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PARKER trickst die Taxiräuber aus Roman von Curd H. Wendt Lachend und plaudernd drängte die festlich gekleidete High Society aus dem hell erleuchteten Foyer des königlichen Opernhauses Covent Garden nach draußen. Wie ein Strom aus schimmerndem Taft, kostbaren Pelzen und glitzernden Juwelen ergoß sich die wohlsituierte Menge über die breite Freitreppe und strebte den Taxis zu, die in langer Reihe warteten. Josuah Parker, dessen hochbeiniges Monstrum inmitten der schwarzglänzenden Karossen erst auf den zweiten Blick auffiel, verließ das Fahrzeug und öffnete seiner Herrin mit formvollendeter Verbeugung den Wagenschlag. Agatha Simpson war eine Erscheinung, die man nur als majestätisch bezeichnen konnte. Dabei war es nicht allein die beeindrukkende Körperfülle der älteren Dame, die unwillkürlich alle Blicke anzog. Myladys verschwenderisch gearbeitete Nerzstola und die üppig angelegten Geschmeide sorgten selbst in dieser versnobten Umgebung noch für diskreten Aufruhr. Dabei hatte Agatha Simpson den Galaabend mit Stars der Mailänder Scala aus rein fachlichem Interesse besucht, wie sie betonte. Nicht etwa, um gesehen zu werden… Die Hauptpersonen: Glen Robson fühlt sich als lachender Dritter, bis ihm das Lachen vergeht. Paul Paddington legt eine falsche Spur, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Hank March läßt als Vater der Porzellankiste die nötige Vorsicht vermissen. Lady Simpson feiert einen Polterabend ohne Brautpaar. Butler Parker löscht einen brennenden Gegner und macht Scotland Yard ein solide verpacktes Geschenk. Während der Butler sein schwarzes Gefährt anrollen ließ, schaltete er die Sprechanlage ein, die den Fahrerplatz mit dem durch eine Panzerglasscheibe abgetrennten Fond verband. »Darf man der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß die Darbietung
Myladys Beifall fand?« fragte er. »Die Londoner, dieses Volk von Banausen, haben natürlich frenetisch applaudiert«, berichtete Agatha Simpson. »Eigentlich war es auch ganz passabel. Aber wenn ich meine Qualitätsmaßstäbe anlege…« »Mylady hatten Anlaß zur Unzufriedenheit?« erkundigte sich Parker. »In der Tat, Mister Parker«, nickte die resolute Dame. »Die Inszenierung zeigte einige peinliche Mängel, und die Artikulation der Solisten war so mangelhaft, daß man kein einziges Wort verstand.« »Kann und muß man vermuten, daß es sich um eine Aufführung in italienischer Sprache handelte?« wollte der Butler wissen. »Wie auch immer, Mister Parker«, schob Mylady den Einwurf souverän beiseite. »Besonders schwach war diese Anite…« »Verzeihung, Mylady«, ließ Parker sich vernehmen. »Darf man annehmen, daß Mylady › Aida‹ zu meinen geruhen?« »Habe ich denn etwas anderes gesagt, Mister Parker?« reagierte die ältere Dame verwundert. »Bei meinem Talent würde ich diese sogenannten Stars glatt an die Wand singen, wenn ich wollte, Mister Parker«, fuhr Lady Agatha mit schwärmerischem Lächeln um die Lippen fort. »Eine Feststellung, die meine Wenigkeit nur mit allem Nachdruck unterstreichen kann, Mylady«, gab der Butler höflich zurück. Wenn er an die gelegentlichen Gesangsübungen seiner Herrin zurückdachte, lief ihm noch jetzt ein Schauer über den Rücken. »Als Operndiva hätte mir eine glänzende Karriere offengestanden«, fuhr die ältere Dame ohne einen Anflug von Selbstzweifel fort. »Aber ich bin eben zu bescheiden, um mich ins Rampenlicht zu drängen.« »Dafür haben Mylady auf einem anderen Feld beispiellosen Ruhm geerntet, falls der Hinweis erlaubt ist.« »Ich weiß, Mister Parker. In der Kriminalistik gibt es niemanden, der mir das Wasser reichen könnte«, warf Mylady sich in die ohnehin voluminöse Brust. »Aber Aufgaben, die mich reizen, werden immer seltener. Anscheinend habe ich inzwischen alle gefährlichen Gangster hinter Schloß und Riegel gebracht. Nur gut, daß die Lümmel nicht alle lebenslang brummen. So sieht man wenigstens ab und zu alte Bekannte wieder.« »Immerhin geschehen in einer Stadt wie London trotz Myladys
beispielloser Aktivität noch täglich Verbrechen aller Art«, wandte Parker ein. »Wie auch, immer«, erwiderte die passionierte Detektivin. »Früher war alles anders. Da saß ich kaum im Auto, und schon waren Verfolger hinter mir her.« »Diese Feststellung dürfte auch heute gelten, falls man sich nicht sehr irrt, Mylady«, meldete der Butler nach einem erneuten Blick in den Rückspiegel. »Ich werde doch nicht etwa verfolgt, Mister Parker?« In Agatha Simpsons Mienenspiel mischten sich ungläubiges Staunen und eine geradezu kindliche Vorfreude. Nach dem stundenlangen Sitzen im Opernhaus stand ihr der Sinn nach Bewegung und einem hübschen kleinen Zwischenfall. »Mit letzter Sicherheit dürfte Myladys Frage im Moment noch nicht zu beantworten sein«, schränkte Parker ein. »Dennoch möchte man sich erlauben, Myladys Aufmerksamkeit auf den dunkelblauen Volvo zu lenken.« Die mit zwei Männern besetzte Limousine war dem Butler schon kurz nach der Abfahrt aufgefallen. Daß der Wagen seitdem immer wieder im Rückspiegel auftauchte, konnte Zufall sein. Parker wollte deshalb keine voreiligen Schlüsse ziehen. »Natürlich habe ich den Wagen auch gleich bemerkt, Mister Parker«, behauptete die Detektivin nach einem kurzen Blick durchs Rückfenster. »Da ich zur Zeit keine Ermittlungen betreibe, kann es sich nur um alte Bekannte handeln, die aus der Haft entlassen wurden und sich nun an mir rächen wollen.« »Eine Möglichkeit, die man keinesfalls von vornherein ausschließen sollte, Mylady«, pflichtete Parker seiner Herrin bei. »Aber die Burschen werden ihr blaues Wunder erleben«, fuhr die resolute Dame grimmig fort. »Woran meine Wenigkeit nicht im mindestens zweifelt, Mylady«, versicherte der Butler. »Darf man fragen, ob Mylady bereits konkrete Vorstellungen entwickelt haben?« »Die Details überlasse ich ihnen, Mister Parker«, gestattete Agatha Simpson großzügig. »Hauptsache, die Lümmel erhalten einen tüchtigen Denkzettel.« Die ältere Dame vibrierte bereits vor freudiger Erwartung. Energiestöße durchpulsten ihre wogende Fülle. Der perlenbestickte Pompadour am muskulösen Handgelenk wippte unternehmungslustig.
Bei dem ledernen Beutel handelte es sich um eine Handtasche, wie sie die Damen der Jahrhundertwende zur Aufbewahrung von Toiletteartikeln benutzten. Myladys Pompadour hatte es allerdings in sich: Er enthielt ihren sogenannten Glücksbringer, ein solides Hufeisen, das aus humanitären Gründen in eine dünne Lage Schaumstoff eingewickelt war. Diesen Glücksbringer wußte die Detektivin ebenso überraschend wie treffsicher einzusetzen, wenn es darum ging, klare Verhältnisse zu schaffen. »Aber vergessen Sie nicht, daß ich noch eine Kleinigkeit zu mir nehmen wollte, Mister Parker«, mahnte Lady Agatha, während der Butler in eine wenig belebte Seitenstraße einbog. »Deshalb werde ich mich mit den Burschen nicht länger aufhalten als unbedingt nötig.« »Wie Mylady wünschen«, erwiderte Parker. »Falls es genehm ist, würde man ein neu eröffnetes Feinschmeckerrestaurant an der Shaftesbury-Avenue vorschlagen. Auf der Fahrt dorthin dürfte sich die Gelegenheit ergeben, die Herren im Volvo näher kennenzulernen.« Wie selbstverständlich hatten die Unbekannten Parkers Richtungsänderung mitgemacht. Sie gaben sich im übrigen nicht die geringste Mühe, unentdeckt zu bleiben, schlossen im Gegenteil sogar noch dichter auf. Der Butler nahm dieses Verhalten gelassen zur Kenntnis. Er hatte schon eine Stelle im Auge, wo er die Verfolger stoppen und zur Rede stellen wollte. Doch im Moment ergriffen die Unbekannten von sich aus die Initiative… * Mit aufröhrendem Motor scherte der Volvo aus und schob sich an Parkers hochbeinigem Monstrum vorbei. Gleich darauf zog der Fahrer die dunkelblaue Limousine wieder nach links und schnitt dem Butler rücksichtslos den Weg ab. Parker mußte scharf bremsen, und Lady Simpson stieß mit der Nase an die Trennscheibe, was die ältere Dame mit einem nicht gerade damenhaften Fluch quittierte. Dennoch reichte es nicht: Häßliches Scheppern und Knirschen von Blech wurde hörbar, als
beide Fahrzeuge ruckartig zum Stehen kamen. Im selben Moment flogen die Türen des Volvo auf, und die Männer sprangen heraus. An den rüden Absichten der Unbekannten war nicht zu zweifeln. Die schallgedämpften Revolver, die sie im Anschlag hielten, sprachen eine deutliche Sprache. »Verhalt’ dich ruhig, Kollege, dann passiert dir nichts!« rief einer von ihnen dem Butler durchs geschlossene Fahrerfenster zu. »Wir wollen nur die fette Schlampe da hinten ein bißchen erleichtern.« Inzwischen versuchte der zweite mit einem Ruck die hintere Tür aufzureißen, die ihn von dem verlockend funkelnden Collier an Myladys Hals trennte. Da Parker längst die elektrische Zentralverriegelung eingeschaltet hatte, blieb seinem Bemühen jedoch der Erfolg versagt. »Bedauerlicherweise klemmt die Tür schon seit geraumer Zeit«, klärte der Butler die frustrierten Räuber auf. »Wenn man die Herren bitten dürfte, es auf der anderen Seite zu versuchen…« Einen Moment schienen die Gangster zu überlegen, ob Parker sie auf den Arm nehmen wollte. Aber daß an einem derart altertümlich wirkenden Gefährt eine Tür klemmte, schien ihnen wohl plausibel. Deshalb setzten sie sich wohl oder übel in Bewegung, um den schwarzen Kasten zu umrunden. Ihr Eindruck, es mit einem Taxi-Veteran zu tun zu haben, kam der Wahrheit tatsächlich nahe. Sie ahnten jedoch nicht, daß Parker die biedere Droschke von einst zu einer Trickkiste auf Rädern umgerüstet hatte. Seitdem verfügte das Vehikel nicht nur über einen heißblütigen Rennmotor und ein entsprechend angepaßtes Hochleistungsfahrwerk, sondern auch über eine Reihe technischer Raffinessen, die schon manchen Verfolger in die Verzweiflung oder in den Straßengraben getrieben hatten. Seelenruhig legte der Butler einen der zahlreichen Kipphebel am Armaturenbrett um, deren Funktion nur er kannte. Augenblicklich quoll eine schwarze, ölige Rußwolke aus dem Auspuff und hüllte die Gangster von Kopf bis Fuß ein. Erwartungsgemäß antworteten die Männer mit heftigem Husten und Würgen auf die plötzliche Verpestung ihrer Atemluft. Wie Blinde tappten sie in der finsteren Wolke herum und versuchten, sich den schmierigen Ruß aus den Augen zu wischen. Parker ließ ihnen jedoch keine Zeit, die verlorene Orientierung wiederzufinden. Gelassen stieg er aus dem hochbeinigen Monstrum und begab sich in würdevoller Haltung zu den torkelnden
Gestalten. Anschließend erlaubte er dem bleigefüllten Bambusgriff seines schwarzen Universal-Regenschirms, vernehmlich auf die Schädeldecken der Ganoven zu pochen. Die inzwischen schon reichlich demoralisiert wirkenden Straßenräuber verstanden diese Geste als Aufforderung zum Platznehmen und machten es sich postwendend im Rinnstein bequem… * »Wirklich jammerschade«, kommentierte Agatha Simpson die Situation und streifte die rußverschmierten Gestalten mit verächtlichem Blick. »Ich hatte schon auf einen interessanten Fall gehofft, aber jetzt bleibt mir doch nichts anderes übrig, als diese Jammerlappen der Polizei auszuliefern.« »Darf man diese Äußerung so deuten, daß Mylady auf eine eingehende Befragung der Herren zu verzichten gedenken?« erkundigte sich Parker. »Befragung?« wiederholte Mylady überrascht. »Ich möchte wissen, was es da zu fragen gibt, Mister Parker. Ich habe die Lümmel auf frischer Tat gestellt und überwältigt. Damit ist die Sache für mich abgeschlossen. Mit den Details soll sich die Polizei herumschlagen. Dafür ist meine Zeit zu kostbar.« »Möglicherweise ziehen Mylady in Betracht, daß die Herren nicht auf eigene Rechnung arbeiten, sondern einer kriminellen Organisation angehören«, wandte der Butler vorsichtig ein. Mittlerweile hatte er den Volvo einer kurzen Inspektion unterzogen. Dabei waren ihm nicht nur ein Funkgerät und ein Nachtglas ins Auge gefallen. Parker wußte jetzt auch, warum die Limousine den Zusammenprall mit dem hochbeinigen Monstrum ohne größere Blessuren überstanden hatte: Solide Stahlrohre, die mit den Bodenträgern verschweißt waren, gaben dem Fahrgestell des Wagens zusätzliche Stabilität. Diese Indizien ließen den Schluß zu, daß man es mit Gangstern zu tun hatte, die systematisch und professionell arbeiteten. Deshalb teilte er Lady Simpson seine Beobachtungen mit. »Unsinn, Mister Parker!« erwiderte die passionierte Detektivin. »Da geht wieder mal Ihre blühende Phantasie mit Ihnen durch. Sie müssen endlich lernen, sich streng an die Tatsachen zu halten.«
