot (Turn-key-Anlagen) Dokumentation Technikum Kundendienst (After-Sales-Service) Lieferzeit Maschinen Termintreue Maschinen Ersatzteilverfügbarkeit Verfügbarkeit von Servicetechnikern Kompetenz der Kundenbetreuer Angebotsservice Reklamationsbearbeitung Regelmäßige Präsenz Vertrieb Regelmäßige Präsenz Kundendienst Verfahrens-Know-how Innovationskraft Referenzen Preisniveau Maschinen Preisniveau Ersatzteile Zahlungskonditionen Beratung - Regelmäßige technische Betreuung - Regelmäßige Betreuung durch Berater - Vorführung neuer Systeme - Qualifizierte Beratung - Beratung durch Spezialisten Technische Kompetenz - Geringer Programmieraufwand
Subjektive Einschätzung des Nachfrageverhaltens durch befragte Investitionsgüteranbieter (n=354)
INDSATKausalmodell; schriftliche Kundenbefragung mit Fragebögen (n=873)
Keine Angaben
Keine Angaben
Sonstiges ten und der Beziehung beeinflusst. Als bemerkenswertes Ergebnis wird festgestellt, dass konkrete Produktmerkmale in den Hintergrund treten. Stattdessen sind produktunabhängige Merkmale wie die Fähigkeiten zur Problemlösung und die Reputation bzw. das Image eines Anbieters wichtiger.
Für alle Merkmale konnte ein positiver Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit empirisch bestätigt werden (signifikant auf 0,01 oder 0,05 Niveau). Die Merkmale sind in absteigender Höhe des Zusammenhangs aufgelistet. Zusätzlich wurden Unterschiede bei der Merkmalsbedeutung zwischen Buying Center Mitgliedern betrachtet: purchasing (P), engineering (E), manufacturing (M). Die Buchstaben in Klammern geben die absteigende Bedeutung an. Das Beispiel stammt aus der Kundenzufriedenheitsbefragung eines Maschinenbauunternehmens. Die einzelnen Merkmale stammen aus sechs Kategorien: Maschinenangebot, Technischer Support, Leistungsverfügbarkeit/zuverlässigkeit, Hersteller-Reputation und Preisverhalten. Die Liste zeigt die Merkmale in der Reihenfolge absteigender Bedeutung aus Sicht der Kunden mit der Bewertung auf einer 7er-Skala. Tatsächlich reicht die Spanne von 6,1 für Gesamtkonzept bis 4,0 für Zahlungskondition. Mit Hilfe einer exploratorischen Faktorenanalyse wurden die 53 vorgelegten Kriterien zu acht Faktoren gebündelt. Auf Basis dieser acht Faktoren ist eine Marktsegmentierung
308
Anhang 1
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
1983)
Lasogga (1998a und 1998b, S. 56)
Erlebniswerte im B2B-Bereich
Meller (2003, S. 22)
Image des Stromversorgers
Rütgers (1998, S. 124) (nach DGM –
Kaufentscheidung bei Investitionsgütern
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte - Modernste Technologien - Einfacher Fremd-System Datenaustausch - Anpassungsfähiges Auftreten des Betreuers - Versorgen mit schlagkräftigen Argumenten - Hoher Bekanntheitsgrad des Anbieters - Überzeugende Referenzen Qualität und Lierferservice - Kurze Lieferzeit bei Disposition - Kurze Lieferzeit bei unvorherg. Mehrbedarf - Weltweiter Service - Verbesserung des eigenen Produktimages Wirtschaftlichkeit - Leicht verständliche Eingabe von Daten - Geringer Zeitaufwand für Auftragsabwicklung - Wirtschaftliche Stärke des Lieferanten - Großzügiges Kulanzverhalten Individualität - Besondere Zahlungsbedinungen - Praktische Projektierungshilfe - Überzeugende Werbemaßnahmen - Möglichkeit eines Service-Vertrages - Ansprechendes Design Erfahrung - Schulung für Planer - Gutes persönliches Vertrauensverhältnis - Gute Erfahrung mit dem Anbieter Gebrauchsnutzen - Geringe Anzahl verschiedener Komponenten - Einfache Fehlersuche - Höchstmögliche Betriebssicherung - Erfüllung spezifischer Systemanforderungen - Dokumentation in der Landessprache - Spezielle Schulung für Endanwender After-Sales-Service - Sehr schneller Service vor Ort - Schneller Ersatzteil-Lieferdienst - Geringe Entfernung zur Niederlassung Produktabhängige Erlebniswerte: Erfolg (betriebliche Probleme lösen oder vermeiden) Zukunft (wird im Unternehmen über einen längeren Zeitraum eingesetzt) Vertrauen (neben finanziellen Risiken bestehen auch technische Risiken) Produktunabhängige Erlebniswerte: Selbstverwirklichung (gesellschaftliche Wertetrends, wie Unterhaltung und Lust übertragen auf Arbeitsplatzqualität) Zuverlässig Leistungsfähig Wichtig für die Region Kundenfreundlich Innovativ
Maschinenqualität Qualifikation der Servicetechniker Bedienungsfreundlichkeit der Maschinen Dokumentation Preis
Empirie
Sonstiges möglich.
