Günter Dönges
PARKER fällt allen Wolken Ein Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
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Version: 1.00
Datum: 30.01.2003
1
aus
Der junge Mann im Tower des kleinen Sportflugplatzes zuckte
plötzlich
zusammen,
als
wie er
unter die
einem
Hornissenstich
einschwebende
Maschine
ausmachte. Seine Augen weiteten sich. Er griff sich unwillkürlich an den Hals, als sei die Luft ihm knapp geworden. Dann sprang er auf und griff hastig nach dem Fernglas. „Nein,
nein",
keuchte
er
und
korrigierte
die
Feineinstellung, um noch besser sehen zu können, „nein, das darf doch nicht wahr sein!" „Was ist denn?" fragte der Flugschreiber, der neben ihm saß, ein ebenfalls noch junger, sportlich aussehender Mann, „was hast du denn?" „Da… da…! Sieh' doch mal!" Der junge Mann reichte sein Fernglas an seinen Freund weiter und lief dann um den Tisch herum, um vorn an der Glasscheibe noch besser sehen zu können, „das kann doch niemals hinhauen!" Der Flugschreiber brauchte das Fernglas nicht mehr. Er sah die Maschine mit bloßen Augen. Sie donnerte dicht über
die
Sternmotor
Landebahn eigenartig
hinweg,
wobei
hustende
Geräusche von sich gab. 2
und
der
klotzige
spuckende
Der Doppeldecker, der an diesem Sternmotor hing, stammte mit Sicherheit aus einem Museum für Veteranen des Luftsports. Und schien dazu inmitten einer dringend notwendigen Überholung vergessen worden zu sein. Die beiden Tragflächen waren mit Sicherheit verspannt und warteten nur darauf, sich in ihre Einzelbestandteile aufzulösen. Vom Höhen- und Seitenruder flatterten Fetzen der Stoffbespannung. Das Fahrgestell schien nur notdürftig mit rostigem Draht zusammengeflickt worden zu sein. In der Rumpfbespannung waren deutlich große Risse und Löcher zu sehen. „Das Ding fliegt!" stellte der Flugschreiber andächtig fest. „Aber nicht mehr lange", sagte der Flugleiter mit unwillkürlich leiser Stimme, „der Motor muß doch jeden Moment auseinanderplatzen." Seine Ferndiagnose war nicht ganz richtig. Gewiß, aus den kurzen Auspuffrohren quollen pechschwarze Wolken. Und das Husten und Spucken war vielleicht noch lauter und erbarmungswürdiger geworden. Die Maschine lag schräg in der Luft, aber sie flog und dachte nicht im Traum daran, abzuschmieren. Genau das Gegenteil war der Fall. Sie wurde hochgezogen und donnerte, begleitet von einigen akustisch sehr interessanten Aussetzern, steil und hoch in die Luft… * Vor dem Hangar war man ebenfalls auf den Doppeldecker aufmerksam geworden. Einige Sportflieger verschiedenen Alters, in mehr oder weniger ölverschmierten Overalls und mit angeschnallten Fallschirmen, starrten der Maschine nach, die jetzt hinter einem kleinen Waldstück verschwand. Mel Hanson rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf. „Ich muß geträumt haben", stellte er dann fest, „so was gibt 3
es doch überhaupt nicht." „Diese Kiste gibt's!" antwortete Rich Gardman und grinste, „ich zumindest kann sie noch verdammt deutlich hören." „Da ist sie wieder!" rief Les Pantry und deutete aufgeregt nach rechts, „da kommt sie wieder angedonnert!" Die drei Männer, die etwas abseits von den übrigen standen, schwiegen wie auf ein geheimes Kommando. Sie verfolgten den Anflug der Maschine, die dicht über einem anderen Waldstück aufgetaucht war und mit dem Fahrwerk fast die Wipfel der Tannen berührte. Der Sternmotor hustete und rülpste wie ein menschliches Wesen, schien sich dabei aber recht wohl zu fühlen. „Achtung! Er hält direkt auf uns zu!" brüllte Rich Gardman und sah sich nach einer geeigneten Deckung um. Er war immerhin schon fünfundvierzig Jahre alt und schätzte die Sicherheit. Dann vergaß er jedoch sein Vorhaben. Er stierte wie hypnotisiert auf den Doppeldecker, der genau auf die beiden großen Schiebetore des Hangars zuhielt. Mel Hanson, dreißig Jahre alt, mittelgroß, schlank, zog den Kopf ein. Sein Verstand sagte ihm, daß es höchste Zeit wurde, sich in Deckung zu werfen, doch seine Muskeln verweigerten den Befehlsempfang. Sie waren wie gelähmt. Les Pantry, fünfundzwanzig Jahre alt, untersetzt, stämmig, mit rundlichem Gesicht, schob seinen Oberkörper vor. Er hechelte wie ein abgehetzter Jagdhund, der seine Beute verfehlt hat und war ebenfalls nicht in der Lage, sich in Deckung zu begeben. Dafür schloß er aber unwillkürlich die Augen, als der alte Doppeldecker groß wie ein Scheunentor wurde und in der nächsten Sekunde in den Hangar hineinkrachen mußte. Als der erwartete Zusammenstoß akustisch ausblieb, riskierte Les Pantry ein Auge und vermißte die Maschine. Sie war nicht mehr vorhanden, nicht mehr zu sehen. Nur noch zu hören. 4
„Da… da….!" stieß er überrascht hervor und deutete steil in die Luft. Der Doppeldecker hing inzwischen an der Luftschraube und bohrte sich senkrecht in den Himmel. Der Sternmotor röhrte wie ein uriger Hirsch oder Elch. Er gab alles, was seine Zylinder noch zu bieten hatten. „Sagenhaft", stotterte Hanson, der alles sehr deutlich sah, „ssa-ssa-genhaft!" „Toll!" konstatierte Gardman. „Das darf und kann nicht wahr sein", verkündete Pantry mit ersterbender Stimme und fühlte sich einer mittleren Ohnmacht nahe. „So was gibt es doch überhaupt nicht!" * „Ich bitte ungemein um Entschuldigung, Sir, falls Ihnen meine bescheidenen Flugkünste nicht zugesagt haben sollten", sagte Josuah Parker etwa zehn Minuten später, nachdem der alte Doppeldecker ausgerollt war, „ich möchte mir erlauben zu gestehen, daß meine Kenntnisse einer Auffrischung bedürfen. Ich glaube nicht, daß sie dem momentanen Stand entsprechen." Mike Rander, der junge und gutaussehende Strafverteidiger aus Chikago, lehnte auf schwachen Knien und mit dem Rücken gegen den Rumpf des Doppeldeckers und rang nach Luft. Ihm war noch relativ schwarz vor Augen. Er litt unter akuten Gleichgewichtsstörungen. „Warum… warum treten Sie nicht im Luftzirkus auf?" fragte Rander endlich, nachdem er seine Stimmbänder wieder halbwegs unter Kontrolle hatte. „Ich fürchte, Sir, daß man dort einen müden, alten und relativ verbrauchten Mann kaum akzeptieren würde." Parker hielt viel von Selbstkritik, „ich würde meinen, daß es für den bescheidenen Hausgebrauch gerade noch 5
reichen wird." Mike Rander war noch nicht fähig und willens, sich an einer ausgiebigen Diskussion zu beteiligen. Dankbar blickte er dem Jeep entgegen, der auf den Doppeldecker zugerast kam. Wenig später sprangen Hanson, Gardman und Pantry aus dem Wagen und liefen auf Rander und Parker zu. „Sagenhaft, wie Sie die Kiste beherrschen", rief Hanson anerkennend aus und schüttelte Rander die Hand. „Einmalig… Ganz große Klasse", verkündete Gardman und klopfte Mike Rander auf die Schulter. „Da kann man vor Neid nur noch blaß werden", gestand Pantry und griff nach Mike Randers Hand, „wo haben Sie das gelernt?" „Fragen Sie meinen Butler", erwiderte Rander. Hanson, Gardman und Pantry wandten sich dem Butler zu und sahen sich damit einem Mann undefinierbaren Alters gegenüber, der tief schwarze Kleidung samt gleichfarbigen Zwirnshandschuhen trug. Über dem linken Unterarm des Mannes hing der massig-massive Bambusgriff eines altväterlich gebundenen Regenschirms. „Er flog nämlich den Doppeldecker! Nicht ich!" stellte der junge Anwalt richtig und grinste, „ich hoffe, Sie sind nicht zu sehr enttäuscht." Hanson, Gardman und Pantry brauchten einige Zeit, bis sie begriffen. Als sie endlich glaubten, bestürmten sie den Butler mit Fragen. Parker antwortete gemessen und würdevoll. Und verschnörkelt dazu. „Ich habe nicht die Ehre, einem der vielen Luftsportclubs der Vereinigten Staaten von Amerika anzugehören", erläuterte er ausführlich. „Vor vielen Jahren erlernte ich das Fliegen bei dem Grafen von Exeter, dessen Butler zu sein ich die große Ehre hatte. Besagter Graf bestand darauf, daß meine bescheidene Wenigkeit sich in den Lüften tummelte. Ich hoffe, ich habe mir einige Kenntnisse erhalten können." 6
Bevor man Parker versichern konnte, das dem so war, erschien neben dem Doppeldecker ein Cadillac, der sanft und weich anhielt. Diesem Wagen entstieg ein sportlich und offensichtlich teuer gekleideter Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren. Diese teure und gutsitzende Kleidung täuschte nicht darüber hinweg, daß der Mann einen leichten Bauchansatz besaß, einen Stiernacken hatte und auf kurzen und stämmigen Beinen einherwandelte. Dieser Mann, das war klar zu ersehen, war es gewohnt, auftauchende Schwierigkeiten energisch anzugehen. Und in der Wahl seiner Mittel war er dabei sicher nicht wählerisch, worauf sein ausgeprägter und eckiger Unterkiefer eindeutig hinwies. Er stellte sich als Präsident des „Chikago Airsport Club" vor und hieß Paul Belmont. „Fein, Sie zu sehen", sagte Mike Rander nach der gegenseitigen Vorstellung, „mein Butler und ich möchten gern Ihrem Club beitreten, Mister Belmont. Hoffentlich gibt es da keine Schwierigkeiten?" „Kommen Sie mit ins Sekretariat!" gab Belmont zurück und musterte Rander und Parker ungeniert und prüfend, „wenn Sie Referenzen und Bürgen bieten können, wird es kaum Schwierigkeiten geben. Die Frage ist nur, ob Sie überhaupt unserem Club beitreten wollen." „Natürlich, das sagte ich doch bereits." „Dann wissen Sie also noch gar nicht Bescheid." „Bescheid? Worüber?" Präsident Belmont warf den drei Clubmitgliedern Hanson, Gardman und Pantry einen schnellen Blick zu. Sie sahen daraufhin leicht betreten zu Boden, als hätten sie ein schlechtes Gewissen. „Stimmt irgend etwas nicht?" wollte Mike Rander wissen. „Sie scheinen in letzter Zeit kaum die Zeitungen gelesen zu haben." Belmont wandte sich ab und ging zurück zu seinem Wagen. Rander und Parker folgten ihm, während 7
die drei Clubmitglieder sich um den lädiert aussehenden Doppeldecker kümmerten. „Hätte ich sie lesen müssen?" fragte Rander interessiert. „Mein Butler und ich sind erst vor einigen Tagen zurück aus dem Süden gekommen." „Daher also." Belmont nickte. „Unser Club hat in den letzten Wochen viel Pech gehabt. Sehr viel Pech sogar. Eine Menge Mitglieder sind ausgetreten. Wir hatten und haben eine sehr schlechte Presse." „Ich verstehe immer noch kein Wort." Statt zu antworten, nahm Belmont plötzlich ruckartig den Kopf in den kräftigen Stiernacken und sah zum Himmel. Das Geräusch eines Flugzeugmotors war jetzt deutlich zu hören. Und dieser Motor klang nicht gerade gesund und kernig. Er schien Vergaserschwierigkeiten zu haben. Parker beobachtet Belmont, dessen Backenmuskeln wie dicke Stränge hervortraten. Der Mund des stiernackigen Mannes war nur noch ein schmaler Strich. „Da… da…!" stieß Belmont dann hervor, „was ich mir gedacht habe. Sehen Sie doch!" Rander beobachtete, wie die einmotorige Maschine plötzlich über die linke Tragfläche abschmierte, während der Motor zusammen damit seinen Geist aufgab. „Da… schon wieder!" Belmont stöhnte leise auf, „ich wette, sie kracht gleich…" Er brauchte seinen Satz nicht zu beenden. Das, was er hatte sagen wollen, spielte sich vor den Augen der Zuschauer ab. Aus dem Rumpf der Maschine schoß eine Stichflamme hervor. Bruchteile von Sekunden später war eine schwache Explosion zu hören. Die trudelnde und abschmierende Maschine verschwand in einer schwarzen Rauchwolke. Und aus dieser Rauchwolke fielen dann die Einzelteile nach unten. „Wo bleibt Hastings? Hastings!" murmelte Belmont mit 8
heiserer Stimme. „O Gott, ihn hat es jetzt auch erwischt! Da, sehen Sie doch!" Es war kein schöner Anblick. Hastings, offensichtlich der Pilot der Maschine, war plötzlich deutlich zu sehen. Leider hing er aber nicht an einem Fallschirm. Entsprechend schnell war daher auch sein Sturz zur Erde. Josuah Parker nahm den Kopf diskret zur Seite. Er konnte auf Einzelheiten verzichten. Er wußte auch so, was sich in den nächsten Sekunden abspielte! * „Der vierte Tote", sagte Lieutenant Madford melancholisch und sah dem davonfahrenden Krankenwagen nach, der die sterblichen Überreste des Piloten Hastings wegschaffte. „Von Zufall kann keine Rede mehr sein." „Sieht so aus", pflichtete Rander dem Lieutenant der Mordabteilung Chikago bei. „Wurden die Maschinen in allen vier Fällen in der Luft zerfetzt?" Madford, ein kleiner drahtiger, cholerisch aussehender Mann, nickte und zündete sich eine Zigarette an. Als er das Streichholz wegwarf, befaßte er sich mit Rander. „Was suchen Sie hier, Rander? Ihre Anwesenheit kann ebenfalls kein Zufall sein, oder?" „Sie treffen den Nagel auf den Kopf, Lieutenant." Rander nickte lächelnd. „Man hat uns um Hilfe gebeten." „Wer?" „Das sage ich Ihnen, wenn mein Klient mir die Erlaubnis gegeben hat, seinen Namen zu nennen." „Kommen Sie mir bloß nicht mit juristischen Tricks und Ausflüchten", grollte Madford ärgerlich, „ich ermittle in einer Mordsache. Sie wissen verdammt genau, daß Sie mir zweckdienliche Angaben nicht vorenthalten dürfen." 9
„Mord?" fragte Rander nur lächelnd. „Haben Sie bereits Beweise?" „Natürlich nicht", räumte Madford wesentlich friedlicher ein, „warum wollen wir nicht mal wieder zusammenarbeiten?" „Gute Idee. Ich werde Sie bei Gelegenheit an das Wort Zusammenarbeit erinnern." „Ich werde mit offenen Karten spielen." „Parker und ich ebenfalls, Madford. Sie können übrigens gleich Ihre Karten auf den Tisch legen. Was hat sich bisher getan?" Madford paßte es überhaupt nicht, das Spiel eröffnen zu müssen. Er zwang jedoch seinen Groll hinunter und faßte kurz zusammen, was sich bisher auf dem Gelände des Clubs zugetragen hatte. „Vier Explosionen in der Luft, vier Tote", zählte er auf, „in allen Fällen ganz offensichtlich eine kleine, aber wirkungsvolle Sprengladung an Bord der betreffenden Maschinen." „Das Motiv?" „Wenn wir das nur wüßten." Madford hob mutlos die Schultern, „es wirkt alles so sinnlos." „Welche Sportpiloten wurden umgebracht?" „Von der Seite her haben wir die Sache natürlich auch schon angefaßt", meinte Madford etwas aufgebracht, „wir sind ja schließlich keine Anfänger!" „Womit ich immer noch nicht weiß, wer die Piloten waren?" „Einfache, nette Durchschnittsbürger. Ein Kaufmann, ein Bankbeamter, ein Handelsvertreter und jetzt Hastings, der Techniker war!" „Klingt nicht besonders aufschlußreich, Madford." „Eben, das bringt uns nicht weiter. Wir haben uns mit dem Vorleben der drei bisherigen Flieger befaßt. Nichts 10
Greifbares. Guter Leumund, beliebte Clubkameraden." „Nach Versicherungen brauche ich wohl erst gar nicht zu fragen, wie?" „Auch in der Richtung läuft nichts", bestätigte Madford. „Es gab die üblichen kleinen Lebensversicherungen. Die Angehörigen der drei bisherigen Toten sind über jeden Zweifel erhaben. Wegen der Versicherungsabschlüsse sind die Sportflieger ganz sicher nicht umgebracht worden." „Klingt alles sehr rätselhaft, Madford." „Richtig, Rander. Aber jetzt möchte ich wissen, wieso Parker und Sie hier auf dem Flugplatz auftauchten? Machen Sie mir nichts vor, sonst ist die Zusammenarbeit schon beendet, bevor sie überhaupt begonnen hat!" „Der Präsident des Clubs, Paul Belmont, hat sich an uns gewandt." „Das läßt sich nachprüfen", meinte Lieutenant Madford mißtrauisch, „kennen Sie Belmont näher?" „Noch nie vorher gesehen oder von ihm gehört. Ist was mit ihm?" „Wie man's nimmt! Belmont ist Anwalt. Er soll früher einmal für die Unterwelt gearbeitet haben, nachzuweisen ist und war ihm aber nie etwas Ungesetzliches. Ich wette, er hat noch heute Kontakt zu gewissen Gangsterkreisen. Vielleicht machen Sie sich darauf einen Vers, Rander?" „Ich werde es versuchen", erwiderte Rander lächelnd, „ich werde vor allen Dingen meinen Butler informieren müssen." „Wo steckt dieser Musterknabe überhaupt?" erkundigte Madford sich mißtrauisch, „als ich auftauchte, hatte er es verdammt eilig, sich zu empfehlen." „Sie kennen doch Parker!" „Leider", seufzte Madford und verdrehte die Augen. „Ich ahne schon jetzt, daß mir wieder einiger Wirbel bevorsteht. Mit Ihrem Butler habe ich so meine Erfahrungen gemacht!" 11
*
„Reden wir nicht um den heißen Brei herum", sagte Paul Belmont eine knappe Stunde später. Er saß zusammen mit Rander und Josuah Parker in der Kantine des Flugplatzes und hatte Drinks bringen lassen. Belmont wirkte etwas bedrückt und niedergeschlagen, doch er erholte sich von Minute zu Minute. „Okay, reden wir nicht um den heißen Brei herum", erwiderte Mike Rander, „die Frage ist nur, welchen heißen Brei Sie meinen, Belmont." „Meine Vergangenheit", erklärte Belmont, „Lieutenant Madford wird ja wohl schon zur Sache gekommen sein, wie?" „In der Tat", sagte Parker würdevoll, „Mister Madford drückte sich allerdings, was die Tatsachen anbetrifft, ungemein diskret und vorsichtig aus." „Was ich ihm auch geraten haben möchte." Paul Belmont schnaubte grimmig wie ein leicht gereizter Stier. „Ich weiß genau, daß man hinter meinem Rücken tuschelt. Bisher hat's noch kein Mensch gewagt, mir gewisse Behauptungen offen ins Gesicht zu sagen." „Wenn Sie erlauben, werde ich Sie nun angenehm enttäuschen." Parker saß stocksteif auf der Kante des Kantinensessels und kam zur Sache. „Sie, Mister Belmont, sollen Kontakte zur Unterwelt von Chikago und anderen großen Städten in den USA pflegen. Mit anderen Worten, gewisse Kreise, die hinter Ihrem Rücken tuscheln, vermuten, daß Sie so etwas wie ein Staranwalt der Unterwelt sind." Paul Belmont starrte Parker drohend an. Seine Kiefer mahlten. Innerlich kam dieser Mann offensichtlich in Schwung. Aber noch hielt er sich zurück. 12
„Unsinn", sagte er schließlich und lachte polternd. „Wenn diese Vermutungen zutreffen, Mister Belmont, so kann man Ihnen selbstverständlich nichts anhaben." „Wem sagen Sie das? Schließlich bin ich Anwalt und kenne die Gesetze." „Man tuschelt aber auch noch andere Dinge." „Ach nee!" Belmont war ehrlich überrascht. „Was denn?" „Man hegt die Vermutung, daß Sie einer Fluchtorganisation vorstehen." „Ach nee!" sagte nun Mike Rander, der davon noch nichts gehört hatte. Er sah jetzt genauso verblüfft aus wie Belmont, der sich vorschob, als wollte er Parker mit seiner stämmigen Brust gegen die Wand drücken. „Wer behauptet das?" fragte Belmont dann fast leise. Seine Stimme klang dabei aber scharf und drohend. „Gewisse Kreise, die Ihnen möglicherweise nicht sonderlich gewogen sind. Sie werden verstehen, daß ich meine Gewährsleute nicht preisgeben kann." „Ich verstehe", sagte Mike Rander, der seinem Butler schnell den erwarteten Ball zuspielte. „Mister Belmont benutzt seine Maschine, um gesuchte Gangster nach, sagen wir, Kanada zu bringen. Sehe ich das so richtig, Parker?" „So wird behauptet, Sir." „Wer sagt so was?" schnauzte Belmont und richtete sich zu imponierender Größe auf, „ich will wissen, wer mir so was nachsagt!" „Ich sagte schon, gewisse Kreise, Mister Belmont. Dringen Sie nicht weiter in mich!" „Sie werden mir noch Rede und Antwort stehen!" Belmont schob den Sessel zurück und stand auf, „den Kerlen, die so was behaupten, werde ich das Handwerk legen!" „Sie wirken auf meine bescheidene Wenigkeit ungewöhnlich erregt, Mister Belmont." „Und ob ich erregt bin! Zum Henker, ich lasse mir doch 13
nicht nachsagen…" „Moment mal", sagte Mike Rander und hob beschwichtigend die Hand, „bleiben wir doch beim Thema, Belmont. Sie haben Parker und mich gebeten, die drei Sabotageakte zu untersuchen. Inzwischen sind es ja nun vier geworden. Bleibt es bei diesem Auftrag, oder möchten Sie nicht mehr mit uns zusammenarbeiten?" Belmont setzte sich wieder. Seine Kiefermuskeln arbeiteten angestrengt. Er schaute den Butler durchbohrend an, konnte in dem glatten und alterslosen Pokergesicht Parkers jedoch keine Reaktion feststellen. Genau das Gegenteil war der Fall. Die eisgrauen Augen des Butlers erwiderten den drohenden Blick des Clubpräsidenten. Belmont war nicht in der Lage, diesem Blick standzuhalten. Er räusperte sich plötzlich verlegen und sah zu Boden. „Natürlich bleibt es bei diesem Auftrag", sagte er dann, „Ihr Butler hat ja nur erzählt, was er gehört hat! Unser Club braucht die besten Privatermittler, die wir bekommen können. Vier tödliche Unfälle, die verdammt nach Mord aussehen, können wir uns nicht leisten, sonst müssen wir dicht machen. Wenn Sie einverstanden sind, bleibt es bei der Abmachung: Sie klären diese vier Verbrechen." „Akzeptiert", sagte Rander, „die Honorarfrage regeln Sie mit meinem Büro, einverstanden?" „Geht in Ordnung, Rander." „Dann werden Parker und ich uns an die Arbeit machen." Rander stand auf. „Wir haben selbstverständlich Zutritt zu allen Unterlagen?" „Klar, Rander. Sie haben von mir jede Unterstützung. Ich weise die Angestellten des Clubs an, Ihnen in jeder Weise behilflich zu sein." „Vielleicht ist Mister Belmont schon in der erfreulichen Lage, mit einem mehr oder weniger vagen Verdacht dienen 14
zu können, Sir." „Wollen Sie mich aufs Glatteis locken?" Belmont grinste amüsiert, „ich werde mich hüten, Namen zu nennen!" „Hätten Sie denn zumindest einen auf Lager, Belmont?" Rander sah den Anwalt abwartend interessiert an. „Vielleicht", sagte Belmont. Er nagte einen kurzen Moment an seiner Unterlippe und faßte dann einen Entschluß. Er beugte sich vor und redete dann leise weiter: „Befassen Sie sich mal mit einem gewissen Randy Talbert." „Darf ich höflichst fragen, wer dieser besagte Randy Talbert ist?" erkundigte sich Parker in seiner steifen Art. „Ein Irrer", erwidert Belmont und verzog unwillkürlich sein Gesicht, „ob er aber harmlos ist, kann ich nicht beurteilen. Talbert war unser Clubsekretär und das große As unter den Sportfliegern. Bis er Ärger am laufenden Band machte und seine Fluglizenz verlor. Ich könnte mir vorstellen, daß er jetzt verrückt spielt!" * „Sie glauben doch wohl nicht im Traum daran, daß ich noch einmal mitfliegen werde?" Rander schüttelte energisch den Kopf und war bereit, für seine Auffassung sogar zu kämpfen. „Ich bin doch nicht lebensmüde, Parker." „Ich glaube Ihnen garantieren zu können, daß Ihnen der Rückflug gefallen wird, Sir." „Aus Ihrer Sicht vielleicht, Parker. Nein, nein, ich werde ein Taxi nehmen. Ich wünsche guten Flug, lassen Sie sich nur nicht aufhalten!" „Dann möchte ich mich in aller Form verabschieden, Sir." Parker lüftete seine schwarze Melone und schritt würdevoll und steifbeinig zurück zu dem uralten Doppeldecker, der sich nach seinem Museum zurückzusehnen schien. 15