»In dieser Hinsicht stellen Mylady ein Vorbild dar, das man nur als leuchtend bezeichnen kann und muß«, versicherte Parker in seiner unerschütterlichen Höflichkeit. »Das haben Sie wirklich schön gesagt, Mister Parker«, stellte Mylady geschmeichelt fest. »Wie spät ist es übrigens?« »Gleich elf Uhr, Mylady.« »Dann muß ich mich beeilen. Sonst haben die Restaurants geschlossen.« Die Unruhe in Agatha Simpsons Stimme war nicht zu überhören. »Machen Sie mit den Burschen, was Sie wollen, Mister Parker. Aber machen Sie schnell!« »Man wird die nötige Eile walten lassen, um Mylady keinesfalls zu verärgern«, versprach Parker. Und er handelte danach. Eine Minute später saßen die rußverschmierten Straßenräuber wieder in ihrem Fahrzeug, das der Butler an den Straßenrand manövriert hatte. Vorsichtshalber ließ er die unruhig schlummernden Männer an einem Sprayfläschchen schnuppern, das ein pflanzliches Betäubungsmittel enthielt und ihre Träume um mindestens eine halbe Stunde verlängern würde. Anschließend umwickelte er die Hände der Ganoven, die entspannt in den weichen Polstern ruhten, mit zähem Klebeband und steckte den Zündschlüssel des Volvo zu sich. Nach seiner Schätzung würden die Männer frühestens in einer Stunde soweit sein, daß sie ihren Wagen per Kurzschluß starten konnten. Während Mylady schon ungeduldig an die Scheibe pochte, schritt Parker noch rasch zur Telefonzelle auf der anderen Straßenseite und wählte die Nummer von Horace Pickett. In zwei Sätzen beschrieb der Butler den mißglückten Überfall und teilte seinem Gesprächspartner den genauen Standort des Volvo mit. »Es wird mir eine Freude sein, auf die Burschen ein wachsames Auge zu haben, Mister Parker«, versicherte Pickett, bevor der Butler einhängte und zu seiner Herrin zurückkehrte. »Mußte das denn so lange dauern, Mister Parker?« grollte Agatha Simpson. »Ich bin schon ganz schwach vor Hunger.« * »Hoffentlich haben Sie auch daran gedacht, daß ich heute strenge
Diät halten will, Mister Parker«, tönte Lady Simpsons baritonal gefärbtes Organ von der Galerie ihres herrschaftlichen Wohnhauses im Londoner Stadtviertel Shepherd’s Market. Die ältere Dame hatte sich mehrfach explosionsartig geräuspert, bevor sie in der pathetischen Pose einer Bühnen-Heroine auf dem oberen Absatz der geschwungenen Holztreppe auftauchte und in die geräumige Wohnhalle blickte. »Man war und ist bemüht, Myladys Wünschen in vollem Umfang zu entsprechen«, versicherte Parker, der gerade den Frühstückstisch deckte. »Mylady wünschten einige frugale Häppchen, sofern man Myladys Anweisung korrekt verstanden hat.« »Sie werden das doch hoffentlich nicht allzu wörtlich genommen haben, Mister Parker?« äußerte sich die Hausherrin besorgt. Die Kummerfalten auf ihrer Stirn glätteten sich jedoch zusehends, als sie erkannte, was der Butler unter »frugalen Häppchen« verstand. Als Vorspeise servierte Josuah Parker norwegischen Räucherlachs mit Merrettichsahne und einer Garnitur aus frischen Dillzweigen. Anschließend kamen Hähnchenbrustfilets in Curryrahm und glasierte Hirschkalbmedaillons an die Reihe. Dazu gab es knusprige Toastscheiben, Kaffee, Tee und frisch gepreßte Obstsäfte. Zum Abschluß warteten noch eine reich garnierte Käseplatte und eine gut gekühlte Flasche Champagner darauf, Myladys Wohlbefinden dienen zu dürfen. »Ein schöner Tag ist das heute, Mister Parker«, strahlte Lady Agatha gut gelaunt, während der Butler Kaffee nachschenkte und anschließend in seiner unnachahmlichen Art einen halben Schritt zurücktrat. »Eine dynamische Persönlichkeit wie ich braucht einfach eine Aufgabe, um sich wohlzufühlen.« »Darf man sich in aller Bescheidenheit erkundigen, auf welche Aufgabe Mylady anzuspielen belieben?« fragte Parker höflich. »Ich meine natürlich diese dreisten Straßenräuber«, erläuterte die Detektivin. »Haben Sie das schon wieder vergessen, Mister Parker?« »Keineswegs, Mylady«, versicherte der Butler mit einer angedeuteten Verbeugung. »Der schändliche Angriff auf Myladys Leben und Besitz wird für immer im Gedächtnis meiner Wenigkeit haften bleiben.« »Natürlich bin ich spielend mit den Schurken fertiggeworden, wie Sie gesehen haben, Mister Parker«, sprudelte die ältere Dame
munter weiter. »Aber wie leicht hätte ein Stück von meinem Schmuck abhanden kommen können.« »Mylady hatten den echten Schmuck angelegt?« vergewisserte sich Parker überrascht. »Zum Glück waren es nur Kopien«, entgegnete Agatha Simpson. »Aber die kosten schließlich auch ihr Geld.« »Darf man Myladys Äußerung so verstehen, daß Mylady den heutigen Tag zur Aufklärung der Tat nutzen will«kehrte Butler wieder zum Ausgangspunkt des Gesprächs zurück.« »Haben Sie mich gestern abend etwa anders verstanden, Mister Parker?« tat Lady Simpson überrascht. »Hinter dem Überfall steckt eine skrupellose und straff organisierte Bande. Dieser Fall schreit geradezu danach, von mir aufgeklärt zu werden.« »Myladys Scharfblick nötigt meiner Wenigkeit stets tiefste Bewunderung ab«, versicherte Parker und legte noch etwas Wild mit Cumberlandsoße nach. »Eine Kriminalistin hat für solche Zusammenhänge eben ein unfehlbares Gespür«, erklärte die Hausherrin ohne falsche Bescheidenheit. »Sie haben doch hoffentlich meine Anweisungen befolgt, Mister Parker?« »Darf man vermuten, daß Mylady eine Beschattung der Gangster zu meinen geruhen?« tippte Parker aufs Geratewohl. »Natürlich, das ist doch das Nächstliegende«, erwiderte die Detektivin. »Deshalb habe ich Sie gleich gestern abend drum gebeten, Mister Parker.« »Der ehrenwerte Mister Pickett war so freundlich, diese Aufgabe zu übernehmen«, teilte der Butler mit. »Und?« Neugierig blickte Mylady von ihrer Lieblingsbeschäftigung auf. »Was hat der gute Horace Pickett herausgefunden?« »Bisher hat Mister Pickett noch keinerlei Nachrichten übermittelt«, gab Parker zur Antwort. »Mit seinem Anruf dürfte jedoch kurzfristig zu rechnen sein, falls der Hinweis erlaubt ist.« »Da ist er schon«, rief Mylady erfreut, als im Moment die Haustürglocke schrillte. »Lassen Sie ihn gleich herein, Mister Parker, und bieten Sie ihm auch eine Tasse Tee an.« Gemessenen Schrittes begab sich der Butler in die Diele, um nachzusehen, wer Einlaß begehrte. »Man erlaubt sich, einen angenehmen Morgen zu wünschen, Sir«, sagte Parker, während er den Besucher einließ. »Danke, Mister Parker«, erwiderte Chief-Superintendent McWar-
den. Er übergab dem Butler Mantel, Hut und Schirm, ehe er in die Wohnhalle schritt. Der einflußreiche Yardbeamte, der ein Sonderdezernat zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens leitete und direkt dem Innenministerium unterstellt war, zählte zu den regelmäßigen Gästen im Hause Simpson. Der untersetzte Mittfünfziger, dessen leicht vorstehende Augen auf Basedow hindeuteten, hatte sich bei Parker schon manchen wertvollen Tip geholt, wenn seine konventionellen Ermittlungsmethoden nicht weiterhalfen. Dafür ertrug er gern die boshaften Sticheleien der Hausherrin. Trotz der Kratzbürstigkeit, die sie ihm entgegenbrachte, schien die ältere Dame ihn aber irgendwie sehr zu schätzen. »McWarden!« rief Agatha Simpson entgeistert aus, sobald sie das Besuchers ansichtig wurde. »Leider konnte ich nicht mit Ihrem Besuch rechnen. Sonst hätte ich meinen Butler gebeten, ein zweites Gedeck aufzulegen und ein paar Kleinigkeiten zusätzlich bereitzustellen.« »Herzlichen Dank, Mylady«, sagte der Chief-Superintendent lächelnd. »Ich habe schon im Büro gefrühstückt.« »Sie wissen ja, daß ich nicht kleinlich bin«, fuhr Agatha Simpson fort. »Das Problem ist nur, daß ich im Moment strenge Diät halte und die Portionen genau nach meinem Energiebedarf berechnet sind.« Mit stummen Blicken musterte McWarden die Reste auf dem nahezu abgeräumten Frühstücksbüfett und dachte sich seinen Teil. »Stellen Sie sich vor, mein lieber McWarden«, platzte die Hausherrin gleich mit der Neuigkeit heraus, »gestern abend haben doch tatsächlich zwei dreiste Lümmel versucht, mich zu überfallen und meinen Schmuck zu rauben, als ich aus der Oper kam!« »Nicht möglich!« McWarden hätte sich fast an dem Tee verschluckt, den Parker ihm eingeschenkt hatte. »Sie sind überfallen worden, Mylady?« »Natürlich habe ich die Kerle überwältigt, ehe sie mir zu nahe kamen«, schilderte die ältere Dame ihre Version des Geschehens. »Und wie spielte sich das ab?« wollte der Mann vom Yard wissen. »Bei den Gangstern handelte es sich natürlich um eiskalte Profikiller, wie Sie sich denken können«, betonte Lady Agatha. »Aber gegen mich hatten die Subjekte natürlich nicht den Hauch einer
Chance, wie Sie sich ebenfalls denken können.« »Durchaus«, versicherte McWarden und sah die Detektivin erwartungsvoll an. »Falls Sie an Einzelheiten interessiert sind«, beschied Mylady ihn, »wird Mister Parker Sie unterrichten.« Während die Hausherrin sich den Resten der Käseplatte zuwandte, berichtete der Butler dem Besucher von dem Geschehen nach der Galavorstellung in Covent Garden. »Nähere Aufschlüsse dürfte die Observation der beiden Herren ergeben, die man gestern nach der Tat einleitete«, schloß er seinen Bericht. »Sie vermuten also eine Bande im Hintergrund?« vergewisserte sich McWarden. »In der Tat, Sir«, bestätigte der Butler. »Allerdings sieht man sich gezwungen, einzuräumen, daß es an stichhaltigen Beweisen für diese Theorie bisher mangelt.« »Immerhin sind Sie weiter als wir«, ließ McWarden sich vernehmen. »Darf man um Auskunft bitten, wie Sie diese Äußerung verstanden wissen möchten, Sir?« »Mylady war nicht der einzige Operngast, der gestern abend überfallen wurde«, erklärte der Beamte. »Habe ich recht gehört, McWarden?« Der Hausherrin fiel fast der Bissen aus dem Mund. »Die dreisten Schurken haben noch einen zweiten Überfall gewagt? Nach der Lektion, die ich Ihnen erteilt habe?« »Es muß sich um andere Gangster gehandelt haben, Mylady«, korrigierte der Chief-Superintendent. »Weder das Fahrzeug noch die Personenbeschreibung stimmen überein.« »Ich hab’s ja gleich gesagt! Eine Bande!« triumphierte die Detektivin. »Daran ist nicht zu zweifeln, Mylady«, nickte McWarden. »Wir ermitteln auch schon längere Zeit in ähnlichen Fällen. Bisher aber leider ohne Ergebnis.« »Das wundert mich nicht im geringsten«, warf Mylady dazwischen. Ihr Gast schluckte die Spitze kommentarlos. Er war fest entschlossen, sich diesmal nicht provozieren zu lassen. »Wenn ich es recht im Kopf habe, war der Überfall auf Sie schon der achte nach demselben Strickmuster«, teilte der ChiefSuperintendent mit. »In allen anderen Fällen waren Taxis betrof-