Befragung von n=262 BuyingCenter Mitglieder in 100 Unternehmen (EDVBranche)
Hohe Bedeutung von Erlebniswerten im B2BBereich empirisch nachgewiesen. Diese steigern die Aktivierung, haben aber keine Verhaltensbeeinflussung. Emotionales und Rationales sind bei der Kaufentscheidung im B2BBereich wichtig.
Befragung von Haushalten und Gewerbetreibenden (< 50 Mitarbeiter)
Zustimmung der Befragten zu Image-Aspekten ihres Stromversorgers (nach absteigender Zustimmung). Die Reihenfolge ist für beide Zielgruppen identisch.
Keine Angaben
Zentrale Auswahlkriterien bei Investitionsgütern in absteigender Bedeutung.
Anhang 1
309
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Studie)
Schafmann (2000)
Emotionen im B2B-Kaufentscheidungsverhalten
Schmidt (2001); Wiedmann, Schmidt (1999, S. 30 und S. 68)
Von der Zielgruppe wahrgenommene Kompetenzbereiche einer B2B-Marke
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte Eingehen auf Kundenwünsche (Individualisierung) Schulung / Ausbildung Zukunftssicherheit des Anbieters Ferndiagnose per Telefon Kurze Lieferzeit Technologieberatung / Vorführung Schnelligkeit bei der Projektierung Benennung von Referenzmaschinen Durchgängigkeit bei der Produktpalette Internationale Präsenz Inzahlungsnahme alter Maschinen Maschinendesign Finanzierungsangebote Streben nach Vereinfachung Streben nach Prestige und beruflichem Ansehen Angstemotion und Bedürfnis nach Risikoreduktion Bedürfnis nach sozialer Integration Hardwarekompetenz: Qualitätskompetenz Technologiekompetenz Produktkompetenz Softwarekompetenz: Servicekompetenz
Empirie
Qualitative Interviews (n=22; ITFachhändler)
Die Interwiews bestätigen, dass die genannten emotionalen Motive auch im B2B-Bereich existent sind.
Befragung von Managern (n=200, Investitionsgüter 67%, Energieversorger 4%)
Der Kompetenzbereich „Erlebnis“ wird von den Unternehmen mit der geringsten Bedeutung wahrgenommen. Dennoch wird seine positive Wirkung auf den Erfolg empirisch bestätigt. Es ist noch viel Überzeugungsarbeit und Forschung notwendig. Direkte Wirkung auf den Erfolg haben der Innovationsgrad, die Servicekompetenz, die Erlebniskompetenz und die Emotionalität. Zusätzlich wirkt die Hardwarekompetenz indirekt über die Servicekompetenz auf den Erfolg. Die Entscheidungskriterien beim Kauf unterscheiden sich je nach Situation bzw. Phase des Kaufprozesses. Aber auch die Mitglieder im Buying Center variireren mit den Phasen. Bei der Lieferantenauswahl sind beteiligt: Einkauf, Beschaffung (60%) und technische Leitung (47%). Die Merkmale sind jeweils in absteigender Bedeutung aufgelistet.
keine Zuordnung: Preis-Leistungs-Kompetenz Erlebniskompetenz Erlebniskompetenz
Trommer (1984, S. 89 f.)