Die drei Sportflieger Hanson, Gardman und Pantry traten achtungsvoll zur Seite, als Parker sich dem Doppeldecker näherte. Im Hintergrund war der Cadillac Belmonts zu sehen. Auch der Präsident des Clubs schien sich den Start ansehen zu wollen. „Würden Sie die Liebenswürdigkeit besitzen, den Motor anzuwerfen?" Parker wandte sich an Hanson, „ich verfüge leider nicht über einen Anlasser oder sonstige Starthilfen." „Ich… ich muß mal schnell 'rüber in die Kantine", entschuldigte sich Hanson hastig, „wenn Sie'n kleinen Moment warten wollen, helfe ich Ihnen natürlich gern!" Rich Gardman wartete erst gar nicht, bis er von Parker angesprochen wurde. Scheinbar am Seitenleitwerk interessiert, retirierte er schleunigst. Er war damit besser beraten als Pantry, der nicht mehr entwischen konnte, sich bereit erklärte zu helfen und sich vor dem mächtigen Sternmotor aufbaute. Parker stieg umständlich in den Pilotensitz, der selbstverständlich offen war. Er erinnerte dabei an eine fürsorgliche Glucke, die sich auf einem Gelege breitmachen will. Dann schaltete er die Zündung ein und winkte Pantry aufmunternd zu, den mächtigen Propeller zu drehen. Der Motor kam sofort. Donnernd, krachend, fauchend und spuckend setzte der Sternmotor sich in Bewegung. Pantry wurde dermaßen überrascht, daß er sich entsetzt zurückwarf, stolperte und auf dem verlängerten Rücken landete. Hastig rappelte er sich wieder auf und ergriff die Flucht. Aus achtunggebietender Entfernung schaute er dann dem Start zu. Mike Rander war wieder einmal fasziniert. Sein Butler, das wußte er natürlich längst, fand sich in allen Sätteln zurecht. Parker ließ die Maschine jetzt auf die Startbahn rollen. Röhrend wie ein brünstiger Hirsch heulte der Motor auf. Dunkle Rauchwolken entquollen den gebündelten 16
Auspuffrohren. Dann setzte die Maschine sich in Bewegung und leierte auf müden Rädern los. Was danach folgte, war varietereif! Nach einem kurzen Anlauf zog Parker den Doppeldecker in einer steilen Kurve hoch in den Himmel. Hanson, Gardman und Pantry hielten unwillkürlich den Atem an. Belmont, der den Cadillac verlassen hatte, kniff die Augen zusammen und hörte sich schwer atmen. Mike Rander hätte am liebsten die Augen geschlossen. Der Doppeldecker brauste los wie ein Tornado. Er wurde in eine Steilkurve gelegt, nahm noch mehr Fahrt auf und jagte auf das kleine Wäldchen zu. Sekunden später war die Maschine verschwunden. Nur noch das Dröhnen und Spucken des Sternmotors lag in der Luft. „Wie viele Flugstunden muß Ihr Butler haben!" stellte Hanson fest. „Sagenhafter Bursche", lobte Gardman, „so was schafft man nur in Jahren des Trainings!" „Ein Oldtimer, wie er im Buch steht", sagte Pantry andächtig, „so was ist einmalig!" „Stimmt haargenau", erklärte Mike Rander und lächelte verschmitzt, „vor allen Dingen wenn man bedenkt, daß mein Butler seit fast zehn Jahren nicht mehr geflogen ist!" Ohne sich um die verdutzten Gesichter der Sportflieger zu kümmern, wandte Rander sich ab und ging zurück zur Kantine. Er wollte weitere Informationen sammeln. Noch war überhaupt nichts zu erkennen. Er dachte in diesen Minuten auf keinen Fall an seinen Butler, der in den Lüften schwebte… * Parker fühlte sich sauwohl, obwohl er solch einen vulgären Ausdruck niemals verwendet hätte. Er hielt den soliden 17
Steuerknüppel des Doppeldeckers in der Hand und gab sich dem Genuß des Fliegens hin. Sein Ziel war ein Flugplatz in unmittelbarer Nähe der Stadt. Bis dahin hatte es aber noch Zeit. Er donnerte über weite Felder und Wälder, erkannte tief unter sich kleine Marktflecken, Städtchen und Bahn- und Autolinien. Es war schon ein recht seltsamer Anblick, den er bot. Einige hochfliegende Saatkrähen, die sich an sich überhaupt nicht um diesen häßlichen, mechanischen Vogel kümmern wollten, änderten plötzlich ihre Flugrichtung und stießen auf den Doppeldecker herab. Sie wurden magisch angezogen von dem Aussehen des Piloten. Parker trug nach wie vor seine steife, schwarze Melone. In der linken Hand hielt er seinen Universal-Regenschirm. Mit dem bleigefütterten Bambusgriff dieses Schirms hielt er sich die Melone auf dem Kopf fest. Mit der rechten Hand bewegte er den Steuerknüppel. Die Krähen hatten so etwas noch nie gesehen und trauten sich noch näher an den Doppeldecker heran. Dabei gerieten sie um ein Haar in die Nähe des Propellers. Bevor sie jedoch ihren Kurs korrigieren konnten, hatte der Butler bereits reagiert. Er drückte die Maschine leicht nach unten weg. Die Krähen gerieten in die Böen der Luftschraube, wurden durcheinandergewirbelt, stießen empörte, mißtönende Schreie aus und beeilten sich, diesen unheimlichen Vogel links liegen zu lassen. Parker gestattete sich den Luxus eines leichten, andeutungsweisen Lächelns und warf dabei einen kurzen Blick in den Rückspiegel, der seitlich am Cockpit angebracht war. Der Butler stutzte und glaubte an eine Täuschung. Eine der Krähen war ungewöhnlich groß geworden. Riesengroß sogar. Und diese Krähe setzte zu einem Sturzflug an. Parker legte den Doppeldecker in eine leichte Rechtskurve, um besser sehen zu können. Er stellte 18
fest, daß er es keineswegs mit einer Krähe, sondern mit einer zweiten Maschine zu tun hatte. Es handelte sich um einen schnellen, geschlossenen Einsitzer, dessen Konstruktionsmarke er nicht auszumachen vermochte. Leistete sich ein Überlandpilot eine kleine, vielleicht gefährliche Spielerei? Wollte irgendein Pilot zeigen, wie gut er flog? Parker fand die richtige Antwort schnell heraus, als dicht an seiner Maschine vorbei die glühenden Fäden einer Geschoßgarbe vorbeizischten. Leuchtspurmunition! Im ersten Moment war Parker ehrlich überrascht. Mit Unfreundlichkeiten dieser Art hatte er nicht gerechnet. Sie schienen völlig sinnlos zu sein. Um der nächsten Garbe zu entgehen, drückte Parker seinen Doppeldecker scharf an und legte ihn auf die linke Seite. Er trudelte so geschickt aus der nächsten Geschoßgarbe heraus, wußte aber, daß er noch längst nicht in Sicherheit war. Er hatte es mit einem Piloten zu tun, der ihn unbedingt abschießen wollte. Parker erinnerte sich erfreulicherweise an Flugfiguren, die ihm sein damaliger Herr beigebracht hatte. Er hatte zudem den Vorteil der wesentlich langsameren Maschine. Er konnte die Kehren, Turns und Steilkurven wesentlich enger und verwegener fliegen als sein Gegner, der allerdings auch sehr gut wußte, wie man eine Maschine zu steuern hatte. Die Kurbelei währte bereits Minuten. Ob Parker wollte oder nicht, er wurde langsam, dafür aber sehr stetig immer tiefer in Bodennähe gedrückt. Der Kabinendecker schien inzwischen gemerkt zu haben, daß einem Parker mit Geschoßgarben nicht beizukommen war. Dem Piloten ging es also darum, den Butler zu Boden zu drücken. Vielleicht in der stillen Hoffnung, daß Josuah Parker dabei gegen Hindernisse rammte und sich dann das Genick brach. Da der Butler aber an solch einem Unfall nicht interessiert war, ließ er sich etwas einfallen. Er sah vor sich ein leicht 19
hügliges Gelände, das mit Baumgruppen und kleinen Waldstücken besetzt war. Hier war genau das Labyrinth, das er suchte. Scheinbar hilflos, ließ er sich an das erste Waldstück herandrücken. Geschoßgarben mit Leuchtmunition erinnerten ihn immer wieder daran, diesen Lufttanz sehr ernst zu nehmen. Nur dank seiner Geschicklichkeit entging er diesen Mordanschlägen. Dafür kam die Erde immer näher an ihn heran. Da war die steile Bergkuppe, die Parker brauchte. Er wartete, bis die Mordmaschine wieder in Schußposition gekommen war. Dann ließ er seinen Doppeldecker steil über die rechte Tragfläche abrutschen und wischte wie ein flüchtiger Hase um die Kuppe herum. Die Maschine hinter ihm hatte zuviel Fahrt. Sie schoß über Parker hinweg und brauchte Zeit, nach einer Kehre wieder in Position zu kommen. Parker drosselte die Geschwindigkeit des museumsreifen Doppeldeckers so stark, daß er die Maschine gerade noch halten konnte. Anschließend fuhr er Karussell um die Bergkuppe. Der einmotorige Tiefdecker war diesem Treiben nicht gewachsen. Er versuchte es einige Male, Parker geschickt abzufangen, doch der Butler ließ sich nicht erwischen. Und erreichte es, daß der Tiefdecker schließlich abdrehte und nach einiger Zeit verschwand. Parker warf einen Blick auf die Benzinuhr. Es wurde höchste Zeit, zum nächsten Flugplatz zu gelangen. Die Frage war sogar, ob er ihn überhaupt noch erreichte. Parker ging das Risiko ein, die schützende Bergkuppe zu verlassen. Er ging auf Strecke und hielt dabei Ausschau nach dem Tiefdecker, der übrigens keine Kennzeichen gezeigt hatte. Aber plötzlich war dieser Tiefdecker wieder da. Und war über Parker, der mit seinem Doppeldecker über eine weite Ebene dröhnte. Hier war weit und breit keine Möglichkeit, 20
noch einmal ein Ringelspiel zu veranstalten. Parker wußte, daß die Dinge einer Entscheidung zudrängten. Der Pilot des Tiefdeckers wollte ihn um jeden Preis abschießen und vernichten. Dieser Mann – oder war es vielleicht eine Frau? – schien einen festen Auftrag zu haben. Da! Die ersten Geschoßgarben! Sie lagen verteufelt gut. Parker wischte zur Seite, zog den Doppeldecker steil hoch und entwickelte Pech dabei. Einige Geschosse fetzten in die rechte untere Tragfläche und rissen die Bespannung auf. Holzsplitter von den Hauptholmen spritzten durch die Luft. Die Maschine ließ sich nicht mehr richtig halten. Wie ein weidwunder Vogel torkelte der Doppeldecker in die nächste Garbe. Parker gab Querruder, versuchte die Maschine wegzudrücken, spürte aber, daß die Ruder nicht mehr reagierten. Die Erde kam rasend schnell näher. Und damit auch das Farmhaus und die Scheunen eines bäuerlichen Großbetriebes. Parkers Schicksal war so gut wie besiegelt. Nun halfen auch keine Tricks mehr! * „Sie wollen mich ausholen, wie?" Hank Stalling, ein fast gnomenhaft wirkender Mann von sechzig Jahren, mit einem Gesicht, in dem tausend kleine Falten nisteten, grinste abfällig. „Wie sind Sie nur so schnell dahintergekommen?" frotzelte Mike Rander lächelnd. „Ich bin doch nicht auf den Kopf gefallen." Stallings Gesicht löste sich in den vielen Lachfältchen auf. „Sie schnüffeln für Belmont hier herum, ja?" „Sie sind tatsächlich nicht auf den Kopf gefallen." Rander zündete sich eine Zigarette an. „Belmont hat um Hilfe gebeten, das heißt aber nicht, daß ich mit ihm verheiratet 21
bin."
„Sie kennen Belmont?"
„Inzwischen etwas besser. Er ist nicht nur der Präsident
dieses Luftsportclubs!"
„Was wollen Säe damit sagen?" Stalling legte den Kopf
abwartend etwas zur Seite und sah Rander forschend an.
Die beiden Männer standen in der Werkstatt neben einem
der Hangars und waren allein. Sie konnten sich ungestört
unterhalten. Stalling war der Platzwart des Flugfeldes und
Mädchen für alles, wie man Rander gesagt hatte.
„Er ist außerdem noch Anwalt, oder?"
„Das auch!" Stalling verlor etwas von seiner Vorsicht und
zog wieder ein Gesicht. Von Belmont schien er nicht viel zu
halten.
„Er soll sogar…", Rander dämpfte absichtlich die Stimme
und vollendete den Satz nicht.
„Was soll Belmont sogar?" Stalling interessierte sich jetzt
für dieses Thema.
„Einen privaten Lufttaxibetrieb aufgezogen haben.
Hauptrichtung Kanada!"
„Von hier aus? Ausgeschlossen! Das müßte ich wissen."
„Sie sind schließlich nicht Tag und Nacht hier auf dem
Platz."
„Aber ja doch, Sir! Tag und Nacht! Ich wohne drüben im
Hangar in einem kleinen Verschlag. Hier passiert nichts,
von dem ich nichts weiß!"
„Denken Sie jetzt auch an die vier tödlichen Unfälle, die
verdammt nach Mord aussehen?"
Stalling wandte sich langsam ab und hob vage die
Schultern.
„Kein Kommentar", meinte er dann kategorisch, „ich werde
mir doch nicht die Finger verbrennen."
„Verständlich, wenn man Angestellter ist und von Belmont
abhängt."
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„Moment mal, ich soll von Belmont abhängen?" Stalling sah Rander jetzt empört an und schüttelte den Kopf, „ich soll von Belmont abhängen? Da sind Sie aber auf dem Holzweg. Was wären die denn hier ohne mich?" „Ich weiß es nicht." „Einpacken müßten die, restlos einpacken! Wer wartet denn die Maschinen und die Gebäude. So'n Dussel wie mich findet der Club doch niemals wieder. Belmont schon gar nicht." „Sind Sie schon lange auf dem Platz?" „Seit Jahren. Da war von Belmont überhaupt noch nicht die Rede. Der kam erst vor anderthalb Jahren hierher und riß sich sofort alles unter den Nagel. Im Handumdrehen war er Präsident. Mit Geld läßt sich eben viel machen." „Hauptsache, er ist ein guter Präsident." „Belmont? Sie gestatten, daß ich kichere, Sir. Für den ist der Club doch nur Staffage." „Staffage für was?" „Für seinen Gesellschaftsfimmel. Seitdem er im Club ist, steigen seine Aktien. Seitdem wird er mehr und mehr anerkannt. Aber wenn das mit den Abstürzen so weitergeht, dann muß er bald wieder einpacken, dann ist er wieder der kleine, miese Winkeladvokat, der er wirklich ist." „Sie mögen Belmont nicht?" „Hören Sie doch, oder…?" Stalling grinste breit. „Er fliegt recht und schlecht. Überlandflüge traut er sich nicht zu machen. Für den Fall muß sein Privatpilot einspringen. Oder seine Frau!" „Seine Frau?" „Eine tolle Frau. Die kann fliegen, Sir, so was haben Sie noch nicht gesehen!" Stalling schloß schwärmerisch die Augen. „Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum die sich an Belmont gehängt hat. Begreife ich einfach nicht!" 23
„Haben Sie eine Ahnung, wieso es zu diesen vier Abstürzen kam?" erkundigte Rander sich. Wie beiläufig fügte er hinzu: „Sagt Ihnen der Name Randy Talbert etwas?" „Randy Talbert?" Stalling nickte versonnen. „Unser ehemaliger Clubsekretär. Sagenhafter Flieger und Fluglehrer hier bei uns. Bis er von Belmont abgesägt wurde." „Warum?" Stalling verschloß sich wie eine Auster. Er drehte sich um, griff nach einigen Werkzeugen und schlurfte auf den Ausgang zu. Dazu sagte er halblaut: „Fragen Sie ihn doch selbst! Belmont wird schon seine Gründe gehabt haben!" * Später wußte der Butler selbst nicht genau zu sagen; wie es ihm gelungen war, heil zu Boden zu kommen. Wider Willen hatte er sich dem Slip der angeschossenen Maschine angepaßt und den Doppeldecker dann dicht neben der Scheune der Farm aufgesetzt. Dabei brachen die Tragflächen splitternd ab und barst der Rumpf der Maschine, dabei machte sich das Fahrgestell selbständig. Doch Parker war und blieb heil und hatte sich beeilt, schnell aus der Maschine zu kommen, die im letzten Moment noch Feuer gefangen hatte. Nach einer, mittelschweren Detonation schossen Flammen aus dem Wrack, verbreitete sich schwarzer, stinkender Qualm, der steil zum wolkenlosen Himmel hochstieg. Der Tiefdecker zog einige Kreise, drehte dann ab und verschwand sichtlich zufrieden. Der Pilot mußte den Eindruck haben, daß er es nun doch noch geschafft hatte. Parker, der in Deckung der Scheune stehengeblieben war, winkte dem Farmer gemessen zu, der begleitet von zwei 24
Arbeitern entsetzt auf das Wrack zulief. „Ist was passiert?" fragte der Mann, der völlig durcheinander war. „So pflege ich stets zu landen, falls es sich nicht anders einrichten läßt", antwortete Josuah Parker, „ich hoffe. Sie nehmen es einem müden, alten und relativ verbrauchten Mann nicht sonderlich übel, daß er dazu ausgerechnet Ihr Grundstück auswählte!" „Mann, Sie sind ja abgeschossen worden", rief der Farmbesitzer, „wir haben ganz deutlich die Schüsse gehört!" „Ich fürchte, ich muß mir in der Luft den Unwillen eines Piloten zugezogen haben." Parker legte den Bambusgriff seines Universal-Regenschirms über seinen linken Unterarm. „Läßt es sich möglicherweise einrichten, von hier aus zu telefonieren? Die entstehenden Unkosten werde ich Ihnen selbstverständlich ersetzen." Der Farmbesitzer und seine beiden Arbeiter traten vorsichtshalber etwas zurück und schielten nach Schlaginstrumenten aller Art. Sie hatten den Eindruck, es mit einem leicht irren Menschen zu tun zu haben. Dennoch brachten sie Parker ins nahe Farmhaus, von wo aus er seinen jungen Herrn anrief, der noch auf dem Flugplatz sein mußte. „Erwähnen Sie bitte nicht meinen Namen, Sir", schickte Parker voraus, als Mike Rander in der Leitung war, „für gewisse Leute möchte ich für eine gewisse Zeit noch als tot gelten!" „Ja…?" antwortete Rander nur neutral. Parker gab eine Kurzdarstellung seiner Erlebnisse und informierte seinen jungen Herrin. Dann bat er, abgeholt zu werden. „Erwarten Sie mich in spätestens einer Stunde in meinem Büro", antwortete Rander neutral und legte auf. Parker tat 25
es ihm nach und lüftete dankbar seine Melone in Richtung Farmbesitzer, der wie zufällig damit beschäftigt war, seine Flinte zu putzen, obwohl sie es nach Lage der Dinge überhaupt nicht nötig hatte. „Ich habe eine weitere Bitte an Sie", sagte Parker, der das Gewehr ignorierte. „Ja?" fragte der Mann und erhob sich blitzschnell. Der Gewehrlauf wies dabei zufällig auf den Butler. „Es könnte durchaus sein, daß innerhalb der nächsten Minuten angerufen wird", führte der Butler weiter aus, „meiner bescheidenen Ansicht nach wird man sich nach dem Schicksal des scheinbar abgestürzten Piloten erkundigen." „Glauben Sie?" fragte der Farmbesitzer, der unsicher wurde, ob er es wirklich mit einem Irren zu tun hatte. „Ich sagte schon, dies liegt durchaus im Bereich der Möglichkeiten", gab der Butler gemessen und würdevoll zurück, „für diesen Fall sollten Sie dem Anrufer überzeugend zu verstehen geben, daß der Pilot Ihrer bescheidenen Ansicht nach umgekommen ist. Könnten Sie sich zu dieser kleinen frommen Täuschung entschließen?" „Wozu soll das gut sein?" „Ich lege keinen sonderlichen Wert darauf, noch einmal beschossen zu werden", erläuterte der Butler. „Wenigstens vorerst nicht." „Mann, entweder haben Sie überhaupt keine Nerven, oder aber welche aus Stahlseilen!" „Sie schmeicheln einem alten Mann!" „Sie und ein alter Mann? Da kann ich doch nur lachen! Ich weiß jetzt, Sie haben es faustdick hinter den Ohren. Aber gut, ich spiele mit. Hoffentlich erwischen Sie das Schwein, das Sie abschießen wollte!" Der Farmer hatte sich davon überzeugt, daß er es mit einem zwar außergewöhnlichen, aber- immerhin geistig 26
gesunden Menschen zu tun hatte. Dementsprechend nahm er auch die Flinte aus der Hand und stellte sie in die nächste Ecke. Er und Parker brauchten übrigens nicht lange zu warten. Der vom Butler erwartete Anruf kam schon, nach knapp zehn Minuten, der Farmer entledigte sich seiner Aufgabe mit viel Geschick und Überzeugungskraft. Als er auflegte, drehte er sich zu Parker um und fragte: „Wissen Sie, wer sich da gerade erkundigt hat?" „Ich rechne aufgrund Ihrer Frage bereits mit einer Überraschung, die man wohl als handfest bezeichnen kann." „Genau! Eine Frau rief an. Verstehen Sie das?" * „Sie können sich wirklich an nichts erinnern?" fragte Lieutenant Madford einige Stunden später, als es bereits dunkel geworden war. Er unterhielt sich mit Josuah Parker, der zusammen mit seinem jungen Herrn zu ihm ins Büro der Mordkommission gekommen war. „Der Rumpf der Maschine war in neutralen Farben gehalten", erinnerte der Butler sich, „erstaunlich war die Konstruktion dieses Tiefdeckers. Meines Wissens hatte ich bisher noch nicht den Vorzug, solch eine Maschine gesehen zu haben." „Das erleichtert irgendwie die Sache." Madford nickte. „Sonderanfertigungen müßten eigentlich schnell zu finden sein. Ich werde da meine Leute einschalten. Sie wissen natürlich nicht, warum man Sie ins Jenseits befördern wollte?" „Ich könnte es mir vorstellen, Sir." „Sie glauben, im Zusammenhang mit der Todesserie auf dem Flugplatz draußen?" 27
„Ich möchte es fast annehmen, Sir." „Zum Henker, wo ist da der Sinn?" Mike Rander schüttelte den Kopf. „Parker und ich haben mit der Aufklärung noch gar nicht begonnen. Warum will der Mörder uns schon jetzt an der Arbeit hindern." „Darf ich an die Dame erinnern, die sich bei der Farm nach meinem Absturz erkundigte, Sir?" „Richtig, wir haben es ja plötzlich auch noch mit einer Frau zu tun." Lieutenant Madford drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. „Der Farmer hat sich bestimmt nicht verhört?" „Seiner ehrlichen Verblüffung nach zu urteilen, ganz sicher nicht." Parker zweifelte nicht daran, daß der Farmer richtig gehört hatte. „Dann bin ich mal gespannt, wie die Dinge sich weiterentwickeln werden." Madford sah Rander und Parker an. „Wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen, dann befassen Sie sich mit diesem Belmont. Ich kann nicht an ihn heran!" „Sie fürchten wohl seine gerissenen Tricks, wie?" Rander lächelte. „Sie treffen den Nagel auf den Kopf. Belmont jongliert zu sehr mit Paragraphen. Bevor ich mich versehe, hat er mir ein Verfahren angehängt. Sie, Rander, kennen sich da als Anwalt besser aus als ich." „Okay, wir werden Belmont übernehmen. Dafür könnten Sie ein paar Leute unter die Lupe nehmen." „Die wären?" Madford griff nach Block und Kugelschreiber. „Bringen Sie alles über einen gewissen Hank Stalling heraus! Der Mann ist Platzwart und Mädchen für alles draußen auf dem Club-Flugplatz!" „Hank Stalling?" Madford zeigte Interesse, „trauen Sie ihm nicht über den Weg?" 28
„So wenig und soviel wie anderen Leuten, Madford. Neben Stalling brauche ich noch Angaben über den ehemaligen Clubsekretär Randy Talbert, über Belmonts' jetzigen Privatpilot und über Belmonts Frau!" „Okay, sollen Sie bekommen." Madford grinste. Vielleicht glaubte er, Rander befinde sich schon jetzt auf der falschen Fährte. „Was Belmont betrifft, wie kann ich Ihnen noch einen Tip geben, Rander? Belmont hat in Chikago einen intimen Feind, vielleicht rückt der mit irgendwelchen Details über ihn heraus. Sprechen Sie mit Matt Fandly! Aber passen Sie auf, gegen Fandly ist eine gereizte Klapperschlange ein harmloser Regenwurm!" „Wer ist dieser Fandly? Auf welchem Gebiet betätigt er sich?" „Matt Fandly hat ein Tiefbauunternehmen, das ausgezeichnet floriert, aber er ist nach wie vor der große Gangster, der er einmal war. Wir vermuten, daß er der Repräsentant eines Syndikats ist und große Teile der Unterwelt kontrolliert. Sehen Sie ihn sich an und lassen Sie sich überraschen. Sie werden auf Ihre Kosten kommen!" * Die Firma dieses Matt Fandly lag in einem Außenbezirk der Stadt und bestand aus einem dreistöckigen, klotzig wirkenden Steinbau, der am Ende eines großen Bauhofes stand. Auf diesem Bauhof gab es Schuppen, Remisen, Stapel von Bauhölzern aller Art und einen recht ansehnlichen Maschinenpark. Der Bauhof wurde von einer hohen Mauer eingefriedet. Die Zufahrt zum Hof und Bürotrakt erfolgte durch ein schweres, sehr solide wirkendes Tor. Matt Fandly schien sich hier so etwas wie eine Festung errichtet zu haben. Vielleicht wußte er aus Erfahrung, wie bleihaltig die Luft in gewissen Kreisen sein 29
