Parker schießt aus allen Rohren Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
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Parker schießt aus allen Rohren Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
Pünktlich um 23.15 Uhr legte Ben Walton, ein gutgekleideter, etwa 50 jähriger Mann den kleinen Hebel am Verstärkergerät um. Er richtete sich er wartungsvoll auf, strich sich nervös über das bereits schüttere Haar und rückte sich die goldgefaßte Brille zu recht. Sein prüfender Blick glitt über die Männer, die am langen Konferenz tisch saßen und ihre mehr oder weniger ausdrucksvollen Köpfe erwartungsvoll zum Lautsprecher hoben, der über dem Verstärker angebracht war. Das nervöse Räuspern und Hüsteln erstarb, als das Freizeichen ertönte und ankündigte, daß von auswärts angerufen wurde. Diese Konferenz hinter sorgsam zu gezogenen Fenstern fand in einem Raum der „Barner-Import" statt, einer Firma im Handelszentrum von Chika go. Seit gut zehn Minuten warteten die zehn Männer auf dieses Gespräch. Ver sammelt hatten sie sich bereits vor einer halben Stunde. Wer eine Einladung zu solch einer Konferenz erhielt, war pünktlich und erschien auf die Minute genau. Ben Walton zuckte bereits nach dem ersten Läuten des Telefons zusammen,
griff eilfertig nach dem Hörer und mel dete sich. „Mit wem spreche ich?" erkundigte er sich mit überhöflicher Stimme. „Hier spricht der ,Bankbalter', Mr. Walton", tönte es aus dem Lautsprecher, der an den Telefonapparat angeschlos sen war. „Alles versammelt?" „Selbstverständlich, Sir, ohne Aus nahme." „Wie ist die Verständigung?" „Ausgezeichnet, Sir." Ben Walton verbeugte sich sicherheitshalber, obwohl sein Gesprächspartner es ganz sicher nicht sehen konnte. „Dann also zur Sache", übernahm der „Bankhalter" das Gespräch. Seine Stim me klang scharf und schneidend wie ein frisch geschliffenes Rasiermesser. „Die eingereichten Abrechnungen erge ben, daß die Außenstände zu groß ge worden sind. Ich habe erhebliche Ter minüberschreitungen einiger unserer Kunden festgestellt. Das darf nicht ein reißen. Die Schuldner müssen pünktlich zahlen, sonst verlieren wir an Glaub würdigkeit und werden nicht mehr ernst genommen. Alle Außenstände sind in nerhalb von drei Tagen einzutreiben.
Ohne Rücksicht auf Namen und Person. Ich hoffe, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt." „Selbstverständlich, Sir." Ben Walton bekam einen roten Kopf und strich sich erneut über das schüttere Haar. „Ihr Haar sitzt ausgezeichnet", spot tete die messerscharfe Stimme des „Bankhalter", „Sie brauchen sich auch nicht unentwegt zu verbeugen. Ich ma che mir nichts daraus. Sorgen Sie als Sekretär unserer Vereinigung lieber da für, daß die Statuten eingehalten wer den." „Gewiß, Sir, ganz gewiß ....'" Gegen seinen Willen verbeugte sich Ben Wal ton und erntete dafür ein verstecktes Grinsen seiner zehn geladenen Gäste. „Nach dieser heiteren Einlage wieder zur Sache", ermahnte die eiskalte und unheimliche Stimme aus dem Lautspre cher. „Mir fällt auf, daß unser Kun denkreis kaum vergrößert wird, dabei ist es doch eine Tatsache, daß gerade wir Geldverleiher eine erfreuliche Kon junktur verzeichnen können. Ich erwar te also, daß der Umsatz der einzelnen Filialen wesentlich gesteigert wird. Wie, das ist Ihre Sache." Ben Walton sah seine Gäste strafend an, als habe er gerade gesprochen. Doch keiner der Männer achtete auf ihn. Wie hypnotisiert starrten sie alle auf den Lautsprecher. „Nun zu einem Übelstand, der le bensgefährlich ist." Die Stimme des „Bankhalter" klang plötzlich leise und
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wirkte dadurch vielleicht noch gefähr licher als vorher. „Ich habe in Erfah rung bringen können, daß gewisse Fi lialleiter mit vorzeitig zurückgezahltem Geld eigene Geschäfte machen oder Abrechnungen fälschen. Das äst in je dem Falle tödlich. Nur mit einer guten Geschäftsmoral sind wir in der Lage, den Nachstellungen der Behörden zu trotzen. Rechnen Sie ab sofort mit Stich proben meiner Prüfer. Wo Mißstände festgestellt werden, ist mit strengen Be strafungen zu rechnen. Ich danke Ihnen für Ihr pünktliches Erscheinen, Ende." In der Leitung knackte es, dann war das Freizeichen zu hören. Ben Walton, der Sekretär der Vereinigung, schaltete den Verstärker ab und legte den Tele fonhörer auf. Etwas unsicher sah er sei ne Gäste an, die ihre Stühle rückten und aufstanden. Sie unterhielten sich leise und standen noch ganz unter dem Eindruck ihres Chefs, dessen Stimme bereits genügte, sie an die Kette zu legen. Ben Walton baute den Verstärker ab und packte ihn in einen kleinen Leder koffer. Ohne sich um die zehn Männer weiter zu kümmern, schritt er auf den Ausgang zu und verließ das Konferenz zimmer. Mark Steffens, ein vierschrötiger Mann von etwa 40 Jahren, lockerte sich die zu eng gewordene Krawatte und zündete sich eine Zigarette an. Dankbar nahm er die flache Hüftflasche Joe Harms' entgegen und setzte sie an sei
nen Mund. Er stöhnte auf, als der Whisky sich durch seine trockene Kehle hinunter in den Magen fraß. „Laß' mir auch noch 'nen Schluck", mahnte Harms, ein schmaler, zäh aus sehender Mann von 35 Jahren. „Der Chef hat ja mal wieder ganz schön auf die Tube gedrückt, wie?" „Na, wenn schon...!" Mark Steffens grinste und tat unbeeindruckt. „Der hat gut reden, wir schuften uns ab und er steckt den Löwenanteil ein." „Ohne sein Geld könnten wir keinen Cent verleihen." „Ach, zum Teufel...!" Mark Steffens schmeckte die Zigarette plötzlich nicht mehr. „Wie'n Schuljunge kommt man sich vor. Immer diese Stimme aus dem Lautsprecher. Früher, als ich noch für den Ralker-Gang arbeitete, da wußte man wenigstens, wer der Boß ist. Aber jetzt..." „Hauptsache, wir verdienen...!" Joe Harms dämpfte seine Stimme und sah seinen Bekannten nach, die den Saal verließen. „An deiner Stelle würde ich das Maul nicht so voll nehmen. Wer weiß, wer für den ,Bankhalter' spit zelt . . . ? " „Komm, hauen wir ab ...!" Mark Steffens nahm noch einen Schluck aus der Flasche und stieß seinen Freund Harms an. Sie mußten im Korridor war ten, bis der Lift wieder nach oben kam. Dann stiegen sie ein und fuhren eben falls hinunter in die Tiefgarage, wo ihre Wagen standen. „Komisch, wie der Boß uns alle sieht", meinte Harms während der Fahrt. „Hast du gesehen, wie nervös Walton wurde?" „Na wenn schon, Fernsehkamera ...!" Mark Steffens schien es genau zu wis sen, so redete er wenigstens: „Mit die sen Mätzchen will der Chef uns doch
nur bluffen." „Meinst du wirklich, der hätt' 'ne Fernsehkamera eingebaut?" „Ganz sicher, Joe. Ist doch heutzutage 'ne Kleinigkeit. Ich wette, der .Bank halter' hat sich in 'nem Nebenraum aufgehalten, als er mit uns sprach." „Aber wir treffen uns doch jedesmal in 'nem anderen Raum, in 'nem ande ren Haus." „Hast du 'ne Ahnung, wie schnell man ein tragbares Fernsehgerät auf bauen kann. Walton könnte uns mehr darüber sagen, aber der hält ja seinen Mund." Sie erreichten inzwischen die Tiefga rage und stiegen aus. Joe Harms über nahm die Führung. In dem niedrigen Kellergewölbe brannten nur einige mit Drahtkörben gesicherte Notlampen. Ih re Schritte klangen hohl. Weit vorn an der Rampe, die hinaus auf die Straße führte, bewegten sich die Wagen ihrer Freunde aus den anderen Stadtbezir ken. Plötzlich blieb Joe Harms wie ange wurzelt stehen. Zu beiden Seiten seines Wagens tauchten zwei Männer auf. die schwarze Gesichtsmasken trugen. Ihre Maschinenpistolen lagen im Hüftan schlag. Mark Steffens, reaktionsschneller als sein Partner Harms, ergriff sofort die Flucht. Er duckte sich, warf sich zur Seite und lief in Deckung der abgestell ten Wagen in die Dunkelheit hinein. Die beiden maskierten Männer kümmerten sich nicht weiter um Harms, sondern nahmen die Verfolgung von Mark Stef fens auf. Joe Harms fühlte die dicken Schweiß tropfen auf seiner Stirn. Sekundenlang war er nicht fähig, auch nur einen ein zigen Schritt zu tun. Dann aber, als seine Beklemmung sich löste, lief er 3
schnell wie ein Wiesel auf seinen W a gen zu. Er wollte sich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen. Kein Mensch hinderte ihn daran, zur Rampe zu fahren. Daß er beim Ein biegen einen Wagen r a m m t e lind des sen hinteren Kotflügel zerschrammte, m e r k t e er gar nicht. Noch immer sah er die beiden maskierten Männer vor sich. Er wußte, daß sie zur' internen Polizei ihrer Vereinigung gehörten. So wenigstens wurden sie immer vom „Bankhalter" genannt. Wo sie auftauch ten, blieben Tote zurück. Unwirsch stieg er in die Bremsen, als ihn h a r t vor der Rampe Ben Walton abwinkte. „Was i s t . . . ? " fragte Joe Harms n e r vös durch die noch geöffnete Wagen scheibe. „Joe Harms, Sie werden Mark Stef fens' Filiale bis zur Neubesetzung über nehmen", e r k l ä r t e der S e k r e t ä r der Geldverleiher. „Ja, n a t ü r l i c h . . . Aber was ist denn mit S t e f f e n s . . . ? " „Sie haben nichts gesehen und w e r den auch nichts hören", schärfte Ben Walton ihm ein. „Fragen unserer F r e u n de gehen Sie aus dem Weg, ist das klar?" „Mark S t e f f e n s . . . ? " „Mark Steffens ist nicht m e h r . . . ? " b e stätigte Ben Walton, dessen weitere Worte im Aufbellen einer Maschinen pistole untergingen. Joe H a r m s stöhnte leise auf, kuppel te ein u n d gab Gas. Wie von Furien gehetzt, fegte er über die steile Rampe hinauf zur Straße und verschwand. Ben Walton lächelte andächtig und strich sich über sein Haar. Er w a r sicher, d a ß die Vereinigung recht schnell w i e der auf Vordermann gebracht wurde..,,.!
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„Ihr Benehmen läßt den Schluß zu, daß Sie n u r wenige Stunden in Ihrer Kinderstube verweilten." Josuah P a r k e r sah seinen grobschlächtigen Besucher mißbilligend an und trat zur Seite. Herrn Lazer, etwas über 30 J a h r e alt, ehemaliger Boxer und nun Mitglied der Vereinigung der Geldverleiher, schmet terte die Tür hinter sich zu und ließ sich in. einen jener billigen Strohsessel fallen, die am Fenster standen. „Mann, Sie haben's nötig", sagte er grinsend. „Wie steht's n u n mit den Flocken, he? Sie hätten schon vor einer Woche zurückzahlen müssen." „Ich bin zur Zeit das, was der Volks mund klamm nennt", antwortete But ler P a r k e r würdevoll. „Eine vorüber gehende Erscheinung, die ich persönlich ungemein bedauere." „Sparen Sie sich Ihre Sprüche bloß a u f . . . ! " schnaufte Herrn Lazer. „Sie schulden uns runde 500 Dollar. Und die sind bis Mittag hier auf dem Tisch, ist das k l a r ? " „Sie w e r d e n sich wegen solch einer kleinen Summe doch nicht erregen", meinte P a r k e r vorwurfsvoll. „Seien Sie versichert, daß ich das Geld zurückzah len werde." „Eben, und zwar bis Mittag." „Ich fürchte, daß das nicht gehen wird, Mr. Lazer. Gewisse Beträge, mit denen ich fest rechnete, sind leider nicht hereingekommen." „Wie Sie das Geld herbeischaffen, ist Ihre Sache, Parker. Bis Mittag sind die Flocken hier auf dem Tisch. Und wenn das nicht klappt, sehe ich schwarz für Sie." „Ich möchte Sie bitten, sich etwas deutlicher auszudrücken." Josuah P a r ker, korrekt gekleidet wie immer, ver lieh dem schäbigen Mietraum den Glanz eines Fürstenapartments. Und dabei
hauste er nur in einem billigen, möb mich doch nicht etwa ...!" lierten Raum in der Hubbard Street. Im „Was wir werden, das müssen Sie Haus nannten sie ihn nur den .Butler' uns überlassen, Parker." Herm Lazer und wußten, daß Parker wegen irgend stand auf und grinste tückisch. „Sie ha einer dunklen Affäre seinen Dienst als ben noch drei Stunden Zeit, Alter. Dann hochherrschaftlicher Butler hatte aufge werden Sie mir die 500 Piepen auf den ben müssen. Tisch des Hauses blättern." „Schön, ich werde mich deutlich aus Herrn Lazer ging zur Tür und öffne drücken." Herrn Lazer massierte sich te sie. Er drehte sich noch mal zu Par sein linkes Blumenkohlohr. „Vor vier ker um. Wochen haben Sie sich 300 Dollar ge „Versuchen Sie nur nicht, sich abzu liehen, stimmt doch, oder?" setzen", warnte er Josuah Parker. „Das entspricht genau den Tatsachen." „Einer meiner Leute bewacht das Haus. „Schön, daß Sie sich wenigstens daran In meinem Verein- herrscht Ordnung, erinnern, Parker. Und vor genau einer verlassen Sie sich darauf!" „Ein alter Mann wie ich würde wohl Woche mußten Sie 400 Dollar zurück schwerlich die Kraft aufbringen, die zahlen, stimmt doch auch, oder?" „Allerdings, ich bin nicht in der Lage, Flucht zu ergreifen." Parkers Stimme klang gefaßt, aber doch auch eine Spur das abzustreiten." „Inzwischen sind daraus 500 Dollar müde. Er glich einem Mann, der am geworden, von wegen Zinsen und so . . . ! Ende seiner Kräfte ist, und das auch Und diese Flocken will ich heute Mittag weiß. Herrn Lazer knallte die Tür hin sehen. Sollten Sie das Geld nicht ha ter sich zu und stieg die Treppe hinun ben, werden wir Ihnen mal Pünktlich ter. Als er auf der Straße war, nickte er einem jungen, höchstens 20 Jahre al keit beibringen." „Sie wollen doch nicht etwa . . . ? " Par ten Mann zu, der enge Jeans und weiße ker unterbrach sich und fuhr sich mit Gummischuhe trug. Parker, der am Fenster stand und dem Zeigefinger hinter seinen schnee weißen, steifen Eckkragen, als sei er diese Szene beobachtete, wußte nun ganz genau, daß Herrn Lazer nicht ihm plötzlich viel zu eng geworden. „Wir werden ein Exempel statuieren, übertrieben hatte. Ab sofort stand er Parker, jawohl, das werden wir!" Herrn unter Bewachung ...! Lazar sprach das Fremdwort statu * ieren' sehr vorsichtig aus, um nur ja keinen Fehler zu begehen. „Wir wer Leutnant Branch vom Morddezernat den Sie so verprügeln, daß Sie vor stutzte, als Anwalt Mike Rander die Freude nach 'nem Krankenhaus brüllen. Tür öffnete. Sie wollen mal sehen, wie die anderen „Die Welt stürzt ein", meinte er an Schuldner hier in der Straße dann spu züglich. „Sollte Ihr Butler etwa krank ren werden." sein oder gekündigt haben?" „Parker hat seinen Jahresurlaub ge „Darf ich fragen, warum ausgerech net ich dieses Exempel abgeben soll?" nommen", antwortete der sympathische Josuah Parker sah seinen Gast ver Anwalt lächelnd. „Kam für mich auch ständnislos an. „Ich bin ein schwacher, ganz überraschend." alter Mann, verstehen Sie? Sie werden „Haben Sie eine Ahnung, wo er sich 5
herumtreibt?" er angegriffen wird. Alle vier bisher er „Er schwieg sich wie immer aus, Leut schossenen Geldverleiher sind ausge nant. Übrigens möchte ich wetten, daß kochte und harte Gangster, die uns gut Sie nicht ganz zufällig hier bei mir vor bekannt sind. Gegen solche Leute beikommen." kommt nur ein Mann auf, der sich in „Stimmt, ich wollte nur mal sehen, dieser Branche auskennt." was Ihr Butler so treibt." „Parker hätte sich bei mir bestimmt „Ich sagte Ihnen ja schon, er nahm gemeldet", erwiderte Anwalt Mike Ran seinen Jahresurlaub." der. „Ich gebe zu, daß er gerade in den „Sind Sie sicher, daß er die Stadt vergangenen Tagen die Zeitungen sehr verlassen hat?" intensiv studierte. Er deutete auch an, „Bei Parker bin ich eigentlich niemals diesen Gangstern müsse das Handwerk sicher, Branch. Glauben Sie, daß er was gelegt werden." ausgefressen hat?" „Na bitte, Rander, da haben wir es „Haben Sie die Schlagzeilen der Zei doch . . . ! Parker interessierte sich für tungen gelesen?" wechselte Leutnant diesen Fall. Für mich heißt das, daß er Branch das Thema, ohne Mike Randers den ,Juicemen' den Kampf angesagt Frage zu beantworten. hat." „Sie spielen auf die ,Juicemen' an?" „Ist schon drin", lächelte Mike Ran „Richtig, ich meine die Geldverleiher." der. „Doch wie gesagt, Branch, Parker „Übrigens ein treffender Ausdruck, ist kein Revolverheld, der mit rauchen wie? Diese Gangster verleihen ,Saft', der Pistole herumläuft. Falls er den damit arme Teufel sich über Wasser hal Geldverleihern wirklich auf den Pelz ten können. Daß sie dafür horrende gerückt ist, so hat er bisher keinen Zinsen einstreichen, wird von den Geld Schuß abgefeuert. In solch einem Fall hätte er sich bei mir gemeldet." nehmern meist übersehen." „Sollte Parker sich melden, so schär „In Kreisen dieser '.Juicemen' scheint in letzter Zeit aber allerhand los zu fen Sie ihm ein, daß er keine Extra touren reiten darf. Ich würde sonst ver sein, Leutnant." „Genau ausgedrückt, Rander, wur dammt sauer reagieren. Wir vom Mord den in den vergangenen 6 Tagen vier dezernat sind selbst hinter den juice dieser illegalen Geldverleiher ermordet. men' her. Ich möchte meine Ermittlun Entweder handelt es sich dabei um in gen nicht stören lassen." terne Streitigkeiten der Gangster, oder „Gut, in Ordnung. Sollte Parker sich irgendein Unbekannter hat den Geld melden, werde ich ihm alles ausrichten, verleihern den Kampf angesagt." Leutnant. Jetzt zufrieden?" . „Jetzt geht mir ein Licht auf, warum „Zufrieden bin ich erst, wenn diese Sie meinem Butler einen Besuch ab Geldverleiher ausgespielt haben", ant statten wollten." Mike Rander schüttel wortete Leutnent Branch. „Sie sind wie te den Kopf. „Sie wissen doch, Branch, eine moderne Pest. Sie sollten unsere daß Parker nur sehr ungern schießt." Akten mal einsehen. Diese Gangster „Ich gebe zu, daß diese Schießereien lassen die Banknoten großzügig flat nicht nach Parker aussehen", räumte tern' und verteilen sie unter das Volk. der Leutnant ein. „Auf der anderen Wie gern schnappt irgendein Mensch, Seite weiß Ihr Butler zu treffen, wenn dem das Wasser bis zum Halse steht, 6
nach solch einem Rettungsanker und leiht sich Geld aus. Damit sitzt er aber bereits in der Falle. Er muß nicht nur zurückzahlen, sondern auch die horren den Zinsen tragen. Und pünktlich auf die Minute erwarten diese .Juicemen' ihr Geld zurück. Wer nicht spurt, wird zusammengeschlagen und landet im Krankenhaus. Nach solch, einer Behand lung treiben die säumigen Schuldner je den Cent zusammen, den sie erwischen können. Sie lösen ihre Haushalte oder Geschäfte auf, sie pumpen sich neues Geld und werden sogar zu verzweifelten Dieben, nur aus der Angst heraus, noch einmal .behandelt' zu werden. Selbst morde kommen unter den Schuldnern immer wieder vor. Diese Gangster sind in meinen Augen genauso gefährlich wie Rauschgifthändler, Rander ...!" „Die .Juicemen' sind demnach also straff organisiert, wie?" „Selbstverständlich, Rander. Sie brau chen vor allen Dingen einen Mann, der das auszuleihende Geld zur Verfügung stellt. Es handelt sich dabei natürlich um immense Summen, wie Sie sich vor stellen können. Wir kennen Fälle, in denen die Gangster das Leihgeld förm lich aufzwingen." „Wie soll ich das verstehen?" Mike Rander sah seinen Gesprächspartner interessiert an. „Nehmen wir zum Beispiel einen Ge schäftsmann, dessen Laden bestens flo riert. Der Mann braucht wirklich kein Geld, weil er rund kommt. Nun taucht ein .Juicemen' auf und will Geld ver leihen. Der Geschäftsmann lehnt ab, weil er flüssig ist. Nach einem kurzen, informatorischen Gespräch aber läßt er sich, sagen wir, 1000 Dollar aufnötigen. Nimmt er das Geld nicht an, unter schreibt er nicht den Schuldschein, dann wird sein Geschäft plötzlich nicht mehr
florieren, weil es entweder kurz und klein geschlagen wird, ausbrennt oder die Kunden angerempelt werden." „Ich möchte annehmen, Branch, daß Sie bereits einiges Material über diese Gangster zusammengetragen haben, wie?" „Wir wissen von einer einzigen Or ganisation, die sich hier in Chikago ein genistet hat. Der Anführer dieser Ban de ist leider unbekannt. Wir können noch nicht mal mit Vermutungen ope rieren. Selbst die kleinen Handlanger sind uns meist unbekannt. Verständli cherweise schweigen sich die Kunden aus. Sie getrauen sich einfach nicht, auch nur einen einzigen Tip zu liefern." „Sie besitzen doch V-Männer, die Ih nen Informationen liefern, nicht wahr?" „Selbst diese Leute kommen nicht weiter. Die Angst vor den ,Juicemen' ist einfach zu groß. Sie sollten sich ein mal die Leute ansehen, die von diesen Schlägern bestraft wurden. Es handelt sich durchweg um scheußliche Verlet zungen. Um aber wieder auf Ihren sa genhaften Butler zurückzukommen, Rander. Falls er die .Juicemen' wirklich ausheben will, so wird er sich diesmal die Zähne ausbeißen, Verlassen Sie sich darauf. Parker wird seinen Meister fin den. Diesen Männern ist auch er nicht gewachsen...!" „Sollte Parker sich noch in der Stadt aufhalten, sollte er es sich in den Kopf gesetzt haben, die .Juicemen' auffliegen zu lassen, Leutnant, werde ich ihn war nen, dessen versichere ich Sie!" „Je schneller Sie ihn warnen, desto besser." „Dazu müßte ich erst wissen, wo er steckt, Branch." Mike Rander lächelte, obwohl, im plötzlich gar nicht mehr so wohl in seiner Haut war. Er fürchtete tatsächlich um seinen Butler Parker, der
seit fast einer Woche verschwunden war und sich bisher noch nicht gemeldet hatte...! Josuah Parker stand vollkommen ru hig auf, als es an der Tür klingelte. Es war Mittag, und er ahnte schon, wer ihn jetzt besuchen wollte. Ohne ein An zeichen von Angst und Nervosität ging er zur Tür und öffnete. Herm Lazer, der abgetakelte Boxer drängte sich ins Zimmer. Hinter ihm tauchte der junge Mann auf, der das Haus von der Straße aus bewacht hat te. Er schloß die Tür und drehte den Schlüssel herum. Dann grinste er er wartungsvoll und blieb rechts von der Tür stehen. Herm Lazer fühlte sich als Herr der Lage. „Na, wie steht's denn mit dem Za ster?" fragte er Josuah Parker. „Zu meinem Leidwesen muß ich un gemein bedauern", antwortete der But ler. „Es war mir leider nicht möglich, die betreffende Summe herbeizuschaf fen." „Sie sind . . . verrückt...! Mann, wis sen Sie denn, was das bedeutet?" Herm Lazer starrte den Butler an. Zorn stieg in ihm hoch. Er konnte die korrekte und vielleicht auch etwas ver schrobene Ausdrucksweise Parkers nicht ausstehen. In seinen Ohren horte sie sich arrogant an. Zudem war Parker in einer Art gekleidet, die ihm auf die Ner ven ging. Der Butler trug nämlich eine gestreifte, schwarze Hose, schwarze Schuhe, die auf Hochglanz geputzt wa ren, ein schwarzes, altmodisch geschnit tenes Jackett und einen schneeweißen Eckkragen. Das ausdruckslose Pokerge sicht des Butlers mit den Augen, deren Farbe sich einfach nicht bestimmen ließ, verstärkte die Ansicht des Gangsters, es mit einem Menschen einer ganz an 8
deren sozialen Schicht zu tun zu haben. „Ich bin mir durchaus der Tatsache bewußt, daß Sie mir Ärger bereiten wollen." Josuah Parker deutete eine Verbeugung an. „Und ob ich Ihnen Ärger bereiten w e r d e . . . ! Mann, entweder sind Sie nur dämlich, oder Sie wollen mich auf den Arm nehmen." „Ich überlasse es Ihnen, sich den pas senden Vergleich auszusuchen." Herm Lazer schnaubte wie ein ge reizter Stier, grinste dann und holte einen einzelnen Boxhandschuh unter seiner Jacke hervor. Fast genußreich streifte er ihn sich über die rechte Hand. „Sie sollen sich später nicht bekla gen", meinte er grinsend. „Ich werde Sie schonen, Parker. Der Handschuh wird wenigstens keine Risse hinterlas sen. Aber Sie können sich auf was ge faßt machen. Sie haben ja noch nicht mal versucht, an das Geld heranzukom men. Mein Assistent hat die ganze Zeit über den Bau beobachtet." „Ich w e i ß . . . " „Na schön, bringen wir's hinter uns, Parker. Nach dieser Abreibung haben Sie noch einmal drei Tage Zeit, das Geld zu besorgen. Danach komme ich mit 'nem Rasiermesser, haben Sie mich verstanden?" „Sie drücken sich in der Tat unmiß verständlich aus." Herrn Lazer nickte, tat so, als ließe er sich noch etwas Zeit. Doch das war nichts als eine Finte. Er wollte den But ler in Sicherheit wiegen, um ungestört zulangen zu können. Fast freute Lazer sich auf den ersten Schlag. Er wollte dieses undurchsichtige Gesicht ge schwollen sehen, wollte das Stöhnen und Röcheln des arroganten Butlers hö ren. Blitzschnell schoß der Boxbandschuh
vor und traf Anstalten, Parkers Nase breitzuquetschen. Der Butler schien völlig überrascht zu werden. Seine Nase bot sich dem harten Schlag willig an. Doch bevor der Handschuh sie berühren konnte, war die Nase samt dem dazugehörigen Gesicht plötzlich verschwunden. Von der Wucht des Schlags mitgeris sen, verlor Herrn Lazer das Gleichge wicht und stolperte einen Schritt vor. Josuah Parker, an Roheiten stets des interessiert, begnügte sich damit, auf die Zehen des Gangsters zu treten. Herm Lazer quiekte wenig melodiös auf, fluchte dann gekonnt und bremste sein Stolpern ab. Überraschend schnell drehte er sich um und berannte den Butler erneut. Diesmal beteiligte Lazer auch seine linke Hand am Gefecht. Er geriet nämlich in Wut und sah bereits die ersten rosa Schleier vor seinen Augen. Der junge Mann an der Tür beugte sich neugierig vor und ließ seinen Herrn und Meister nicht aus den Augen. „Sie ahnen nicht, wie peinlich mir diese Art der Konversation ist", ent schuldigte sich Josuah Parker, bevor er sich abdrückte und Lazers Hieb ins Lee re gehen ließ. Um den Gangster nicht zu üppig werden zu lassen, schlug Parker einen trockenen Aufwärtshaken und er wischte Lazer damit am Kinn. Der Gangster riß seine Augen weit auf, starrte den Butler erstaunt an und torkelte dann gegen die Wand. Kraft los fielen seine Arme am Körper her unter. Ein kaum zu hörendes Röcheln entrang sich' Herm Lazers Kehle, dann schlössen sich seine Augen und er rutschte im Zeitlupentempo an der schadhaften Wand herunter. Der junge Mann an der Tür fühlte
sich genau in diesem Augenblick genö tigt, etwas für seinen Chef zu tun. Er drückte sich von der Tür ab und lief mit schnellen, katzenhaft leisen Schrit ten auf den Butler zu. Unterwegs hatte er noch Zeit genug, ein Messer zu zie hen. „Ihre Manieren bedürfen ebenfalls einer dringenden Überholung", tadelte Parker den angreifenden Jüngling. „Sie ahnen ja nicht, was man mit solchen Schneidwaren nicht alles anrichten kann." Der dreiviertelstarke Jüngling igno rierte Parkers Hinweis. Er brannte dar auf, des Butlers Gesicht zu zeichnen. Weit holte er aus, um seine Hand samt Messer dann vorzischen zu lassen. Er war vollkommen sicher, genau zu tref fen. Josuah Parker wich gegen den Tisch zurück. Der Jüngling grinste bereits triumphierend, sah sich als Sieger auf der ganzen Linie. Er warf sich nach vorn und . . . landete mit dem Bauch auf dem Tisch. Dort, wo Parker gerade noch stand, befand er sich nämlich nicht mehr. Wie ein Fisch auf dem Trockenen zappelte der Nachwuchsgangster mit den Beinen, rutschte auch tatsächlich von der Tischplatte herunter und kam frei. Es war allerdings sein Pech, daß der schwere Aschenbecher aus Steingut nachrutschte und genau auf seinen Hinterkopf fiel. Parker hatte dabei nur wenig nachgeholfen. Schlagartig zappelte der junge Mann nicht mehr. Er rollte sich auf dem har ten Boden zusammen und bettete sich zur Ruhe. Sein Gesicht nahm den Aus druck eines satten und recht friedlichen Säuglings an. Josuah Parker hob das Dolchmesser auf, wobei er ein Taschentuch benutzte. Schon allein wegen der Fingerabdrücke, 9
die er besonders schätzte. In der Innen tasche des jungen Mannes fand er zu dem noch einen Schlagring, den Parker in den Papierkorb warf. Anschließend war Herm Lazer an der Reihe. Er stöhnte bereits wieder, kam also wieder zu sich. Doch er konnte es nicht verhindern, daß Parker ihm eine Pistole vom Kaliber 7.65 wegnahm, die in einem Schulterholster steckte. In der Brieftasche Herm Lazers fand Parker dann zu seiner freudigen Genugtuung ein Bündel Schuldscheine, die der Gang ster ah diesem Tag noch einlösen wollte. Der Butler steckte die Scheine ein, zog sich einen schwarzen, altväterlich ge schnittenen Covercoat über, setzte sich seine schwarze Melone auf, streifte sich die schwarzen Zwirnhandschuhe über und schritt gemessen zur Tür. Dort nahm er noch seinen Regenschirm aus schwarzer Seide zur Hand, legte ihn sich über den linken Unterarm und ver ließ die Etage. Als taktvoller Mensch wollte er seinen Gegnern ein peinliches Aufwachen ersparen ...!
