Ovid Remedia amoris ·
P. Ovidius N aso
Remedia amoris Heilmittel gegen die Liebe Lateinisch I Deutsch
Übersetzt und...
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Ovid Remedia amoris ·
P. Ovidius N aso
Remedia amoris Heilmittel gegen die Liebe Lateinisch I Deutsch
Übersetzt und herausgegeben von Niklas Holzberg
Philipp Reclam jun. Stuttgart
Powered by LATiNSCAN RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 18903
Alle Rechte vorbehalten Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen. Printed in Germany 2011 RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart ISBN 978-3-15-018903-0 © 2011
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Remedia amoris Heilmittel gegen die Liebe
Legerat huius Amor titulum nomenque libelli: 'bella mihi, video, bella parantur' ait. 'Parce tuum vatem sceleris damnare, Cupido, tradita qui toties te duce signa tuli. non ego Tydides, a quo tua saucia mater in liquid um rediit aethera Martis equis. saepe tepent alii iuvenes; ego semper amavi, et si, quid faciam, nunc quoque, quaeris, amo. quin etiam docui, qua possis arte parari, et, quod nunc ratio est, impetus ante fuit. nec te, blande puer, nec nostras prodimus artes, nec nova praeteritum Musa retexit opus. si quis amat quod amare iuvat, feliciter ardens gaudeat et vento naviget ille suo; at si quis male fert indignae regna puellae, ne pereat, nostrae sentiat artis opem. cur aliquis laqueo collum nodatus amator a trabe sublimi triste pependit onus ? cur aliquis rigido fodit sua pectora ferro ? invidiam caedis pacis amator habes. qui, nisi desierit, misero periturus amore est, desinat, et nulli funeris auctor eris. et puer es, nec te quicquam nisi ludere oportet: Iude; decent annos mollia regna tuos.
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Amor hatte den Titel des Buchs und den Namen gelesen: » Krieg ist gegen mich, Krieg<<, sprach er, >>ich seh es, geplant!<< »Zeih nicht eines Verbrechens deinen Seher, Cupido, der ich das Banner so oft führte auf deinen Befehl! Ich bin nicht der Tydide, von dem verwundet sich deine 5 Mutter mit Mars' Gespann wieder zum Äther begab. Ohne Feuer sind andere oft - ich liebte fortwährend; falls du fragst, was ich tu, sag ich: Ich liebe auch j etzt. Ja, ich lehrte sogar die Kunst, dich gewinnen zu können; was jetzt Ratio ist, war doch zuvor nur ein Trieb. 10 Schmeichelnder Knabe, nicht dich und die Kunst verrat ich, und keine neue Muse zertrennt wieder das frühere Werk. Wenn einer liebt, was zu lieben gefällt, dann freu' er sich, weil er glücklich glüht, und er soll segeln mit günstigem Wind. Leidet einer, beherrscht durch ein Mädchen, das es nicht 15 wert ist, fühl' er meiner Kunst Hilfe, damit er nicht stirbt. Warum musste, den Strick um den Hals geknüpft, ein Verliebter hoch vom Balken herab hängen als traurige Last? Was durchbohrte sich einer die Brust mit dem grausigen Eisen? Du, der du Frieden liebst, machst dich als Mörder 20 verhasst. Wer am Leiden durch Liebe, hört er nicht auf, noch zugrund geht, der soll aufhörn, und du bringst dann auch keinen ins Grab. Du bist ein Knabe, und nichts gehört sich für dich, als zu spielen. Spiele! Zu deinen Jahrn passt nur ein mildes Regime.
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Remedia amoris
nam poteras uti nudis ad bella sagittis, sed tua mortifero sanguine tela carent. vitricus et gladiis et acuta dimicet hasta et victor multa caede cruentus eat; tu cole maternas, tuto quibus utimur, artes et quarum vitio nulla fit orba parens: effice, nocturna frangatur ianua rixa et tegat ornatas multa corona fores; fac coeant furtim iuvenes timidaeque puellae verbaque dent cauto qualibet arte viro, et modo blanditias rigido, modo iurgia, posti dicat et exclusus flebile cantet amans. his lacrimis contentus eris sine crimine mortis: non tua fax avidos digna subire rogos.' haec ego; movit Amor gemmatas aureus alas et mihi 'propositum perfice' dixit 'opus.' ad mea, decepti iuvenes, praecepta venite, quos suus ex omni parte fefellit amor. discite sanari per quem didicistis amare; una manus vobis vulnus opemque feret. terra salutares herbas eademque nocentes nutrit, et urticae proxima saepe rosa est; vulnus in Herculeo quae quondam fecerat hoste, vulneris auxilium Pelias hasta tulit.
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Heilmittel gegen die Liebe
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Denn die entblößten Pfeile könntest zum Kampf du zs benutzen, doch von des Todes Blut sind die Geschosse dir frei. Mag dein Stiefvater kämpfen mit Schwertern und spitziger Lanze; er geh' siegreich einher, blutig von vielfachem Mord. Pflege die Kunst deiner Mutter; wir üben sie ohne Gefahr aus, 30 keine Mutter hat sie jemals des Sohnes beraubt. Mach, dass zerschlagen wird beim nächtlichen Streite die Haustür und dass mancher Kranz schmückend den Eingang bedeckt; Jünglinge lass verstohlen mit schüchternen Mädchen sich treffen und durch jegliche List täuschen den wachsamen Mann, und der Liebende rede bald schmeichelnd, bald schmähend 35 zum harten Pfosten und ausgesperrt sing' er den Klagegesang. Dieses Weinen genügt dir, erspart dir auch Mordschuld; zu deiner Fackel passt's nicht, dass sie gierige Scheite entflammt. So weit ich; es bewegte die glänzenden Schwingen der goldne Amor. »Wie du es planst<<, sprach er, »vollende das 40 Werk! << Kommt, hört meine Lehren, ihr jungen betrogenen Männer, die ihr Liebesbegehrn täuschte auf jegliche Art. Lernt zu gesunden durch ihn, durch den zu lieben ihr lerntet; eine Hand bringt euch Wunde und Hilfe zugleich. Heilende Kräuter nährt die Erde, und schädliche nährt sie 46 gleichfalls; N es sein nah findet die Rose sich oft. Jener pelische Speer, der des Herkules feindlichem Sohn einst eine Wunde schlug, heilte die Wunde hernach.
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Remedia amoris
(sed, quaecumque viris, vobis quoque dicta, puellae, credite: diversis partibus arma damus. e quibus ad vestros si quid non pertinet usus, at tarnen exemplo multa docere potest.) utile propositum est saevas extinguere flammas nec servum vitii pectus habere sui. vixisset Phyllis, si me foret usa magistro, et per quod novies, saepius isset iter. nec moriens Dido summa vidisset ab arce Dardanias vento vela dedisse rates, nec dolor armasset contra sua viscera matrem, quae socii damno sanguinis ulta virum est. arte mea Tereus, quamvis Philomela placeret, per facinus fieri non meruisset avis. da mihi Pasiphaen, iam tauri ponet amorem; da Phaedran, Phaedrae turpis abibit amor. crede Parin nobis, Helenen Menelaus habebit nec manibus Danais Pergama victa cadent. impia si nostros legisset Scylla libellos, haesisset capiti purpura, Nise, tuo. me duce damnosas, homines, compescite curas, rectaque cum sociis me duce navis eat. Naso legendus erat turn, cum didicistis amare; idem nunc vobis Naso legendus erit. publicus assertor dominis suppressa levabo pectora: vindictae quisque favete suae.
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Heilmittel gegen die Liebe
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(Doch was den Männern ich sag, gilt alles für euch auch, ihr Mädchen, glaubt mir: Waffen geb beiden Parteien ich jetzt. 50 Ist auch etwas davon zu eurem Gebrauche nicht tauglich, ist's durch das Beispiel doch vieles zu lehren imstand.) Nützlich ist der Vorsatz, die grimmigen Flammen zu löschen, eigener Schwäche nicht dienen zu lassen das Herz. Weitergelebt hätt' Phyllis, hätt' mich sie als Lehrer 55 genommen; häufiger als neunmal wär' sie gegangen den Weg. Nicht von der Höhe der Festung herab hätt' Dido im Sterben Dardanerschiffe dem Wind bieten die Segel gesehn. Gegen das eigene Fleisch hätt' Schmerz nicht die Mutter bewaffnet, die aus Rache am Mann drangab gemeinsames Blut. 60 Tereus hätt', sosehr Philomela er liebte, mit meiner Kunst nicht durch sein Vergehn Vogel zu werden verdient. Gib mir Pasiphae: Schon legt ab sie die Liebe zum Stiere; Phädra gib: Es vergeht Phädra die schimpfliche Lust. Paris vertraue mir an: Menelaus wird Helena haben, 65 nicht wird Troja besiegt fallen von Danaerhand. Hätte meine Büchlein die ruchlose Skylla gelesen, wär' dir geblieben am Haupt, Nisus, das purpurne Haar. Menschen, bezähmt, von mir gelenkt, die verderblichen Lüste; gradaus, von mir gelenkt, fahr' mit der Mannschaft das 70 Schiff. Als das Lieben ihr lerntet, da musstet Naso ihr lesen, und der Naso hat jetzt eure Lektüre zu sein. Herzen, versklavt von Tyrannen, will als Befreier des Volkes 74 ich erleichtern: Es trag' jeder zur Freilassung bei.
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Remedia amoris
te precor incipiens; adsit tua laurea nobis, carminis et medicae, Phoebe, repertor opis; tu pariter vati, pariter succurre medenti: utraque tutelae subdita cura tua est. dum licet et modici tangunt praecordia motus, si piget, in primo limine siste pedem: opprime, dum nova sunt, subiti mala semina morbi et tuus incipiens ire resistat equus. nam mora dat vires: teneras mora percoquit uvas et validas segetes, quae fuit herba, facit. quae praebet latas arbor spatiantibus umbras, quo posita est primum tempore, virga fuit; turn poterat manibus summa tellure revelli, nunc stat in immensum viribus aucta suis. quale sit id, quod amas, celeri circumspice mente, et tua laesuro subtrahe colla iugo. principiis obsta: sero medicina paratur, cum mala per Iongas convaluere moras. sed propera nec te venturas differ in horas: qui non est hodie, cras minus aptus erit. verba dat omnis amor reperitque alimenta morando; optima vindictae proxima quaeque dies. flumina pauca vides de magnis fontibus orta; plurima collectis multiplicantur aquis. si cito sensisses, quantum peccare parares, non tegeres vultus cortice, Myrrha, tuos.
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Dich bitt ich z u Beginn: Dein Lorbeer leiste mir Beistand, Phöbus, der du erfandst Dichrung und heilende Kunst; komme zugleich dem Dichter, zugleich dem Arzte zu Hilfe, unter deinem Schutz steht das Bemühen der zwei. Ist es noch möglich und leicht nur berührt Erregung das Herz dir, bring, falls es schmerzt, den Fuß vorn an der Schwelle so zum Stehn. Töt im Entstehn noch die schädlichen Keime der plötzlichen Krankheit; gleich zu Beginn der Fahrt weigre dein Pferd sich zu gehn. Warten gibt ja Kraft, bringt junge Trauben zur Reife; was ein Pflänzchen war, macht es zu kräftiger Saat. Dieser Baum, der breiten Schatten Spazierenden spendet, war zu der Zeit, als man ihn pflanzte, ein schmächtiger 86 Spross; damals konnte man ihn aus der Erde reißen mit Händen; jetzt steht riesig er da, wuchs durch die eigene Kraft. Wie das ist, was du liebst, das betrachte mit raschem Verstande; nimm dir vom Nacken das Joch, wenn zu verletzen es 90 droht. Widersteh zu Beginn! Zu spät wird ein Mittel bereitet, wenn die Übel bereits stark sind durch langen Verzug. Nein, beeil dich, und nicht verschieb auf die Zukunft die Heilung: Morgen ist minder bereit, wer es nicht heute schon ist. Jede Liebe narrt uns und findet Nahrung durch Zögern; 95 jeweils der folgende Tag ist zur Befreiung perfekt. Wenige Flüsse - du siehst's - sind großen Quellen entsprungen; meistens wachsen sie erst, sammeln sie Wasser in sich. Hättest schnell du erfasst, welch großes Verbrechen du 99 plantest, decktest du nicht das Gesicht, Myrrha, mit Rinde dir zu.
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Remedia amoris
vidi ego, quod fuerat prirno sanabile, vulnus dilaturn longae darnna tulisse rnorae. sed, quia delectat Veneris decerpere fructurn, dicirnus assidue 'cras quoque fiet idern.' interea tacitae serpunt in viscera flarnrnae et rnala radices altius arbor agit. si tarnen auxilii perierunt ternpora prirni et vetus in capto pectore sedit arnor, rnaius opus superest; sed non, quia serior aegro advocor, ille rnihi destituendus erit. quarn laesus fuerat, partern Poeantius heros certa debuerat praesecuisse rnanu; post tarnen hic rnultos sanatus creditur annos suprernarn bellis irnposuisse rnanurn. qui rnodo nascentes properabarn pellere rnorbos, adrnoveo tardarn nunc tibi lentus opern. aut nova, si possis, sedare incendia ternptes aut ubi per vires procubuere suas. durn furor in cursu est, currenti cede furori: difficiles aditus irnpetus ornnis habet. stultus, ab oblique, qui, curn descendere possit, pugnat in adversas ire natator aquas. irnpatiens anirnus nec adhuc tractabilis arte respuit atque odio verba rnonentis habet. aggrediar rnelius turn, curn sua vulnera tangi iarn sinet et veris vocibus aptus erit.
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Heilmittel gegen die Liebe
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Ich sah eine Wunde: Sie wurde, zuerst noch kurierbar, schlimm durch langen Verzug, weil man die Heilung verschob. Aber, da es gefällt, die Frucht der Venus zu pflücken, sagen wir ständig: >>Es wird morgen dasselbe geschehn.<< In dein Inneres schleichen inzwischen sich leise die 105 Flammen; seine Wurzeln treibt tiefer der schädliche Baum. Wenn die Zeit für die erste Hilfe versäumt ist und alte Liebe sitzt nun fest in der eroberten Brust, bleibt ein schwereres Werk; doch im Stich jetzt lassen den Kranken 110 darf ich keinesfalls, weil man verspätet mich ruft. Jene Stelle, an der er verletzt war, hätt' amputieren sollen mit fester Hand Pöas' heroischer Sohn; als er dennoch geheilt war nach vielen Jahren, da führte er den letzten Schlag, glaubt man der Sage, im Krieg. Der ich noch grad im Entstehn zu vertreiben die Krankheit 115 mich eilte, nehm mir jetzt Zeit und biet langsame Hilfe dir an. Kannst du's, such entweder den Brand am Anfang zu löschen oder dann, wenn er schon schwach wird durch eigene Kraft. Ist die Raserei noch im Lauf, weich aus der Attacke: Jeglichem Ungestüm nahezukommen ist schwer. 120 Dumm ist, wer, obwohl er schräg mit der Strömung flussabwärts schwimmen könnte, doch gegen die Wellen sich stemmt. Ist nicht duldsam der Sinn und noch nicht zu behandeln durch Heilkunst, weist er zurück und hasst das, was ein Mahnender sagt. Besser, ich nahe mich ihm, gestattet er schon, an die Wunden 125 ihm zu rühren, und ist Worten der Wahrheit geneigt.
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Remedia amm·is
quis matrem, nisi mentis inops, in funere nati fiere vetet? non hoc illa monenda loco est; cum dederit lacrimas animumque impleverit aegrum, ille dolor verbis emoderandus erit. temporis ars medicina fere est: data tempore prosunt et data non apto tempore vina nocent. quin etiam accendas vitia irritesque vetando, temporibus si non aggrediare suis. ergo ubi visus eris nostra medicabilis arte, fac monitis fugias otia prima meis. haec, ut ames, faciunt; haec, ut fecere, tuentur; haec sunt iucundi causa cibusque mali. otia si tollas, periere Cupidinis arcus contemptaeque iacent et sine luce faces. quam platanus vino gaudet, quam populus unda et quam limosa canna palustris humo, tarn Venus otia amat: qui f inem quaeris amoris, ( cedit amor rebus) res age, tutus eris. languor et immodici sub nullo vindice somni aleaque et multo tempora quassa mero eripiunt omnes animo sine vulnere nervos; affluit incautis insidiosus Amor.
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Heilmittel gegen die Liebe
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Wer, wenn nicht ein Verrückter, verböte zu weinen der Mutter bei der Bestattung des Sohns ? Hier ist Ermahnung verfehlt; wenn sie Tränen geweint und den Kummer im Herzen gestillt hat, wird sich mit Hilfe des Worts mäßigen lassen der 130 Schmerz. Wählt man geschickt den Moment, ist's fast Medizin: Wenn zur rechten Zeit man den Wein reicht, nützt's, unzeitig schadet er nur. Ja, du verstärkst sogar und reizt durch Verbieten die Krankheit, gehst du gegen sie nicht vor zu gegebener Zeit. Also, sobald du heilbar durch meine Kunst mir zu sein 135 scheinst, geb ich den dringenden Rat: Meide das Nichtstun zuerst. Dieses bewirkt, dass du liebst, und bewahrt, wenn's gewirkt hat, die Liebe; Anlass und Nahrung ist's für das willkommene Leid. Gibst du das Nichtstun auf, ist's geschehn um den Bogen Cupidos; seine Fackel erlischt, liegt auf der Erde verschmäht. 140 Wie sich am Wein die Platane erfreut, wie am Wasser die Pappel, wie dem Schilf im Sumpf schlammiger Boden gefällt, so liebt Venus das Nichtstun: Suchst du zu enden die Liebe Tätigkeit weicht sie -, dann sei tätig, und sicher bist du. Schlaffheit und Übermaß an Schlaf, der durch niemand gestört wird, 145 Würfel und Mengen von Wein, der an den Schläfen rumort, rauben dem Geist die ganze Kraft auch ohne Verwundung; Unvorsichtigen schleicht tückisch sich Amor ins Herz.