konnte. Ein stämmiger Bauarbeiter, der das Tor ganz offensichtlich bewachte, bekam einen leichten Schock, als ein hochbeiniges Vehikel von einem Auto von der Straße abbog und auf das Tor zuhielt. Solch einen Wagen hatte der gute Mann noch nie vorher gesehen. Alles an diesem Gefährt war eckig und altertümlich. So etwas wie verkleinerte Lastwagenräder beförderten den kastenförmigen Aufbau, an dessen Steuer ein seltsam gekleideter Mann saß, dessen glattes Pokergesicht es unmöglich machte, das Alter zu erraten. Im letzten Moment gelang es dem Bauarbeiter noch, die Barriere zu schließen, die es selbst bei geöffnetem Tor unmöglich machte, sofort und direkt auf das Grundstück zu fahren. Mit quietschenden Bremsen hielt das hochbeinige Monstrum knapp vor der Barriere an. Der Fahrer lüftete höflich die schwarze Melone. „Ich habe die Absicht, Mister Matt Fandly zu sprechen", sagte Parker, „nach meinen Informationen muß er sich noch im Büro befinden." „Wer… wer sind Sie?" fragte der als Bauarbeiter verkleidete Wachtposten. „Parker mein Name, Josuah Parker. Verständigen Sie Mister Fandly! Ich bin sicher, daß er mich zu sprechen wünscht!" Der getarnte Wachtposten verschwand daraufhin etwas zögernd in einer Art Baubude und blieb etwa eine Minute. Dann erschien er wieder auf der Bildfläche und gab kommentarlos die Barriere frei. „Der Chef wartet auf Sie", sagte er dann. Als Parker den Bauhof befuhr, ging der Bauarbeiter zurück in die Baubude und drückte auf einen versteckt angebrachten Warnknopf. Daraufhin leuchteten in verschiedenen Unterkünften und Abteilungen der Tiefbaufirma kleine, rote Alarmlampen 30
auf. Für die Besatzung des Bauhofes war das das Zeichen für erhöhte Wachsamkeit. Parker parkte seinen Wagen inzwischen vor dem Bürohaus, stieg aus und lustwandelte steif und würdevoll wie ein Diplomat bei der Antrittsvorstellung in die Halle des Hauses. Zwei junge, forsche Männer empfingen ihn. Sie trugen graue Einreiher und machten einen cleveren Eindruck. „Haben Sie zufällig irgendwelche Waffen bei sich, Sir?" fragte einer der beiden. „Selbst wenn", gab Parker zurück, „ich würde es ablehnen, sie hier abzugeben!" „Was Sie nicht sagen!" Der Wortführer der beiden cleveren Männer baute sich vor dem Butler auf. Was er besser nicht getan hätte, denn Parkers Zierperle in der großen, breit gebundenen Krawatte versprühte prompt eine wasserklare Flüssigkeit, die es ausgesprochen in sich hatte. Der junge Mann wischte sich verdutzt die Augen, zumal er nichts gesehen hatte. Um dann Bruchteile von Sekunden später in Tränen auszubrechen. Fassungslos schluchzend, mit einer Tränenflut kämpfend, wandte er sich zur Seite. „Was ist denn?" fragte der zweite Empfangschef. „Ihr Begleiter scheint die Fassung verloren zu haben", konstatierte der Butler, rückte seine Zierperle in Position und versprühte eine zweite Dosis. Dies geschah durch das Anpressen des linken Oberarms gegen eine kleine Gummiblase, die durch eine dünne Schlauchleitung mit der Zierperle in Verbindung stand. Nun weinte auch der zweite Mann. Schluchzend gab er sich seinem inneren Schmerz hin. Er lehnte sich halt- und fassungslos gegen die Wand und heulte wie ein Schloßhund. Da Parker nicht weiter warten wollte, ging er allein weiter. Er glaubte ohnehin zu wissen, wo er Matt Fandly finden konnte. 31
Eine harte, unangenehm bellende Stimme wies ihm den Weg. Das Büro des Tiefbauunternehmers befand sich zu Parkers ehrlicher Überraschung im Erdgeschoß des Bürotrakts. Und daraus ließen sich gewisse Schlüsse ziehen, die Parker vorerst für sich behielt. Die unangenehme, bellende Stimme wurde lauter und schärfer. Sie kam aus einem großen Büro, das keine Fenster besaß und von eingeschalteten Neonröhren erleuchtet wurde. Diesem Raum vorgelagert befand sich ein Sekretariat mit Schreibmaschinentischen und Rollschränken. Dahinter gab es einen zweiten, kleineren Raum, in dem nur einige Sessel um einen runden Tisch standen. Erst hinter diesem Raum befand sich das eigentliche Büro, das erstaunlich intim hergerichtet war. Dicke Teppiche auf dem Boden, schwellende Sitzpolster an den Wänden, eine riesige Bar, die an die eines mittelgroßen Hotels erinnerte und riesige Fotografien an den Wänden schufen den Eindruck eines Wohnsalons, der sich im Grünen befindet. Auf den Fotos waren Waldpartien, Seeausschnitte und Bergwälder abgebildet. Trotz der fehlenden Fenster entstand der Eindruck von Weite. Matt Fandly, ein massiger, großer Boxertyp, fünfundfünfzig Jahre alt, stand mit dem Rücken zur Tür neben seinem riesigen Schreibtisch, der an einen Kommandostand erinnerte. Er ahnte nicht, daß sein Besucher bereits knapp hinter ihm war. Er konnte sich wohl nicht vorstellen, daß irgendwelche Besucher so einfach hereinfanden. „Dann gebt den Kerlen eben Zunder", sagte Fandly gerade energisch. „Zweifel dürfen erst gar nicht aufkommen, verstanden! Natürlich, von mir aus könnt ihr auch Daumenschrauben ansetzen. Hauptsache, die Polizei bleibt aus dem Spiel! In einer Stunde will ich Resultate sehen, ist das klar, Ende!" 32
Fandly legte auf und zündete sich eine Zigarette an. Das heißt, er griff nach dem großen Feuerzeug, das auf dem Schreibtisch stand und wie ein Ziegelstein aussah. Parker war schneller. Er nahm diesen ziegelsteinähnlichen Gegenstand und ließ die Flamme hochklicken. „Darf ich mir höflichst erlauben?" sagte er dann mit geschulter, diskreter Butlerstimme. „Hm… Danke!" Fandly paffte an seiner Zigarre herum und merkte erst mit einer Spätzündung von einigen Sekundenbruchteilen, daß er diese Stimme noch nicht gehört hatte. Es war überraschend und bedrohlich zugleich, wie schnell er sich zu Parker umdreht. Seine Massigkeit war keineswegs untrainiert. Die Muskeln reagierten schnell und fast automatisch. „Parker mein Name, Josuah Parker", stellte der Butler sich vor und lüftete grüßend seine schwarze Melone, „ich hatte bereits den Vorzug, mit Ihnen per Telefon zu sprechen!" „Wie sind Sie 'reingekommen?" Mehr wollte Fandly im Moment nicht wissen. „Durch das Hauptportal, wenn ich es so bezeichnen darf!" „Und meine beiden Leibwäch… eh, ich meine, meine beiden Sekretäre?" „Wurden plötzlich von einem leichten Weinkrampf geschüttelt und dürften im Moment nicht zur Verfügung stehen." „Setzen Sie sich!" Fandly deutete auf den Stuhl vor seinem Kommandostand. „Sie erlauben, daß ich darauf verzichte. Es steht einem Butler nicht an, sich zu setzen." „Sie sollen sich setzen!" grollte Fandly. „Auf keinen Fall, da dies meiner Auffassung widersprechen würde, Mister Fandly!" 33
Fandly nickte und ging um seinen kommandostandähnlichen Schreibtisch herum. Er ließ den Butler nicht aus den Augen. Und Parker kam es so vor, als sei Fandly sehr nervös, ja, fast ängstlich. Nagte er innerlich an der Tatsache, daß er von einem Besucher überrascht worden war? Oder hatte dieser Tiefbauunternehmer gar andere Sorgen? Es stand auf jeden Fall fest, daß Fandly sich um eine Waffe bemühte, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit in einer der vielen Schubladen seines Schreibtisches befand. „Kommen Sie zur Sache! Was wollen Sie?" Fandly hatte sich in eine günstige Position gebracht und griff bereits nach der Lade. Er machte das etwas zu beiläufig. „Es geht, wie ich mir schon am Telefon zu bemerken erlaubte, um Ihren Kontrahenten, Mister Belmont!" „Wieso Kontrahent? Seit wann arbeitet Belmont in der Tiefbaubranche?" Fandly grinste und zupfte an der Lade. „Nun, ich dachte eigentlich weniger an die Tiefbaubranche, als vielmehr an gewisse Unternehmungen der Unterwelt!" „Was wollen Sie damit sagen?" brauste Fandly auf. „Vermeiden wir doch, um das herumzureden, was man im Volksmund den heißen Brei nennt", schickte der Butler voraus, „es ist meiner bescheidenen Wenigkeit bekannt, daß Sie Syndikatsvertreter sind, der einen gewissen Ärger mit der Gruppe Belmont hat, die sich unabhängig nennt. Habe ich das richtig umrissen?" „Reden Sie nur weiter", sagte Fandly grimmig und zog die Schublade vorsichtig auf. Noch war sie nicht so weit geöffnet, daß er nach der darin befindlichen Schußwaffe greifen konnte. Doch dies war nur noch eine Frage von Sekunden. „Es wird nach meinen Informationen weiter behauptet, daß Mister Belmont so etwas wie eine Fluchtorganisation aufgebaut hat. Mit andern Worten, er und seine 34
Mittelsmänner sollen, immer diesem Gerücht zufolge, von der Polizei gesuchte Mitglieder der Unterwelt per Flugzeug ins benachbarte Ausland schaffen." „Sie sind verflixt gut informiert worden", meinte Fandly lächelnd. Er zupfte weiter an der Schublade herum und war ganz versessen darauf, an seine Waffe heranzukommen. „Als Privatermittler muß man sich umhören", antwortete Parker höflich, aber distanziert, „könnte es nun sein, daß ein gewisses Syndikat an dieser privaten Fluchtorganisation nicht interessiert ist?" Während Parker noch redete, griff er nach einem der vielen Kugelschreiber, die in einer der oberen Taschen seiner konservativ geschnittenen Weste staken. Spielerisch nahm er diesen Schreibgegenstand in die Hand. Die Schreibspitze war wie zufällig auf den Gangsterboß gerichtet. „Glauben Sie wirklich, daß ich Ihnen darauf antworten werde?" Fandly zog ein verächtliches Gesicht. Gleichzeitig langte er vorsichtig in die Schublade. Er wollte diesen lästigen Besucher endlich in die Verteidigung drängen, wenn er nicht sogar beabsichtigte, auf ihn zu schießen. Parker ließ es nicht soweit kommen! Seine Finger, die ja stets in schwarzen Zwirnshandschuhen steckten, drückten auf den Haltclip. Unmittelbar darauf zuckte Fandly zusammen und vergaß seine Waffe. Er faßte nach seiner linken Hand, die die Zigarre hielt. Und rutschte in sich zusammen. Er sah schon nicht mehr den länglichen, dünnen Gegenstand, der an eine Stopfnadel erinnerte und nichts anderes war als ein kleiner Pfeil, dessen Spitze mit einem Spezialpräparat imprägniert war. Dieses Präparat löste sofort eine lähmende Müdigkeit aus, die man auch mit einer Art Ohnmacht hätte umschreiben können. Parker ging um den kommandostandähnlichen Schreibtisch herum, nahm die Schußwaffe an sich – es 35
handelte sich um einen kurzläufigen 38er – und schob den schweren Rollsessel samt Fandly hinüber zu den schwellenden Polstern. Dort kippte er den Gangsterboß auf eine waagerechte Unterlage und nahm sich anschließend die Freiheit, das Büro einer näheren Inspektion zu unterziehen. Dabei machte er eine interessante Entdeckung. Die tief eingebaute Bar, die sich in einer Wandnische befand, schien auf dem Kunststoffboden feine Schleifspuren hinterlassen zu haben, die an den Teil eines Halbkreises erinnerten. Dies mußte laut Parker einen bestimmten Grund haben. Er untersuchte diese Schleifspuren aus der Nähe, hörte dann plötzlich schnelle Schritte und zog es vor, erst einmal in Deckung zu gehen. Er entschied sich für einen Platz hinter der Tür. Und wartete mit dem 38er in der Hand auf weitere Besucher. * „Wer sind Sie?" fragte Randy Talbert, der ehemalige Sekretär des Flugsportclubs. Er hatte sich vor Mike Rander aufgebaut und verwehrte ihm den Zutritt zu der großen Scheune des Farmhauses, in dem er wohnte. Mike Rander stellte sich vor und verschwieg nicht, daß er neben seiner Tätigkeit als Strafverteidiger auch eine Lizenz als Privatdetektiv besaß. „Wer hat Sie geschickt?" Randy Talbert wich nicht von der Stelle. Er war klein, schmal, drahtig und hatte große, dunkle, fanatisch leuchtende Augen. Er trug einen ölverschmierten Overall und eine Kappe, deren Schirm er wie ein Mechaniker steil hochgeklappt hatte. In der Hand hielt er einen Schraubenschlüssel, der schon fast so etwas wie eine Waffe war. „Ich komme in eigener Sache", erwiderte Rander. „Wissen 36
Sie, daß heute das Clubmitglied Hastings abgestürzt ist?"
„Hastings?" fragte Talbert bestürzt.
„Seine Maschine platzte in der Luft auseinander. Wie in
den Fällen der drei anderen Clubmitglieder."
„Das ist kein Zufall mehr!" Talbert schüttelte nachdenklich
den Kopf, „ich habe ja schon immer gesagt, daß in unserem
Club ein Mörder ist!"
„Sie meinen den Club, für den Sie als Sekretär gearbeitet
haben?"
„Und als Fluglehrer", erklärte Talbert nickend. „Aber das
ist jetzt vorbei!"
„Seitdem Belmont Präsident ist, wie?"
„So ungefähr… Kommen Sie 'rein! Ich glaube, daß man
Ihnen trauen kann. Wie war noch der Name?"
„Rander, Mike Rander!"
„Und Sie wollen diese… Unfälle klären?"
„Mein Butler und ich. Sie sprachen eben davon, daß Sie im
Club schon immer mit einem Mörder gerechnet hatten.
Können Sie das näher erklären?"
„Wer bezahlt Sie für Ihre Ermittlungen?"
„Belmont", antwortete Rander offen und ehrlich. Dann
fügte er schnell hinzu, bevor Talbert antworten konnte:
„Wir ermitteln auch gegen ihn. Er ist für meinen Butler und
für mich genauso verdächtig wie jedes andere
Clubmitglied."
„Belmont hat Sie engagiert?" wunderte sich Talbert und
schüttelte leicht den Kopf, „hätte ich nicht gedacht.
Vielleicht ist das ein besonders raffinierter Trick von ihm."
„Demnach würden Sie ihn für besonders verdächtig
halten?"
„Natürlich. Ich weiß, was ich weiß!"
„Und was wissen Sie genau?"
„Im Club geschahen komische Dinge, verstehen Sie?"
Talberts fanatische Augen nahmen einen starren Ausdruck
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an. Er hüstelte und wog den schweren Schraubenschlüssel in der Hand. „Sie geschehen immer noch! Man muß nur Augen haben zu sehen und Ohren zu hören." „Natürlich", gab Rander vorsichtig zurück. Er wollte den Mann bei Laune halten und rechnete mit wirklichen Hinweisen. „Belmont ist bedenkenlos!" „Wie meinen Sie das?" „Aber auch seine Zeit wird eines Tages kommen, verlassen Sie sich darauf!" „Jeder ist früher oder später mal dran", rettete Rander sich in einen vagen Hinweis, „wieso glauben Sie, daß Belmont etwas mit den tödlichen Unfällen zu tun haben könnte?" „Kontrollieren Sie die Tanklisten und die Eintragungen in der Liste des Kontrollturms", redete Randy Talbert weiter, „vielleicht wußten die Clubmitglieder zuviel. Vielleicht mußten Sie deshalb sterben!" Talbert ließ den jungen Anwalt plötzlich stehen und ging hinüber zu einer Werkbank. Hier begann er an einem ausgebauten Zylinderdeckel zu arbeiten, ohne sich weiter um Rander zu kümmern. Der Anwalt zündete sich eine Zigarette an und blieb abwartend stehen. Gewiß, Talbert benahm sich etwas eigenartig, aber verrückt war er ganz sicher nicht. Zudem fühlte Rander, daß Talbert noch eine Menge hätte sagen können. Warum er nun schwieg, war im Moment unerfindlich. Als Rander sein Feuerzeug wegstecken wollte, fiel sein Blick auf eines der beiden Fenster seitlich neben der Werkbank. Er fuhr wie unter einem Peitschenhieb zusammen, als er den abgesägten Lauf eines Schrotgewehres ausmachte, dessen Mündung, zwar noch vor dem Glas, direkt auf Talbert gerichtet war. Rander schaltete schnell und mechanisch. 38
Es war zu spät, um Talbert zu warnen. Rander riß seine Schußwaffe aus der Halfter und feuerte in schneller Reihenfolge drei Schüsse auf die Fensterscheibe ab, die berstend auseinanderplatzte. Damit verhinderte er den Schuß auf Talbert, der sich erstaunlich routiniert und geistesgegenwärtig zu Boden warf. „Bleiben Sie in Deckung", rief Rander dem ehemaligen Clubsekretär zu, „man wollte auf Sie schießen!" Dann rannte er zurück zur Tür des Hangars und nahm die Verfolgung des verhinderten Gewehrschützen auf. Als er die Tür auftrat, vorsichtshalber aber zurückblieb, donnerte eine schwere Schrotladung in die auffliegende Tür, die von der Gewalt der vielen, kleinen Einschläge zurück ins Schloß geworfen wurde. Wenig später war das fast wütende Aufheulen eines Automotors zu hören. Rander trat die Tür erneut auf und riskierte einen halben Schritt nach draußen. Er sah trotz der einfallenden Dämmerung ganz deutlich einen Cadillac, der in schnellem Tempo davonraste… * Die beiden cleveren Männer erschienen im Büro. Aus tränenverklebten Augen, die sie sich rot gerieben hatten, hielten sie Ausschau nach ihrem Herrn und Meister. Sie entdeckten ihn auf den schwellenden Polstern der Sitz und Ruhebänke und beeilten sich, ihre Hilfe anzubieten. Sie waren derart eifrig, daß sie total vergaßen, nach Parker zu suchen. Was sie wohl besser getan hätten. Parker stand völlig gelassen, allerdings ohne Verzicht auf Würde, hinter der Tür und beobachtete die beiden Männer, die nun ihre Schußwaffe gezogen hatten und gewiß nicht zögerten, sie auch einzusetzen. „Da Hegt der Boß", rief einer der beiden Männer und 39
rannte zu Fandly hinüber. „Wo steckt dieser verdammte Bursche, der uns 'reingelegt hat?" Der zweite Mann drehte sich halb um und erstarrte. Er sah genau in die Mündung des 38ers, den Parker erst vor wenigen Minuten erbeutet hatte. „Echauffieren Sie sich bitte nicht", sagte Parkier in seiner unnachahmlichhöflichen Art, „Mister Fandly befindet sich bei bester Gesundheit, wenngleich er auch eine kleine Ruhepause eingelegt hat. Darf ich Sie höflichst bitten, Ihre Waffen niederzulegen? Wie leicht könnte sonst ein mehr oder weniger großes Unglück geschehen?" Die beiden überrumpelten Männer sahen ein, daß dieser Mann neben der Tür nicht zu überraschen war. Zudem machte er den Eindruck, daß er mit einer Schußwaffe umzugehen verstand. Sie ließen also ihre Schußwaffen, Kaliber 45, schleunigst zu Boden fallen und hoben sicherheitshalber die Hände. „Sie berühren mich äußerst angenehm", stellte Parker fest, „haben Sie doch weiter die Freundlichkeit, sich dort in die Sessel zu setzen. Ich möchte Säe nicht unnötig strapazieren." Sie gehorchten und kamen seinem Wunsch nach. „Ich kann leider nicht länger verweilen", entschuldige Parker sich. „Richten Sie Mister Fandly doch bitte aus, daß ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal vorstellig werde. Für den Augenblick reichen seine Auskünfte völlig aus." Parker kickte die beiden Waffen mit der Spitze seines Universal-Regenschirms unter einen niedrigen Schrank und lüftete höflich seine Melone. Dann empfahl er sich. Er schloß die Tür hinter sich und begab sich hinüber in die Empfangshalle. Hier baute er sich hinter einer Zierpalme auf, die in einem modischen Holzkübel stak und wartete auf weitere Ereignisse. 40
Die nicht lange auf sich warten ließen! Nach knapp einer Minute brausten die Männer heran. Sie hatten sich ihre 45er unter dem Schrank hervorgeholt und rannten durch die Empfangshalle auf den Ausgang zu. Wahrscheinlich wollten sie Parker draußen auf dem Bauhof suchen. Sie rechneten wohl damit, daß er das Gelände noch nicht verlassen hatte. Nachdem säe draußen in der Dämmerung verschwunden waren, begab der Butler sich zurück zu Mister Matt Fandly. Der Tiefbauunternehmer ahnte nichts von seinem Gast. Er stand neben seinem Schreibtisch und telefonierte. Seine Stämme klang gereizt, wütend und irgendwie atemlos. „… ich sage doch, daß dieser Parker hier war", klärte er seinen Gesprächspartner auf, „ja, Parker, dieser verdammte Butler, der sich in alles einmischt. Ich verlange vom Syndikat sofort geeignete Mittel. Diesem Kerl ist mit normalen Mitteln nicht beizukommen. Das Syndikat soll Spezialisten kommen lassen oder einsetzen. Die müssen wir doch in Chikago haben, oder? Okay. Dann lasse ich mich also überraschen. Natürlich, am besten ist, wir überraschen ihn in der Dachgartenwohnung seines Chefs, den können wir bei der Gelegenheit gleich mit hochgehen lassen… Warum Parker gekommen ist? Wegen Belmont! Belmont scheint da irgendeine Sache aufgezogen zu haben, die unsere Arbeit wieder stört. Ja, es wird endlich Zeit, auch ihm das Handwerk zu legen. Mir paßt sein Laden schon lange nicht mehr… Okay, darüber werden wir dann noch reden. Ende!" Fandlys Stimme hatte sich etwas beruhigt. Er legte auf und griff nach seiner Zigarre. Dann ließ er sich in seinen Rollsessel fallen und lehnte den Kopf zurück. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, wie man einen gewissen Josuah Parker möglichst nachdrücklich umbringen konnte. 41
„Ich störe hoffentlich nicht!" Parker lüftete seine Melone und trat näher. Fandly nahm ruckartig den Kopf hoch und vor und stierte den Butler an, der die Tür sanft schloß und von innen einen erfreulicherweise angebrachten Riegel vorlegte. „Sie?" keuchte er dann gedehnt. „Wir mußten unsere Unterhaltung unterbrechen", entschuldigte Parker sich, „wenn Sie erlauben, setzen wir Sie nun fort, Mister Fandly!" „Mann, sind Sie verrückt?" „Auf keinen Fall, Mister Fandly. Zweifel dieser Art wurden an mir noch nie erhoben. Aber bleiben wir doch beim Thema, falls Sie einverstanden sind! Warum ist dem Syndikat die Fluchtorganisation Belmonts ein Dorn im Auge?" „Sie… Sie…" Fandly suchte nach passenden Worten, fand sie aber nicht. „Könnte es womöglich um die entgangenen Gewinne gehen?" „Sie sind verrückt!" „Dies, so erinnere ich mich, behaupteten Sie bereits schon einmal, Mister Fandly", entgegnete der Butler ohne jeden Vorwurf. „Das von Ihnen geführte Gespräch, das ich soeben mitverfolgen' konnte und durfte, deutet aber durchaus in diese Richtung." „Seit… seit wann haben Sie aufgehört?" Fandly stand auf und sah sich nach einem geeigneten Wurfgegenstand. „Ich denke, daß Sie mich wider Willen ausreichend informiert haben", erwiderte Parker höflich. „Das Syndikat, dem Sie angehören, möchte unter anderem Master Belmonts Organisation zerschlagen. Von Mister Belmont selbst einmal ganz abgesehen. Gehörten und gehören die vier tödlichen Abstürze bereits zu diesem Programm? Soll Mister Belmont damit seiner Flugbasis beraubt werden?" Die Antwort blieb aus. 42