Der Steinboden vor der Biertheke war mit Zigarettenstummeln, Asche und sonstigem undefinierbarem Schmutz be deckt. Vor der Theke lungerten Stro mer und Nichtstuer herum. An den we nigen Tischen saßen beutelüsterne Dämchen, die auf spendable Gäste war teten. Es roch nach verschüttetem, scha lem Bier, nach Schweiß und billigem Tabak. Der abendliche Ansturm der Arbeiter und Angestellten aus den nahe gelege nen Fabriken und Büros begann nor malerweise erst in einer halben Stunde. Die beiden Barkeeper hinter der Theke spülten Gläser und bewachten mit schar 10
fen Augen die Schalen mit den Salz sticks, die auf der Theke standen. Joe Harms, der Inhaber dieser gut gehenden Kneipe, in der man sich un gestört, laut und lärmend unterhalten konnte, saß in seinem kleinen Büro rechts von der Theke. Er kaute auf einer kalten Zigarre herum und zählte Banknoten nach. Vor dem Schreibtisch saßen zwei unauffällig gekleidete Män ner, die ihm dabei zusahen und lautlos mitzählten. „Stimmt", knautschte Joe Harms seit lich an seiner Zigarre vorbei. „Damit sind die fälligen Gelder wieder zurück, Chris. Hat's Schwierigkeiten gegeben?" „Keine, Joe, sie spurten und zahlten." „Und wie sieht's bei dir aus, Staff?" Joe Harms wandte sich dem zweiten Mann zu. „Auch meine Kunden zahlten sofort. Seitdem wir ein paar Schuldner verprü gelten, klappt der Laden wieder." Joe Harms widmete sich wieder den Banknoten und zählte sie durch. Zufrie den nickend packte er sie dann zu den übrigen und sah seine beiden Verleiher erwartungsvoll an. „Wie sieht's mit neuen Krediten aus?" fragte er. „Die Leutchen sind ziemlich zurück haltend", erklärte Chris Pierce und faß te nach seiner Nase, die eine Längsnar be trug. Sein niedriger Haaransatz und die buschigen Augenbrauen verliehen ihm einen fast tierhaften Ausdruck. Die stark behaarten Handrücken verstärk ten diesen Eindruck nur noch. „Den Eindruck hab' ich auch", melde te sich Staff Weed zu Wort. „Die Prüge leien haben zwar auf die säumigen Zahler gewirkt, aber sie schrecken neue Kunden gleichzeitig ab. So was spricht sich ja immer schnell herum." Staff Weed, gut und gern 50 Jahre alt,
glich einem sympathischen, glatzköpfi gen Onkel, dem man Böses einfach nicht zutrauen kann. „Ob die Burschen wollen oder nicht, sie werden unsere Kredite nehmen müs sen", erwiderte Joe Harms. „Setzt ein fach etwas Druck dahinter, Jungens. Und wo's nicht klappt, schicken wir eben ein paar von unseren Rollkom mandos hin. Ihr sollt mal sehen, wie sie euch dann das Geld aus der Hand rei ßen werden." „Wo steckt Herm Lazer eigentlich?" erkundigte sich Staff Weed. „Keine Ahnung, er muß gleich kom men." Joe Harms tat gleichgültig, sah aber zur Uhr hoch, die seitlich vom Fen ster hing. „Er hat da noch 'ne kleine Abreibung zu verabreichen. Irgend so ein alter Bursche will nicht zahlen. Wie ich Herrn kenne, wird der sich auf was gefaßt machen können." „Was ist eigentlich mit Mark Steffens passiert?" Chris Pierce stellte diese Fra ge. „Ich las in den Zeitungen, daß er er schossen worden ist." „An deiner Stelle, Pierce, würde ich solche Fragen erst gar nicht stellen", gab Joe Harms langsam zurück. „Schön, er war der Chef des Nachbarreviers. Und jetzt lebt er nicht m e h r . . . ! Deut licher brauche ich doch wohl nicht zu werden, oder?" „Dann stimmt's also doch, daß der ,Bankhalter' ihn erschießen ließ?" Staff Weed stellte diese Frage. Er lä chelte in sich hinein, als Joe Harms, der Chef ihres Reviers, die Zigarre aus dem Mund nahm und sich den Schweiß von der Stirn wischte. „Mark Steffens war mit dir doch ganz eng befreundet, oder?" setzte Chris Pierce nach. „Hast du ihn in der Nacht, als er erschossen wurde, noch gesehen?" „Zum Teufel mit euren verdammten
Fragen", brauste Joe Harms auf. „Küm mert euch um das Geschäft und zer brecht euch nicht meinen Kopf. Der .Bankhalter' verlangt auf jeden Fall, daß wir stärkere Umsätze machen. Hal tet euch daran, sonst kann's passieren, daß ihr Mark Steffens bald begrüßen könnt." „Herm Lazer kommt", stellte Staff Weed fest. Freundlich und bieder wink te er dem ehemaligen Boxer zu, der wie Pierce und er in diesem Revier als Geld verleiher arbeitete. Weed lächelte auch dann noch, als er sah, wie böse zuge richtet Herm Lazer war. Daß der ehe malige Boxer hinkte, war das wenigste. „Was ist denn das?" fragte jetzt Joe Harms und runzelte die Stirn. Er drück te die Tür weiter auf, damit Herrn La zer das kleine Büro betreten konnte. „Dieser verdammte Hund", stöhnte Lazer und fühlte vorsichtig nach seinem Kinn. „Ich brauche eure Hilfe, Jungens. Einer meiner säumigen Kunden spielt verrückt." „Er scheint dich auseinandergenom men zu haben", spottete Chris Pierce. „Mit 'nem faulen Trick hat er mich 'reingelegt", log Herm Lazer. „Aber das wird er doppelt und dreifach zurückbe kommen, darauf kann er Gift nehmen." „Wie heißt der Schuldner?" fragte Joe Harms scharf dazwischen. „Josuah Parker", entgegnete Herrn Lazer und faßte unwillkürlich wieder nach dem schmerzenden Kinn. „Ob ihr's glaubt oder nicht, dieser verdammte Kerl hat mir alle übrigen Schuldscheine weggenommen. Ich kann's jetzt noch nicht verstehen." „Das ist doch ausgeschlossen", entrü stete sich Joe Harms und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Parker... Par ker ...! Ist das nicht dieser alte Bursche, der einfach nicht zurückzahlen will?" 11
„Genau d e r . . . ! " stöhnte Herm Lazer. „Wie alt ist dieser Wunderknabe denn?" fragte Chris Pierce dazwischen und schüttelte ungläubig den Kopf. „Keine Ahnung, vielleicht vierzig, sechzig oder auch n u r dreißig J a h r e alt. Bei diesem Kerl kennt man sich nicht aus. Ich weiß nur, daß er mich und Ron ny fertig gemacht hat." „Kaum zu glauben", zweifelte Staff Weed, „vielleicht warst du nicht in Form, Lazer." „Natürlich w a r ich in Form. Der Kerl h a t mich 'reingelegt, anders k a n n ich mir das gar nicht vorstellen. Und die verdammten Schuldscheine sind nun auch noch futsch . . . ! " Seine Hände zitterten, als er sich eine Zigarette anzündete. Dieser Zwischen fall w a r schon keine Blamage mehr, sondern eine ausgemachte Katastrophe. J o e H a r m s überlegte blitzschnell, wie er sich verhalten sollte. Daß diese P a n n e ausgerechnet in seinem Revier passiert war, paßte ihm gar nicht, zu mal, nachdem der „Bankhalter", der sa genhafte Chef der Organisation, ein scharfes Durchgreifen gefordert hatte. J o e H a r m s dachte in diesem Zusammen hang auch an seinen Kollegen Mark Steffens, der von den Bluthunden des Chefs erschossen worden war. Er hatte keine Lust, Steffens sehr bald zu fol gen. „Was machen wir jetzt?" fragte Herm Lazer und sah seinen Revierchef e r w a r tungsvoll, zugleich aber auch ängstlich abwartend an. „Da hilft alles nichts, das werde ich dem .Bankhalter' melden müssen", ent schied Joe Harms. „Du lieber Himmel, w a r u m gleich al les an die große Glocke hängen", b r e m ste Chris Pierce. Mit Ausdauer massier te er die Narbe auf seiner Nase; „Ich 12
schlage vor, wir alle gehen los und k a u fen uns diesen P a r k e r . Ich bin direkt scharf darauf, diesen Burschen mal zu sehen. Aber wenn er uns gesehen hat, darauf gehe ich jede Wette ein, wird er vor einem Monat nicht u n t e r dem Sauerstoffzelt im Spital 'rauskommen." „Geben wir Lazer die Chance, bevor du mit dem .Bankhalter' redest", mein te n u n auch Staff Weed. „Also abgemacht", entschied Joe Harms großzügig und vergaß seine Be denken. „Geht zurück zu diesem P a r ker und dreht ihn durch den Fleisch wolf. Von mir aus könnt ihr machen, was ihr wollt, Hauptsache, die Schuld scheine kommen zurück u n d diese P a n ne spricht sich nicht herum." Chris Pierce und Staff Weed sahen sich unternehmungslustig an. Herm La zer, der ehemalige Boxer, faßte neuen Mut. Ihm k a m es schon nicht m e h r dar auf an, n u r Rache zu nehmen. In sei nen Augen glitzerte Mordlust. Er w a r fest entschlossen, Butler Josuah P a r k e r zu t ö t e n . . . ! Ronny, der Nachwuchsgangster in en gen J e a n s und weißen Turnschuhen, grinste. „Der alte Knabe ist eben nach Hause gekommen", berichtete er Herm Lazer. „Nee, der hat mich natürlich nicht ge sehen. Ich wette, der hat keine Ahnung, was ihn e r w a r t e t " Es war bereits später Nachmittag. Seit einigen Stunden warteten Lazer, Chris Pierce und Staff Weed darauf, Josuah P a r k e r durch den Fleischwolf drehen zu können, wie Joe Harms es ihnen an befohlen hatte. Nun endlich w a r der Butler zurück in das graue Mietshaus gegangen. Es könnte also losgehen. Das Trio stand an der Straßenecke und hatte eben erst auf Ronnys Alarm hin eine Kneipe verlassen. Sie waren
Der nachdrängende Staff Weed wur zwar nicht gerade angetrunken, aber doch leicht animiert. Sie wußten genau, de von dem nachstürzenden Zinkeimer wie sie sich verhalten mußten. Sie hat erwischt, den Parker, -wohlgefüllt mit ten Parker unter sich bereits verteilt Wasser, oben an der Tür so befestigt und brannten darauf, ihn in seine Ein hatte, daß er beim Aufdrücken der Tür zelbestandteile zu zerlegen. automatisch umstürzen mußte. Nacheinander und sehr unauffällig Hinzu kamen einige weitere Überra pirschten sie sich an das Mietshaus her schungen. Trockenerbsen auf dem Bo an und verschwanden im Treppenhaus. den, von Parker ebenfalls mit Vorbe Auf Parkers Etage versammelten sie dacht ausgestreut, verminderten die sich und schritten auf leisen Sohlen auf Standfestigkeit der Gangsterbeine. Die die bewußte Tür zu. Chris Pierce, der Schuhsohlen rutschten über die hinweg tierähnliche Mann mit dem niedrigen kullernden und nachgiebigen Erbsen Haaransatz und den behaarten Hand hinweg und brachten die beiden Gang rücken, übernahm die Führung. Dann ster zu Fall. Das Wasser spritzte nach folgten Weed und Lazer. Ronny, der allen Seiten hoch, als Pierce und Weed Nachwuchsgangster, wartete bereits mit auf dem Boden landeten. Die Dielen dem Wagen auf sie. bretter dröhnten und ächzten. „Er hat das Radio angestellt", flüster Herm Lazer, die Situation gründlich te Pierce seinem Freund Weed zu. mißverstehend, riß seinen Ersatzrevol „Vollkommen ahnungslos." ver aus dem Schulterholster und feuer „Aber nicht mehr lange ...!" Weed, te einige Schüsse auf Parker ab. Doch unter dem Eindruck des genossenen Al der Einschlag dieser Geschosse ließ nur kohols, konnte sich ein glucksendes Ki ein aus Besenstielen und Handtüchern chern nicht versagen. Herm Lazer hin bestehendes Gestell in sich zusammen gegen, der Parker ja bereits kannte, stürzen. Von Parker war weit und breit faßte sich erneut ganz unbewußt ans nichts zu sehen. Kinn. Naß wie Katzen, die man ins Wasser Chris Pierce drückte ganz behutsam geworfen hat, rappelten Pierce und die Klinke herunter und machte die un Weed sich auf, rannten zurück auf den versperrte Tür vorsichtig auf. Durch Korridor und setzten sich ab. Herm La den schmalen Türspalt sah er in das zer folgte ihnen, doch er sorgte dafür, Zimmer hinein. Er nickte seinen Part daß seine beiden mehr als ärgerlichen nern beruhigend zu, denn er erkannte Partner einen gehörigen Vorsprung ge im Halbdunkel des unbeleuchteten Zim wannen. mers den Butler, der vorn am Fenster Die beiden Gangster rannten aus dem saß. Seine Umrisse waren allerdings Haus, liefen auf den Wagen zu, an des nur recht undeutlich zu sehen. sen Steuer Ronny saß. Sie mußten so Dann — Pierce holte tief Luft und schnell wie möglich verschwinden, denn spannte die Muskeln — drückte er die Herm Lazers Schüsse hatten das ganze Tür ruckartig auf und . . . schnappte jap Haus in einen alarmähnlichen Zustand send nach Luft. Er stieß einige unter versetzt. „Zum Henker, wo steckt denn La drückte, schrille Schreie aus und wisch te sich das von der Decke herabschie zer-. ..?" brüllte Pierce gereizt und ließ durch Schräghalten des Kopfes sein lin ßende Wasser aus den Augen. 13
kes Ohr leerlaufen. Er beobachtete den Eingang des Hauses, doch Lazer ließ sich nicht blicken. „Nichts wie weg ...!" kommandierte Staff Weed nervös. „In ein paar Minu ten werden wir 'ne Polizeistreife auf dem Hals haben. Soll Lazer doch sehen, wo er bleibt...!" Ronny, der Nachwuchsgangster, war mehr als froh, den Wagen in Bewegung setzen zu dürfen. Mit durchtourenden Reifen und aufheulendem Motor schoß der Buick die Straße hinunter und ver schwand in einer schmalen Seitengasse. Genau zu dieser Zeit setzte sich Herm Lazer auf dem Umweg über einen Hin terhof ab. Er hatte sich entschlossen, die Stadt möglichst schnell zu verlassen. An den Fingern einer Hand konnte er sich nämlich leicht ausrechnen, daß er nach dieser zweiten Panne auf der Liste der Bluthunde des „Bankhalters" stand. Und er hatte nun wirklich keine Lust, sich von seinen ehemaligen Freunden abschießen zu lassen, nur weil er einem verdammten, alten Kerl aufgesessen war...! *
Verstohlen und scheu wie ein Fuchs, der hinter fetten Hühnern her ist, stahl Herrn Lazer sich in seine kleine Woh nung. Er war froh, daß seine platin blonde Freundin Rosy Duffels um die se Zeit bereits in einer Music-Hall ar beitete. Er konnte also ungestört pak ken Und verschwinden, ohne lange Fra gen beantworten zu müssen. Auf umfangreiches Gepäck verzichte te er. Er schmiß einige Wäschestücke in einen kleinen Lederkoffer, öffnete sei hen kleinen Wandtresor und verstaute einige Banknotenbündel unter der Wä sche. Er verfügte immerhin über runde 4000 Dollar, die er sich trotz der platin 14
blonden Rosy hatte sparen können. Mit diesem Geld wollte er irgendwo in den Staaten neu beginnen und seine bishe rigen Kenntnisse nutzbringend anwen den. Möglichst in einer kleinen Stadt, wo ihn die Bluthunde des „Bankhalter" bestimmt nicht suchten. Ohne eine Nachricht für Rosy zu hin terlassen, stahl er sich aus seiner Woh nung, fuhr mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage, wo Rosys Ford stand, setzte sich ans Steuer und fuhr los. In Chikago kannte er sich erstklassig aus. Er steuerte eine der westlichen Aus- ' fallstraßen an und atmete erst erleich tert auf, als er das breite Band der Hochstraße vor sich hatte. Hier konnte er den Ford laufen lassen. Sein Vor sprung vor den Bluthunden vergrößer te sich von Minute zu Minute. Er hatte die Absicht, die ganze Nacht durchzu fahren, um möglichst viele Meilen zwi schen sich und die Bluthunde zu brin gen. Lange dauerte seine Fahrt in die Nacht hinaus jedoch nicht an. Und das hing ursächlich mit einem sehr eigenartig aussehenden Wagen zu sammen, der hinter ihm auftauchte. Solch ein Vehikel hatte Herm Lazer vor her in seinem Leben noch nie gesehen. Es lief auf großen Rädern, war unge mein hochbeinig anzusehen' und sehr eckig. Es gehörte eigentlich zur Kate gorie der „Schnauferl", zu jenen alten Wagen also, die man zu Recht als die Urahnen der heutigen Automobile be zeichnet. Daher war es auch verständlich, daß Herm Lazer sich keineswegs verfolgt fühlte. Die Bluthunde des „Bankhalter" benutzten andere Wagen, das wußte er ganz genau. Herm Lazer würde von seinen trüben Gedanken abgelenkt. Er grinste, gab et was mehr Gas und hoffte, das hochbei
nige Monstrum hinter sich abhängen zu können. Zu seiner Überraschung blieb das Ve hikel aber dicht hinter ihm. Lazer trat das Gaspedal langsam bis zum Bodenbrett durch und spürte,"wie der Motor seine volle Leistung abgab. Der Ford streckte sich und wurde schneller. Die Nadel auf dem Meilen anzeiger kletterte nach vorn. Na also, dachte Lazer und griente, dem Tempo ist der Schlitten eben doch nicht gewachsen. Im Rückspiegel er kannte er, daß das hochbeinige Mon strum zurückfiel und zu einem kleinen Punkt in der aufkommenden Nacht wurde. Ohne das Gaspedal zu entlasten, zün dete sich Lazer jetzt eine Zigarette an. Er genoß die schnelle Fahrt, die ihm von Minute zu Minute größere Sicher heit vor dem „Bankhalter" garantierte. Der Maschine durfte er dieses Tempo ohne weiteres zutrauen, die war so leicht nicht sauer zu bekommen. Als die Zigarette brannte, sah er noch einmal in den Rückspiegel. An das hochbeinige Monstrum dachte er schon nicht mehr. Der kleine Spaß war bereits vergessen. Um ein Haar hätte er das Steuer ver rissen, als er den eckigen Karren ganz groß und ganz dicht hinter sich im Spie gel ausmachte. Um einen Irrtum auszu schalten, rieb er sich schnell die Augen. Er glaubte an eine Täuschung. Doch es war keine Täuschung . . . ! Das Vehikel schien an Lazers Ford zu kleben. Der Gangster bekam einen roten Kopf und fluchte. Er konnte sich das einfach nicht erklären. Rücksichtslos gegen sich selbst, trat er sofort auf die Bremse. Er wollte den Wagen hinter sich damit einfach auflau fen lassen.
Doch Lazer verschätzte sich im Tempo seines Fords. Der schwere Wagen geriet sofort aus dem Kurs, schlingerte und torkelte wie betrunken über die breite Straße. Lazer hatte alle Hände voll zu tun, um ihn auf der Fahrbahn zu hal ten. Trotz aller Geschicklichkeit rutsch te ihm der Wagen schließlich in einen Straßengraben. Lazer schlug mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe und verlor augenblicklich die Besinnung. Dadurch nur kam er um den Genuß, die Bremsfähigkeit des hochbeinigen Monstrums beobachten zu können.'Jo suah Parker, der diesen Spezialwagen steuerte, legte seine vier Scheibenbrem sen an. In unwahrscheinlich kurzer Zeit bremste er die Geschwindigkeit des ehe maligen, nach seinen Plänen umgebau ten Taxis ab. Im Gegensatz zu Lazer hatte er überhaupt keine Schwierigkei ten, sein Monstrum in der Spur zu hal ten. Er steuerte es an das Autowrack im Straßengraben heran, stieg aus und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf, zu mal die ersten Flammenzungen aus dem Ford leckten. Es wurde höchste Zeit, daß er sich um den Fahrer kümmerte. Mit einer Körperkraft, die man Par ker auf keinen Fall zugetraut hätte, zog und zerrte er den bewußtlosen Gangster aus dem Wagen, legte ihm Handschel len an und untersuchte ihn flüchtig. Außer einigen Prellungen hatte der Gangster nichts abbekommen. Josuah Parker hatte keine Bedenken, den „Jui cemen" im Kofferraum seines hochbei nigen Monstrums zu verstauen. Solides Stahlblech, mit dem dieser Kofferraum ausgefüttert war, verwandelte diesen Behälter ganz nach Wunsch in eine rol lende Zelle. Parker, der durchaus als höflicher und rücksichtsvoller Mensch anzusprechen war, schaltete vom Steuer aus eine kleine Leselampe im Koffer 15
raum ein, um Herm Lazer später nach dem Aufwachen nicht unnötig zu er schrecken. Dann wendete er seinen Wa gen und fuhr zurück nach Chikago. Da er sein Tempo jetzt nicht mehr zu dros seln brauchte, weil er sich einem nor malen Wagen nicht anpassen mußte, ging der Butler ganz aus sich heraus und genoß die superschnelle Rückfahrt. Es war schon recht beeindruckend, wie er so am Steuer saß, stocksteif und korrekt. Der altväterliche Regenschirm 'stak im besonders angebrachten Halter, die schwarze Melone saß untadelig auf dem Kopf. Einige verspätet heimkommende Überlandvertreter und harmlose Rei sende erzählten später ihren Familien von einem Phantom, das sie auf der Ausfallstraße gesehen haben woll ten. Eine motorisierte Verkehrsstreife der Polizei verließ ihre Lauerstellung und hetzte dem hochbeinigen Monstrum nach. Doch Parkers Vehikel verschwand wie eine Rakete am Horizont. Da Josuah Parker diesen Streifenwa gen sehr wohl gesehen hatte, bog er bei der nächst passenden Gelegenheit von der Ausfallstraße ab und näherte sich auf Schleichwegen der Stadt. Er hatte die Absicht, nach wie vor unauffällig zu arbeiten. Noch hielt er den Zeitpunkt nicht für gekommen, sich mit Leutnant Branch ausführlich zu unterhalten...!