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Remedia amoris
desidiam puer ille sequi solet, odit agentes: da vacuae menti, quo teneatur, opus. sunt fora, sunt Ieges, sunt quos tuearis, amiei: vade per urbanae splendida eastra togae. vel tu sanguinei iuvenalia munera Martis suscipe: delieiae iam tibi terga dabunt. eeee fugax Parthus, magni nova eausa triumphi, iam videt in eampis Caesaris arma suis. vinee Cupidineas pariter Parthasque sagittas et refer ad patrios bina tropaea deos. ut semel Aetola Venus est a euspide laesa, mandat amatori bella gerenda suo. quaeritis, Aegisthus quare sit faetus adulter ? in promptu eausa est: desidiosus erat. pugnabant alii tardis apud Ilion armis; transtulerat vires Graeeia tota suas. sive operam bellis vellet dare, nulla gerebat, sive foro, vaeuum litibus Argos erat. quod potuit, ne nil illie ageretur, amavit. sie venit ille puer, sie puer ille manet. rura quoque obleetant animos studiumque eolendi; quaelibet huie eurae eedere eura potest. eolla iube domitos oneri supponere tauros, saueiet ut duram vom er aduneus humum; obrue versata Cerialia semina terra, quae tibi eum multo fenore reddat ager; aspiee eurvatos pornorum pondere ramos, ut sua, quod peperit, vix ferat arbor onus;
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Heilmittel gegen die Liebe
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Müßigen pflegt der Knabe z u folgen, die Tätigen hasst er: 1 50 Gib dem leeren Geist etwas, das fesselt, zu tun. Foren gibt's und Gesetze, es gibt zum Verteidigen Freunde: Geh durch das Lager Rom, das von den Togen erglänzt. Oder des blutigen Mars Geschäfte, für Jünglinge passend, nimm auf dich: Schon fliehn Freuden der Liebe vor dir. Sieh nur, der fliehende Parther, für große Triumphe ein neuer 1 55 Anlass: In seinem Gebiet sieht er jetzt Caesars Armee. Parthisehe Pfeile besiege zusammen mit denen Cupidos; zwei Trophäen zugleich bring zu den Hausgöttern heim. Seit einmal der Speer des Ätoliers Venus verletzt hat, trägt dem Mann, der sie liebt, Kriege zu führen sie auf. Warum Ehebrecher Ägisth geworden ist, fragt ihr? 161 Offenbar ist der Grund: Müßig nur saß er herum. Einen langen Krieg vor Troja führten die andern, hatte ganz Hellas doch dorthin gebracht die Armee. Hätt' er dem Kriege sich weihen wollen, das ging nicht in 1 65 Argos, oder dem Forum - es war frei von Prozessen das Land. Um nicht müßig zu sein, tat er das, was er konnte: Er liebte. So kommt und so bleibt jener berüchtigte Bub. Auch das Land und des Landbaus Mühe erfreuen die Herzen; 1 70 weichen kann der Qual jegliche Qual des Gemüts. Zähme Stiere und unters Joch lass den Nacken sie beugen, dass der gekrümmte Pflug reiße die Erdscholle auf; birg im umgepflügten Boden die Saaten der Ceres, dass sie mit reichem Ertrag wiedererstatte das Feld; schau, wie die Zweige am Baum vom Gewicht des Obstes 175 gekrümmt sind, wie er mit Mühe die Last, die er geboren hat, trägt;
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Remedia amoris
aspice labentes iucundo murmure rivos; aspice tondentes fertile gramen oves. ecce, petunt rupes praeruptaque saxa capellae: iam referent haedis ubera plena suis. pastor inaequali modulatur harundine carmen, nec desunt Comites, sedu[a turba, canes. parte sonant alia silvae mugitibus altae et queritur vitulum mater abesse suum. quid, cum suppositos fugiunt examina fumos, ut relevent dempti vimina curva favi ? poma dat autumnus; formosa est messibus aestas; ver praebet flores; igne levatur hiems. temporibus certis maturam rusticus uvam deligit, et nudo sub pede musta fluunt; temporibus certis desectas alligat herbas et tonsam raro pectine verrit humum. ipse potes riguis plantarn deponere in hortis; ipse potes rivos ducere Ienis aquae. venerit insitio, fac ramum ramus adoptet stetque peregrinis arbor operta comis. cum semel haec animum coepit mulcere voluptas, debilibus pinnis irritus exit Amor. vel tu venandi studium cole: saepe recessit turpiter a Phoebi victa sorore Venus.
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Heilmittel gegen die Liebe
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schau, wie die Bäche fließen mit ihrem lieblichen Murmeln; schau die Schafe, wie sie rupfen das saftige Gras. Sieh nur, es streben die Ziegen die Felsen hinauf und den Steilhang, bringen den Böcklein bald strotzende Euter zurück. 1 8 0 Auf ungleichem Rohr spielt seine Weisen der Hirte; auch die Begleiter sind da: Hunde, die eifrige Schar. Anderen Ortes erdröhnt vom dumpfen Gemuhe der Hochwald; weil nicht da ist das Kalb, jammert die Mutter nach ihm. Sieh, wie die Schwärme fliehn vor dem Rauch, der von unten entfacht wird; 1 85 frei von der Waben Last wird dann das runde Geflecht. Früchte beschert der Herbst; schön ist durch die Ernte der Sommer; Blumen spendet der Lenz; mild ist der Winter am Herd. Zu bestimmter Zeit liest reife Trauben der Landmann unter dem nackten Fuß flutet der Most dann dahin -, 1 90 bindet zusammen das Heu zu bestimmter Zeit; mit den weiten Zinken des Rechens durchharkt er das geschorne Terrain. Selbst kannst Pflanzen du setzen im wohlbewässerten Garten, selbst das rinnende Nass leiten in Gräben hinein. Kommt dann das Pfropfen, bewirk, dass der Zweig den Zweig adoptiere; 1 95 und der Baum mit Laub prange, das seines nicht ist. Hat nun dieses Vergnügen das Herz zu erweichen begonnen, geht, an den Flügeln geschwächt, Amor erfolglos davon. Oder beschäftige dich mit der Jagd: Von der Schwester des 1 99 Phöbus schmählich besiegt, hat oft Venus das Feld ihr geräumt. ·
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Remedia amoris
nunc leporem pronum catulo sectare sagaci, nunc tua frondosis retia tende iugis; aut pavidos terre varia formidine cervos, aut cadat adversa cuspide fossus aper. nocte fatigatum somnus, non cura puellae, excipit et pingui membra quiete levat. lenius est studium, studium tarnen, a!ite capta aut lino aut calamis praemia parva sequi, vel, quae piscis edax avido male devoret ore, abdere sub parvis aera recurva cibis. aut his aut aliis, donec dediscis amare, ipse tibi furtim decipiendus eris. tu tantum, quamvis firmis retinebere vinclis, i procul, et Iongas carpere perge vias. f!ebis, et occurret desertae nomen amicae, stabit et in media pes tibi saepe via. sed quanto minus ire voles, magis ire memento; perfer, et invitos currere coge pedes. nec pluvias opta, nec te peregrina morentur sabbata nec damnis Al!ia nota suis; nec quot transieris, sed quot tibi, quaere, supersint milia nec, maneas ut prope, finge moras; tempora nec numera nec crebro respice Romam, sed fuge: tutus adhuc Partbus ab hoste fuga est.
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Bald den enteilenden Hasen verfolg mit dem witternden Hunde, bald auf waldigen Höhn spanne die Netze du aus; setz durch verschiedenes Blendzeug ängstliche Hirsche in Schrecken, oder, von vorne durchbohrt, falle der Eber vom Speer. Nachts umfängt den Ermüdeten Schlaf, nicht Sehnsucht 205 nach einem Mädchen; in träger Ruh werden die Glieder erquickt. Leichtre Beschäftigung ist's, doch eine, mit Netzen und Ruten Vögel zu fangen und so kleinen Gewinn zu begehrn oder mit wenigem Köder zu tarnen gebogenes Erz, das sich zum Schaden voll Gier schluckt der gefräßige 210 Fisch. Bis du das Lieben verlernst, muss dies oder andres bewirken, dass du selbst dich betrügst, ohne dass du es bemerkst. Geh nur, mögen auch noch so feste Bande dich halten, in die Ferne und weit zieh auf den Straßen dahin. Weinen wirst du, dir kommt in den Sinn der verlassenen 215 Freundin Name, und stehen bleibt oft auf dem Weg dir der Fuß. Doch je weniger gerne du gehst, desto eifriger gehe; halt nur durch, und den Fuß zwinge, auch wenn er nicht will. Wünsch dir nicht Regen; nicht soll der Sabbat der Fremden 219 dich hemmen, auch nicht der Allia-Tag, durch das Verhängnis bekannt; frag nicht, was an Meilen du gingst, nein, was noch bevorsteht; keinen Vorwand such, dass in der Nähe du bleibst; rechne die Zeit nicht nach, noch sieh dich häufig nach Rom um; flieh: Vor dem Feind hat bis jetzt Fliehen den Parther beschützt.
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Remedia amoris
dura aliquis praecepta vocet mea; dura fatemur esse, sed ut valeas, multa dolenda feres. saepe bibi sucos quamvis invitus amaros aeger, et oranti mensa negata mihi; ut corpus redimas, ferrum patieris et ignes, arida nec sitiens ora levabis aqua: ut valeas animo, quicquam tolerare negabis ? at pretium pars haec corpore maius habet. sed tarnen est artis tristissima ianua nostrae, et Iabor est unus tempora prima pati. aspicis, ut prensos urant iuga prima iuvencos et nova velocem cingula laedat equum ? forsitan a laribus patriis exire pigebit; sed tarnen exibis; deinde redire voles. nec te lar patrius, sed amor revocabit amicae praetendens culpae splendida verba tuae. cum semel exieris, centum solacia curae et rus et comites et via longa dabit. nec satis esse putes discedere; lentus abesto, dum perdat vires sitque sine igne cinis. quod nisi firmata properaris mente reverti, inferet arma tibi saeva rebellis Amor, quicquid et afueris, avidus sitiensque redibis, et spatium damno cesserit omne tuo.
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Heil mittel gegen die Liebe
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Hart nennt mancher vielleicht, was ich lehr; ich bekenn, es 225 ist hart, doch willst du genesen, dann wirst viel du ertragen, was schmerzt. Oft trank ich, wenn ich krank war, widerwillig die bittren Säfte, und selbst wenn ich bat, wurde mir Essen versagt. Um zu gesunden am Leib, wirst Schneiden und Brennen du dulden, nicht dem trockenen Mund stillen durch Wasser den 23C Durst: Um zu gesunden am Geist, da willst du nicht etwas erdulden? Dieser Teil hat ja doch größeren Wert als der Leib. Aber freilich: Das Tor zu meiner Kunst, das ist finster; nur die erste Zeit - die zu ertragen ist schwer. Siehst du, wie zu Beginn die gebändigten Stiere das Joch 235 brennt und der neue Gurt wehtut dem hurtigen Pferd ? Pein macht's dir vielleicht, den heimischen Herd zu verlassen; doch gehn wirst du; danach möchtest du wieder zurück. Nicht der heimische Herd, die Liebe ruft dich: Mit schönen Worten bemäntelt sie dann dir deine Nachgiebigkeit. 240 Bist du erst fort, dann spenden das Land und deine Begleiter und der lange Weg hundertfach Trost dir im Leid. Denk nicht, wegzugehen genügt: Bleib lang in der Ferne, bis in der Asche die Glut jegliche Stärke verliert. Wenn du zur Rückkehr eilst, bevor du den Sinn dir 245 gestählt hast, richtet Amor erneut grimmige Waffen auf dich; du, wie fern du auch warst, kehrst wieder, verlangend und dürstend; dir zum Schaden vertan ist die verstrichene Zeit.
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Remedia amoris
viderit, Haemoniae si quis mala pabula terrae et magicas artes posse iuvare putat. ista veneficii vetus est via; noster Apollo innocuam sacro carmine.monstrat opem. me duce non tumulo prodire iubebitur umbra, non anus infami carmine rumpet humum, non seges ex aliis alios transibit in agros nec subito Phoebi pallidus orbis erit. ut solet, aequoreas ibit Tiberinus in undas; ut solet, in niveis Luna vehetur equis. nulla recantatas deponent pectora curas, nec fugiet vivo sulphure victus Amor. quid te Phasiacae iuverunt gramina terrae, cum cuperes patria, Colchi, manere domo? quid tibi profuerunt, Circe, Perseides herbae, cum sua Neritias abstulit aura rares? omnia fecisti, ne callidus hospes abiret: ille dedit certae lintea plena fugae; omnia fecisti, ne te ferus ureret ignis: longus in invito pectore sedit Amor. vertere tu poreras homines in mille figuras; non poreras animi vertere iura tui. diceris his etiam, cum iam discedere vellet, Dulichium verbis detinuisse ducem: 'non ego, quod primo, memini, sperare solebam, iam precor, ut coniunx tu meus esse velis. et tarnen, ut coniunx essem tua, digna videbar, quod dea, quod magni filia Solis eram.
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Heilmittel gegen die Liebe
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Glaubt da wer an die Hilfe der bösen hämonischen Kräuter und der magischen Kunst, ist es sein eignes Problem. 250 Zaubern, die alte Methode ist dies; doch unser Apollo weist - unschädlich ist sie- Hilfe mit heiligem Lied. Folgt man mir, dann wird aus dem Grab kein Schatten beschworen, nicht den Boden ein Weib spalten mit Zaubergesang, 254 nicht wird Saat von einem Acker zum anderen wandern, nicht die Scheibe des Sol plötzlich die Farbe verliern. Fließen wird wie stets in die Wogen des Meeres der Tiber; führen wird wie stets Luna ihr weißes Gespann. Kein Herz wird von Sehnsucht durch Zaubergesang sich befreien, auch wird Amor nicht fliehen, vom Schwefel besiegt. 260 Was denn, Kolcherin, halfen dir, als du begehrtest zu bleiben in des Vaters Haus, Pflanzen des phasischen Lands ? Welchen Nutzen brachten perseisehe Kräuter dir, Kirke, als das neritische Schiff wegtrug ein günstiger Wind ? Alles tatst du, damit der listige Fremde nicht fortfuhr: 265 Fest entschlossen zur Flucht ließ er die Segel sich blähn; alles tatst du, damit dich die wilde Glut nicht verbrenne, saß doch unerwünscht Amor dir lang in der Brust. Menschen, die konntest du wohl in tausend Gestalten 269 verwandeln, deines Herzens Gesetz wandeln, das konntest du nicht. Als der dulichische Führer schon aufbrechen wollte, da hieltest du ihn zurück und sprachst folgendes, sagt man, sogar: >>Das, was zuerst ich mir - noch weiß ich es - gerne erhoffte, bitt ich nicht mehr: dass du wünschtest, du wärest mein Mann. Deine Gemahlin zu sein hielt dennoch ich mich für 275 würdig, war ich doch Göttin und war Tochter des mächtigen Sol.
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Remedia amoris
ne properes, oro: spatium pro munere posco; quid minus optari per mea vota potest ? et freta mota vides, et debes illa timere: utilior velis postmodo ventus erit. quae tibi causa fugae ? non hic nova Troia resurgit, non aliquis socios rursus ad arma vocat. hic amor et pax est, in qua male vulneror una, totaque sub regno terra futura tuo est.' illa loquebatur, navem salvebat Ulixes; irrita cum velis verba tulere Noti. ardet et assuetas Circe decurrit ad artes, nec tarnen est illis attenuatus amor. ergo, quisquis opem nostra tibi poscis ab arte, deme veneficiis carminibusque fidem. si te causa potens domina retinebit in Urbe, accipe, consilium quod sit in Urbe meum. optimus ille sui vindex, laedentia pectus vincula qui rupit dedoluitquc semel; sed cui tantum animi est, illum mirabor et ipse et dicam 'monitis non eget iste meis.' tu mihi, qui, quod amas, aegre dediscis amare nec potes et velles posse, docendus eris. sacpe refer tecum sceleratae facta puellae ct pone ante oculos omnia damna tuos: 'illud et illud habet, nec ea contenta rapina est: sub titulum nostros misit avara lares.
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Heilmittel gegen die Liebe
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Eile nicht, bitte! Ich fordre ein wenig Zeit nur als Gabe; kann mein Wunsch denn wohl weniger wollen als dies? Wie du siehst, ist das Meer bewegt, und du solltest es fürchten: Günstiger werden wird später zum Segeln der Wind. 280 Was gibt Grund dir zur Flucht? Kein neues Troja ersteht hier, seine Verbündeten ruft niemand von neuem zum Kampf. Hier herrscht Liebe und Frieden, in dem unselig verwundet ich nur werde, und ganz wird dir das Land unterstehn.<< Jene sprach und sprach, Odysseus machte das Schiff los; fort mit den Segeln trug unnütze Worte der Wind. 2R6 Kirke glüht, nimmt Zuflucht zu Künsten, die ihr vertraut sind; aber gemildert durch sie wurde die Liebe ihr nicht. Also: Du, der du Hilfe von meiner Kunst dir erwartest, dein Vertrauen entzieh Zaubergesang und Magie. 290 Wenn ein gewichtiger Grund in der Welthauptstadt dich zurückhält, höre, was mein Rat hier in der Hauptstadt besagt. Der befreit sich perfekt, der die seelenverletzenden Fesseln sprengt und auf einen Schlag selber beendct die Pein; doch wer so viel Mut hat, den werde ich auch bewundern; >>Der<<, sag ich, >>bedarf meiner Ermahnungen nicht.<< 2% Du, der du nur mit Mühe verlernst, was du lieb hast, zu lieben, der du's nicht kannst und wünschst, brauchst die Belehrung durch mich. Oft ruf dir die Taten der üblen Frau ins Gedächtnis; stelle vor Augen dir auch, was du an Schaden erlittst: Jco >>Das da und das da - sie hat's. Doch mit diesem Raub nicht zufrieden, hat sie voll Gier noch mein Haus unter den Hammer gebracht.
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Remedia amoris
sie mihi iuravit, sie me iurata fefellit, ante suas quotiens passa iaeere fores! diligit ipsa alios, a me fastidit amari: institor, heu, noetes, quas mihi non dat, habet!' haee tibi per totos inaeeseant omnia sensus, haee refer, hine odii semina quaere tui. atque utinam possis etiam faeundus in illis esse: dole tantum, sponte disertus eris. haeserat in quadam nuper mea eura puella; eonveniens animo non erat illa meo. eurabar propriis aeger Podalirius herbis ( et, fateor, medieus turpiter aeger eram): profuit assidue vitiis insistere amieae, idque mihi faetum saepe salubre fuit. 'quam mala' dieebam 'nostrae sunt erura puellae! ' (nee tarnen, ut vere eonfiteamur, erant); 'braeehia quam non sunt nostrae formosa puellae!' ( et tarnen, ut vere eonfiteamur, erant); 'quam brevis est!' (nee erat), 'quam multum poseit amantem!'; haee odio venit maxima eausa meo. et mala sunt vieina bonis: errore sub illo pro vitio virtus erimina saepe tulit. qua potes, in peius dotes defleete puellae iudieiumque brevi Iimite falle tuum.
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So hat sie mir geschworen und so mich getäuscht durch das Schwören; wie oft ließ sie es zu, dass vor der Türe ich lag! Andere liebt sie, von mir geliebt z u werden verschmäht sie: Weh! Der Hausierer genießt Nächte, die mir sie 306 versagt.<< Dies lass deine ganzen Gefühle verbittern, und ruf dir dies zurück, such hier Keime der Antipathie. Könntest du doch auch in diesen Dingen beredt sein! Fühl nur Schmerzen, und dann wirst du von selbst 31 0 eloquent. Mein Begehrn hing fest an einem Mädchen vor kurzem, sie entsprach jedoch meinen Empfindungen nicht. Als Podalirius, der krank ist, kuriert' ich nach eignem Rezept mich (Schande! ich, der Arzt, war - ich gesteh es - erkrankt). Nützlich war's, an die Fehler der Freundin beständig zu denken; 31 5 dies zu tun ist oft heilsam gewesen für mich. >>Meines Mädchens Beine<<, sprach ich, »was sind sie doch hässlich!<< (das, ich muss es gestehn, waren in Wahrheit sie nicht); »Meines Mädchens Arme, wie die nun einfach nicht schön 319 sind!<< (das, ich muss es gestehn, waren in Wahrheit sie doch); »Wie sie doch klein ist!<< (sie war's nicht), »wie viel vom Geliebten sie fordert!<<; dies war der wichtigste Grund, dass ich Verachtung empfand. Gut und Schlecht sind benachbart, und dies führt oft zu dem Irrtum, dass die Tugend, als ob Laster sie wäre, man rügt. Wo du nur kannst, verkehre die Stärken des Mädchens in 325 Schwächen; täusch dein Urteil und bring »gut<< in die Nähe von »schlecht<<.