Schüsse dröhnten auf, die die Türfüllung zersplitterten. Die beiden düpierten Männer verschafften sich Eintritt und setzten dabei ohne Bedenken die Einrichtung des Büros aufs Spiel. „Welch ein« Vergeudung von Munition und Material", meinte Josuah Parker leicht vorwurfsvoll zu Fandly. „Ganz zu schweigen von den Manieren, die hier zu fehlen scheinen! Bringen Sie Ihre Angestellten doch bitte dazu, sich wie zivilisierte Menschen zu benehmen, Mister Fandly!" Fandly nickte. „Aufhören! Aufhören!" rief er mit harter Stimme. Dann fragte er ohne Übergang: „Haben Sie was dagegen, daß ich mir einen Drink nehme?" „Auf keinen Fall, Mister Fandly!" Fandly hatte es ungemein eilig, zu seiner Bar zu kommen, die sich in der Mauernische befand. Er klirrte dort mit Flaschen und Gläsern herum und… war plötzlich verschwunden. Parker gestattete sich den Luxus eines feinen Lächelns. Genau damit hatte er gerechnet. Nicht umsonst hatte er sich ja für die bogenförmigen Schleifspuren auf dem Boden interessiert. Die Wandbar tarnte einen Notausgang, den der Gangsterboß nun benutzt hatte. Parker machte erst gar keimen Versuch, diesen Notausgang ebenfalls zu benutzen. Für ihn war es klar, daß er inzwischen fest verschlossen war. Der weiterhin erwartete Telefonanruf ließ nicht lange auf sich warten. Parker hob den Hörer ab und meldete sich. „Hier Fandly", sagte der angebliche Tiefbauunternehmer. „Sie wissen doch hoffentlich, daß Sie in der Falle sitzen, Parker, oder?" „Sie erschrecken mich, Mister Fandly!" „Sie werden gleich von Ihrem hohen Pferd runtersteigen", ergrimmte Fandly sich, „stecken Sie auf, dann räume ich 43
Ihnen noch eine Chance ein! Falls nicht, werden Sie die nächsten fünf Minuten nicht überleben. Auch ich habe mir nämlich was einfallen lassen. Was für Ratten gut ist, müßte ja wohl auch für Sie reichen. Also, stecken Sie sofort auf!" „Ich fürchte, ich werde Ihrem Vorschlag nicht zustimmen können", gab der Butler zurück, „falls Sie sich meiner Person versichern wollen, werden Sie in dieses Büro eindringen müssen!" „Okay, wie Sie wollen!" Fandly lachte böse, wie es sich für einen Gangsterboß gehörte, „machen Sie schon jetzt Ihr Testament! Gegen Zyangas ist kein Kraut gewachsen!" * Fenster brauchten nicht geschlossen zu werden, um das Büro luftdicht abzuschließen. Dennoch hörte der Butler ein feines Surren, als sei ein Elektromotor in Betrieb gesetzt worden. Er wechselte hinüber zur Tür, selbst jetzt ohne jede Hast. Er schien sich seiner Sache vollkommen sicher zu sein. Panikstimmung kam in Parker erst gar nicht auf. Ja, er hatte sich nicht getäuscht. Die beiden jungen Männer draußen vor der Tür schossen längst nicht mehr. Sie waren auch nicht zu hören. Dafür kam zu dem Summen des Elektromotors ein feines Scharren, als gleite eine Trennwand im Schienen vor der Tür herunter. Fandly wollte also nicht bluffen. Er wollte die günstige Gelegenheit nutzen, ihn, Josuah Parker, wie eine Ratte zu vernichten. Dazu hatte er die Absicht, sich eines tödlichen Gases zu bedienen. Parker gedachte, Fandly einen Strich durch die Rechnung zu machen. Zu seinem Glück gehörte es zu seiner selbstverständlichen Ausrüstung, auch gegen solche Angriffe gerüstet zu sein. Parker öffnete sein abgegriffenes Zigarrenetui und wählte mit Sorgfalt und Bedacht eine der pechschwarzen Zigarren 44
aus. Ein aufmerksamer Beobachter hätte sich gewundert, denn Parker zog aus einer der vielen Westentaschen einen ungemein altertümlich aussehenden Kneifer hervor, den er sich auf die Nase setzte. Einem noch aufmerksameren, sehr mißtrauischen Beobachter wäre weiter aufgefallen, daß der Nasenbügel dieses Klemmers fest auf der Nase saß und es unmöglich machte, durch sie zu atmen. Anschließend schlossen sich Parkers Lippen um die mit Bedacht ausgewählte Zigarre. Er konnte getrost der Zyangase harren, die ihm von Mister Fandly angekündigt waren. Die Zigarre war in Wirklichkeit nichts anderes als eine Alround-Atempatrone, die jedes bekannte Gas absorbierte. Beschränkte der Butler sich also darauf, nur durch diese als Zigarre getarnte Patrone zu atmen, konnte ihm nichts passieren. Ein Luftholen durch die Nase war durch den Kneifer unmöglich geworden. Ein aufdringliches Zischen sagte dem Butler wenig später nach diesen Vorbereitungen, daß der angebliche Tiefbauunternehmer keineswegs geblufft hatte. Mittels Preßluft schickte dieser Gangsterboß das tödliche Gas in das Büro hinein. Und er war wohl sicher, daß dieses Mittel unfehlbar wirken mußte. Parker hatte es sich in einem der Sessel bequem gemacht, nachdem er das Licht im Privatbüro des Gangsters ausgeschaltet hatte. Er mußte immerhin mit einer nicht zu sehenden Fernübertragungsanlage rechnen. Mister Fandly brauchte ja nicht vorzeitig zu sehen, daß sein Plan mißlang. Das aufdringliche, scharfe Zischen hatte längst aufgehört. Parker, der seine unförmige, zwiebelörmige Taschenuhr befragt hatte, stellte fest, daß inzwischen gut fünf Minuten verstrichen waren. Plötzlich surrte eine Entlüftungsanlage. Die Anlage arbeitete machtvoll und pumpte das Privatbüro leer. Parker ließ sich jedoch Zeit, bevor er sein improvisiertes Schutzgerät wieder wegsteckte. Er wollte 45
kein Risiko eingehen und nicht im letzten Moment noch ein Opfer dieses tückischen Anschlags werden. Dann kam das Surren des Elektromotors. Die Türblende wurde wahrscheinlich wieder eingefahren. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis die Gangster den Raum betraten und Ausschau nach ihrem Opfer hielten. Parker legte sich in seinem Sessel malerisch zurecht. Die Gangster sollten rein optisch erst mal voll auf ihre Kosten kommen. Die Tür wurde eingetreten, da der Riegel sich noch immer nicht gelöst und den ersten Schüssen widerstanden hatte. Licht flammte auf. Durch den fast geschlossenen Vorhang seiner Wimpern beobachtete Josuah Parker die drei eintretenden Männer. Es handelte sich um Matt Fandly und die beiden Leibwächter. Sie waren sich ihrer Sache derart sicher, daß sie noch nicht einmal ihre Schußwaffen gezogen hatten. Sie rechneten fest damit, daß Butler Parker nicht mehr lebte. Matt Fandly blieb in der Höhe seines Schreibtisches stehen und lachte leise. „Na, also!" sagte er dann zu seinen Leibwächtern, „selbst der gerissenste Fuchs geht irgendwann mal in die Falle!“ „Ihr Trick war erstklassig, Chef", sagte der erste Leibwächter. „Damit hat der Schnüffler bestimmt nicht gerechnet", ergänzte der zweite Leibwächter und lachte, „haben wir uns trotzdem die Prämie verdient?" „Darüber läßt sich reden", meinte Fandly gnädig, „ich werde dem Syndikat auf jeden Fall melden, daß ihr prima mitgearbeitet habt." „Sollen wir ihn wegschaffen?" fragte der erste Leibwächter und ging langsam auf Parker zu. „Natürlich, laßt ihn irgendwo verschwinden, wo er nicht zu schnell gefunden wird!" „Ich kenne da einen kleinen See, der ihn bestimmt festhält", sagte der zweite Leibwächter, „mit 'nem Sack Zement ist 46
das Problem schnell gelöst." „Moment, ich will noch schnell anrufen." Fandly hob den Hörer ab und wählte eine Nummer. Dann meldete er sich mit seinem Namen. „Hier Fandly. Bestellen Sie Catters, daß das Butler-Problem sich inzwischen erledigt hat! Ja, Sie haben richtig verstanden, mein Junge. Ich komme morgen vorbei und berichte ausführlich. Aktionen aller Art können abgeblasen werden, sind nicht mehr notwendig. Danke, das war's!" Fandly fühlte sich als Sieger auf der ganzen Linie. Er knallte den Telefonhörer zurück auf die Gabel und reckte und dehnte sich. Dann wandte er sich an seine beiden Leibwächter. „Jetzt ist Belmont an der Reihe", sagte er mit der Gelassenheit des Triumphators, „jetzt werden wir seine Fluchtorganisation ausräuchern und uns selbst diesen Laden an Land ziehen, klar? Auf dieses Geschäft habe ich schon seit Monaten gewartet. So, an die Arbeit, Jungens! Wir sehen uns morgen wieder hier in meinem Büro!" Die beiden Leibwächter näherten sich dem Butler, der regungslos im Sessel lag und deutlich werden ließ, über welche Qualitäten als Schauspieler er verfügte. „Ich die Füße, du den Oberkörper", sagte der erste Leibwächter zu seinem Partner und beugte sich zu Parker hinunter. „Ist der auch wirklich erledigt?" fragte der zweite Leibwächter, der plötzlich von einer gewissen Skepsis erfaßt wurde. „Und ob der Schnüffler tot ist", rief Fandly vom Schreibtisch herüber, „den bringt selbst ein Wunder nicht mehr auf die Beine, verlaßt euch darauf!" * „Wer könnte es auf Sie abgesehen haben?" fragte Mike 47
Rander, nachdem Randy Talbert sich wieder nervlich etwas gefangen hatte. „Dieser Mordanschlag galt eindeutig Ihnen." Talbert, der ehemalige Sekretär des Clubs, der sich auch als Fluglehrer betätigt hatte, lehnte mit dem Rücken, gegen die Wand und starrte hinüber zum zersplitterten Fenster. Er zuckte zusammen, als er von Mike Rander angesprochen wurde. „Wie…… wie bitte?" fragte er dann geistesabwesend. „Wer könnte es auf Sie abgesehen haben?" wiederholte Mike Rander seine Frage noch einmal. „Keine Ahnung!" Talbert zuckte die Achseln und löste sich dann vorsichtig von der Wand. „Der Mörder setzte sich in einem Cadillac ab", sagte Rander weiter, „wenn ich mich richtig erinnere, hat Belmont solch eine Luxuskutsche!" „Belmont!" Talbert leckte sich die trocken gewordenen Lippen. „Dem traue ich so etwas zu. Nicht ihm persönlich, aber seinen Leuten." „Hat er einen definitiven Grund, Sie ermorden zu lassen?" „Hören Sie, Mister Rander. Ich glaube, ich lege meine Karten auf den Tisch." „Nicht schlecht, Talbert, vielleicht leben Sie dann länger und sicherer. Belmont hat also einen Grund, Ihnen ans Leder zu wollen. Hängt das mit Ihrer damaligen Entlassung zusammen?" „Für Belmont weiß ich einfach zu viel", erzählte Talbert, „aber gehen wir lieber 'rüber ins Wohnhaus, da fühle ich mich wohler!" Mike Rander sicherte den Weg. Es war, inzwischen dunkel geworden. Und überall konnten noch Mörder auf ihr Opfer lauern. Falls Belmont hinter diesem Anschlag stand, dann beließ er es bestimmt nicht nur bei einem Versuch. Sie gelangten jedoch ungeschoren ins Wohnhaus. Erst als 48
Talbert die Türen und Fenster fest verrammelt hatte, kam er wieder zur Sache. Er berichtete jetzt trocken und sachlich. Von einer gewissen Verrücktheit, die man ihm nachsagte, war nichts zu spüren. Talbert wußte genau, was er sagte. „Sie wollen wissen, warum Belmont mich gefeuert hat", schickte er voraus, „das ist schnell erklärt. Sie wissen vielleicht nicht, daß unser neuer Clubpräsident rasend eifersüchtig ist. Sie brauchen mich gar nicht so erstaunt anzusehen. Belmont ist schlimmer als seinerzeit Othello." „Hat er Anlaß dazu?" „Allerdings. Seine Frau flirtet mit jedem Burschen, der ihr über den Weg läuft. Und ich glaube, sie flirtet nicht nur. Sie ist bedenkenlos. Belmont weiß das und versucht zu retten, was zu retten ist." „Demnach ist er seiner Frau wohl verfallen, wie?" „Sie werden Belmont verstehen, wenn Sie seine Frau gesehen haben. Ich gab ihr Flugunterricht. Sie hatte von Anfang an das richtige Gefühl in der Kehrseite, verstehen Sie. Sie hatte es in den Fingerspitzen. Sie nutzte jede freie Stunde, 'raus zum Flugplatz zu kommen. Wir waren stundenlang unterwegs, und das muß Belmont schließlich nicht mehr gefallen haben. Er feuerte mich unter irgendeinem Vorwand." „Können Sie sich da etwas deutlicher ausdrücken, Talbert?" „Angeblich wegen Disziplinlosigkeit der Flugleitung gegenüber. Und dann soll ich dazu noch Sprit verschoben und verkauft haben. Auf eigene Rechnung, versteht sich." „Und das genügte schon, Sie abzuservieren?" „Das allein bestimmt nicht. Die meisten Clubmitglieder waren gegen meine Entlassung. Aber ich ging dann freiwillig." „Haben Belmonts Leute Druck auf Sie ausgeübt?" „Das haben Sie aber sehr nett und vorsichtig ausgedrückt, 49
Mister Rander. Ich erhielt einige anonyme Anrufe. Man riet mir, schleunigst den Club zu verlassen, falls ich an einem Absturz nicht interessiert sei. Ich begriff und setzte mich ab!" „Und das war schon alles?" „Glauben Sie, daß ich Ihnen etwas verschwiegen habe?" „Sie sprachen vor dem Überfall eben von Tanklisten und Eintragungen im Tower des Flugplatzes." Talbert preßte die Lippen zusammen. Er deutete damit an, daß er nicht weiterreden wollte. Ihm wurde das Thema wohl doch zu heiß und zu gefährlich. „Sie sprachen davon, daß die verunglückten Clubmitglieder zu gut Bescheid wußten. Worüber? Über heimliche Flüge bei Nacht und Nebel? Über Flüge 'rüber nach Kanada?" „Unterschätzen Sie bloß Belmont nicht!" „Nach dem Überfall auf Sie bestimmt nicht, Talbert. Aber ich will ihm schließlich das Handwerk legen. Dazu brauche ich Informationen. Liege ich mit meiner Vermutung richtig? Belmont unterhält eine Fluchtorganisation für dringend gesuchte Gangster, die eine Luftveränderung anstreben…" „Das weiß ich nicht." Talbert schüttelte den Kopf. „Ich weiß nur, daß sein Privatpilot häufig nachts unterwegs ist. Und zwar vom Clubflugplatz aus. Und diese Flüge werden nicht registriert, sie werden einfach unterschlagen. Sie erscheinen nicht in den Startlisten. Von den Spritlisten ganz zu schweigen. Die werden willkürlich manipuliert. So, jetzt habe ich Ihnen gesagt, was ich weiß, jetzt sind Sie an der Reihe!" „Ich glaube, Sie haben meinem Butler und mir sehr viel weitergeholfen", sagte Rander und nickte lächelnd, „noch eine letzte Frage. Ist Ihnen eine einmotorige Maschine bekannt. Tiefdecker. Wahrscheinlich Eigenbau. Sie müßte 50
hier irgendwo in der Nähe stationiert sein?"
„Tiefdecker, einmotorig, Eigenbau. Warten Sie, das kommt
mir bekannt vor."
„Ich lasse mich gern überraschen."
„Ich habe solch eine Maschine!"
„Wie, bitte?" Rander war ehrlich verblüfft.
„Wollen Sie sie sehen?"
„Nur zu gern, Talbert."
„Sie steht draußen in einem Schuppen. Ich habe nämlich
auch einen kleinen Flugplatz hinter dem Farmhaus."
Rander und Talbert verließen das Farmhaus. Sie gingen um
die große Scheune herum, überquerten eine Art
Baseballplatz und hielten dann auf einen Schuppen zu, der
an einen Wetterunterstand für Milchvieh erinnerte.
„Hier ist sie", sagte Talbert und zog das zweiflügelige Tor
auf.
„Hier ist sie nicht", stellte Mike Rander fest. Er war
eigenartigerweise überhaupt nicht überrascht. Irgendwie
hatte er damit gerechnet.
„Sie ist weg!" rief Talbert erstaunt aus, „verstehen Sie das?"
„Bestimmt nicht. Das heißt, ist sie vielleicht gestohlen
worden?"
„Muß doch wohl!" Talbert schüttelte den Kopf und wirkte
wenig überzeugend, „das kann ich nicht verstehen! Wer
könnte sich schon für meine Maschine erinnern?"
„Irgendein Mörder!" sagte Mike Rander trocken und
lakonisch, „irgendein Mörder, der dazu noch brillant
fliegen kann! Auch in dieser Hinsicht kann ich mich auf das
Urteil meines Butlers fest verlassen!"
* Die beiden jungen Leibwächter schleppten sich mit Josuah Parker ab. Sie hatten ihn bereits aus Fandlys Privatbüro 51
getragen und spedierten ihn nun durch die Empfangshalle. Ihr Ziel war ein Kombiwagen, der vor dem Eingang stand. In ihm sollte der Butler zum besagten See gebracht und dort versenkt werden. Sie ahnten nicht, daß ihr Opfer noch lebte und sich ausgezeichnet fühlte. Parker hatte sein Wiedererwachen verschoben. Er wollte erst einmal ohne weitere Schwierigkeiten das Grundstück des Tiefbauunternehmers verlassen. Fandly folgte dem Schleppzug. Nach seinem vermeintlichen Sieg über Josuah Parker befand er sich in bester Stimmung. Er glaubte, alle Schwierigkeiten bereits aus dem Weg geräumt zu haben. „Ich glaube, wir nehmen Belmont noch in dieser Nacht auseinander", sagte er zu seinen beiden engsten Mitarbeitern. „Ich bin eben angerufen worden. Er wird draußen am Flugplatz sein. Vielleicht will er noch in dieser Nacht einen Transport aufziehen!" „Sollen wir rüber zum Flugplatz kommen?" fragte einer der Leibwächter. „Natürlich. Wir treffen uns in der Snack-Bar am Zufahrtsweg zum Flugplatz. Wann seid Ihr mit dem Schnüffler soweit?" „Den haben wir in spätestens einer Stunde geschafft. Solange brauchen wir noch mit dem Zementklotz." „Zementiert seine Beine gut ein. Von mir aus brauchte dieser gerissene Schnüffler nie wieder aufzutauchen." „Und was ist mit seinem Chef, Boß?" „Den knöpfen wir uns anschließend vor. Wir locken ihn unter irgendeinem Vorwand in eine Falle. Wird eine Kleinigkeit sein. Wir brauchen ihn ja nur mit seinem Butler zu ködern." „Ich verstehe gar nicht, wieso dieser Bursche hier so gefährlich sein konnte?" meinte der erste Leibwächter und schüttelte den Kopf, „den haben Sie doch mit der linken 52
Hand aufs Kreuz gelegt, Boß." „Gewußt, wie!" Fandly lachte leise. „Moment, ich halte euch die Tür auf!" Starke Arme und Hände schoben den Butler auf die flache Ladefläche des Kombis. Der Butler ließ alles mit sich geschehen. Seine Verstellungskunst hatte sich jetzt sogar noch zusätzlich ausgezahlt. Er wußte, daß Fandly noch in dieser Nacht den Clubflugplatz aufrollen, lassen wollte. Die Hinweise auf die Todfeindschaft zwischen Fandly und Belmont waren demnach goldrichtig gewesen. „Also, in einer Stunde in der Snack-Bar!" Fandly verabschiedete seine beiden Leibwächter und wartete, bis der Kombi den Bauhof seiner Tarnfirma verlassen hatte. Dann gang er ins Haus zurück, um dem Vertreter des Syndikats seine Absichten mitzuteilen. Parker machte es sich auf der Ladefläche des Kombis bequem und ließ sich durch die Dunkelheit fahren. Auf seinem Kopf saß nach wie vor die schwarze Melone. Neben ihm lag der Universal-Regenschirm, auf den er nur ungern verzichtete. Seine Taschen hatte man leichtsinnigerweise weder durchsucht noch geleert. Er verfügte also über alle jene kleinen Hilfsmittel, die sich bisher immer so nutzbringend ausgewirkt hatten. Das Ziel der Fahrt interessierte den Butler nicht. Bis zum besagten See wollte er sich natürlich nicht bringen lassen. Dies hätte zuviel Zeit gekostet. An einer passenden Stelle wollte er die beiden Leibwächter des angeblichen Tiefbauunternehmers höflichst bitten, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen. Diese Gelegenheit ergab sich recht bald. Die Fahrt ging durch die Außenbezirke der Riesenstadt und hinaus aufs flache Land. Die Häuser wurden spärlicher, der Verkehr auf der Straße war bereits eingeschlafen. Parker richtete sich auf und wählte mit 53
Sorgfalt und Bedacht einen der vielen Kugelschreiber, die er stets mit sich führte. Er entsicherte die Kleinstwaffe, die mit stecknadelkopfgroßem Schrot gefüllt war und preßte dem Fahrer die Mündung dieser Waffe zwischen die Schulterblätter. „Ich würde es begrüßen, wenn Sie jetzt anhielten!" Der Fahrer schrak derart zusammen, daß er das Steuer verriß und den Kombi um ein Haar in den Graben bugsiert hätte. „Sie sollten nicht unnötig erschrecken", bat Parker weiter. „Ich bin weder ein Geist, noch ein Gespenst. Ich erfreue mich, wie es so treffend heißt, bester Gesundheit. Halten Sie, bitte an…" Der zweite Leibwächter war noch immer wie vereist. Er schaffte es einfach nicht, den Kopf nach Parker umzuwenden. Er war nicht in der Lage, nach seinem 45er zu greifen. „W... w… was soll das?" stotterte er schließlich mit heiserer Stimme. „Dies bedeutet eine kleine Fahrtunterbrechung, zumal mein Ziel sich nicht mit dem Ihrer Fahrt zu decken scheint." Parker blieb höflich und gemessen, wie es seine Art war. „Halten Sie dort auf dem kleinen Parkplatz an! Und, bitte, zwingen Sie meine bescheidene Wenigkeit nicht, zusätzlich aktiv zu werden. Ich denke, wir sollten uns jeglichen Ärger ersparen!" Der Fahrer stoppte den Kombi auf dem angewiesenen Parkplatz und ließ hilflos die Hände sinken. Der Beifahrer hatte sich inzwischen endlich von seiner Überraschung erholt. Er hatte sich seiner Schußwaffe erinnert und wollte nach ihr greifen. Parker schüttelte mißbilligend den Kopf. Daß seine Gegner doch immer wieder zu Unbesonnenheiten neigten. Mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms 54
tippte er leicht, aber nachhaltig auf den Hinterkopf des Unbesonnenen, der daraufhin einen leichten Seufzer ausstieß und auf dem Beifahrersitz zusammenmischte. „Ich darf Ihnen versichern, daß ich dies ungemein bedaure", erklärte Parker dem Fahrer, der sicherheitshalber die Hände hochhob und keine Anstalten traf, das Blatt noch einmal zu wenden. „Steigen Sie jetzt, bitte, aus! Ich denke, daß ich für den Wagen eine Verwendung habe. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich nach meinem Privatfahrzeug erkundigen. Sie wissen doch sicher, wo es sich jetzt befindet, nicht wahr?" „Ihr Karren… äh, ich meine, Ihr Wagen steht in der Remise auf dem Bauhof", sagte der Fahrer schnell, „nichts dran, passiert, wirklich." „Dies möchte ich auch sehr hoffen. Ich müßte sonst unwirsch werden, wenn man mein Fahrzeug beschädigt hätte. So, und nun werde ich Sie leider unschädlich machen müssen. Zusammen mit Ihrem Begleiter natürlich." „Sie, Sie wollen uns?" Der Mann schluckte. Er dachte gewiß an Mord. Andere Kategorien gab es für ihn ja nicht. „Wie sehr Sie mich doch mißverstehen", wunderte sich der Butler, „Gewalt und Blut sind mir verhaßt und abhold. Ich werde nur dafür sorgen, daß Sie der Öffentlichkeit für die nächste Zeit nicht mehr schaden können. Dies wird in durchaus humanen Formen geschehen, wie ich aus- und nachdrücklich versichern darf!" Während Parker noch sprach, setzte er als überzeugendes Argument noch einmal den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms ein. Dann legte er die beiden schlafenden Leibwächter des angeblichen Tiefbauunternehmers nebeneinander und koppelte sie mit einer Handschelle aneinander. Dank seiner Voraussicht fand dieses Kopplungsmanöver hinter Busch- und Strauchwerk des Parkplatzes statt Ein einfahrender 55