„Ich wette, dieser Parker existiert überhaupt nicht", regte sich Staff Weed auf und drückte ein Pflaster auf die Rißwunde seines ziemlich enthaarten Schädels. „Diese ganze Geschichte mit dem verdammten Wassereimer ist doch unwirklich, oder etwa nicht?" „Na, so unwirklich wieder nicht", ant wortete Pierce und wrang sein Hemd 16
aus. „Ich jedenfalls bin pitschnaß ge worden. Wenn ich diesen Lazer er wische, kann er sich auf was gefaßt machen." „Ihr Idioten habt euch 'reinlegen las sen", behauptete Joe Harms und winkte ab. „Ob dieser Parker existiert oder nicht, Lazer ist verschwunden. Und mit ihm seine Unterlagen. Der Kerl weiß eine Menge von uns. Wenn er will, kann er uns jederzeit 'reinlegen." „Wieso denn das?" fragte Weed. „Wenn er den Mund aufmacht, fliegt er doch selbst rein. Er hat genug Dreck am Stecken." „Ich glaube, daß er alle seine Kun den längst abkassiert hat und mit dem Geld durchgeht." Pierce widmete sich seinem immer noch triefend nassen Kra gen. „In seiner Wohnung deutet' alles darauf hin. Sein Safe ist leer und er dürfte sich auch einen Koffer gepackt haben. So sah's da wenigstens aus." „Jetzt hilft alles nichts mehr, wir müssen dem 'Bankhalter' die Sache durchgeben." Joe Harms verzog sein Gesicht. Der Gedanke an dieses Ge spräch schuf ihm bereits Magenschmer zen. „Daß ihr euch aber von Lazer habt 'reinlegen lassen, also, das begreife ich einfach nicht." „Was wird der Boß denn wohl sa gen?" wollte Pierce schon im voraus wissen. „Wenn wir Glück haben, wird er einen Riesenkrach schlagen und uns die Prämien kürzen." Joe Harms sprach in einem Ton, als glaube er niemals an solch eine glückliche Lösung. „Und wenn wir kein Glück haben?" Diese Frage stellte Weed, der trotz sei ner freundlichen Augen sachlich und nüchtern war. „Dann . . . " Joe Harms räusperte sich und faßte sich an seinen trocknen Kra
gen. „Dann . . . könnten wir eventuell „Schön, ich werde das sofort an den Ärger bekommen. Großen Ärger sogar, ,Biankb.alter' weiterleiten", versprach Jungens." er. „Vorerst wird nichts unternommen. Wir stellen fest, ob es diesen Mr. Par „Denkst du jetzt an die Bluthunde?" „Machen wir uns nichts vor", beant ker überhaupt gibt. Wir werden Herrn wortete Harms die Frage des glatzköp Lazer suchen und auch finden." „Wie wird der Boß das aufnehmen?" figen Weed. „Es kann durchaus sein, erkundigte sich Joe Harms vorsichtig. daß die sich mit uns befassen." „Keine Ahnung, Joe. Aber ich will dir „Sollen wir darauf warten?" fragte nichts vormachen, das ist die bisher Chris Pierce nervös. „Wir alle haben größte Panne, die uns passierte. Lazer doch versagt." weiß eine Menge über unsere Organi „Was schlägst du denn vor?" wollte sation. Er könnte uns größere Schwie Weed wissen. rigkeiten bereiten." „Ich schlage gar nichts vor", entgeg „Momentchen mal, er kennt doch nur nete Pierce. „Der Boß unseres Reviers die Verhältnisse in meinem Revier, Wal ist Harms. Er muß wissen, was wir tun ton." sollen." , „Das ist allerdings ein Glück, zugege „Das weiß ich, und das werde ich so ben. Zuviel kann er also nicht verraten. fort tun. Ich werde dem .Bankhalter' Bleib am Apparat! Im Laufe des Abends diese Pleite durchgeben. Zuerst muß werde ich dich wieder anrufen und dir Herm Lazer jetzt mal geschnappt wer sagen, was geschehen muß. Ende ...!" den. Weit kann er noch nicht sein. Wie Nachdenklich legte Joe Harms auf. ich ihn kenne, wird er versuchen, mit Fast beneidete er Herm Lazer, seinem Mädel Kontakt aufzunehmen. der sich abgesetzt hatte und vielleicht Die solltet ihr mal besuchen und ihr auch durchkam. Er, Joe Harms, kam einige Fragen stellen. Inzwischen rufe sich auf jeden Fall so vor, als säße er ich den Boß an." auf einem Pulverfaß und müsse die be Pierce und Weed erhoben sich über reits brennende Lunte beobachten, ohne raschend schnell. Sie erreichten gleich dagegen etwas unternehmen zu können. zeitig die Tür und behinderten sich ge Minuten später gestand er sich offen ein, daß er vor Angst bereits genseitig. schwitzte...! „Noch etwas, Jungens." Joe Harms Stimme stoppte sie. „Versucht nur ja * nicht, auch abzuhauen! Das könnte euch schlecht bekommen. Wird schon nicht so Chris Pierce kam weit nach Mitter schlimm werden ...!" nacht nach Hause. Er wohnte über Harms wartete, bis seine beiden Leu einem Grünkramladen in Carroll Street te draußen in der Kneipe waren. Dann und hatte sich dort zwei Räume einge zog er das Telefon heran und wählte richtet. Von hier aus unternahm er sei Ben Waltons Nummer. Der Sekretär der ne Streifzüge, um Geld auszuleihen und „Juicemen" meldete sich sofort. Er un noch mehr Gelder wieder einzukassie terbrach Joe Harms mit keinem Wort, ren. als der Gangster von der Pechserie in Nach der Panne mit Herm Lazer fühl seinem Revier berichtete. te Pierce sich bester Laune. Er ahnte, 17
daß nun auch die Glanzzeiten seines Re vierchefs Joe Harms vorüber waren. Der „Bankhalter" würde solch eine Panne bestimmt nicht durchgehen las sen. Pierce rechnete sich Chancen aus. Joe Harms' Revier übertragen zu be kommen. Das bedeute mehr Macht und auch größere Privateinnahmen! Er sperrte die Haustür neben dem großen Schaufenster auf, stieg über die Treppe hinauf in die erste Etage und schloß seine Wohnung auf. Er gähnte und schaltete das Licht ein. „Da sind Sie ja endlich", begrüßte ihn eine baritonal gefärbte, ausdrucksvolle Stimme. „Ich muß gestehen, daß ich ge rade fest entschlossen war, ungeduldig zu werden." Chris Pierce starrte seinen Besucher an. Er sah einen schwarzgekleideten Mann, dessen Alter nur sehr schwer zu bestimmen war. Der Besucher lüftete grüßend eine schwarze Melone und er hob sich. „Wie... wie kommen Sie denn hier 'rein?" staunte Chris Pierce. Er rieb sich die narbige Nase und war plötz lich wieder nüchtern. Er glaubte zu wis sen, wer dieser Mann war. Herm Lazer hatte den alten Mann, der ihn übers Ohr gehauen hatte, nur zu genau be schrieben. Aber war dieser Parker, wie er ja hieß, wirklich so alt? „Ich nahm mir die Freiheit, ohne Ihre Erlaubnis einzutreten", antwortete Jo suah Parker. „Ich habe übrigens Grüße von Ihrem Kollegen Herm Lazer aus zurichten. Er fühlt sich den Umständen entsprechend wohl." „Was wollen Sie von mir?" Chris Pierce schätzte seinen Besucher ab und war fest entschlossen, sich nicht herein legen zu lassen. Er fühlte sich diesem Mann durchaus gewachsen, zumal in seinem Schulterholster eine 38er stak. 18
„Unterschieben Sie mir bitte keine unlauteren Absichten, wenn ich das Sündengeld, das Sie ihren Kunden ab nehmen, wieder zurückhole." „Wie war d a s . . . ? " „Ich möchte Sie bitten, die einkassier ten Gelder abzuliefern." Parker lächelte verbindlich und wischte sich ein unsicht bares Stäubchen vom Mantelkragen her unter. „Sie dürfen versichert sein, Mr. Pierce, daß das Geld einer nutzbringen den Verwendung zugeführt wird." „Sie sind . . . verrückt...!" Pierce sprach noch, als seine Hand blitzartig hochschoß und nach dem Revolver grei fen wollte. Doch Parkers Regenschirm
war wesentlich schneller. Er lag plötz lich waagerecht in der Luft. Aus dem unteren Teil des Schirms wippte ein langer Stockdegen, dessen Spitze Pier ces Adamsapfel kitzelte. „Wir wollen uns doch nicht unnötig inkommodieren", meinte Parker sanft. „Sie müssen nämlich wissen, daß ich von Schußwaffen herzlich wenig halte." Pierce schwitzte vor Wut und Angst. Eben hatte er sich noch geschworen, er ließe sich von diesem seltsamen Raben nicht hereinlegen. Und nun saß er schon in der Falle. Er hätte sich am liebsten einige Ohrfeigen verpaßt. „Ich war so frei, Ihr Versteck bereits zu leeren", redete der Butler weiter. Es klang vollkommen überzeugend, obwohl es den Tatsachen keineswegs entsprach. Chris Pierce ließ sich ein zweites Mal bluffen. Er nahm Parkers Worte für bare Münze und schielte unbewußt auf den Eisschrank in der kleinen Küche. Darin hatte er nämlich sein verdientes Geld versteckt. Josuah Parker wußte, sofort Bescheid, wo er später suchen mußte. Bis aufs Blut gereizt, in der Annah me, er habe sein Geld bereits verspielt, pfiff Pierce auf den Stockdegen, schlug ihn mit dem Unterarm zur Seite und sprang den Butler an. Seine rechte Faust zischte kurz und trocken vor und bohrte sich in Parkers Leber. Das heißt, so ungefähr hatte Pierce sich das gedacht. Als er den Butler je doch traf, da hatte er das Gefühl, ge gen eine Betonmauer geschlagen zu ha ben. Er hörte laut und deutlich das Knacken seiner geprellten Fingerknö chel und wurde vom Schmerz förmlich in die Knie gezwungen. Sein Pech, daß er nichts von Parkers Leichtmetallweste gewußt und gehört hatte. Der Butler zeigte daher auch kei
ne Schlagwirkung, sondern blieb stock steif vor dem sich windenden Gangster stehen. Er drehte den Regenschirm her um und klopfte mit dem Griff leicht auf den Kopf des Gangsters. Der spürte dar aufhin keinen Schmerz mehr, sondern verdrehte nur die Augen und rollte sich vor dem Vorhang zur Küche zusam men. Parker stieg betont vorsichtig über den betäubten Gangster hinweg und öffnete den Kühlschrank. Im Tiefkühl fach entdeckte er eine geöffnete Kon servendose, die mit Banknoten vollge stopft w a r . J o s u a h Parker zählte die Scheine durch und setzte sich für einen kurzen Moment an den aufklappbaren Frühstückstisch. Korrekt, wie er es nun einmal war, stellte er Pierce eine Quit tung aus, die er dem immer noch schla fenden Gangster anschließend in 'die Hand drückte. Dann verließ er die Woh nung des „Juicemen", nicht ohne vor her auch noch das Licht abzudrehen. Parker wollte dem Gangster unnötige Stromkosten ersparen. In einer Seitenstraße stand sein hoch beiniges Monstrum. Der Butler setzte sich ans Steuer, schaltete die Schein werfer ein und fuhr seinem neuen Ziel entgegen. Er hatte in dieser Nacht noch sehr viel zu tun. Ihm kam es darauf an, die „Juicemen" empfindlich zu treffen und zu schädigen. Im Grunde war der Butler an diesen kleinen Ausleihern kaum interessiert. Sie standen und fielen mit dem Boß, der das Geld zur Verfügung stellte und die Organisation leitete. Josuah Parker hat te sich auch in diesem Fall wieder ein einfaches, aber auch wirkungsvolles Verfahren ausgedacht. Er wollte die kleinen Gangster derart reizen und schädigen, daß der Chef der Gang auf ihn aufmerksam wurde und sich aus seinem Versteck hervortraute. Zu die 19
sem Zeitpunkt wollte Parker dann nach altbewährtem Muster zuschlagen und die Gang liquidieren. Als Chris Pierce endlich wieder zu sich kam, sich an gewisse Einzelheiten erinnerte, war der Butler längst über alle Berge. Pierce goß sich einen Schluck Whisky ein, wollte trinken und erinner te sich genau in diesem Augenblick an sein Geld. Er lief zum Eisschrank, riß ihn auf und fingerte nach der Konservendose. Dabei fiel sein Blick auf die Quittung, die Parker freundlicherweise zur Ver fügung gestellt hatte. Fassungslos las Pierce, daß Josuah Parker das gesamte Barvermögen mitgenommen hatte. Pierce, ein hartgesottener Gangster, schluchzte trocken auf und widmete sich anschließend seiner Flasche. Er kam zu dem Schluß, seinen Partnern und Freun den von dieser üblen Geschichte nichts zu erzählen. Damit hätte er sich ja doch nur blamiert und um' seine Chancen gebracht, der Nachfolger von Joe Harms zu werden '...! Eine knappe Stunde später erwachte auch Staff Weed aus seinen Träumen. Er fuhr sich mit der noch leicht zit ternden Hand über die Glatze und ver suchte, sich an gewisse Einzelheiten zu erinnern. Richtig, er war doch von die sem ganz in Schwarz gekleideten Mann außer Gefecht gesetzt worden. . Staff Weed zog sich am Türrahmen hoch und ging schwankend zur Haus bar am Fenster. Auch er brauchte einen ordentlichen Schluck, um die finsteren Erinnerungen los zu werden. Ihm erging es nicht anders als Pierce. Plötzlich nämlich fiel ihm ein, daß sein unheimlicher Besucher von Geld ge sprochen hatte. Mein Gott, die Scheine...! Weed setz te das Glas ab, wischte sich frische 20
Schweißtropfen von der Stirn und ließ sich auf die Knie fallen. Er schob den billigen Teppich zur Seite und hob vor sichtig die kleine Falltür an, die sein Geheimversteck verschloß. Er tastete mit den Fingern in das dunkle Verlies und . . . schrie im glei chen Moment gellend auf. Ein scharfes Schnappen untermalte diesen Schrei. Fassungslos zog Weed seine Hand nach oben und starrte entsetzt auf die kleine Mausefalle, die zwei seiner dicken Wurstfinger gefangen hielt. Ihm wurde fest schlecht. Nur unter Aufbietung aller Energie löste er den Stahlbügel und begutach tete die leichten Quetschungen an sei nen Fingern. Wehleidig wie die meisten Gangster, fühlte er sich fast tödlich ver wundet. Später jammerte er noch ein mal, als er sich die beiden Finger müh sam verband. Erst einige doppelte Whisky brachten ihn wieder in Schwung. Parkers Besuch hatte ihn runde 3000 Dollar gekostet. Er fühlte sich ruiniert, zugleich aber auch auf den Arm genommen. Wie ein Anfänger hatte er sich von diesem ko mischen Vogel hereinlegen lassen! Die Jungens dürfen kein Wort davon erfahren, schwor er sich. Wenn die 'rausbekommen, wie man mich geplün dert hat, sind meine Aufstiegschancen im Eimer. Dann kann ich einpacken, dann wird der „Bankhalter" mich niemals zum Nachfolger dieses Joe Harms' wählen. Staff Weed hoffte insgeheim nur, daß auch sein Freund und Kollege Pierce von Parker heimgesucht worden war. Er konnte ja nicht wissen, daß das be reits geschehen war ...! *
Ben Walton hatte den Verstärker und Lautsprecher installiert.. Er sah auf die Uhr. Noch fünf Minuten mußten sie warten, bis der „Bankhalter" sich fern mündlich meldete und seine neuen Di rektiven durchgab. Bis auf Herm Lazer waren alle Re vierleiter der „Juicemen" vollständig versammelt. Die Konferenz der Geld verleiher fand diesmal im Atelier eines verreisten Architekten statt. Ben Wal tons Aufgabe als Sekretär war es, von Fall zu Fall stetig wechselnde Konfe renzräume zu beschaffen, die zu den Gangstern in keiner Beziehung standen. Tarnung wurde bei den „Juicemen" groß geschrieben. Ben Walton fingerte nervös an der Krawatte herum. Er hatte seinen An pfiff bereits weg und wußte, wie wütend und gereizt der „Bankhalter" war. Chris Pierce trauerte noch immer sei nem Geld nach und verfluchte den Butler. Staff Weed, der neben ihm saß, wünschte Parker die Pest an den Hals. Seine dicken Wurstfinger schmerzten und erinnerten ihn an die Ausplünde rung. Joe Harms, der Chef des Reviers, in dem diese beiden Gangster arbeiteten, hatte die unscheinbar aussehende Ak tentasche zwischen seine Beine gestellt. Sie enthielt Banknotenbündel, die er nach der Konferenz Ben Walton über reichen wollte. Die Abrechnung befand sich in seiner Brusttasche. Ruckartig nahm er den Kopf hoch, als gerufen wurde. Der Lautsprecher regte sich. Ben Walton nahm den Hörer von der Gabel und verbeugte sich in ge wohnter, devoter Weise. „Hier spricht der 'Bankhalter'." Die messerscharfe Stimme füllte das Ate lier. „Ich habe den Eindruck, daß Sie
weich geworden sind, meine Herren. Na men will ich nicht nennen. Aber es ist doch ausgeschlossen, daß ein einzelner, alter Mann in der Lage ist, ein ganzes Revier zu verwirren. Wahrscheinlich ar beitete unser früheres Mitglied Herm Lazer mit diesem Mann zusammen. La zer steht ab sofort auf der Liste. Wer immer ihn sieht, hat sofort zu schießen. Ab sofort wird eine Treibjagd auf den bewußten, alten Mann begonnen. Er heißt Josuah Parker und scheint frü her einmal als Butler gearbeitet zu ha ben. Dieser Mann ist zu stellen. Ich will ihn allerdings lebend sehen. Ein Ver hör wird zeigen, ob wir es mit einem verrückt gewordenen Einzelgänger zu tun haben." Ben Walton nickte wie ein Automat und rückte seine Brille zurecht. Der „Bankhalter" schien wieder einmal Röntgenaugen zu besitzen und alles zu sehen. „Walton", mahnte die messerscharfe Stimme des Bandenchefs. „Wann hören Sie endlich einmal mit diesem Katz buckeln auf. Sorgen Sie lieber dafür, daß keine Pannen mehr passieren. Wir müssen jetzt noch härter und entschlos sener vorgehen als sonst. Falls unsere Kunden erst mal herausfinden, daß wir mit uns spielen lassen, können wir ein packen und uns neue Jobs suchen. Gibt es irgendwelche Fragen?" Ben Walton hüstelte nur und hielt ansonsten seinen Mund. Joe Harms atmete tief auf. Seiner Schätzung nach kam er diesmal glimpf lich davon. Der „Bankhalter" hatte sei nen Namen nicht genannt. Chris Pierce preßte die Lippen zu sammen und war froh, daß er von sei ner Blamage nichts gesagt hatte. Staff Weed schnaufte, dachte an sein Geld, an die Mausefalle und an Josuah. 21
Parker, der ihn hereingelegt hatte. Doch mehr tat er nicht. Er sagte kein Wort und zog unwillkürlich den Kopf ein, als Ben Walton ihn unabsichtlich an sah. „Keine Fragen also", entschied der „Bankhalter" nach einer kurzen Pause. „Ich wiederhole also nochmal, dieser Josuah Parker ist mit allen Mitteln zu stellen. Ich möchte mir ausbitten, daß gewisse Leute nicht noch einmal auf Wassereimer und Trockenerbsen her einfallen . . . Ende...!" Es knackte in der Leitung. Pierce und Weed bekamen bei der Erwähnung der Trockenerbsen einen tomatenroten Kopf und fingerten schleunigst nach ihren Taschentüchern. Sie waren restlos be dient und fühlten sich wie Anfän ger . . . ! • Leutnant Branch war sich noch nicht recht schlüssig darüber, ob er schimpfen oder lachen sollte. Als Mike Rander ihm einen Drink anbot, nickte er dan kend und trank das Glas in einem Zug leer. „Für mich besteht kein Zweifel, daß Parker in der Stadt ist und die ,Juice men' bekämpft", sagte er. „Rander, sa gen Sie die Wahrheit, er hat sich be reits bei Ihnen gemeldet, oder?" „Ich weiß von nichts, Branch." An walt Mike Rander versorgte auch sich mit einem Drink und ließ sich in einen Sessel fallen. „Wieso wissen Sie so ge nau, daß mein Butler in der Stadt ist?" „Heute morgen traf bei mir ein Päck chen ein", berichtete Leutnant Branch. „Es enthielt Banknoten im Wert von fast 10 000 Dollar. Beigefügt war eine Liste von Personen, die sich bei den .Juicemen' Geld ausgeliehen haben und die dazugehörigen Schuldscheine. Das 22
alles deutet doch auf die9e verbrecheri schen Geldverleiher hin, oder?" „Stimmt, aber doch nicht auf Par ker." „Rander, Sie wissen genausogut wie ich, daß nur Parker so handelt. Er sitzt den .Juicemen' bereits dicht auf den Fersen. Hinzu kommt noch eine dubiose Schießerei in einem Haus in der Hubbard Street. Schön, ich werde die Katze aus dem Sack lassen, Rander. Meine Leute stellten fest, daß in dieser kleinen Wohnung ein Mann wohnt, der Ihrem Butler verteufelt ähnlich sieht. Ich sage nur Melone, Regenschirm und schwarze Kleidung." „Das sieht allerdings nach Parker aus", gab Mike Rander lächelnd zu. „Wie war das mit der Schießerei, Branch?" „Genaues wissen auch wir nicht. Hausbewohner riefen die Streife an. Als die Jungens die Wohnung betraten, stolperten sie über einen leeren Wasser eimer, pantschten durch die riesige Was serlache und rutschten über ausgestreu ten Trockenerbsen aus. Wollen Sie be haupten, daß Parker dabei seine Hand nicht im Spiel hatte?" „Wirklich, das könnte Parker gewe sen sein." Mike Rander grinste, erinner te sich der Schießerei und sorgte sich nun doch um seinen Butler. „Konnten Ihre Leute Blutspuren ausmachen?" „Nichts... Was mich stutzig macht, ist die Tatsache, daß die Experten nicht einen einzigen Fingerabdruck finden konnten. Der Bewohner dieser kleinen Wohnung muß also unentwegt Hand schuhe getragen haben." „Stimmt, das ist Parker." Mike Ran der war sich seiner Sache nun vollkom men sicher. „Branch, er wird seine Gründe haben, unsichtbar bleiben zu wollen."
„An Parkers Extratouren gewöhne ich mich nur sehr schwer", beschwerte sich Leutnant Branch „Schließlich sind wir ja dafür da, Verbrecher zu bekämp fen." „Parker hilft Ihnen dabei ein wenig", schwächte Mike Rander die Worte des Leutnants ab. „Verbrecher hat er Ihnen bisher noch nicht geliefert, oder?" „Wie ich ihn kenne, können wir sie uns bald irgendwo in der Stadt abho len. Privat gesprochen, Rander, bewun dere ich diesen verflixten Parker. Doch offiziell und dienstlich gesehen, muß ich ihn bei Gelegenheit mal zusammen stauchen." „Es wird ihm peinlich sein." Rander grinste. „Sie haben seinen Wortschatz schon fast übernommen", entrüstete sich Branch. „Eines Tages wird Parker Pech haben und irgendwelchen Gangstern ins Garn gehen. Er ist schließlich kein Übermensch." „Ganz sicher nicht, Branch, aber da für gerissen und trickreich. Sie haben ja in der Vergangenheit erlebt, was man damit alles schaffen kann. Wollen Sie sich nun einschalten?" „Natürlich, wir kennen einige Schuld ner der ,Juicemen'. Diese Leutchen werden wir jetzt diskret überwachen und auch beschützen. Die Gangster wer den versuchen, auch nach dem Verlust der Schuldscheine an ihr Geld zu kom men. Das werden wir verhindern: Oder auch in Einzelfällen fördern. Nicht nur Parker ist gerissen. Auch wir von der Polizei haben da unsere bestimmten Methoden." „Sie wollen sich über einige Schuld ner, die zum Schein zahlen, an die Gangster heranpirschen?" „So ungefähr. Rander, aber hängen
Sie das nicht an die große Glocke. Und noch einmal: Sollte Parker sich melden oder sogar auftauchen, muß er mich so fort anrufen." . „Ich werde nicht vergessen, ihm das auszurichten, Branch. Und schärfen Sie Ihren Leuten ein, daß Trockenerbsen unter Umständen verflixt tückisch sein können...!"