Kauf einer Investitionsgütermarke
Auswahl des Lieferanten - Solidität und Zuverlässigkeit der Produkte - Güte des Servicenetzes - Technische Beratung - Individualisierung - Technische Unterstützung bei der Einführung - Vertrauenswürdiger Name der Firma - Zuverlässigkeit bei Terminen - Investitionen in F&E - Beratung nach dem Kauf - Preisliche Flexibilität - Ohne Relevanz (längere Geschäftsbeziehung, Marktposition des Herstellers, Programmbreite) Wahl des teureren Anbieters Gute Erfahrung mit Lieferanten Erfahrung mit dem Service Lieferantenwechsel - Technische Leistung - Preis - Service-Netz
Sonstiges
Umfrage, Entscheider (Hochschulprofessoren und Führungskräfte), n=602
310
Anhang 1
Empirische Arbeiten Autor Wiedmann, Schmidt (1997)
Willrodt (2004)
Thematischer Bezug Erfolgsversprechende Position von erklärungsbedürftigen Produkten
Markenkompetenzen im Industriegüterbereich
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte Getestet wurden: Hohe Bekanntheit Gutes Image Gleichbleibende Produktqualität Durchgängiges Kommunikationskonzept Klares, einheitliches Design Große Tradition Guter Service Bedarfsgerechte Verfügbarkeit Eindeutige Preis- und Konditionenpolitik Am wichtigsten sind: Innovative Servicekonzepte Innovative Marketing und Kommunikationskonzepte (z.B. einmalige, nicht kopierbare Markenbzw. Unternehmensidentität im Einklang mit Erlebniswelten) Ideelle/Symbolische Dimensionen der Markenkompetenz: Reputation Atmosphäre der Transaktion Funktionale Dimensionen der Markenkompetenz: Technische Kompetenz Ressourcen
Empirie
Sonstiges
Definition von erklärungsbedürftigen Produkten (Industrie- und Konsumgüter); telefonische Experten-befragung (n=63)
Die Markenmerkmale wurden in Bezug auf mehrere Anforderungen überprüft: Eigenschaften erfolgreicher Marken, Differenzierungspotential, Kaufrelevante Eigenschaften und Zukünftiges Differenzierungspotential. Die getesteten Merkmale sind nach absteigender Bedeutung aufgelistet.
Kausalmodell (n=376 Beschaffungsmanager; n=131 Marketingmanager)
Im Industriegüterbereich umfasst die Markenkompetenz beide Dimensionen. Für Marketingmanager und für Beschaffungsmanager haben die Markenkompetenzen unterschiedliche Bedeutung.
Empirisch (n=6 Tiefeninterview; n=54 Fragebogen)
Die Kriterien wurden auf einer Skala von 1 (=nicht wichtig) bis 5 (=sehr wichtig) beurteil. Sie sind in absteigender Bedeutung aufgelistet. Die Abstände sind gering, da alle einen Median von 4 oder 5 aufweisen. Die fünf Faktoren sind mögliche Kundennutzenbereiche, über die ein Unternehmen sich positionieren kann. Alle Items laden stark auf den jeweiligen Faktor. Die Faktoren erklären in absteigender Reihenfolge einen Anteil an der Varianz. Zudem wurde die Bedeutung aller einzelnen Items gemessen, indem die Mittelwerte und die Varianz betrachtet wurde. Aufbauend auf den Faktoren wurde mit Hilfe einer Clusteranalyse eine Segmentierung des Marktes ermittelt. Die Merkmale sind überwiegend rationaler Natur.
Englischsprachige Literatur Bendixen, Bukasa, Abratt (2004, S. 376)
Kriterien für die Auswahl einer bevorzugten Marke
Bennion (1987, S. 11 ff.)
Produktnutzen bzw. -variablen zur Positionierung und Segmentierung im Industriegüterbereich
Brierty, Eckles, Reeder (1998)
Kaufentscheidung für ein standardisiertes Industriegut (S. 91)
Quality Reliability Performance After-sales service Ease of operation Ease of maintenance Price Supplier’s reputation Relationship with supplier’s personnel Management quality (35%) - Internal scheduling - Innovative management - Quality control Assistance - Delivery reliability - Ships proper quantities - Ships right part Price (11%) - Inventories parts - Heat treatment charges - Negotiable price - Processing charges - Competitive price - Tooling charges Product Quality (8%) - Lack of faults - Dimensional accuracy - Truck service - Commitment to quality - Microstructure - Physical appearance - Proper hardness Order Policy (6%) - Handles rush orders - Accepts order changes - Delivery costs - Small order policy Production Flexibility (5%) - Production flexibility Accounting Department - Offers volume discounts - Regulary meets quality specifications - Is honest in dealings - Answers all communications promptly
Fragebogen an Einkäufer, Designer und Produktionsmanager aus der Stahlindustrie in USA (n=44), Faktorenanalyse und Rotation
Keine Angaben
Jeder Funktionsbereich wurde nach Faktoren gefragt, die die Auswahl des Lieferanten für ein standardisiertes
Anhang 1
311
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Produktanalyse für eine Computer Installation
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte - Has competitive prices - Handles product rejections fairly - Provides needed information when requested (such as bids) Production Control Department - Can deliver quickly in an emergency - Ships products when wanted (for example, when moved-up and/or pushback deliveries are necessary) - Regularly meets quality specifications - Is helpful in emergency situations Purchasing Department - Regularly meets quality specifications - Advices of potential trouble - Is honest in dealings - Provides products during times of shortages - Is willing to cooperate in the face of unforeseen difficulties - Delivers when promised - Provides needed information when requiested (such as bids) - Is helpful in emergency situations Manufacturing Engineering Department - Delivers when promised - Is honest in dealings - Provides products during times of shortages - Regularly meets quality specifications - Can deliver quickly in an emergency Quality Control Department - Regularly meets quality specifications - Is honest in dealings - Allows credit for scrap or rework - Provides products during times of shortages - Has a low percentage of rejects Special Machinery Department - Provides products during times of shortages - Regularly meets quality specifications - Has a low percentage of rejects - Delivers when promised - Is honest in dealings Tool Design Department - Is honest in dealings - Has technical ability and knowledge - Handles product refections fairly - Allows credit for scrap or rework - Invoices correctly - Provides products during times of shortages - Anwers all communications promptly Marketing - Programs (4) - Personnel training (3) - Technical competency (2) - Expansion capabilty (1) Engineering - Personnel training (3) - Technical competency (2) - Expansion capability (2) - Programs (2) - Installation (1) Management - Personnel training (5) - Technical competency (4) - Expansion capability (1) Comptroller - Investment payback period (7) - Credit terms (2) - Expansion capability (1)
Empirie
Sonstiges Industriegut beeinflussen. Für jeden Bereich sind die Merkmale in absteigender Bedeutung aufgelistet.