Lastwagen strich das Buschwerk zwar mit seinen Scheinwerfern ab, vermochte aber nichts deutlich zu machen. Der Fahrer stieg gähnend aus dem Führerhaus und verschwand zwischen den Büschen. Er schien einem unaufschiebbaren menschlichen Bedürfnis nachgeben zu wollen. Parker nutzte die Gelegenheit. Und wieder zeigte sich seine Sportlichkeit und Stärke, als er die beiden Männer kurz aufschloß, um sie dann schnell und nacheinander zur Ladefläche des Wagens zu tragen. Die beiden Leibwächter verschwanden nacheinander in dem langen Sattelschlepper, der bis auf etwa fünfzig gefüllte Säcken leer war. Die Handschelle trat wieder in Aktion. Parker zog aus dem Revers seines schwarzen Zweireihers eine kleine Nadel, deren Spitze er freischraubte. Mit dieser freigelegten Spitze der Nadel ritzte er die Waden der beiden Männer. Nun durfte und konnte der Butler sicher sein, daß aus dem Kurzschlaf ein erholsamer Tiefschlaf für Stunden wurde. Die Nadelspitze war selbstverständlich entsprechend präpariert. Die moderne pharmazeutische Industrie macht ja nichts unmöglich. Parker schloß die niedrige Ladeklappe, die er kurz geöffnet hatte. Und war im Kombi, als der Fahrer des Sattelschleppers froh und leicht wieder auf der Bildfläche erschien. „Fahren Sie zufällig nach New Orleans?" rief Parker dem vorbeigehenden Fahrer zu. „No, ich brumme 'rüber nach Washington", sagte der verdutzte Fahrer. „Auch nicht schlecht", gab Parker zurück, „ich wünsche Ihnen eine gute, angenehme und erholsame Fahrt!" Er wartete, bis der Sattelschlepper sich in Bewegung gesetzt hatte. Erst dann machte Parker sich auf den Weg, seinen jungen Herrn aufzusuchen, falls dazu überhaupt noch Zeit 56
blieb. Er dachte kurz an die beiden Leibwächter des Tiefbauunternehmers. Vor Washington wurden sie gewiß nicht wach. Wie sehr mußten sie sich dann wohl wundern, denn zwischen Chikago und Washington lag eine beträchtliche Strecke, die erst einmal rücküberwunden werden mußte. * Parker ließ den ausgeliehenen Wagen weit vor dem Flugplatz stehen und ging zu Fuß weiter. Etwaigen Betrieb auf dem Gelände wollte er durch Motorenlärm nicht stören. Ihm ging es darum, gewisse Dinge heimlich aus der Nähe zu verfolgen. Nach zwanzig Minuten erreichte er den Flugplatz, der selbstverständlich nicht eingedrahtet war. Er überquerte die Rollbahn und hielt auf die Hangars, Schuppen und den Tower zu, an dessen Fuß sich die Kantine befand. Licht war weit und breit nicht zu sehen. Ein paar Grillen zirpten die sommerwarme Nacht an, weit entfernt fühlten sich einige Frösche belästigt und quakten zurück. Sonst war es auf dem Flugplatz vollkommen ruhig. Parker bezweifelte, ob ausgerechnet in dieser Nacht irgendwelche Flüge stattfanden. Parker inspizierte die Gebäude. Sie waren fest verschlossen, der Tower um diese nächtliche Zeit natürlich nicht besetzt. Wo mochte Platzwart und Faktotum Hank Stalling sich wohl aufhalten? Schlief er in seinem Verschlag? Angeblich verließ er den Flugplatz fast nie, oder doch nur selten. Parker wußte von seinem jungen Herrn, wo er den Platzwart finden konnte. Er wollte sich gerade mit der kleinen Pforte im Tor des Haupthangars beschäftigen, als er von innen Geräusche hörte, die ihn an das Gluckern eines Gewohnheitstrinkers erinnerten. Parker drückte besonders 57
vorsichtig die Klinke herunter und spähte in den Hangar. Aufschlußreiches bot sich seinen Augen. Der Platzwart Hank Stalling stand vor einem einmotorigen Hochdecker und hielt einen Benzinkanister in der Hand, der offensichtlich leer war, denn er trug leicht an ihm. Er schien gerade von einer der Tragflächen gestiegen zu sein. Vor dieser Tragfläche stand eine breite Werkstattleiter mit Arbeitsbühne. Der Lichtkreis einer kleinen, scheinwerferartigen Lampe strahlte nur diese Tragfläche an. Parker schob sich in den Hangar und schloß wieder vorsichtig die Tür. Er baute sich neben einem Werkzeugspind auf und sah weiter zu. Hank Stalling schleppte sich nun mit einem offensichtlich prallgefüllten Kanister ab. Er trug ihn zur Leiter, stieg mühsam nach oben und entleerte das Benzin in den Tragflächentank. Er fühlte sich völlig unbeobachtet und schöpfte keinerlei Verdacht. Mit diesem Kanister war das Auftanken beendet. Stalling rollte die Leiter zur Seite, aus dem Lichtkreis des Scheinwerfers. Dann zündete er sich trotz der immerhin vorhandenen Brandgefahr eine Zigarette an und ließ sich in einen alten, abgewetzten Sessel fallen, der neben der Werkbank stand. Er schien sich auf eine Wartezeit einzurichten. Um sich die Zeit zu vertreiben, griff er nach einem kleineren Kanister in der Größe einer doppelten Farbendose. Er schraubte umständlich den Verschluß ab und setzte diesen Kanister an den Mund. Es gluckerte erneut. Nun tankte Hank Stalling sich auf. Er wollte wohl nicht zu kurz kommen. Plötzlich hörte man von draußen ein Auto. Stalling sprang hastig wie ein ertappter Dieb auf. Er drückte die Zigarette aus, stellte den Kleinstkanister weg und ging zurück zur Maschine. Wenig später wurde die Torpforte geöffnet. Gute, alte Bekante erschienen auf der Bildfläche. Belmont und das Clubmitglied Rich Gardman 58
schoben sich in den Lichtkreis. „Alles klar?" fragte Belmont in Richtung Platzwart. „Alles klar, Mister Belmont!" Hank Stalling wirkte sehr eifrig, als habe er Angst vor Belmont. „Die Kiste ist aufgetankt und überprüft.“ „Dann wollen wir mal sehen!" Rich Gardman benahm sich wie selbstverständlich. Er war ganz sicher nicht zum erstenmal um diese Zeit im Hangar. Er nickte Belmont zu und beschäftigte sich dann zusammen mit Stalling mit der Maschine. Belmont zündete sich eine Zigarre an. Brandgefahr schien er nicht zu kennen. „Sie müßten gleich kommen", rief Gardman, der die flüchtige Inspektoion der Maschine beendet hatte. Er tippte auf seine Armbanduhr. „Sollen wir schon die Kiste 'rausschieben?" „Okay", antwortete Belmont desinteressiert. Auch für ihn schien es sich hier um reine Routine zu handeln. „Sie kommen!" warf Stalling in diesem Moment ein, „ich höre 'nen Wagen!" „Sicher ist sicher!" Belmont lächelte und hatte plötzlich einen 45er in der Hand. Er trat aus dem Lichtkreis und baute sich neben der Werkbank auf. Stalling und Gardman gingen ebenfalls in Deckung. Wenig später erlosch der Scheinwerfer. Im Hangar herrschte jetzt ägyptische Finsternis. Schritte näherten sich. Stimmen waren zu hören. Dann trat irgendein Fuß gegen das Hangartor. Ein sehr ungewöhnliches Benehmen für Fluggäste, die nach Lage der Dinge bestimmt nicht an unnötigem Krach interessiert sein konnten. Die Reaktion Belmonts war entsprechend. Plötzlich ploppten schallgedämpfte Schüsse auf. Belmont schien die Schußwaffe zusätzlich mit einem Schalldämpfer versehen zu haben. Es gab draußen vor dem Tor des Hangars einen unterdrückten Aufschrei. Dann wieder Stimmen und schließlich die Detonationen einiger 59
Sprengkörper, die Parker einwandfrei als Handgranaten identifizierte… * „Los, Gardman, den Hinterausgang!" Belmont dirigierte seinen Mitarbeiter, „ich halte hier die Stellung, Stalling schieben Sie die Kiste zurück, schnell!" Parker blieb unbeteiligt. Er wollte nicht stören. Er preßte sich noch ein wenig mehr gegen den Spind und lauschte auf die vielfältigen Geräusche. Handgranaten, das war herauszuhören, wurden nicht mehr eingesetzt. Dafür „ploppte" es jetzt draußen in der Nacht. Ungedämpfte Schüsse dröhnten zurück. Es entstand so etwas wie eine kleine Gefechtstätigkeit, die Belmont nun noch verstärkte. Der Clubpräsident hatte eines der viereckigen Hangarfenster geöffnet und dabei wohl lohnende Ziele gefunden. Er „ploppte" hinaus ins Freie und schien dabei erfolgreich zu sein. Parker hörte nämlich kurz nach solch einem „Plopp" einen lauten, entsetzt überraschten Aufschrei. Und dann war das Feuergefecht plötzlich beendet. Ein Automotor tourte unwahrscheinlich hoch auf, Räder pfiffen kreischend über Beton, dann erstickte dieses Geräusch im weiteren Dröhnen von normalen Schüssen, die das große Schweigen einleiteten. „Alles in Ordnung?" rief Belmont vom Fenster her in den Hangar hinein. Keine Antwort. „He, Stalling!" Die erwartete Antwort blieb aus. „Gardman?" „Ja, hier… Sie sind abgehauen." „Haben Sie Stalling gesehen?" „No, der ist nicht 'rausgekommen. Ich war direkt an der 60
hinteren Tür." „Schalten Sie Licht ein, Gardman!" Schritte in der Dunkelheit, ein Räuspern, dann ein langgezogenes Stöhnen. Der Scheinwerfer flammte auf. Parker sah Belmont, der mit schnellen Schritten hinüber zum Hochdecker ging, der nun weit hinten in einer Ecke stand. „Hier liegt er!" rief Gardman bereits, „hier, Chef. Sehen Sie sich das an! Er ist erwischt worden!" Die beiden Männer beugten sich über eine am Boden liegende Gestalt, die offensichtlich mit Stalling identisch war. Belmont richtete sich auf und schüttelte den Kopf. „Sieht aber verdammt böse aus. Wie ist denn das passiert?" „Schuß durch die Wand. Die besteht ja nur aus dünnen Brettern, Chef. Dabei muß es ihn erwischt haben. Was jetzt? Er blutet wie verrückt." „So ein Mist", schimpfte Belmont, dem diese Verwundung nicht paßte, „reicht es noch bis zu unserem Arzt?" „Kaum", sagte Gardman. Er drehte sich zu Belmont um und schüttelte den Kopf. „Soll ich ihn wegschaffen?" „Okay!" Belmont hatte einen Entschluß gefaßt. „Aber er bleibt besser hier im Hangar. Für die Polizei brauchen wir einen Mann, dem wir den Schwarzen Peter zuschieben können. Ich rufe sie an, sobald die Maschine weg ist. Zum Henker, wo bleiben sie denn?" Er ging durch die Torpforte vorsichtig nach draußen. Seine Ungeduld war offensichtlich geworden. Gardman kümmerte sich nicht weiter um den verwundeten Platzwart. Er machte erst gar nicht den Versuch, dem Mann einen Verband anzulegen. Parker ging das unbedingt gegen den Strich. Hank Stalling mochte sein, wer er wollte, er war und blieb ein Mensch, der dringend Hilfe brauchte. Um diese Hilfe aber zu bringen, mußte der Butler unbedingt sein Versteck verlassen. Damit wurde er gezwungen, sich in die Dinge einzuschalten. Damit machte 61
er offenbar, daß er gewisse Zusammenhänge bereits sehr gut kannte. Parker hatte sich gerade entschlossen, Gardman mittels seines Universal-Regenschirmes in das Land der Träume zu schicken, als Belmont hastig im Hangar erschien. „Maschine 'raus!" kommandierte er, „sie sind da! Schnell, Fandly könnte mit seinen Leuten zurückkehren. Bis dahin müssen wir längst unterwegs sein!" Knapp hinter Belmont erschien eine schlanke, große Frau, die einen weißen Overall trug und sich eine Fliegerkappe aus Leder über das blonde Haar geschoben hatte. In ihrer Begleitung befand sich ein Mann von schätzungsweise vierzig Jahren, der groß und schlank war. Auch er trug einen Overall. Sie griffen mit an. Zusammen mit Belmont und Gardman schoben sie den Hochdecker aus dem Hangar, dessen Tor von zwei Männern aufgeschoben wurde, die graues Zivil trugen. Es dauerte knapp zwei Minuten, bis der Hangar leer war. Parker hatte wie auf glühenden Kohlen gestanden. Er verließ nun sein Versteck. Als er sich um den verletzten Platzwart Stalling kümmerte, hörte er das Aufdröhnen des Flugzeugmotors. Der Hochdecker wurde startklar gemacht. Zu Parkers Überraschung war die Verletzung von Hank Stalling nicht lebensgefährlich. Er hatte einen bösen Streifschuß in Höhe der linken Brust abbekommen und dabei sehr viel Blut verloren, doch diese Verletzung würde Stalling bei sach- und fachgerechter Behandlung bestimmt überleben. Parker lud sich den Mann auf die Arme und trug ihn hinüber zum hinteren Ausgang. Es handelte sich um eine kleine Tür, die nur angelehnt war. Als er mit Stalling in der Dunkelheit verschwand, dröhnte der Motor des Hochdeckers auf. Es konnte nur noch wenige Minuten dauern, bis die Maschine in der Luft war.
62
*
„Ohne Ihr Eingreifen hätte Stalling es nicht geschafft", sagte Madford am anderen Morgen. Er unterhielt sich mit Parker und Mike Rander im Büro des Morddezernats. Madford machte einen aufgeräumten Eindruck. Er war mit der Entwicklung der Dinge ungemein zufrieden, zumal Parker ihm ausführlich über die nächtlichen Vorgänge auf dem Flugplatz und auf dem Bauhof des Mister Fandly berichtet hatte. Fast ausführlich übrigens, denn gewisse Details hatte der Butler für sich behalten, oder einfach nur vergessen. „Wie geht es ihm jetzt?" wollte Mike Rander wissen. „Wir haben ihn aus der Stadt geschafft, wie Parker es vorschlug", erwiderte Madford. „Er liegt in einem kleinen, aber guten Spital auf dem flachen Land. Belmont kann lange suchen, bis er eine Spur des Platzwartes findet!" „Hoffentlich nimmt er wirklich an, daß Stalling sich allein weggeschleppt hat." „Was soll er sonst annehmen, Rander?" Madford grinste, „mit Parker hat er bestimmt nicht gerechnet." „Wie wollen Sie jetzt weitermachen, Parker?" Madford sah den Butler forschend an. „Folgende Dinge haben sich inzwischen als eindeutig erwiesen", faßte der Butler in seiner kurzen, knappen Art zusammen, die manchen Zuhörer schon zur Verzweiflung gebracht hatte. „Mister Belmont mißbraucht seine Stellung als Präsident des Luftsportclubs, um gesuchte Personen nach Kanada zu schmuggeln. Und dies per Flugzeug, wie ich ergänzend hinzufügen möchte. Mister Fandly, der sich als Tiefbauunternehmer tarnt und sehr eng mit einem Verbrechersyndikat zusammenarbeitet, möchte Mister Belmonts Fluchtorganisation eliminieren. Ich hatte den schätzenswerten Vorteil, dies mitanhören zu dürfen. Die Vorfälle in der vergangenen Nacht draußen auf dem 63
Flugplatz unterstrichen, daß meine bescheidene Wenigkeit sich nicht verhört hat." „An Ihren Worten hat kein Mensch gezweifelt", warf Madford ein. „Weiter steht fest, daß Mrs. Belmont Mitwisserin und Mittäterin ist, sowie der Privatpilot Mister Belmonts. In dieser Hinsicht bedarf es allerdings noch echter Beweise, hier stütze, ich mich nur auf Vermutungen und gewisse Kombinationen." „Bleiben nach wie vor die Morde an den vier Clubmitgliedern." Madford wollte endlich etwas von neuen Perspektiven hören. „Gewiß, Sir!" Parker sah den Polizeilieutenant fast strafend an, „auf dieses Thema wollte ich gerade zu sprechen kommen! Die Frage ist nun, ob diese vier Morde dazu dienten, Belmonts Stellung im Luftsportclub unmöglich zu machen. Falls dem so ist, so käme Mister Fandly als vierfacher Mörder in Betracht. Ist dem jedoch nicht so, müßte Mister Belmont der Mörder sein. In diesem Fall dürfte man wohl unterstellen, daß die betreffenden vier Männer umgebracht wurden, weil sie Verdacht geschöpft hatten." „Ich glaube, daß Fandly unser Mann ist", sagte Madford, „brutal genug dazu ist er bestimmt. Ein Fandly bringt auch unschuldige Menschen um, falls es nur seinen Zwecken dient." „Hört sich logisch an", kommentierte Mike Rander und nickte. „Was meinen Sie, Parker?" „Ich möchte mich nicht festlegen, Sir. Ich muß gestehen und einräumen, daß man noch nicht über ausreichende Informationen verfügt." „Welche Informationen brauchen Sie denn noch?" Madford schüttelte erstaunt den Kopf, „was Sie gesehen, erlebt und mitangehört haben, reicht vollkommen aus, Haftbefehl 64
gegen Belmont und Fandly ausstellen zu lassen." „Da befinden Sie sich aber auf dem Holzweg, Madford." Rander lächelte. „Angenommen, Sie bekommen diese Haftbefehle, woran ich sogar sehr zweifle… ein durchschnittlicher Anwalt schafft es innerhalb weniger Stunden, seine Klienten wieder auf freien Fuß zu setzen. Parkers Aussagen wiegen nicht schwer genug. Da würden Behauptung und Aussage gegen Behauptung und Aussage stehen." „Soll ich Belmont und Fandly also weiter frei herumlaufen lassen?" „Dazu würde ich allerdings sehr raten, falls mir eine Bemerkung gestattet ist, Sir." Parker nickte andeutungsweise. „Sobald der wirkliche Mörder gefunden ist, ist auch dieses Randproblem gelöst. Bis dahin sollte man die Herren Belmont und Fandly ungestört wirken lassen!" „Parker… mir scheint, daß Sie mehr wissen, als Sie uns gesagt haben!" Madford war mißtrauisch geworden. „Sie beschämen mich, Sir!" „Ich will nicht hoffen, daß Sie mit gezinkten Karten spielen." „Dies, Sir, würde ich mir kaum erlauben", erwiderte Parker in seiner zurückhaltenden, steifen Art, „Sie können sich, wie immer, fest auf meine bescheidene Wenigkeit verlassen!" * Selbst in ihrem schneeweißen Overall, den Parker bereits kannte, sah sie hinreißend aus. Es handelte sich tatsächlich um Mrs. Joan Belmont, wie der Butler es bereits in der Nacht vermutet hatte. Der Overall war förmlich auf den Körper geschneidert. Er unterstich ihre Linien hautnah wie 65
ein Badeanzug. Sie wußte, daß sie gut aussah und sie ließ sich bewundern. Sie war umgeben von einem Schwarm Männer aller Altersklassen und ließ sich zur bereitgestellten Maschine begleiten. Joan Belmont, etwa dreißig Jahre alt, hatte langes, blondes Harr, eine hübsche Nase und zwei graugrüne Augen. Diese Augen lächelten nicht mehr, als sie den Butler neben der Maschine entdeckte. Dieses Nichtlächeln dauerte aber nur ein paar Sekundenbruchteile. Dann hatte sie sich schon wieder gefangen. Sie strahlte den Butler betörend an. Es war deutlich zu erkennen, daß sie sehr wohl wußte, wer dieser Mann in Schwarz war, Parker lüftete höflich grüßend seine schwarze Melone und deutete ausnahmsweise sogar so etwas wie eine Steife Verbeugung an. „Sie sind Mister Parker?" fragte sie lächelnd. „In der Tat, Madam!" „Und Sie sollen so sagenhaft fliegen, wie mein Mann sagt?" „Es muß sich dabei um eine liebenswürdige Übertreibung gehandelt haben, Madam." „Hätten Sie Lust, zusammen mit mir einen Rundflug zu unternehmen?" „Ich weiß die Ehre Ihrer Einladung durchaus zu schätzen, Madam!" „Hoffentlich sagen Sie das nachher auch noch." Sie lachte hell auf und sah sich auffordernd zu dem Schwarm ihrer Verehrer um. Die Herren aller Altersklassen lachten amüsiert mit. Sie wußten wahrscheinlich aus Erfahrung, welch eine gute Fliegerin sie war. „Sie brauchen nur einzusteigen", sagte Joan zu Parker. „Hoffentlich genüge ich Ihren Ansprüchen." „Sie überbewerten einen müden, alten und relativ verbrauchten Mann, Madam!" Parker stieg in die offene Maschine. Es handelte sich um einen Kunstflugtrainer, in dessen geschlossener Kabine die 66
Pilotensitze nebeneinander lagen. Ein schlanker, junger Mann, vielleicht knapp vierzig Jahre alt, gut aussehend wie ein Dressman der Bekleidungsindustrie, kümmerte sich um den Butler und schnallte ihn auf dem Sitz fest. „Bin ich richtig in der Annahme, in Ihnen den Privatpiloten Mister Belmonts zu sehen?" erkundigte Parker sich höflich. „Jack Fillmore", antwortete der Mann und nickte. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen", redete Parker weiter, „nein, meine Kopfbedeckung möchte ich aufbehalten. Auch auf meinen Regenschirm möchte ich keinesfalls verzichten. Die Marotten eines alten Mannes, Sie verstehen!" „Dann halten Sie Ihre Melone gleich richtig fest", gab Fillmore lächelnd zurück und erinnerte in diesem Moment an die sympathische Reklame für eine Zahnpastafirma. „Könnte sonst sein, daß sie sich selbständig macht!" Joan Belmont stieg graziös in die Maschine. Jack Fillmore schnallte auch sie fest. Was er aus dieser an sich prosaischen Handlung machte, erinnerte sehr stark an eine Liebeswerbung. Der Privatpilot und die Pilotin schienen sich sehr gut zu verstehen und zu mögen. Die Zuschauer traten in Richtung Hangar zurück. Parker beobachtete die Frau des Clubpräsidenten, die nun sachlich alle erforderlichen Vorbereitungen traf. Sie verständigte sich per Sprechfunk mit der Flugleitung im Tower, meldete ihre Maschine startklar, bekam die Starterlaubnis und ließ den einmotorigen Trainer dann zum Rollfeld rollen. Parker schaute hinüber zum Tower. Auf der balkonartigen Terrasse des Towers entdeckte er Belmont, der gerade ein Fernglas hochnahm und die Maschine beobachtete. Vor dem Hangar standen die Zuschauer und Clubmitglieder. Sie alle rechneten wohl mit einer Delikatesse besonderer Art. Sekunden später zischten Parker und Mrs. Belmont bereits mit der Maschine am Tower vorbei und begannen mit dem Start. Joan Belmont erwies sich als erstklassige 67
Fliegerin. Parker, der sehr wohl einiges von der Fliegerei verstand, räumte das neidlos ein. Mrs. Belmont brachte die Maschine rasch hoch, legte sie sofort in eine Steilkehre und ging dann auf Höhe. Der superstarke Motor schaffte das spielend. Parker sah seitlich zur Kabine hinaus und genoß die Landschaft, die schon klein wie ein Modell geworden war. Er saß selbstverständlich steil und aufrecht in seinem Sitz. Er berührte nicht mit einem Finger den Steuerknüppel. Auch seine Füße hielten sich von den Seitenrudern zurück. Ja, und dann war es soweit. Joan Belmont nickte Parker zu, lächelte etwas mokant und begann mit ihrem Kunstflugprogramm… * „Sie ist einmalig!" Jack Fillmore holte tief Luft und war wie verzaubert. Durch ein starkes Glas beobachtete er die Figuren, die Joan Belmont flog. Sie absolvierte ein Programm, das selbst in einem Wettbewerb der Könner als einmalig hätte gelten können. Belmont, der neben Fillmore stand, warf seinem Privatpiloten einen schnellen, mißtrauischen Blick zu. „Das schaffe selbst ich nicht", räumte Fillmore begeistert ein. „Sehen Sie sich doch die Rolle an, Mister Belmont!" „Sie wird sich eines Tages den Hals brechen", knurrte Belmont, „warum will sie diesem Butler imponieren?" „Der soll doch angeblich so gut sein!" Fillmore lachte leise auf. „Wenn der aussteigt, werden ihm die Knie zittern." „Warten Sie es ab!" meinte Belmont, der etwas mehr als sein Privatpilot wußte. „Sie kennen Parker noch nicht!" Vor dem Hangar standen die Clubmitglieder Hanson, Gardman und Pantry. Auch sie verfolgten selbstverständlich diese Kunstflugdemonstration. Auch sie 68