Nach der unmißverständlichen An sprache des „Bankhalter" drängten die einzelnen Revierbosse zur Kasse. Ge nauer gesagt, sie lieferten dem Sekretär ihrer Vereinigung die eingesammelten Gelder ab. Ben Walton zählte, strich ein und fertigte seine Mitarbeiter ab. Er führte genau Buch über die einzelnen Beträge und versenkte die Banknotenbündel in eine große Aktentasche, die eine lange und flache Stahlkassette umschloß. Das Abkassieren dauerte etwa zwan zig Minuten. Dann verließ der letzte der Revierbosse das Atelier und kehrte auf die Straße zurück. Ben Walton zündete sich nach dieser Leistung eine Zigarre an, schloß die Kassette sorgfältig ab und gönnte sich- eine kleine Atempause. Besonders eilig hatte er es nicht. Er wußte, daß der Inhaber des Ateliers erst in einigen Wochen aus Kalifornien zurückerwartet wurde. Walton lehnte sich im Stuhl weit zurück und sah bei läufig zum Lautsprecher hoch, der die Stimme seines Herrn lautstark und mes serscharf wiedergegeben hatte. Er dachte an den „Bankhalter" und dessen Anspielungen. Er zerbrach sich wieder einmal den Kopf darüber, wo her sein Chef immer genau wußte, was er, Ben Walton, gerade tat. Dabei wußte Walton im Gegensatz zu den Revier chefs sehr genau, daß, irgendeine ge 23
heime Fernsehanlage nicht angebracht war. Walton, wenn auch äußerlich servil und überhöflich, fühlte sich dem „Bank halter" zumindest gleichwertig. Das lag nicht allein daran, daß er der einzige Gangster war, der den Chef im Hin tergrund wirklich kannte. Nein, Walton leistete die Hauptarbeit und schuftete sich für seinen Boß ab. Der „Bankhal ter" hingegen kommandierte ihn n u r h e r u m u n d kassierte stets den Löwen anteil ein. Eine Regelung, mit der Wal ton auf lange Sicht gesehen, keineswegs einverstanden war. Eines Tages werde ich diesem B u r schen den Rang ablaufen und ihn aus schalten. Das h a t t e er sich schon oft ge schworen. Bisher fand Ben Walton n u r nie eine Möglichkeit, seine Wunschträu me in die Tat umzusetzen. Er suchte immer noch nach einem Mann, den er vorschicken konnte und der ihm die K a stanien aus dem Feuer holte. Der Sekretär der „Juicemen" w a r al les andere als leichtsinnig. Er u n t e r schätzte den „Bankhalter" auch nicht. Oft fragte er sich, ob sein Chef nicht längst ahnte, was in seinem Kopf vor ging. Auch im privaten Verkehr konnte der Boß seine Anspielungen nicht u n terlassen. Ja, oft h a t t e Walton sogar den sicheren Eindruck, daß sein Boß sich über die Pläne seines Sekretärs amüsierte und ihm eine Ausführung einfach nicht zutraute. Walton gähnte. Es w u r d e Zeit für ihn, das Atelier zu verlassen. Er mußte das Geld noch abliefern und anschließend Bericht erstatten. Der „Bankhalter" in teressierte sich sehr stark für diesen J o suah Parker, der einen verrückten Wir bel verursacht hatte. Walton b a u t e den Verstärker, den Adapter und den Lautsprecher ab. Be 24
waffnet mit seinen beiden kleinen Le dertaschen, verließ er das Atelier u n d nickte den beiden Revolverhelden zu, die draußen auf dem F l u r auf ihn w a r teten. Sie stellten seine Leibgarde dar und hatten die Aufgabe, vor allen Din gen das Geld zu bewachen. Ohne ein Wort zu verlieren, schlossen sie sich Walton an, folgten ihm über die Treppe nach unten auf die Straße und stiegen zu ihm in den Wagen. Walton nickte seinem F a h r e r zu und schloß die Augen. Er nahm sich vor, einmal für eine Viertelstunde richtig abzuschalten und keine Probleme zu wälzen. Aufzu passen brauchte er jetzt nicht mehr. Dazu hatte er ja seine Leibwache, die darüber hinaus auch so etwas wie seine Gefangenenwächter waren. Sie ließen ihn niemals aus den Augen und erhiel ten ihre Befehle direkt vom „Bankhal ter". Lange dauerte die Fahrt nicht. Schon nach k n a p p zehn Minuten w a r das Ziel erreicht. Der Wagen bog auf das Gelän de einer Fabrik ein und fuhr bis h a r t an die Verladerampe heran. Ben Wal ton ergriff die Geldtasche, stieg aus und ließ seine Leibwache zurück. Die kleine Pforte in der großen Schie betür war nur angelehnt. Obwohl Wal ton schon seit Monaten hier aufkreuzte, um die Gelder abzuliefern, hatte er j e desmal ein unheimliches Gefühl in der Magengegend, wenn er das dunkle L a ger betrat. Hier roch es nach Ungezie fer. Und irgendwo in der Dunkelheit dieses dreistöckigen Lagerschuppens hielt sich der „Bankhalter" auf und w a r t e t e auf sein Geld. Der Chef der „Juicemen" war unge mein mißtrauisch. Obwohl Ben Walton ihn kannte, vermied er einen zu h ä u figen und zu innigen Kontakt. Ging es aber darum, das Geld abzuliefern, so
traf der „Bankhalter" besondere Vor sichtsmaßnahmen, um nicht durch Ver rat überrascht zu werden. Obwohl es hinter der kleinen Pforte stockfinster war, kannte Ben Walton sich bestens aus. Er ging ein paar Schritte in den Schuppen hinein und tastete nach dem Laufband, das hier endete. Ein endloses Gummiband, Von einem starken Elektromotor bewegt, be förderte normalerweise Mehlsäcke aus der Tiefe des Schuppens hinunter zur Verladerampe. Auf Wunsch des „Bankhalter" war das . Gummi-Förderband umgespannt worden. Es lief nach oben und wartete nur darauf, die Geldtasche mit sich zu nehmen. Wo der „Bankhalter" stand, um die Tasche in Empfang zu nehmen, wußte selbst Ben Walton nicht. Sein Chef wechselte den Standort von Fall zu. Fall. Sollte es einmal zu einer pein lichen Überraschung kommen, konnte der „Bankhalter" sich schnell und laut los absetzen und die Flucht ergreifen. Walton legte den Hebel des Elektro motors herum und hörte das vertraute, bekannte Summen. Rasselnd setzte sich das endlose Förderband in Bewegung. Der Sekretär der „Juicemen" legte die Tasche auf das Gummiband und kehrte sofort zurück auf die Rampe. Was jetzt mit der Tasche geschah, interessierte ihn nicht mehr. Er gestand sich aller dings wieder einmal ein, daß der „Bank halter" jetzt um eine beträchtliche Sum me reicher geworden war. Der Gangsterchef hielt sich in jener Nacht in der zweiten Etage des Lager schuppens auf. Er hörte das Rasseln des Förderbands und ließ den abge dunkelten Schein einer Taschenlampe aufflammen. Damit leuchtete er das vor erst noch leere Förderband ab. Schon nach knapp dreißig Sekunden tauchte
im Lichtschein die bewußte Mappe auf. Mit einer schnellen Bewegung nahm der „Bankhalter" die Tasche vom Gum miband und stellte sie auf eine leere Kiste. Mit einem Zweitschlüssel öffnete er die Kassette und leuchtete die Bank notenbündel ab. Er verzichtete darauf, das Geld gleich an Ort und Stelle zu zählen. Bisher hatte er sich auf Ben Walton immer noch verlassen können. Viel war von dem „Bankhalter" nicht zu erkennen. Er trug einen weiten Man tel und hatte sich den Hut tief in die Stirn gezogen. Ein hochgebundener Sei denschal verdeckte zusätzlich sein Ge sicht. Weich und geschmeidig verließ der Mann mit der messerscharfen Stim me das Förderband, nachdem er es ab gestellt hatte. Für Walton war es das Zeichen, abzufahren. Der „Bankhalter", der sich in diesem verödeten Lagerschuppen erstklassig auskannte, verschwand hinter Trenn wänden und Kistenstapeln. Nur ein paar Ratten pfiffen erleichtert auf, als sie den Schuppen wieder ganz in Be sitz nehmen konnten . . . ! * Josuah Parker, weder leichtsinnig noch selbstmörderisch veranlagt, kehrte nicht mehr in seine kleine Wohnung in der Hubbard Street zurück. Er konnte sich unschwer ausrechnen, daß dort nicht nur die Revolverhelden der „Jui cemen", sondern auch die Polizei auf ihn wartete. Er blieb zwar im Revier des Gangsters Joe Harms, denn von hier aus wollte er die Geldverleiher aufrollen und ihre Organisation zerschlagen. Der Butler wurde Gast eines kleinen Hotels in der Fulton Street. Diese neue Unterkunft hatte er sich nach taktischen Gesichts punkten ausgesucht. Für den Fall einer 25
Belagerung standen ihm verschiedene Fluchtmöglichkeiten zur Verfügung, Nach der ersten Kontaktaufnahme mit den Gangstern wurde die Lage nun kritisch. Parker wußte aus Erfahrung, daß die Gangster solch eine Schlappe niemals hinnehmen würden. Um ihr Gesicht zu wahren, mußten sie eine große Treibjagd auf ihn veranstalten. Parker richtete sich dementsprechend ein. Er besuchte im Laufe des Vormit tags einige Spezialgeschäfte, in. denen er sich mit reizvollen Überraschungen eindeckte. Er liebte es, unorthodox vor zugehen und seinen Gegnern stets neue Überraschung zu servieren. Nachdem der Butler ein ausgesuchtes Mittagessen zu sich genommen hatte, stattete er Herm Lazer einen Besuch ab. Der grobschlächtige Boxer befand sich nämlich noch immer in seiner Obhut. Parker hatte ihn an einem sicheren Ort untergebracht. Um nicht unnötig aufzufallen, ver zichtete er darauf, sein hochbeiniges Monstrum zu benutzen. Ein Taxi brach te ihn hinaus zum Montrose Yachtha fen. Weit vor dem Kai stieg Parker aus, wartete, bis das Taxi verschwunden war und schritt dann gemessen und würdevoll auf die vielen, kleinen Boots häuser zu, die um diese Jahreszeit einen recht verlassenen Eindruck machten. Der Butler verschwand im Gewirr der Häuser und Landungsstege. Über eine steile, schlüpfrige Treppe stieg er hin unter auf einen Landesteg und betrat dann ein Hausboot, das sich sanft im Wasser wiegte. Bevor er die Tür öffnete, prüfte er mit schnellen Augen die kaum wahrnehm baren Sicherungen, die er angebracht hatte. Er war zufrieden. Der dünne Zwirnfaden, der sich zwischen Tür und Rahmen spannte, war noch unversehrt. 26
Parker schloß die Tür auf und suchte seinen Gast auf, der in einem Kielraum saß und ihn giftig anstarrte. „Ich hoffe, Sie langweilten sich nicht zu sehr", begrüßte Parker den Gangster. Er schraubte das Licht der Petroleum lampe etwas höher, um Herm Lazer besser sehen zu können. Der Gangster, dessen rechter Fuß an einer starken Nickelkette befestigt war, die wiederum an der Innenwand des Bootes ange schraubt war, stand vorsichtig auf. Par ker sah, daß Herm Lazer mit dem Ta felmesser versucht hatte, die dicke Eisensehraube aus der Bordwand zu schneiden. Es war selbstverständlich nur bei einem unzulänglichen Versuch ge blieben. Das Mahagoniholz des Boots rumpfes hätte selbst einer mittelstarken Kreissäge standgehalten. Von der So lidität der Nickelkette ganz zu schwei gen. Es zeigte sich wieder einmal, daß Parker das, was er tat, auch richtig und ganz besorgte. „Wenn ich hier 'rauskomme, haben Sie ein Verfahren wegen Entführung am Hals", tobte der ehemalige Boxer. „Wie 'nen räudigen Hund haben Sie mich angekettet." • „An Ihrer Stelle würde ich solch einen Hund durch diesen Vergleich nicht be leidigen", gab Parker sanft zurück. „Sie hatten doch die Möglichkeit, sich durch lautes Rufen der Öffentlichkeit mitzu teilen. Warum machten Sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch . . .?" Herm Lazer preßte die Lippen zu sammen und schwieg. Er wollte nicht zugeben, welch eine Angst er vor seinen ehemaligen Partnern hatte. Im Grunde war ihm der Aufenthalt in diesem Haus boot lieber als eine Haft im Untersu chungsgefängnis. Hier nämlich fühlte er sich fast sicher. „Es steht Ihnen später selbstverständ
lich frei, Mr. Lazer, Klage gegen mich zu erheben", redete Parker weiter. „Wie ich übrigens sehe, haben Sie den Spei sen und Getränken recht gut zugespro chen." „Zum Teufel mit Ihnen ...!" „Womit wir durch Ihre Bemerkung wieder bei dem Chef Ihrer Organisa tion angelangt wären", nahm Parker den Hinweis auf. „Wir unterhielten uns gestern in der Nacht über Ihre Beob achtungen anläßlich dieser Konferen zen, die der .Bankhalter' einberuft." „Ich werde kein Wort mehr sagen ...!" „Ich könnte Sie natürlich zwingen, sich mir zu offenbaren", antwortete Jo suah Parker freundlich. „Von diesen Mitteln werde ich aber keinen Gebrauch machen. Ich werde Ihren sehnlichsten Wunsch erfüllen, und dafür sorgen, daß Sie wieder in die Arme Ihrer Organi sation zurückkehren können." „Was soll das beißen . . . ? " „Ich werde Sie losketten und zurück in Ihre Wohnung schaffen. Es hängt dann von Ihrer Geschicklichkeit ab, was Sie Ihren Freunden erklären werden." „Soll das 'n Witz sein?" „Es ist mein voller Ernst, Mr. Lazer." „Hören Sie, das können Sie doch nicht mit mir machen . . . Hören Sie m a l . . . das wäre doch glatter Mord. Sie wissen doch verdammt genau, wie scharf die jetzt auf mich sind ...!" „Wenn Sie mich darum bitten sollten, hier bleiben zu dürfen, werde ich Ihrem Wunsch selbstverständlich entsprechen. Dazu gehört dann allerdings, daß Sie auf meine Gesprächsthemen auch ein gehen, Mr. Lazer." „Also gut, Sie sind am Drücker...! Schön, stellen Sie Ihre Fragen. Aber das garantiere ich Ihnen, sollte ich wieder frei sein, dann können Sie von mir was erleben...!"
„Ich werde Sie dann ganz gewiß nicht enttäuschen", gab Josuah Parker zu rück. „Nun aber zur Sache. Ben Wal ton also ist der Sekretär des .Bankhal ter'. Über diesen Mann würde ich gern mehr hören. Mr. Lazer. Seien Sie ver sichert, daß Sie in mir einen interessier ten Zuhörer haben." Josuah Parker nahm auf einem Hok ker Platz und ließ Herm Lazer nach Herzenslust reden. Da der Gangster seit vielen Stunden allein war, flossen seine Lippen über. Er war richtig froh, seine Stimme hören zu können. Und Parker begrüßte es, weitere Ge heiminformationen aus erster Hand zu erhalten. Lazer erwies sich in dieser Be ziehung als eine wahre Fundgrube...! * Nach Anbruch der Dunkelheit befand Parker sich wieder in der Stadt. Seinen Berechnungen nach ließ der „Bankhal ter", dessen Spitznamen er nun schon kannte, seine alte Wohnung in der Hubbard Street überwachen. Herm La zer hatte im Verlauf seiner weiteren Ausführungen auch von den „Bluthun den" des Chefs gesprochen. Der Butler wußte also, was ihn erwartete, falls er die Wohnung tatsächlich noch einmal betrat. Im Schutze der Dunkelheit näherte er sich der Hubbard Street, verschwand in einem Torbogen und suchte sich in sei ner altbekannten gemessenen und wür devollen Weise seinen Weg. Auf Um wegen über Hinterhofe und schmale Gassen erreichte er den Niedergang zu einem Keller. Da er wie immer schwarze Kleidung trug, war er kaum auszumachen. Der Butler benutzte für wenige Sekunden sein Spezialbesteck, um die Kellertür zu öffnen. Er hatte kein schlechtes Ge 27
wissen, treten. stehlen, von der
das Haus ohne Erlaubnis zu be Schließlich wollte er ja nicht sondern n u r seine Mitmenschen Pest einer Gang befreien.
Er befand sich in einem Bürohaus, in dem um diese Zeit nicht gearbeitet w u r de. Um etwa vorhandene Nachtwächter nicht unnötig in U n r u h e zu versetzen, verzichtete er auf die Benutzung des Lifts, der im Kellergeschoß endete. Nein, P a r k e r unterzog sich der Strapaze, die im H a u s für den Fall eines Brandes ein gebaute Betontreppe zu benutzen. Ein heimlicher Beobachter h ä t t e mit Sicher heit Augen und Mund aufgesperrt, so schnell und kraftvoll brachte P a r k e r die vielen Stufen hinter sich. Sein Puls und sein Atem gingen k a u m schneller, als er das oberste Stockwerk erreicht hatte. In einem Büro ließ P a r k e r sich h ä u s lich nieder, öffnete eines der drei K l a p p fenster und nickte zufrieden. Er sah vor sich die Fassade des Hauses, in dem er gewohnt hatte. Tief u n t e r ihm w a r die Straße mit den noch geöffneten G e schäften, mit Kneipen, B a r s und Würst chenständen. Mit geschultem Blick entdeckte P a r ker schnell einige verdächtige Männer, die sich vor dem H a u s herumtrieben u n d augenscheinlich auf seine Rückkehr warteten. P a r k e r s Augen u n d Witterung waren d e r a r t geschärft, daß er schnell die beiden Polizeidetektive von den vier postierten Gangstern unterschied. P a r k e r knöpfte sich den weit fallen den, schwarzen Covercoat auf, griff in eine der unergründlichen Taschen und zog eine Schleuder hervor. Es handelte sich wie in allen Fällen um eine Spe zialanfertigung aus starkem Stahldraht und sehr dehnungsfähigem Gummi. Der Butler legte eine flache, r u n d e Blech schachtel vor sich auf die Fensterbank 28
und wählte mit Bedacht sein erstes Ge schoß. Es w a r eine runde Bleikugel, die er in die Lederschlaufe der Schleuder legte. Ein kurzes Spannen, ein ruckar tiges Loslassen und schon fegte die Blei kugel mit raketenartiger Geschwindig keit durch die Nacht: Davon ahnte der Gangster nichts, der sich breitbeinig und stämmig neben dem Würstchenstand aufgebaut hatte. Er hatte sich den Hut in den Nacken ge schoben und fluchte gerade innerlich über seinen Job. Er langweilte sich fürchterlich und glaubte fest und sicher, daß dieser P a r k e r niemals zurückkeh ren würde. Er fluchte nicht mehr, als die Bleiku gel seinen Stiernacken traf. Er kickste nur überrascht auf, spürte dann den Schmerz und w u r d e weich in den Knien. Er hielt sich an einem Wasserhydranten fest und rieb sich dann seinen Nacken. Verstohlen schaute er sich nach allen Seiten um. Er konnte sich einfach nicht erklären, was ihn da im Nacken getrof fen hatte. P a r k e r ging methodisch vor. Er gönnte seinem ersten Opfer eine kleine Verschnaufpause und visierte den zweiten Gangster an. Dieser Mann w a r ebenfalls ahnungs los. Er rauchte eine Zigarette, sah einem netten Girl nach und entschloß sich g e rade, anerkennend zu pfeifen. Der A n satz seines Pfiffs ging in einem bösen Schimpfwort unter, denn P a r k e r s Blei kugel traf ihn genau auf der rechten Wange. Der Gangster ging sofort in Deckung und beging den Fehler, seinen 45er zu ziehen. Verlegen steckte er ihn aller dings schnell wieder ein, denn weit und breit w a r kein Gegner zu sehen. Der „Bluthund" des „Bankhalter" versuchte
Augenkontakt zu seinem Partner am Hydrant aufzunehmen, doch der Partner war nicht zu sehen. Butler Parkers Schleuder war schon wieder in Tätigkeit. Diesmal traf die Bleikugel einen Gangster, der vor dem Schaufenster einer Kneipe stand. Der Mann konnte es sich einfach nicht er klären, wieso sein Hut plötzlich vom Kopf herunterfiel, obwohl doch kaum ein Windchen ging. Parker wollte auch dem vierten Gang ster einen kleinen Bleigruß servieren, doch dieser Mann verschwand gerade hinter einem Laternenmast, wo ein Zei tungsverkäufer die Abendausgaben an bot. Parker wartete, bis der Gangster sich mit einem Blatt eingedeckt hatte. Er gönnte dem Mann noch ein paar Se kunden, bis er die Zeitung ausgebrei tet hatte. Da aber konnte der Butler einfach nicht widerstehen. Seine Blei kugel zerfetzte die Zeitung und ließ den Gangster erschreckt zusammenfahren. « Der Mann sah sich mißtrauisch um, glaubte wohl an einen Streich eines Gassenbengels und wechselte seinen Standort. Die beiden Polizeidetektive im Fah rerhaus eines Lieferwagens ließ Parker ungeschoren. Er wollte die Vertreter des Gesetzes nicht verwirren. Ihm lag sehr daran, daß sie möglichst lange nichts von diesem Intermezzo merkten. Der Gangster vor der Kneipe hatte sich inzwischen wieder gefaßt. Schein bar gelassen und ahnungslos, befand sich dieser Mann in Höchstspannung. Er wollte herausbekommen, wer ihn da so raffiniert angeschossen hatte. Eine Bleikugel aus Parkers Schleuder veränderte schlagartig diese Situation. Die Scheibe hinter dem Gangster barst in Stücke. Klirrend rasselten die Scher ben auf das Pflaster. Verschreckt und
nicht begreifend, drehte der Gangster sich entsetzt um. Natürlich hatte er die Scheibe nicht zertrümmert, doch das wußte der stämmige Barkeeper nicht, der mit einem abgebrochenen BaseballSchläger aus der Kneipe herausstürzte und ohne langes Fragen auf den ver dutzten Gangster eindrosch. Der Mann neben dem Würstchen stand sah den Beginn dieser Keilerei und fühlte sich verpflichtet, seinem Partner zu Hilfe zu eilen. Er vergaß die Belästigung aus der Luft, rannte auf die Kneipe zu und wollte dem Bar keeper in den Rücken fallen. Doch dieser Mann stand nicht allein auf weiter Flur. Einige Stammgäste, die für später auf ein Freibier warteten und hofften, stürzten sich in den Kampf und mischten kunstfertig mit. Innerhalb weniger Minuten entstand eine solenne Prügelei, die eine weitere Schaufenster scheibe kostete. Josuah Parker stellte seine weiteren Belästigungen für eine Weile zurück und genoß diese Auseinandersetzung, die er durch das absichtliche Zertrüm mern der Kneipenscheibe verursacht hatte. In Anbetracht der Situation ge stattete er sich sogar den Luxus eines leicht verschmitzten Lächelns. Der Kampf vor der Kneipe wogte hin und her. Die beiden anderen Gangster hatten inzwischen ebenfalls eingegriffen und schlugen wie rasend um sich. Gegen die Übermacht aus der Kneipe kamen sie allerdings nicht an. Die Aussicht auf einige Lagen Bier und Schnaps sporn te die Kneipenbesucher zu wahren Höchstleistungen an. Schon nach weni gen Minuten gaben die vier Gangster auf und setzten sich ab. Sie trabten an dem Lieferwagen vorbei, in dem die beiden Polizeidetektive saßen, schlüpf 29
ten in ihren Wagen und fuhren davon. Josuah Parker, mit der Wirkung sei ner Schleuder durchaus zufrieden, pack te die kleine, raffinierte Waffe ein und verließ das Fenster. Nach weiteren fünf Minuten stand er auf der Straße und kümmerte sich um ein Taxi. In dieser Nacht hatte er nämlich noch sehr viel vor. Er wollte die von H e r m Lazer ge wonnenen Erkenntnisse möglichst um gehend und nutzbringend anwenden...!