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Remedia amoris
'turgida', si plena est, si fusca est, 'nigra' vocetur; in gracili 'macies' crimen habere potest. et poterit dici 'petulans', quae rustica non est; et poterit dici 'rustica', si qua proba est. quin etiam, quacumque caret tua femina dote, hanc moveat, blandis usque precare sonis: exige, uti cantet, si qua est sine voce puella; fac sa!tet, nescit si qua movere manum; barbara sermone est, fac tecum mu!ta loquatur; non didicit chordas tangere, posce lyram; durius incedit, fac inambulet; omne papillae pectus habent, vitium fascia nulla tegat; si male dentata est, narra, quod rideat, illi; mollibus est oculis, quod fleat illa, refer. proderit et subito, cum se non finxerit ulli, ad dominam celeres mane tulisse gradus. auferimur cultu; gemmis auroque teguntur omnia; pars minima est ipsa puella sui. saepe, ubi sit, quod ames, inter tarn mu!ta, requiras: decipit hac oculos aegide dives Amor. improvisus ades: deprendes tutus inermem; infelix vitiis excidet illa suis. (non tarnen huic nimium praecepto credere tutum est: fallit enim multos forma sine arte decens.) turn quoque, compositis cum collinit ora venenis, ad dominae vu!tus, nec pudor obstet, eas:
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>>Fett<< nenn sie, ist sie vollschlank, »schwarZ<<, wenn sie dunkleren Teint hat; ist sie von zarter Gestalt, halte ihr >>Magerkeit<< vor. Die nicht tölpelhaft ist, die kann als >>dreist<< man bezeichnen, 329 >>tölpelhaft<< kann man die nennen, die rechtschaffen ist. Dass die Frau sogar Talente, welche ihr fehlen, demonstriere, erbitt ständig in schmeichelndem Ton: Ist sie unbegabt mit der Stimme, verlang, dass sie singe; tanzen lasse sie, kann nicht sie bewegen den Arm; spricht sie barbarisch, dann lass sie viel mit dir reden; hat 335 nicht sie Saiten zu spielen gelernt, bitt, dass die Lyra sie holt; lass, ist der Gang zu hart, sie schreiten; bedecken die Brüste ganz den oberen Leib, tarn' nicht den Makel ein Band; sind die Zähne schlecht, erzähl ihr etwas zum Lachen; tränen die Augen ihr leicht, sag was, worüber sie weint. Nützlich ist's, plötzlich am Morgen zur Herrin, hat noch 341 für keinen sie sich zurechtgemacht, eilig zu lenken den Schritt. Schönheitspflege verführt uns; das Gold und die Perlen verdecken alles; der kleinste Teil ist an dem Mädchen es selbst. 344 Oft magst du, was unter all dem du lieben kannst, fragen: Mit der Ägis täuscht Amor, der Geld liebt, den Blick. Unverhofft komm: Selbst geschützt, erwischst du sie wehrlos; Pech! Der Mängel bewusst, fällt sie in Ohnmacht vor Schreck. (Dennoch: Diesem Gebot zu sehr zu vertraun ist gefährlich: Schönheit ohne Tricks hat schon so manchen betört.) 350 Dann auch, wenn das Gesicht sie bestreicht mit Salbenmixturen, tritt - nicht hindre dich Scham - vor die Geliebte du hin:
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Remedia amoris
pyxidas invenies et rerum mille colores et fluere in tepidos oesypa lapsa sinus. illa tuas redolent, Phineu, medicamina mensas; non semel hinc stomacho nausea facta meo est. nunc tibi, quae medio Veneris praestemus in usu, eloquar: ex omni est parte fugandus Amor. multa quidem ex illis pudor est mihi dicere, sed tu ingenio verbis concipe plura meis. nuper enim nostros quidam carpsere libellos, quorum censura Musa proterva mea est. dummodo sie placeam, dum toto canter in orbe, qui volet, impugnent unus et alter opus. ingenium magni livor detractat Homeri; quisquis es, ex illo, Zoile, nomen habes. et tua sacrilegae laniarunt carmina linguae, pertulit huc victos quo duce Troia deos. summa petit livor: perflant altissima venti, summa petunt dextra fulmina missa Iovis . at tu, quicumque es, quem nostra licentia laedit, si sapis, ad numeros exige quidque suos. fortia Maeonio gaudent pede bella referri: deliciis illic quis locus esse potest? grande sonant tragici: tragicos decct ira cothurnos; usibus e mediis soccus habendus erit. liber in adversos hostes stringatur iambus, seu celer, extremum seu trahat ille pedem. blanda pharetratos Elegia cantet Amores et levis arbitrio ludat amica suo. Callimachi numeris non est dicendus Achilles; Cydippe non est oris, Homere, tui.
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Döschen wirst du dort finden und tausend Dinge und Farben, wirst auf die warme Brust fließen das Oesypum sehn. Wie dein Essen stinken diese Kosmetika, Phineus; 355 mehr als einmal nur wurde mir übel davon. Jetzt sag offen ich dir, was zu tun ist während des Beischlafs: Fortzujagen ist nun Amor auf jegliche Art. Vieles davon zu sagen schäm ich mich zwar, doch mit deiner Intelligenz sollst mehr, als ich dir sag, du verstehn. 360 Denn gewisse Leute zerpflückten jüngst mir die Büchlein; meine Muse, sie ist ihrer Zensur zu lasziv. Werd ich so nur geschätzt, auf der ganzen Erde gesungen, mag, wenn er will, mein Werk der attackieren und der. Neid ist's, der das Genie des großen Homerus verkleinert; wer du auch bist - dank ihm, Zoi:lus, bist du bekannt. 366 Der du Trojas bezwungene Götter hierher geführt hast, dein Werk haben sogar gottlose Zungen zerfetzt. Missgunst zielt auf das Höchste: Um Gipfel wehen die Winde; 369 nur auf das Höchste zielt Jupiters Hand mit dem Blitz. Du, wer immer du bist, den ich verletzte durch Freimut, miss nach seinem Maß alles, wenn weise du bist. Tapferer Kampf lässt gern im mäonischen Maß sich besingen: Kann dort auch ein Platz sein für erotischen Spaß ? Tragiker tönen Erhabnes: Der Zorn geziemt dem 375 Kothurnus; Alltagsleben verlangt nur den Komödienschuh. Gegen Feinde soll der freie Jambus gezückt sein, sei es der eilende, sei's der mit dem hinkenden Fuß. Schmeichelnd besing' Elegia Eroten mit Köchern; die lose 380 Freundin treibe so, wie sie es möchte, ihr Spiel. In des Kallimachus Maß darf nicht von Achilles man künden; dein Mund singe nicht über Kydippe, Homer.
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Remedia amoris
quis ferat Andromaches peragentem Thaida partes ? peccet, in Andromache Thaida quisquis agat. Thais in arte mea est: lascivia libera nostra est; nil mihi cum vitta; Thais in arte mea est. si mea materiae respondet Musa iocosae, vicimus, et falsi criminis acta rea est. rumpere, Livor edax: magnum iam nomen habemus; maius erit, tantum, quo pede coepit, eat. sed nimium properas: vivam modo, plura dolebis, et capiunt anni carmina multa mei. nam iuvat et studium famae mihi crevit honore; principio clivi noster anhelat equus. tantum se nobis elegi debere fatentur, quantum Vergilio nobile debet epos. hactenus lnvidiae respondimus: attrahe lora fortius et gyro curre, poeta, tuo. ergo, ubi concubitus et opus iuvenale pe.tetur et prope promissae tempora noctis erunt, gaudia ne dominae, pleno si corpore sumes, te capiant, ineas quamlibet ante velim; quamlibet invenias, in qua tua prima voluptas desinat: a prima proxima segnis erit. sustentata Venus gratissima: frigore soles, sole iuvant umbrae, grata fit unda siti. et pudet, et dicam: Venerem quoque iunge figura, qua minime iungi quamque decere putas.
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Wer ertrüg's, wenn Thais die Rolle Andromaches spielte ? Thais zu spielen ist falsch, wenn's um Andromache geht. Thais beherrscht mir die Kunst: Mein ist der lockere 385 Freimut; nichts ist die Binde für mich; Thais beherrscht mir die Kunst. Passt zum erotischen Stoff, was meine Muse mir eingibt, sieg ich, und einer Schuld klagt man zu Unrecht sie an. Platz doch, gefräßiger Neid: schon ist mein Name ein großer; fährt er nur fort, wie er einst anfing, wird größer er sein. Zu sehr eilst du: Bleib ich am Leben, wirst mehr du dich 391 ärgern; manches Gedicht produziern kann ich noch, jung, wie ich bin. Macht es doch Spaß, und wuchs doch das Streben nach Ruhm mit der Ehre; bei der Besteigung des Bergs keucht noch am Anfang mein Pferd. So viel wie dem Vergil das edle Epos jetzt schuldet, 395 schuldet die Elegie mir, wie sie selber bekennt. So viel geb ich dem Neid zur Antwort. Ziehe die Zügel fester an, Dichter; und lauf nun in der eigenen Bahn. Wenn du also Sex begehrst, die Domäne der Jugend, und die Stunde der Nacht, die dir versprochen ist, naht, stoß, damit dich die Lust nicht vereinnahmt, wenn du mit voller 4Cl Kraft die Herrin nimmst, eine beliebige erst. Eine beliebige such dir, bei der sich befriedigt die erste Lust: Der zweite Genuss ist nach dem ersten nur fad. Lange verzögerte Lust ist die höchste: Bei Kälte erfreut uns Sonne, bei Sonne erfreut Schatten, und Wasser bei 406 Durst. Schäm ich mich auch, ich sag's: Die Stellung wähl für den Beischlaf, die, wie dir scheint, der Frau jeweils am wenigsten steht.
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Remedia amoris
nec Iabor efficere est: rarae sibi vera fatentur, et nihil est, quod se dedecuisse putent. tune etiam iubeo totas aperire fenestras turpiaque admisso membra notare die. at simul ad metas venit finita voluptas lassaque cum tota corpora mente iacent, dum piget, ut malis nullam tetigisse puellam tacturusque tibi non videare diu, tune animo signa, quaecumque in corpore menda est, luminaque in vitiis illius usque tene. forsitan haec aliquis (nam sunt quoque) parva vocabit, sed, quae non prosunt singula, multa iuvant. parva necat morsu spatiosum vipera taurum; a cane non magno saepe tenetur aper. tu tantum numero pugna praeceptaque in unum contrahe: de multis grandis acervus erit. sed quoniam totidem mores totidemque figurae, non sunt iudiciis omnia danda meis. quo tua non possunt offendi pectora facto, forsitan hoc alio iudice crimen erit. ille quod obscenas in aperto corpore partes viderat, in cursu qui fuit, haesit amor; ille quod a Veneris rebus surgente puella vidit in immundo signa pudenda toro. luditis, o si quos potuerunt ista movere: afflarant tepidae pectora vestra faces.
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Schwer ist das nicht: Die Wahrheit gestehn sich nur wenige selbst ein, und sie glauben, es gibt gar nichts, was ihnen nicht steht. 410 Dann rat ich: Weit öffne die Fenster und mach, dass am Leib das, was abstoßend ist, deutlich bei Tage sich zeigt. Doch sobald die Lust ans Ziel gelangt ist - es liegen schlaff die Körper noch da, gänzlich erschöpft ist der Geist, 415 du hast's über, so dass dir lieber wäre, du hättest keine berührt, und denkst, lang wirst du keine berührn -, präg dir ein, was an Makeln an ihrem Körper du findest, und fortwährend lass du ruhn auf den Mängeln den Blick. Dies mag mancher vielleicht belanglos nennen (das ist's auch), aber, was einzeln nicht nützt, hilft, wenn sich's 420 multipliziert. Tod bringt riesigen Stieren der Biss der winzigen Viper; Hunde von kleinem Wuchs halten den Eber oft fest. Kämpf mit Hilfe der Menge und nimm die Lehren als Ganzes: Haufen werden groß, wenn sie aus vielem entstehn. Da es jedoch so viele äußre Erscheinungen gibt wie 425 Wesensarten, vertrau meiner Entscheidung nicht blind. Etwas, woran du keinen Anstoß nehmen kannst, wird aus einer anderen Sicht Anlass zum Tadeln vielleicht. Weil er entblößt die Scham erblickte, geschah es dem einen mitten in voller Fahrt, dass ihm die Liebe verging, 430 einem anderen, weil, als vom Sex sich erhob die Geliebte, auf beschmutztem Bett peinliche Spuren er sah. Ernst meint ihr es nicht, die das irritiert hat: Es hatten Fackeln, die wenig nur brannten, das Herz euch berührt.
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Remedia amoris
attrahet ille puer contentos fortius arcus, saucia maiorem turba petetis opem. quid, qui clam latuit reddente obscena puella et vidit, quae mos ipse videre vetat ? di melius, quam nos moneamus talia quemquam! ut prosint, non sunt expedienda tarnen. hortor et, ut pariter binas habeatis amicas (fortior est, plures si quis habere potest): secta bipertito cum mens discurrit utroque, alterius vires subtrahit alter amor. grandia per multos tenuantur flumina rivos, laesaque diducto stipite flamma perit; non satis una tenet ceratas ancora puppes, nec satis est liquidis unicus hamus aquis: qui sibi iam pridem solacia bina paravit, iam pridem summa victor in Arce fuit. at tibi, qui fueris dominae male creditus uni, nunc saltem novus est inveniendus amor. Pasiphaes Minos in Procride perdidit ignes; cessit ab Idaea coniuge victa prior; Amphilochi frater ne Phegida semper amaret, Calliroe fecit parte recepta tori; et Parin Oenone summos tenuisset ad annos, si non Oebalia paelice laesa foret; coniugis Odrysio placuisset forma tyranno, sed melior clausae forma sororis erat. quid moror exemplis, quorum me turba fatigat ? successore novo vincitur omnis amor.
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Fester wird an sich ziehen und spannen den Bogen der 435 Knabe, stärkere Mittel verlangt ihr, die verwundete Schar. Denkt euch einen, der heimlich, als sie sich entleerte, dabei war und der sah, was zu sehn keinem der Anstand erlaubt! Götter, bewahrt mich davor, dass ich jemandem so was 439 empfehle; nützen mag es zwar schon, aber man darf es nicht tun. Auch ermuntre ich euch, zugleich zwei Mädchen zu haben (wenn einer mehr haben kann, steht er als Stärkerer da). Strebt nach beiden Seiten der Sinn geteilt auseinander, zieht das eine Begehrn Kraft von dem anderen ab. Mächtige Flüsse verlieren durch viele Bäche an Größe; 445 Feuer, das schwach ist, erlischt, wenn man die Scheite zerteilt. Nur ein Anker allein hält nicht die kalfaterten Schiffe; eine Angel genügt nicht in der strömenden Flut: Wer sich selbst schon lang verschafft hat doppelte 449 Tröstung, steht als Sieger schon lang hoch auf der Zinne der Burg. Der du zu deinem Nachteil einer Frau nur dich hingabst, du musst wenigstens jetzt finden, was neu dich entflammt. Minos vergaß bei Prokris, dass er für Pasiphae brannte; die vorherige Frau wich, von Idäa besiegt; dass Amphilochus' Bruder die Toc�ter des Phegeus nicht 455 1mmer liebte, kam, weil ins Bett er sich Kallirhoe nahm; bis ins Alter hätt' Önone den Paris behalten, hätt' das öbalische Weib nicht sie im Herzen verletzt; seiner Gemahlin Figur hätt' Thrakiens Herrscher gefallen, die der Schwester, die er einschloss, war schöner 460 jedoch. Was verweil bei Exempeln ich, deren Schar mich ermüdet ? Jede Liebe wird, folgt eine neue, besiegt.
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Remedia amoris
fortius e mu!tis mater desiderat unum quam quem flens clamat 'tu mihi solus eras.' et, ne forte putes nova me tibi condere iura (atque utinam inventi gloria nostra foret! ), vidit id Atrides: quid enim non ille videret, cuius in arbitrio Graecia tota fuit ? marte suo captam Chryseida victor amabat; at senior stu!te flebat ubique pater. quid lacrimas, odiose senex? bene convenit illis; officio natam laedis, inepte, tuo. quam postquam reddi Calchas ope tutus Achiltis iusserat et patria est illa recepta domo, 'est' ait Atrides 'illius proxima forma et, si prima sinat syllaba, nomen idem: hanc mihi, si sapiat, per se concedat Achilles; si minus, imperium sentiet ille meum. quod si quis vestrum factum hoc accusat, Achivi, est aliquid valida sceptra tenere manu. nam si rex ego sum, nec mecum dormiat ulla, in mea Thersites regna licebit eat.' dixit et hanc habuit solacia magna prioris, et posita est cura cura repulsa nova. ergo assume novas auctore Agamemnone flammas, ut tuus in bivio distineatur amor. quaeris, ubi invenias ? artes tu perlege nostras: plena puellarum iam tibi navis erit. quod si quid praecepta valent mea, si quid Apollo utile mortales perdocet ore meo, quamvis infelix media torreberis Aetna, frigidior glacie fac videare tuae.
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Tapfrer entbehrt von vielen Söhnen einen die Mutter als den Sohn, um den weinend >>Mein einzger! << sie ruft. Dass du aber nicht glaubst, ich gäbe dir neue Gesetze 465 (wäre der Ruhm doch mein, dass ich zuerst sie erfand!): Dies sah schon der Atride: Denn was hätt' der nicht gesehen, unter dessen Befehl jeder in Griechenland stand ? Er, der Sieger, liebte die Kriegsgefangne Chryse!s; überall - wie dumm! - weinte ihr Vater, der Greis. 470 Lästiger Alter, was weinst du ? Sie passen doch glänzend zusammen; Narr, durch Betulichkeit machst du's der Tochter nur schwer. Doch als Kalchas befahl- ihn schützte Achilles -, sie jenem wiederzugeben, und sie war bei dem Vater im Haus, sprach der Atride: »Eine ist fast so reizend, und ließ' die 476 erste Silbe es zu, gleich wär' ihr Name sogar. Die soll, hat er Verstand, von sich aus mir geben Achilles; tut er das nicht, bekommt meine Gewalt er zu spürn. Doch klagt einer von euch mein Vorgehn an, ihr Achäer, sag ich: Ein Zepter, das gilt viel in der kräftigen Hand. 480 Denn wenn König ich bin, und keine soll mit mir schlafen, mag Thersites mir gern folgen im OberbefehL<< Sprach's und nahm sich die Frau als großen Trost für die frühre; alte Liebe verging, war von der neuen verjagt. Mach's drum wie Agamemnon und lass dich aufs neue entflammen, 485 dass an der Weggabelung dir sich die Liebe zerteil'. Fragst du, wo du sie findest? Meine Ars konsultiere, und mit Mädchen gefüllt ist auf der Stelle dein Schiff. Wenn, was ich vorschreib, etwas taugt, wenn etwas, das Nutzen 489 bringt, durch meinen Mund Phöbus die Sterblichen lehrt, gilt: Glühst noch so sehr du Armer vom Feuer des Ätna, schau, dass der Deinen doch kälter als Eis du erscheinst.
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Remedia amoris
et sanum simula, nee, si quid forte dolebis, sentiat, et ride, eum tibi flendus eris. non ego te iubeo medias abrumpere euras: non sunt imperii tarn fera iussa mei. quod non es, simula positosque imitare furores: sie faeies vere, quod meditatus eris. saepe ego, ne biberem, volui dormire videri: dum videor, somno Iumina vieta dedi. deeeptum risi, qui se simulabat amare, in laqueos aueeps deeideratque suos. intrat amor mentes usu, dediseitur usu: qui poterit sanum fingere, sanus erit. dixerit, ut venias: paeta tibi noete venito; veneris, et fuerit ianua clausa: feres; nee die blanditias nee fae eonvieia posti nee Iatus in duro limine pone tuum; postera Iux aderit: eareant tua verba querelis et nulla in vultu signa dolentis habe. iam ponet fastus, eum te languere videbit (hoe etiam nostra munus ab arte feres). te quoque falle tarnen, nee sit tibi finis amandi propositus: frenis saepe repugnat equus.