fen. Aber da könnte eine Verwechslung vorliegen, zumal Mister Parker sein Fahrzeug vor dem Opernhaus zwischen den anderen Mietwagen geparkt hatte.« »Eine Vermutung, der man einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zusprechen sollte, Sir«, stimmte Parker zu. »Sind Ihnen möglicherweise noch weitere Gemeinsamkeiten bekanntgeworden?« »Alle Opfer befanden sich auf der Heimfahrt von großen, gesellschaftlichen Ereignissen, als sie im Taxi überfallen und ausgeraubt wurden«, beantwortete McWarden die Frage. »Demnach dürfte die Vermutung naheliegen, daß die Gangster über einen sorgfältig geführten Terminkalender verfügen«, meinte der Butler. »Ich habe da auch schon eine konkrete Theorie entwickelt, was die Arbeitsweise der Gauner angeht«, schob Lady Agatha sich in den Vordergrund. »Erläutern sie Mister McWarden bitte meine Vorstellungen, Mister Parker.« »Mylady dürften es als wahrscheinlich ansehen, daß die Gangster bereits vor dem Opernhaus warteten«, kam Parker dem Wunsch seiner Herrin nach. »Die Herren dürften sich das Fahrzeug ausgesucht haben, das die größte Beute bei geringstem Widerstand versprach, und anschließend die Verfolgung aufgenommen haben.« »Da haben die Lümmel sich bei mir aber ganz schön verrechnet«, kicherte Mylady schadenfroh. »Und nicht mal der Schmuck war echt!« »Dafür machten sie in allen anderen Fällen beträchtliche Beute an Schmuck und Bargeld«, setzte der Yardbeamte seinen Bericht fort. »Heute morgen stand sogar schon eine Delegation der Taxifahrergewerkschaft in meinem Büro. Die Leute bestürmten mich förmlich, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Sie haben Angst, daß ihr Gewerbe über kurz oder lang in Verruf gerät.« »Eine Befürchtung, die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sein dürfte, Sir«, ließ der Butler sich vernehmen. »Wir haben uns zwar bemüht, die Fälle unter der Decke zu halten, aber allmählich sickert das eine oder andere doch durch«, sagte McWarden. »Bestimmt dauert es nicht mehr lange, bis der erste Reporter in dieser Sache anruft.« »Eine gräßliche Vorstellung«, kommentierte Mylady, die sich in der Ablehnung der »Schmierfinken«, mit dem Chief-
Superintendent einig wußte. »Aber seien Sie unbesorgt, McWarden. Ich werde Ihnen die Bande noch heute ausliefern.« »Ist das nicht ein wenig optimistisch, Mylady?« wandte McWarden vorsichtig ein. »Das ist nicht optimistisch, das ist realistisch, mein lieber McWarden«, beharrte die passionierte Detektivin. »Wenn Sie mir nicht glauben, können wir ja um eine Kiste Sherry wetten. Was halten Sie davon?« »Nein, nein«, wehrte der Chief-Superintendent ab. »Ich habe mir vorgenommen, nie wieder zu wetten. Schon gar nicht mit Ihnen, Mylady.« »Sie können eben nicht verlieren, McWarden«, konterte Mylady. »Und Sie wissen, daß Sie gegen mich keine Chance haben.« »Das wird es sein«, gab McWarden zurück. Er wirkte nun doch leicht eingeschnappt und hatte es plötzlich eilig, wieder ins Büro zurückzukommen. »Ich hoffe jedenfalls, wir bleiben wegen dieser Sache in Kontakt, Mister Parker«, sagte der Besucher, als der Butler ihn zur Tür brachte. »Ein Austausch von Informationen dürfte sich in jedem Fall als nützlich erweisen«, erwiderte der Butler und verneigte sich, während er McWarden die Tür aufhielt. »Im übrigen wünscht man noch einen möglichst erfolgreichen Tag, Sir.« »Ist er endlich weg?« erkundigte sich Mylady argwöhnisch, als Parker in würdevoller Haltung in die weitläufige Wohnhalle zurückkehrte. »Dann dürfen Sie jetzt den Champagner öffnen, Mister Parker. Ich habe eigens so lange gewartet, weil ich einen Beamten doch nicht zum Trinken im Dienst verführen kann.« * Als es kurze Zeit später wieder läutete, war es tatsächlich Horace Pickett, der sich am Telefon meldete. »Hoffentlich habe ich Sie nicht zu lange warten lassen, Mister Parker«, entschuldigte er sich. »Mylady brennt bereits darauf, den Räubern das Handwerk zu legen, falls der Hinweis erlaubt ist«, entgegnete der Butler. »Darf man die Erwartung äußern, daß die Observation der beiden Herren im Volvo erfolgreich verlief, Mister Pickett?«
»Allzu ergiebig war es nicht«, schickte Pickett voraus. »Immerhin kann ich Ihnen ein paar Adressen nennen, die für Sie von Interesse sein dürften.« »Eine Mitteilung, die man mit größter Genugtuung entgegennimmt, Mister Pickett«, betonte Parker. »Mit Ihnen zusammenzuarbeiten, ist immer wieder eine Freude.« Damit spielte der Butler auf die zahlreichen Gelegenheiten an, bei denen Pickett sich als Zuträger von Informationen bewährt hatte. In seinem Standardaufzug mit Trenchcoat und Travellerhut, einen akkurat gestutzten Schnurrbart im gebräunten Gesicht, wirkte der etwa Sechzigjährige wie ein pensionierter Offizier. Niemand sah ihm an, daß er früher als »König der Londoner Taschendiebe«, zur Unterwelt der Millionenstadt gehört hatte. Allerdings hatte er seine flinken Finger nur nach Brieftaschen ausgestreckt, deren Besitzer den Verlust eines Bündels Pfundnoten mühelos verschmerzen konnten. Damit hing es zusammen, daß Pickett seine frühere Tätigkeit gern mit »Eigentumsumverteiler« angab. Seit Parker ihn aus einer lebensgefährlichen Situation gerettet hatte, war er jedoch auf die Seite des Gesetzes übergetreten und rechnete es sich zur Ehre an, für Mylady und ihren Butler tätig werden zu dürfen. Dabei hatten sich seine intimen Kenntnisse der Londoner Szene schon oft als ausgesprochen nützlich erwiesen. »Zehn Minuten nach ihrem Anruf hatte ich den Volvo gefunden«, berichtete er. »Aber es dauerte noch fast eine Stunde, bis die Gangster zu sich kamen und ihr Wagen ansprang. Anschließend fuhren sie zu einem Antiquitäten- und Trödelladen in Stepney, der einem gewissen Paul Paddington gehört.« »Darf man die Hoffnung äußern, daß Sie Näheres über den Genannten in Erfahrung bringen konnten, Mister Pickett?« hakte der Butler nach. »Paddington ist in der Szene als Hehler bekannt, der mit allem handelt, was Gewinn verspricht«, gab der Eigentumsumverteiler zur Antwort. »Wie es heißt, hält er auch ständig eine ansehnliche Auswahl an Handfeuerwaffen bereit, die allerdings diskret in einem Hotelzimmer den Besitzer wechseln.« »Dieser Hinweis dürfte die Vermutung naheliegen, daß die Gangster sich zuerst mit neuen Waffen versorgten«, warf Parker ein. »Bestimmt war es den Burschen peinlich, sich ohne Pistolen bei ihrem Chef zurückmelden zu müssen«, amüsierte sich Pickett.
»Als sie nach einer halben Stunde wieder aus dem Haus kamen, waren sie sogar sauber gewaschen.« Anschließend schilderte der Anrufer, wie die Räuber weiter nach Wapping gefahren waren und ihren leicht lädierten Volvo auf dem Hof einer Autowerkstatt abgestellt hatten. »Von dort aus begaben sich die zwei zu Fuß in eine benachbarte Kneipe, deren Ruf man nur als eindeutig bezeichnen kann«, fuhr der einstige Eigentumsumverteiler fort. »Hier sprachen sie kurz mit einem etwa vierzigjährigen Mann, der an der Bar saß. Wie ich später in Erfahrung bringen konnte, handelte es sich dabei um Glen Robson, den Eigentümer der eben erwähnten Werkstatt.« »Darf man möglicherweise hoffen, daß Sie in der Lage sind, auch über Mister Robson Einzelheiten mitzuteilen, Mister Pickett?« wollte Parker wissen. »Da muß ich leider passen«, bedauerte Pickett. »In der Szene ist der Mann bisher nicht bekannt. Das muß aber nichts heißen. Jedenfalls werde ich mir erlauben, Mister Robson von guten Freunden unauffällig beschatten zu lassen.« »Ein Vorhaben, das man nur als ausgesprochen zweckdienlich und wünschenswert bezeichnen kann, Mister Pickett«, stimmte der Butler zu. »Darf man im übrigen noch die Frage anschließen, wo die Straßenräuber sich zur Zeit befinden?« »Die beiden Kerle blieben nicht lange in der Kneipe, sondern steuerten bald in attraktiver Begleitung die Zimmer in den oberen Stockwerken an«, gab Pickett Auskunft. »Seitdem haben sie das Haus nicht mehr verlassen.« »Natürlich werde ich mir zuerst diesen Mister Remington vorknöpfen«, entschied Agatha Simpson, als Parker nach dem Telefonat in die Wohnhalle zurückkehrte. »Verzeihung, Mylady«, meldete sich der Butler zu Wort.»Darf man vermuten, daß Mylady Mister Paul Paddington zu meinen geruhen?« »Namen sind doch Schall und Rauch«, erwiderte die Hausherrin unwirsch. »Wenn Sie sich immer nur an derartige Nebensächlichkeiten klammern, werden Sie es in der Kriminalistik nie zu etwas bringen, Mister Parker.« »Mylady stellen für meine bescheidene Wenigkeit ein immerwährendes Vorbild dar«, versicherte der Butler mit einer angedeuteten Verbeugung. »Wohl nicht ohne Grund«, setzte die ältere Dame sichtlich ge-
schmeichelt hinzu. »Im übrigen – das haben Sie sehr schön gesagt, Mister Parker.« Altertümliche Messingglöckchen ließen ein helles Bimmeln hören, als Parker die Tür zu Paul Paddingtons Laden öffnete und Agatha Simpson eintreten ließ. Der Raum war wesentlich größer, als es von der Straße aus den Anschein hatte, und bis zur Decke mit einer faszinierenden Mischung aus Gediegenem und Gerumpel vollgestopft. Staub und Spinnweben ließen darauf schließen, daß die meisten Stücke schon längere Zeit an ihrem Platz standen. Paul Paddingtons einzige Einnahmequelle schien dieses düstere Sammelsurium jedenfalls nicht zu sein. Offenbar hatte niemand das Läuten der Türglocke gehört. Parker mußte sich zweimal vernehmlich räuspern, bis sich im hinteren Teil des Ladens etwas regte. Der Mann, der mit federnden Schritten näherkam, mochte knapp über fünfzig sein. Er war schlank und mindestens einen Kopf größer als der Butler. Das sorgfältig gescheitelte, schon etwas schüttere Haar, eine dunkle Hornbrille und der konservative Zweireiher aus grauem Tuch verliehen ihm einen ausgesprochen seriösen Anstrich. »Darf man die Hoffnung äußern, Mister Paul Paddington persönlich gegenüberzustehen?« erkundigte sich Parker in seiner förmlichen Art. »Der bin ich«, bestätigte Paddington und setzte ein geschäftsmäßiges Lächeln auf. »Kann ich etwas für Sie tun, oder wollen Sie sich einfach zwanglos umsehen?« »Möglicherweise darf man zunächst einen kleinen, aber entscheidenden Irrtum aus der Welt schaffen, Mister Paddington«, erwiderte der Butler. »Myladys Besuch bei Ihnen hat nichts mit irgendwelchen Kauf- oder Verkaufsabsichten zu tun.« »So?« meinte Paddington gedehnt. Er ließ sein Brillengestell auf die Nasenspitze rutschen und musterte das skurrile Paar über die Gläser hinweg. »Mylady wäre Ihnen außerordentlich verbunden, wenn Sie sich bereitfinden könnten, einige Fragen zu beantworten, die Ihre Kundschaft betreffen, Mister Paddington«, wurde Parker deutlicher. »Meine Kundschaft?« wiederholte der Antiquitätenhändler. Auf seiner Stirn bildete sich eine steile Falte. Die mausgrauen Augen
verengten sich unmerklich. »Was interessiert Sie denn an meiner Kundschaft?« »Genauer gesagt handelt es sich um die letzten Kunden, von denen Sie gestern abend aufgesucht wurden, Mister Paddington«, fuhr Parker fort, ohne auf die Frage seines Gegenüber einzugehen. Paddingtons Miene spiegelte deutliches Mißtrauen. Nervös nestelte er an einem Knopf seines Jacketts. Noch aber gelang es ihm, den Ahnungslosen zu spielen. »Gestern abend war nicht viel los«, sagte er beiläufig. »Und die Leute, die noch hereinkamen, waren mir alle fremd. Ausnahmslos neue Kunden.« »Die beiden Herren, denen Myladys Interesse gilt, dürften da eine Ausnahme bilden, falls man sich nicht gründlich täuscht«, blieb der Butler hartnäckig. »Andernfalls hätten Sie ihnen wohl kaum gegen Mitternacht die Tür geöffnet, zumal die späten Kunden einen alles andere als salonfähigen Eindruck machten, Mister Paddington.« Das ohnehin blasse Gesicht des Antiquitätenhändlers wurde aschfahl. Um seine Mundwinkel zuckte es unübersehbar. »Bitte, kommen Sie doch in mein Büro«, bot er an. »Dort können wir uns ungestört unterhalten.« »Von Unterhaltung war nicht die Rede, junger Mann«, schaltete Lady Agatha sich ein und trat einen Schritt auf Paddington zu. »Ich stelle meine Fragen, und Sie werden wahrheitsgemäß antworten.« »Aber das ist doch…« wollte der Ladeninhaber aufbrausen. Was er weiter auf der Zunge hatte, konnte man nur ahnen, denn mitten im Satz brach Paddington ab und ließ einen langen Jaulton hören. Genüßlich schmunzelnd hatte die ältere Dame ihren derb beschuhten rechten Fuß auf die Hühneraugen des Antiquitätenhändlers gesetzt. »Ich dachte schon, Sie wollten mich beleidigen, Mister Remington«, erklärte sie mit treuherzigem Augenaufschlag. »Mein Butler kann Ihnen bestätigen, daß ich da ausgesprochen sensibel reagiere.« »Schon gut, schon gut«, gab Paddington klein bei und mühte sich verzweifelt, den lädierten Fuß unter Lady Simpsons Standbein wegzuziehen. »Was wollen Sie denn überhaupt von mir?« »Ein Geständnis«, antwortete die Detektivin knapp.