Joe Harms, der zähe und drahtige Chef des Reviers, hatte seine Kneipe ge schlossen. Es war weit nach Mitternacht. Die beiden Barkeeper rechneten ab, si cherten die Eingangstür und verließen die Kneipe. Harms schloß die Eisentür zum Korridorgang, legte sicherheitshal ber einen Querbalken vor und stieg über die Wendeltreppe im Büro hinauf in seine kleine, aber sehr gut eingerich tete Wohnung. In dieser Nacht hatte er einfach keine Lust, noch ein paar Stun den Nachtleben mitzumachen, wie es sonst seine Gewohnheit war. Seit Par kers Wirken fühlte er sich nicht mehr sonderlich wohl in seiner Haut. Er wur de das dumpfe Gefühl nicht los, dauernd beobachtet zu werden. Er mixte sich einen Drink, ließ sich in einen tiefen, bequemen Sessel fallen und schloß nachdenklich die Augen. Nicht nur dieser Parker stellte eine Ge fahr dar, nein, auch der „Bankhalter" durfte nicht vergessen werden. Harms ahnte, daß er sich einen weiteren Feh ler nicht leisten durfte. Geschah noch eine Panne, dann wurde er mit Sicher heit genau so ausgeschaltet wie Mark Steffens. Er zuckte zusammen, als das Telefon sich mit schrillem Läuten meldete. Er zögerte einen Moment, die Hand nach 30
dem Hörer auszustrecken. Vorsichtig stellte er das Glas weg und hob dann entschlossen ab. „Hier spricht Joe Harms...!" „Und hier der .Bankhalter', Harms ...!" Ein Irrtum war ausgeschlossen. Harms kannte die messerscharfe, kalte Stim me seines Chefs. Er spürte, wie seine Kehle sich zusammenzog. „Ja . . . ? " rang er sich ab. „Harms, hören Sie genau zu ...! Set zen Sie sich sofort in ihren Wagen und fahren Sie zu Ben Walton. Wo er zu er reichen ist, wissen Sie ja. Meine Leute konnten diesen Josuah Parker stellen. Ich erwarte Sie in etwa zehn Minuten." „Ich fahre sofort los...!" „Beeilen Sie sich!" Wie ein Stück glühendes Eisen ließ Joe Harms den Hörer aus der Hand fal len. Gleichzeitig seufzte er aber auch er leichtert auf. Parker, der Mann also, der die ganzen Schwierigkeiten verschuldet hatte, war endlich erwischt worden. Da mit war die Lage wieder bereinigt. Joe Harms brauchte nicht mehr um seinen Job und um sein Leben zu fürchten. Schon nach wenigen Minuten saß er in seinem Wagen und fuhr los. Ben Waltons Privatwohnung lag im Loop, dem engeren Geschäftsviertel von Chi kago. In weniger als zehn Minuten hat te der Gangster das Haus erreicht, stell te den Wagen am Straßenrand ab und betrat die Halle des Apartment-Hotels. Mit dem Lift fuhr er hinauf in die drit te Etage und klingelte. Hinter der Tür war nichts zu hören. Joe Harms klingelte noch einmal und trat unruhig von einem Fuß auf den an deren. Er konnte sich nicht erklären, warum Ben Walton nicht öffnete. Er er wartete ihn doch schließlich. Nachdem die Klingel sich heißgelau
fen hatte, kam der Gangster zu dem treffenden Schluß, daß Walton entwe der nicht zu Hause, oder daß ihm etwas passiert war. Er fuhr zurück in die Hal le und erwischte den Hauswart, der ge rade aus seiner Dienstwohnung kam. „Ich suche Mr. Walton." sagte Harms, sich zur Ruhe zwingend. „Haben Sie eine Ahnung, ob er zu Hause ist?" „Er ist weggefahren, vielleicht vor zehn Minuten", gab der Hauswart zu rück. „Soll ich etwas für ihn ausrich ten?" „Nein, ich werde später noch einmal vorbeischauen", meinte Harms, ging nachdenklich zurück zu seinem Wagen und blieb einige Minuten lang unent schlossen am Steuer sitzen. Er wußte nicht, was er tun sollte. Un ter Umständen konnte er hier vor dem Haus Stunden warten. Vielleicht war es besser, zurück nach Hause zu fahren und das Telefon zu bewachen. Es war durchaus möglich, daß der „Bankhalter" sich wieder meldete und ihm eine neue Adresse durchgab. Harms preschte also zurück, hastete hinauf in seine Wohnung und betrat den großen Wohnraum. Als er das Licht ein schaltete, sah er auf den ersten Blick, daß der Raum durchsucht worden war. Wütend und gereizt schmetterte er die Tür hinter sich zu und kümmerte sich zuerst einmal um seinen Safe, der sich hinter der Klimaanlage unter dem Fen ster befand. Nervös und mit leicht vibrierenden Händen löste er die Sperre, klappte das Klimagerät zur Seite und . . . starrte fas sungslos auf die nur angelehnte Safe tür, die etwas schief in den Angeln hing. Joe Harms kniete nieder und fingerte in die beiden Fächer hinein. Nun, sie stießen ins Leere, denn die Banknoten
bündel, die sich im Safe befanden, wa ren verschwunden. Der Gangster konnte es einfach nicht fassen. Nur er allein wußte doch, wo der Safe sich befand. Unter Wahrung aller Vorsichtsmaßnahmen hatte er ihn vor knapp einem Jahr einbauen lassen. Es war ihm rätselhaft, wie das raffi nierte Kombinationsschloß hatte geöff net werden können. Die Hersteller des Safe hatten ihm doch seinerzeit ge schworen und versichert, ein Unberufe ner könne den Safe niemals öffnen. In diesem Zusammenhang dachte Harms plötzlich auch an seinen Tresor unten im Büro. Darin lagen die Gelder, die er im den nächsten Tagen an den „Bankhalter" abliefern mußte. Wie ein geölter Blitz fegte er durch den Raum, hastete über die Wendel treppe nach unten und schaltete die Neonbeleuchtung ein. Zögernd näherte er sich dem mächtigen Tresor, der einen unversehrten Eindruck machte. Gott sei Dank, murmelte der Gang ster, der das komplizierte Schloß prüfte, scheint alles in Ordnung zu sein. Doch die Unruhe in ihm war zu groß. Befand sich das Geld tatsächlich noch im Tresor? Um Gewißheit zu haben, spulten seine Hände die notwendigen Griffe und Einstellungen ab. Nach etwa dreißig Sekunden konnte er die schwere Panzertür aufziehen. Er sah auf den ersten Blick, daß die Banknotenbündel korrekt und in rich tiger Anzahl an Ort und Stelle lagen. Harms war derart beglückt, daß er sich eine Zigarette anzünden mußte. Der Verlust seiner privaten Gelder wog nicht so* schwer. Hauptsache, er konnte den „Bankhalter" pünktlich beliefern. „Darf ich Ihnen Feuer reichen?" mel dete sich eine höfliche und korrekte 31
Stimme zu Wort, als Harms nach einem Feuerzeug suchte. Der Gangster erstarrte . . . ! Langsam drehte er sich um, seine Muskeln spannten sich. Im Ziehen einer Waffe war er ungemein schnell und si cher. „Ich muß mich für meine Zudringlich keit entschuldigen", redete der schwarz gekleidete Mann weiter, der hinter dem Vorhang hervortrat. Er trug einen weit fallenden Covercoat, eine schwarze Me lone und einen altväterlich gebundenen Regenschirm. „Den Safe bekam ich leicht auf, Mr. Harms, doch hatte ich zu we nig Zeit, auch den Tresor noch zu öff nen. Ich benötigte dazu Ihre freundliche Mithilfe...!" „Sie sind . . . Parker?" Rauh und be legt klang Joe Harms' Stimme. „Sehr richtig, Josuah Parker ist mein Name. Ich darf unterstellen, daß Sie be reits von mir gehört haben?" „Hören Sie, Parker, worauf wollen Sie mit Ihren Mätzchen eigentlich hin aus?" fragte Harms weiter. Für einen Moment vergaß er, die Waffe zu ziehen. „Oh, das ist schnell erklärt", entgeg nete Parker. „Ihre Methoden, Geld aus zuleihen und es wieder mit unmoralisch hohen Zinsen einzutreiben, gefällt mir nicht. Deshalb entschloß ich mich, die sem Treiben ein Ende zu setzen." „Haben Sie mich mit dem Anruf aus der Wohnung gelockt?" „Ich war so frei, Mr. Harms. Ich hoffe, daß ich die Stimme des .Bankhalter' gut zu imitieren vermochte." „Zu gut...!" Joe Harms riß seine Hand hoch und griff nach seiner Waffe. Bevor er sie al lerdings ziehen konnte, zischte der Uni versal-Regenschirm des Butlers durch die Luft und traf die Schläfe des Gang 32
sters. Joe Harms seufzte auf, verdreh te die Augen und fiel über den Schreib tisch. Eine gütige Ohnmacht hinderte ihn daran, sich noch weiter aufzuregen. Parker ging nämlich daran, nicht nur den Tresor auszuräumen, sondern auch das Büro einer gründlichen Inspektion zu unterziehen...!
Doch in dieser Nacht hatte Josuah Parker einiges Pech. Er spielte zu hoch, kalkulierte den unberechenbaren Zufall nicht ein und verlor. Er hatte die Bannknotenbündel und Geschäftsunterlagen Joe Harms' in eine Tasche gesteckt und verließ das Büro. Der Gangster kam gerade zu sich, war jedoch noch nicht in der Lage, gegen Parker etwas zu unternehmen. Der Butler öffnete die untere Tür zum Korridorgang, schritt gemessen und ohne Hast auf den Ausgang zu und wurde nach dem Öffnen der Haustür von zwei stämmigen Männern gestoppt;— Sie hielten Maschinenpistolen in ihren Händen. Parker, der an einem frühzei tigen Tod nicht interessiert war, blieb stehen und deutete eine knappe Ver beugung an. „Endlich erwischt...!" stieß einer der Männer triumphierend hervor. „Los, zurück, 'rein in den Korridor!" „Mr. Chris Pierce, wenn mich nicht alles täuscht", antwortete Parker. „Und richtig, da ist ja auch Mr. Weed. Mein Kompliment, Sie waren schneller als ich." „Gleich werden wir dir zeigen, was wir sonst noch alles sind", drohte Pier ce. „Keine falsche Bewegung, Parker, sonst sind Sie erledigt." „Davon bin ich fest überzeugt", ge stand Josuah Parker. „Seien Sie versi
chert, daß ich keine weiteren Überra schungen plane." Ohne seine Arme hochzunehmen, ließ Parker sich in den dunklen Korridor zurückdrängen. Er hätte es unter Um ständen auf eine harte Auseinanderset zung ankommen lassen, doch sein Ge fühl sagte ihm, daß ihm im Moment keine Lebensgefahr drohte. Joe Harms taumelte ihnen entgegen. Mit einem schnellen Blick erkannte der Gangster, daß die Lage sich grund legend verändert hatte. Noch war er nicht ganz sicher auf den Beinen. „Darauf habe ich gewartet", meinte er mit haßerfüllter Stimme. „Jetzt sind wir mal an der Reihe, Parker." „Wie schnell und sicher Sie die Lage beurteilen", pflichtete der Butler ihm bei. „Ich nehme an, Sie sind in erster Linie an dieser Tasche interessiert, oder?" Joe Harms riß sie ihm aus der Hand, lief in sein Büro zurück und kippte den Inhalt auf seinen Schreibtisch. Während Pierce und Weed Parker in Schach hiel ten, zählte der Gangster die Bündel durch. Nach wenigen Minuten richtete er sich auf. Sein Gesicht strahlte. „Alles beisammen", verkündete er. „Mein Privatgeld und auch das Be triebskapital ...!" Er zündete sich eine Zigarette an und ließ sich in einen Sessel fallen. Aus schmalen Augen beobachtete er Josuah Parker, der stocksteif an der Wand stand und keine Gefühlsregung zeigte. „Und nun zu Ihnen, Parker...!" Harms drückte sich wieder hoch und trat dicht vor Parker. „Sie werden uns eine Menge erzählen müssen, Alter ...! Los, Jungens, durchsucht ihn nach Waffen. Aber seid vorsichtig, er ist ge fährlicher als eine Giftschlange."
„Ein wenig passender Vergleich, ge gegen den ich Protest einlegen muß", er klärte Josuah Parker. Gehorsam ließ er sich mit dem Gesicht zur Wand stellen. Dann klopfte Pierce ihn nach Waffen ab. „Seht euch das Ding an ...!" spottete Pierce, als er den uralten Colt Parkers gefunden hatte. „Den hätte selbst Buf falo Bill nicht mehr angefaßt." Er war derart begeistert über seinen Fund, daß er Parker anschließend nur noch oberflächlich untersuchte. Dann durfte der Butler sich wieder umdre hen. „Wer hat euch zu mir geschickt?" fragte Harms seine beiden Mitarbeiter. „Ben Walton, er rief uns an, Chef. Er kam nach Hause und erfuhr, daß du ihn besuchen wolltest. Er schöpfte Ver dacht und hetzte uns hierher." Joe Harms klemmte sich sofort ans Telefon und rief den Sekretär der „Juicemen" an. Walton war am Appa rat, er schien auf diesen Anruf gewar tet zu haben. „Wir haben Parker erwischt", melde te Harms. „Ja, richtig, diesen schwar zen Raben ...! Was soll mit ihm gesche hen? Wie...? Gut, werde ich sofort veranlassen. Der wird sich freuen ...!" Harms warf den Hörer in die Gabel und drehte sich zu dem Butler um, der einfach nicht aus der Ruhe zu bringen war. Harms lächelte dünn und gefähr lich. „Unser Chef erwartet uns", meinte er. „Und auch die .Bluthunde' des Chefs freuen sich schon darauf, Sie in die Ma che zu nehmen, Parker." „Ich beuge mich der Gewalt", gab der Butler nur zurück. Pierce und Weed drängten ihn vorsichtig in eine Ecke. Sie gaben sich keine Blöße, denn schließlich wußten sie aus Erfahrung, wie überra 33
schend Parker zu handeln pflegte. „Handschellen", ordnete Harms an. „Und dann 'rüber in die Garage. Wir fahren sofort los." Parker mußte sich von seinem Regen schirm trennen. Weed nahm ihn an sich. Er wollte ihn als besonderes Beute stück mitnehmen. Dem Butler wurden solide Handschellen angelegt. Dann drängten ihn Pierce und Weed zurück in den Korridor. Nach einem kurzen Fußmarsch landete das Trio in einer Garage. „Wir können sofort losfahren, Harms nimmt seinen eigenen Wagen...!" Weed setzte sich ans Steuer und bug sierte den Lincoln auf einem Umweg über einen Hinterhof auf die Straße. Parker saß auf dem Rücksitz. Neben ihm hockte Pierce, der die Maschinen pistole gegen einen 45er ausgetauscht hatte. Er preßte die Mündung gegen Parkers Hüfte, war bereit, sofort zu schießen. Der Butler hatte Gelegenheit, den ge nauen Weg zum „Bankhalter" zu ver folgen. Er prägte sich die Straßennamen ein, erkannte besondere Punkte in der Stadt und fand bald heraus, daß die Fahrt zu den riesigen Hafenanlagen Chikagos ging. Weed bremste den Lincoln im Schat ten eines wolkenkratzerhohen Getrei desilos ab. Parker mußte aussteigen. Geführt von den beiden Gangstern, überschritt er Bahnanlagen, Verbin dungsstraßen und Holzplanken, unter denen das Wasser schimmerte. Das viel fältige Licht der Reklamen genügte vollkommen, um selbst hier den Hafen zu erleuchten. Zielsicher strebten die beiden Gangster ihrem Ziel zu. Parker mußte über eine steile Steintreppe hin unter auf einen Laufsteg klettern, der den Pier mit einem abgetakelten und 34
schäbigen Küstenfrachter verband. An Deck standen Schweißgeräte, Schraub stöcke, Farbeimer und Arbeitsgeräte herum. Der Küstenfrachter wurde ge neralüberholt. Parkers aufmerksamen Augen ent ging nicht, daß die Bleche an Deck ver rostet waren. Auch das Arbeitsgerät machte einen unbenutzten Eindruck. Seiner Schätzung nach waren die Über holarbeiten längst eingestellt worden. Für die Gangster aber war dieser Kü stenfrachter ein wunderbares Versteck. Unter Deck konnten die Verbrecher tun und lassen, was sie wollten. Pierce und Weed trieben den Butler auf die Brücke zu. Ein Fußtritt öff nete eine Tür, hinter der sich ein Nie dergang befand. Parker ließ sich nicht lange nötigen, sondern stieg nach un ten. Die beiden Gangster ließen ihn nicht aus den Augen. „Hauen Sie sich irgendwo hin", mein te Weed zu Parker. Sie standen jetzt im Maschinenraum. Parker sah die vier Feuerungslöcher, schritt über Eisenplat ten, die unter seinen Schritten dröhn ten und roch die Mischung aus Kohlen staub, Öl, Farbe und abgestandenem Wasser. Er ließ sich auf einer Kiste nie der und gab nicht eine Spur seiner ge wohnten, steifen und korrekten Haltung auf. Es gab wohl kaum etwas, was Par ker erschüttern konnte. Wenigstens äußerlich ließ er sich grundsätzlich nichts anmerken. Pierce und Weed lungerten am Nie dergang herum und spielten lässig mit ihren Waffen. Sie sprangen sofort in Deckung, als Schritte zu hören waren. Doch es war nur Joe Harms, der ihnen gefolgt war. „Sie werden gleich kommen", sagte er zu seinen beiden Mitarbeitern. Damit meinte er wohl den „Bankhalter" und
seine Leibwache. Harms rauchte nervös, schritt vor den Feuerungslöchern auf und ab und sah immer wieder zu Par ker hinüber, der völlig unbeteiligt wirk te. Harms war dieses Verhalten irgend wie unheimlich. Er hätte sich in solch einer tödlichen Gefahr jedenfalls an ders verhalten und vielleicht sogar ver rücktgespielt. Die Lage spitzte sich zu, als nach wei teren zehn Minuten zwei der „Bluthun de" des Bandenchefs erschienen. Sie be herrschten sofort die Szene und lösten Pierce und Weed in der Bewachung ab. Diese verschwanden aus dem Lichtkreis der sparsamen Deckenbeleuchtung und hielten sich im Hintergrund. „Fangen wir schon an", meinte einer der beiden „Bluthunde" zu Parker. „Wo steckt Herm Lazer, Alterchen? Ich wet te, du kannst uns da ein Licht aufstek ken, ja?" Um Parker in Schwung und Stim mung zu bringen, auch animiert von der runden, schwarzen Kopfbedeckung des Butlers, schlug der Gangster mit der Faust auf die Melone und wollte sie dem Butler tief in die Stirn treiben. Der Mann führte seinen Schlag aus, doch die Melone änderte kaum ihren korrekten Sitz. Dafür stöhnte der .Blut hund' überrascht auf und rieb sich die schmerzende Hand. Er hatte nicht wis sen können, daß diese Melone mit soli dem Stahlblech ausgefüttert war. Par ker hielt es jedoch für richtig, scheinbar ohnmächtig gegen die Wand aus Stahl blech zu fallen. Er wollte sich damit weiteren Unannehmlichkeiten ent ziehen. Seine Rechnung ging auf. Der Gangster, der sich die immer noch schmerzende Hand rieb, war dennoch mit seinem Erfolg zufrieden und ließ den Butler in Ruhe. Zudem tauchte in
diesem Augenblick auch Ben Walton, der Sekretär der „Juicemen", im Ma schinenraum auf. „Wo ist dieser Parker?" fragte er so fort. Joe Harms trat vor, nickte grü ßend und führte den Sekretär an Par ker heran, der neben der Kiste lag und sich nicht rührte. „Ihr habt ihn doch hoffentlich nicht...?" Ben Walton hielt ein und sah Harms empört an. „Nein, nein, er lebt selbstverständlich noch", gab Harms schnell zurück. „Er ist nur ohnmächtig geworden." „Bringt ihn wieder zu sich!" Harms wurde von den beiden .Blut hunden' an die Seite gedrängt. Bevor die beiden Revolvermänner aber ein greifen konnten, hielt Parker es für an gebracht, diskret zu erwachen. Er wuß te, mit welchen Mitteln Gangster arbei ten, um ihre ohnmächtigen Opfer zur Besinnung zu bringen. „Parker!" Ben Walton baute sich vor dem Butler auf. „Wir werden sofort zur Sache kommen. Sagen Sie mir, wo Sie Herm Lazer versteckt halten." „Herm Lazer . . . ? " echote Parker mit schwacher, ersterbender Stimme. „Wir wissen genau, daß er sich noch in Ihrer Gewalt befindet. Bei den Be hörden ist er nicht aufgetaucht, auf der anderen Seite kennen Sie inzwischen so viele Details von unserer Vereinigung, daß nur Herm Lazer Sie informiert ha ben kann." „Ich bin ein alter und schwacher Mann", antwortete Parker. „Ich räume ein, daß Herm Lazer mein Gast war, doch er überlistete mich und konnte ent kommen." „Mir können Sie nichts vormachen", brauste Walton auf. „Wir kennen Mit tel, um Sie zum Reden zu bringen, Par 35
ker. Entscheiden Sie sich ganz schnell." „Sie überfordern mich, Mr. Walton", tönte es schwach aus P a r k e r s Mund. „Aha, u n d woher kennen Sie meinen Namen? Woher wissen Sie, daß unser Chef der .Bankhalter' genannt wird? Das alles k a n n Ihnen n u r H e r m Lazer erzählt haben." „Ich bestreite das auch gar nicht, Mr. Walton." P a r k e r sah sehr blaß und er schöpft aus. „Doch Mr. Lazer konnte mir entkommen, eine Tatsache, die auch ich ungemein bedaure." - „Na schön, Sie können sich die Sache noch ein p a a r Minuten lang überlegen." Walton nickte gönnerhaft. „Kommen wir zu einer anderen Sache. In welchem Auftrag bereiten Sie uns diesen Ärger? Sie sind doch niemals ein Einzelgänger." „Genau das bin ich aber . . . ! " „Und weshalb bändelten Sie mit uns an?" „Um Ihre Geschäftspraktiken einmal gründlich studieren zu können." „Na, Sie haben ja N e r v e n . . . Und was springt für Sie dabei heraus? Moment, Sie brauchen gar nicht zu antworten, P a r k e r . Sie wollen sich unser sauer ver dientes Geld u n t e r den Nagel reißen. Ich gebe zu, daß Sie geschickt waren, daß Sie uns einiges Kopfzerbrechen be reiteten, aber auf die Dauer kommen Sie gegen uns doch nicht an. Wie Sie's ja n u n am eigenen Leib erleben . . . ! " „In der Tat, ich befinde mich, wenn der Augenschein mich nicht trügt, in einer äußerst peinlichen Situation." „Aus der Sie nur d a n n wieder her auskommen, wenn Sie I h r e Karten restlos auf den Tisch legen." „Gesetzt den Fall, das geschieht, was habe ich danach zu e r w a r t e n ? " „Wir werden Sie... n u n ja, wir wer den Sie gehenlassen." „Wohin, wenn ich mit allem gebote 36,
nen Respekt danach fragen darf?" „Wohin Sie wollen, P a r k e r . N u n aber zurück zu Lazer. Wo halten Sie ihn v e r steckt? Wenn Sie in drei Minuten nicht reden, d a n n werden meine Leute sie rösten...!" „Sie erschrecken mich, Mr. Walton ..!" „Sie werden uns die Wahrheit sagen . . . So oder so . . . ! " P a r k e r rutschte in sich zusammen. Die Drohungen des Gangstersekretärs schienen ihm n u n doch den Nerv ge raubt zu haben. Die Gangster verhiel ten sich vollkommen still, w ä h r e n d die Frist von drei Minuten viel zu schnell verrann. „Noch eine Minute . . . ! " v e r k ü n d e t e Walton. „Noch 55 Sekunden, P a r k e r . R e den Sie, w e n n Ihnen Ihr Leben lieb ist...!"