waren hellauf begeistert. „Die fliegt wie eine Göttin", sagte Hanson andächtig. „Joan ist einmalig", behauptete Gardman, der es ja irgendwie wissen mußte. „Da möchte ich nicht drinsitzen", stellte Pantry fest und ließ einen leichten Schüttelfrost über sich ergehen. „Die schüttelt ihn so durch, daß er bestimmt nicht mehr aus den Augen blicken kann!" * Joan Belmont mühte sich ehrlich ab. Sie tat alles, um ihren Begleiter zu erschüttern. Sie wollte, daß dieser Mann endlich seine Fassung verlor. Sie haßte ihn bereits, denn Josuah Parker reagierte überhaupt nicht auf die waghalsigen Figuren, die sie nacheinander einleitete und flog. Stocksteif, als habe er wieder einmal einen Ladestock verschluckt, saß der Butler in seinem Sitz. Er schien überhaupt nichts zu bemerken. „Zufrieden?" fragte sie über die Bordsprecheranlage. Sie zwang sich zur Ruhe. Sie spürte, daß sie längst nervös geworden war. Sie flog Figuren, an die sie sich bisher noch niemals herangetraut hatte. „Sehr erfreulich", stellte Parker fest, „diese Kunst des Schwebens und Gleitens sollte man sich einfach nicht entgehen lassen, sobald es sich eben einrichten läßt." Joan Belmont rang sich ein Lächeln ab. Wie war dieser Eisberg von einem Mann denn nur zu erschüttern? Sie stellte die Maschine auf den Kopf und ließ sie senkrecht zu Boden rasen. Sie wollte den Nerven dieses Mannes einen Streich spielen, wollte endlich einmal erleben und sehen, daß er sein Gesicht verzog. Doch auch aus diesem Sturzflug wurde nichts. Nicht Parker, sondern Joan Belmont verlor die Nerven. Sie riß die Maschine viel zu hastig und zu steil 69
wieder in die Waagerechte und spürte, daß die Tragflächen dabei über Gebühr belastet wurden. Ihr Gesicht nahm eine etwas kreidige Grundfarbe an. „Sie brauchen sich keineswegs zu sorgen, Madam", beruhigte Parker die Pilotin, „die einkalkulierten Sicherheitskoeffizienten der Tragflächen reichen vollauf." „Was Sie nicht sagen!" gab sie gereizt zurück. Erschöpft strich sie sich über die Stirn, „wollen Sie vielleicht mal das Steuer übernehmen." „Nur, wenn Sie darauf bestehen, Madam." „Ich bestehe darauf!" „Dann werde ich mir erlauben, mich ein wenig zu tummeln, Madam!" Schon nach wenigen Sekunden wußte Joan Belmont nicht mehr, wo Himmel und Erde waren. Sie kämpfte gegen eine aufsteigende Übelkeit an und spürte, daß ihr Körper sich verkrampfte. Parker flog Figuren, von denen sie noch nichts wußte. „Halben Sie möglicherweise etwas gegen Rückenflug, Madam?" Diesmal wartete der Butler ihre Antwort nicht ab. Er legte die Maschine auf den Rücken, und hielt direkt auf den Tower zu. Joan Belmont wollte schreien, protestieren, um Gnade bitten, doch ihre Lippen gehorchten ihr nicht mehr. * „Ich möchte wetten, daß mein Butler jetzt den Steuerknüppel übernommen hat", sagte Mike Rander, der sich Belmont und Fillmore zugestellt hatte. „Ist der Kerl wahnsinnig?" schrak Fillmore zusammen und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. „Der, der bekommt die Kiste doch niemals wieder hin… Sehen Sie doch…!" 70
„Nein, nein!" stammelte Belmont und verlor den Rest seiner Farbe im Gesicht. Mike Rander blieb natürlich vollkommen ruhig. Er wußte aus Erfahrung, daß der Butler niemals mit dem Leben spielte. Er wußte, was er diesem seltsamen, manchmal geheimnisvollen Mann zutrauen konnte. Die Maschine war selbstverständlich rechtzeitig abgefangen worden. Im Rückenflug donnerte sie nun ungemein tief über den Flugplatz dahin. Die Entfernung zwischen Kanzel und Boden betrug höchstens zehn Meter. „Der Hangar. Der Hangar!" stöhnte Fillmore plötzlich, „mein Gott, Joan!" „Nein, nein", stammelte Belmont bereits wieder und sah den unvermeintlichen Aufprall bereits vor sich. Doch Parker ließ den Rückenflug in einen Messerflug übergehen und zischte zwischen den beiden Hangars vorbei. Die Distanz zwischen den Tragflächenspitzen und den Wänden des Hangars betrug nur wenige Meter. Belmont rutschte in sich zusammen und fiel müde und verbraucht in einen Klappsessel. Fillmore kaute ausgiebig an seinen Fingernägeln und litt wie ein getretenes Tier. Selbst Mike Rander spürte jetzt ein Kitzeln auf dem Rücken. Was sein Butler hier absolvierte, gehörte in den Bereich der Flugartistik. Dennoch vergaß er nicht seine Aufgabe, Fillmores und Belmonts Reaktionen zu kontrollieren. Um diese Beobachtung hatte der Butler ihn vor dem Flug besonders gebeten. „Da kommen sie!" Rander, der sich nichts anmerken ließ, deutete auf den einmotorigen Trainer, der wie ein Frosch über den großen Hangar hüpfte und dann knapp dahinter bereits landete. Die Maschine setzte fast unmittelbar in Höhe des Towers auf. „Joan!" murmelte Fillmore erleichtert. Er kümmerte sich nicht weiter um seinen Brotherrn, sondern raste die 71
Außentreppe hinunter, um möglichst schnell zur Maschine zu gelangen. Belmont raffte sich ebenfalls auf. „Gott sei Dank!" stieß er fast andächtig aus, „das ist noch einmal gut gegangen." Dann griff er nach dem Glas und beobachtet Fillmore, der zur Maschine rannte! * „Hoffentlich hat es Ihnen etwas Vergnügen bereitet, Madam?" Joan Belmont saß erschöpft im Sitz und hatte Mühe, den Kopf zu wenden. Sie war kreidebleich im Gesicht und am Ende ihrer Kräfte. „Sie, Sie!" stieß sie dann hervor. „Gewiß, ich will einräumen, daß der Zahn der Zeit an meinen bescheidenen Kenntnissen ausgiebig genagt hat", gestand der Butler in seiner zwar steifen, barocken, aber doch durchaus ehrlich offenen Art. „Sie… Sie…!" stammelte Joan, die nach einem passenden Schimpfwort suchte. „Sie Wahnsinnskandidat!" „Madam sind indigniert und erregt?" wunderte Parker sich, „muß ich dem entnehmen, daß Sie mit mir nicht zufrieden waren?" Während Parker sich mit Mrs. Belmont per Bordsprechfunk unterhielt, hatte er den Trainer vor den Abstellplatz des Hangars rollen lassen und stellte nun den Motor ab. Joan Belmont wollte aussteigen, doch die Beine versagten ihr den Dienst. Sie rutschte haltlos zurück in den Sitz und starrte Fillmore hoffnungsvoll an, der bereits über den Ansatz der Tragfläche kletterte und wartete, bis der Butler die Kabinenhaube geöffnet hatte. Anschließend kümmerte er sich intensiv um die Frau seines Arbeitgebers. Joan Belmont wollte offensichtlich zeigen, daß ihr der Kunstflug 72
nichts ausgemacht hatte, doch sie schaffte es nicht. Sie schluchzte trocken auf und mußte von Fillmore aus dem Sitz gehievt werden. „Mann, wollten Sie sie umbringen?" fauchte Fillmore den Butler an. „Aber keineswegs, Mister Fillmore", entgegnete Josuah Parker fast heiter, „damit hätte ich meine bescheidene Wenigkeit ja ebenfalls um alle Lebenschancen gebracht." „Das war schon kein Kunstflug mehr, das war Wahnsinn!" „Diesen Eindruck schien auch Mrs. Belmont gehabt zu haben, was ich ungemein bedaure." Fillmore hatte es, geschafft, Mrs. Belmont aus der Kabine zu bringen. Sie klammerte sich fest an ihn und wurde von ihm hinunter auf die sichere Erde gebracht. Selbst ein vernagelter und völlig außenstehender Beobachter hätte dabei gesehen, daß zwischen Joan Belmont und Jack Fillmore mehr als nur Sympathie bestand. Es war damit zu rechnen, daß auch Belmont dies bemerkte, zumal er ja besonders eifersüchtig sein sollte. „Haben Sie nicht etwas übertrieben?" erkundigte sich Mike Rander, als Parker die Maschine verlassen hatte. „Keineswegs, Sir", antwortete der Butler mit einem leichten Anflug des Staunens. „Der Graf von Exeter, der mich seinerzeit in die Kunst des Fliegens einführte, betrachtete diese Übungen stets nur als Warmmachen, wie er sich auszudrücken beliebte. Selbstverständlich wollte ich Mrs. Belmont ersparen, das an sich komplette Programm zu bieten, sie hätte sich sonst womöglich etwas gefürchtet." „Hoffentlich brauche ich dieses Programm niemals mitzufliegen", stöhnte Rander und verdrehte die Augen. „Dieser Graf von Exeter muß ja ein toller Bursche gewesen sein!" „Gewiß, Sir, vor allen Dingen wenn man bedenkt, daß er bereits über sechzig Jahre war, als er sich dem Hobby des 73
Fliegens verschrieb."
„Er muß ja ungemein fit gewesen sein." Rander grinste,
„wie alt wurde er denn bei seinem sportlichen Leben?"
„Zweiundsechzig Jahre alt, Sir, denn er stürzte leider mit
seiner Maschine ab!"
„Was für ein Ende eines hoffnungsvollen Lebens", frotzelte
der junge Anwalt. „Übrigens war Ihr Tip richtig. Zwischen
Joan Belmont und dem Privatpiloten Belmonts scheint so
etwas wie eine innige Freundschaft zu bestehen."
„Diesen Eindruck hatte ich ebenfalls, Sir!"
„Interessante Aspekte für unsere Nachforschungen, finden
Sie nicht auch?"
„In der Tat, Sir!" Parker wandte sich betont zur Seite und
hinderte damit seinen jungen Herrn daran, dieses Thema
weiter abzuhandeln. Belmont war erschienen. Er übersah
Joan, die zusammen mit Fillmore hinüber zur Kantine ging.
„Warum haben Sie das getan?" fragte er dann Parker, ohne
sich aber aufzuregen.
„Wie meinen Sir?"
„Warum haben Sie diesen Luftzauber veranstaltet, Parker?"
„Vielleicht deshalb, Sir, wenn Ihre Gattin mich dazu
herausforderte. Darf ich übrigens erklären, daß Mrs.
Belmont eine ungemein befähigte Pilotin ist?"
„Ich glaube, Ihnen wird sie niemals das Wasser reichen,
Parker."
„Sie beschämen und beglücken zugleich einen alten,
müden und relativ verbrauchten Mann."
„Stapeln Sie nicht immer tief, Parker! Ich glaube, Ihnen
sollte man nicht über den Weg trauen." Belmont lächelte,
doch dieses Lächeln verunglückte etwas. Es wurde schief
und eine Spur grimmig.
„Sie haben es mit einem vollkommen harmlosen
Durchschnittsmenschen zu tun", gab der Butler betont steif
zurück! „Darf man übrigens erfahren, was sich in der
74
vergangenen Nacht hier auf dem Flugplatz abgespielt hat?"
„Rätselhafte Dinge", sagte Belmont. „Aber woher wissen
Sie…?"
„Mister Rander war so freundlich, mir davon zu erzählen."
„Richtig, ich hatte ja mit ihm darüber gesprochen." Belmont
erinnerte sich.
„Weiß man schon, wo Ihr Platzwart geblieben ist? Hat man
ihn inzwischen gefunden?"
„Wie vom Erdboden verschwunden“, erklärte Belmont
wahrheitsgemäß. „Die Polizei, die ich alarmierte, fand nur
Blutspuren im Hangar, die darauf schließen lassen, daß
Stalling zumindest angeschossen worden sein muß."
„Vielleicht haben die Täter ihn verschleppt?" meinte
Rander.
„Sehr gut möglich! Aber welche Täter?" Belmont tat
natürlich ahnungslos. Er rechnete nicht damit, daß Josuah
Parker sehr viel mehr wußte.
„Vielleicht Mister Fandly?" warf Parker ein. „Man sagt in
der Stadt, daß er Ihr Intimfeind sein soll."
„Unsinn!" schnappte Belmont ein, „warum sollte er den
Platzwart angegriffen und verschleppt haben? Wo liegt da
der tiefere Sinn?"
„Könnte Ihr Platzwart nicht als Informant nützlich sein?"
fragte der Butler sehr offen.
„Informant? Worüber?"
„Dies, Sir, möchte ich lieber nicht beantworten", sagte der
Butler mit steifer Würde. „Sie scheinen mir da kompetenter
zu sein."
„Dummes Zeug!" schnaufte Belmont und drehte sich weg,
„Sie reden Unsinn, Parker!"
* Es war fast Mittag, als Mike Rander zusammen mit seinem 75
Butler vor dem Bauhof des Tiefbauunternehmers Fandly auftauchte. Das Tor war selbstverständlich wieder bewacht. Fandly schien von Überraschungen nichts zu halten. Mike Rander stieg aus dem gemieteten Wagen und ging zum Torposten. Er verwickelte den Mann in eine kurze Unterhaltung und lenkte ihn ab. Josuah Parker stieg inzwischen vorsichtig aus und näherte sich dem ahnungslosen Mann, der nur aus strammen Muskeln zu bestehen schien. „Darf ich um eine kleine Auskunft bitten?" fragte er in seiner höflichen Art und Weise, als er knapp hinter diesem Muskelpaket stand. Der Torposten wandte sich zu ihm um und… bekam einen Kinnladenkrampf, als er den Butler erkannte. Er schien demnach bereits von einem Mann namens Josuah Parker ausgiebig gehört zu haben. Bevor der Torposten jedoch sein Erstaunen artikulieren konnte, klopfte der Butler mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms gegen die Stirn des Mannes, der daraufhin fast wohlig aufstöhnte und sich beeilte, es sich auf dem Boden bequem zu machen. Zusammen mit seinem jungen Herrn brachte Parker den Mann in seine Hütte und drückte dann das Tor auf. Rander und Parker setzten sich zurück in den Mietwagen und fuhren quer über den Bauhof hinüber zum Bürohaus. Sie stiegen aus, als seien sie herzlichst erwartete Gäste. Nichts an ihnen deutete auf Hast und Eile. Sie benahmen und bewegten sich wie selbstverständlich. Sie durchschritten die Empfangshalle und erreichten das Vorzimmer mit der normalen Büroeinrichtung. Hier saßen einige junge Männer, die ganz offensichtlich echte Büroarbeiten erledigten. Sie hämmerten auf diversen Schreibmaschinen herum, hefteten Akten ab, rechneten auf dazu geeigneten Maschinen und sahen nicht wie Gangster aus. 76
Die Tür zum eigentlichen Vorzimmer Fandlys war geschlossen. Parker kämmte natürlich auch diesen Raum. In ihm befanden sich nur einige Sessel und ein kleiner Tisch. Hier residierte wahrscheinlich die neu aufgefrischte Leibwache des Gangsters. Zwei diesmal handfest aussehende Männer, die allerdings schon nicht mehr an normale Büroangestellte erinnerten, wurden völlig überrascht. Sie lümmelten in den Sesseln herum und lasen in Magazinen. Als sie aufblickten, waren sie bereits überrumpelt. Sie schauten in die Mündung eines 38ers, den Mike Rander bemüht hatte. „Bitte, meine Herren, ersparen Sie sich jede unnötige Aufregung", sagte Josuah Parker und lüftete höflich seine schwarze Melone. „Die erforderliche Prozedur wird innerhalb weniger Sekunden überstanden sein, wie ich Ihnen ehrenwörtlich versichern darf." Sie verstanden kein Wort, bis Parker mit seinem Regenschirm zugelangt hatte. Sie rutschten in ihre Sessel und machten es sich bequem. Sie schlossen die Augen und merkten überhaupt nicht, daß der Butler seine Reversnadel einsetzte. Innerhalb weniger Sekunden war die Arbeit getan, wie Parker es bereits angedeutet hatte. Die beiden neuen Leibwächter durften nun mit einem erholsamen Tiefschlaf rechnen. „Wenn ich mir erlauben darf, Sir?" Parker stieß die Tür zu Fandlys Privatbüro auf. Mike Rander folgte dieser Einladung und… blieb etwas enttäuscht und kopfschüttelnd stehen. „Er ist weg!" rief er seinem nachkommenden Butler zu? „Mister Fandly muß aber eben erst noch in seinem Büro gewesen sein, Sir. Beachten Sie bitte den noch durchaus frischen Rauch einer Zigarre, der über dem Schreibtisch lagert. Mir scheint, daß er von den harmlos erscheinenden Büroangestellten doch noch gewarnt wurde." 77
Parker erläuterte, aber er vergaß darüber die Vorsicht nicht. Er hielt bereits eine dünne Blechschachtel in der Hand, die geeignet war, Zigaretten aufzunehmen. Diese Schachtel warf er in den Raum, in dem die Büroangestellten arbeiteten. Er erledigte das mit wenigen Schritten. Dann schloß er diskret die Tür hinter sich und kam zu seinem jungen Herrn zurück. „Was war denn das?" erkundigte sich Rander interessiert. „Ein Brechmittel in flüchtiger Gasform", erklärte der Butler, „nach Lage der Dinge ist nicht damit zu rechnen, daß die Büroangestellten vor einer guten, halben Stunde wieder normal reagieren. Wenn Sie erlauben, widme ich mich jetzt der Suche nach Mister Fandly, der meiner bescheidenen Schätzung nach nicht zu sehr weit sein kann!" Parker hielt auf die Mauernische zu, in der sich die Wandbar befand. Er glaubte zu wissen, wie man Fandly in seinem Bau ausräuchern konnte! * „Ob Sie's glauben oder nicht, Parker, nach einem Drink ist mir jetzt nicht zumute", sagte Mike Rander, der von einer leichten Nervosität befallen wurde, „sorgen wir lieber dafür, daß wir zurück auf den Bauhof kommen. Hier sitzen wir doch wie in einer Falle!" „Ich möchte mir erlauben, Sir, Sie um etwas Geduld zu bitten." Parker war sich seiner Sache vollkommen sicher. Er hatte seine abgegriffen aussehende Pillendose hervorgeholt und entnahm ihr eine Kapsel, die bis ins Detail nach Medizin aussah. Er hatte die Wandbar bereits untersucht und die Lösung des Problems gefunden. Er beschäftigte sich mit dem Verschluß der Bar in der Wand. Parker hatte die bogenförmigen Schleifspuren noch sehr gut in Erinnerung. Er wußte auch, daß Fandly sich beim ersten 78
Besuch von der Bar aus abgesetzt hatte. Die Bar mußte nach seiner Schätzung den Zugang zu einem geheimen Fluchtweg bilden. Er schob die Kapsel in eine Art Schlüsselloch, zerdrückte mit seinen behandschuhten Fingern einen kleinen Glaseinsatz und trat zurück. „Darf ich anraten, Sir, ein wenig zur Seite zu treten?" Während Parker redete, lüftete er höflich seine Melone. Selbst in solchen Situationen hielt er auf Würde und Etikette. Rander beeilte sich, hinter einem Sessel in Deckung zu gehen. Er kannte die Zaubertricks seines Butlers, die es ja meistens in sich hatten. Vorsicht war da angeraten. Parker blieb an der langen Seitenwand stehen und schaute auf seine zwiebelförmige, altertümliche Taschenuhr. Er zählte die Sekunden. „Gleich wird es Soweit sein!" rief er seinem jungen Herrn zu. Bevor Mike Rander etwas sagen konnte, gab es ein dumpfes Puffen, das sich im Grunde völlig harmlos anhörte. Eine kleine Rauchwolke kringelte sich zur Zimmerdecke empor. „Ich darf sagen, daß ich äußerst zufrieden bin", sagte Parker, der die Sprengwirkung der Kapsel kontrollierte. „Sagenhaft", stellte Rander fest, der aus der Deckung gekommen war und das Ergebnis des kleinen Miniaturfeuerwerks begutachtete. Die Bar war zwar kaum beschädigt, aber sie hatte sich dennoch aus der Wand gelöst. Sie klaffte etwa zehn Zentimeter vom Hintergrund ab. „Nun müßte diese getarnte Tür sich leicht öffnen lassen", verkündete der Butler, „es handelte sich um eine ungewöhnlich starke Türsicherung, wie ich bemerken möchte. Sehr solide Stahlriegel, die mich entfernt an die eines Tresors erinnern!" 79
„Dies ist eine Tresortür", sagte Mike Rander, der zusammen mit Parker die Bar bogenförmig zurück ins Zimmer zerrte, „sehen Sie sich mal die Panzerung hinter der Bar an!" Mike Rander hatte nicht übertrieben. Die Bar war nichts anderes als eine gut getarnte Tresortür, die den Zugang zu einem schmalen, aber mannshohen Gang freigab, der sich leicht absenkte. „Dann wollen wir mal!" sagte Rander unternehmungslustig, „Fandly wird sich wundern!" „Oder bereits mit Schußwaffen warten, Sir!" „Stimmt! Haben Sie was auf Lager, ihn einzuschüchtern?" „Aber gewiß, Sir, Sie können sich, wie immer, fest auf meine bescheidene Person verfassen!" Parker hatte vorgesorgt. Seine Pillendose mußte wieder einmal herhalten. Er entnahm ihr einige Pillen, die völlig harmlos aussahen. Er warf sie schwungvoll in den dunklen, nach unten geneigten Gang und wandte sich ab. Es erfolgten einige kleine Detonationen, die eine grelle Lichtfülle auslösten, die die Netzhaut der Augen zumindest für einige Minuten total verwirrte. „Nun denn Sir!" Parker betrat den Gang, in dem bereits wieder die Dunkelheit lagerte, „ich denke, man sollte es jetzt versuchen… Wenn ich mir erlauben darf, vorauszugehen?" * Der Gang endete nach knapp zwanzig Metern vor einer zweiten Tür, die sehr solide und uneinnehmbar aussah. Parker klopfte sie vorsichtig ab und drehte sich dann zu seinem jungen Herrn um. „Stahlblech, Sir", meldete er, „ich denke, sie läßt sich mit einer meiner Spezialampullen ebenfalls leicht öffnen. Wenn 80
Sie möglicherweise noch einmal etwas zurücktreten würden?" Nach knapp zwei Minuten ließ die Tür sich mühelos öffnen. Sie hatte die Ampulle des Butlers freudig geschluckt. Parker drückte sie mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf und schaute vorsichtig in den dahinterliegenden Raum. Nun, von Fandly war zwar nichts zu sehen, dafür bot sich seinen Blicken ein Waffenarsenal, das reichhaltig ausgestattet war. Fandly verwahrte hier augenscheinlich die Ausrüstung seiner Mitarbeiter. Magisch angezogen aber wurde der Butler von einem Tresor, der in einer Ecke des engen, niedrigen Raumes stand. „Moment, Parker… kümmern wir uns erst um Fandly", warnte Mike Rander, als sein Butler auf den Tresor zuschritt, „der kann doch nicht weit sein!" Während Rander noch redete, deutete er auf eine normale Tür, die dem Tresor gegenüber auf der anderen Raumseite lag. Sie schien aus Holz zu bestehen und war nur angelehnt. Rander hielt auf diese Tür zu und wollte sie aufziehen, zumal er ja nach wie vor mit dem 38er bewaffnet war. „Bitte, Sir… nicht!" Parker stieß den dringenden Warnruf aus und stoppte damit seinen jungen Herrn. „Was ist denn?" fragte Rander, der sich umdrehte und Parker überrascht ansah. „Die Tür sieht zu verlockend aus, wenn ich es so ausdrücken und umschreiben darf!" „Na, und?" „Es könnte sich um eine Falle handeln, Sir!" „Eine Falle? Jetzt geht die Phantasie aber mit Ihnen durch." Rander lachte leise. „Fandly hat sich nicht mehr die Zeit genommen, sie zu schließen. Und das kann ich verflixt gut verstehen!" „Erlauben Sie eine kleine Sicherheitsüberprüfung, Sir?" 81
„Okay." Rander willigte seufzend ein. Parker schraubte den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms mit ein paar Drehungen los und zog das dünne, aber äußerst starke Nylonseil hervor, das jetzt den Griff mit dem eigentlichen Schirmstock verband. Er hakte den losen Griff hinter die Türklinke, spulte ein paar Meter Nylonschnur ab und brachte sich hinter der Stahlblechtür in Deckung. Er wartete, bis sein junger Herr neben ihm stand. Nun zog er die Tür mit einem schnellen Ruck auf. Eine reißende Detonation, die die Holztür aus dam Rahmen warf und sie zersplittern ließ, erfolgte. Als der beißende Qualm sich etwas gelichtet hatte, sah der Raum mit den Waffen böse aus. Er war ziemlich verwüstet. „Sie haben wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen." Rander holte tief Luft und sah seinen Butler dankbar an. „Ohne Ihr Mißtrauen wäre ich jetzt…" „Vorsicht, Sir, Schritte!" Rander zog sich zusammen mit seinem Butler etwas in den Geheimgang zurück. Er hörte die Schritte, von denen sein Butler gerade gesprochen hatte. Sie kamen schnell näher. Stimmen klangen auf. Dann stiegen zwei Männer über die Trümmer der Tür. Es handelte sich um Fandly und um einen zweiten Mann, der das Jackett und die Mütze eines Taxifahrers trug. „Nur keine Aufregung", sagte Fandly und lachte leise, „jetzt brauchen Sie Parker und diesen Anwalt nicht mehr zu fürchten!" „Na endlich!" erwiderte der ehemalige Sekretär des Luftsportclubs und grinste. „Dieser Rander wurde verdammt neugierig. Und als er nach meiner Maschine fragte, da bekam ich es mit der Angst zu tun!" „Die sich hoffentlich noch nicht so bald legen wird!" Parker trat aus dem Gang hervor und lüftete grüßend seine schwarze Melone. Neben ihm erschien Mike Rander, der 82
seine Schußwaffe sehr routiniert in der Hand hielt.
„Parker!" stammelte Fandly.
„Rander!" stammelte auch Talbert.
„Ich freue mich, Sie zu sehen", erwiderte Parker höflich.
„Lieutenant Madford von der Mordkommission wird sich
aber wahrscheinlich noch sehr viel mehr freuen, wenn mich
nicht alles täuscht!"