»Ein Geständnis?« Paddington schien fassungslos. Inzwischen hatte er seinen Fuß freibekommen, stand wie ein Storch auf einem Bein und massierte seine malträtierten Zehen. »Bei den beiden Lümmeln, von denen mein Butler sprach, handelt es sich um skrupellose Straßenräuber, die es leichtsinnigerweise wagten, mich anzugreifen«, kam Agatha Simpson unumwunden zur Sache. »Und alles deutete zweifelsfrei daraufhin, daß Sie der Auftraggeber der Schurken sind, Mister Remington.« »Ich?« Paddington versuchte, einen belustigten Gesichtsausdruck aufzusetzen, was ihm aber nur unvollständig gelang. »Alles Leugnen wird Ihnen nichts helfen«, fuhr die Detektivin unbeirrt fort. »Sie würden mich nur zu Vernehmungsmethoden zwingen, die ich als zivilisierter Mensch im Grund verurteile.« »Soll das eine Drohung sein?« erkundigte sich Paddington. »Eher eine Warnung«, korrigierte Mylady. »Ein gut gemeinter Rat sozusagen.« »Ich werde auf Ihre Fragen antworten. Schließlich habe ich nichts zu verbergen«, lenkte Paddington ein. »Aber kommen Sie doch bitte in mein Büro. Wenn jetzt ein Kunde hereinkäme…« »Das würde ich allerdings auch als störend empfinden, Mister Remington«, nickte Agatha Simpson. »Riegeln Sie bitte, die Tür ab, Mister Parker, und lassen Sie die Rolläden herunter.« »Was soll das?« entrüstete sich der Antiquitätenhändler. »Es muß ja nicht sein, daß Passanten durch Schreie erschreckt werden«, gab die resolute Dame lächelnd Auskunft. »Sie könnten sich natürlich einiges Ungemach ersparen, wenn Sie ohne Umschweife zur Wahrheit kämen, Mister Remington.« »Jetzt reichts mir aber endgültig«, knurrte Paddington. »Ich glaube, ich habe es mit Verrückten zu tun.« Als er diese unbedachte Äußerung bereute, war es schon zu spät. Mit energischem Ruck setzte Lady Agatha ihren perlenbestickten Pompadour in Bewegung. Klatschend legte sich der Glücksbringer auf den Handrücken des Mannes, als er gerade nach einer chinesischen Vase auf einem Rosenholztisch greifen wollte. Entsetzt riß Paddington Mund und Augen auf. Er brachte aber keinen Ton heraus, sondern japste nur hörbar nach Luft. Schweißperlen traten auf seine Stirn, die Brille rutschte von der Nase und fiel zu Boden. Mit Tränen in den Augen versuchte er, die schmerzenden Finger durch Blasen zu kühlen. Diese Tätigkeit nahm ihn derart in Anspruch, daß er nicht mal das
Klirren und Scheppern in seinem Rücken wahrnahm. Schwungvoll war die chinesische Vase vom Tisch gesegelt und in einer Vitrine mit antiken Weingläsern gelandet. »Scherben bringen Glück«, stellte die Detektivin mit maliziösem Lächeln fest. »Und nun wieder zu Ihnen, Mister Remington: Ich hoffe, die kleine Lektion hat Ihnen gezeigt, daß es sich nicht auszahlt, den Unwillen einer Lady Simpson zu erregen.« »Ich hab’s kapiert«, wimmerte der Ladeninhaber und schob sich die anschwellenden Finger zur Abwechslung in den Mund. »Gehen wir denn jetzt endlich in mein Büro?« bat er in einem Ton, den man nur als flehentlich bezeichnen konnte. * Humpelnd, aber schon wieder ziemlich gefaßt, schritt Paddington unter leisem Stöhnen voran. Auch die Brille, die Parker vom Boden aufgehoben hatte, saß wieder auf seiner Nase. In der Tiefe des schummrigen, unübersichtlichen Raumes stieß der Antiquitätenhändler eine Tür auf, die nur angelehnt war. Der Raum dahinter war mit einem billigen Schreibtisch, Regalen voller Aktenordnern und ein paar schäbigen Sitzgelegenheiten möbliert. »Bitte, nehmen Sie doch Platz«, sagte der Hausherr, trat hinter seinen Schreibtisch und wollte mit der unversehrten Linken in eine Schublade greifen. Über das Wollen kam er allerdings nicht hinaus. Parker, der auf eine unerfreuliche Verschärfung des Gesprächsklimas bereits gefaßt war, reagierte schnell genug, um Paddingtons unfreundliche Absichten ebenso wirksam wie nachhaltig zu durchkreuzen. Ohne seine würdevolle Haltung zu verlieren, ließ der Butler seinen altväterlich gebundenen Universal-Regenschirm durch die Luft wirbeln und gestattete der bleigefüllten Spitze, auf Paddingtons Handgelenk ein Tänzchen aufzuführen. Schreiend ließ der Gangster den Revolver in die Schublade zurückplumpsen und versuchte sich spontan an einer tänzerischen Darbietung. Die plumpen Bewegungen, mit denen er seine Besucher zu erheitern versuchte, entbehrten aber eindeutig der Eleganz. Fast gewann man den Eindruck, einem Kriegstanz Eingeborener beizuwohnen. Auch die Laute, mit denen Paddington seine Show-
einlage untermalte, hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit Indianergeheul. Leider war sein Temperament etwas zu ungestüm für den engen, mit Möbeln vollgestopften Raum. Nachdem er sich die Kniescheiben am Schreibtisch und den Hinterkopf am eisernen Aktenregal geprellt hatte, brach der Tänzer im grauen Zweireiher unvermittelt seine Vorstellung ab. Wimmernd ließ er sich zu Boden sinken und brachte dabei noch rasch Bewegung in die Reihen der Aktenordner. Klatschend und prasselnd ergoß sich eine bunte Flut von Rechnungen, Briefen und Prospekten auf den Ladeninhaber, der wie ein begossener Pudel auf dem Teppich saß und sich mit allen Anzeichen nervlicher Erschöpfung gegen den Schreibtisch lehnte. »Mylady schätzt es nicht, wenn man eine kultivierte Unterhaltung durch den Einsatz von Feuerwaffen stört, Mister Paddington«, erklärte der Butler. »Insofern war dieser kleine, ein wenig schmerzhafte Eingriff leider unvermeidlich.« Paul Paddington preßte die Lippen zusammen und starte seinen Peiniger aus blutunterlaufenen Augen haßerfüllt an. »Geben Sie jetzt endlich zu, daß Sie die gewissenlosen Schurken auf mich gehetzt haben?« grollte Agatha Simpson mit ihrem sonoren Organ. »Das ist doch gesponnen«, preßte der Hausherr zähneknirschend hervor, »Ich habe mit den beiden nicht das geringste zu tun.« »Der dreiste Lümmel wagt es tatsächlich, mir ins Gesicht zu lügen«, konstatierte Agatha Simpson mit sichtlicher Befriedigung. »Ich muß also doch einen etwas schärferen Ton anschlagen, Mister Parker.« »Inzwischen scheinen Sie aber zu wissen, welche Herren Mylady zu meinen geruht, Mister Paddington«, schaltete Parker sich an dieser Stelle ein. Er fürchtete aus Erfahrung, das Verhör könnte vorzeitig mit der Vernehmungsunfähigkeit des Delinquenten enden. »Natürlich«, nickte Paddington grimmig. »Sie können ja nur Ted Frazer und Ron McGriffin meinen.« Parker war sich nicht sicher, ob Paddington die wahren Namen der Gangster genannt hatte. Das spielte im Augenblick aber auch keine Rolle. »Möglicherweise sehen Sie sich in der Lage, eine plausible Erklärung dafür zu liefern, warum die genannten Herren nach dem
vereitelten Raubüberfall auf Mylady zunächst Sie aufsuchten, Mister Paddington?« fragte er und behielt sein Gegenüber weiterhin konzentriert im Auge. »Raus mit der Sprache! Meine Zeit ist kostbar!« fauchte Mylady dazwischen und ließ ihren Pompadour bedrohliche Schwünge vor Paddingtons Nase vollführen. »Die beiden waren ziemlich schmutzig und haben sich bei mir gewaschen«, rückte der Antiquitätenhändler mit einem Zipfel der Wahrheit heraus. »Dieser zweifellos unumgängliche Akt der Körperpflege dürfte aber kaum der einzige Anlaß für den Besuch zu mitternächtlicher Stunde gewesen sein«, bohrte der Butler beharrlich weiter. »Die Jungs hatten ihre Waffen verloren«, fuhr der Hausherr nach einigem Herumdrucksen fort. »Und Sie konnten den Herren zufällig aushelfen, darf man wohl vermuten?« fügte Parker hinzu. »Wirklich, rein zufällig«, beteuerte der Antiquitätenhändler. »Ted und Ron wußten, daß ich zwei halb verrostete Schießeisen in der Schublade eines Sekretärs gefunden hatte, der von einer Auktion stammt.« »Möglicherweise wird Mylady zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit nehmen, Ihre Angaben in dieser Hinsicht näher zu prüfen, Mister Paddington«, beschied Parker ihn kühl. »Gegenwärtig dürfte die Frage von größerem Interesse sein, wohin Mister Frazer und Mister McGriffin sich begaben, nachdem Sie Ihr Haus verließen.« »Keine Ahnung«, antwortete sein Gegenüber achselzuckend. »Ich sagte Ihnen doch, daß ich mit den beiden nicht viel zu tun habe.« »Darf man höflich daran erinnern, daß Sie vor zwei Minuten noch behaupteten, mit Mister Frazer und Mister McGriffin ›nicht das Geringste‹ zu tun zu haben, Mister Paddington?« hielt Parker ihm vor. »Mittlerweile geruhen Sie, die Formulierung ›nicht viel‹ zu benutzen…« »Wir kennen uns eben«, wich der Hausherr aus. »Vermutlich so gut, daß Sie über den Arbeitgeber der mehrfach erwähnten Herren Auskunft geben können?« wollte der Butler wissen. »Da fragen Sie am besten Ted und Ron selbst«, schlug Paddington vor. »Woher soll ich das wissen?« »Das werden wir gleich haben«, schaltete die passionierte Detek-
tivin sich ein. »Sie dürfen diese Sorte Gangster nicht mit Samthandschuhen anfassen, Mister Parker. Da sieht man wieder, daß Ihnen meine Erfahrung fehlt.« Wie eine zürnende Rachegöttin baute sich die schwergewichtige Lady vor dem am Boden hockenden Ladeninhaber auf und versetzte ihren Pompadour in hektische Schwingung. Paddington zog den Kopf zwischen die Schultern und blickte die imposante Erscheinung ängstlich von unten herauf an. »Ich zähle jetzt bis drei«, kündigte Lady Agatha an. Ihre stimme klang wie das drohende Grollen eines Erdbebens. »Eins… zwei…« »Halt!« unterbrach der Antiquitätenhändler und hob schützend die Hände. »Also?« drängelte die Detektivin. »Der Mann, für den Ted und Ron arbeiten, heißt March. Hank March, wenn ich mich nicht irre«, gab Paddington stockend Auskunft. »Mylady wäre Ihnen außerordentlich verbunden, wenn Sie sich bereitfinden könnten, auch die Anschrift dieses Herrn mitzuteilen«, nahm Parker wieder die Fäden in die Hand. »Er hat eine Kistenfabrik an der Northey Street«, kam Paddington dem höflich geäußerten Wunsch nach. »Man dankt für die geradezu freudige Auskunftsbereitschaft, Mister Paddington«, sagte Parker, bevor er sich mit einer angedeuteten Verbeugung verabschiedete. Anschließend geleitete er Mylady zur Tür und überließ den Antiquitätenhändler seinem selbstgeschaffenen Chaos aus Geschäftspapieren und Aktenordnern. * »Ich habe einen großen Fehler gemacht, Mister Parker«, übte Agatha Simpson sich in der ungewohnten Kunst der Selbstkritik, während der Butler sein hochbeiniges Gefährt wieder anrollen ließ. »Ich hätte den Lümmel nicht so ungeschoren davonkommen lassen dürfen.« »Darf man höflichst um Aufklärung bitten, wie Mylady diese Äußerung verstanden wissen möchten?« erkundigte sich Parker. »Ich hätte ihn nur mit der nötigen Schärfe verhören müssen, dann wäre der Schurke schon mit der Wahrheit herausgerückt,