„Ich weiß, Sie sind zufällig vorbeige kommen", spottete Anwalt Mike R a n der, nachdem er Leutnant Branch die T ü r geöffnet u n d begrüßt hatte. „Stimmt nicht, Rander, ich k o m m e in voller Absicht." „Demnach m ü ß t e mein Butler als» aufgetaucht sein, oder?" „Direkt nicht, Rander, doch mein V e r dacht v e r s t ä r k t sich." „Nehmen Sie erst m a l einen Drink, bevor Sie erzählen, Branch." „Schön, den k a n n ich sogar b r a u chen." L e u t n a n t Branch n a h m in einem Ses sel Platz u n d wartete, bis der A n walt die Drinks gemixt hatte. D a n kend n a h m er das Glas entgegen u n d richtete sich auf. „Zwei meiner Detektive bewachten das bewußte Haus in der Hubbard Street", berichtete er dann. „Sie waren übrigens nicht allein, wie sie schnell herausfanden. Vor dem Haus trieben
sich auch noch einige verdächtige Ge stalten herum, die wahrscheinlich zu den .Juicemen' gehören. Schön, Rander, alles war friedlich, bis ein Gangster nach dem anderen unverständlicherwei se herumzutanzen begann." „Das müssen Sie mir deutlicher erklä ren", bat Rander, der sich ein aufstei gendes Lachen verbiß. Er ahnte bereits, was kommen würde. „Meine beiden Leute berichteten, daß ein Gangster nach dem anderen — es handelte sich um vier Männer — plötz lich wie unter elektrischen Schlägen zu sammenzuckten. Ich betone, daß weder Schüsse noch sonstige verdächtige Ge räusche zu hören waren. Bevor meine beiden Detektive der Sache auf den Grund gehen konnten, entwickelte sich vor einer Kneipe eine tolle Prügelei. Nachdem eine Schaufensterscheibe in die Brüche gegangen war, stürzte ein Barkeeper auf die Straße und drosch los. Sie wissen, Rander, wie das in sol chen Fällen immer ist. Innerhalb weni ger Sekunden war die Hölle los. Die vier Männer waren im allgemeinen Trubel nicht mehr zu sehen. Sie müs sen sich abgesetzt haben." „Ich gebe zu, daß das nach Parker riecht", gestand Mike Rander, der sein Lachen nun nicht länger unterdrücken konnte. „Wenn mich nicht alles täuscht, dürfte Parker seine Spezialschleuder be nutzt haben." „Eine was . . . ? " „Er hat sich eine Schleuder gebastelt. ein ungemein starkes und treffsicheres Ding. Dieses Gerät verursacht kein Ge räusch, hat aber in den meisten Fällen durchschlagenden Erfolg." „Sie glauben nun auch, daß Parker mitmischt?" „Es ist sehr wahrscheinlich, Branch. Doch um Ihrer nächsten Frage vorzu
beugen, er hat sich bisher bei mir nicht gemeldet. Das ist die reine Wahrheit." „Ich glaube Ihnen, Rander, doch ver stehe ich Parker nicht. Allein wird er gegen die .Juicemen' doch niemals an kommen. Das ist ausgeschlossen." „Tut mir leid, aber selbst ich sehe kei ne Möglichkeit, Parker beizustehen." „Überlegen Sie doch mal genau, ob es nicht doch eine Spur gibt." ' „Damit befasse ich mich bereits seit Tagen, Branch. Parker hat alle Spuren verwischt. Mir ist auch nicht wohl unter der Haut. Bisher weihte er mich im mer ein, wenn er auf den Kriegspfad ging. Warum er es diesmal nicht tat, bleibt mir ein Rätsel." „Wirklich...?" „Nun ja, vielleicht gibt uns die Tat sache seines Urlaubs eine Erklärung. Er will seine freie Zeit auf seine Art nut zen. Sie kennen doch Parker ...!" „Aus diesem Mann werde ich niemals klug werden. Ich verstehe zum Beispiel nicht, wieso er bei Ihnen als Butler ar beitet, das ist doch schließlich eine un tergeordnete Stellung." „Haben Sie eine Ahnung", lachte Mi ke Rander auf. „Abgesehen davon, daß ich ihm immer wieder die Teilhaber schaft anbiete und er sie stets verwei gert, ist es Parker, der hier in meinem Haus den Ton angibt. Sie wissen doch, daß er Engländer ist. Er glaubt, er müs se mir kontinentale Sitten beibringen. Da er früher nur für den englischen Hochadel arbeitete, können Sie sich vorstellen, was er sich darunter vor stellt." „Nach Parker würde sich selbst FBI die Finger lecken." „Ob Sie's glauben oder nicht, Branch, Parker bekam sogar schon entsprechen de Anträge. Doch er bleibt bei mir. Die Gründe hierfür werde ich niemals ganz 37
durchschauen. Er scheint einen Narren an mir gefressen zu haben, wie ich an ihm...!" „Schade, daß wir nichts für ihn tun können", meinte Leutnant Branch. „Wegen Parker mache ich mir keine übertriebenen Sorgen", antwortete Mi ke Rander. „Wenn es sein muß, schießt er aus allen Rohren und setzt sich durch." Im Gegensatz zu seinem laut ge äußerten Optimismus war der junge, sympathische Anwalt doch etwas ge drückt. Er trank sein Glas in einem Zug leer und stellte sich ans Fenster, von wo aus er einen wunderbaren Blick auf die Stadt hatte, die im Lichterglanz er strahlte. Irgendwo in einem dieser Häu ser befand sich Parker. Rander konnte nur hoffen, daß sein Butler vorsichtig war und den Gangstern nicht in die Fal le lief...! • „Noch zehn Sekunden, Parker ...!" Ben Walton, der Sekretär der „Juice men", beugte sich vor, um Parkers Ge sicht besser erkennen zu können. Der Butler holte tief Luft und nickte. „Ihren Argumenten will und kann ich mich nun nicht länger entziehen", ge stand er. „Ich möchte eine Aussage ma chen, Mr. Walton." „Ihr Glück, Parker, ich hätte meine Drohung wahrgemacht. Also, wo steckt Herm Lazer?" „Die Adresse finden Sie in meiner Brieftasche...!" Ben Walton war ein mißtrauischer Mann, mit vielen Wassern gewaschen und noch mehr Salben gesalbt. Er kannte so ziemlich alle Tricks, die in seiner Branche angewendet wurden. Da Parker aber von den beiden .Blut 38
hunden' und deren Colts bewacht wur de, hatte er keine Bedenken, sich ganz dicht vor Parker zu stellen und nach der Brieftasche zu fassen. Außer den beiden Revolvermännern waren schließlich noch Joe Harms, Pierce und Weed im Maschinenraum. Gegen solch eine Über macht konnte auch ein Butler Parker schließlich nichts ausrichten. Es war schon so, Parker saß in einer bösen Klemme...! „In der linken Tasche meines Rocks", erläuterte Josuah Parker, als Ben Wal tons Hand sich ausstreckte. Dabei senk te sich der Oberkörper des Gangsters. Die Brillengläser funkelten dicht vor Parkers Gesicht. Genau in diesem Augenblick drückte der Butler mit seinem linken Oberarm gegen einen in der Achsel angebrach ten kleinen Gummiball, der mit einer feinen Schlauchleitung eine Düse im linken Mantelrevers verband. Augenblicklich versprühte diese kaum zu sehende Düse eine attraktive Am moniakverbindung, die einen stechend scharfen, den Atem verschlagenden Ge ruch verursachte. Ben Waltons Brillengläser beschlu gen. Er schnappte nach Luft und fiel gegen Parker, der sich blitzschnell von der Kiste hochdrückte. Die beiden .Bluthunde' vergaßen, sich um ihre Waffen zu kümmern. Sie glaub ten, ersticken zu müssen. Hustend, keu chend und prustend wichen sie gegen die Wand zurück und konnten nichts mehr sehen. Die versprühte Flüssigkeit blen dete sie. Der Butler begnügte sich keineswegs mit, diesem Teilerfolg. Seine durch Handschellen verbundenen Hände schossen nach vorn und ergriffen Wal tons Waffe, die in einem Schulterholster stak. Bevor Harms, Pierce oder Weed
eingreifen konnten, peitschte ein Schuß auf. Daraufhin beschloß die Deckenlam pe, nicht mehr länger mitzuspielen. Sie löste sich in einem Regen feiner Glas splitter auf, die zu Boden stäubten. Im Maschinenraum war es jetzt stock finster. Aber nicht still, wie man sich denken kann, denn die Gangster entwickelten eine ungeheure Betriebsamkeit. Sie schrien durcheinander, schossen und achteten in ihrer Aufregung kaum dar auf, daß sie auch Freunde treffen konn ten. Es dauerte gut dreißig Sekunden, bis die erste Taschenlampe aufflammte. Pierce hielt sie in der Hand. Er wollte damit den Maschinenraum ausleuchten und nach Parker suchen. Parker; der längst seinen Standort gewechselt hatte, sah sich gezwungen, einen weiteren Schuß zu lösen. Pierce brüllte auf, als sein Oberarm getroffen wurde. Die Taschenlampe landete auf dem Boden aus Eisenplatten, zerbrach jedoch nicht, sondern leuchtete weiter. Sie strahlte Ben Walton an, der seine Brille verloren hatte und wie blind her umtappte. Di« beiden .Bluthunde' stolperten ge rade über Pierce, der sich am Boden wälzte. Wo aber stak Parker ...? Hatte er wegen seiner gefesselten Hände überhaupt eine reelle Chance, seine Haut zu retten? »
Der Butler durchschritt gerade das Schott zum vorderen Kohlebunker. Es war nicht weiter verwunderlich, daß er schon wieder im Besitz seines Regen schirms war. Er trennte sich nämlich sehr ungern von den Dingen, die ihm
ans Herz gewachsen waren. Ohne sich um das Getobe im Maschi nenraum zu kümmern, suchte er sich seinen Weg. Um nicht unnötig zur Eile angetrieben zu werden, schloß er das Schott hinter sich und knipste die kleine Miniaturtaschenlampe an, die er aus ei ner seiner Manteltaschen hervorgeholt hatte. Damit lösten sich schlagartig seine Schwierigkeiten. Er kam wesentlich schneller voran, erreichte den leeren Bunker und suchte nach einer passen den Eisenleiter, die nach oben an Deck führte. Die gefesselten Hände störten ihn überhaupt nicht. Schließlich war es nicht das erste Mal, daß Gangster ihn auf diese Art und Weise hatten aus schalten wollen. Parker, der die Steigeleiter gefunden hatte, blieb plötzlich stehen und rührte sich nicht. Das Herumgetobe und die Schießerei im Maschinenraum endeten schlagartig. Die Gangster hatten sich endlich ver ständigt und gingen in Lauerstellung. Wahrscheinlich schwärmten sie jetzt aus und suchten nach ihm. Unter diesen Voraussetzungen war es wohl doch zu gefährlich, über die Lei ter nach oben zu klettern. Der Butler entschloß sich, die unteren Räume des Frachters zu inspizieren. Neben der Lei ter befand sich nämlich ein weiteres Schott, das sich ohne Schwierigkeiten aufdrücken ließ. Parker zog gerade den Kopf ein, wollte weitergehen, als ihn ein greller Lichtschein von oben traf. Am Aufgang der Leiter stand ein Ganigster, der mit einer starken Handlampe die Leiter an strahlte. Er sah Parker und ließ sofort eine Handgranate nach unten fallen. Josuah Parker entwickelte in Anbe tracht der Lage eine Eile, die er im Grunde äußerst haßte und warf die Tür 39
hinter sich zu. Bruchteile von Sekun den später detonierte die Eierhandgra nate. Der Luftdruck war derart stark, daß die nur in den Rahmen geworfene Tür jäh aufgedrückt wurde. Parker er hielt einen zusätzlichen Stoß und fand sich zu seinem Entsetzen auf dem Bo den des engen Laufgangs wieder. Behutsam klopfte er sich nach dem Aufstehen die Hosenbeine ab, richtete die leicht verrutschte Melone und ging etwas schneller als vorher weiter. Sei nen Anzug wollte er nämlich nicht noch einmal in Gefahr bringen, er hielt auf seine Kleidung. Hinter dem nächsten Schott befand sich der erste Laderaum, der zum Deck hin nicht abgedichtet war. Parker atme te frische Luft und sah den Widerschein der tausendfältigen Lichtreklamen, die die Stadt erleuchteten. Leise und geschmeidig wie eine Katze tastete er sich an Arbeitsgeräten vorbei und wechselte zur anderen Schiffseite hinüber. Er rechnete mit weiteren Handgranaten, gegen die er verständ licherweise einiges hatte. Kaum hatte er den anderen Längs gang erreicht, da fielen die nächsten Sprengkörper in den Laderaum hinun ter. Die Detonationen klangen wie Ka nonenschüsse, doch sie erwischten den Butler längst nicht mehr. Er befand sich bereits auf dem Weg zurück in den Kohlebunker. Er hielt es für taktisch angebracht und geschickt, den ihn ver folgenden Gangstern entgegenzugehen. So hatte er wenigstens Gehörkontrolle, wo sie sich befanden und was sie ge gen ihn ausbrüteten. Im Schiff war es nun totenstill. Selbst die Ratten schienen den Atem anzuhalten. Nur das leicht bewegte Ha fenwasser schlug gegen die Schiffs wände. Parker näherte sich dem Schott zum Kohlebunker, diesmal allerdings 40
auf der Backbordseite. Er rechnete da mit, daß die Gangster dort eine Wache aufgestellt hatten. Die Hauptmacht der „Juicemen" mochte ihm wohl auf dem Weg folgen, den er eben erst hinter sich gebracht hatte. Das Schott zum Kohlebunker war ge schlossen. Eine unangenehme Überra schung für den Butler, denn das noch so vorsichtige Öffnen und Aufdrücken wäre von einem dort wartenden Posten bestimmt festgestellt worden. Der But ler besann sich auf eine kleine, niedrige Tür, an der er gerade achtlos vorbeige schlichen war. Er drehte sich um, ließ die Taschenlampe kurz aufblitzen und fand den Türeinschnitt. Leider ließ sich dieser kleine Einstieg nicht reibungslos öffnen. Er saß irgend wie verklemmt im Rahmen. Parker, der nicht noch mehr Zeit verlieren wollte, warf sich einfach gegen das dünne Stahlblech... und polterte zusammen mit dem Türblatt in einen dunklen Raum hinein. Blitzschnell war er wieder auf den Beinen, brachte die verbogene Tür in den Rahmen zurück und wartete ab. Dieser Krach war bestimmt gehört wor den. Nun, der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Die irritierten Gangster im. Laderaum schossen, doch Parker befand sich längst in Sicherheit. Seine Taschen lampe wies ihm wieder den Weg. Er stand in einem engen Schacht, in dem früher wohl einmal ein Lift eingebaut worden war, oder vielleicht auch nur. ein Speiseaufzug. Der Butler sah nach einer Klettermöglichkeit, um zurück an Deck zu gelangen. In diesem engen Schacht kam er sich wie in einer Mause falle vor. Er wußte sich allerdings zu helfen. In der Art eines Kaiminkletterers, wie er in den Alpen vorkommt, stemmte er
sich mit den Schuhen und dem Rücken gegen die engen Wände ab und schob sich Zentimeter für Zentimeter nach oben. Daß er dabei seinen UniversalRegenschirm nicht vergaß, verstand sich am Rande. Währenddessen streiften die Gangster durch den Frachter und suchten nach Josuah Parker. Ben Walton, von einem Streifschuß leicht angekratzt, feuerte die .Bluthunde' und seine anderen Mit arbeiter an. Der „Bankhalter" erwartete schließlich positive Nachrichten, und die hießen in diesem Falle, daß Josuah Parker zur Strecke gebracht worden sei. So sehr die Gangster sich aber auch anstrengten, der Butler blieb ver schwunden. Er befand sich nämlich längst an Deck, nachdem er den engen Aufzugschacht in der Kombüse des Frachters verlassen hatte. ,Ohne sich weiter um die Gangster zu kümmern, pirschte er sich vorsichtig an die Lauf planke heran, um den Frachter zu ver lassen. Hinter einem Windlüfter blieb er kurz stehen und beobachtete den Pier. In der Dunkelheit war leider nicht viel zu erkennen. Er glaubte jedoch in kur zen Abständen das Aufglühen einer Zi garette oder Zigarre feststellen zu kön nen. Um vom Frachter hinunterzukom men, mußte er die Laufplanke benut zen. Gut, er hätte ins Wasser springen und sich dann retten können, doch Par ker dachte nicht im Traum daran, sei nen Anzug zu ruinieren. Über die Lauf planke hatte er den Frachter betreten, über die Laufplanke würde er das Schiff auch wieder verlassen ...! Um möglichst wenig Aufsehen zu er regen, schritt er wie selbstverständlich auf die Planke zu und ging zur steilen Steintreppe. Vom Pier aus mußte man den Eindruck haben, daß einer der
Gangster das Deck verließ. Der Butler erreichte die Treppe, doch jetzt änderte er seine Richtung. Er blieb hart ,an der Kaimauer, arbeitet sich Schritt für Schritt über ein schmales Mauerband und benutzte dann eine in die Kaimauer eingelassene Steigeleiter aus Eisen, um hinauf zum Pier zu klet tern. Auf leisen Sohlen verschwand er hin ter dem stämmigen Stahlblechfuß einer Krananlage und schlich dann zur ei gentlichen Steintreppe zurück. Sein Instinkt hatte ihn wieder einmal richtig geleitet. Oberhalb der Treppe, auf dem Pier bereits, standen zwei Männer, die sich neben einem parkenden und unbeleuch teten Wagen aufgebaut hatten. Sie war teten auf Parker, um ihn dann in aller Ruhe abzuschießen. Der Butler hätte von seinem Stand ort aus mit seiner Schleuder das Feuer eröffnen können. In diesem speziellen Fall aber war er für eine andere Lö sung. Er holte einige spezialangefertigte Knallerbsen aus der Rocktasche. Wur den sie hart auf den Boden geworfen, detonierten sie ungewöhnlich laut und schufen den Eindruck, es würde aus einer Pistole geschossen. Parker verdoppelte in Anbetracht der Situation die Normaldosis und warf sie in Richtung auf den Wagen. Die Wirkung war frappierend . . . ! Die Knallerbsen verursachten einen Heidenkrach und riefen tatsächlich die Illusion hervor, es würde aus einer Ma schinenpistole gefeuert. Die beiden Gangster neben dem Wa gen wurden gründlich getäuscht. Da es sich aber, um harte und ausgekochte Gangster handelte, schossen sie augen blicklich zurück. Sie benutzten keine Knallerbsen, sondern tatsächlich ihre 41
ken, daß sie gegen Kautionsgestellung nicht 'rauskommen, werden sie mitteil samer." „Du lieber Himmel, hoffentlich ist Parker nichts passiert...!" Mike Ran der brauchte einen Drink und versorg te sich mit einem Cognac. Leutnant Branch spülte sich ebenfalls den Mund aus. „Wir suchten das gesamte Hafenbek ken ab, ebenfalls die umliegenden Piers", berichtete er weiter. „Parker blieb verschwunden. Sein Colt aber be weist, daß er sich in den Händen dieser Gangster befand." „Und was kann man jetzt tun, * Branch?" „Nichts, Rander, abwarten, nur ab „Ist das Parkers sagenhafter Colt warten, ob er sich noch einmal meldet." oder nicht?" „Herrliche Aussichten...! Falls er zu Leutnant Branch von der Mordabtei rückkömmt, werde ich ihm gründlich lung sah Anwalt Mike Rander prüfend den Marsch blasen." an. Der junge Anwalt brauchte nur „Kein Wort werden Sie sagen, falls einen kurzen Blick auf die Waffe zu er lebt und hier erscheint." Leutnant werfen, dann wußte er bereits Bescheid. Branch lächelte. „Ich sagte ja auch kein „Dieses Ding gehört Parker, kein Wort." Zweifel." „Momentchen mal, wie war das ge „Ich weiß, wonach Sie fragen wollen, rade? Sie sagten auch kein Wort?" Rander. Wir fanden die Waffe auf einem „Ja, er meldete sich per Telefon bei alten Frachter, der draußen im Hafen mir. Vor knapp einer Stunde." umgebaut wird. An Bord dieses Kahns „Er lebt also ...! Wie geht es ihm?" gab es eine tolle Schießerei. Die Hafen „Darüber schwieg er sich aus, Ran polizei alarmierte uns. Wir konnten der. Er teilte mir nur kurz und trocken einige Gangster festnehmen. Sie schwei mit, daß ich draußen am Montrose Ha gen sich natürlich darüber aus, wie sie fen einen ' Juicemen' namens Herm La heißen und welcher Gang sie angehö zer abholen könnte." ren, doch es dürften ,Juicemen' sein, „Mehr hat er nicht gesagt?" wenn Sie mich fragen." „Er ließ mich dazu erst gar nicht kom „Haben Sie sich nach Parker erkun men, sondern legte sofort auf. Wir fuh digt?" Sorge schwang in Mike Randers ren also zum angegebenen Punkt und Stimme mit. fanden tatsächlich diesen Lazer. Er be „Selbstverständlich fragte ich nach fand sich an Bord eines Hausbootes und ihrem Butler. Keiner der Gangster will war mit einer Kette festgelegt worden. ihn kennen. Doch das wird sich nach Der Mann schluchzte vor Freude, als den ersten Verhören schnell ändern. wir ihn in Empfang nahmen." Wenn die Burschen erst einmal mer „Er aber redete von Parker, wie?"
automatischen Waffen. Auf der Pier herrschte innerhalb we niger Sekunden der Lärm einer mittle ren Fronttätigkeit. Querschläger sirrten durch die Nacht, Scheiben klirrten, und die Gangster auf dem Küstenfrachter ließen sich nicht lumpen und schossen ebenfalls. Josuah Parker genoß dieses Durch einander nur wenige Minuten. Als er dann von weit her die Sirenen einiger Polizei-Streifenwagen hörte, hielt er es für besser, sich zu empfehlen. Wie ein Phantom verschwand er im Gewirr der Schuppen und Lagerhallen . . . !
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„Allerdings, u n d zwar ausgiebig, Ran der. Es steht fest, daß I h r Butler hinter den Geldverleihern her ist. Er scheint ihnen bereits mächtig zugesetzt zu h a ben." „Ich m u ß es noch einmal genau h ö ren, Leutnant, P a r k e r rief nach der Schießerei an Bord des Frachters an?" »Ja, u n d er besaß die Frechheit, mir seinen Colt anzuempfehlen Er meinte, er könne sich so schlecht von lieb g e wonnenen Gegenständen trennen." "Dann bin ich beruhigt B r a n c h . . . Mann, Sie haben mich ganz schön auf die Folter g e s p a n n t . . . ! Haben Sie La zer, oder wie er heißt, bereits verhört?" „Er befindet sich gerade im Verhör zimmer, doch er will nicht mit der Sprache herausrücken." „Weiß der Mann etwas von d e r Schie ßerei an Bord des Frachters?" „Den Eindruck habe ich nicht. Der Mann ist seit fast drei Tagen unrasiert und von P a r k e r festgehalten worden. Wenn I h r Butler Pech hat, stellt dieser Ganove glatt Strafantrag wegen Ent führung und Freiheitsberaubung." „Soll er, dann werde ich P a r k e r 'ver t e i d i g e n . . . ! " Mike Rander lachte er leichtert auf. „Hauptsache, P a r k e r lebt und mischt mit." „Demnach darf ich mit weiteren Über raschungen rechnen, wie?" „Fest sogar, Branch, ganz f e s t . . . ! Ich kenne doch Parker. Wenn er diesen Gangster freiwillig ausliefert, dürfte er sich der Lösung seines Falls bereits mächtig nähern. Er hat auf jeden Fall einen Vorsprung, den Sie und Ihre Be amten niemals aufholen können."
Vor Joe Harms' Kneipe trennten sie sich. Der S e k r e t ä r der „Juicemen" fuhr
weiter, Harms und Weed betraten das H a u s und gingen sofort in die geschlos sene Bar, durch deren Scheiben aber bereits der heraufziehende Morgen dämmerte. Sie w a r e n beide patschnaß und schüttelten sich vor Kälte. Weed hinter der Theke mixte zwei starke Drinks, Joe Harms, der Chef dieses Gangstervereins, rauchte lustlos eine Zigarette. N u r diese drei Gangster hatten sich vom Frachter retten können, alle an deren Mitglieder des Gang w a r e n von der Polizei festgenommen worden. Auch Pierce, der wegen seiner Verwundung nicht m e h r h a t t e flüchten können. „Ich kann's einfach nicht verstehen", m u r m e l t e Harms. „Dabei saß P a r k e r doch in d e r Falle." „Walton hat die ganze Sache vermas selt", erklärte Weed u n d k a m mit den Gläsern um die Theke herum. „Er ließ sich von diesem raffinierten Burschen reinlegen." „Machen w i r uns n u r nichts vor, uns w ä r e das doch auch passiert", gestand Joe H a r m s ehrlich ein. „Ich wette, daß dieser P a r k e r immer den genau richti gen Trick findet." „Wollen Sie aufgeben, Chef?" „Natürlich nicht, das w ä r e bereits der Anfang vom Ende. Jetzt müssen wir's durchstehen. Gut, daß er die Polizei aus dem Spiel läßt." „Ob er's auch jetzt so halten wird?" „Ganz bestimmt, Weed. Das ist ein typischer Einzelgänger. Und darin liegt unsere einzige Chance." „Ich verstehe kein Wort. Wir wissen doch gar nicht, wo er steckt. Wie wollen wir ihn d a n n hochnehmen?" „Der wird wieder auftauchen. Und dann müssen wir eben schneller sein und ihn sofort erschießen." „Das ist die richtige Lösung, Chef. Wir haben viel zu lange damit gewar 43
tet. Wenn ich diesen Parker sehen soll te, weiß ich, was ich zu tun habe." „Und ich erst", murmelte Harms wie der. „Na, Hauptsache, Ben Walton hat die Sache vermasselt. In seiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken. Der .Bankhalter' wird toben. Parker ist nicht nur entkommen, nein, auch vier von den .Bluthunden' des Chefs sind von der Polizei erwischt worden, zwei im Frachter, die beiden anderen oben auf dem Pier." „Das kann Waltons Ende bedeuten, oder?" „Beim .Bankhalter' ist alles drin . . . ! Bin ich froh, daß ich nicht die Verant wortung zu tragen brauche." Weed wollte einen weiteren Satz zur Unterhaltung beisteuern, doch in die sem Moment wurde gegen die Schau fensterscheibe gepocht. Wie stark und sicher die beiden „Juicemen" sich fühl ten, zeigte sich an ihrem blitzschnellen Niederwerfen auf den Boden. Gleichzei tig zogen sie ihre, Revolver. „Sieh nach, wer das ist, Weed ...!" „Und wenn's Parker . . . ? " „Nun geh' schon endlich", herrschte Joe Harms seinen Mitarbeiter an. „Falls er es sein sollte, werde ich dir Feuer schutz geben." Weed kroch zur Tür, richtete sich in Deckung der Eisenjalousie auf und spähte vorsichtig durch das Fenster. Er lachte leise auf, als er den jungen Mann mit den engen Jeans und den weißen Sportschuhen erkannte. „Ronny Culler steht draußen", rief Weed seinem Chef zu, der noch seitlich hinter der Theke hockte. „Laß' ihn 'rein ...! Nein, durch den Seiteneingang, ich halte die Kneipe bis Mittag geschlossen." Joe Harms zündete sich gleich eine neue Zigarette an und ging in sein 44
Büro. Bald darauf kam Weed und schob den jungen Mann mit dem noch un fertigen und pickligen Gesicht in den Raum. „Was willst du?" erkundigte sich Harms, jetzt wieder ganz Chef. „Ich habe eine Neuigkeit, Chef...! Ich weiß, wo dieser alte Rabe wohnt." „Parker etwa . . . ? " Harms kniff die Augen zusammen und beugte sich vor. „Los, rede schon...!" „Er wohnt hier ganz in der Nähe, in der Fulton Street, in einem kleinen Apartment-Hotel." „Bist du ganz sicher?" „Ein Irrtum ist ausgeschlossen, Chef, ich hab' ihn doch schon mal gesehen, als Lazer ...!" „Schon gut, schon gut", winkte Harms ab, der den Namen Herm Lazer nicht mehr hören konnte. „Ist Parker jetzt im Hotel?" „Natürlich, er kam mit einem Taxi 'an und verschwand sofort im Haus." „Prächtig, mein Junge, damit ver dienst du dir ein paar Scheinehen. Lauf zurück zum Hotel und beobachte es! Falls Parker, 'rauskommt und abhaut, bleibst du ihm auf den Fersen. Ist das klar? Weed, du wirst mit dem Wagen folgen und dich ganz in der Nähe auf halten. So, und jetzt soll Parker mal sein blaues Wunder erleben. Diesmal wird er nicht mehr davonkommen ...!" Als er allein im Büro war, wählte er Ben Waltons Nummer und wartete dar auf, daß der Sekretär der „Juicemen" sich meldete. Doch außer dem Freizei chen bekam Harms nichts zu hören . . . !
Genau um diese Zeit sprach Ben Wal ton mit dem „Bankhalter". Er hatte ihn. von einer öffentlichen Fernsprech zelle aus angerufen und teilte mit ner
vöser Stimme seinem Chef mit, daß die Jagd auf Josuah Parker mit einer Plei te geendet hatte. „Wie konnte das passieren?" fragte die messerscharfe Stimme des Gangster chefs zurück. „Die Schuld liegt bei uns allen . . . ! Parker verspritzte ein Gift, als er vor gab, auszupacken. Wir alle wurden überrascht und überlistet, Chef." „Es ist nicht zu glauben, vier meiner besten Revolverleute festgenommen, Pierce ausgefallen . . . ! Arbeite ich denn mit Idioten zusammen? Warum muß das alles ausgerechnet in Joe Harms' Revier passieren?" „Vielleicht lag und liegt es an Joe Harms", wälzte Walton sofort alle Schuld auf den Gangster. „Wir werden uns darüber noch unter halten, Walton. Hauptsache, daß unsere Leute in den übrigen Revieren nicht nervös werden und die Arbeit vernach lässigen." „Darf ich einen Vorschlag machen?" tippte Walton an. „Selbstverständlich, Walton, was schlagen Sie also vor?" „Parker kennt sich in Harms' Revier aus, Chef. Er weiß also, wo er den He bel anzusetzen hat. Sollte man das Per sonal in Harms' Revier nicht austau schen? Dann ist dieser Parker doch überspielt. Er weiß nicht mehr, an wen und an was er sich noch halten soll." „Wie stellen Sie sich diesen Personal austausch vor, Walton?" Die Stimme des „Bankhalter" klang ironisch. Er schien bereits im voraus zu ahnen, was sein Sekretär plante. „Man könnte Joe Harms zum Beispiel beurlauben und in eine andere Stadt schicken." „Man könnte ihn aber auch...!" „Gewiß, Chef, man könnte ihn auch . . . ausschalten."