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Stell dich, als ginge es dir sehr gut, und lass sie's nicht merken, falls dich etwas schmerzt; lach, wenn zum Weinen dir ist. Nicht jäh abzubrechen dein Sehnen und Hoffen, befehl 495 ich: Nicht so grausam sind Weisungen meines Regimes. Täusch, was du nicht bist, vor, und spiel den von Liebe Befreiten: Wirklich erreichst du so, was du geplant hast zuvor. Oft wollt' ich so tun, als schlief ich, um nur nicht zu trinken: Während ich nun so tat, fielen die Augen mir zu. 500 Lachen musst' ich: Verliebt gab einer sich, täuschte sich selber; er, der Vogler, geriet selber ins eigene Garn. Liebe dringt durch Gewöhnung ins Herz, wird verlernt durch Gewöhnung: Wer den gesunden Mann spielen kann, der wird gesund. Sagt sie, du sollst kommen: Komm in der Nacht, die ihr ausmacht; 505 kommst du und ist die Tür dennoch verschlossen: Ertrag's. Weder schmeichelnde Worte noch Schmähungen sage dem Pfosten; leg dich nicht hin, so dass hart auf der Schwelle du ruhst. Kommt der nächste Tag, halt frei, was du redest, von 509 Klagen, und kein Zeichen von Schmerz trage in deinem Gesicht. Lassen wird sie vom Stolz, wenn sie sieht, dass alles dir gleich ist (meine Kunst hat für dich dieses Geschenk noch dazu). Dennoch, betrüg dich auch selbst; nicht plane, wann mit der Liebe Schluss sein soll: Oft sträubt gegen den Zaum sich das Pferd.
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Remedia amoris
utilitas lateat; quod non profitebere, fiet: quae nimis apparent retia, vitat avis. nec sibi tarn placeat nec te contemnere possit: sume animos, animis cedat ut illa tuis. ianua forte patet: quamvis revocabere, transi; est data nox: dubita nocte venire data. posse pati facile est, ubi, si patientia desit, protinus ex facili gaudia ferre licet. et quisquam praecepta potest mea dura vocare? en, etiam partes conciliantis ago. nam quoniam variant animi, variabimus artes; mille mali species, mille salutis erunt. corpora vix ferro quaedam sanantur acuto; auxilium multis sucus et herba fuit. mollior es neque abire potes vinctusque teneris, et tua saevus Amor sub pede colla premit: desine luctari; referant tua carbasa venti, quaque vocant fluctus, hac tibi remus eat. explenda est sitis ista tibi, qua perditus ardes: cedimus; e medio iam licet amne bibas. sed bibe plus etiam quam quod praecordia poscunt; gutture fac pleno sumpta redundet aqua.
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Was du bezweckst, sei dunkel; geschehn wird, was du 515 nicht klarlegst: Ist es zu deutlich zu sehn, meidet der Vogel das Netz. Nicht soll selbstzufrieden sie sein, nicht verachten dich können: Zeige dich stolz, damit dir, da du stolz bist, sie weicht. Offen vielleicht ist die Tür: Geh weiter, mag sie auch rufen; wenn sie die Nacht dir verspricht, zögre, zu kommen 520 bei Nacht. Dies ertragen zu können, ist leicht; denn falls die Geduld fehlt, kann man mit Leichtigkeit Lust sich verschaffen sogleich. Kann da jemand als hart bezeichnen das, was ich vorschreib ? Sieh, ich spiele den Part eines Vermittlers sogar. Denn da verschiedene Herzen es gibt, variier ich die 525 Lehre; Übel gibt's tausenderlei, Heilungen tausenderlei. Manch ein Körper ist kaum mit dem scharfen Messer zu heilen; Hilfe brachte oft vielen ein Kraut und ein Saft. Bist du zu weich, kommst nicht von ihr los, bist von Fesseln gehalten, 529 und es stemmt dir brutal Amor den Fuß auf den Hals: Lass das Kämpfen; es treibe der Wind zurück dir die Segel, wie die Strömung dich lenkt, nehme das Ruder den Weg. Löschen musst du den Durst, der dich brennt und vergehn lässt: Ich gebe nach; direkt aus dem Strom ist dir zu trinken erlaubt. Aber trink noch mehr als das, was das Herz von dir m fordert; schau, dass aus vollem Schlund ströme das Wasser zurück.
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Remedia amoris
i, fruere usque tua nullo prohibente puella; illa tibi noctes auferat, illa dies. taedia quaere mali: faciunt et taedia finem; iam quoque, cum credes posse carere, mane, dum bene te cumules et copia tollat amorem et fastidita non iuvet esse domo. fit quoque longus amor, quem diffidentia nutrit: hunc tu si quaeres ponere, pone metum. qui timet, ut sua sit, ne quis sibi detrahat illam, ille Machaonia vix ope sanus erit: plus amat e natis mater plerumque duobus, pro cuius reditu, quod gerit arma, timet. est prope Collinam templum venerabile portam, imposuit templo nomina celsus Eryx. est illic Lethaeus Amor, qui pectora sanat inque suas gelidam lampadas addit aquam; illic et iuvenes votis oblivia poscunt et si qua est duro capta puella viro. is mihi sie dixit (dubito, verusne Cupido an somnus fuerit; sed, puto, somnus erat): 'o qui sollicitos modo das, modo demis amores, adice praeceptis hoc quoque, Naso, tuis. ad mala quisque animum referat sua, ponet amorem: omnibus illa deus plusve minusve dedit. qui Puteal Ianumque timet celeresque Kalendas, torqueat hunc aeris mutua summa sui;
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Los, fortwährend genieß dein Mädchen, von niemand gehindert; lass dir die Nächte von ihr rauben, die Tage dazu. Suche du Überdruss an dem Übel: Auch dieser beendet's; selbst wenn du glaubst, auf sie kannst du verzichten, 540 verweil, bis du satt bist, die Fülle das Liebesverlangen beendet und im Haus, das dich ekelt, zu sein dich nicht freut. Lang währt auch die Liebe, welche genährt wird von Misstraun: Willst du von ihr dich befrein, musst du von Furcht 544 dich befrein. Wer befürchtet, sie sei nicht die Seine, es raube sie jemand, der wird schwerlich gesund, auch wenn Machaon ihm hilft: Von zwei Söhnen liebt meist stärker die Mutter den einen, der im Krieg ist, weshalb sie um die Rückkehr sich sorgt. Nah beim Collinischen Tor ist ein altehrwürdiger Tempel, Eryx, der hohe Berg, hat ihm den Namen verliehn. 550 Amor Lethaeus ist dort, der die Herzen gesund macht und welcher seine Fackeln mit eisigem Wasser besprengt. Junge Männer erflehn an dem Ort durch Gelübde Vergessen, Mädchen auch, die ein Mann einfing, der hartherzig ist. So sprach dieser zu mir (ich weiß nicht, ob wirklich Cupido 555 oder ein Traum es war, aber es war wohl ein Traum): >>Der du bald gibst, bald nimmst die kummerbringende Liebe, deinen Weisungen füg diese auch, Naso, hinzu. Jeder denke an das, was ihn quält, dann vergisst er die Liebe: 560 Allen gab ja ein Gott mehr oder weniger Leid. Wer das Puteal fürchtet, den J anus, die schnellen Kalenden, plagen soll den der Betrag seines geliehenen Gelds;
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Remedia amoris
cui durus pater est, ut voto cetera cedant, huic pater ante oculos durus habendus erit; hic male dotata pauper cum coniuge vivit: uxorem fato credat adesse suo; est tibi rure bono generosae fertilis uvae vinea: ne nascens usta sit uva, time; ille habet in reditu navem: mare semper iniquum cogitet et damno litora foeda suo; filius hunc miles, te filia nubilis angat; et quis non causas mille doloris habet ? ut posses odisse tuam, Pari, funera fratrum debueras oculis substituisse tuis.' plura loquebatur; placidum puerilis imago destituit somnum, si modo somnus erat. quid faciam? media navem Palinurus in unda deserit: ignotas cogor inire vias. quisquis amas, loca sola nocent: loca sola caveto; quo fugis ? in populo tutior esse potes. non tibi secretis (augent secreta furores) est opus; auxilio turba futura tibi est. tristis eris, si solus eris, dominaeque relictae ante oculos facies stabit, ut ipsa, tuos. tristior idcirco nox est quam tempora Phoebi: quae relevet luctus, turba sodalis abest. nec fuge colloquium nec sit tibi ianua clausa nec tenebris vu!tus flebilis abde tuos;
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der, dessen Vater streng ist, der halte sich diesen vor Augen, mag auch sonst für ihn alles verlaufen nach Wunsch; 564 lebt einer ärmlich mit seiner Frau und klein ist die Mitgift, denk' er, zu seinem Pech komme die Frau noch hinzu; steht dir auf gutem Boden ein Weinberg mit prächtigen Trauben, fürchte, sie seien dir, während sie wuchsen, verdorrt; dem kehrt wieder ein Schiff: Er denke ans widrige Meer 569 stets und an den Strand, den der Rest seines Besitzes entstellt; Angst mach' dem der Sohn im Feld, die noch ledige Tochter dir; wer hätte nicht tausendfach Anlass zum Gram ? Paris, um die Deine hassen zu können, hättst du dir vorstelln sollen, wie's war, als man die Brüder erschlug.<< Mehr noch wollt' er sagen; das Bild des Knaben 575 entschwand dem sanften Schlaf, wenn es denn wirklich im Schlafe erschien. Was nun tun ? Auf dem Meer verlässt mein Schiff Palinurus. Wege, die ich nicht kenn, bin ich gezwungen zu gehn. Einsame Orte, Verliebter, schaden dir; hüt dich vor ihnen! 580 Wohin fliehst du ? Du bist sicherer mitten im Volk. Keine Einsamkeit (sie lässt die Leidenschaft wachsen) brauchst du; hilfreich sind Gruppen von Menschen für dich. Bist du allein, wirst traurig du sein; der verlassenen Herrin Bild wird dir vor dem Blick stehen, als wär' sie es selbst. Trauriger ist deswegen die Nacht als die Stunden des 585 Phöbus: Fern ist die Freundesschar, die dich zu trösten vermag. Meid auch nicht das Gespräch, nicht halte die Türe verschlossen, nicht im Dunkeln verbirg, wenn du mal weinst, das Gesicht;
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Remedia amoris
semper habe Pyladen aliquem, qui curet Oresten: hic quoque amicitiae non l evis usus erit. quid nisi sccretae laeserunt Phyllida silvae? certa necis causa est: incomitata fuit. ibat, ut Edono referens trieterica Baccho ire solet fusis barbara turba comis, et modo, qua poterat, longum spectabat in aequor, nunc in harenosa lassa iacebat humo; 'perfide Demophoon' surdas clamabat ad undas, ruptaque singultu verba loquentis erant. Iimes erat tenuis, longa subnubilus umbra, qua tulit illa suos ad mare saepe pedes. nona terebatur miserae via; 'viderit! ' inquit et spectat zonam pallida facta suam, aspicit et ramos: dubitat refugitque quod audet, et timet et digitos ad sua colla refert. Sithoni, turn certe vellem non sola fuisses: non flesset positis Phyllida silva comis. Phyllidis exemplo nimium secreta timete, laese vir a domina, laesa puella viro. praestiterat iuvenis, quicquid mea Musa iubebat, inque suae portu paene salutis erat. rcccidit, u r cupidos inter devenit amantes et, quae condiderat, tela resumpsit Amor. si quis amas nec vis, facito contagia vites: haec etiam pecori saepe nocere solent. dum spectant laesos oculi, laeduntur et ipsi, multaque corporibus transitione nocent.
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einen Pylades, der für Orest sorgt, habe du ständig: 589 Freundschaft bringt auch hier keinen geringen Gewinn. Was, wenn nicht einsame Wälder brachten Kummer der Phvllis ? Klar ist der Grund für den Tod: Oh� e Begleiter war sie. Wie die barbarische Schar, die mit losen Haaren dem Bacchus jedes dritte Jahr huldigt, so lief sie dahin. Bald sah auf das weite Meer sie, so weit sie es konnte, 595 bald lag sie im Sand, wenn sie erschöpft war, und rief: »Ü Demophoon, du Treuloser! << hinaus in die tauben Wogen; dabei unterbrach Schluchzen sie mitten im Wort. Schmal und etwas düster vom langen Schatten der Bäume war der Pfad, auf dem oft sie zum Meer sich begab. 600 Neunmal ging die Arme den Weg. »Sorg' er sich drum! « spricht sie, und dann wird sie bleich, wirft auf den Gürtel den Blick und die Äste: Sie schwankt, erschrickt vor dem, was zu tun sie wagt, und ist voll Angst, führt dann die Finger zum 604 Hals. Thrakerin, wärst du zumindest da nicht alleine gewesen! Blätter verloren hätt' nicht, Phyllis beweinend, der Wald. Fürchtet, von Phyllis' Exempel gewarnt, zu einsame Plätze, du, dem Leid von der Frau, du, der's vom Manne geschah. Alles, was ihm meine Muse befahl, hat ein junger Mann erfüllt und befand fast sich im rettenden Port. 6 1 0 Als er unter Verliebte geriet, erfolgte ein Rückfall; Pfeile, die ruhten, nahm Amor von neuem hervor. Liebst du und willst es nicht, sieh zu, Ansteckung zu meiden: Sie pflegt ebenfalls Schaden zu bringen dem Vieh. Selber werden Augen verletzt, die Verletzte betrachten; 6 1 5 Übertragung schafft mancherlei Schaden dem Leib.
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Remedia amoris
in loca nonnumquam siccis aremia glaebis de prope currenti flumine manat aqua: manat amor tectus, si non ab amante recedas, turbaque in hoc omnes ingeniosa sumus. alter item iam sanus erat; vicinia laesit: occursum dominae non tulit ille suae. vulnus in antiquum rediit male firma cicatrix, successumque artes non habuere meae. proximus a tectis ignis defenditur aegre: utile finitimis abstinuisse locis. nec, quae ferre solet spatiantem porticus illam, te ferat, officium neve colatur idem. quid iuvat admonitu tepidam recalescere mentem? alter, si possis, orbis habendus erit. non facile esuriens posita retinebere mensa et multum saliens incitat unda sitim; non facile est taurum visa retinere iuvenca; fortis equus visae semper adhinnit equae. haec ubi praestiteris, ut tandem litora tangas, non ipsam satis est deseruisse tibi: et soror et mater valeant et conscia nutrix et quisquis dominae pars erit ulla tuae; nec veniat servus nec flens ancillula fictum suppliciter dominae nomine dicat 'ave' . nec si scire voles, quid agat, tarnen, illa, rogabis; perfer: erit lucro lingua retenta tuo.
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Manchmal strömt auf dürres Gebiet mit trockenen Schollen Wasser von einem Fluss, der in der Nähe verläuft: So strömt heimlich die Liebe über, wenn von Verliebten du nicht fernbleibst; hier sind wir ja alle begabt. 620 Schon gesund war auch ein andrer: Die Nähe der Herrin schadete ihm: Er ertrug nicht die Begegnung mit ihr. Schlecht verheilt, hat die Narbe zur alten Wunde von neuem sich geöffnet; es war ohne Erfolg, was ich lehr. Kaum kann Feuer beim Nachbarn vom eigenen Hause 625 man abwehrn: Nützlich ist's drum, wenn du nicht dort, wo sie nahe ist, weilst. Meide die Portikus, wo sie häufig schlendert; denselben Pflichten wie auch sie geh in Gesellschaft nicht nach. Dass die Erinnrung ein Herz aufwärmt, das lau ist, was 629 nützt das? Anderswo auf der Welt wohne, sofern du das kannst. Hungert dich, hält nicht leicht man zurück dich von einer gedeckten Tafel; heftig den Durst reizt dir ein sprudelnder Quell; leicht ist es nicht, den Stier zu halten, wenn er die Kuh sieht; stets, wenn die Stute er sieht, wiehert der feurige Hengst. Hast du dieses erfüllt, dann ist es, damit du das Ufer 635 endlich erreichst, nicht genug, dass nur sie selbst du verlässt: Sag auch Schwester und Mutter »Adieu<< und der Amme, die alles weiß, und allen, soweit die noch zur Herrin gehörn; weder komme der Sklave, noch sage die Sklavin mit falschen Tränen in flehendem Ton >>Grüß dich! << im Namen der 640 Frau. Willst du's auch wissen, frag trotzdem nicht, wie es ihr gehe; halt nur durch: Es lohnt, hältst du die Zunge im Zaum.
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Remedia amoris
tu quoque, qui causam finiti reddis amoris deque tua domina multa querenda refers, parce queri: melius sie ulciscere tacendo, ut desideriis effluat illa tuis. et malim taceas quam te desisse loquaris: qui nimium multis 'non amo' dicit, amat. sed meliore fide paulatim extinguitur ignis quam subito: lente desine, tutus eris. flumine perpetuo torrens solet altior ire, sed tarnen haec brevis est, illa perennis aqua. fallat et in tenues evanidus exeat auras perque gradus molles emoriatur amor. sed modo dilectam scelus est odisse puellam; exitus ingeniis convenit iste feris. non curare sat est: odio qui finit amorem, aut amat aut aegre desinet esse miser. turpe vir et mulier, iuncti modo, protinus hostes; non illas lites Appias ipsa probat. saepe reas faciunt et amant: ubi nulla simultas incidit, admonitu liber aberrat Amor. forte aderam iuveni; dominarri lectica tenebat; horrebant saevis omnia verba minis. iamque vadaturus 'lectica prodeat' inquit; prodierat; visa coniuge mutus erat;
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Du auch, der du erzählst, warum du das Liebesverhältnis abbrachst, und dich viel über die Herrin beklagst, lass das Klagen: Du rächst dich besser durch Schweigen, so dass sie 645 dir aus dem Herzen, das noch Sehnsucht empfindet, entweicht. Lieber möcht ich, du schweigst, statt zu sagen, du hättst es beendet: Wer »Ich bin nicht verliebt<< vielen erklärt, ist verliebt. Sicherer ist's, wenn Feuer allmählich, als wenn es ganz 649 plötzlich ausgeht: Langsam beend alles, dann bist du geschützt. Meist führt höheres Wasser ein Sturzbach als Flüsse, die ständig strömen, doch jener fließt kurz nur, ein Fluss permanent. Unbemerkt vergehend, in leichte Lüfte entschwindend, stufenweise und sanft sterbe die Liebe dahin. Frevel ist's aber, die Frau, die man eben noch liebte, zu 655 hassen; dieses Ende geziemt wilden Naturen allein. Nicht beachten genügt: Wer mit Hass die Liebe beendet, liebt noch, oder er macht schwer von der Liebe sich los. Hässlich, wenn Mann und Frau, noch ein Paar jüngst, plötzlich sich feind sind; 660 diese Sorte von Streit billigt auch Appias nicht. Männer verklagen oft Frauen - und lieben sie: Kommt es zu keinem Streit, zieht Amor davon, nicht von Erinnrung beschwert. Einem stand ich mal bei: Die Herrin saß in der Sänfte; was er auch sagte, es war wildes Gedrohe - ein Graus! Schon vor Gericht wollt' er, sprach: >>Raus mit ihr aus der Sänfte!<< 665 Kaum war heraus sie und er sah sie, verstummte er gleich,
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Remedia amoris
et manus et manibus duplices cecidere tabellae; venit in amplexus atque ita 'vincis' ait. tutius est aptumque magis discedere pace nec petere a thalamis litigiosa fora. munera, quae dederas, habeat sine lite iubeto: esse solent magno damna minora bono. quod si vos aliquis casus conducet in unum, mente memor tota, quae damus, arma tene. nunc opus est armis; hic, o fortissime, pugna: vincenda est telo Penthesilea tuo. nunc tibi rivalis, nunc durum limen, amanti, nunc subeant mediis irrita verba deis. nec compone comas, quia sis venturus ad illam, nec toga sit laxo conspicienda sinu: nulla sit, ut placeas, alienae cura puellae; iam facito e multis una sit illa tibi. sed quid praecipue nostris conatibus obstet, eloquar, exemplo quemque docente suo: desinimus tarde, quia nos speramus amari; dum sibi quisque placet, credula turba sumus. at tu nec voces (quid enim fallacius illis?) crede nec aeternos pondus habere deos.