Keine Angaben
Unterschiedliche Funktionsbereiche in Unternehmen stellen unterschiedliche Anforderungen an Produktinformationen. Jeder Bereich verteilte 10 Punkte über acht Produktinformationen: technical competency, expansion capability, installation, credit terms, personnel training, programs, investment payback period, maintenance service. Je mehr Punkte desto wichtiger ist der Aspekt.
312
Anhang 1
Empirische Arbeiten Autor
Dibb, Wensley (2002, S. 238 ff.)
Thematischer Bezug
Marktsegmentierung
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte Purchasing - Expansion capability (4) - Maintenance service (4) - Installation (1) - Personnel trainning (1) Analysis of heterogeneity in customer demand and interpretation of the factor analysis: Wide range of Products, competitive Prices - Has wide range of pack sizes - Specialises in certain part types - Has crash sales facility - Covers all car makes - Has low unit prices - Has low price reputation Service - Gives promotional/advertising support - Gives technical service - Gives business support - Has good quality salesforces - Uses appropriate packaging - Uses the haulage method I want Low costs - Gives generous credit - Discounts on bulk - Has low unit prices - Has low price reputation Cultural issues - Has no minimum order rules - Gives business support - Uses the haulage method I want - Has low unit prices Vehicle manufacturer´s agent/original equipement needs - Important supplies OE brands - Uses appropriate packaging - Uses the haulage - Method I want - Covers all car makes Qualities with the same importance for all customers, that are of little interest for the segmentation: Quality related - Supplies reliable parts - Provides a warranty - Supplies durable parts - Supplies parts meeting my expectations - Has a reputation for quality parts - Supplies parts meeting my specifications Delivery related: - Is responsive to my orders - Provides accurate invoices - Delivers to the exact order - Delivers on time - Has high parts availability - Delivers frequently - Will deliver within set hours - Has a short order lead time Service related: - Responds to problems efficiently - Understands my needs - Regularly updates my services - Supplies literature and catalogues - Can provide technical advice - Has good personal relations with me Price and range related: - Regularly updates products - Gives me a high profit margin
Empirie
Sonstiges
Telefoninterviews (n=201), Autoersatzteile für Werkstätten in UK
Mittels Faktorenanalyse wurden aus 16 Items fünf Faktoren ermittelt. Die fünf Faktoren erklären 54% der Varianz. Die 16 Items stammen aus ursprünglich 40 Indikatoren. Sie wurden zur Segmentierung ausgewählt, weil hinsichtlich ihrer Bedeutung Unterschiede bei den Zielgruppen bestehen. Die anderen 24 Indikatoren sind für die Zielgruppen gleich wichtig und sollten deshalb für die Segmentierung keine Rolle spielen. Segmentierung sollte zwei zentrale Anforderungen erfüllen: 1) Die Segmentierungskriterien müssen implementierbar, d.h. auf die Kundencharakteristika übertragbar, sein. 2) Die Kosten und der Nutzen der Segmentierung müssen in einer vernünftigen Relation stehen. Es überwiegen rationale Kriterien.