Mister Parker.« »Demnach darf man von der beruhigenden Annahme ausgehen, daß die Wahrheit für Mylady alles andere als ein Buch mit sieben Siegeln darstellt?« »Das liegt doch sonnenklar auf der Hand, Mister Parker. Dieser Remington ist der Drahtzieher im Hintergrund, der die ganze Serie von Überfällen inszeniert hat.« »Eine Möglichkeit, die man keinesfalls von vornherein ausschließen sollte, Mylady.« »Der Verweis auf diesen Kistenfabrikanten… Wie hieß er doch gleich, Mister Parker?« »Hank March, falls man sich nicht sehr irrt, Mylady.« »Richtig, so hatte ich den Namen auch in Erinnerung. Also – das ist doch eine glatte Lüge, Mister Parker.« »Auch diese Möglichkeit sollte man zweifellos in Betracht ziehen, Mylady.« »Wahrscheinlich gibt es diesen Mister March überhaupt nicht, Mister Parker.« »Eine Frage, die ohne großen Aufwand zu klären sein dürfte, falls der Hinweis erlaubt ist, Mylady. Im übrigen könnte es sich bei Mister March auch um einen mißliebigen Konkurrenten handeln, dem Mister Paddington gewisse Scherereien gönnt.« »Wie auch immer, Mister Parker. Ich werde mich also zuerst zur Kistenfabrik begeben, um Klarheit zu schaffen. Und wenn einer von den Lümmeln Scherereien will – die kann er haben.« »Woran meine Wenigkeit keinen Moment zweifelt, Mylady. Darf man im übrigen die Frage anschließen, ob Mylady auch eine Visite in der Schankwirtschaft geplant haben, die Mister Frazer und Mister McGriffin gestern abend aufsuchten?« »Davon verspreche ich mir überhaupt nichts, Mister Parker. Die beiden Lümmel sind doch nur unwichtige Randfiguren, die jede echte Kriminalistin kaum interessieren. Ich konzentriere meine Ermittlungen auf den Kopf der Bande.« »Auch ein Besuch in der Autowerkstatt, auf deren Hof die genannten Herren ihr beschädigtes Fahrzeug abstellten, könnte möglicherweise gewisse Erkenntnisse zeitigen, falls man auf diesen Punkt noch hinweisen darf, Mylady.« »Alles zu seiner Zeit, Mister Parker«, wehrte die Detektivin ab. »Manchmal muß man ganz systematisch Schritt für Schritt vorgehen.«
»Eine Maxime, nach der auch meine Wenigkeit sich zu handeln bemüht, Mylady.« »Dabei darf man sich durch Rückschläge und Enttäuschungen nicht entmutigen lassen, Mister Parker«, dozierte Agatha Simpson. »Auch wenn es mal heißt: außer Spesen nichts gewesen.« In diesem Fall jedoch blieb Agatha Simpson die befürchtete Enttäuschung erspart. Die hübschen, kleinen Zwischenfälle, die sie so inständig herbeisehnte, stellten sich schon während der Fahrt ein… * »Können Sie denn nicht schneller fahren, Mister Parker?« drängelte die Lady, während Parker sein schwarzes, eckiges Gefährt auf der belebten Commercial Road in Richtung Limehouse lenkte. »Bis ich an dieser Kistenfabrik eintreffe, hat sich der Lümmel namens March – falls er überhaupt existiert – doch längst verbarrikadiert.« »Man sollte in der Tat damit rechnen, daß Mister Paddington telefonisch entsprechende Vorsorge getroffen hat, Mylady«, gab der Butler seiner Herrin recht. »Möglicherweise will der Schurke mich auch in eine Falle locken«, vermutete die passionierte Detektivin. »Aber meiner taktischen Überlegenheit hat er natürlich nichts entgegenzusetzen.« »Nie würde meine Wenigkeit sich erdreisten, dieser Einschätzung zu widersprechen, Mylady«, versicherte der Butler durchaus wahrheitsgemäß. »Wie lange wird die Fahrt noch dauern, Mister Parker?« »Schätzungsweise zehn Minuten, falls keine unvorhergesehenen Verzögerungen eintreten, Mylady.« »Verzögerungen? Was meinen Sie denn damit, Mister Parker?« »Möglicherweise ist es gestattet, Myladys Aufmerksamkeit auf den mit zwei Männern besetzten weißen Porsche zu lenken.« »Den habe ich natürlich längst bemerkt, wie sie sich denken können, Mister Parker. Ich wollte nur sehen, wie lange es dauert, bis Ihnen das verdächtige Fahrzeug auffällt. Deshalb habe ich nichts gesagt.« »Das Fahrzeug wartete bereits an der Ecke Christian Street und folgt Mylady seitdem in einer Weise, die man nur als beharrlich
bezeichnen kann.« »Was schließe ich daraus, Mister Parker?« »Mylady dürften der Annahmen zuneigen, daß als Auftraggeber kaum jemand anderes als Mister Paul Paddington in Frage kommt.« »Das ist doch der eindeutige Beweis dafür, Mister Parker«, triumphierte die ältere Dame. »Remington ist der gesuchte Bandenchef. Und weil er inzwischen gemerkt hat, wie gefährlich ich ihm werde, schickt er mir das Killerkommando hinterher.« »Mit einem Feuerüberfall am hellen Tag auf belebter Straße dürfte aber kaum zu rechnen sein, falls man diese Vermutung äußern darf, Mylady.« »Was sollten die Lümmel denn sonst für einen Grund haben, mir zu folgen, Mister Parker?« »Mylady dürften von der Annahme ausgehen, daß Mister Paddington erfahren möchte, ob Mylady tatsächlich der ausgelegten Spur zur Kistenfabrik von Mister March folgen.« »Der Schurke rechnet also damit, daß ich mich einer List bediene und plötzlich wieder in seinem Laden aufkreuze, Mister Parker?« »Eine derartige Vermutung dürfte als durchaus naheliegend gelten, Mylady.« »Dann werde ich ihn doppelt überlisten, Mister Parker«, freute sich Lady Agatha diebisch. »Darf man möglicherweise um einen Hinweis bitten, wie Mylady diese Ankündigung verstanden wissen möchten?« »Ganz einfach, Mister Parker. Jetzt werde ich erst recht zur Kistenfabrik fahren, womit der Lümmel ja offensichtlich nicht rechnet.« »Myladys subtile Gedankengänge nötigen meiner bescheidenen Wenigkeit immer wieder rückhaltslose Bewunderung ab, falls die Anmerkung erlaubt ist.« »Unabhängig davon werde ich den dreisten Burschen, die mich so hartnäckig verfolgen, einen ordentlichen Denkzettel verpassen«, kündigte die Detektivin an. »Über die Einzelheiten dürfen Sie sich Gedanken machen, Mister Parker. Ich lasse Ihnen da völlig freie Hand.« »Man dankt für den ausgesprochen ehrenvollen Auftrag und wird sich nach Kräften bemühen, Mylady keinesfalls zu enttäuschen«, versicherte der Butler und bog im nächsten Moment unvermittelt in eine schmale Seitenstraße.
Noch hatte der Porschefahrer, der beständig etliche Wagenlängen Abstand hielt, keine Mühe, Parkers schwerfällig wirkendem Vehikel zu folgen. Das sollte sich aber schon bald entscheidend ändern… Die Taktik, die der Butler anzuwenden gedachte, lief darauf hinaus, zunächst die Nerven des Verfolgers zu zermürben, bis er die nötige Vorsicht außer acht ließ und einen Fehler beging. Die vielfach verwinkelten Straßen und Gassen des Viertels, das Parker ansteuerte, bildeten eine geradezu ideale Kulisse für dieses Spiel. Das hochbeinige Monstrum machte einen regelrechten Satz nach vorn, als der Butler mit unbewegter Miene das Gaspedal bis zum Anschlag durchtrat. Ein leises Beben durchlief die stählerne Karosserie, während das vielpferdige Zusatztriebwerk aufröhrte und seine Kräfte spielen ließ. Innerhalb von Sekunden fiel der Porsche deutlich zurück. Aber der Lenker des schnellen Sportwagens reagierte genauso, wie Parker es vermutet hatte: Er wollte sich um keinen Preis abhängen lassen und gab seinerseits Vollgas. Ehe er den verlorenen Boden aber wieder wettmachen konnte, war der schwarze Kasten schon um die nächste Ecke verschwunden. Was der Verfolger nicht ahnen konnte: Gleich hinter der Abzweigung hatte der Butler sein Gefährt zum Stehen gebracht und harrte gelassen der Dinge, die da kommen würden. Im nächsten Augenblick schoß der Porsche auch schon auf wimmernden Pneus um die Ecke. Pulsschlag und Blutdruck des Fahrers schnellten in beängstigende Höhen, als er das schwarze, ekkige Hindernis unmittelbar vor sich auf der Straße sah. Die Reaktion, die der Mann zeigte, war jedoch beachtlich. Buchstäblich im letzten Moment riß er das Steuer herum, so daß der weiße Flitzer haarscharf an Parkers schwarzem Kasten vorbeischlitterte. Dafür raste der Porsche auf einen Straßenbaum zu. Mit der Kaltblütigkeit eines Slalomprofis lenkte der Fahrer seinen fahrbaren Untersatz auch an diesem Hindernis vorbei. Dafür nahm der Wagen dann eine Batterie von Mülltonnen aufs Korn, die am Straßenrand zur Leerung bereitstanden. Häßliches Scheppern wurde hörbar, als die Tonnen auf die Fahrbahn kippten, in alle Richtungen rollten und den nicht gerade appetitlichen Inhalt entleerten. Der Porsche war inzwischen zum Stehen gekommen – mitten in einem kleinen Vorgarten, das aus
einem Rasenstück und niedrigen Rosenbüschen bestand. Das war der Moment, in dem Parker seelenruhig sein schwarzes Gefährt wieder anrollen ließ. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, daß die Porsche-Insassen noch nicht gewillt waren, die Verfolgung aufzugeben. Seinen kühlen Kopf schien der Fahrer jedoch schon eingebüßt zu haben. Hektisch gab er Vollgas, um den Sportwagen rückwärts wieder auf die Straße zu manövrieren. Die durchdrehenden Vorderräder wirbelten eine Fontäne von Erdklumpen und Grassoden auf. Wütende Hausbewohner, die in diesem Augenblick aus der Tür stürmten, gingen postwendend vor den fliegenden Bestandteilen ihres Vorgartens in Deckung. Sie schrien dem unvorsichtigen Fahrer wütende Flüche hinterher, mußten aber ohnmächtig zusehen, wie das weiße Gefährt auf quietschenden Reifen die verstreuten Mülltonnen umschiffte und dann mit aufheulender Maschine wieder Parkers Fährte aufnahm. * »Denen habe ich gezeigt, was es heißt, eine Dame zu belästigen«, sagte Lady Simpson und lehnte sich wohlig seufzend in die bequemen Polster zurück. »So schnell werden die Lümmel mir nicht mehr nachfahren, Mister Parker.« »Man bittet höflichst um Verzeihung«, wandte der Butler vorsichtig ein. »Bedauerlicherweise sieht man sich gezwungen, Mylady auf einen kleinen, aber durchaus bedeutsamen Irrtum hinzuweisen.« »Ich sollte mich geirrt haben?« fragte die resolute Dame ungläubig. »Es dürfte Myladys Aufmerksamkeit entgangen sein, daß der kleine Zwischenfall nicht ausreichte, um die Insassen des Porsches an weiterer Verfolgung zu hindern«, gab Parker Auskunft. »Ist das Ihr Ernst, Mister Parker?« »Falls Mylady an der Glaubwürdigkeit meiner Wenigkeit zweifeln, ist es Mylady selbstverständlich unbenommen, sich mit einem Blick durch das Rückfenster von den Tatsachen zu überzeugen.« Agatha Simpson verzichtete darauf, ihre beschwerliche Fülle in unnötige Bewegung zu setzen.