* „Bei Ihnen fällt man von einer Überraschung in die andere", sagte Lieutenant Madford am späten Nachmittag, als er von Rander und Parker besucht wurde. „Demnach haben Fandly und Talbert bereits ihre fälligen Geständnisse abgelegt, wie?" Rander lächelte. Er saß in einem Sessel vor Madfords Schreibtisch. Hinter dem jungen Anwalt stand Butler Parker, steif, würdevoll und unnahbar wirkend. Obwohl man ihm selbstverständlich auch eine Sitzgelegenheit angeboten hatte, verzichtete er dankend darauf. Seiner Meinung nach hatte ein Butler in der Gegenwart seines Herrn, dem er sich verschrieben hatte, nicht zu sitzen. „Talbert hat gestanden, Fandly leugnet", stellte Madford richtig, „aber ich habe auf jeden Fall einen Haftbefehl für Fandly bekommen, und darauf allein kommt es an. Talbert hat ihn mächtig belastet. Fandly wird sich einen erstklassigen Anwalt nehmen müssen." „Und was, Sir, hat Mister Talbert gestanden?" wollte der Butler wissen. Er verbeugte sich leicht in Richtung Mike Randers und fügte hinzu: „Entschuldigen Sie die Freiheit, Sir, daß ich diese Frage gestellt habe!" „Reden Sie doch keinen Unsinn!" Rander regte sich jedesmal leicht darüber auf, wenn sein Butler die Förmlichkeiten übertrieb. „Sie können soviel fragen, wie Sie 83
wollen. Sie wissen das doch!" „Talbert hat erst einmal zugegeben, Sie, Parker, mit seinem Eigenbau verfolgt und beschossen zu haben", erklärte Lieutenant Madford. „Wir haben die Maschine bereits sichergestellt. Sie stand in einer Scheune, nicht weit von Talberts kleinem Flugplatz hinter seinem Farmhaus entfernt. Sie enthielt noch die beiden Maschinengewehre, denen Sie ja beinahe zum Opfer gefallen wären." „Mister Talbert erwies sich als einfallsreicher Flieger", kommentierte der Butler. „Darf man erfahren, warum er meine bescheidene Person abschießen wollte?" „Fandly wollte es so haben. Immer laut Talbert. Fandly war nicht daran interessiert, daß Sie und Mister Rander die Vorfälle auf dem Sportflugplatz untersuchten." „Und warum nicht?" erkundigte sich Mike Rander. „Gangster unter sich! Fandly ist und war zwar gegen Belmont, aber die Polizei oder Privatermittler sollten dabei aus dem Spiel bleiben. Hinzu kommt, daß Fandly ja an einer noch völlig intakten Fluchtorganisation interessiert war. Die sollte ihm nicht zerschlagen werden." „Woher wußte Mister Fandly von der Anwesenheit Mister Randers und meiner Wenigkeit auf dem Flugplatz, Sir? Woher wußte er von dem Auftrag, den Mister Belmont Mister Rander erteilen wollte?" „Fandly rückte in dieser Hinsicht noch nicht mit der Sprache heraus!" „Er mußte demnach auf dem Flugplatz über einen sehr gut informierten Vertrauensmann verfügen. Talbert fiel dafür ja aus. Er durfte sich auf dem Flugplatz ja nicht mehr sehen lassen." Mike Rander kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Wer mag dieser Vertrauensmann nur sein!" „Mister Gardman, Sir!" Parker hatte diesen Namen eingeworfen. „Sie erinnern sich vielleicht, daß diese Clubmitglied zusammen mit Belmont und dessen Frau den 84
bewußten Nachtflug durchführte." „Natürlich, Gardman", sagte nun auch Madford und nickte nachdrücklich. „Falls er mit Fandly unter einer Decke steckt, was noch nicht bewiesen ist." „Rechnen Sie etwa mit weiteren Vertrauensleuten, Madford?" „Na, ich weiß nicht. Ein Fandly wird sich nicht nur auf eine einzige Person verlassen haben. Dazu ist er zu gerissen." „Man wird diesem Punkt noch einige Beachtung schenken müssen", sagte der Butler, „ich glaube, ich habe da bereits eine vage Vorstellung." „Dann heraus mit Ihrer Vermutung", drängte Madford ungeduldig. „Ich möchte über diesen Punkt vorerst schweigen", entschuldigte sich der Butler, „rechtzeitig werde ich zu dieser Frage noch Stellung nehmen, wenn Sie gestatten." „Sind wir doch erst einmal zufrieden", forderte Mike Rander schnell. Er hörte heraus, daß sein Butler über dieses Thema nicht weitersprechen wollte. „Wir haben Fandly ausgeschaltet! Wir kennen seine Querverbindung zu Talbert, der meinen Butler abschießen wollte. Wir wissen, daß Belmont tatsächlich eine Fluchtorganisation für gesuchte Gangster aufgezogen hat und »einige Kunden fleißig hinüber nach Kanada transportierte. Wir wissen, daß außerdem noch Mrs. Belmont und der Privatpilot Jack Fillmore Mitglieder dieser Organisation sind! Ein ganz hübscher Teilerfolg, finden Sie nicht auch, Madford? Und das nach praktisch zwei Tagen Arbeit!" „Ich beklage mich ja auch nicht", entgegnete der Polizeioffizier abwinkend. „Ich sage nur, daß Parker wieder mal ein paar seiner Karten nicht ausspielt!" „Er wird sie rechtzeitig ins Spiel bringen", meinte Anwalt Rander lächelnd und erhob sich. „Verlangen Sie aber jetzt nicht zuviel von ihm. Wir wollen ihm doch nicht die 85
Freude an der Arbeit nehmen, oder?" * Es war ein früher Nachmittag, als Josuah Parker in seinem hochbeinigen Vehikel auf dem Grundstück Belmonts eintraf. Der Butler hatte sich selbstverständlich sein heißgeliebtes Privatfahrzeug vom Bauhof geholt und dabei erfreut festgestellt, daß es keinen Schaden gelitten, hatte. Belmont bewohnte einen großzügigen Bungalow in einer bevorzugten Gegend der Stadt, nicht weit vom See entfernt. Hier gab es gepflegte Rasenflächen, den obligaten Swimmingpool und ein kleines, komfortabel eingerichtetes Gartenhäuschen, das Belmont als Arbeitsstudio diente. Belmont rang sich ein Lächeln ab, als Parker vor diesem Studio erschien. Im Gegensatz zu Belmont, der eine leichte Cordhose und ein offenes Hemd trug, befand sich der Butler in feierlichem Schwarz. Er lüftete höflich seine schwarze Melone. „Ich erlaube mir, Ihnen, Sir, einen schönen Nachmittag zu wünschen", sagte er. „Was gibt's denn?" fragte Belmont, der einen leicht nervösen Eindruck machte. „Neuigkeiten, wie ich sagen würde, Sir!" „Sie haben eine Spur des Massenmörders gefunden? Kommen Sie 'rein ins Studio, Parker. Viel Zeit habe ich nicht für Sie, ich arbeite gerade an einer wichtigen Sache." „Ich werde Sie auf keinen Fall lange aufhalten", beruhigte Parker den Anwalt der Unterwelt und Präsidenten des Luftsportclubs. „Ich möchte Ihnen nur im Auftrag meines Herrn melden, daß es gelungen ist, Mister Fandly der Polizei zu überliefern!" „Fandly?" Belmont staunte nicht schlecht. Sein Gesicht spiegelte eine gewisse Schadenfreude wider. „Wie ist das 86
passiert? Wer hat das geschafft?" „Ich möchte Sie auf keinen Fall mit Einzelheiten langweilen, Sir, zumal Ihre Zeit begrenzt ist. Zusammen mit Mister Fandly wurde auch ein gewisser Randy Talbert verhaftet." „Der ehemalige Clubsekretär?" „In der Tat! Er hat bereits ein Teilgeständnis abgelegt und zugegeben, daß er meine bescheidene Wenigkeit mittels seiner Spezial-Sportmaschine abschießen wollte." „Was ich immer gesagt habe!" Belmont nickte heftig. „Ich habe diesem Kerl niemals über den Weg getraut. Ich bin noch nachträglich froh, daß ich ihn damals abserviert und gefeuert habe. Und warum arbeitete er mit Fandly zusammen?" „Nach seiner Entlassung wurde er offensichtlich von diesem angeblichen Tiefbauunternehmer engagiert. Vielleicht mit Versprechungen für die Zukunft zusätzlich geködert." „Dann hat Talbert also die Sprengladungen in die vier abgestürzten Maschinen hineinpraktiziert?" Belmont schien dieses Thema ungemein zu interessieren. „Darüber hat Mister Talbert sich bisher ausgeschwiegen, Sir! Ich möchte allerdings annehmen, daß er für diesen Tatkomplex kaum in Betracht kommt." „Und warum nicht?" „Er hatte doch so etwas wie Platzverbot bekommen, Sir. Mit anderen Worten, es wäre ihm unmöglich gewesen, an die Hangars heranzukommen, falls er dort nicht einen Helfershelfer gehabt hätte!" „Aber das kann doch möglich gewesen sein, oder?" „Gewiß, Sir! Es ist nicht auszuschließen. In dieser Richtung wird man weitere Nachforschungen anstellen müssen. Ich denke da an den Platzwart Hank Stalling, der ja nach dem nächtlichen Feuergefecht wie vom Erdboden 87
verschwunden ist." „Rätselhafte Geschichte!" Belmont bemühte sich um Trauer. „Rätselhaft, Sir, das ist die durchaus richtige Umschreibung, zumal meine bescheidene Wenigkeit vor knapp einer Stunde von Stalling angerufen wurde!" „Von Stalling? Wo steckt er denn? Was ist mit ihm los? So reden Sie doch schon, Parker!" „Es handelte sich um einen kurzen und knappen Anruf, Sir. Stalling meldete sich und sagte, er habe es vorgezogen, erst einmal zu verschwinden. Er habe keine Lust, ermordet zu werden. Er bat mich jedoch, ihn zu besuchen, er habe mir wichtige Neuigkeiten zu erzählen." „Demnach wissen Sie also, wo er steckt?" „Nicht direkt, Sir. Mister Stalling will mich gegen Abend noch einmal anrufen und erst dann sagen, wo ich ihn finden kann." „Verständigen Sie mich sofort, sobald er angerufen hat, Parker!" „Ich werde gewiß daran denken", erwiderte Parker ausweichend, ohne aber offensichtlich zu schwindeln. „Sie können sich fest auf meine Wenigkeit verlassen." „Sieht ja so aus, als hätten Sie es bald geschafft", freute sich Belmont, „bin ich froh, daß diese Affäre in die Endrunde geht. Sonst noch Neuigkeiten?" „Nicht direkt, Sir. Ich möchte nur hoffen, daß Mrs. Belmont mir inzwischen verziehen hat, was meine bescheidenen Kunstflugkenntnisse anbetrifft." „Das ist doch jetzt nicht wichtig, Parker, machen Sie sich deswegen keine Sorgen! Hauptsache, der geheimnisvolle Mörder wird gefaßt. Die Unsicherheit auf dem Flugplatz muß so schnell wie möglich beendet werden." „Richtig, Sir, damit der Flugbetrieb wieder ungestört durchgeführt werden kann." „Genau, Parker!" 88
„Möchten Sie nicht erfahren, Sir, warum Mister Fandly sich mit dem ehemaligen Clubsekretär verbunden hat?" „Na?" fragte Belmont gedehnt und vorsichtig. Er ahnte wohl schon, was nun kommen würde. „Mister Fandly behauptet nach wie vor, Sie, Sir, hätten einen Taxidienst für gesuchte Gangster aufgezogen." „Das alte Lied!" Belmont gab sich überlegen und lächelte abfällig, „wenn er so etwas behauptet, muß er es auch beweisen. Und das kann er nicht. Behauptungen kann jeder aufstellen." „Wie recht Sie doch haben, Sir", sagte Parker steif. „Es geht ja auch wirklich nur um den Täter, der die vier Maschinen abstürzen ließ. Wenn man nur wüßte, welches Motiv ihn dabei geleitet haben könnte. Noch erscheinen diese Untaten sinnlos und beziehungslos, doch dies kann sich, wie die Erfahrung lehrt, sehr schnell ändern!" * „Mir scheint, Sir, daß man Sie und meine Wenigkeit
verfolgt."
Parker und Rander saßen im Vehikel des Butlers und
befanden sich auf dem Weg zu dem kleinen Krankenhaus,
in dem der angeschossene Platzwart Hank Stalling
behandelt wurde.
„Belmont, wie?"
„Das ist als sicher anzunehmen, Sir. Ich habe mir die
Freiheit genommen, Mister Belmont einen Köder
vorzulegen. Er scheint ihn angenommen zu haben."
„Sehen wir uns die Verfolger doch an, Parker", schlug der
junge Anwalt unternehmungslustig vor.
„Dies, Sir, wollte ich mir gerade erlauben vorzuschlagen."
„Dann greifen Sie mal hemmungslos in Ihre Trickkiste. Ich
bin sicher, Sie haben da schon bestimmte Vorstellungen."
89
Es war später Nachmittag. Nach dem Besuch bei Belmont hatten Josuah Parker und Mike Rander sich etwas von den überstandenen Strapazen erholt, zumal man gewissen Leuten Zeit lassen mußte, Vorbereitungen zu treffen. Nun schienen diese Vorbereitungen beendet zu sein. Der Fall wurde wieder akut und interessant. Die beiden Verfolger, die nicht auszumachen waren, saßen in einem Buick und hielten auf Abstand. Sie benahmen sich nicht gerade wie Routiniers und waren schnell durchschaut. Parker, der die Straßenkarte genau im Kopf hatte, bog von der breiten Hauptstraße ab und steuerte sein hochbeiniges Monstrum in eine kleinere Seitenstraße, die direkt auf ein Waldstück hinführte. Der Verkehr war hier gleich Null. Mit Belästigungen harmloser Verkehrsteilnehmer war hier nicht zu rechnen. Der Butler machte sich die Sache diesmal sehr einfach. Seine behandschuhte Hand glitt spielerisch über die Hebel, Kippschalter und Knöpfe des Armaturenbretts. Dann legte sie einen Kipphebel um. Im gleichen Moment rutschten aus einem großen Vorratsbehälter solide Pappnägel hinunter auf die Straße. Sie waren grauschwarz und vom Straßenuntergrund nicht zu unterscheiden. Der Buick, der beharrlich folgte, fuhr prompt in diese Pappnägel hinein. Zischend und knallend lösten sich zwei Pneus in ihre Bestandteile auf. Der Buick schlingerte und tänzelte von einer Straßenseite zur anderen und wurde dann zum Halten gebracht. Die beiden Fahrer stiegen fluchend aus und sahen sich den Schaden aus der Nähe an. Noch ahnten sie nicht, wem sie diese Überraschung zu verdanken hatten. Sie wurden erst hellhörig, als Parker und Rander hinter ihnen auftauchten. Mike Rander hatte seinen 38er bemüht. Sicherheitshalber! Er wollte damit jedem Streit vorbeugen. 90
„Sollten Sie möglicherweise Hilfe benötigen?" erkundigte
sich Parker gemessen.
Die beiden Buickfahrer drehten sich wie auf Kommando
um und starrten den Butler und Mike Rander überrascht
an.
„Mister Gardman!" grüßte Parker.
„Mister Pantry", setzte Mister Rander hinzu.
Die beiden Clubmitglieder schluckten und wußten nicht,
was sie sagen sollten. „Welch ein Zufall, Sie hier auf der
Straße zu sehen", redete der Butler weiter.
„Kann, kann man wohl sagen", stotterte Gardman fahrig,
„wir, wir haben eine Panne."
„Wie bedauerlich", meinte der Anwalt lächelnd.
„Zwei Reifen sind platt", sagte Pantry, der sich inzwischen
wieder gefaßt hatte.
„Das nennt man Pech." Rander hatte es bisher vermieden,
den 38er zu zeigen. „Ich denke, in einer Viertelstunde
werden Sie die Reifen gewechselt haben."
„Wir haben nur einen Ersatzreifen!" Pantry übernahm die
Antworten. Er war geistesgegenwärtiger und abgebrühter
als Gardman.
„Darf ich die Herren in meinen Wagen bitten, Sir?" Parker
hatte sich an seinen jungen Herrin gewandt.
„Natürlich, das ist doch die Lösung." Rander nickte. „Wir
nehmen Sie mit, meine Herren! Wir kennen uns doch vom
Flugplatz her. Wir setzen Sie ab, wo immer Sie wollen.
Mein Butler und ich sind auf dem Weg nach Onders. Wir,
wollen dort… Aber das gehört wohl nicht zur Sache.
Kommen Sie! Sie lassen dann später den Wagen
abschleppen."
Gardman und Pantry waren mit diesem Vorschlag mehr als
einverstanden. Gardman holte eine kleine Ledertasche aus
dem Buick, nickte Pantry zu und ging dann zusammen mit
Parker hinüber zum hochbeinigen Monstrum.
91
Er und Pantry nahmen selbstverständlich im Fond des Wagens Platz. Und ahnten nicht, daß sie damit freiwillig in der Falle saßen. * „Nichts anmerken lassen", flüsterte Pantry seinem Partner Gardman zu. „Ich wette, die fahren zu Stalling!" „Klar. Besser können wir's überhaupt nicht haben. Sobald wir Bescheid wissen, steigen wir aus und nehmen uns Stalling vor." „Hoffentlich hat er noch nicht gequasselt." „Dann hätte Belmont schon Besuch von der Polizei bekommen. No, Stalling hält vorerst dicht, wie's später sein wird, steht natürlich auf einem anderen Blatt." Sie glaubten sich ungehört, zumal die Taxitrennscheibe, die regulär zu Parkers hochbeinigem Monstrum gehörte, fest geschlossen war. Dennoch bekamen Mike Rander und sein Butler jedes Wort mit. Eine Übertragungsanlage, die im Fond installiert war, sorgte dafür. Und ein Bandgerät schnitt zusätzlich noch die geführte Unterhaltung mit. Parkers Wagen war eben für alle Eventualitäten gerüstet. Nach einer halben Stunde war Onders erreicht. Es handelte sich um ein unscheinbares Städtchen mit der breiten Mainroad, den Supermärkten, Bars und kleinen Geschäften. Abseits dieser Mainroad, gab es fast nur noch Gärten und freies Feld. Beherrschend auf einem kleinen Hügel stand das Krankenhaus des Distrikts. Es handelte sich um einen modernen Komplex, vor dem sich ein großer Parkplatz befand. „So, wir müssen uns trennen", sagte Rander, als Parker angehalten hatte. Er hatte sich zu Pantry und Gardman umgedreht, „drüben sind Tankstellen, dort werden Sie 92
Hilfe finden." „Vielen Dank", sagte Pantry. „Fein, daß Sie uns aus der Patsche geholfen haben", meinte Gardman lächelnd. „Weiterhin noch gute Fahrt!" Rander stieg zurück in das Vehikel seines Butlers, das sich sofort in Bewegung setzte und losfuhr. Pantry und Gardman blieben stehen und verfolgten den hochbeinigen Wagen mit ihren Augen. „Was ich gesagt habe." Pantry nickte zufrieden, „die fahren 'rauf zum Spital. Und dort muß auch Stalling sein!" „Gut, daß der Chef uns den richtigen Tip gegeben hat." Gardman zündete sich eine Zigarette an, „damit haben wir Stalling schon so gut wie in der Tasche. Jetzt brauchen wir ihm nur noch das Maul zu stopfen." Sie sahen das hochbeinige Monstrum, das sich bereits auf der breiten Auffahrt hinauf zum Krankenhaus befand, um wenig später dort zu parken. Damit waren für Gardman und Pantry die Würfel gefallen. Sie konnten sich an die Erledigung ihres Auftrags machen. * Es war dunkel geworden. Belmont war weit vor dem Flugplatz aus dem Cadillac gestiegen und zu Fuß weitergegangen. Sein Ziel waren die Hangars, die Kantine und der Tower. Dort brannten nur einige Außenlampen, sonst schien der Flugplatz samt den Gebäuden leer zu sein. Belmont inspizierte die Hangars, die Kantine und wurde schon etwas unsicher, als er das Aufflammen eines Feuerzeugs oben am Tower wahrnahm. Sein Gesicht wurde hart und nahm einen grausamen Zug an. Wie er es sich doch gedacht hatte! Man wollte ihn hinters Licht führen, aber dazu mußte man eben gerissener sein! Er zog eine Pistole aus der Hosentasche und pirschte sich an die 93
Außentreppe des Towers heran. Dann stieg er auf leisen Sohlen hinauf zur verglasten, oberen Plattform. Er hörte ein sattes Auflachen, Stimmen, ohne einzelne Worte unterscheiden zu können, dann wieder Lachen und schließlich Geräusche, die einwandfrei auf innige Küsse schließen ließen. Belmont kämpfte einen harten Kampf mit sich selbst. Am liebsten hätte er die Tür aufgerissen und sinnlos in die Dunkelheit hineingeschossen. Er raste vor Eifersucht und verletztem Stolz. Doch er bezwang sich. Vorsichtig stieg er wieder nach unten und wartete neben dem großen Hangar. Nach gut einer halben Stunde klappte oben auf dem Tower eine Tür. Wieder Stimmen, Auflachen, dann Schritte, die über die Außentreppe nach unten kamen. Im Licht einer Außenlampe erkannte er dann seine Frau und Jack Fillmore. Sie hielten sich eng umschlungen, küßten sich zärtlich und verschwanden anschließend aus dem Lichtkreis der Lampe irgendwo in der Dunkelheit. Belmont hatte sich inzwischen wieder unter Kontrolle. Er verzichtete auf jede weitere Beobachtung. Nach einer Viertelstunde, als er sicher sein konnte, daß Joan und Fillmore den Flugplatz verlassen hatten, betrat er den großen Hangar, in dem die Maschinen des Clubs und seine Privatmaschine abgestellt waren. Hier entwickelte er dann eine Tätigkeit, die man nicht als vornehm bezeichnen konnte, wie Parker sich möglicherweise mißbilligend ausgedrückt hätte. * „Da kommen sie!" Pantry stieß seinen Partner Gardman an und deutete mit dem Kinn hinüber zum Portal des Krankenhauses. Mike Rander und Josuah Parker verließen den großen und modernen Bau. Sie gingen schnurstracks auf das 94
hochbeinige Monstrum zu, nahmen darin Platz und verließen den Parkplatz. Bald darauf waren sie unten im kleinen Städtchen ihren Blicken entschwunden. „Los, bringen wir's hinter uns!" Pantry hatte die Führung übernommen und es eilig. „Du bleibst unten in der Halle. Ich gehe 'rauf zu Stalling und…." Er brauchte den Satz wirklich nicht zu beenden. Beiden war klar, daß sie den Platzwart des Clubs umbringen sollten. Pantry erkundigte sich in der Anmeldung nach Hank Stalling, bekam arglos die entsprechende Antwort und fuhr dann mit dem Lift hinauf in die dritte Etage. Er schlenderte wie ein Besucher über einen langen Korridor, erreichte einen Stichflur und fand das gesuchte Zimmer. Er drückte vorsichtig die Klinke und schob die Tür auf. Zu diesem Zeitpunkt hielt er bereits eine kleine, schallgedämpfte Waffe in der Hand. Schräg vor dem Bett stand ein Wandschirm. Leise Radiomusik war zu hören. Stalling schien es also schon recht gut zu gehen. Pantry schlich an den Wandschirm heran, schaute um ihn herum und spürte im gleichen Moment den Lauf einer Pistole, die sich gegen seine kurzen Rippen drückte. „Lassen Sie die Waffe fallen!" sagte Lieutenant Madford mit harter Stimme. „Los, machen Sie schon, sonst werde ich unangenehm!" Pantry war vor Schreck wie gelähmt. Madford mußte ihm die Waffe aus der Hand schlagen. Als Pantry reagieren wollte, öffnete sich die Tür. Zwei Zivilbeamte erschienen auf der Bildfläche und rasselten mit Handschellen. Pantry senkte den Kopf und wußte, daß er verspielt hatte. * „Ein Spaziergang", lobte Madford fünfzehn Minuten später, als seine Mitarbeiter Pantry und den inzwischen ebenfalls 95
verhafteten Gardman aus dem Spital schafften. Beide Clubmitglieder trugen Handschellen und machten einen völlig entnervten Eindruck. Sie standen noch unter dem Schock der plötzlichen Verhaftung und Entlarvung als potentielle Mörder. „Mister Rander und meine Wenigkeit sind erfreut, Ihnen behilflich gewesen zu sein, Sir!" Parker lüftete höflich seine Melone. „Ich denke, das Kapitel Stalling dürfte damit ebenfalls abgeschlossen sein." „Das Kapitel Belmont ebenfalls." Madford grinste wie ein großer Schuljunge, was selten an ihm war. „Pantry und Gardman haben Belmont bereits auf der ganzen Linie belastet. Sein Luft-Taxiunternehmen für flüchtige Gangster kann er abschreiben, das schließen wir ihm. Und Belmont selbst wird endlich unter Anklage gestellt werden können." „Na, bitte!" sagte Rander. „Hat sich die Zusammenarbeit nun gelohnt oder nicht?" „Belmont und seine beiden Mitarbeiter tappten prompt in die Falle." Madford nickte anerkennend. „Nun wird sich auch herausstellen, wer die Maschinen zum Explodieren brachte. Belmont wird uns da einiges sagen müssen." „Oder Fandly, falls er dahintersteckte." „Sir, darf ich eine bescheidene Bitte äußern?" Ließ der Butler sich in diesem Moment vernehmen. „Natürlich." Rander nickte und sah seinen Butler abwartend an. „Ich möchte nur wissen, was Sie jetzt noch planen, Parker." Madford wirkte etwas beunruhigt. „Befassen Sie sich bitte noch nicht mit Mister Belmont", sagte Parker gemessen, „meiner bescheidenen Ansicht nach ist der gesuchte, vierfache Mörder auf andere Art und Weise zu überführen." „Kommen denn außer Belmont und Fandly noch andere Personen in Betracht?" wunderte sich Madford. „Sie 96