„Gut, lassen Sie sich durch den Kopf gehen, wer Harms ersetzen soll. Ich denke, die kleineren Ausleiher können wir zufrieden lassen. Sie wissen ohne hin nicht, was gespielt wird." „Werden unsere festgenommenen Leute schweigen?" fragte Walton. „Selbstverständlich, sie wissen genau, was sie zu tun haben. Da Pierce aber auch festgenommen wurde, sollten Sie den Austausch Harms' sehr schnell in die Wege leiten, Walton. Ich lasse Ihnen freie Hand." „Kann ich sofort handeln?" „Selbstverständlich, Walton. Wen wol len Sie denn dazu nehmen?" „Ich dachte an Staff Weed, Chef. Er spekuliert auf Joe Harms' Posten und wird sofort bereit sein, seinen Konkur renten zu erledigen. Anschließend lasse ich dann Weed ausschalten. Damit ist Parker dann restlos ausgespielt. Er dürfte nicht mehr wissen, was in die sem Revier gespielt wird." „Das ist ein guter Vorschlag, Walton, nehmen Sie das sofort in die Hand. Wir sehen uns in der kommenden Nacht, wenn Sie das Geld der nördlichen Stadt reviere zum Schuppen bringen. Dann erwarte ich; daß alles bereits erledigt ist." „Sie können sich wie immer auf mich verlassen, Chef." Waltons Stimme troff vor Biederkeit und Gehorsam. Er hatte das Gefühl, bei seinem Chef wieder an Boden gewonnen zu haben. Schließlich hatte der „Bankhalter" alle seine Vor schläge akzeptiert und ihm sogar freie Hand gelassen. Eine knappe Stunde später — er hielt sich bereits in seiner Wohnung auf und überlegte sich Einzelheiten, wie er Joe Harms ausmanövrieren konnte — schrillte das Telefon. Joe Harms mel dete sich und teilte ihm mit erregter 45
Stimme mit, seine Leute hätten Parkers neuen Aufenthaltsort herausgefunden. „Ich rufe in zehn Minuten wieder an", antwortete Walton zurückhaltend und legte sofort wieder auf. Nun stand er vor einer schwierigen Entscheidung. Sollte er umdisponieren und Parker ja gen lassen? Oder war es besser, erst einmal Harms und Weed von der Bild fläche verschwinden zu lassen ...? Er dachte an Parkers Geschicklichkeit, wußte, daß der Butler Harms und Weed kannte. Es lag durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß Parker wieder ent wischte und unnötigen Ärger verursachr te. Ob er dieses Glück noch hatte, wenn er gegen ihm völlig unbekannte Män ner antreten mußte? Wahrscheinlich doch nicht...! Walton, schlau und gerissen, spielte aber auch noch mit einem anderen Ge danken. Sollte er nicht Parker zum Mörder der beiden Männer Harms und Weed machen? Diese Lösung bot sich doch förmlich an. Um sie auszuführen, brauchte er nur ein kurzes Telefonge spräch zum genau richtigen Zeitpunkt zu führen ...! * Ronny Culler hatte richtig beobachtet. Der Butler befand sich in seinem neu en Quartier und gedachte, einige Stun den zu schlafen. Die Aufregung und Hetzjagd auf dem Küstenfrachter hatte er bereits vergessen. Er besaß die selte ne Gabe, abschalten zu können. Bevor Parker sich ins Bett legte, bür stete er seine schwarze Kleidung sorg fältig aus. Dabei leistete er sich eine seiner spezialangefertigten Zigarren, ein Kraut, das selbst hartgesottene Männer in die Flucht zu schlagen ver mochte. Angetan mit einem wallenden 46
Nachthemd, legte sich Parker schließlich ins Bett und schloß die Augen. Er wäre innerhalb weniger Minuten mit Sicher heit eingeschlafen, wenn ihn das Tele fon nicht gestört hätte. Natürlich wunderte er sich über das Läuten des Telefons. Wer wußte, daß er hier in diesem kleinen Hotel abge stiegen war? Parker langte nach dem Hörer und meldete sich. Eine leise, gedämpfte Stimme ant wortete. Parker hatte sie vorher noch nie gehört. „Sie schweben in höchster Lebensge- . fahr", flüsterte diese Stimme. „In weni gen Minuten werden zwei Mörder bei Ihnen erscheinen und schießen. Treffen Sie Ihre Vorbereitungen ...!" „Mit wem spreche ich, wenn ich fra gen darf?" Parkers Stimme klang un gerührt. „Das spielt im Moment keine Rolle, Mr. Parker. Später werde ich mich noch einmal melden." Es knackte in der Leitung, dann legte auch der Butler auf. Er blieb nachdenk lich im Bett sitzen und sah dann auf seine Taschenuhr, die auf dem Nacht tisch lag. Sie zeigte 6.10 Uhr an. Parker nahm die Warnung nicht auf die leichte Schulter. Wer da angerufen hatte, wußte er nicht. Er fand auch kei ne Erklärung hierzu. Notgedrungen stieg er wieder aus dem Bett und be gann sich anzukleiden. Dann warf er einen Blick auf die Straße. Vor dem Apartment-Hotel parkten genau die Wagen, die er beim Betreten des Hau ses schon gesehen hatte. Die ersten Busse fuhren durch die Straße, der Ver kehr belebte sich langsam. Um nicht zu lange auf seinen Schlaf verzichten zu müssen, verließ Parker unter Wahrung aller Vorsichtsmaßnah men sein Zimmer und suchte das Bade
zimmer am Ende des Flurs auf. Hier schloß er sich ein und öffnete das Fen ster. Links von der Fensterbank führte eine Feuerleiter vorbei. Sie w a r bereits mit dem ausgestreckten A r m zu errei chen. Seufzend stieg der Butler auf das Fensterbrett, hangelte sich zur Feuer leiter hinüber und stieg dann langsam nach unten. Es w a r noch zu früh, als daß er hätte auffallen können. Er er reichte einen schmalen Verbindungs gang zwischen den beiden Häusern und blieb an der Ecke stehen. Von hier aus konnte er den Eingang zum ApartmentHotel gut überblicken. Der Anrufer hatte wirklich nicht ge logen. P a r k e r entdeckte einen Ford, der langsam die Straße herunterkam und dann in Höhe des Hotels auf der an deren Straßenseite parkte. Weed und Joe Harms stiegen aus. Sie sahen sich vorsichtig nach allen Seiten um, überquerten nacheinander die Stra ße und verschwanden im Eingang des Hotels. Josuah P a r k e r wollte schon zum Ford hinübergehen, als er einen jungen Mann mit engen Jeans und weißen Turnschuhen entdeckte. Er lungerte vor einem Schnellimbiß herum, beobachte te aber auch das Hotel. Der Butler er innerte sich, denn diesen jungen Mann kannte er. Er gehörte zu den „Juice men" und hatte ihn schon einmal be schattet. Der Butler schaffte es mit Leich tigkeit, sich an diesen jungen Mann her anzupirschen. Ronny Culler fiel aus al len Wolken, als P a r k e r plötzlich neben ihm stand. „Sie warten gewiß auf Ihre Freunde Harms und Weed", meinte Parker. „Nein, bitte, junger Mann, zwingen Sie mich nicht durch eine unüberlegte Be wegung, aktiv zu werden. Es ist noch sehr früh, und ein alter Mann wie ich
möchte sich nicht echauffieren." Ronny Culler schluckte nervös u n d getraute sich nicht, die Flucht zu ergrei fen. Wie gebannt starrte er den Butler an, dessen ausdrucksloses Pokergesicht ihm Angst und Grauen einjagte. „Richten Sie den Herren Harms u n d Weed aus, daß ein anonymer Telefon anruf mich warnte. Mit anderen Wor ten, und um mich noch deutlicher aus zudrücken, ich w u r d e darauf hingewie sen, daß ich ermordet w e r d e n sollte." „Ich . . . ich . . . Das m u ß ein I r r t u m sein . . . ! " Ronny Culler stotterte n u r herum, war nicht fähig, einen zusam menhängenden Satz von sich zu geben. „Sie befinden sich auf einer reichlich schiefen Bahn", ermahnte P a r k e r den jungen Mann. „Früher oder später w e r den Sie vollends ausrutschen. Sie m ü ß ten doch inzwischen begriffen haben, daß die ,Juicemen' im Begriff sind, dieses Spiel zu verlieren. Noch können Sie aussteigen. Es w ä r e doch sehr scha de, wenn ich eines Tages auf Sie schie ßen müßte, nicht w a h r ? " Ohne sich weiter um Ronny Culler zu k ü m m e r n , drehte P a r k e r sich um und schritt gemessen und würdevoll die Straße hinunter. Ronny Culler starrte ihm fassungslos nach und vermochte sich nicht vom Fleck zu rühren. So et was w a r ihm noch nie passiert. Nach träglich rieselte ihm eine Gänsehaut den Rücken herunter. Er kämpfte noch mit seiner Fassung, als Joe Harms u n d Staff Weed aus dem Hotel kamen. Sie liefen auf den Ford zu und schwangen sich in den Wagen. Ronny Culler stieg nach und mußte sich zur Ruhe zwingen, bevor er von seiner Begegnung mit P a r k e r reden konnte. „Was w a r d a s . . . ? " staunte Harms, als
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Culler geendet hatte. „Du hast Parker gesprochen?" „Ja, und er behauptet, telefonisch vor gewarnt worden zu sein. Er wußte, daß Sie und Weed kommen würden." „Das ist doch...!" Weed brauste auf und sah gar nicht mehr bieder und freundlich aus. „Verdammt, Harms, wer könnte uns diesen lausigen Streich ge spielt haben?" „Erst mal abbauen, dann können wir immer noch nachdenken." Weed nickte und ließ den Ford an rollen. Joe Harms rauchte eine Ziga rette und versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Je länger er nachdachte, desto sicherer wurde er in seiner Vermutung, daß nur Ben Walton und der. „Bankhalter" hinter diesem Verrat stecken konnte. Die wollen mich loswerden, sagte er sich. Ich dürfte ausgespielt haben. Es wird höchste Zeit, daß ich mich absetze und mich in Sicherheit bringe. Erwischt Parker mich nicht, dann werden die „Bluthunde" des Chefs auf mich schie ßen ...! Aber bevor ich Leine ziehe, werde ich mich noch revanchieren. Die sollen merken, daß sie das mit mir nicht machen können . . . ! * Harms konnte zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, daß er und sein Mitarbei ter Weed bereits beobachtet wurden. Ben Walton hatte einen Beobachter vor das Hotel geschickt, um aus erster Hand zu erfahren, was aus Parkers oder Harms Ermordung geworden war. Dieser Gangster rief ihn von einer Kneipe aus an und teilte ihm mit, daß Parker wahrscheinlich nicht mehr lebte, daß aber Harms und Weed auf dem Weg nach Hause seien. 48
Ben Walton handelte augenblicklich. Er alarmierte zwei weitere Revolver männer des Chefs und schickte sie zu Harms' Kneipe. Dort sollten sie den Chef des Reviers abholen und zu einer Spazierfahrt einladen. Mit anderen Worten, Harms und Weed standen be reits auf der Todesliste. Die Ufer des Michigan Sees boten genügend Möglich keiten, um sich zweier Menschen zu ent ledigen. Joe Harms war inzwischen in seiner Kneipe, ging sofort hoch in seine Woh nung und packte seinen Koffer. Er be gnügte sich damit, Bargeld und einige Geschäftspapiere einzupacken. Er schien zu fühlen, daß ihm nur noch sehr wenig Zeit zur Verfügung stand. Seine Bewe gungen waren hastig. Immer wieder schreckte er hoch, lief zum Fenster und sah auf die Straße hinunter. Er dachte an Ronny Cullers Worte, der von Josuah Parker angesprochen worden war. Demnach war Parker also telefonisch vorgewarnt worden. Von wem, nun darüber gab es keinen Zwei fel. Das konnte nur Ben Walton getan haben. Dieser Schuft hat mich vor Parkers Kanone bringen wollen, damit ich ab geschossen würde. Harms kochte inner lich vor Wut, als er sich über die Kon sequenzen restlos klar wurde. Erst schickt er mich los, damit ich Parker umlege, gleichzeitig aber warnt er das Opfer, damit es sich auch nur ja richtig wehren kann. Harms hatte die Tasche gepackt. Er trat an die Wendeltreppe, die hinunter in sein Büro führte. Er rief nach Weed. Sein Mitarbeiter anwortete sofort und erschien unten am Fuß der Treppe. „Ich muß mal schnell zu Walton", entschuldigte sich Harms. „In 'ner knap
pen Stunde werde ich wieder zurück sein. Schmeiß' du bis dahin den La den!" „Geht in Ordnung, Chef." Weed fühl te sich geschmeichelt und kümmerte sich nicht weiter um seinen Chef. Joe Harms aber beeilte sich, zur Korridortür zu kommen. Leise schloß er sie hinter sich und lief nach unten auf die Straße. Sein Wagen stand etwa fünfzig Meter unter halb der Kneipe. Selbst dieser kurze Weg mißfiel Harms. Er kam sich wie auf einem Tablett vor, dargereicht den „Bluthunden" seines Chefs. Wie ein mißtrauisches Tier sah er sich nach allen Seiten um, ging schnell auf die Straße und hielt auf seinen Wagen zu. Unterwegs beobachtete er ununter brochen die Straße. Er wollte nicht ei nem Feuerüberfall zum Opfer fallen. Walton traute er alles zu. Gut, daß er noch nicht weiß, was in Parkers Wohnung passiert ist, überlegte Harms. Diesen Vorsprung muß ich aus nutzen. So dumm und ahnungslos wie seinerzeit Mark Steffens werde ich doch nicht sein...! Endlich erreichte er den Wagen. Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Das unheimliche Gefühl in der Magengegend war immer noch da. Er ließ sich am Steuer nieder und betätig te den Anlasser. Der Motor war sofort da. Harms kuppelte den Gang ein und fuhr sehr schnell los. Ein Blick in den Rückspiegel belehrte ihn, daß er nicht verfolgt wurde. End lich konnte er etwas freier durchatmen, die Beklemmung in seiner Brust löste sich. Doch als er in der nächsten Sekunde hinter sich ein leises Lachen hörte, da hätte er beinahe das Steuer verrissen. „Nur nicht verrücktspielen", sagte eine schleimig-weiche Stimme hinter
ihm. „Fahren Sie ganz ruhig weiter, Harms." „Wer...!" Er hatte Mühe, sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Die Straße verschwamm vor seinen Augen. Er hatte plötzlich Magenschmerzen. „Ben Walton möchte Sie mal spre chen", sagte der Mann auf dem Rück sitz, der sich bisher hinter der Sitzbank verborgen gehalten hatte. „Es passiert überhaupt nichts, Harms." „Wo kann ich Walton erreichen?" er kundigte sich Harms, sich zur Ruhe zwingend. Es ging um sein Leben. Wal ton wollte ihn ermorden lassen. Der Mann auf dem Rücksitz war sein Mör der. „Fahren Sie erst mal 'raus zum Lin coln Park", antwortete der „Bluthund" hinter ihm. „Und keine Mätzchen, Harms, sonst knalle ich Sie nieder." „Wieso sollte ich Mätzchen machen?" Fremd und heiser klang die Stimme des Gangsters. „Keine Ahnung, das müssen Sie al lein beurteilen, Harms. Halten Sie sich genau an die Geschwindigkeit. Sollte uns ein Polizist schnappen, sind Sie ebenfalls reif." Joe Harms überlegte verzweifelt, wie er sein Leben retten konnte. So lange er am Steuer saß, konnte er nichts tun. Mußte er aber aussteigen, würde ihn der .Bluthund' gnadenlos erschießen. Harms schwitzte Blut und Wasser, doch der rettende Einfall wollte ihm nicht kommen. „Gehen Sie gleich auf den Lake Shore Drive", forderte ihn sein Mörder auf. „Und immer hübsch vorsichtig, Harms, wenn Sie keinen Schuß in den Rücken riskieren wollen." Harms nickte nur, bog auf den brei ten Highway ein, der entlang des Mi 49
chigan Sees führte. Der Mann auf dem Rücksitz hatte sich eine Zigarette ange zündet. Der Rauch drang nach vorn in H a r m s ' Nase. Wie gern h ä t t e auch er sich mit einer Zigarette beruhigt, doch t r a u t e er sich nicht, die Packung aus der Tasche zu ziehen. Sein Mörder hät te das gründlich mißverstehen können. Der Wagen fuhr in langsamer F a h r t über die mächtige Kreuzung des Ful lerton P a r k w a y s und n ä h e r t e sich der Brücke über der Einfahrt zur North Laggon. Warnzeichen machten die F a h rer darauf aufmerksam, daß an der Brücke gearbeitet wurde. H a r m s maß die Straße mit seinen Blicken Er k ü m m e r t e sich überhaupt nicht um den tollen Verkehr, der auf den sechs Fahrbahnen abgewickelt w u r de. Er sah n u r das Brückengeländer, das an der rechten Seite der F a h r b a h n ausgebessert wurde. Da faßte Joe H a r m s einen verzwei felten Plan. Ohne das Tempo zu dros sein, fuhr er h a r t an die Baustelle her an. Der Mann hinter ihm sagte kein Wort, schöpfte wohl auch keinen Ver dacht. Als das abmontierte Brückenstück knapp vor dem Wagen lag, riß H a r m s das Steuer in einer wilden Bewegung herum. Die schützenden Holzplastiken knall ten krachend und kreischend auseinan der. Der Wagen durchbrach die Absper rung und . . . stürzte von der Brücke herunter. Er überschlug sich in der Luft und landete mit berstendem Krachen und Splittern auf der Wasseroberfläche. Er soff sofort wie ein Stein ab : . . ! " P a r k e r sah alles deutlich vor sich. Als der Wagen von Joe Harms durch das behelfsmäßige Geländer brach und in die Tiefe stürzte, steuerte er sein hochbeiniges Monstrum sofort an den Rand d e r Fahrbahn, stieg aus und lief 50
über die Böschung hinunter zum Was ser. Unter der Brücke blieb er stehen und beobachtete die Stelle, an der der Wagen versunken war. Große Luftbla sen, Öl und kleine Trümmerstücke w u r den an die Oberfläche gespült. P a r k e r paßte sehr genau auf. Er k ü m m e r t e sich nicht um die Rufe und Schreie der Bauarbeiter oben auf der Brücke und auch nicht um das Aufheu len einer ersten Polizeisirene. Viel Hoff n u n g hatte er nicht, daß sich einer der beiden Insassen retten konnte. Und doch w a r es so . . . ! Der Butler sah für Sekunden nur die Umrisse eines Körpers, der die Wasser oberfläche berührte. Der Körper sank sofort wieder, doch für den Butler w a r das ein Grund genug, sich in die Fluten zu stürzen. Das heißt, er stürzte sich nicht gerade ins Wasser, sondern legte erst einmal Melone und Regenschirm ab. Dann ent ledigte er sich seines Mantels und der Jacke. Abschließend watete er in das Wasser und tauchte k n a p p , vom Ufer weg. P a r k e r brauchte n u r die dicken Luft blasen anzuschwimmen, die aus dem Wrack nach oben stiegen. Kraftvoll wa ren seine Schwimmstöße. Wie ein ge lernter Kampfschwimmer arbeitete er sich an das im seichten Wasser liegende Auto heran. Über ihm befanden sich al lerdings bereits vier Meter Wasser, die den harten Sturz vielleicht doch etwas gebremst hatten. P a r k e r wollte gerade nach oben schwimmen, um frische Luft in die Lun gen zu saugen, als er die im Wasser schwebende Gestalt ausmachte. Er u n terdrückte seinen lebhaften Wunsch nach reiner und sauerstoffhaltiger Luft,
schwamm auf den Körper zu, packte ihn und mußte sich dann sehr beeilen, nach oben zu kommen. Die neugierigen Zuschauer auf der Brücke spendeten ihm großen Beifall, als er aus dem Wasser auftauchte, den leblosen Körper packte und unter die Brücke zerrte. Er begnügte sich mit ei nem schnellen Blick, sah. daß er Joe Harms geborgen hatte, und watete noch einmal zurück ins Wasser. Von seiner Verfolgung her wußte er ja, daß sich zwei Männer im Auto be funden hatten. Nach seinem knappen und kurzen Gespräch mit Ronny Culler hatte er sein hochbeiniges Monstrum aus einer in der Nähe gelegenen Tief garage geholt u n d die Kneipe des Gang sters bewacht. So w a r er zum Augen zeugen der seltsamen Geschehnisse ge worden. Aus der Nähe betrachtet, sah Harms' Wagen einfach scheußlich aus. Das Dach war wie von einer riesigen Faust zu sammengedrückt worden. Parker schwamm nach vorn zur zerbrochenen Windschutzscheibe u n d entdeckte auf dem Rücksitz den zweiten Fahrgast. Die aus den Schienen gerissene vordere Sitzbank hielt den Mann auf dem Rück sitz fest. Seine Beine w a r e n einge klemmt worden. Aus eigener Kraft h ä t te er sich niemals retten können. P a r k e r p r e ß t e sich durch die schmale Öffnung und faßte nach dem Beifahrer, Die seltsame Kopfhaltung des Mannes veranlaßte ihn, sich wieder nach außen zu schieben u n d dann zurück an L a n d zu schwimmen. Joe Harms' Begleiter hatte sich das Genick gebrochen, daran war ü b e r h a u p t nicht zu zweifeln. Um Joe H a r m s k ü m m e r t e n sieh be reits zwei uniformierte Polizisten, die
m i t dem Gangster eine h a r t e Zwangs atmung durchexerzierten. „Wird er durchkommen?" erkundigte sich Parker. „Das Sauerstoffgerät wird gleich kommen", meinte einer der Polizisten. „Donnerwetter, Sir, Sie haben aber schnell geschaltet. Ohne Sie w ä r e der Mann längst ertrunken." „Keine Ovationen bitte", b e m e r k t e P a r k e r u n d versorgte sich wieder mit Jacke, Mantel, Melone und Regenschirm. „Informieren Sie L e u t n a n t Branch vom Morddezernat. Das hier ist Joe Harms, ein Gangster, d e r den .Juicemen' a n g e hört." P a r k e r nickte d e n beiden erstaunten Polizisten zu u n d schritt gemessen da von. Er ignorierte die Rufe der beiden Männer, ging höchstens etwas schneller u n d stand bereits neben seinem hoch beinigen Monstrum, als einer der B e amten ihn einzuholen versuchte. Als der M a n n keuchend die S t r a ß e erreichte, fuhr P a r k e r bereits davon. G u t eine S t u n d e später rief er Leut n a n t Branch im Stadthaus an. Branch schnappte nach Luft, als er P a r k e r s Stimme e r k a n n t e . „Ich möchte auf keinen Fall lange stören", entschuldigte sich der Butler. „Darf ich mich erkundigen, was aus Joe H a r m s geworden ist?" „Er h a t ' s nicht überlebt, P a r k e r . . . ! Schwere innere Verletzungen. Ein W u n der, daß er noch zehn Minuten nach der Bergung lebte." „Dennoch w ü r d e ich ebenso höflich wie dringend empfehlen, eine Presse meldung, herauszugeben, in der H a r m s als zwar verletzt, aber doch noch le bend bezeichnet wird, Sir." „Was bezwecken Sie d a m i t P a r k e r . . . ? 51
Sie sollten auf dem schnellsten Weg zu mir kommen. Ich habe Ihnen einige Fragen zu stellen." »Sir, in wenigen Stunden werde ich Ihnen voll und ganz zur Verfügung stehen", versprach Josuah Parker. „Zur Zeit bin ich leider unabkömmlich. Ich beabsichtigte, den .Bankhalter' der jJuicemen' zu stellen.'' „Zum Teufel, warum wollen Sie die ses Risiko auf sich nehmen, Parker? Al lein werden Sie doch kaum etwas aus richten. Schalten Sie uns mit e i n . . . ! Wenn ich daran denke, wie Sie mit uns umspringen, hätte ich große Lust, Sie mal einsperren zu lassen." »Mr. Rander ist ein ausgezeichneter Verteidiger", gab der Butler zu über legen. „Ich bin sicher, daß es ihm ein Vergnügen bereiten wird, mich zu ver treten." „Nehmen Sie doch nicht alles wört lich." Leutnant Branch sprach jetzt fast bittend. „Auch wir sind doch hinter den Geldverleihern her. Zusammen werden wir diesem Bandenchef eine sichere Fal le stellen." „Ich fürchte, Sir, Sie unterschätzen die Verschlagenheit und das Mißtrauen dieses Gangsters. Allein werde ich mehr ausrichten. Damit, dessen bin ich mir natürlich voll bewußt, trage ich auch die alleinige Verantwortung für das Ge lingen meines Planes." „Also gut, ich weiß, Sie sind ja nicht zu halten. Ich kann Ihnen nur Hais und Beinbruch wünschen, Parker. Soll ich Mr. Rander verständigen?" „Das ist bereits durch mich gesche hen, Sir. Mr. Rander billigt mein Tun." „Was bleibt ihm auch anderes übrig", murmelte Leutnant Branch, bevor er den Hörer auflegte...! 52
Als Ben Walton in den Zeitungen las, Joe Harms sei mit dem Leben da vongekommen, war ihm klar, daß er nun in unmittelbarer Lebensgefahr schwebte. Seine Überlegungen waren recht ein fach. Joe Harms war der erste Chef eines Reviers, er kannte ihn, Ben Wal ton, er wußte auch, welche Rolle er spielte. Es war unter den Vormännern der Gang allgemein bekannt, daß Ben Walton den „Bankhalter" persönlich kannte. Was lag nun näher, daß Joe Harms diese Informationen früher oder später an die Polizei weitergab, damit wurde der Chef der „Juicemen" gefähr det. Walton machte sich keine Illusionen. Der „Bankhalter" würde versuchen, ihn umzubringen. Damit tauchte er dann wieder in die unangreifbare An onymität zurück und sicherte sich ab. Der „Bankhalter" pfiff mit Sicherheit auf die langjährige Zusammenarbeit, wenn es um sein Leben ging. Ich werde schneller sein müssen als er, sagte sich Ben Walton in seiner Pri vatwohnung. In dieser Nacht noch muß ich den Chef überlisten und ihm zuvor kommen. Wenn ich die Gelder des Nord reviers abliefere, ergibt sich für mich die beste Gelegenheit, ihm einmal nachhal tig zu zeigen und zu beweisen, wer ich wirklich bin. Walton dachte an die Gelder, die er zu überbringen hatte. Die Abrechnung war bereits erfolgt. Doch es ging ihm nicht allein um dieses Geld. Er dachte an die horrenden Summen, die der „Bankhalter" stets einsteckte. Auch die se wollte er in seinen Besitz bringen, um sich danach abzusetzen. Um herauszufinden, wie seine Situa
tion bereits war, setzte er sich mit den .Bluthunden' des Gangsterchefs in Ver bindung. Normalerweise wurden . sie von ihm, Ben Walton, eingesetzt. Es ging besser, als er dachte. Er schickte sie in Joe Harms' Revier und übertrug ihnen eine völlig unwich tige Aufgabe. Im Laufe des Nachmittags kontrollierte er vorsichtig, ob die Revol verhelden seinen Befehlen auch nach gekommen waren. Er hatte nichts auszusetzen. Sie befanden sich genau dort, wohin er sie beordert hatte. Der „Bankhalter" hatte demnach nicht anders disponiert und sich eingeschaltet. Vielleicht wollte er mit Waltons Ermordung noch w a r ten, bis J o e H a r m s ' Rolle vor der Poli zei geklärt war. Nun, Walton dachte nicht im T r a u m daran, es darauf an kommen zu lassen. Seine einzige Ret tung bestand in seiner Schnelligkeit. Ungeduldig e r w a r t e t e er den Abend. Er hatte sich mit dem Chef der „Juice men" für 22 Uhr im bewußten Lager schuppen verabredet. Die Übergabe des Geldes sollte nach dem altgewohnten Ritus erfolgen. Nach qualvoll langen Stunden war es endlich soweit. Ben Walton stopfte die Aktentasche mit wertlosem Zeitungspa-. pier aus und kontrollierte noch einmal die beiden Waffen, die er mit in den Schuppen nehmen wollte. Es handelte sich um einen 38er und um einen klei nen Damenbrowning vom Kaliber 6.35. Den Browning befestigte er mit einigen Streifen Leukoplast an seinem Unter schenkel. Absichtlich verzichtete er diesmal auf die Begleitung der .Bluthunde'; Wäh rend der F a h r t zum Lagerschuppen prüfte er ganz genau, ob er verfolgt
wurde. Er wollte ganz sicher gehen, daß der „Bankhalter" ihn nicht inzwischen beschatten ließ. Denn dann h a t t e er noch immer ekle Möglichkeit, anders zu dis ponieren. Während d e r F a h r t überlegte er, ob es nicht richtiger gewesen wäre, zum Chef in die Wohnung zu fahren. Nun, das w ä r e doch zu ungewöhnlich u n d vielleicht auch zu auffallend gewesen. Der „Bankhalter" h a t t e sich solche Be suche ein für allemal verbeten, um sein Inkognito zu wahren. Nein, es w a r schon besser, sich an die gewohnten Dinge zu halten. So schöpfte der Chef wenigstens keinen Verdacht. Die zehn Minuten Umweg lohnten sich. Walton w a r sicher, nicht beschat tet zu werden. Er änderte die F a h r t richtung und steuerte die ehemalige Mühle an, die zum Lagerschuppen ge hörte. Es w a r dunkel, als er dort an langte. Er ließ den Wagen vor der R a m pe stehen, entsicherte den 38er in sei nem Schulterholster und zog die Tasche aus dem Wagen. Mit ruhigen Schritten, als sei alles in bester Ordnung, stieg er zur Rampe hoch und rückte die kleine Pforte in der Schiebetür auf. Sie k n a r r te unangenehm und schien fast so etwas wie ein Warnsignal von sich zu geben. Aufgescheuchte Ratten pfiffen und r a schelten in der Dunkelheit. Der dumpfe Geruch im Schuppen legte sich auf Wal tons Lungen. N u r mit Mühe u n t e r drückte er ein nervöses Hüsteln. Da w a r auch schon das Förderband! Walton schaltete es ein, legte die T a sche auf das endlose Gummiband u n d . . . wartete, bis sie vielleicht einen oder zwei Meter heraufbefördert worden war. Dann schob er sich ebenfalls auf das Band und ließ sich nach oben t r a gen. Die
Förderanlage,
sonst
gewohnt, 53
Zentnerlasten zu tragen, schleppte ihn ohne weiteres mit nach oben. Walton hatte den entsicherten" 38er in der Hand und zügelte seine innere Unruhe. Er ließ sich auf ein riskantes Spiel ein. Sein Plan war es, den „Bankhalter" in dem Moment aus der Dunkelheit zu erschießen, wenn der Chef die Taschen lampe aufblitzen ließ, um nach der Ta sche zu greifen. Deshalb hatte er sie et was vorgeschickt. Sein Plan mußte ge lingen. Er war einfach und raffiniert. Walton war fast stolz darauf...!. Das Rumpeln und Scharren der Lauf rollen ging ihm auf die Nerven. Er at mete tief durch, schwebte bereits dem ersten Stock entgegen. Gleich mußte der große, viereckige Einschnitt in der Be tondecke kommen. Ob der „Bankhalter" dort bereits stand, um sein Geld in Empfang zu nehmen? Walton streckte die Hand aus, sie be rührte genau in diesem Augenblick die Betondecke. Falls der Chef nun dort wartete, mußte jetzt das Licht aufflammen. Nichts...! Alles blieb stockfinster. Das Förder band trug ihn weiter nach oben. In wenigen Sekunden mußte die zwei te Decke kommen. Wieder streckte der Sekretär der „Juicemen" die Hand aus, < um eine genaue Kontrolle zu haben. Nach qualvoll langen Sekunden schlug sein Handrücken nun auch gegen die zweite Decke. Er spannte seine Muskeln. Ob der' „Bankhalter" jetzt am Förderband stand? Sobald das Licht aufflammte, wollte er schießen. Wenn er diese Chan ce verspielte, gab es keine Rettung mehr. Dann wußte der Chef, daß er den Verrat geplant hatte. 54
Das Förderband spulte weiter ab. Öffnung auch dieser Decke. Kein Licht, keine Spur vom „Bankhalter". Auf der Stirn des Gangsters bildeten sich dicke Schweißtropfen. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Am liebsten hätte er laut aufgeschrien, wäre vom Band heruntergesprungen und zu rück zu seinem Wagen gelaufen. Doch das war unmöglich. Er mußte seinen Plan jetzt zu Ende bringen. \ Die Sekunden dehnten sich zu Ewig keiten. Waltons Mundhöhle war wie ausgetrocknet. Seine Augen, die das Dunkel durchbohrten, überanstrengten sich. Er sah bereits bunte Kreise, spürte, daß ihm der Schweiß in die Innenseite seiner Brille lief und ihm die Sicht spä ter trüben würde. Doch es war viel zu spät, um die Gläser zu putzen. Seine Finger um spannten den Kolben des 38ers. Wenn doch die Taschenlampe endlich aufflam men wollte...! Da, ein Lichtschein...! Er hatte in seiner Aufregung ver gessen, nach der nächsten Betondecke zu tasten. Der Widerschein ließ den viereckigen Einschnitt genau erkennen. Er sah eine Gestalt, die sich über das Förderband beugte u n d . . . es abstellte! Daran hatte er gar nicht gedacht. Er befand sich viel tiefer, als er angenom men hatte. Entweder war er zu spät auf das Förderband geklettert, oder wäh rend der Fahrt etwas nach unten weg gerutscht. Waltons 38er spuckte Feuer. Wie er löst eröffnete er das Feuer auf die nur schemenhaft erkennbare Gestalt über dem Einschnitt. Die Flammen des Mün dungsfeuers erhellten für Sekunden bruchteile den unteren Teil der Decke.