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ließ die Hände und ließ aus den Händen die Täfelchen fallen, sank an die Brust ihr und sprach dies nur: »Du hast mich besiegt.<< Sichrer und passender ist's, sich friedlich zu trennen und nicht vom Schlafgemach zum Gericht, wo man sich streitet, zu 670 gehn. Was an Geschenken du gabst, lass ohne Prozess sie behalten: Großer Vorteil ergibt meist sich aus kleinrem Verlust. Führt euch aber ein Zufall am selben Orte zusammen, denk an die Waffen ganz fest, die in die Hand ich dir drück. Jetzt bedarf es der Wehr; hier, Tapferster, kämpfe: Von deiner 675 Waffe werde im Kampf Penthesilea besiegt. Jetzt denk an den Rivalen, jetzt an die Schwelle, die harte, jetzt an die Worte, die falsch dir vor den Göttern sie schwor. Leg dir das Haar nicht zurecht, weil du denkst, du könntest sie treffen; nicht durch lockeren Bausch steche die Toga hervor: 680 Ihr zu gefallen, die dir jetzt fremd ist, bemühe dich nicht mehr; sieh jetzt zu, dass für dich eine von vielen sie ist. Doch was unsrem Bemühen vor allen Dingen im Weg steht, sag ich jetzt, obwohl jeden sein Beispiel belehrt: Zögernd machen wir Schluss, da geliebt zu werden wir 685 hoffen; weil sich ein jeder gefällt, kommt's, dass wir leichtgläubig sind. Doch glaub weder Worten (was trügt denn noch stärker als diese ?) noch, dass gewichtig sei, was bei den Göttern man schwört.
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Remedia amoris
neve puellarum lacrimis moveare, caveto: ut flerent, oculos erodiere suos. artibus innumeris mens oppugnatur amantum, ut Iapis aequoreis undique pulsus aquis. nec causas aperi, quare divortia malis, nec die, quid doleas, clam tarnen usque dole; nec peccata refer, ne diluat: ipse favebis, ut melior causa causa sit illa tua. qui silet, est firmus; qui dicit multa puellae probra, satisfieri postulat ille sibi. non ego Dulichio furari more sagittas nec raptas ausim tinguere in amne faces, nec nos purpureas pueri resecabimus alas, nec sacer arte mea laxior arcus erit. consilium est, quodcumque cano: parete canenti, utque facis, coeptis, Phoebe saluber, ades. Phoebus adest: sonuere lyrae, sonuere pharetrae; signa deum nosco per sua: Phoebus adest. confer Amyclaeis medicatum vellus aenis murice cum Tyrio: turpius illud erit. vos quoque formosis vestras conferte puellas: incipiet dominae quemque pudere suae. utraque formosae Paridi potuere videri, sed sibi collatam vicit utramque Venus. nec solam faciem, mores quoque confer et artes; tantum iudicio ne tuus obsit amor.
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Pass d u auf, dass d u nicht durch die Tränen der Mädchen 689 gerührt wirst: Haben im Weinen sie doch bestens die Augen geschult. Von unzähligen Listen bestürmt wird das Herz von Verliebten, wie gepeitscht wird der Stein rings von den Wogen des Meers. Nenn nicht offen die Gründe, warum die Trennung du vorziehst; sag, was du leidest, nicht; leide andauernd, doch still. Zähl nicht Fehler ihr auf: Sie entkräftet sie sonst, und du 695 hilfst ihr, dass die Sache für sie günstiger steht als für dich. Stark ist der, der schweigt; wer immer wieder dem Mädchen etwas vorwirft, der ist nur auf Genugtuung aus. Wie der Dulichier Pfeile zu stehlen, das würd' ich nicht 699 wagen, würd' auch Fackeln nicht rauben und löschen im Fluss, stutz auch die purpurneo Flügel des Knaben nicht, und der heil'ge Bogen- durch meine Kunst wird er nicht lockerer sein. Ratschlag ist's, was ich singe: Hört auf den Sänger; wie sonst auch stehe bei meinem Tun, rettender Phöbus, mir bei. Phöbus ist da: Es tönte die Lyra, es tönte der Köcher; 705 durch die Zeichen des Gotts weiß ich es: Phöbus ist da. Wenn du ein Fell, das man färbte in amykläischen Kesseln, tyrischem Purpur vergleichst, hässl icher wird es dann _ sem. Ihr auch sollt mit schönen Mädchen die Euren vergleichen: Jeder beginnt dann damit, dass er der Herrin sich schämt. Beide konnten Paris als schön erscheinen, doch als er 71 1 Venus mit ihnen verglich, waren sie beide besiegt. Nicht die Gestalt nur vergleich, nein, auch Talent und Charakter, doch dem Urteilsspruch stehe nicht Liebe im Weg.
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Remedia amoris
exiguum est, quod deinde eanam, sed profuit illud exiguum multis, in quibus ipse fui. seripta eave relegas blandae servata puellae: eonstantes animos seripta releeta movent. omnia pone feros (pones invitus) in ignes et die 'ardoris sit rogus iste mei.' Thestias absentem sueeendit stipite natum: tu timide flammae perfida verba dabis ? si potes, et eeras remove: quid imagine muta earperis ? hoe periit Laodamia modo. et loea saepe noeent; fugito loea eonseia vestri eoneubitus: eausas illa doloris habent. 'hie fuit, hie eubuit, thalamo dormivimus illo; hie mihi laseiva gaudia noete dedit.' admonitu refrieatur amor vulnusque novaturn seinditur: infirmis eulpa pusilla noeet. ut, paene extinetum einerem si sulphure tangas, vivit et e minimo maximus ignis erit, sie, nisi vitaris quiequid renovabit amorem, flamma redardeseet, quae modo nulla fuit. Argolides euperent fugisse Capherea puppes teque, senex luetus ignibus ulte tuos; praeterita eautus Niseide navita gaudet: tu loea, quae nimium grata fuere, eave. haee tibi sint Syrtes, haee Aeroeeraunia vita; hie vomit epotas dira Charybdis aquas.
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Was ich jetzt gleich sing, ist unbedeutend, und dennoch 716 hat es vielen genützt, unter den vielen auch mir. Hüt dich, von dir verwahrte Briefe des zärtlichen Mädchens wiederzulesen: Das rührt starke Gemüter sogar. Leg - du wirst es nicht gern tun - alle ins grimmige Feuer; sprich dann: Holzstoß sei dies für das Feuer in mir. << Thestios' Tochter verbrannte den fernen Sohn mit dem 721 Holzscheit: Worte, die treulos sind, wirfst du mit Scheu in die Glut? Wachsfiguren entfern, wenn du kannst: Was lässt du vom stummen Bild dich quäl'n? So fand Laodamia den Tod. 725 Oft auch schaden Orte; meide die Orte, die Zeugen waren bei eurem Sex: Anlass zu Kummer sind sie. >>Ja, hier war, hier lag sie, hier ist der Raum, wo wir schliefen, hier, in geiler Nacht, hat sie mir Freuden geschenkt. << Liebe bricht durch Erinnrung wieder hervor, und erneut reißt auf die Wunde: Ein Nichts schadet dem Schwachen 730 bereits. Wie, mit Schwefel berührt, auflebt beinahe erloschne Asche und lodernder Brand einem geringen entwächst, so wird, meidest du nicht, was deine Liebe erneuert, frisch sich entzünden die Glut, welche soeben erlosch. Gern wärn Griechenlands Schiffe entflohn dem Kaphereus und dir, Greis, 735 der du mit Lichtschein dich rächtest für das, was du littst; ist an Nisei's vorbei er, dann freut sich der achtsame Seemann: Plätze, die allzu genehm dir mal gewesen sind, flieh. Syrten seien sie dir, die Akrokeraunien meide; schrecklich schluckt und spuckt hier die Charybdis die 740 Flut. »
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Remedia amoris
sunt quae non possunt aliquo cogente iuberi, saepe tarnen casu facta levare solent. perdat opes Phaedra, parces, Neptune, nepoti, nec f aciet pavidos taurus avitus equos. Cnosida f ecisses inopern, sapienter arnasset: divitiis alitur luxuriosus arnor. cur nerno est, Hecalen, nulla est, quae ceperit Iron ? nernpe quod alter egens, altera pauper erat. non habet unde suurn paupertas pascat arnorern; non tarnen hoc tanti est, pauper ut esse velis. at tanti tibi sit non indulgere theatris, durn bene de vacuo pectore cedat arnor. enervant anirnos citharae lotosque lyraeque et vox et nurneris bracchia rnota suis. illic assidue ficti sa!tantur arnantes; quod caveas, actor, qua iuvat, arte docet. eloquar invitus: teneros ne tange poetas; surnrnoveo dotes ipsius ipse rneas. Callirnachurn fugito, non est inirnicus arnori; et curn Callirnacho tu quoque, Coe, noces. rne certe Sappho rneliorern fecit arnicae, nec rigidos rnores Teia Musa dedit. carrnina quis potuit tuto legisse Tibulli vel tua, cuius opus Cynthia sola fuit? quis poterit lecto durus discedere Gallo? et rnea nescioquid carrnina tale sonant.
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Manches gibt's, das niemand erzwingen kann und befehlen, doch wenn's durch Zufall geschieht, pflegt es erleichternd zu sein. Lass mal Phädra verarmen, Neptun, du verschonst dann den Enkel; nicht vor dem Stier, den du schickst, scheut dann das Pferdegespann. Hättst du die Knosserin arm gemacht, geliebt hätt' sie . 745 we1se: Liebe, die maßlos ist, wird durch den Reichtum genährt. Keinen gibt's, den Hekale, keine, die lrus betörte ja, warum? Er war arm und bedürftig die Frau. Nichts hat Armut, um die Liebe zu nähren; doch so viel ist das nicht wert, dass du dir wünschtest, du wärest 75C jetzt arm. So viel wert sei's dir, nicht der Lust am Theater zu frönen, bis die Liebe das Herz räumt und es frei ist dadu rch. Kithara, Flöte und Lyra schwächen einem den Willen, auch der Gesang sowie Arme, im Rhythmus bewegt. Dort mimt ständig beim Tanz man fiktive Verliebte; was 755 du zu meiden hast, lehrt durch Kunst, welche erfreut, der Akteur. Ungern sag ich's: Du sollst die zarten Poeten nicht anrührn; so entzieh ich dir selber mein eignes Talent. Meide Kallimachus ja, er ist kein Gegner der Liebe; 759 und zusammen mit ihm, Koer, bist schädlich auch du. Sappho hat gewiss mir die Liebe zur Freundin gesteigert; keine gestrenge Moral lehrte der Te!er mich. Wer vermochte Tibulls Gedichte gefahrlos zu lesen oder die deinen, der du Cynthia einzig besangst? Wer kann, liest er den Gallus, vom Lieben entschieden 765 sich abkehrn ? Auch mein Dichten ist, denke ich, ähnlich im Ton.
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Remedia amoris
quod nisi dux operis vatem frustratur Apollo, aemulus est nostri maxima causa mali. at tu rivalem noli tibi fingere quemquam inque suo solam crede iacere toro. acrius Herrnionen ideo dilexit Orestes, esse quod alterius coeperat illa viri. quid, Menelae, doles ? ibas sine coniuge Creten et poreras nupta lentus abesse tua. ut Paris hanc rapuit, nunc demum uxore carere non potes: alterius crevit amore tuus. hoc et in abducta Briseide flebat Achilles, illam Plisthenio gaudia ferre viro. nec frustra flebat, mihi credite: fecit Atrides, quod si non faceret, turpiter esset iners. certe ego fecissem, nec sum sapientior illo: invidiae fructus maximus ille fuit. nam sibi quod numquam tactam Briseida iurat per sceptrum, sceptrum non putat esse deos. di faciant, possis dominae transire relictae limina, proposito sufficiantque pedes. et poteris, modo velle tene; nunc fortiter ire, nunc opus est celeri subdere calcar equo. illo Lotophagos, illo Sirenas in antro esse puta; remis adice vela tuis. hunc quoque, quo quondam nimium rivale dolebas, vellem desirreres hostis habere loco.
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Wenn Apollo, der Führer des Werks, dem Seher nichts weismacht, ist der Rivale zumeist Ursache unserer Qual. Doch du bild dir nicht ein, es gebe da einen Rivalen; glaube du, im Bett liege sie immer allein. 770 Heftiger liebte deswegen Orest die Hermione, da ja einem anderen Mann sie zu gehören begann. Was, Menelaus, schmerzt dich ? Nach Kreta ohne die Gattin gingst du und nahmst es hin, dass du getrennt warst von ihr. Jetzt, nachdem sie von Paris geraubt ist, kannst du sie 775 nicht mehr missen: Des anderen Glut mehrte die eigene dir. Drum auch weinte Achill, als Brise!s von dannen geführt war, weil dem plisthenischen Mann Freuden sie schenkte im Bett. Glaubt mir, er weinte nicht grundlos: Atreus' Sohn hat's gemacht; denn hätt' er es nicht, wär' er träge gewesen voll Schmach. 780 Ich hätt's sicher gemacht und bin nicht weiser als jener: Für die Eifersucht war dieses der größte Gewinn. Wenn beim Zepter er schwört, dass er nie die Brise!s berührt hat, zeigt es: Als einen Gott sieht er das Zepter nicht an. 784 Mögen die Götter geben, dass du am Haus der verlassnen Herrin vorbeigehn kannst, Kraft auch im Fuß hast dazu. Und du kannst, wenn richtig du willst; jetzt musst du entschlossen gehen, die Sporen jetzt geben dem hurtigen Pferd. Denk dir, dass dort Lotophagen, dass dort in der Höhle Sirenen wohnen; zum Ruderwerk nimm noch die Segel dazu. 790 Wärst du doch ihm auch, der als Rivale dich allzu bekümmert machte, von nun an nicht immer noch feindlich gesinnt.
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Remedia amoris
at certe, quamvis odio remanente, saluta; oscula cum poteris iam dare, sanus eris. ecce, cibos etiam, medicinae fungar ut omni munere, quos fugias quosque sequare, dabo. Daunius, an Libycis bulbus tibi missus ab oris, an veniat Megaris, noxius omnis erit; nec minus erucas aptum vitare salaces et quicquid Veneri corpora nostra parat. utilius sumas acuentes Iumina rutas et quicquid Veneri corpora nostra negat. quid tibi praecipiam de Bacchi munere, quaeris ? spe brevius monitis expediere meis. vina parant animum Veneri, nisi plurima sumas, ut stupeant multo corda sepu!ta mero. nutritur vento, vento restinguitur ignis; Ienis alit flammas, grandior aura necat. aut nulla ebrietas, aut tanta sit, ut tibi curas eripiat: si qua est inter utrumque, nocet. hoc opus exegi: fessae date serta carinae; contigimus portus, quo mihi cursus erat. postmodo reddetis sacro pia vota poetae, carmine sanati femina virque meo.
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soc
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BIO
Heilmittel gegen die Liebe
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Jedenfalls, wenn groß auch der Hass bleibt, sollst du ihn grüßen; kannst du ihn küssen sogar, dann bist du wirklich gesund. Schau, um die Pflicht des Arztes ganz zu erfüllen, benenn 795 ich Speisen, die schlecht sind, sowie solche, die gut sind für dich. Zwiebeln, ob Daunien sie, ob die libysche Küste sie sandte oder Megara, sind alle nur schädlich für dich; gleichfalls günstig ist's, die erregende Rauke zu meiden, und was sonst noch zur Lust unsere Körper erregt. 800 Nützlicher ist es, du nimmst die augenschärfende Raute, und was sonst noch der Lust unsere Körper entzieht. Was ich bezüglich der Gabe des Bacchus dich lehre, das fragst du ? Was ich rate, erfährst schneller du, als du erhoffst. Wein weckt Lust, es sei denn, du trinkst ihn reichlich: 805 Begraben unter vielem Wein, ist dann betäubt dir der Sinn. Feuer wächst durch Wind, und durch den Wind auch erlischt es; sanftes Wehen nährt, stärkeres tötet die Glut. Entweder kein Rausch, oder er sei so stark, dass er Sorgen nimmt: Es schadet nur, wählt man den mittleren Weg. Fertig hab ich das Werk: Bekränzt das ermüdete Schiff jetzt; 811 ich bin zum Hafen, z u dem fahren ich wollte, gelangt. Bald bringt ihr dem geweihten Dichter fromme Gelübde, Frau und Mann, die dank meinem Gedicht sind geheilt.
Anmerkun gen Abgekürzt zitierte Literatur findet sich in den Literaturhinweisen ab S. 86. 1-40 Erstes Proömium: Rechtfertigung gegenüber Amor.
den Namen: Da die Römer keine Groß- und Kleinschreibung hatten, konnten sie REMEDIA AMORIS auch als •Heilmittel gegen Amor« verstehen. 3 deinen Seher . . . , der ich das Banner so oft führte: Ovids Ich Sprecher redet in der komischen Pose des augusteischen vates ( d. h. des Dichters als eines zwischen Göttern und Menschen vermittelnden Sehers), der mit seinen elegischen Dichtungen, insbesondere den Amores (•Liebesgedichte«) und der Ars ama toria (•Liebeskunst<<), den •Kriegsdienst der Liebe I für Amor« (s. Nachwort S. 94) geleistet hat. Cupido: der Liebesgott Amor. 5 der Tydide: Diomedes, der Sohn des Tydeus, der in Buch 5 der Ilias Homers (V. 3 1 1 ff.) AphroditeNenus verwundet, als sie ih ren Sohn Äneas aus der Schlacht in Sicherheit bringen will. 6 Mars: der Kriegsgott (griech. Ares), mit dessen Gespann Venus, die Mutter Amors, zum Olymp flieht. 7 ich liebte fortwährend: als der •ich« sagende Dichter/Liebhaber in den Amores. 9 die Kunst: die Ars amatoria (s. Nachwort S. 94 f.). 12 zertrennt wieder: Anspielung auf den Mythos von Penelope, die während der Abwesenheit des Odysseus die sie drängenden Freier dadurch hinhält, dass sie das am Tage gewobene Lei chengewand für ihren Schwiegervater Laertes nachts immer wieder •zurückwebt<< (Homer, Odyssee 2,94 ff.). Das mythische B eispiel passt auch deshalb gut, weil »Text« wörtlich »Gewebe« (lat. textum) bedeutet. 16 meiner Kunst: jetzt nicht mehr der Liebes-, sondern der Heil kunst. 25 f. Denn . . : Es gibt durchaus gute Gründe, das Distichon für un echt zu halten; u. a. spricht dafür, dass, wenn man es streicht, das erste Proömium (1-24.27-40) ebenso lang ist wie das zweite (4 1 -78). Aber Alessandro Barchiesi (2003) hat überzeugend ge.