Anhang 1
313
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Lehmann, O´Shaugh nessy (1974, S. 39)
Entscheidungskriterien bei industriellen Produkten
McDowell Mudambi, Doyle, Wong (1997, S. 439)
Quellen von Markenwerten und mögliche Positionierungsdimensionen im Investitionsgüterbereich
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte - Has simple paper work - Gives discount on bulk - Covers some car makes completely Reputation Financing Flexibility Past experience Technical service Confidence in salesmen Convenience in ordering Reliability data Price Technical specifications Ease of use Preference of user Training offered Training required Reliability of delivery Maintenance Sales service COMPANY: Intangible World Class Reputation Technical Leadership Global Perspective Tangible Financial Stability Global Coverage Years of Experience
Empirie
Sonstiges
Einkäufer in USA und Großbritannien (n=44)
Die Bedeutung der 17 Entscheidungskriterien wurde für vier unterschiedliche Industriegüter untersucht (häufig bestellte Produkte, klarer Kaufzweck, Zweifel über technische Eignung, politische Probleme). Bei relativ problemloser Beschaffung spielen Nebenleistungen des Anbieters (Service, Schulung etc.) eine geringere Rolle.
Tiefeninterviews mit Herstellern, Händlern und Einkäufern von Industriegütern (n=15)
Die formulierten Merkmale stammen aus Tiefeninterviews mit Experten. Die zentrale Aussage der Autoren lautet, dass selbst in rationalen und systematischen Entscheidungsprozessen immaterielle (intangible) Aspekte eine Rolle spielen.
Industriegüter, Senior Manager (n=70), 3-PunkteRating-Skala, keine Methode angegeben
Die genannten Merkmale wirken positiv auf die Markenloylität bei Industriegüterunternehmen. Die Liste zeigt die Mekrmale in absteigende Bedeutung.
Tiefeninterviews (n=15); Befragung mit Fragebögen
Studie zur Segmentierung in Industriegütermärkten. Es wurden drei Cluster an industriellen
DISTRIBUTION: Intangible Easy of Ordering Emergency Response Reliable Delivery Tangible Stated availability Just in Time Stated lead times PRODUCT: Intangible High Tech reliable Innovation Fit for purpose Tangible Precision Load Bearing Dimensions
Michell, King, Reast (2001, S. 422)
Merkmale zur Generierung von Markenloyalität bei Industriegütern
Mudambi (2002, S. 529)
Merkmale bei industriellen Kaufentscheidungen
SERVICE SUPPORT: Intangible Understanding our needs Trouble Shooting Tangible Design advice Site support Product testing Quality Reliability Performance Familiarity Availability Service Price Value for money Advertising Sales Team Relations Physical product properties Price Technical support service Ordering and delivery services
314
Anhang 1
Empirische Arbeiten Autor
Thematischer Bezug
Potentielle B2B-Positionierungsinhalte
Empirie
Quality of the working relationship How well known ist he supplier General reputation of the supplier Number of prior purchases from the supplier Price Availability Highest Performance, Quality Customer Preference Service Support Distribute a Span Rated Panel Reliable Product Favorable Product Appearance
von industriellen Einkäufern in UK (n=116), Clusteranalyse Fragebogen; n=19 Hersteller; n=286 Kunden/ Händler
Sinclair, Seward (1988, S. 29)
Kriterien zur Markenauswahl bei Commodities
Shaw, Giglierano, Kallis (1998, S. 47)
Wichtige Kriterien im industriellen Kaufentscheidungs-prozess
Perceived credibility System growth Continous operation Single source for systems integration Coninuous development of the system by OS supplier Vendor provided in house support Vendors who understand your environment Availability of in house SA and SO personnel who know OS System performance monitoring Built in high security systems Office automation systems compatability 600 tps or greater throughpt
Fragebogen (n= 264)
Sudharshan, Winter (1998, S. 14)
Faktoren der industriellen Kaufentscheidung
Thompson, Knox, Mitchell (1998, S. 28)
Merkmale von B2B-Marken
Product consistency over time Delivery reliability Price Technical assistance Manufacturer reputation Delivery lead time Product Customization Manufacturer´s financial stability Guranteed price contracts Early payment discounts Product, service quality Technical capability Reputation for reliability Pre-/post-sales support & responsiveness Company size Innovativeness Financial standing Image Price level perceptions Management skills Organisational cultural fit Personal compatibility & trust Professionalism, leadership
Versendung eines Fragebogens an alle Hierarchieebenen von Mitarbeiter aus dem Einkauf bis zum Vorstand (n=226) Tiefeninterviews; Senior Einkäufer (n=8)
Wiedmann, Trautmann, Böcker (2003)
Einflussfaktoren auf die Kundenbindung
Price Customer Orientation Local Importance Energy-Competence Reliable Supply
Befragung von Industriekunden von Energieversorgern in 6 Städten (n=250); Kausalanalyse mit Lisrel
Sonstiges Einkäufern identifiziert. Ein Cluster wird als „brand receptive“ bezeichnet. Die Markenauswahlkriterien sind in absteigender Reihenfolge für Händler aufgelistet. Die ersten vier Kriterien sind mit Abstand am wichtigsten. Die Einschätzung der Hersteller ergab eine gänzlich andere Reihenfolge. Die Merkmale sind sehr spezifisch für die betrachtete Branche. Die physischen Merkmale sind normal, die psychischen Merkmale fett hervorgehoben. Entscheider suchen zunächst nach Mindestanforderungen. Besteht die Marke diese Auswahl werden psychische Merkmale zur Entscheidung betrachtet. Die Merkmale wurden vorab von den Autoren eingeteilt. Aritkel zur Segmentierung von Industriegütermärkten. Die Kauffaktoren sind in absteigender Bedeutung, gemessen an deren Mittelwerten, aufgelistet.