»Eine Chance gebe ich Ihnen noch, Mister Parker«, knurrte sie ärgerlich. »Hoffentlich lassen Sie sich dann etwas Besseres einfallen.« »Man dankt in aller Form für dieses großzügige Entgegenkommen und wird bemüht sein, das Vorhaben zu Myladys vollster Zufriedenheit zu beenden«, versicherte der Butler. Gelassen ließ er den Porsche dicht aufschließen. An der nächsten Kreuzung hielt Parker umständlich, ehe er den rechten Blinker betätigte und dann nach links abbog. Die kleine Irritation, die er durch dieses Manöver bei den Verfolgern auslöste, dauerte kaum eine Sekunde. Dann absolvierte der Porschefahrer einen Kavaliersstart und wollte sich wieder an die Stoßstange des schwarzen Monstrums hängen. Inzwischen dachte der Mann nicht mehr daran, sich unauffällig im Hintergrund zu halten, wie es wohl seine ursprüngliche Aufgabe war. Wut über das Spiel, das Parker mit ihm spielte, Wut aber auch über die Blessuren, die sein schickes Gefährt bereits davongetragen hatte, ließ ihn die gebotene Vorsicht vergessen. Und das sollte den Ganoven Sekunden später zum Verhängnis werden. Die Tachonadel kletterte zitternd immer höher, während Parkers hochbeiniges Gefährt die schnurgerade Straße entlangjagte. Der Porschefahrer hatte sichtlich Mühe, dieses Tempo mitzuhalten. Verbissen klammerte er sich am Lenkrad fest und trat das Gaspedal fast durchs Bodenblech. Näher kam die S-Kurve, die der Butler zum Ort des Geschehens ausersehen hatte. Der Verfolger hatte inzwischen so dicht aufgeschlossen, daß er erschreckt zusammenfuhr, als plötzlich vor ihm Bremslichter aufleuchteten. In vollem Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit des hochbeinigen Monstrums zog Parker seinen schwarzen Kasten nach rechts um den ersten scharfen Bogen. Die Pneus jaulten. Mylady, die auf der Rückbank eine nahezu formvollendete Erscheinung bildete, schimpfte voller Empörung. Aber das schwarze Monstrum blieb präzise in der Spur. Was man von dem Porsche nicht unbedingt sagen konnte. Sein reichlich irritierter Fahrer kurbelte am Lenkrad wie ein Besessener und versuchte sich in der hohen Kunst des Powerslide. Dennoch schaffte er es nur mit viel Glück, den Wagen am Ausbrechen zu hindern und in der Bahn zu halten. Fahrer und Beifahrer waren schweißnaß und leichenblaß. Aber sie
wollten immer noch nicht aufgeben. Die Linkskurve, in der Parkers Fahrzeug verschwand, hofften sie besser zu meistern. Doch die Männer ahnten nicht, welche Überraschungen die Trickkiste auf Rädern ihnen noch servieren würde. Am Eingang der Kurve hatte der Butler mit routiniertem Griff einen der zahlreichen Kipphebel am Armaturenbrett umgelegt. Sofort öffneten sich am Heck des Wagens zwei Düsen, die eine wasserklare Flüssigkeit auf die Fahrbahn sprühten. Dabei handelte es sich um flüssige Seife, die dem ohnehin nicht sehr griffigen Kopfsteinpflaster augenblicklich die Eigenschaften einer Eisbahn verlieh. Der Verfolger, dessen Nervenkostüm kurz vor dem Zusammenbruch stand, ging die nächste Kurve etwas vorsichtiger an. Das rettete ihn allerdings auch nicht mehr. Dem sportlichen Fahrer gerann das Blut in den Adern, als er schlagartig gewahr wurde, daß sein Wagen nicht daran dachte, dem Einschlag des Lenkrads zu folgen, sondern unbeirrbar geradeaus weiterfuhr. Schicksalsergeben stellte der Mann seine fruchtlosen Bemühungen ein, ließ das Lenkrad los und schlug die Hände vors Gesicht. Geräuschvoll hüpfte der Porsche über den Bordstein auf den Gehweg, mähte einen eisernen Fahrradständer nieder und nahm Kurs auf die Schaufensterscheibe einer zoologischen Handlung. Parker hatte sein hochbeiniges Monstrum hundert Meter weiter zum Stehen gebracht, um seiner Herrin einen ungestörten Blick auf das Geschehen zu ermöglichen. Trotz geschlossener Fenster zuckte Mylady förmlich zusammen, als ein ohrenbetäubender Knall das endgültige Ende der Verfolgung signalisierte. Klirrend ging die große Schaufensterscheibe zu Bruch und ergoß sich als gläserner Regen auf die jetzt merklich kürzer gewordene Schnauze des Sportwagens. Daß auch in der Auslage einiges zertrümmert worden war, merkte man erst Sekunden später. Zunächst war nur das wütende Kreischen eines Papageis zu hören, der seinem Ärger über die Störung lautstark Luft machte. Gleich darauf wurde es im nun offenen Schaufenster lebendig. Neugierig machten sich zwei Riesenschlangen von recht eindrucksvollem Maß auf den Weg in die unverhoffte Freiheit. Majestätisch glitten die Tiere über die Scherben hinweg, die von ihrem Terrarium geblieben waren, erreichten unversehrt die Motorhaube des Porsche und entschieden sich, das angenehm warme Blech
einer näheren Untersuchung zu würdigen. Wenig später saßen zwitschernde Kanarienvögel und keifende Sittiche, deren Voliere ebenfalls Schaden genommen hatte, in den Zweigen eines benachbarten Baumes. Auf dem Gehweg wimmelte es von Goldhamstern und weißen Mäusen. Die leichtsinnigen Automobilisten schienen noch Glück im Unglück gehabt zu haben. Im Rückspiegel registrierte Parker, wie die Männer mühevoll die etwas deformierten Türen aufdrückten und aus ihrem Fahrzeug kletterten. Im nächsten Moment stießen beide gellende Schreie aus. Wie versteinert starrten sie auf die Schlangen, die sich genüßlich auf der warmen Motorhaube ringelten und zutraulich näherkamen… Als die Männer schließlich ihren Schock überwunden hatten und die Beine in die Hand nehmen wollten, liefen sie geradewegs dem kräftig gebauten Inhaber des Geschäftes in dessen auch nicht gerade schwächlich wirkenden Gehilfen in die Arme. »Das war schon eher nach meinem Geschmack, Mister Parker«, konstatierte Agatha Simpson. Sie sah keinen Anlaß, ihre geradezu diebische Schadenfreude zu verbergen. »In wenigen Minuten werden Mylady zuverlässig wissen, ob der von Mister Paddington ins Gespräch gebrachte Hank March tatsächlich existiert oder nicht«, meldete Parker, in dessen undurchdringlichem Pokergesicht sich keine Miene geregt hatte. »Hank March?« fragte die Detektivin irritiert, während das hochbeinige Monstrum anrollte und Fahrt aufnahm. * Die Kistenfabrik March an der Northey Road hatte eins mit Paul Paddington Antiquitätenhandlung gemeinsam: Sie erweckte nicht den Eindruck, als könnte ein Mensch davon seine Existenz bestreiten. Erst recht nicht, wenn es sich um einen Mann mit den Ansprüchen eines Hank March handelte. Der nagelneue Ferrari, der in der Einfahrt zum Werkhof parkte, demonstrierte schon auf den ersten Blick überdeutlich, was der Inhaber dieser heruntergekommenen Klitsche unter angemessenem Lebensstil verstand. Gemächlich ließ Parker sein schwarzes Gefährt am gegenüberliegenden Straßenrand ausrollen. Auf dem Hof waren zwei offen-
sichtlich lustlose Arbeiter damit beschäftigt, vorgefertigte Wandteile zu einer geräumigen Kiste zusammenzunageln. Sie blickten kurz herüber, wandten sich dann aber wieder ihrer Arbeit zu. »Das sieht nicht so aus, als ob man mich erwarten würde, Mister Parker«, stellte Agatha Simpson nach prüfenden Blicken fest. »Ein Eindruck, dem auch meine Wenigkeit sich nicht entziehen kann, Mylady«, schloß Parker sich an. »Aber das ist natürlich eine Falle, Mister Parker«, belehrte die ältere Dame den Butler. »Eine Möglichkeit, die man vorsichtshalber im Auge behalten sollte, Mylady.« »Wie auch immer, Mister Parker. Ich werde den Dingen auf den Grund gehen und für klare Verhältnisse sorgen.« »Woran meine Wenigkeit nicht im mindestens zweifelt, Mylady.« Schon wollte die resolute Dame die Tür aufstoßen und ihr Vorhaben in die Tat umsetzen, da hielt sie plötzlich inne und zog die Stirn in nachdenkliche Falten. »Wenn man mich aber doch nicht erwartet – welche Schlüsse ziehe ich daraus, Mister Parker?« »Mylady dürften es dann als gegeben ansehen, daß Mister March von Mister Paddington nicht über Myladys bevorstehenden Besuch informiert wurde.« »Das wäre der eindeutige Beweis dafür, daß niemand anders als Remington der Bandenchef ist, was ich ja schon immer gesagt habe«, dozierte die passionierte Detektivin. »Um den Verdacht von sich abzulenken, hat er einen Unschuldigen belastet.« »Dennoch dürften Mylady in Betracht ziehen, daß es sich bei Mister March mit einiger Wahrscheinlichkeit um ein Mitglied der kriminellen Szene handelt.« »Erläutern Sie, wie ich zu dieser Schlußfolgerung komme, Mister Parker!« »Mylady dürften es als wahrscheinlich ansehen, daß Mister Paddington die Gelegenheit nutzte, einem mißliebigen Konkurrenten Ungelegenheiten zu bereiten.« »Da haben Sie mich durchaus richtig verstanden«, nickte Lady Agatha und bedachte Parker mit einem fast gütig zu nennenden Blick. »Das ändert aber nichts daran, daß Remington der Mann ist, den ich suche.« »Zweifellos haben Mylady bedacht, daß die geplanten Besuche in der Schankwirtschaft und in der, Autowerkstatt von Mister Rob-
son neue Gesichtspunkte ergeben könnten.« »Ausgeschlossen, Mister Parker! An Remingtons Täterschaft ist nicht zu zweifeln. Der Schurke tarnt sich zwar recht geschickt, aber ich habe seine Maske schon im ersten Moment durchschaut.« »Myladys Weitblick erfüllt meine bescheidene Wenigkeit immer wieder mit tiefer Bewunderung.« »Warum bin ich dann eigentlich hier, Mister Parker?« fragte die ältere Dame unvermittelt. »Warum nehme ich nicht einfach diesen Remington fest und unterziehe ihn so lange einem verschärften Verhör, bis er endlich ein Geständnis ablegt?« »Mylady äußerten die Absicht, Mister Hank March einen Besuch abzustatten, falls man sich nicht sehr irrt.« »Hank March?« »Diesen Namen nannte Mister Remington, als Mylady ihn eindringlich nach dem Arbeitgeber der Herren Frazer und McGriffin befragten.« »Vielleicht sollte ich mir den Lümmel doch mal ansehen. Wenn Mister March tatsächlich ein Krimineller ist, wäre ja zumindest mit einer hübschen, kleinen Beleidigung zu rechnen.« Insofern erwies sich Agatha Simpson vielgerühmter Instinkt als durchaus zuverlässig. Die müden Arbeiter klopften weiterhin lustlos Nägel ins Holz, als Parker und Agatha Simpson den Wagen verließen und zielstrebig die Straße überquerten. Wachsam ließ der Butler seine Blicke schweifen. Aber hier war nichts zu entdecken, was auf eine Falle hindeuten konnte. Auch die geheimnisvolle innere Stimme, die ihn vor tödlichen Gefahren zu warnen pflegte, hatte sich noch nicht zu Wort gemeldet. Die Männer in den blauen Overalls unterbrachen ihre Arbeit dann aber doch und sahen den Ankömmlingen mit abschätzigen Blicken entgegen. »Mylady wünscht, Mister Hank March zu sprechen«, nannte Parker den Männern den Grund des Besuches und lüftete höflich seine schwarze Melone. Die beiden blieben die Antwort schuldig, stießen sich statt dessen gegenseitig in die Rippen, warfen sich vielsagende Blicke zu und prusteten los, als hätte man ihnen einen deftigen Witz ins Ohr geflüstert. Kichernd deuteten sie abwechselnd mit den Fingern auf Lady Simpson und Josuah Parker.