Habe ich getroffen, fragte sich Wal tons, als ein Knacken in der Waffe an kündigte, daß das Magazin leer war. Er hörte über sich einen dumpfen Auf prall, deutete ihn so, daß der „Bankhal ter" getroffen und niedergestürzt war. Walton brauchte höchstens noch an derthalb Meter bis zum Deckendurch stieg zu überwinden. Er zog sich an den rauhen Kanten des endlosen Bandes hoch und schob seinen Kopf und Ober körper durch den Einschnitt. Volles Licht traf seine Augen, blen deten sie, Gleichzeitig peitschten zwei Schüsse auf, die voll seine Brust tra fen. Walton schrie auf, begriff, daß er von seinem Chef doch noch überlistet worden war. Und bevor er bewußtlos wurde, drückte er sich von der Öffnung ab. Sein haltloser Körper rutschte un kontrolliert über das Band, kam aus der Richtung und kippte über das Band nach unten auf den Betonboden. Es war sein Glück im Unglück, daß er auf einem Sackstapel landete, der seinen Fall etwas dämpfte. Doch davon merkte Ben Walton schon nichts mehr. Er war bewußtlos.. .! * Der „Bankhalter" hatte sich in einen weiten Staubmantel gehüllt und den Hut tief in die Stirn gezogen. Nach dem Feuerüberfall, den er glücklich überstanden hatte, nach dem Abschießen seines Sekretärs, blieb er am Deckeneinschnitt stehen und lausch te in die Dunkelheit des Schuppens hin ein. In der ersten Aufwallung hatte er flüchten wollen, doch inzwischen dachte er anders darüber. Bevor er nicht ge nau wußte, daß Walton tot war, durfte er den Schuppen nicht verlassen. Er
mußte und wollte Gewißheit haben. Er nahm die Taschenlampe, brachte sie an die Deckenöffnung und leuchtete nach unten. Suchend glitt der Lichtke gel über den Boden, doch Walton war nicht zu entdecken. Beim Abgleiten vom Förderband war er knapp hinter einen Pfeiler gefallen. Der einstürzende Sack stapel tarnte ihn nun zusätzlich. Der Chef der „Juicemen" kam sich vor, als stünde er auf heißen Kohlen. Wie sollte er Walton beikommen? Nur zu gern hätte er seinem Sekretär von dort oben aus, noch einige Schüsse und Treffer beigebracht, doch das ging nun nicht. Wohl oder übel mußte er also über die Betontreppe nach unten in das näch ste Stockwerk steigen und nach Walton suchen. Nachdem der Mann sich noch einmal vergewissert hatte, daß im Schuppen soweit alles in Ordnung war, lief er zur Treppe und stieg vorsichtig nach un ten. Nur in ganz kurzen Abständen schaltete er die Taschenlampe ein. Das Stockwerk war erreicht. Der Lichtkegel der Lampe erfaßte das Förderband, glitt über den staubigen, verdreckten Boden und erfaßte den Sackstapel. Der „Bankhalter" sah so fort, daß er gerade erst eingestürzt sein mußte, denn über dem ganzen Wirr warr tanzten im Licht der Lampe un zählige Staubkörner. Auf Zehenspitzen näherte sich der Chef der „Juicemen" dieser Stelle. Sein Finger hatte bereits Druckpunkt an der Waffe genommen. Er entspannte sich allerdings wieder, als der Chefgangster den 38er fand, der unterhalb des För derbands auf dem Boden lag. . Schneller schritt der „Bankhalter" 55
voran. Er wollte diese Sache hinter sich bringen. Walton stellte jetzt ohne Waf fe kaum noch eine ernsthafte Gefahr dar...! * Ben Walton kam ohne Übergang wie der zu sich. Ein brennender Schmerz in seiner Brust breitete sich langsam aus, erfaßte seinen Leib und fraß sich hinauf in den Schädel. Er brauchte einige Sekunden, bis er begriff, was vorgefallen war. Er wunderte sich kaum darüber, daß er noch lebte. Er faßte hoch zur Brust. Sei ne Finger berührten eine klebrige Flüs sigkeit. Blut...! Er nahm die Hand wieder herunter, staunte, daß er den Arm überhaupt noch bewegen konnte. Er erinnerte sich der Schießerei, wollte seinen 38er zie hen und schob sofort das Hosenbein hoch, als er die Waffe nicht fand. Als hätte er sich bereits überanstrengt und seine restliche Energie verspielt, mühte er sich ab, an die 6.35er Pistole zu kommen, die er sich mit Leukoplast am Unterschenkel befestigt hatte. Er wußte, daß der „Bankhalter" sich verge wisserte, ob er auch tatsächlich getrof fen hatte. Walton befand sich in einem eigen artigen, inneren Schwebezustand. Er spürte, daß das Blut aus den beiden Wunden rann, daß er immer leichter und müder wurde. Doch er bekam die Waffe in die Hand und entsicherte sie. Dann sah er das Licht, das durch das Sackleinen drang. Der „Bankhalter" kommt, dachte er, gleich ist es soweit, dann werde ich ihn doch noch hereinlegen. 56
Diesmal blieb er vollkommen ruhig. Vielleicht wußte er zu diesem Zeitpunkt bereits, daß er sterben mußte. Es bedeu tete ihm eine einzige Genugtuung, daß er seinen Chef nun doch noch mitneh men konnte. Sein ganzes Scharren und Zusammenraffen hatte sich also doch nicht gelohnt. Der Chef rief leise seinen Namen. Na türlich antwortete Walton nicht, dafür umspielte ein dünnes Lächeln seine Lip pen. Der „Bankhalter" rief ein zweites Mal, trat mit der Schuhspitze die Säcke aus einander und leuchtete sie ab. Noch hat te er Walton nicht gefunden, der viel weiter hinten lag, als der Gangster an nehmen konnte. Walton nahm sich Zeit. Als der „Bankhalter" dann den letzten Jutesack zur Seite trat, konnte Walton sein Ziel sehen. Der Chef war so groß wie ein Schrank. Er konnte einfach nicht ver fehlt werden. Schuß auf Schuß löste sich aus Wal tons Browning. Der „Bankhalter" fluchte, sprang zur Seite und warf sich zu Boden. Er spürte den Streifschuß an der Schulter, doch das hinderte ihn nicht, das Feuer zu be antworten. Diesmal wurde der Sekretär der „Juicemen" genau getroffen. Wie unter harten Fausthieben wurde er her umgeworfen und blieb dann regungslos liegen. Der „Bankhalter" aber raffte sich auf und ergriff die Flucht...! * Josuah Parker hatte es sich in Ben Waltons Wohnung bequem gemacht. Er saß in einem Sessel und wartete auf den Sekretär der „Juicemen". Gleich nach Waltons Weggang hatte er sich in altbekannter Weise Zutritt verschafft. Eine Verfolgung des Sekretärs hielt er
für nicht angebracht. Seiner Schätzung nach war damit zu rechnen, daß Walton sehr vorsichtig und mißtrauisch war. Josuah Parker hatte bereits wertvolle Arbeit geleistet. Sie bestand darin, daß er den Safe des Sekretärs geöffnet und das vorhandene Bargeld eingesammelt hatte. Nun wollte er nur noch Walton interviewen und ihm einige Fragen hin sichtlich des „Bankhalter" stellen. Selbstverständlich hatte der Butler sich auch schon mit diesem geheimnis vollen Verbrecher befaßt. Ein wichtiger Anhaltspunkt war ihm von Herrn La zer geliefert worden, der sich gewisser Fragen erinnerte, die Joe Harms auch nicht beantworten konnte. Sie bezogen sich auf den Chef der Gang, der es lieb te, seinen Sekretär durch den Kakao zu ziehen, wenn die Vormänner zu einer Konferenz eingeladen waren. Ein tragbares Fernsehgerät dürfte ausschalten, sagte sich der Butler dar auf. Nach Lage der Dinge hält der „Bankhalter" sich während dieser Kon ferenzen auch nicht in einem Neben raum auf. Von Fall zu Fall werden die se Zusammenkünfte ja in überraschend gewählten, leeren Wohnungen, Büros oder Ateliers durchgeführt. Woher also weiß der „Bankhalter", wie sein Sekretär auf gewisse Dinge reagiert? Er muß ihn also sehr gut ken nen, und zwar aus nächster Nähe. Er muß Zeit und Gelegenheit haben, die Angewohnheiten seines Sekretärs zu studieren. Wo aber arbeitete der Sekretär? Parker hatte das inzwischen ausfindig gemacht. Ben Walton war der Ge schäftsführer einer Nachtbar. Der Be sitzer dieser Bar nannte sich Ray Hüt ter und war bekannt dafür, daß er Ver bindungen zur Unterwelt von Chikago unterhielt.
Konnte Ray Hutter mit dem „Bank halter" identisch sein? Das war eine Frage, die der • Butler nicht unbedingt bejahen wollte. Es gab noch einen zweiten Anhalts punkt. Die Mühle samt Lagerschuppen, die Walton besuchte, um das Geld abzulie fern; war der Besitz eines alten, starr köpfigen Mannes, der nach geschäftli chem Pech seinen Betrieb stillgelegt hatte. Dieser Mann, er hieß Harry Nel son, lebte zurückgezogen im Loop und ließ sich kaum auf der Straße sehen. Ob Harry Nelson als „Bankhalter" in Betracht kam? Auch in diesem Fall wollte der Butler keine endgültige Ent scheidung treffen. Er hielt nicht viel da von, auf den bloßen Schein hin zu ur teilen. Walton wird mir weiterhelfen, sagte sich Parker. Auf eine höfliche Frage werde ich ganz sicher eine höfliche Ant wort bekommen. Ich muß dem Sekre tär der „Juicemen" nur klarmachen, wie sehr er sich in unmittelbarer Ge fahr befindet. Sein. Chef wird ihn nach den Nachrichten über Joe Harms los werden wollen. Josuah Parker studierte die knappen Aufzeichnungen in seinem Notizbuch. Sie bestanden aus einer Geheimsteno grafie, die nur er allein zu deuten ver mochte. Der Butler ging den Personen kreis durch, mit dem Ben Walton ver kehrte. Diese Aufzeichnungen waren selbstverständlich nicht lückenlos, denn Parker hatte sich nur wenig freie Zeit absparen können, um auch Walton zu beobachten. Schließlich hatten ihm die Gangster hart zugesetzt und ihm kaum Zeit gelassen, richtige Detektivarbeit zu leisten. Er wußte noch nicht einmal, ob die beiden Männer Hutter und Nelson über eine messerscharfe Stimme ver 57
fügten. Auf die hatte Herm Lazer ihn besonders aufmerksam gemacht. Es ging auf 23 Uhr zu. Parker, der seit fast zwei Stunden wartete, verlor zwar nicht die Geduld, begann sich aber Sorgen zu machen. Ben Walton mußte seinen Berechnun gen nach längst wieder zu Hause sein. Als er draußen vor dem Haus einen bremsenden Wagen hörte, begab Parker sich gemessen ans Fenster und schaute auf die Straße hinunter. Er sah gerade noch, daß eine Männergestalt das Haus betrat. Josuah Parker begab sich in den Waschraum und wartete ab. Wenn ihn nicht alles getäuscht hatte, kehrte Wal ton nun zurück in die Wohnung. Die Wohnungstür wurde geöffnet, ein Schlüsselbund klirrte. Kurz danach flammte das Licht auf. Durch einen schmalen Spalt beobach tete Parker das große Zimmer. Er sah einen mittelgroßen Mann, der einen weiten Mantel trug und sich den Hut tief in die Stirn gezogen hatte. Das mußte der „Bankhalter" sein. Parker hatte keine Beweise dafür, doch sein sicherer Instinkt leitete ihn. Der Mann, dessen Gesicht Parker noch nicht sehen konnte, fand sich in der Wohnung gut zurecht. Er trat so fort an den Safe, legte ihn durch Weg schieben eines Bildes frei und steckte einen Schlüssel in das komplizierte Schloß, das Parker nur mit einem raf finierten Nachschlüssel bezwungen hat te. Dieser Mann fluchte nun schauerlich, als er den Safe ausgeräumt fand. Parker konnte sich die Enttäuschung des Gangsters gut vorstellen, ließ sich aber immer noch nicht blicken. Viel leicht, so überlegte er, kennt dieser spä te Gast noch Verstecke, die ich über 58
sah. Er wird mir dann die Mühe ab nehmen, danach zu suchen. Genauso kam es auch wirklich. Der Besucher trat vor die Eckcouch und nahm die Rückenpolster herunter. Dann kniete er nieder und verschwand mit seinem Arm in einer Höhlung. Wie der rasselte das Schlüsselbund. Als der Mann sich aufrichtete, hielt er eine fla che Kassette in der Hand. Der Besu cher drehte sich so um, daß Parker nun endlich auch das Gesicht erkennen konnte. Nein, diesen Mann hatte er vorher noch nie gesehen. Es war weder Ray Hutter noch Harry Nelson. Das Gesicht dieses Mannes sah wie altes, zerknit tertes Pergament aus. Unter der kräfti den Nase saß ein struppiger Schnauz bart. Der Mund sah dünn und verknif fen aus, als habe der Mann es mit der Leber zu tun. Dieser Mann nun verschwand in Wal tons Schlafzimmer, ein Grund für den . Butler, jetzt schnell das Badezimmer und dann auch die Wohnung des Sekre
tärs der „Juicemen" zu verlassen . . . !
Der „Bankhalter" steuerte seinen Wa gen in die Garage, stieg aus und schloß den baufälligen Holzschuppen von in nen. Dann schlurfte er durch die Seiten tür auf einen engen, finsteren Hof und schloß die vergitterte Tür zu seinem Ge schäft auf, das sich im Souterrain be fand. Parker wartete noch eine knappe Mi nute, dann drückte er die Haube des Kofferraums auf und verließ ebenfalls den Wagen des „Bankhalter". Als spar samer Mensch hatte er es vorgezogen, sich von dem Bandenchef gleich mitneh men zu lassen.
Durch die Scheibe der vergitterten Tür sah er in eine Art Trödelladen hin ein. Der Mann mit dem Schnauzbart hatte das Lacht eingeschaltet und ver schwand hinter einem Vorhang. Josuah Parker prüfte das Türschloß. Er brauchte nur die Klinke herunterzu drücken und einzutreten. Was er auch prompt besorgte. Würdevoll wie in jeder Situation schritt der Butler hinter die Theke, nä herte sich dem Vorhang und schob ihn leicht auseinander. Der Schnauzbart hatte sich die Jacke ausgezogen und streifte sich gerade das Hemd vom Ober körper. Parker entdeckte unter dem rechten Oberarm einen blutigroten Strich, der wohl von einem Streifschuß herrührte. Der Schnauzbart kramte in einem Ka sten herum, der ihm als Apotheke dien te, und bereitete einen Verband vor. „Vergessen Sie nicht, die Wunde auch sorgfältig zu desinfizieren", warnte Par ker, den Vorhang zur Seite schlagend. „Sie ahnen nicht, wie schnell es zu In fektionen kommen kann, vor allen Dingen dann, wenn die Wunde von ei nem Streifschuß stammt." Der Schnauzbart reagierte ungewöhn lich schnell. Er schien überhaupt keine Schrecksekunde zu kennen. Bevor Par ker eine Abwehrbewegung machen konnte, landete der Kasten in seinem Gesicht. Der Butler wurde für Sekunden bruchteile außer Gefecht gesetzt, was ihm wirklich nur höchst selten passier te. Doch diese knappe Zeit genügte dem Schnauzbart, die Flucht zu ergreifen. Oder war es nicht sogar ein Angriff...? Er hielt nämlich eine lange Papier schere in der Hand und drang damit auf den Butler ein. Im allerletzten Mo ment riß Parker seinen Universal-Re 60
genschirm hoch und drückte auf den versteckt angebrachten Knopf. Wie der Blitz fuhr die lange Degen klinge aus dem Schaft des Regenschirms und durchbohrte den Oberarm des Gangsters. Der Schnauzbart brüllte auf, warf sich zurück, zog seinen Revolver. Parker, der mit sparsamen Mitteln im mer möglichst viel erreichen wollte, nahm seine schwarze Melone vom Kopf und wirbelte sie wie einen Dis kus durch die Luft. Der harte Rand seiner Kopfbedeckung traf die Nase des Schnauzbarts, der daraufhin noch lau ter und noch wütender brüllte. Da der Butler Lärm dieser Art nicht ausstehen konnte, drehte er den Re genschirm um und klopfte mit dem bleigefütterten Griff auf den Kopf des „Bankhalter". Schlagartig erstarb jeder Laut. Der Gangster rutschte in sich zu sammen und wurde ohnmächtig. Da Parker sich kurz darauf eine seiner Giftzigarren anzündete, brauchte er dem Gangster keine Handfesseln anzu legen. Erfahrungsgemäß ging die kur ze Ohnmacht des „Bankhalter" jetzt in eine Art Tiefschlaf über ...!
„Ich wette, diesmal kommen Sie nicht ganz zufällig vorbei", frotzelte Mike Rander. Leutnant Branch grinste und schlug auf die Zeitungen, die er bündel weise aus seinen Rockstaschen hervor holte. „Die .Juicemen' existieren nicht mehr", sagte Branch. „Hier sind die neuesten Nachrichten, Rander. Alle Re volverhelden, Ausleiher und Vormän ner konnten schlagartig ausgehoben werden. Von diesem unheimlichen „Bankhalter" ganz zu schweigen." „Ich las davon, dieser Gangsterboß
w a r ein harmlos aussehender Trödler, der hin und wieder auch einmal einige Dollar auslieh." „Griffith B a r n u m heißt der M a n n " , antwortete. Leutnant Branch. „Mit der Polizei hat er noch nie Scherereien ge habt. In seinem Laden fanden wir alle Unterlagen über die ,Juicemen', aber auch einige Bankbücher. B a r n u m hat sich ein Vermögen zusammengegau nert." „Und dürfte einige Morde auf dem Gewissen haben, wie?" „Natürlich, am Henker dürfte er nicht vorbeikommen. Nachdem er festgenom men werden konnte, reden plötzlich auch die Leutchen, die wir bereits ein gesperrt haben." „Gratuliere, daß Sie den ,Bankhalter' erwischten, Branch." „Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen, wie?" Branch schnaubte un vermittelt los. „Ihr Butler rief mich in der vergangenen Nacht an und gab mir den Tip, den Gangsterboß abholen zu lassen. Als wir ankamen, war P a r k e r schon längst wieder verschwunden. N u r der Duft seiner Zigarren verpestete noch den Trödelladen. Wegen P a r k e r bin ich ja eigentlich gekommen." „Da haben Sie Pech, Branch." „Was soll das heißen?" „Parker ist nicht da."
„Aber Sie wissen doch, wo er steckt oder?" „Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe keine Ahnung, Branch. Er bat um Nachurlaub, und den habe ich ihn selbstverständlich gewährt. Er bat mich dieses Schreiben hier Ihnen zu über reichen. Darin finden Sie, w e n n ich P a r k e r richtig verstanden habe, alle De tails, die vielleicht noch geklärt wer den müssen." Branch nahmi das dicke Päckchen in Empfang. „Er n a h m also Nachurlaub, Rander?' fragte er mißtrauisch. „Ist das nicht verständlich? Er ist ja ganz hübsch bewegt worden, oder e t w a nicht?" „Selbstverständlich gönne ich ihm ein p a a r freie Tage. Doch ich brauche ihr für die Berichte, die ich jetzt schreibet muß. Aber auch das schert mich k a u m Mich bewegen ganz andere Sorgen." „Welche Sorgen haben Sie denn Branch?" „Während seines regulären Urlaub; hob P a r k e r die .Juicemen' aus", ant wortete der Polizeioffizier trocken. „Wo mit wird er sich während seines Nach urlaubs befassen?" „Lassen w i r uns doch überraschen" schlug Mike Rander da lächelnd vor und zwinkerte Branch zu . . . !
ENDE
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