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Anmerkungen
zeigt, dass die beiden Verse sich organisch in den Kontext ein fügen. Deshalb werden sie hier nicht in eckige Klammern ge setzt. dein Stiefvater: Mars, der Geliebte der Venus (vgl. Ovid, Ars amatoria 2,561 ff.). Mutter: zu V. 6. Mach . . . : V. 3 1-36 enthalten Anspielungen auf typische Situati onen, wie sie in den Sammlungen erotischer Elegien evoziert werden (zu V. 3 5 f. s. Nachwort S. 93). gierige Scheite: eines Scheiterhaufens, der bei einer Bestattung »gierig<< eine Leiche verbrennt. >>Scheiterhaufen<< (lat. rogus) ge hört zu den Wörtern, die sich in einen deutschen Pentameter nicht einfügen lassen (s. Nachwort S. 1 02). Schwingen der goldne: »golden<< entweder im Sinne von »gold geschmückt« oder >>mit goldenem Haar<<. Die Flügel, die Amor trägt, sind in der antiken Dichtung entweder golden oder pur purn. 41-78 Zweites Proömium: Verheißung der Heilung für von der Liebe ent
täuschte Männer und Frauen; mythologische Beispiele für Liebeskranke, denen die Remedia amoris hätten helfen können; Gebet an den Heilgott Apollo. 44 Wunde und Hilfe: ersteres durch die Ars amatoria, letzteres jetzt durch die Remedia amoris. 47 f. Jener pelische Speer . . . : Der Schaft zu diesem Speer stammt von dem Berg Pelion in Thessalien, der Heimat des Achilles (zu V. 3 8 1 ). des Herkules feindlichem Sohn: Telephus, dem König von My sien, der durch den Speer des Achilles sowohl verwundet als auch von seiner Wunde geheilt wird. 55 Phyllis: Ais Demophoon, der Sohn des Theseus, Phyllis mit dem Versprechen, an einem bestimmten Tag zur Hochzeit zu rückzukehren, verlassen hat, läuft sie ihm neunmal vergeblich an den Strand entgegen und erhängt sich dann; vgl. V. 591-606, wo der Mythos erzählt wird, sowie Brief 2 in Ovids Epistulae Heroidum (Phyllis an Demophoon). 57 Dido: Königin von Karthago, die den auf der Suche nach einer neuen Heimat übers Meer fahrenden Troj aner ( Dardaner) Äneas bei sich aufnimmt und ein Liebesverhältnis mit ihm hat, bis er auf Befehl der Götter seine Fahrt fortsetzt; vgl. Vergil, =
Anmerkungen
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Aeneis Buch 1--4 und Brief 7 in Ovids Epistulae Heroidum (Di do an Äneas). die Mutter: Medea. Sie ermordet aus Rache an Jason, der sie verlassen hat, seine neue Braut Kreusa mit Hilfe eines vergifte ten Kleides, das seiner Trägerin den Leib verbrennt, und an schließend die eigenen Kinder, die sie von Jason hat; vgl. Euri pides, Medea, und Brief 12 in Ovids Epistulae Heroidum (Me dea an J ason). Tereus: König von Thrakien, der seine Schwägerin Philomela brutal vergewaltigt und deshalb von seiner Frau Prokne seinen Sohn Itys zum Mahl vorgesetzt bekommt; er wird in einen Wiedehopf, Prokne in eine Schwalbe und Philomela in eine Nachtigall verwandelt (vgl. Ovid, Metamorphosen 6,4 12 ff.). Pasiphae: die Frau des Königs Minos von Kreta. Sie verliebt sich in einen Stier, lässt sich von ihm schwängern und gebiert den Minotaurus; vgl. Ovid, Ars amatoria 1 ,2 8 9 ff. Phädra: die Frau des Königs Theseus von Athen. Sie liebt ihren Stiefsohn Hippolytus und nimmt sich, als dieser sich ihr ver weigert, das Leben; vgl. Euripides, Hippolytos, Brief 4 in Ovids Epistulae Heroidum (Phädra an Hippolytus) und Seneca, Phae dra. Paris: einer der Söhne des Königs Priamus von Troja. Er ent führt Helena, die Frau des Spartanerkönigs Menelaus, nach Troja und liefert so den Griechen ( Danaer) den Anlass für den Trojanischen Krieg; vgl. die Briefe 16 und 17 in Ovids Epi stulae Heroidum (Paris an Helena nnd Helena an Paris). Skylla: Aus Liebe zu Minos, der ihre Heimatstadt Megara (zu V. 798) belagert, schneidet sie ihrem Vater, dem König Nisus, eine ihm magische Kräfte verleihende Haarlocke ab, worauf hin Minos die Stadt erobern kann; vgl. Ovid, Metamorphosen 8,1 ff., und Pseudo-Vergil, Ciris. das Schiff Antike Lehrdichter vergleichen ihren Lehrgang gern mit einer Reise auf einem Schiff oder einem Wagen. da musstet Naso ihr lesen: Ovids Ars amatoria. Naso ist Ovids Beiname. Befreier: Der assertor, eine Art Anwalt, setzte sich vor Gericht für die Freilassung (vindicta) eines Sklaven ein. Lorbeer: Der dem Phöbus als dem Gott der Dichtung und der Heilkunst heilige Lorbeer repräsentiert hier offenbar die Inspi ration, die der Dichter sich von Phöbus erbittet. =
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Anmerkungen 79-134 Allgemeine medizinische Anweisungen, Teil !: Der richtige Zeit punkt für die Heilung. 79-106 Die Heilung erfolgt am besten gleich zu Beginn der Krankheit.
100 Myrrha: Sie schläft mit ihrem Vater ohne sein Wissen, flieht, nachdem sie erkannt ist, und wird in einen Myrrhenbaum ver wandelt; vgl. Ovid, Metamorphosen 1 0,298 ff. 107-134 Wenn die Heilung nicht gleich zu Beginn der Krankheit erfolgt,
soll man damit warten, bis der Höhepunkt der Krankheit überschritten ist. 1 1 2 Pöas' . . . Sohn: Philoktet, der, als die Griechen nach Troja fah ren, während eines Aufenthaltes der Flotte auf der Insel Lern nos von einer Schlange gebissen und wegen seiner Wunde dort allein zurückgelassen, im letzten Kriegsjahr dann aber doch noch nach Troja geholt wird, weil die Stadt ohne seinen un fehlbar treffenden Bogen nicht erobert werden kann; vgl. So phokles, Philoktet. 1 1 9 die Raserei: die wahnsinnige Liebesleidenschaft (juror), die durch Widerstand nur angestachelt wird. Er sollte jedenfalls nicht mitten im Lauf erfolgen; die Metapher evoziert ein Rennpferd (vgl. V. 82). 135-608 Anweisungen für das Verhalten vor der Trennung. 135-150 Warnung vor dem Nichtstun. 151-168 Ermahnung zu forensischer oder militärischer Tätigkeit.
1 5 1 Foren: Auf den Foren in Rom befanden sich die Gerichte. 1 5 3 Mars: zu V. 6. 1 5 5 der fliehende Parther: Anspielung auf eine bestimmte Kampf taktik der Parther: Scheinflucht auf leichten Pferden, plötzli ches Umwenden und Beschießen des Verfolgers. Ovid spielt hier darauf an, dass im Jahre 1 v. Chr. C. Caesar, der von Au gustus adoptierte Sohn seiner Tochter Julia von Agrippa, im Auftrag des Kaisers eine Expedition gegen die Parther unter nahm. 1 5 9 des Ätoliers: Diomedes; vgl. zu V. 5. Aufgrund der Verwun dung durch den Helden verzichtet Venus nun darauf, an Krie gen teilzunehmen, und überlässt das ganz ihrem Liebhaber
Anmerkungen
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Mars. Dieser wiederum ist dann bei seiner Tätigkeit ohne Ve nus, also ohne Liebe. 1 6 1 Ägisth: Er ist der Liebhaber der Klytämnestra, der Königin von Argos, während ihr Mann Agamemnon vor Troja kämpft; vgl. Aischylos, Agamemnon. 1 66 Forum: zu V. 1 5 1 . 1 68 jener berüchtigte Bub: Amor. 169-198 Ermahnung zur Tätigkeit des Landmannes.
1 70 Qual . . . Qual: Versuch einer Nachahmung des Wortspiels cu ra . . . cura (Sorge, Bemühung . . . Liebesqual). 1 73 Ceres: Göttin des Ackerbaus. 1 8 1 Auf ungleichem Rohr: Die Hirtenflöte bestand aus sieben ver schieden langen Rohren. 199-212 Ermahnung zur Tätigkeit des Jägers.
1 99 Schwester des Phöbus: Diana, die Göttin der Jagd. 213-248 Ermahnung, die Heimat zu verlassen.
220 Allia- Tag: Am 1 8 . Juli 390 (387) v. Chr. erlitten die Römer im Kampf gegen die Gallier am Fluss Allia eine der wenigen gro ßen Niederlagen ihrer Geschichte. Deshalb galt dieses Datum als »schwarzer Tag«, an dem die Geschäfte geschlossen waren. 224 hat . . . Fliehen den Parther beschützt: zu V. 1 5 5 . 239f. Mit schönen . . . Nachgiebigkeit: »Die Liebe z u r Freundin wird dir mit schönen Worten vorspiegeln, es rufe der heimi sche Herd, und so dein Nachgeben gegenüber der Leiden schaft für die verlassene Geliebte bemänteln. « 249-290 Warnung vor magischen Künsten.
249 hämonischen: thessalischen. Thessalien galt in der Antike als Land der Hexen und Zauberer. 251 unser Apollo: als Helfer bei den Remedia amoris (vgl. V. 7578). Hier kann man den Gott mit diesem Werk gleichsetzen.
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A n merkungen
253 dann ·wird . . : Es folgt eine Aufzählung von Zauberkünsten, die Hexen traditionell in der Poesie zugetraut werden. 256 Sol: der Sonnengott (im lat. Text Phoebus). 257 Tiber: der ins Tvrrhenische Meer fließende Strom, an dem . Rom liegt. 258 Luna: die Mondgöttin, die wie der Sonnengott im Mythos ei nen Wagen lenkt. 261 f. Kolcherin . . . des phasischen Lands: Medea (zu V. 59), Tochter des Königs von Kolchis am Schwarzen Meer, ist eine Zaube rin, die als Mittel ihrer magischen Kunst phasische, d. h. kol chische Kräuter (nach dem Phasis, dem Fluss in Kolchis) ver wendet. 263 perseisehe Kräuter . . . Kirke: Die Zauberin Kirke, bei der sich Odysseus in Buch 10 von Homers Odyssee .-orübergehend aufhält, nachdem er sie gezwungen hat, seinen in Schweine verwandelten Gefährten ihre menschliche Gestalt zurückzu geben, ist Tochter des Sonnengottes und der Perse. 264 neritische: ithakische; von Neritos, einer kleinen Insel in der Nähe von Ithaka, der Heimat des Odysseus. 265 der listige Fremde: Odysseus. 271 de1· Julichisehe Führer: Odysseus; nach Dulichium, einer klei nen Insel in der Nähe von I thaka. 275 Deine Gemahlin zu sein . . . : Kirke bei Homer wünscht sich das nicht. Hier (und auch in den übrigen Versen) wirkt der Mythos von Dido und Äneas ein (zu V. 57). 276 Sol: zu V. 256. 281 neues Troja: Sie meint eine Wiederaufnahme des Trojanischen Krieges, den Menelaus und sein Bruder Agamemnon zusam men mit einem riesigen Heer griechischer Verbündeter geführt und mit der Eroberung Trojas beendet haben (zu V. 65). .
291-356 Charakterliche und körperliche Mängel der Partnerin als Heil mittel. 291 Welthauptstadt: Rom. 3 1 3 Podalirius: Arzt in Homers J/ias (im deutschen Hexameter viersilbig >Podalirj us< zu sprechen). 334 den Arm: Auf die richtige Bewegung der Arme kam es in der Antike beim Tanz besonders an; vgl. V. 754. 341 Herrin: Als solche fungiert die von einem elegisch Liebenden
Anmerkungen
77
begehrte Frau im servitium amoris (s. Nachwort S. 94). Domi na bedeutet dann schon bei Ovid oft einfach nur •Frau, Ge liebte<, und daraus entwickeln sich frz. dame, ital. donna usw. (auch dt. Frau bedeutet ursprünglich •Herrin<). 346 Ägis: Schild der Minerva, der den Blick verwirrt. Hier steht dieser für den Schmuck, mit dem Amor, der den Reichtum liebt (dives), den Liebhaber blind macht für ihre körperlichen Mängel. 354 Oesypum: aus ungereinigtem Schaffell gewonnener Saft, der zum Schminken verwendet wurde. 355 Phineus: König von Thrakien, der für die Blendung seiner Söhne dadurch bestraft wird, dass er erblindet und die Harpy ien, Aasvögel mit Frauenköpfen, jedesmal, wenn er essen will, seine Speise besudeln, so dass sie stinkt.
357-440 Vorschriften für das Verhalten beim Liebesakt. 361-396 Exkurs: Rechtfertigung gegenüber dem Vorwurf, Ovids elegi sche Dichtung sei anstößig (vgl. Nach·wort S. 92, 99 und 102).
362 Zensur: Das römische Amt des Zensors, der über die Sitten wachte, hatte seit 22 v. Chr. Kaiser Augustus inne. 365 Homcrus: griechischer Dichter, unter dessen Namen die Ilias (8. Jh. v. Chr.) und die Odyssee (um 700 v. Chr.) überliefert sind. 366 Zoilus: griechischer Philosoph und Redner des 4. Jh. v. Chr., der eine Homerkritik in neun Büchern verfasste. 367 Der du . : P. Vergilius Maro (70- 1 9 v. Chr.), der in seiner Aeneis davon erzählt, wie Äneas nach dem Untergang Trojas seine Hausgötter in seine neue Heimat in Latium bringt. Aus der Vergil-Biographie Suetons, die unter dem Namen des Aelius Donatus überliefert ist, geht hervor, dass es schon zu Lebzeiten Vergils Kritiker des Dichters gab. 3 70 Jupiters: der oberste Gott (griech. Zeus ), der Blitz und Donner schickt. 371 Du, wer immer du bist . : Da der Exkurs Ovid, Tristia 2, der elegischen Epistel an Augustus, ähnlich ist, könnte der Prin zeps gemeint sein. Es spricht aber einiges dafür, dass die Kritik an der Laszivität der ovidischen Elegien fingiert ist; vgl. das Nachwort S. 1 02 und Holzberg (2006) sowie Rosati (2006), S. 1 5 6 f. 373 im mäonischen Maß: Gemeint ist der daktylische Hexameter, . .
. .
78
Anmerkungen
das Metrum des Epos, der hier nach Homers Heimatland Lv dien ( Mäonien) benannt ist. Kothurnus: der hohe Stiefel der Tragödienschauspieler. Komö dienschauspieler trugen einen niedrigeren Schuh, lat. soccus, der auch von einfachen Leuten im täglichen Leben getragen wurde. Jambus: Versmaß, in dem seit Archilochos (2. Hälfte 7. Jh. v. Chr.) Schmähgedichte verfasst wurden. der mit dem hinkenden Fuß: der Hinkjambus, ein jambischer Trimeter, bei dem in der vorletzten Silbe statt einer Kürze eine Länge steht, so dass der letzte Fuß trochäisch >>hinkt«. Elegia: die personifizierte Gattung Elegie (zu dieser vgl. Nach wort S. 92 ff. ). Eroten: Liebesgötter. Das Wortspiel mit den beiden Bedeutun gen des im lateinischen Text verwendeten Wortes Amores (>Eroten< I >erotische Erfahrungen eines elegisch Liebenden<; die Elegiensammlung Ovids trägt diesen Titel) kann im Deut schen nicht nachgeahmt werden. Freundin: Elegia wird hier mit der elegisch Geliebten (zu die ser s. Nachwort S. 93) gleichgesetzt. Kallimachus: der berühmteste hellenistische Dichter (um 300240 v. Chr.). Sein Hauptwerk, die (nur fragmentarisch überlie ferten) Aitia ( >>Ursprungssagen « ), ist in elegischen Distichen verfasst, und im Proöm werden Könige und Schlachten als Stoff abgelehnt. Achilles: griechischer Held, der in Homers Ilias die zentrale Person ist. Kydippe: Von ihr und der Liebe des Akontius zu ihr erzählt Kallimachus in Buch 3 der Aitia (Frg. 79-87 in der Kallima chus-Ausgabe von M. Asper, Darmstadt 2004). Homer: zu V. 365. Thais: typischer Name einer Hetäre in der griechisch-römi schen Komödie. Andromache: Gemahlin des trojanischen Helden Hektor, die außer in Homers Ilias in mehreren griechischen und römi schen Tragödien auftritt. nichts ist die Binde für mich: Der Liebesprofessor schließt, wie er schon in V. 1 , 3 1 der Ars amatoria programmatisch verkün det hat, verheiratete freie Römerinnen, die eine Binde im Haar trugen, aus seiner Erotodidaktik aus. Neid: Er ist hier und in V. 397 personifiziert und steht für die vom Dichter angesprochenen Kritiker. =
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Anmerkungen
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Vergil: zu V. 367. Ziehe die Zügel : zu V. 70. Herrin: zu V. 3 4 1 . Kämpf mit Hilfe der Menge: >>Nimm die Gesamtheit der Einzelvorschriften als Waffe und ziehe sie in eins zusammen« (Lucke, Komm.). 429 Weil er entblößt : Die weibliche Scham galt in der grie chisch-römischen Antike im Gegensatz zum männlichen Ge genstück als erotisch eher unattraktiv. 435 der Knabe: Amor. 436 die verwundete Schar: die von Amors Pfeil (V. 435) Getroffe nen, die stärker leiden als die von den Fackeln des Gottes Be rührten (V. 433 f.). 0 0 .
o o •
0 0 .
441-488 Wer sich eine z'Weite Freundin nimmt, teilt und verringert seine
Liebe.
450 Burg: Gemeint ist das Kapitol in Rom, zu dem hinauf sich ein siegreicher Feldherr im Triumphzug begab. 453 Minos: König von Kreta, verheiratet mit Pasiphae (zu V. 63); sein Verhältnis mit Prokris, der Frau des Kephalus, wird in der mythologischen Literatur vor Ovid nicht erwähnt. 454 die vorherige Frau: Kleopatra, die Frau des Phineus (zu V. 355), die er für Idäa verlässt. 455 Amphilochus ' Bruder: Alkmäon, verheiratet mit Arsinoe, der Tochter des Phegeus; zur Strafe für die Ermordung seiner Mutter von den Göttern mit Wahnsinn geschlagen, kommt er, einem Orakelspruch folgend, zu dem Flussgott Achelous, wird geheilt und heiratet dessen Tochter Kallirhoe. 457 Önone: Nymphe, mit der Paris, bevor er Helena, die Enkelin des Öbalus, entführt, ein Liebesverhältnis hat; vgl. B rief 5 in Ovids Epistulae Heroidum (Önone an Paris). 459 Thrakiens Herrscher: Tereus; vgl. zu V. 6 1 . 460 der Schwester: Philomela. 467 der Atride: Agamemnon, der Sohn des Atreus. Als er die von ihm im Troj anischen Krieg erbeutete Tochter des Chryses, Chrysels, diesem zurückgeben muss, erhält er als Ersatz Bri sels, eine von Achilles geliebte und von ihm im Krieg erbeute te junge Frau; vgl. Homer, Ilias l , l ff. 473 Kalchas: griechischer Seher im Lager vor Troja.
80
Anmerkungen
475 die erste Silbe: Ovid spielt mit der Ähnlichkeit der Namen Chrysels und Brisels. 4 79 Achäer: Griechen. 482 Thersites: für seine Hässlichkeit bekannter Grieche, der in ei ner berühmten Szene der Ilias Homers (2,2 12 ff.) eine Hetzre de gegen die Heerführer hält. 488 mit Mädchen gefüllt . . . dein Schiff" wie das eines Kaufmanns mit Ware oder das eines Fischers mit Fischen. 489-522 Geheuchelte Gleichgültigkeit.
491 Ätna: Vulkan auf Sizilien. 523-542 Liebesgenuss bis zur Übersättigung. 543-548 Misstrauen verlängert die Liebe.
546 Machaon: berühmter Arzt in Homers Ilias. 549-578 Heilung durch Erinnerung an die Alltagssorgen.
549 beim Collinischen Tor: Dort stand ein Tempel der Venus, die nach einem Heiligtum auf dem Berg Eryx in Sizilien den Bei namen Erycina trug. 5 5 1 Lethaeus: >>der Vergessenheit bringt«, abgeleitet von dem Un terweltsfluss Lethe; wer aus ihm trinkt, vergisst. 561 Puteal: kleiner Tempel in Rom, in dessen Nähe der Gerichts hof des Praetor urbanus stand. Janus: So hießen die bogenartigen Ausgänge, durch die man beim Verlassen des Forums ging; dort befanden sich die Stän de der Geldverleiher und Geldwechsler. Kalenden: der erste Tag des römischen Monats, an dem Schul den und Zinsen bezahlt wurden. 573 Paris: zu V. 65. die Deine: Helena. die Brüder: Hektar und die anderen Söhne des Priamus. 577 Palinurus: Steuermann des Äneas, der ins Meer stürzt, wor aufhin der Held selbst das Steuer übernehmen muss; vgl. Ver gil, Aeneis 5,567 ff.