»An diesem Beispiel sehen Sie, daß eine Beleidigung eigentlich keines Wortes bedarf, Mister Parker«, belehrte Mylady ihren Butler, bevor sie zur Tat schritt, um sich in ihrer sehr persönlichen Weise Genugtuung zu verschaffen. Ehe die Männer begriffen, in welch heikle Lage sie sich gebracht hatten, ließ der erste schon den Hammer fallen. Das Lachen blieb ihm in der Kehle stecken. Myladys Pompadour hatte seine Schulter mit einer Intensivmassage bedacht. Stöhnend prüfte der Mann den Zustand der einschlägigen Knochen. Sein Gesicht nahm die Farbe der Kreidefelsen von Dover an. Schweiß perlte ihm von der Stirn, während er die Detektivin fassungslos anstarrte. Als er jammernd gegen seinen Kollegen torkelte, war es mit dessen Heiterkeit auch schlagartig vorbei. Der Mann schien die Maßregelung seines Kollegen ausgesprochen übel zu nehmen. Jedenfalls stieß er einen Wutschrei aus und zeigte sich wild entschlossen, seinen Hammer als Wurfgeschoß einzusetzen. Parker, dem derartige Formen der Auseinandersetzung nicht behagten, sorgte dafür, daß das unfreundliche Vorhaben im Keim steckenblieb. Blitzschnell zog er die schwarze Melone vom Kopf und ließ sie an seiner Herrin vorbei dem Angreifer entgegenschwirren. Wie ein Miniatur-Ufo glitt die stahlblechgefütterte Kopfbedeckung auf sanft geschwungener Bahn davon und suchte sich unbeirrbar das Handgelenk des Mannes als Landeplatz aus. Der unsportliche Hammerwerfer jaulte in den höchsten Tönen, als die messerscharfe Kante über das Gelenk strich. Kaum hatte er Luft geholt, stieß der Mann schon den nächsten Schmerzensschrei aus. Der Hammer, der seiner Hand entglitten war, hatte sich ausgerechnet die Hühneraugen seines Besitzers als Aufschlagpunkt ausgesucht. Wie ein Mensch, der die Hosen voller Ameisen hat, hüpfte Parkers Gegner auf dem Hof herum und ließ dabei Laute hören, die an die Urwaldsignale eines gewissen Tarzan erinnerten. Unschlüssig, ob er zuerst sein Handgelenk kühlen oder seine Zehen massieren sollte, wandte sich der Mann mal dem einen, mal dem anderen malträtierten Körperteil zu. Mylady nutzte die Gelegenheit, noch mal persönlich tätig zu werden und verabreichte ihrem Gegenüber eine schallende Ohrfeige.
Dies brachte den sichtlich entnervten Arbeiter vollends aus dem seelischen und körperlichen Gleichgewicht. Stöhnend ging er in die Knie und nahm schwungvoll auf dem Schoß seines Kollegen Platz, der sich bereits in einen Haufen Sägespäne gebettet hatte und der Darbietung mit fassungslosem Staunen folgte. »Das war’s, Mister Parker«, stellte Lady Agatha tief befriedigt fest und zupfte ihr Tweedkostüm zurecht. »Das macht mir so schnell keiner nach.« »Mylady waren wieder mal unvergleichlich«, versicherte der Butler und verneigte sich höflich. Die in ihre Schranken gewiesenen Nagelklopfer zeigten keinerlei Neigung, die Meinungsverschiedenheiten weiter auszutragen. Dafür trat jetzt ein dritter Mann auf die Szene. Dem Argument, das der elegant gekleidete Mittvierziger in der Hand hielt, war eine gewisse Durchschlagskraft nicht abzusprechen… * Parker registrierte ein kantiges Gesicht mit energisch vorspringendem Kinn, tiefliegende, schwarze Augen unter buschigen Brauen und einen Körperbau, den man nur als athletisch bezeichnen konnte. Die lässige Art, in der der Mann die schallgedämpfte Automatic hielt, verriet schon auf den ersten Blick den routinierten Profi. »Was geht hier vor?« wollte der Unbekannte wissen. Ungläubig musterte er abweisend das skurrile Paar aus Shepherd’s Market und seine ausgesprochen apathisch wirkenden Arbeiter, die keinerlei Anstalten trafen, sich von ihrem weichen Ruhelager zu erheben. »Diese ungehobelten Flegel haben sich erdreistet, eine Dame der Gesellschaft zu beleidigen«, gab Lady Simpson beiläufig Auskunft und deutete mit dem Daumen auf die Gestalten in den blauen Overalls. »Da mußte ich ihnen natürlich erst mal Manieren beibringen.« »Sie haben die Burschen aufs Kreuz gelegt?« fragte der Gangster ungläubig. »Das trauen Sie mir wohl nicht zu?« konterte Mylady und ließ
keck ihren perlenbestickten Pompadour wippen. »Ich könnte Ihnen eine Kostprobe liefern, die Sie hundertprozentig überzeugt.« Der Unbekannte überging dieses großzügige Angebot und wandte sich statt dessen den Männern im Spänehaufen zu. »Stan! Fred!« schnauzte er sie wütend an. »Erhebt euch, ihr Nieten! Oder soll ich euch Beine machen?« Der energische Zuspruch verfehlte seine Wirkung nicht. Ächzend rafften sich die beiden auf. Allerdings kostete es die Männer noch einige Mühe, auf schwankenden Beinen das Gleichgewicht zu halten. Die unterwürfigen Blicke, mit denen sie das Donnerwetter ihres Chefs über sich ergehen ließen, erinnerten an Hunde, die eine Bestrafung erwarten. »Wird’s bald?« knurrte der Bewaffnete. »Was fällt euch ein?« »Wir… wir mußten nur lachen, Chef, als die beiden auf den Hof kamen«, stammelte einer der Arbeiter. »Da haben sie uns mit hinterhältigen Tricks fertiggemacht.« »Die beiden?« Der Chef schien es immer noch nicht glauben zu wollen. Die Blicke, mit denen er Mylady und ihren Butler maß, wirkten halb belustigt, halb mißtrauisch. »Es ging alles so schnell, Chef«, setzte der zweite entschuldigend hinzu. »Eigentlich sollte ich euch gleich geben, was ihr verdient«, fauchte der Mann. »Aber jetzt verschwindet endlich und holt eure Schießeisen. Anschließend werden wir uns dieses seltsame Pärchen etwas näher ansehen.« Sichtlich erleichtert trabten die beiden davon und verschwanden in einem langgestreckten Gebäude, das als Lager zu dienen schien. »Darf man von der Annahme ausgehen, Mister Hank March persönlich gegenüberzustehen?« erkundigte sich Parker höflich. »Da liegen Sie ausgesprochen richtig«, bestätigte March. »Aber was wollen Sie hier? Und wer sind Sie?« »Josuah Parker ist mein Name«, stellte der Butler sich vor. »Meine Wenigkeit genießt den Vorzug, in Myladys Diensten stehen zu dürfen.« »Sicher haben Sie schon von der Privatdetektivin Lady Simpson gehört, Mister March«, schob die ältere Dame sich in den Vordergrund. »Ich bin gekommen, um Ihnen einige Fragen zu stellen, die Sie in Ihrem Interesse wahrheitsgemäß beantworten sollten.« »Das können Sie sich getrost abschminken, Mylady«, erwiderte
March grinsend. »Jetzt bin ich es, der die Fragen stellt.« * »Inzwischen waren die Helfer des Kistenfabrikanten zurückgekehrt. Sie hatten sich mit langläufigen Revolvern ausgerüstet, die sie auf dem Weg über den Hof entsicherten.« »Da hinein!« kommandierte March und deutete auf die Tür, aus der er selbst gekommen war. »Da können wir uns ungestört unterhalten.« Gemessenen Schrittes setzten sich Agatha Simpson und Josuah Parker in Bewegung. March, der immer noch nicht wußte, was er von dem skurrilen Paar halten sollte, trat vorsichtshalber so weit vom Eingang zurück, daß er für Parkers Universal-Regenschirm und Myladys Pompadour gleichermaßen unerreichbar war. »Du kommst mit rein, Fred, und hältst die beiden in Schach«, ordnete der Gangster an. »Stan, du bleibst draußen vor der Tür und sorgst dafür, daß uns keiner stört.« Bei dem Raum, in dem March seine Besucher dirigierte, handelte es sich um eine Art Werkhalle mit Fenstern aus undurchsichtigem Drahtglas. Auf langen Tischen unter den Fenstern waren tiefe und flache Teller, Suppenschüsseln, Tassen und Untertassen zu Hunderten gestapelt – Gastronomiegeschirr billigster Machart, wie Parker mit einem Blick feststellte. Vor den Tischen standen geräumige Holzkisten bereit, die offenbar zur Verpackung der Ware dienen sollten. Entsprechende Vorräte an Holzwolle und Wellpappe lagen in Reichweite. »Sie wollten also hier herumschnüffeln?« eröffnete March die Unterhaltung. »Das ist ja schon wieder eine Beleidigung!« grollte Agatha Simpson und wollte spontan ihren Glücksbringer in Marsch setzen. Angesichts der beiden Revolverläufe, die unmißverständlich auf sie und den Butler gerichtet waren, besann sich die temperamentvolle Dame jedoch eines besseren. »Mylady ermittelt derzeit gegen eine Bande von Straßenräubern, die sich darauf spezialisiert hat, Fahrgäste von Taxis zu überfallen und auszurauben«, schaltete Parker sich ein. »Während der Ver-
nehmung eines Verdächtigen fiel Ihr Name, falls der Hinweis erlaubt ist, Mister March.« »Mein Name?« March zeigte sich amüsiert und warf seinem Spießgesellen einen raschen Blick zu. »Im Zusammenhang mit Straßenraub?« »Die Heiterkeit wird Ihnen schon noch vergehen, junger Mann«, blaffte Agatha Simpson. »Sie stehen in dringendem Verdacht, der Kopf der skrupellosen Bande zu sein.« March brach in schallendes Gelächter aus. »Das interessiert mich nun aber doch«, sagte er. »Das müssen Sie mir näher erklären.« »Auf der Heimfahrt von einer Galavorstellung im Königlichen Opernhaus Govent Garden wurde Mylady von zwei Bewaffneten überfallen, die es offensichtlich auf Myladys Schmuck abgesehen hatten«, setzte Parker den Kistenfabrikanten ins Bild. »Natürlich habe ich die dreisten Lümmel überwältigt und Ihnen einen ordentlichen Denkzettel verpaßt«, warf Mylady mit stolzgeschwellter Brust ein. »Bei den genannten Räubern handelte es sich um einen gewissen Ted Frazer und dessen Komplizen, der auf den Namen Ron McGriffin hört«, fuhr Parker fort. »Nach den Informationen, die Mylady bislang vorliegen, sollen die Herren angeblich in Ihren Diensten stehen, Mister March.« »In meinen Diensten?« March grinste. »Nee, da sind Sie auf dem falschen Dampfer. Ich kenne die Kerle nicht mal. Welcher hinterhältige Hund will mir denn dieses Ding in die Schuhe schieben?« »Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, Mister Parker, daß dieser Remington lügt wie gedruckt«, grollte Mylady. »Wie war das? Wie heißt der Kerl?« fragte March, der den Satz nur halb mitbekommen hatte. »Mylady geruhten, von einem gewissen Paul Paddington zu sprechen, der ein Antiquitätengeschäft in Stephey betreibt«, erläuterte Parker. Wieder wechselten March und sein Gehilfe einen raschen Blick. Der Name Paddington schien ihnen etwas zu sagen. »Den werde ich mir kaufen«, schwor der Fabrikherr grimmig. »Paddington wird es noch bereuen, sein ungewaschenes Maul aufgemacht zu haben.« »Könnten Sie sich möglicherweise erklären, wie Mister Paddington darauf verfiel, ausgerechnet Sie zu belasten, Mister March?« hak-