können diese Morde selbstverständlich auch angestiftet haben, so genau meine ich das nicht." „Andere Täter sind noch durchaus im Spiel, Sir, wenn ich mich einmal so volkstümlich ausdrücken darf… Geben Sie mir noch zwölf Stunden Zeit! Innerhalb dieses Zeitraums müßten dann die Würfel gefallen sein…!" * Ein früher, strahlender, sonniger Morgen. Josuah Parker und Mike Rander befanden sich schon seit geraumer Zeit auf dem Flugplatz. Genauer gesagt, schon seit Mitternacht, denn nach der Verhaftung von Pantry und Gardman hatten sie es vorgezogen, die Hangars zu kontrollieren. Sie wollten nicht, daß Belmont sich absetzte und das Weite suchte. Bisher hatte er sich noch nicht sehen lassen. Doch nun erschien sein Cadillac, der vor der Kantine hielt. Fillmore und Belmont stiegen aus. „Sie hier?" staunte Belmont, der sich keineswegs unsicher gab. Er strahlte Selbstsicherheit und Gelassenheit aus. Wenn er von der Verhaftung seiner beiden Mitarbeiter erfahren hatte, dann schien ihn das nicht sonderlich beeindruckt zu haben. „Ich habe die Absicht, meine Kenntnisse in der Fliegerei etwas aufzufrischen", sagte der Butler und lüftete in seiner unnachahmlich steifen Art die Melone. „Dann geht es Ihnen wie mir, Parker!" Belmont lächelte. „Auch ich muß was dran tun, sonst roste ich ein. Fillmore, Sie können meine Maschine schon holen!" Fillmore verschwand von der Bildflache. „Haben Sie schon gehört?" begann Rander, „die Clubmitglieder Pantry und Gardman sind von der Mordkommission verhaftet worden." „Wie, bitte?" wunderte sich Belmont in einer Art und 97
Weise, die zu harmlos erschien. Er wußte also schon Bescheid. „Diese beiden Männer wollten den Platzwart Stalling umbringen", berichtete Mike Rander weiter, „und ausgerechnet Parker und ich nahmen Sie auch noch mit. Wir pickten sie unterwegs auf!" „Was Sie nicht sagen, Rander! Und warum sollte Stalling ermordet werden? Ich vermisse das Motiv." „Darüber schweigen sie sich beharrlich aus. Wahrscheinlich wollen sie ihren Auftraggeber decken." „Sehr gut möglich!" Belmont nickte verständnisvoll. „Es wird höchste Zeit, daß der Club von solchen Elementen gereinigt wird. Sagen Sie, was tut sich in unserem speziellen Fall? Sind Sie dem Mörder schon auf der Spur?" „Es zeichnen sich hoffnungsvolle Spuren am sprichwörtlichen Horizont ab, Mister Belmont", erwiderte der Butler. „Darf man schon Einzelheiten erfahren?" „In aller Kürze", meinte der Butler ausweichend, „ist es übrigens möglich, eine clubeigene Maschine zu mieten? Wie Sie wissen, wurde mein Doppeldecker leider am Boden zerstört!" „Aber selbstverständlich, Parker!" Belmont war sofort einverstanden. „Fillmore wird das regeln. Setzen Sie sich mit ihm in Verbindung! Er ist drüben im Hangar." Parker nickte dankend und begab sich hinüber zu Fillmore, der gerade zusammen mit zwei Hilfskräften einen Hochdecker ins Freie rollte. Es handelte sich um die Maschine, die Belmont in der vergangenen Nacht zum Transport seiner Kunden verwendet hatte. „Eine Maschine?" meinte Fillmore, als Parker seinen Wunsch geäußert hatte, „warten Sie, wie wär's mit meiner Maschine? Ein Oldtimer. Völlig in Ordnung. Ich benutze die Kiste fast jeden Tag." 98
„Ein Oldtimer. Sie erfreuen mein Herz und meine Sinne, wenn ich mich so ausdrücken darf." „Ich lasse die Maschine auftanken und startklar machen. Ist in zehn Minuten fertig.“ „Ihre Freundlichkeit kennt kaum Grenzen", bedankte sich der Butler erneut. „Ich darf Sie wohl nicht zum Mitfliegen einladen?" „Ist zeitlich leider nicht drin, Mister Parker!" Fillmore hob entschuldigend die Schultern. „Ich werde mit meinem Chef unterwegs sein. Ich habe… Moment mal!" Ein schnell heranpreschender Sportwagen hatte den Privatpiloten abgelenkt. Das kleine Fahrzeug kurvte schneidig vor das Hangartor. Dann stieg Joan Belmont aus. Sie lächelte strahlend und wirkte wie eine frische Brise. Sie winkte ihrem Mann nur flüchtig zu und hielt sich dann ungeniert an Fillmore, der etwas gehemmt wirkte und es verstand, sie hinter den Tower zu bugsieren… * Fillmore und Belmont standen neben der Privatmaschine des Clubpräsidenten. „Du willst also wirklich nicht mit?" fragte Belmont seine junge Frau. „Nach dem Luftzirkus des Butlers brauche ich etwas Erholung", sagte Joan Belmont lächelnd und schüttelte abwehrend den Kopf. „Ich wünsche euch Hals und Beinbruch!" Sie trat etwas zurück, als Belmont und Fillmore einstiegen. Die Seitentür wurde geschlossen, dann heulte der Motor in einer Art Bremsprobe auf. Wenig später rollte der große Hochdecker zum Start, bekam vom Tower seine Erlaubnis und setzte sich in Bewegung. Die Maschine wurde schnell und schneller, um dann etwas wacklig vom Boden 99
abzuheben. Belmont schien das Steuer übernommen zu haben. Fillmore hätte den Hochdecker mit Sicherheit eleganter in die Luft gebracht. Joan Belmont zündete sich eine Zigarette an und ging zurück in Richtung Kantine. Dabei kreuzte der Butler ihren Weg, der sich für den Oldtimer Fillmores startklar gemacht hatte. „Darf ich hoffen, Madam, daß Sie meiner bescheidenen Person nicht mehr sonderlich grollen?" fragte er höflich. „Vergeben und vergessen", gab sie lächelnd zurück, „bei Gelegenheit möchte ich mich mal revanchieren, Parker! Ganz abgesehen davon, daß sie mir ein paar dieser Figuren unbedingt beibringen müssen." „Es wird mir eine Ehre sein, Madam. Falls Sie einverstanden sind, könnte man sofort…" „Nein, lieber nicht!" wehrte sie lächelnd ab. „Ich möchte mich nicht übernehmen. By, by!" Sie winkte ihm zu und ging weiter. Parker sah ihr einen Moment nach, dann näherte er sich dem Tiefdecker mit den zwei offenen Pilotensitzen. Parker kletterte in, die Maschine, die er sich noch im Hangar genau angesehen hatte. Dann ließ er den Propeller anwerfen und rollte ebenfalls zum Startplatz. Ihm ging es darum, in der Nähe von Belmonts Maschine zu bleiben, die bereits im Steigeflug war, aber sich immer noch in Platznähe aufhielt. Mike Rander, der auf der Plattform des Tower stand, hatte ein Glas vor seinen Augen und beobachtete den Start. Er hatte sich absichtlich abgesetzt, um von seinem Butler nicht zum Mitfliegen eingeladen zu werden. Da Rander sich noch längst nicht lebensmüde fühlte, wollte er erst gar nicht in Versuchung geführt werden. Parker zog einen Kavaliersstart ab, der sich sehen lassen konnte. Die fremde Maschine fügte sich freudig seinem Willen. Er schien sie bereits in- und auswendig zu kennen. Mit heulendem Motor zog er sie von der Piste steil hoch 100
und bohrte sich in den strahlend blauen Himmel. Rander richtete sein Glas auf Belmonts Hochdecker. Die große Maschine schien nun die richtige Höhe zu haben. Sie ging auf Kurs und entfernte sich vom Platz. Rander war beruhigt, daß Lieutenant Madford Bescheid wußte. Der Luftraum wurde diskret per Radar überwacht. Auf nahen Flugplätzen standen schnelle Maschinen der Airforce. Falls Belmont versuchte, sich nach Kanada abzusetzen, würde er nicht weit kommen. Dies alles war genau abgesprochen worden. Es gab aber noch zusätzliche Maßnahmen, doch die sollten erst zu einem später genau testgelegten Zeitpunkt ergriffen werden. Parker verzichtete diesmal auf jede Show. Er strich bereits in Richtung Norden ab, in der der Hochdecker verschwunden war. Er holte alles aus dem relativ schwachen Motor heraus, was zu bekommen war. Er schien ein bestimmtes Ziel ansteuern zu wollen… * Die beiden schnellen Kampfhubschrauber standen wie hungrige und drohende Libellen am Himmel und warteten offensichtlich auf ihr Opfer. Josuah Parker ließ sich nichts entgehen. Von seinem Tiefdecker aus beobachtete er den Hochdecker, der die beiden Hubschrauber nun auch entdeckt hatte und der nach Osten abdrehte. Er hatte die Rechnung ohne die beiden Hubschrauber gemacht, die auf den Hochdecker hinabstießen und ihn mit den Luftböen ihrer Rotorblätter aus dem Konzept brachten. Parker griff nach dem kleinen Gerät, das nicht größer war als eine Streichholzschachtel. Er holte es aus einer der vielen Westentaschen hervor. Nachdem er es eingeschaltet hatte, wurde die Verkehrsfrequenz für den zivilen Funkspruchverkehr nachhaltig gestört. In einem Umkreis 101
von einigen Meilen wurde so jede Verständigung unmöglich gemacht. Weder Fillmore noch Belmont waren jetzt in der Lage, den Tower der nahegelegenen Zivilflugplätze anzurufen. Die beiden Hubschrauber, die ohne Kennzeichen waren und nur einen olivgrünen Anstrich besaßen, ließen nicht locker. Sie drückten den Hochdecker Belmonts immer tiefer. Dann erfolgte alles Schlag auf Schlag. Der Pilot des Hochdeckers hatte eingesehen, daß er an einer Notlandung nicht vorüberkam. Er leitete kurz entschlossen die Landung ein und brachte die Maschine sicher auf den Boden. Diesmal war deutlich zu sehen, daß Fillmore den Steuerknüppel in der Hand hielt. Belmont hätte solch eine glatte Ladung wohl niemals hinbekommen. Die beiden Kampfhubschrauber flatterten ebenfalls zu Boden und bauten sich in respektvoller Entfernung vom Hochdecker auf. Parker schien durch die dreifache Landung animiert worden zu sein. Er stieß mit seinem Tiefdecker nach unten, slippte und rollte mit dem Oldtimer wenig später neben einem der Hubschrauber aus. Er stieg aus dem Pilotensitz und ging mit schnellen Schritten zum Hochdecker hinüber, aus dem gerade Fillmore und Belmont stiegen. „Ich würde, falls ich mir einen Rat erlauben darf, die Maschine so schnell wie möglich verlassen", rief er Belmont und Fillmore zu, „es könnte durchaus sein, daß sich einiges dort tut!" „Was, zum Teufel!" Belmont wollte sich aufregen, doch der Butler brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Beeilen Sie sich bitte!" rief er, „ich denke, daß jede Sekunde kostbar ist!" Fillmore und Belmont hielten sich endlich an den Ratschlag des Butlers und verließen die unmittelbare Nähe der Maschine. Lieutenant Madford, der aus einem der beiden 102
Hubschrauber gekommen war, nahm die beiden Männer in Empfang. „Parker, sind Sie verrückt?" rief er, als der Butler weiter auf den Hochdecker zuhielt, „kommen Sie sofort zurück!" „Das Gepäck, Sir!" „Ist doch jetzt nacht mehr so wichtig!" „Wir haben kein Gepäck bei uns", rief Belmont. „Dieses Gepäck wurde von mir auch keineswegs angesprochen", erklärte der Butler. Er stieg bereits in den Hochdecker und verschwand in ihm. „Was ist denn eigentlich los?" fragte Belmont unwillig, als er zusammen mit Fillmore und Madford hinüber zu den Hubschraubern ging. Madford entwickelte dabei eine Eile, als säße ihm der Teufel im Nacken. „Sie sollten aller Wahrscheinlichkeit nach in die Luft gejagt werden", erklärte der Lieutenant. „Einzelheiten erkläre ich Ihnen später. Seien Sie froh, daß wir Sie 'runtergeholt haben!" „Ich sollte…?" Belmont schluckte. „… in die Luft gesprengt werden?" vollendete Fillmore und bekam eine weiße Nasenspitze. In diesem Moment erschien Parker wieder im Ausstieg des Hochdeckers. Er hielt eine kleine Ledertasche in der Hand und bewegte sich von der Maschine fort. Er tat es mit einer Schnelligkeit, die zwar an Würde keineswegs vermissen ließ, dennoch aber bei ihm ungewöhnlich war. Er hatte den Hochdecker etwa fünfzig Meter hinter sich gelassen, als die Maschine einen orangeroten Feuerball produzierte, der von einer reißenden Detonation begleitet wurde. Bruchteile von Sekunden später trennte sich das letzte Rumpfdrittel von der Maschine, worauf alles in Flammen und Rauch aufging. „Mein Gott!" stammelte Fillmore. „In letzter Sekunde", sagte Belmont mit rauher Stimme. Dann erlitt er einen mittelschweren Schwächeanfall und 103
rutschte haltlos in sich zusammen… * „Da kommt Parker!" Mike Rander stand auf der Plattform des Tower und beobachtete den Himmel. Er deutete mit der freien Hand auf einen Punkt, den er mit seinem Glas als den Tiefdecker ausgemacht hatte. Rander hatte sich nicht getäuscht. Parker war nach der Zwischenlandung wieder gestartet und flog zurück zum Clubflugplatz. Er wollte seinen jungen Herrn informieren und den Schlußakt dieses Kriminalfalles einleiten. Parker war mit sich ungemein zufrieden. Seine Rechnungen, die er aufgestellt hatte, waren samt und sonders aufgegangen. Er durfte sich zu diesem Ergebnis gratulieren. Stocksteif, als habe er besagten Ladestock verschluckt, saß er auf dem Pilotensitz und genoß die Schönheiten des Fliegens. Gleichmäßig surrte der kleine Motor. Die Maschine lag wunderbar in der Hand. Er hatte den Clubflugplatz bereits ausgemacht. Bis zur Landung konnte es nicht mehr lange dauern. „Was… was ist denn das?" hörte Rander plötzlich neben sich. Irritiert sah er zur Seite. Neben ihm hatte sich Joan Belmont aufgebaut. Sie zeigte aufgeregt nach oben. „Was denn?" fragte Rander. „Dort, die Maschine, sie schmiert ja ab!" „Du lieber Himmel!" stieß Mike Rander hervor und beobachtete durch sein Glas. Joan Belmont hatte nicht übertrieben. Der Tiefdecker taumelte plötzlich wie ein waidwunder Schmetterling und geriet ins Trudeln. Er drehte sich um die Spitze der linken Tragfläche und gehorchte offensichtlich nicht mehr den Rudern. Der Tiefdecker verlor sehr schnell an Höhe. 104
*
Parker hatte längst gemerkt, daß Quer- und Seitenruder nicht mehr funktionierten. Eine peinliche Überraschung, die ihm allerdings nicht den Schweiß aus den Poren trieb. Er versuchte einige Tricks, um die alte Fluglage wenigstens einigermaßen wieder hinzubekommen. Als dies nichts nutzte und er weiter an Höhe verlor, entschloß er sich zum Aussteigen. Er drückte sich die schwarze Melone fest auf den Kopf, griff nach seinem Universal-Regenschirm und stemmte sich aus dem engen Sitz. Da die Maschine aber taumelte und trudelte, drückte ihn der Fahrtwind immer wieder zurück. Jetzt kam es auf jede Sekunde an. Die kritische Grenze des Absprungs mußte bald erreicht sein. Doch er schaffte es wieder einmal. Als die Maschine fast in den Rückenflug überging, wenigstens für ein paar Atemzüge lang, drückte der Butler sich energisch mit der Spitze seines Regenschirms vom Boden der Maschine ab. Wie von einem Katapult geschleudert, fiel er jetzt ins Leere, überschlug sich, wurde vom Fahrtwind des noch laufenden Propellers erfaßt und weggeschleudert. Parker ließ sich fallen. In rasender Schnelligkeit kam die Erde näher. Parker unterschied dabei sehr wohl den Flugplatz, die Hangars und selbst den Tower. Er war genau im richtigen Moment ausgestiegen. Er hielt es für an der Zeit, nun die Reißleine des Fallschirms zu ziehen. Für einen ganz kleinen Moment dachte der Butler an die Möglichkeit, der Fallschirm könnte nicht funktionieren. Und dieser kleine Moment dehnte sich zu einer halben Ewigkeit aus, als der Fallschirm trotz Ziehens der Reißleine nicht reagierte. Sollte er vielleicht behandelt worden sein, wie offensichtlich doch auch der Tiefdecker? Ein scharfer Ruck! Der Schirm wurde vom Hilfsfallschirm 105
aus der Hülle gerissen und entfaltete sich. Parker blieb pendelnd an den Gurten hängen und durfte aufatmen. Es war geschafft… * Mike Rander und Joan Belmont liefen auf die Stelle zu, an der der Butler gelandet war. Er stand, barg bereits den Schirm und war höchstens hundert Meter vom Tower entfernt. „Parker was machen Sie nur für Sachen", stieß Mike Rander dankbar und erleichtert aus, „ich dachte schon, Sie wollten ohne Fallschirm landen!" Parker lüftete höflich grüßend seine Melone in Richtung Joan Belmont und stieg aus den Gurten, nachdem er sie gelöst hatte. „Ich fürchte, Madam", schickte er voraus, „daß ich keine besonders guten Nachrichten bringe." „Wie… wie meinen Sie das?" „Ich wurde Augen- und Ohrenzeuge, wie die Maschine Ihres Gatten explodierte!" „Nein!" stieß sie hervor und sah ihn entgeistert an. „Wo… wo ist es passiert?" „Jenseits der Waldgruppen", erläuterte der Butler, „die Maschine hat sich leider in viele Einzeltrümmer aufgelöst." „Und… mein Mann? Fillmore?" „Befinden sich bei bester Gesundheit", sagte Parker, „sie waren in der glücklichen Lage, vorher aussteigen zu können. Vom Tatort habe ich dies hier mitgebracht. Vielleicht vermissen Sie es?" Er hatte unter seinen Zweireiher gegriffen und reichte ihr die kleine Handtasche aus Leder. Sie griff automatisch nach ihr und nickte. Dann aber begriff säe. „M-m-meine Tasche?" stammelte sie, „w-w-woher haben Sie sie?" 106
„Aus der Maschine Ihres Mannes, den umzubringen Sie die erklärte Absicht hatten, Mrs. Belmont", erwiderte Josuah Parker, „bei dieser Gelegenheit wollten Sie wohl auch gleich Ihren Liebhaber und Freund mit ins Jenseits schicken, was ich für äußerst verwerflich halte, wenn mir diese freie Meinungsäußerung gestattet ist! Lieutenant Madford von der Mordkommission bittet Sie, sich zu seiner Verfügung zu halten. Ich denke, er wird Ihnen einige mit Sicherheit unangenehme Fragen stellen!" Joan Belmont drehte sich um und wollte weglaufen. Dabei griff sie in die Tasche ihres Overalls und wollte eine Schußwaffe ziehen. Doch der Bambusgriff des UniversalRegenschirms war schneller. Er hakte hinter den rechten Fußknöchel der mörderischen Dame. Bin kurzer Ruck, und schon purzelte Joan Belmont zu Boden. Bevor sie sich aufrichten konnte, war sie bereits von Mike Rander entwaffnet worden. „Entschuldigen Sie, falls ich roh gewesen sein sollte", sagte Parker und lüftete seine Melone, „die Ereignisse zwangen mich leider dazu, was ich selbst nachträglich noch keineswegs bedaure!" * „Die Geständnisse haben wir beisammen", sagte Lieutenant Madford zwei Tage später. Mike Rander und Josuah Parker befanden sich draußen auf dem Flugplatz und waren von Madford besucht worden. „Die Lösung der vier Mordfälle ist einfacher und raffinierter zugleich, als man erwarten konnte." „Wie wahr…!" warf der Butler gemessen ein, „sie dienten der vorsorglichen Ablenkung der Behörden, nicht wahr?" „Stimmt", antwortete Madford verblüfft. „Joan Belmont ging es mir darum, ihren Mann loszuwerden. Sie war auf 107
die hohe Lebensversicherung scharf. Wäre ihr Mann allein abgestürzt, hätten die Behörden und die Versicherung sich sehr eindeutig mit ihr befaßt. So aber inszenierte sie eine ganze Kette von tödlichen Unfällen, und ihr Mann wäre eines von vielen Opfern gewesen." „Und wer baute nun die Sprengladungen in die Maschinen ein?" wollte Mike Rander wissen. „Fillmore, der völlig unter dem Einfluß dieser Frau stand", berichtete Madford weiter. „Als er ausgedient hatte, sollte er zusammen mit Belmont umgebracht werden. Diese Mrs. Belmont ist eine eiskalte Bestie, wenn ich es so sagen darf. Sie dachte nur an ihren Vorteil. Aber sagen Sie, Parker, seit wann wußten Sie davon?" „Als man mir zum erstenmal von Mrs. Belmont berichtete, die einem Flirt nicht abgeneigt sein sollte. Später, als ich sie in den Kunstflug einweihte, litt Fillmore Höllenqualen. Ein intim-inniges Verhältnis mußte also gegeben sein!" „Die Fluchtorganisation Belmonts ist erst in zweiter Linie wichtig", redete Madford weiter, „diese Bande ist ja aufgeflogen und hat bereits gestanden." „Wie Fandly ja ebenfalls aus dem Verkehr gezogen wurde", meinte Anwalt Rander lächelnd, „drei Fliegen mit einer Klappe, mehr kann man nicht verlangen, oder?" „Wirklich nicht", meinte Madford und lächelte zufrieden, „diese Zusammenarbeit, die allerdings mehr als einseitig war, konnte sich sehen lassen. Aber noch etwas, Parker, was mich interessiert… woher wußten Sie, daß Mrs. Belmont den Hochdecker Ihres Mannes mit einer Sprengladung präparierte?" „Durch reine Beobachtung, Sir", erläuterte der Butler, „ich sah, daß Mrs. Belmont den Hochdecker nach dem Herausschieben aus dem Hangar kurzzeitig bestieg. Dabei hatte sie eine Handtasche bei sich. Als sie herauskam, war sie ohne Tasche. Der Schluß, daß sie eine Sprengladung 108
eingebaut hatte, lag damit auf der Hand." „Und wer hatte Fillmores Tiefdecker vorbehandelt?" fragte Rander, „als Parker aus allen Wolken fiel, da blieb mir fast das Herz stehen." „Dies ging auf Rechnung von Mister Belmont", sagte der Butler wie selbstverständlich, „es war mein Fehler, daß ich dies übersah, obwohl ich es besser hätte wissen müssen, Sir. Mister Belmont litt an rasender Eifersucht. Er wollte seinen vermeintlichen Konkurrenten für immer aus dem Weg räumen. Er sagte, das wird die Untersuchung der Sachverständigen leicht ergeben, die Steuerseile an, die dann schließlich unter der Dauerbeanspruchung zersprangen. Mister Belmont wird dies zugeben, wenn man ihn mit den Tatsachen konfrontiert." „Ist bereits geschehen", erklärte Madford lächelnd, „Sie waren nur schneller als ich, Parker. Bleiben wir bei dem Hauptclou, den ich noch nicht erwähnt habe. Fandly wußte doch, was auf dem Flugplatz geschah. Er wußte vor allen Dingen in jener Nacht, als Belmont ein paar Gangster nach Kanada flog, um welche Uhrzeit er seinen Konkurrenten im Hangar überraschen konnte. Sein Verbindungsmann war..." „… Joan Belmont", sagte der Butler, bevor Madford diesen Namen aussprechen konnte, „ich hoffe, meine Kombination erweist sich als richtig." „Goldrichtig, Parker, goldrichtig. Sie rief Fandly anonym an, sie hoffte, ihr Mann würde noch in dieser Nacht überrascht und erschossen werden. Damit hätte sie sich dann einen weiteren Anschlag erspart. Eine gefährliche Frau, wie?" „Die aber dafür hart bezahlen wird", meinte Anwalt Rander, „ihr Verteidiger möchte ich nicht sein. Viel kann er da sicher nicht ausrichten." Rander sah auf seine Uhr und nickte Parker aufmunternd zu. „Wir müssen", sagte er, „ich werde in der Stadt 109
erwartet!"
„Mit einer Maschine, die man uns sicher ausleihen wird, ist
der Zentralflughafen schnell erreicht, Sir!"
„Ich fahre mit Madford", sagte Rander schnell und hob
abwehrend die Arme, „von der Fliegerei habe ich vorerst
die Nase gründlich voll!"
„Ich würde besonders vorsichtig und schonend fliegen",
versprach Parker.
„Selbst dann würde ich lieber noch zu Fuß gehen", gab
Rander zurück. „Ich bin doch kein Selbstmörder, Parker!
Lassen Sie sich nur nicht aufhalten! Ihnen, scheint es ja
nichts auszumachen, unterwegs mal kurz auszusteigen!"
ENDE
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