Getestet werden sollten rationale Merkmale (technische Kompetenz, Preis), Problemlösung (Lieferung, Verantwortung) und intangible Merkmale (persönliches Vertrauen, kultureller Fit). Die Relevanz der Merkmale wurde für alle Stufen des industriellen Kaufprozesses untersucht. Die Merkmale sind in absteigender Relevanz aufgelistet. Die direkte Wirkung ist vom Preis auf die Kundenbindung am höchsten. Betrachtet man hingegen die gesamte (direkte und indirekte) Wirkung haben Preis, Kundenorientierung und lokale Wichtigkeit in etwa gleich viel Einfluss.
Tabelle 54: Empirische Arbeiten zu potentiellen Positionierungsinhalten im B2B-Bereich
Anhang 2
315
Anhang 2 Zu diesem Fragebogen -
Dieser Fragebogen sollte von einem Mitarbeiter in einem Industrieunternehmen ausgefüllt werden, der in den Prozess von Kaufentscheidungen für das Unternehmen involviert ist. Falls dies nicht auf Sie zutrifft, leiten Sie den Fragebogen bitte an einen entsprechenden Kollegen weiter.
-
Als Marken betrachten wir Unternehmen, die mit ihrem Firmennamen und Logo einen hohen Bekanntheitsgrad bei den Kunden erreicht haben und mit denen eine gewissen Vorstellung verbunden wird (z.B. gutes Image, hohe Qualität, neueste Technologien). Beispiele für solche Unternehmensmarken sind ABB, BASF, Bayer, BERU, Bosch, Hilti, Hella, IBM, Intel, Linde, Pirelli, ZF Sachs, SAP, ThyssenKrupp, Trumpf oder Würth.
-
Selbstverständlich versichern wir Ihnen, dass Ihre Angaben streng vertraulich behandelt und ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden. Individuelle Personen- und Firmennamen werden nicht angegeben. Die Daten werden in anonymisierter Form ausgewertet. Für Ihre Mithilfe sind wir Ihnen sehr dankbar!
I. Beschreibung des gekauften Produktes
1. Bitte legen Sie sich auf den Kauf eines bestimmten Produktes fest, an dessen Kaufprozess Sie beteiligt waren. Um welche Art von Produkt handelt es sich? Alle folgenden Fragen sind auf dieses Produkt zu beziehen. Nur ein Kreuz setzen.
Investitionsgut, z.B. Maschine, Anlage, Betriebsausstattung
Produktionsgut, z.B. Rohstoffe, Bauteile, Hilfsstoffe, Betriebsstoffe
2. Bitte beschreiben sie das von Ihnen betrachtete Produkt kurz. Welche Lieferanten bzw. Unternehmensmarken fallen Ihnen zu diesem Produkt ein?
Beschreibung:
Unternehmensmarken:
Beispiel für … -Investitionsgut: Anlage (z.B. ABB, Linde), Fräsmaschine (z.B. Heidenhain, Fanuc), IT-System (z.B. IBM, Dell) -Produktionsgut: Metall (z.B. ThyssenKrupp, Degussa), Reifen (z.B. Pirelli, Michelin), Kugellager (z.B. FAG, SKF)
316
Anhang 2
3. Stimmen Sie folgenden Aussagen zu dem Produkt zu? Stimme gar nicht zu
Stimme voll zu
Wir kaufen das Produkt sehr regelmäßig ein.
Der Kauf des Produktes ist für uns Routine.
Das gekaufte Produkt ist für unsere Kunden sichtbar.
Unsere Umgebung nimmt wahr, dass wir dieses Produkt verwenden.
Das Produkt erfordert ein hohes Maß an technischem Fachwissen und Erfahrung.
Aufgrund der Komplexität sind sehr viele Personen am Kaufprozess beteiligt.