Anmerkungen
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579-608 Einsamkeit verschlimmert den Liebeskummer.
583 Herrin: zu V. 3 4 1 . 585 Phöbus: hier der Sonnengott; also sind d i e Stunden d e s Tages gemeint. 589 Pylades: der beste Freund des Agamemuon-Sohnes Orest. 591 Phyllis: zu V. 55. 593 die barbarische Schar: die Bacchantinnen, die den Weingott Bacchus bei seinen orgiastischen Zügen begleiten; hier (so der lat. Text) edonische ( thrakische) Frauen. 597 Demophoon: zu V. 55. 606 Blätter verloren: Anspielung auf die antike Sitte, sich zum Zei chen der Trauer die Haare abzuschneiden. =
609-794 Anweisungen für das Verhalten nach der Trennung. 609-620 Vermeidung der Gesellschaft Verliebter.
6 1 5 werden Augen verletzt: Nach antiker Vorstellung konnten auf dem Weg über die Augen Krankheiten übertragen werden. 621-642 Vermeidung eines Wiedersehens mit der Geliebten und ihren
Angehörigen.
62 1 Herrin: zu V. 3 4 1 . 6 2 7 Portikus: Säulenhalle, i n der Ovid, Ars amatoria 1 ,67 ff., zufol ge Frauen, wie sie ein elegisch Liebender begehrt, spazieren gingen. 628 Pflichten . . . in Gesellschaft: Es ist besonders an Höflichkeits besuche zu denken. 643-648 Vermeidung nachträglicher Klagen. 649-654 Die Liebe soll langsam beendet werden. 655-672 Die Liebe soll nicht in Hass umschlagen.
657 Wer mit Hass die Liebe beendet . . . : Anspielung auf Catulls be rühmtes Gedicht Nr. 85 Odi et amo. quare id faciam, fortasse requiris. / nescio. sed fieri sentio et excrucior ("Ich hasse und liebe. Warum ich das tue, fragst du vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber dass es geschieht, fühle ich, und ich leide Qualen«).
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Anmerkungen
660 Appias: Bei dem Venustempel auf dem Forum Iulium wurden offenbar die Quellnymphen der appischen Wasserleitung ver ehrt, wohl als Statuen, aus deren Mund Wasser in die Luft schoss. Eine von ihnen ist hier als Zeugin von Gerichtsver handlungen gedacht. 667 die Täfelchen: die Anklageschrift auf Wachstäfelchen. 673-698 Verhaltensregeln für ein Wiedersehen mit der Partnerin.
676 Penthesilea: Königin der Amazonen, die mit einem den Troja nern zu Hilfe kommenden Heer gegen die Griechen kämpft; sie wird von Achilles besiegt und getötet. Hier steht sie für die Frau als Kontrabentin des Mannes im » Kampf der Ge schlechter<<. 680 Bausch: Gewandbausch der Toga vorne an der Brust. Wenn ein Mann ihn locker trug, signalisierte er einer Frau offenbar erotische Absichten. 699-706 Exkurs: Treueversicherung an Amor; erneute Anrufung Apollos.
699 Dulichier: zu V. 2 7 1 . Anspielung auf Homer, Odyssee 22,73 ff., wo Odysseus sich seines Bogens mit den Pfeilen wieder be mächtigt, um die Waffe gegen die Freier zu verwenden. 700 Fackeln: diejenigen Amors (vgl. V. 552). 707-714 Vergleich der Partnerin mit schönen Frauen.
707 amykläischen: Adjektiv zu Amyklä, Stadt in der Nähe von Sparta. 708 tyrischem Purpur: Er hatte im Gegensatz zu dem spartani schen höchste Qualität; Tyros war eine phönizische Hafen stadt im heutigen Libanon (heute Siir). 7 1 0 Herrin: zu V. 3 4 1 . 71 1 Beide: Juno und Minerva; Anspielung auf das beriihmte Urteil des Paris (zu V. 65), der AphroditeNenus für schöner erklärte als Hera/Juno und Athene/Minerva.
Anmerkungen
83
715-740 Vermeidung von schönen Erinnerungen an die Partnerin.
720 Holzstoß: zu V. 38. 721 Thestios' Tochter: Althäa, die Mutter Meleagers. Sie wirft ein von ihr aufbewahrtes Holzscheit, an das die Parzen das Leben ihres Sohnes gebunden haben, ins Feuer, als er während der Jagd auf den Kalydonischen Eber ihre Brüder im Streit getötet hat; vgl. Ovid, Metamorphosen 8,273 ff. 724 Laodamia: Frau des Protesilaus (er fällt als erster Grieche im Trojanischen Krieg), die nach dem Tode ihres Mannes eine ihn darstellende Wachsfigur liebt und ihm freiwillig in den Tod folgt; vgl. Brief 13 in Ovis Epistulae Heroidum (Laodamia an Protesilaus ). 735 Griechenlands Schiffe: die Schiffe der aus Troja heimkehren den griechischen Heerführer, die am Kaphereus, einem Vorge birge auf Euböa, zerschellen, nachdem der greise König Nau plius sie als Rache für die Ermordung seines Sohnes Palame des durch ein Leuchtfeuer dorthin gelockt hat. 737 Niseis: Skylla; zu V. 67. Hier wird die Tochter des Nisus (wie mehrfach in der römischen Dichtung) mit der gleichnamigen Königstochter identifiziert, die, von Kirke in eine Frau mit einem aus bellenden Hunden bestehenden Unterleib verwan delt, als Meerungeheuer in der mythischen Meerstraße gegen über Charvbdis (zu V. 740) die vorbeifahrenden Schiffe be . droht; vgl. Homer, Odyssee 12,73 ff., und Ovid, Metamorpho sen 14,1 ff. 739 Syrten: zwei Buchten an der nordafrikanischen Küste (heute Golf von Sidra und Golf von Gabes ), die wegen ihrer Sand bänke gefürchtet waren. Akrokeraunien: Steilküste im Nordwesten von Epirus, die für Seefahrer gefährlich war. 740 Charybdis: das bekannte Meerungeheuer in Homers Odyssee ( 1 2,73 ff.).
741-766 Vermeidung von Zerstreuungen reicher Leute, Theaterbesuch, erotische Lektüre.
743 Phädra: zu V. 64. Weil Hippolytus ihre Liebe nicht erwidert, verleumdet sie ihn in einem hinterlassenen Brief bei seinem Vater Theseus, worauf dieser seinen Vater, den Meergott Nep-
84
745 747
759 760 761 762 763
Anmerkungen
tun, um Bestrafung des Hippolytus bittet. Der Gott sendet ei nen riesigen Stier aus dem Meer, vor dem die pferde des Hip polytus scheuen, so dass er in seinem eigenen Wagen zu Tode geschleift wird. die Knosserin: Pasiphae; zu V. 63. Hekale: eine arme alte Frau, die den Theseus bewirtet; ein als Titel ihren Namen tragendes Kurzepos des Kallimachus ist fragmentarisch erhalten (Frg. 1 8 3-354 in der Kallimachus Ausgabe von M. Asper, Darmstadt 2004). lrus: Bettler, »Rivale« des Odysseus (Homer, Odyssee 1 8 ). Kallimachus: zu V. 3 8 1 . Koiir: Philetas von Kos; hellenistischer Dichter (geb. u m 320 v. Chr.), von dessen Werk fast nichts erhalten ist. Sappho: frühgriechische Lyrikerin (um 600 v. Chr.), deren Werk nur fragmentarisch überliefert ist. der Tei'er: Anakreon; frühgriechischer Lyriker (um 600 v. Chr.), dessen Werk nur fragmentarisch überliefert ist. Tibull: Er, Properz, in dessen Gedichten Cynthia im Zentrum steht, und Gallus sind Ovids Vorgänger in der römischen Liebeselegie; vgl. Nachwart S. 92 f. 767-194 Verhaltensregeln für den Fall, dass es einen Rivalen gibt.
771 Orest: zu V. 589. Er ist mit Hermione, der Tochter des Mene laus und der Helena, bereits verheiratet, als sie von Menelaus wegen einer vor Troja getroffenen Vereinbarung einem ande ren Mann, dem Neoptolemus, Sohn des Achilles, zugespro chen wird. 773 Menelaus: zu V. 65. Während er auf der Insel Kreta weilt, wird ihm seine Gattin Helena von Paris geraubt. 777 Brisei's: zu V. 467. 778 dem plisthenischen Mann: Agamemnon. Plisthenes ist in der mythegraphischen Literatur bald Bruder des Atreus, des Va ters des Agamemnon, bald Sohn des Atreus und als solcher Vater des Agamemnon. 779 hat's gemacht: im Lateinischen wie im Deutschen erotisch konnotiert. 783 Wenn beim Zepter er schwört: vgl. Homer, Ilias 19,258 ff. 786 Herrin: zu V. 3 4 1 . 7 8 9 Lotophagen: »Lotusesser«, ein mythischer Volksstamm. Eini-
Anmerkungen
85
ge Gefährten des Odysseus vergessen bei ihnen nach dem Ver zehr des Lotus die Heimkehr und müssen zur Rückkehr auf die Schiffe gezwungen werden; vgl. Homer, Odyssee 9, 82 ff. Sirenen: Mischwesen aus Frau und Vogel, die mit ihrem Ge sang die an ihren Klippen vorbeifahrenden Seeleute betören, so dass diese Schiffbruch erleiden; vgl. Homer, Odyssee 12,1 5 8 ff. 795-810 Allgemeine medizinische Anweisungen. Tei/ 2: Ess- und Trink
Vorschriften.
797 Daunien: Apulien, eine Landschaft in Unteritalien. 798 Megara: Stadt in Mittelgriechenland. 799 Rauke: senfartige Pflanze, deren Körner oder Saft als Gewürz verwendet wurden. 801 Raute: strauchartiges Gewächs, dessen Blätter, Früchte und Wurzeln als Arzneimittel verwendet wurden. 81 1-814 Epilog.
8 1 1 Schiff zu V. 70.
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Nachwort Das 407 elegische Distichen umfassende erotische Lehrge dicht Remedia amoris (>>Heilmittel gegen die Liebe<< oder einfach >>Liebestherapie<<), das der römische Dichter Pu blius Ovidius Naso (43 v. Chr. - um 17 n. Chr.) zwischen 1 v. Chr. und 4 n. Chr. schrieb, zählt zu seinen weniger be kannten Werken. Denn die Remedia standen von jeher im Schatten des neben den Metamorphosen populärsten Opus Ovids, der Ars amatoria (>>Liebeskunst<<). Es >>fehlt<< aber etwas, wenn man die Ars, ein sich über drei Bücher erstre ckendes erotisches Lehrgedicht, allein liest, da sie sich mit den Remedia zu einer kompositionellen Einheit zusam menschließt: Die >>Liebestherapie<< bildet gewissermaßen das >>vierte Buch<< einer erotodidaktischen Tetralogie, die der Autor als heiteres Gegenstück zu Vergils aus vier Bü chern bestehendem Lehrgedicht über den Landbau, den Georgica (um 29 v. Chr.), konzipiert haben dürfte. Dar über hinaus stellen die Remedia das >>Schlußkapitel<< zu ei ner >>Enzyklopädie der Liebe<< (W. Stroh, 200 1 ) in elegi schen Distichen dar. Dazu gehören 1. die drei Bücher Amo res (>>Liebesgedichte<<) von etwa 15 v. Chr., eine Sammlung von Elegien, in denen das sprechende Ich, der Dichter/ Liebhaber, über erotische Erfahrungen mit dem weibli chen Geschlecht berichtet, 2. die zwischen 15 und 1 v. Chr. veröffentlichten Epistulae Heroidum (>>Briefe der Heroi nen<<) - hier handelt es sich um 15 erotische Briefe 14 my thischer Frauen und der Dichterin Sappho an den jeweils geliebten Mann -, 3. die (nur fragmentarisch überlieferten) Medicamina faciei femineae (>>Die Pflege des weiblichen Gesichtes«), ein Lehrgedicht über Kosmetik, sowie 4. und 5. Ars amatoria und Remedia amoris. Als Finale der Reihe seiner erotischen Werke hat Ovid die Remedia durch mehrere implizite Hinweise im Text markiert. Zwei längere Passagen sind besonders signifi-
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kant, zum einen der Dialog der persona Ovids, eines Ero tikprofessors, mit Amor im ersten von zwei Prologen (140), zum anderen ein selbstreflexiver Exkurs (361-396). Das Gespräch des Liebeslehrers mit dem Liebesgott nimmt gleich im ersten Distichon unverkennbar Bezug auf das al lererste Distichon der >>Enzyklopädie<<, Amores 1 , 1 , 1 f. Dort erzählt der >>ich<< Sagende, ihm sei, als er ein Epos über Waffen und Kriege (bella) in Hexametern angefangen habe, von Amor der zweite Vers durch Diebstahl eines Versfußes zum Pentameter verkürzt und sein Werk, weil es nunmehr aus elegischen Distichen bestand, in erotische Poesie verwandelt worden. Jetzt folgert Amor aus dem Ti tel REMEDIA AMORIS, deren Autor rüste zum Krieg (bella) gegen ihn, wende sich also von der Erotik ab. Doch dieser beeilt sich zu versichern, er »liebe<< nach wie vor und verrate weder den Gott noch die >>Liebeskunst<<, und gibt bereits dadurch zu verstehen, die Remedia seien nicht als Widerruf, sondern als Fortsetzung der Ars zu lesen. Wenn er dann in dem Exkurs in der Mitte der Remedia in einer Konfrontation mit Kritikern ausführlich darlegt, lasziver Tonfall, wie diese ihn moniert hätten, sei ein wesentliches Element elegischer Poesie, und sich stolz als Vergil dieser Gattung und somit als ihr Meister bezeichnet, zielt das ein deutig auf seine gesamte in elegischen Distichen verfasste erotische Poesie. Damit erweist sich der Exkurs als Epilog der persona Ovids zu Amores, Epistulae, Medicamina, Ars und Remedia. Mit den im poetologischen Exkurs der Remedia als Ge samtkomplex betrachteten elegischen Dichtungen knüpfte Ovid direkt an drei Vorläufer innerhalb der Gattung an, die von Cornelius Gallus (69/68-27/26 v. Chr.), Albius Ti bullus (gest. 1 9/1 8 v. Chr.) und Sextus Propertius (gest. nach 16 v. Chr.) zwischen dem Anfang des vierten und der Mitte des zweiten Jahrzehnts vor Christi Geburt publi zierten Sammlungen erotischer Gedichte in elegischen Di stichen. Diese Texte - von Gallus besitzen wir nur wenige
Nachwort
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Fragmente, aber offensichtlich alles von Tibull und Pro perz - haben u. a. folgendes gemeinsam (für Gallus kann man das aus den Bruchstücken und Sekundärzeugnissen mit einiger Sicherheit erschließen): Wie in Ovids Amores spricht ein junger Mann aus Roms zweitem Stand, dem der Ritter, von seiner Liebe zu einer jungen Freigelassenen. Das geschieht in einer Art >>Liebesroman<<, da die einzel nen Elegien, linear gelesen, die Geschichte des Verhältnis ses von Dichter/Liebhaber und puella (»Mädchen<<) nach zeichnen (ohne dabei streng chronologisch vorzugehen). Darin ist freilich nicht bzw. so gut wie nie von romanti schem Liebesglück die Rede, sondern von permanentem Liebesleid des »ich<< Sagenden. Denn die Geliebte verwei gert sich ihm immer wieder bzw. zieht ihm einen anderen Mann vor. Sein Kummer darüber ist das Hauptthema der Elegien, und das passt gut, da der griechische Gattungs name, den heutige Sprachwissenschaftler nicht eindeutig erklären können, in der Antike volksetymologisch von griech. e e legein (»wehe, wehe sagen<<) abgeleitet wurde. Oft artikuliert der Dichter/Liebhaber sein Liebesleid und die damit verknüpfte Bitte, erhört zu werden, nachts vor der Tür der puella; er liegt dabei auf der Schwelle, während die Geliebte, wie er annehmen darf, mit seinem Rivalen, der im Gegensatz zu ihm über Reichtum verfügt, im Bett liegt. Aber er erreicht fast nie etwas mit seinem Paraklausi thyron (griech.: »bei der Tür Geweintes<<) und mit allem weiteren Werben um die Gunst der puella. Elegisches Lieben ist also nahezu ausschließlich ver gebliches Lieben. Doch der Dichter/Liebhaber findet sich in seiner Hingabe an die puella mit dieser frustrierenden Form von Erotik ab, ja macht sogar eine Weltanschauung daraus. Denn er bekennt sich immer wieder offen zu einem Leben nur für die Liebe und das Nichtstun (otium) un d weigert sich deswegen auch, einen angesehenen Beruf, z. B . den des Soldaten, Politikers, Juristen oder Kaufmanns, auszuüben. Wie die Hippies der sechziger Jahre des
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20. Jahrhunderts stellt er also sein Dasein unter die Devise >>Make Iove, not war<<, wobei er immerhin zu einem >>Kriegsdienst<< spezieller Art bereit ist: zu demjenigen, den er dem Liebesgott leistet. Außerdem zelebriert er es gera dezu, sich der Willkür der Geliebten unterzuordnen und trotz seiner noblen Herkunft ihr Sklave zu sein. Das Pa thos, das er mit seinem Bekenntnis zu dem alternativen Dasein als miles AMORIS (>>Soldat Amors I der Liebe«) und zugleich als servus AMORIS (>>Sklave Amors I der Liebe<<) verbindet, vermag man beim ersten Lesen von Ele gien des Tibull und Properz durchaus ernst zu nehmen. Doch die Zeitgenossen, die in einem streng patriarchali schen System lebten, dürften das »elegische System<< als verkehrte Welt und somit als eher komisch empfunden ha ben. Bei näherer Auseinandersetzung mit den beiden ge nannten Autoren bemerkt man denn auch, dass sie ihre je weilige persona mit Zügen des jungen Liebhabers in einer Komödie ausstatten. Ganz deutlich zum Ausdruck kommt das humoristische Element der erotischen Elegie dann bei Ovid: Er treibt ein betont heiteres Spiel mit der Gattung und nennt sich deshalb auch in der Inschrift, die man auf sein Grab schreiben soll ( Tristia 3,3,73), tenerorum lusor amorum (>>einer, der mit den Erfahrungen zärtlicher Liebe spielt<<). Die Äußerung erotischer Gefühle durch den Dichter/ Liebhaber in Ovids Amores und durch sein weibliches Pendant, die einen Brief schreibende mythische Frau (bzw. Dichterin) in den Epistulae Heroidum, ist trotz des spiele rischen Charakters beider Werke noch im wesentlichen vom »elegischen System<< gesteuert. Dieses wird dagegen in der Ars demontiert und in den Remedia sogar ad absur dum geführt. Die Ars zeichnet wie die Gedichtsammlun gen Tibulls, Properzens und Ovids einen >>Liebesroman« nach. Denn der Dichter lässt hier in der Rolle des Erotik professors seinen Schüler in Buch 1 und 2 und seine Schü lerin in Buch 3 während des Lehrgangs die einzelnen Stu-
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fen des Aufbaus und der Festigung einer erotischen Bezie hung durchlaufen; er beendet seinen Unterricht jeweils erst dann, als er den Mann bzw. die Frau ins Schlafzimmer ge führt und in verschiedene Stellungen des Liebesakts einge wiesen hat. Er bringt also Schüler und Schülerirr an ein Ziel, das dem Dichter/Liebhaber und den Frauen der Epi stulae innerhalb des elegischen Systems in der Regel (die durch Ausnahmen bestätigt wird) versagt bleibt, weil die ses ja unerfüllte Liebe vorsieht. Wenn typische Verhaltens weisen elegisch Liebender in den Lehrgang einbezogen sind, werden sie instrumentalisiert: Sie dienen nicht mehr als Demonstration einer alternativen Lebenswahl, sondern als Mittel zum Zweck. So lehrt der Erotikprofessor etwa, dass Tränen notfalls künstlich erzeugt werden müssen, wenn es gilt, die puella durch solche zu erweichen (Ars 1 ,659-662) - sie werden also nicht mehr einfach >>elegisch<< vergossen -, und die nahezu masochistisch wirkende Selbst erniedrigung des servus a mo ris soll sein Schüler durch Ak te der Galanterie ersetzen (2, 1 77 ff.); dazu gehört z. B., dass dieser der puella mit seiner >>vornehmen Hand« den Spie gel hält oder sich weder von Sommerhitze noch Schnee da ran hindern lässt, zu einem von der >>Herrin« gewünschten Rendezvous an einem weit entfernten Ort zu erscheinen. Wie man sieht, wird elegisches Lieben in der Ars zu ei nem Rollenspiel mit dem Ziel, das Objekt der Liebe zu verführen und schließlich zum Sex zu gewinnen. Deshalb wird der Täuschung des j eweils anderen Geschlechts ein großer Anteil am Werben sowie am Bemühen, die Bezie hung zum Partner aufrechtzuerhalten, eingeräumt. D e m entspricht es, dass der Erotikprofessor in den Remedia i m mer wieder Selbsttäuschung empfiehlt. Hier lehrt er. w i e man sich von vergeblicher Liebe befreien kann, u n d d a i s r Selbsttäuschung ihm zufolge ein wirksames Mittel . D a Y o n ist etwa in der besonders amüsanten Passage die Rede. w o der Lehrer den Schüler dazu auffordert, charakterliche und körperliche Mängel der puella überzubewerten 1 2 9 1 -3 5 6 .
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indem er z. B. vorschreibt, eine vollschlanke Partnerin als fett zu bezeichnen. Selbsttäuschung und die Anwendung jeder anderen Form von Heilmittel gegen die Liebe müssen dazu führen, dass mit der elegischen Liebe nicht mehr nur gespielt, son dern diese sogar auf komische Art ins Konträre verkehrt wird. Denn der in den Remedia unterwiesene Liebende soll sich ja nicht mehr wie der Dichter/Liebhaber bei Ti bull, Properz und in Ovids Amores damit abfinden, dass seine Kommunikation mit der puella sich überwiegend auf Klage über ihre abweisende Haltung beschränkt, nein, j etzt soll er der >>Herrin<<, der er als Sklave dient, diesen Dienst aufkündigen. Damit aber wird das elegische System außer Kraft gesetzt und zugleich implizit der Gattung der Abschied erklärt (weshalb es auch sinnvoll erscheint, dass die Remedia Ovids Reigen elegischer Dichtungen mit pri mär erotischer Thematik beenden). Hatte der Dichter/ Liebhaber sich noch in den Amores zum otium als alterna tiver Lebensform bekannt und hatte der Erotikprofessor seinen Schüler noch in der Ars dazu aufgefordert, den mi /es amoris wenigstens zu mimen (2,233 ff.), so lehrt die >>Liebestherapie« als ersten Schritt zur Abkehr von der pu ella die dezidierte Vermeidung von otium, die sich u. a. darin äußern kann, dass der junge Mann, der die Liebe zu einer Frau überwinden möchte, als >>echter« mi/es in den Krieg zieht ( 1 5 3 ff.). Und endgültig nichts mehr mit dem elegisch sprechenden Dichter/Liebhaber hat der in den Re media angeredete junge Mann zu tun, dem der Erotikpro fessor im letzten Abschnitt seiner Ausführungen zur Lie bestherapie folgendes rät: an der Tür der »Herrin« ent schlossen und schnell vorbeizugehen (also nicht auf der Schwelle liegend ein Paraklausithyron anzustimmen) und seinen Rivalen (den er ja hinter der Tür im Bett der puella vermuten darf) bei einer Begegnung zu grüßen und sogar zu küssen, auch wenn er ihn noch so sehr hasst (785 ff.). Wer sich darüber amüsieren will, wie Ovid in den Reme-
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dia die Welt der elegischen Liebe, die ohnehin schon eine verkehrte ist, wiederum zum monde a l'envers macht, muss natürlich zumindest das Wichtigste über die im » ele gischen System<< geltenden >>Spielregeln<< wissen und sollte sich daher mit den Werken der erotischen Muse Ovids, an deren Ende die Remedia stehen, und vielleicht sogar ein wenig mit Tibull und Properz beschäftigen. Denn der Au tor der Remedia gibt sich bewusst als poeta doctus (»ge lehrter Dichter<<), der von seinem Publikum erwartet, dass es bei der Lektüre seiner Verse andere literarische Texte »mitliest<< und so das würdigt, was die Literaturtheorie In tertextualität nennt. Um diese voll und ganz erfassen zu können - Ovid begnügt sich in den Remedia keineswegs mit Bezügen auf ältere Werke der Gattung Elegie, sondern evoziert auch antike Klassiker wie Homer und Vergil -, muss er, wenn er kein akademisch ausgebildeter Latinist ist, einen philologischen Kommentar einsehen. Aber beschränkt sich der Unterhaltungswert der Reme dia aufs »Akademische<< ? Wäre es so, würde das die Veröf fentlichung einer modernen Bilingue für ein möglichst breites Publikum, die auf gelehrtes Erläutern im engeren Sinne zu verzichten hat, gewiss nicht rechtfertigen. Doch es ist wohl kaum zu bezweifeln, dass auch j emand, der sich damit begnügt, aus kurzen Anmerkungen zum Text Infor mationen über spezifisch antike »Realien<< wie den Ge wandbausch an einer römischen Toga (680) oder über die von Ovid immer wieder als Exempel herangezogenen My then einzuholen, großen Spaß bei der Lektüre haben kann. Denn zum einen dürfte in der Regel die eigene Lebenser fahrung lehren, dass die von dem Erotikprofessor gegebe nen Anweisungen zum Handeln gegenüber einem Sexual partner, von dem man sich endgültig lossagen möchte, zu mindest in der Theorie durchaus nicht falsch sind; es ist ja z. B. wirklich ein Fehler, Liebesbriefe wiederzulesen, wenn die Trennung radikal vollzogen werden soll (71 5 ff.). Und der Satz qui nimium multis 'non amo ' dicit, amat (648:
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>>Wer >Ich bin nicht verliebt< vielen erklärt, ist verliebt<<), ist, so banal er auf den ersten Blick vielleicht klingt, einfach nur >>wahr<<. Dergleichen wiederum präsentiert der Erotik professor so charmant und wohlformuliert (wozu der Zau ber der lateinischen Prägnanz im Ausdruck entscheidend beiträgt), dass man auch dann schmunzeln kann, wenn man den Anspielungsreichtum einzelner Passagen nicht bemerkt. Zum anderen liegt ein gewisser Witz darin, dass die >>Wahrheiten« über sinnvolles Agieren eines Menschen, der sich von der Liebe zu einem anderen befreien möchte, bei Ovid Stoff eines Lehrgangs sind, also >>sachkundig« dargeboten werden. Zwar gibt es in unserer Zeit psycho therapeutische Abhandlungen zum Thema, die ernst ge nommen sein wollen, aber der ovidische Lehrer der >> Lie bestherapie<< wirkt doch eher komisch - namentlich dann, wenn er sich wie ein Arzt geriert. Und mögen seine Emp fehlungen ebenso wie die Fallanalysen auch triftig sein, so ist doch sehr fraglich, ob sie einem unter unglücklicher Liebe Leidenden tatsächlich zur Heilung verhelfen. Amüsant sind die Remedia also auch (wie schon die drei Bücher der Ars) wegen der Spannung zwischen dem Lehr buchcharakter und dem Inhalt, den man normalerweise eher vom Leben als vom Herrn Professor vermittelt be kommt. Diese Spannung dürfte schon von Ovids Zeitge nossen als komisch empfunden worden sein, aber ehe das näher erläutert wird, ist kurz die Lehrbuchstruktur der Re media zu betrachten. Das Werk wird durch zwei Vorreden eröffnet, wobei die erste, die den Dialog des >>ich<< Sagenden mit Amor enthält (1-40), der Anknüpfung des Textes an die vorausgegangenen elegischen Dichtungen Ovids dient, während die zweite als der eigentliche Prolog das Anliegen des Ich-Sprechers skizziert (4 1 -78). Die Reihe der Anwei sungen für das Procedere dessen, der von seiner Liebe ge heilt werden möchte - sie richten sich fast ausschließlich an Männer, beziehen aber, wie der Erotikprofessor in V. 49 f. betont, wenigstens indirekt auch die Frauen ein -, wird
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außer von den beiden Prologen am Anfang und dem kurzen Epilog am Ende (81 1-8 1 4) durch allgemeine medizinische Lehren gerahmt; hier geht es in V. 79-134 um den richtigen Zeitpunkt für die Heilung und in V. 795-8 1 0 um Ess- und Trinkvorschriften. Die zwischen diesen beiden Abschnitten erteilten Lehren zerfallen in zwei Gruppen: solche, die sich mit dem Verhalten des >>Patienten<< vor der Trennung vom Sexualpartner ( 1 3 5-608) befassen, und solche, welche die Zeit nach der Trennung in den Blick nehmen (609-794). Et wa in der Mitte des Werks ist der schon zweimal erwähnte poetologische Exkurs eingefügt. Er scheidet aber nicht die beiden gerade genannten Gruppen voneinander, sondern zerlegt den Abschnitt »Vorschriften für das Verhalten beim Liebesakt<< (357-440) in zwei Teile. Auf eine Erklärung da für ist später zurückzukommen. Die Ars lässt, wie gezeigt, in ihrer Struktur die Konturen eines » Liebesromans<< erkennen. Bei den Remedia dagegen entspricht die Gliederung lediglich durch die Sequenz »vorher/nachher<< dem Aufbau einer Schilderung von »Ge schehen«; ansonsten sind hier die einzelnen Abschnitte un ter thematischem Aspekt aneinandergereiht, so dass man sich mehr als bei der Ars an die Struktur eines Lehrbuches erinnert fühlt. Damit rückt die »Liebestherapie<< näher als die »Liebeskunst<< an die Gattung des Lehrgedichts heran. Bei einem Lehrgedicht handelt es sich um eine in der Re gel in Hexametern, in einigen Fällen aber auch in elegi schen Distichen verfasste Darlegung eines bestimmten Wissensstoffes, über den ein als Lehrer auftretender Dich ter seinen als Leser angeredeten Schüler unterrichtet. Das Genre wurde im klassischen Altertum zu einer Zeit kre iert, als die Prosa noch nicht als das für fachliche Instrukti on besser geeignete Medium entdeckt war: Der Grieche Hesiod schuf mit seiner Theogonie und seinen Werken und Tagen um 700 v. Chr. die ersten Lehrgedichte. Im 5. Jahr hundert v. Chr. ging man allmählich dazu über, Lehrbücher wie noch heute in Prosa zu schreiben, aber dadurch wurde
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Didaxe in Versen keineswegs verdrängt: Sie erlebte im Zeitalter des Hellenismus eine Renaissance durch zwei Va riationen der Gattung. Es entstand zum einen der Typ des >>transparenten<< Lehrgedichts, bei dem die erteilten An weisungen weniger von Interesse für den Rezipienten sind - den fachlich wirklich Interessierten sprechen sie im Grun de gar nicht an - als eine zwischen den Zeilen steckende Ideologie; zu dieser Spezies gehören u. a. Vergils Georgica, die Agrikultur und Tierzucht nur scheinbar ernsthaft leh ren, vor allem aber zur Rechtfertigung der Bürgerkriegs politik Oktavians (des späteren Kaisers Augustus) beitra gen und zugleich die »Kultivierung<< des Erdkreises durch die Römer abbilden. Zum anderen wurde der »formale<< Typ entwickelt. Ein gutes Beispiel für diesen sind die bei den uns überlieferten Lehrgedichte Nikanders von Kolo phon (3. oder 2 . Jh. v. Chr.): die Theriaka über giftige Tiere sowie die Heilmittel gegen ihre Bisse und die inhaltlich verwandten Alexipharmaka. Was ist das Wesen des »formalen« Typs ? Diese Art von Lehrgedicht nimmt wie das »transparente<< die Unterwei sungen nur als Vorwand für die Vermittlung eines nicht explizit genannten Anliegens, in diesem Falle eines solchen vor allem ästhetischer Natur: Wir sollen würdigen, wie vir tuos der Dichter es versteht, einen Lehrstoff, der sich für die Erörterung in Versen nicht unbedingt eignet, so poe tisch wie möglich zu präsentieren, indem er sprachlich-sti listisch brilliert und ein dichtes Netz von Intertextualität entfaltet. Adrian Hollis (1 973) bemerkt einmal sehr tref fend: "If you were bitten by a poisonous snake and had only Nikander to help you, your prospects would be poor<< (S. 90). Umso ergiebiger für den Rezipienten der beiden Lehrgedichte des Griechen ist das Studium seiner Kunst des literarischen Spiels, und das wiederum gilt erst recht für Ovids erotische Lehrgedichte: Sie stellen für Le ser, die entweder konkrete Empfehlungen für die Werbung um einen Sexualpartner oder die Befreiung von einer eroti-
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sehen Leidenschaft suchen, keine wirklich brauchbaren Kompendien dar. Doch sie sind beide das Produkt eines poetischen esprit, der sich sowohl mit der Eleganz der für das Werk gewählten Diktion als auch mit der Kunst der li terarischen Anspielung auf höchstem Niveau befindet. Hiermit sind wir freilich erneut auf eine Besonderheit der Remedia zu sprechen gekommen, die als unterhaltsam zu goutieren eigentlich nur der in den >>classics« gründlich Ausgebildete in der Lage ist. Aber wie gesagt: Die Diskre panz zwischen >>wissenschaftlicher« Darbietung, noch da zu in Versen, und der erotischen Thematik dürfte auch von Rezipienten, die lediglich über die wichtigsten Vorkennt nisse verfügen, als witzig wahrgenommen werden. Was den erotischen Inhalt betrifft, sei noch eines hervor gehoben: Die Remedia sind die einzige unter den zur »En zyklopädie der Liebe<< gehörenden elegischen Dichtungen Ovids, die ein bestimmtes Gattungsgesetz übertreten: das Verbot, Obszönität ins Spiel zu bringen. »Erlaubt<< war in der Antike das Ansprechen dieses Bereiches der Sexualität nur den Genres Jambus, Alter Komödie, Mimus und Epi gramm, aber nicht der Elegie. Und doch verstößt Ovid in einem Abschnitt der Remedia gegen dieses Gesetz: inner halb der Anweisungen für das Verhalten beim Liebesakt (357-440). Warum ? Der Passus beginnt mit zwei einleiten den Distichen, die den Eindruck erwecken, Ovid werde nicht mit der Gattungstradition brechen. Dann behauptet seine persona, wie bereits erwähnt, an der Laszivität seiner elegischen Werke sei Kritik geübt worden, und erwidert darauf, das Genre gebe ihm zu dem, was beanstandet wur de, die Lizenz. Das trifft zu, aber schwerlich gestattet es ihm, was er kurz darauf wagt. Denn wir werden in V. 429 ff. auf folgende Heilmittel gegen die Liebe zu einer Frau hingewiesen: Für den »Patienten<< besteht die Mög lichkeit, mit Abscheu den Schambereich der Dame, Spuren ihres Vaginalsekrets auf dem Bett oder sie selbst, wenn sie sich entleert, zu betrachten. Von so etwas ist sonst nur in
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den oben genannten Gattungen die Rede. Aber dadurch, dass Ovids persona sich vorher in dem Exkurs mit den Kri tikern seiner Laszivität auseinandersetzt, schafft er sich ei ne Gelegenheit, anschließend in dem Bereich, in dem er at tackiert wurde, besonders zu schockieren. Deshalb liegt ein Gedanke nahe: Ovid fingiert einfach die Kritik und nimmt sie zum Vorwand für zweierlei, zum einen für eine die Gattung der erotischen Elegie resümierende Äußerung in einer Art Epilog, zum anderen dafür, das Ende seiner Beschäftigung mit der Gattung durch das Überschreiten ihrer Grenze zu signalisieren. In dem Moment, wo es in der erotischen Elegie obszön wird, wendet der >>Vergil<< der Gattung sich von ihr ab. Soweit es sich bei den Remedia um ein Lehrgedicht han delt, übt das Werk auf jeden Fall einen speziellen Reiz da durch aus, dass diese Gattung Sachwissen in Versen prä sentiert. Es scheint mir deshalb sinnvoll, dass man einem modernen Leser einen Eindruck von der Spannung zwi schen Form und Inhalt vermittelt, indem man den lateini schen Text in einer Übersetzung in demselben Metrum wiedergibt, in dem er vom Autor verfasst ist, in diesem Falle in demjenigen des elegischen Distichons. Die Ver deutschung griechischer und lateinischer Texte im Versmaß des Originals war noch bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts nahezu die Norm. Aber natürlich gestattete dieses Verfahren an vielen Stellen keine wirklich wörtliche Wiedergabe; bei vielen Pentametern ist sie sogar unmöglich (u. a. weil in dem deutschen Äquivalent für zweisilbige tro chäisch oder spondeisch gemessene Wörter kaum Platz ist). Früher hatte man keine Probleme damit, in solchen Fällen sich manchmal so weit vom Original zu lösen, dass dieses nur noch entfernt ähnlich war. Denn man ging da von aus, dass die Leser der Verdeutschung, wenn sie diese neben den lateinischen Text hielten, ohne weiteres in der Lage waren, trotz der Abweichungen seine wörtliche Be-
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deutung zu erkennen. Das wird man heute nicht mehr vor aussetzen. Ebenso wenig kann man erwarten, dass eine Art von Sondersprache, die für metrische Übertragungen tra ditionell benutzt wurde - z. B. erscheint >>(er) bietet<< oft als >>(er) beut<<, weil man für den Pentameter wegen des Aus laufens beider Vershälften in eine Hebung einsilbige Wör ter gut gebrauchen kann -, im 2 1 . Jahrhundert noch von jedermann verstanden wird. Dennoch habe ich mich an ei ne Wiedergabe der Remedia in deutsche elegische Disti chen gewagt. Das erste Resultat meiner Bemühungen pu blizierte ich 1 99 1 als Ergänzung einer Bilingue der Ars in der >>Sammlung Tusculum<<. Damals war mir Wörtlichkeit weit wichtiger als das Regelwerk der deutschen Metrik, und ich versuchte das auch in einem Nachwort zu rechtfer tigen. Als ich nun die damals erarbeitete Übertragung für eine neue Ausgabe in >>Reclams Universal-Bibliothek<< re vidierte, stellte ich fest, dass es denn doch machbar ist, so wohl so wörtlich wie möglich zu sein, als auch die für den deutschen Hexameter und Pentameter geltenden Gesetze weit sorgfältiger zu berücksichtigen als bisher. Die hier vorliegende Neufassung der Übertragung und der beigegebene Text wurden unter erneuter Heranzie hung der kritischen Ausgabe von Kenney, der Kommenta re von Geisler, Henderson und Lucke (s. Literaturhinwei se) sowie der inzwischen erschienenen Literatur zu den Remedia erstellt. Ebenso wie ich den Autoren der ein schlägigen Bücher und Aufsätze wichtige Anregungen zu verdanken habe, bin ich wieder einmal Stefan Merkle für die gründliche Durchsicht meines Manuskripts zu Dank verpflichtet. Zu danken habe ich außerdem Kathrin Missel beck, Pavia Mrtva und Margot Neger für wertvolle Hilfe bei der Korrektur. München im Juli 201 1
Niklas Holzberg
Inhalt Remedia amoris Heilmittel gegen die Liebe ·
Anmerkungen . . Literaturhinweise Nachwort . . . .
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