Für den Kauf des Produktes sind sehr umfassende Informationen notwendig.
Das betrachtete Produkt beeinflusst den Ablauf unseres Produktionsprozesses maßgeblich.
Die Qualität unserer Endprodukte wird vom Einsatz des Produktes erheblich beeinflusst.
Das betrachtete Produkt hat einen deutlichen Einfluss auf die Profitabilität unseres Unternehmens.
Eine Fehlentscheidung beim Kauf hätte für unser Unternehmen weitreichende Konsequenzen.
Zu dem Lieferanten haben wir automatisch immer wieder Kontakt.
Wir erwarten, dass eine Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten sehr lange Zeit halten wird.
Mit dem Lieferanten verbindet uns eine echte Partnerschaft.
Mit dem Produkt kaufen wir sehr viele Dienstleitungen (z.B. Beratung, Finanzierung, Instandhaltung, Schulung).
Unter 5%
5 bis 9%
10 bis 24%
25 bis 49%
50% und mehr
Wie viel Prozent des jährlichen Investitionsbudgets macht die Investition für das Produkt aus?
II. Merkmale im Rahmen der Entscheidung Kaufentscheidungen werden von Anforderungen des Unternehmens und Ihrem persönlichen Eindruck bestimmt. Um einschätzen zu können, anhand welcher Merkmale Sie Anbieter beurteilen, bitten wir Sie im Folgenden um Ihre Hilfe. Gehen Sie die Liste bitte zügig durch und antworten Sie spontan!
Anhang 2
317
8. Was assoziieren Sie mit dem idealen Anbieter des betrachteten Produktes? Gar nicht wichtig
Ganz besonders wichtig
Er hält regelmäßigen Kontakt
Er ist flexibel
Er ist schnell
Alles ist einfach bzw. unkompliziert
Da läuft alles „rund“
Mit dem kann man über den Preis verhandeln
Er liefert sehr gute Qualität
Da ist alles hochwertig
Dessen Qualität ist mit Zertifikaten belegt
Er ist sehr professionell
Er verfügt über technisches Know-how
Er kennt unsere Branche
Er verfügt über tiefes Spezialwissen
Da bekommt man „alles aus einer Hand“
Er ist vielseitig
Mit seinem Fleiß „kriegt er alles hin“
Er kann meine konkreten Probleme tatsächlich lösen
Er blickt auf eine „lange Tradition“ zurück
Er hat Erfahrungen
Er ist äußerst freundlich
Er „denkt mit“
Er nimmt mich ernst
Es ist durchgehend jemand erreichbar
Eine (einzelne) Person kümmert sich um mich
Bei Problemen ist er „da“
Er fühlt sich in meine Situation ein
Er gibt mir echte Ratschläge
Er liest mir meine Wünsche „von den Augen ab“
Alles wird individuell für mich „maßgeschneidert“
Mit dem kann man eine Partnerschaft aufbauen
Er ist bereit, ganz offen mit mir umzugehen
Er ist „immer auf dem Laufenden“
Wir tauschen vielfältige Informationen aus
Ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis
318
Anhang 2 Gar nicht wichtig
Ganz besonders wichtig
Da ist alles völlig transparent
Alles ist sehr verständlich aufbereitet
Er ist absolut fair
Er ist absolut seriös
Er steht für Ansehen bzw. Prestige
Bei dem ist man „gut aufgehoben“
Mit dem kann man sicher planen
Mit dem ist die Versorgung sicher
Er hält stets, was er verspricht
Er ist stets ehrlich
Er übernimmt Verantwortung für sein Umfeld
Er ist international
Er ist direkt vor Ort
Er hat viele kreative Ideen
Experimentieren macht dem Spaß
Er ist anderen regelmäßig „einen Schritt voraus“
Er hat einen umfassenden Blick
Er vernetzt alle Aspekte
Er kann andere gut einbeziehen
Er ist „auf dem Boden geblieben“ bzw. nicht arrogant
Er hat Freude an der Arbeit
Mit dem gibt es immer was zu lachen
Er ist gut strukturiert
Er ist sympathisch
Alles sieht gut aus bzw. hat tolles Design
Er achtet auf gesundheitliche Aspekte
Umweltverträglichkeit bzw. -schutz wird beachtet
Er ist mit „Leidenschaft“ dabei
Er ergreift selbst die Initiative
III. Typischer Kaufentscheidungsprozess
5. Wie viele Personen sind durchschnittlich am Kauf des Produktes beteiligt? Personen
Anhang 2
319
6. In welcher Form haben Sie üblicherweise Einfluss auf die Kaufentscheidung? Gar kein Einfluss
Welchen Einfluss haben Sie auf die Meinung Ihrer Kollegen? Welchen Einfluss haben Sie auf die endgültigen Kaufkriterien? In welchem Ausmaß beeinflussen Sie die getroffene Entscheidung?
Sehr starken Einfluss
IV. Wirkung einer Marke
Eine Marke steht für ein Unternehmen, welches mit einem Markennamen und einem Logo gekennzeichnet ist. Mit einer bekannten Marke verbindet man ein bestimmtes Image bzw. eine bestimmte Vorstellung über Qualität, Leistung etc. Beispiele sind ABB, BASF, Intel, Linde, Sachs oder Siemens.
7. Welche ist Ihre Lieblingsmarke für das betrachtete Produkt? Lieblingsmarke:
8. Wie würden Sie Ihre Lieblingsmarke anhand folgender Merkmale beschreiben? Stimme gar nicht zu
Stimme voll zu
Die Marke ist spannend.
Die Marke ist sympathisch.
Die Marke ist originell.
Die Marke ist ansprechend.
Die Marke ist effektiv.
Die Marke ist hilfreich.
Die Marke ist funktionell.
Die Marke ist unentbehrlich.
Die Marke ist praktisch.
Die Marke ist beeindruckend.
320
Anhang 2
9. Wie verhalten Sie sich gegenüber der Lieblingsmarke? Stimme gar nicht zu
Ich würde meine Lieblingsmarke immer kaufen, weil ich einen sehr positiven Gesamteindruck habe. Auch wenn einige Wettbewerbsmarken identische Merkmale aufweisen, würde ich immer meine Lieblingsmarke kaufen. Auch wenn einige Wettbewerbsmarken identische Merkmale aufweisen, wäre ich bereit, für meine Lieblingsmarke einen höheren Preis zu bezahlen. Die Marke würde ich auch bei nächster Gelegenheit gerne wieder kaufen. Für die Marke würde ich auch in Zukunft einen höheren Preis zahlen. Ich würde gerne auch neue Produkte von dieser Marke ausprobieren. Die Marke würde ich jederzeit an andere weiterempfehlen.
Stimme voll zu
10. Wie beurteilen Sie Ihre Lieblingsmarke? Stimme gar nicht zu
Stimme voll zu
Diese Marke ist „die Richtige“.
Ich habe ein gutes Gefühl beim Kauf dieser Marke.
Die Marke ist ähnlich wie unser Unternehmen positioniert. Die Marke passt zu den Zielen unseres Unternehmens.
Die Merkmale der Marke sind stark.
Die Merkmale der Marke überzeugen mich.
Die Merkmale der Marke erfüllen die formalen Anforderungen unseres Unternehmens. Die Merkmale der Marke lösen die spezifischen Kaufprobleme unseres Unternehmens. Die Marke weicht in beobachtbaren Leistungsmerkmalen positiv von anderen Marken ab.
Diese Marke hat einzigartige Funktionen.
Die Marke vermittelt ein besseres Erlebnis als andere Marken.
Diese Marke hat eine einzigartige Persönlichkeit.
Anhang 2
321
V. Angaben zu Ihrer Person und dem Unternehmen
11. Einige Fragen zu Ihrer Person
Was ist Ihre Position in dem Unternehmen?
In welchem Funktionsbereich arbeiten Sie?
Geschäftsführung Mittleres Management Sachbearbeiter Sonstiges, und zwar:
Einkauf Technik Produktion Sonstiges, und zwar:
Seit wie vielen Jahren sind Sie an Beschaffungsentscheidungen für das Produkt beteiligt? (auch andere Arbeitgeber)?
Geschlecht:
Alter:
__
Jahre
Männlich Unter 30
30 bis 40
Weiblich 40 bis 50
Über 50
12. Angaben zu dem Unternehmen, für das Sie arbeiten
Anzahl der Mitarbeiter
Unter 50 Mitarbeiter
50 bis 499 Mitarbeiter
500 bis 4.999 Mitarbeiter
Über 5.000 Mitarbeiter
Umsatz des Unternehmens in Euro
Unter 50 Mio. €
50 bis 99 Mio. €
100 bis 249 Mio. €
250 bis 1.000 Mio. €
Branche des Unternehmens, für das Sie arbeiten
Gebrauchsgüter
z.B. Auto, Möbel, Bekleidung
Verbrauchsgüter
z.B. Nahrungsmittel, Kosmetika
Investitionsgüterindustrie
z.B. Anlagen, Maschinen, IT-Systeme
Produktionsgüterindustrie
z.B. Stahl, Bauteile, Schrauben, Leim, Energie
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben!
Über 1.000 Mio. €
Literaturverzeichnis
323
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