te der Butler nach. »Ist doch klar«, entgegnete March. »Der Hund hat Sie auf eine falsche Fährte geschickt, um von sich selber abzulenken.« »Darf man Ihre Äußerung so verstehen, daß Ihrer Ansicht nach Mister Paddington selbst die Raubüberfälle geplant und angeordnet hat?« wollte Parker wissen. March schien einen Moment zu überlegen, ehe er antwortete. »Wieviel Paddington mit der Sache zu tun hat, weiß ich nicht«, sagte er schließlich. »Aber ich kann Ihnen einen heißen Tip geben. Fragen Sie doch mal in der Autowerkstatt von Glen Robson nach. Da wird man Ihnen sicher weiterhelfen können.« »Ein Hinweis, dem man gern unverzüglich nachgehen möchte, Mister March«, ließ der Butler sich vernehmen. »Allerdings sieht man sich genötigt, darauf hinzuweisen, daß es Mylady und meiner Wenigkeit derzeit an der wünschenswerten Bewegungsfreiheit mangelt.« »Sie können gehen«, gestattete March. Zum erstenmal ließ er seine Waffe sinken, behielt sie aber entsichert in der Hand. »Warum sollte ich Sie festhalten, nachdem sich alles als Mißverständnis herausgestellt hat?« »Man dankt für dieses Entgegenkommen, Mister March«, sagte Parker. »Darf man im übrigen, ohne indiskret zu sein, noch eine Frage anschließen?« »Und die lautet wie?« »Sie betreiben neben der Fabrikation von Kisten auch den Versand von Porzellan, Mister March?« erkundigte sich der Butler. Er hatte in eine der noch leeren Kisten geblickt und dabei festgestellt, daß sie innen längst nicht so geräumig wirkte wie von außen. »Das ist ein Zusatzservice für unsere Kunden und ein kleines Zusatzgeschäft«, erläuterte March beiläufig. »Die Sachen sollen in verschiedene afrikanische Länder gehen. Da ist dieser billige Krempel noch begehrt.« Er setzte das glatte Lächeln des routinierten Geschäftsmannes auf, aber der Argwohn, der in seinen dunklen Augen aufblitzte, war nicht zu übersehen. »Was soll das?« brummte er mürrisch, als der Butler seinen schwarzen Universal-Regenschirm in das Behältnis senkte und mittels der bleigefüllten Spitze dem hölzernen Boden dumpfe,
hohle Töne entlockte. Parker blieb keine Zeit, auf die mißtrauische Frage zu antworten. Er mußte sich um seine Herrin kümmern, die plötzlich alle Symptome eines Schwächeanfalls zeigte. »Mister Parker, mein Kreislauf!« stöhnte die ältere Dame und tupfte sich mit einem weißen Spitzentuch über die Stirn. Heftig atmend ließ sie sich auf den Rand der Kiste sinken. Und schon nahmen die Ereignisse ihren Lauf . Postwendend kippte der roh zusammengezimmerte Behälter, der diesem einseitigen Belastungstest nicht gewachsen war, zur Seite. Reaktionsschnell griff Parker seiner Herrin unter die Arme und bewahrte sie dadurch vor einem möglicherweise folgenschweren Sturz. Die Kiste kippte krachend zur Seite und schlug auf den Beton. Der doppelte Boden, lose eingelegt, aber noch nicht festgenagelt, fiel heraus. »Was sehe ich denn da, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson, die sich überraschend schnell von ihrer Kreislaufschwäche erholt hatte. »Falls man sich nicht gründlich täuscht, dürfte es sich um Schnellfeuergewehre modernster Bauart handeln, Mylady«, beantwortete der Butler die Frage. Schlagartig war Hank March wieder die personifizierte Wachsamkeit. »Sie werden verstehen, daß ich mein Angebot unter diesen Umständen zurückziehen muß«, erklärte er frostig. Von dem verbindlichen Ton, den er eben noch angeschlagen hatte, war nichts mehr zu spüren. »Eine Mitteilung, die man nur mit dem größten Bedauern zur Kenntnis nehmen kann, Mister March«, entgegnete Parker. »Schaff die beiden erst mal in den Trockenbunker, Fred«, wies der Gangster seinen Gehilfen an. »Alles Weitere erledigen wir, wenn es dunkel ist.« »Okay, Chef«, quittierte Fred grinsend und deutete mit dem Revolverlauf auf eine stählerne Tür im Hintergrund des Raumes. »Trockenbunker?« fragte Agatha Simpson mißtrauisch. »Was stelle ich mir unter einem Trockenbunker vor?« »Das ist eine Kammer, in der Holz mit Imprägniermitteln behandelt und bei einer Temperatur von siebzig Grad Celsius getrocknet wird«, gab March in sachlichem Ton Auskunft. »So eine kleine
Schwitzkur würde Ihnen bestimmt guttun, Mylady.« »Sie werden es hoffentlich nicht wagen, eine Dame derart infam zu behandeln, Mister March«, grollte die Detektivin. »Andernfalls müßte ich Ihnen erst mal Manieren beibringen.« »Gar nichts werden Sie«, knurrte March. »Los, bring’ sie endlich weg, Fred!« »Vorwärts!« kommandierte Fred. Er genoß es sichtlich, aus der Rolle des Befehlsempfängers in die des Befehlshabers schlüpfen zu dürfen. Zähneknirschend kam die Lady der Aufforderung nach und lenkte ihre Schritte in die angegebene Richtung. Würdevoll setzte auch Parker sich in Bewegung. Fred folgte ihnen auf dem Fuß, den entsicherten Revolver im Anschlag. Weisungsgemäß öffnete der Butler die Tür und ließ seine Herrin hindurchschreiten. Daß er Agatha Simpson mit einer höflichen Verbeugung den Vortritt ließ, lag nicht nur an seinen untadeligen Umgangsformen. Aber das konnte Fred in diesem Moment noch nicht ahnen. Er wartete, bis auch Parker durch die Tür geschritten war und stiefelte dann unbekümmert hinterdrein. Die Waffe verlieh ihm ein Gefühl unangreifbarer Sicherheit. Wie trügerisch dieses Gefühl war, wurde ihm erst bewußt, als schon grelle Sterne vor seinen Augen tanzten. Parker hatte der schweren Stahltür im Vorbeigehen einen Fußtritt versetzt und sie damit schwungvoll ins Schloß geworfen. Den Bewacher ereilte dieses Ereignis derart unvermittelt, daß es ihm nicht mehr gelang, sich aus der Gefahrenzone zu bringen. Als Folge stellten sich die schon erwähnten Sterne, ein rasch anschwellendes, rotes Horn auf der Stirn und eine vorübergehende Sinnestrübung ein. Fred ließ seine Kanone zu Boden fallen, drehte auf einknickenden Knien eine etwas stümperhaft wirkende Pirouette und legte sich in einer der Kisten mit doppeltem Boden zur Ruhe. Erleichtert wollte Mylady durch den düsteren Gang davonmarschieren, aber Parker bedeutete seiner Herrin durch eine stumme Geste, noch einen Moment zu warten. Lauschend preßte er sein Ohr an die stählerne Tür. Außer Freds leisem Röcheln war kein Geräusch zu vernehmen. Auch ein Blick durchs Schlüsselloch erwies sich als unergiebig. »Unter den obwaltenden Umständen dürften Mylady damit rech-
nen, daß Mister March den Weg über den Hof nimmt, um Mylady am Ausgang dieses Korridors zu erwarten«, teilte er im Flüsterton mit. »Insofern möchte man, falls es genehm ist, den Vorschlag unterbreiten, den Rückweg durch diese Tür anzutreten.« »Das wollte ich natürlich auch gerade anordnen, Mister Parker«, behauptete die Detektivin umgehend. »Wenn der Schurke mich überlisten will, muß er schon früher aufstehen.« Geräuschlos drückte der Butler die Klinke nieder und öffnete die Tür einen Spalt breit. Nichts rührte sich. Nur Freds Röcheln wurde etwas deutlicher. Die stahlblechgefütterte Melone tief ins Gesicht gezogen, schob Parker langsam seinen Kopf durch die Öffnung und spähte in den Raum. Er hatte sich nicht verrechnet. Hank March war offenbar schon unterwegs, um seinen Gefangenen den Fluchtweg abzuschneiden. »Ich denke natürlich nicht daran, klammheimlich das Feld zu räumen, Mister Parker«, gab die Detektivin bekannt. »Das wäre unter meiner Würde. Ich werde diesen abgefeimten Schurken hier erwarten und ihn überwältigen.« »Ein Vorsatz, dem man den Beifall keinesfalls versagen kann, Mylady«, merkte Parker an und wechselte mit raschen Schritten zur Hoftür hinüber. Seine schwarz behandschuhte Rechte hielt mit eisernem Griff den Schaft des altertümlichen Regendaches umfaßt. Stan, der in diesem Moment eintrat, blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Der Anblick der wehrhaften Lady schien ihn nicht gerade zu begeistern, aber mit dem Revolver in der Hand fühlte er sich unschlagbar. Den Butler, der mit dem Rücken zur Wand neben der Tür stand, hatte er noch gar nicht bemerkt. Der Mann ließ ein erstauntes »Oh!« hören, als die bleigefütterte Bambuskrücke vernehmlich auf seine Schädeldecke pochte. Anschließend verdrehte er die Augen, stolperte auf weichen Knien noch einige Schritte in den Raum und absolvierte eine geräuschvolle Bauchlandung. »So wird’s gemacht, Mister Parker«, triumphierte Agatha Simpson, als hätte sie den Gangster höchstpersönlich erledigt. Sie bedachte den bäuchlings zu ihren Füßen liegenden Stan mit abschätzigem Blick. Danach setzte sie ihm den Fuß in den Nacken und stemmte die muskulösen Arme in die Hüften. Die Pose, die
sie einnahm, ließ an einen Großwildjäger denken, der sich fürs Familienalbum ablichten läßt. »Mylady waren absolut unvergleichlich«, spendete Parker das Lob, auf das seine Herrin offensichtlich wartete. Zum Austausch weiterer Komplimente fehlte die Zeit. Aus dem Augenwinkel registrierte Parker, wie die Klinke der Korridortür Millimeter für Millimeter niedergedrückt wurde. Hank March schien seinen Rundgang beendet zu haben. Im nächsten Moment standen Agatha Simpson und Josuah Parker wie Zinnsoldaten rechts und links der Tür, um dem Firmenchef einen gebührenden Empfang zu bereiten. Die Detektivin setzte ihren geliebten Pompadour in Schwingung, der Butler hielt seinen Schirm an der Spitze gefaßt. Sekundenlang geschah nichts. Auch kein Geräusch war zu vernehmen. Dann wurde die Tür im Zeitlupentempo ein paar Zentimeter aufgeschoben. In der Öffnung erschien zuerst die schallgedämpfte Automatic des Gangsters. March selbst verharrte noch in Deckung. Trotz dieser Vorsicht blieb ihm eine ausgesprochen schmerzhafte Erfahrung nicht erspart. Hank March jaulte wie ein getretener Hund, als der Butler sein Handgelenk mit der bleigefütterten Krücke des altväterlich gebundenen Regenschirmes behandelte. Der Schmerz ließ ihn augenblicklich die Waffe vergessen. Polternd fiel das Mordinstrument zu Boden. Im selben Augenblick riß Parker ruckartig die Tür auf. Fassungslos starrte March ihn an und rieb sich wimmernd das Handgelenk. Doch der routinierte Gangster hatte seine Schrecksekunde schnell überwunden. Unvermittelt machte er auf dem Absatz kehrt und wollte durch den Korridor davonstürmen. Parker, der von diesem spontanen Entschluß seines Gegners keineswegs überrascht wurde, setzte erneut sein schwarzes Regendach ein und vereitelte die Fluchtpläne des Waffenschiebers im Handumdrehen. Blitzschnell ließ er den Schirm vom angewinkelten Unterarm senkrecht in die Höhe steigen und hatte gleich darauf die Spitze in der Hand. Anschließend ließ er den gekrümmten Bambusgriff dicht über dem Boden einen flachen Halbkreis beschreiben. March stieß einen Schrei aus, als die bleigefüllte Krücke sich unwiderstehlich
um seine Knöchel ringelte und ihm buchstäblich die Beine unter dem Leib wegriß. Einen Augenblick schwebte er senkrecht in der Luft, entschloß sich dann aber doch zu einer Art Hechtsprung mit anschließender Rolle vorwärts. Seiner Ungeschicklichkeit hatte es der Gangster zu verdanken, daß die an sich eindrucksvolle turnerische Übung nicht mit dem vorgeschriebenen Abgang, sondern mit schmerzhaftem Bodenkontakt endete. Wimmernd ließ es March geschehen, daß Parker ihn unter den Achseln faßte und in den Raum schleifte, während Stan und Fred leise stöhnten. * Mit sicherem Griff zog Josuah Parker ein weißes Sprühfläschchen aus einer der unergründlichen Innentaschen seines schwarzen Covercoats. Nacheinander durften Stan und Fred an der Düse schnuppern, während der Butler kurz den Sprayknopf betätigte. Augenblicklich ging das gequälte Stöhnen in wohliges Seufzen über. Seliges Lächeln glitt über die Gesichter der Männer, während sie es sich in ihrer unbequemen Lage so bequem wie möglich machten. »Darf man die Vermutung äußern, daß Mylady sich mit der Absicht tragen, Mister Hank March an Ort und Stelle einer eingehenden Befragung zu unterziehen?« erkundigte sich der Butler vorsichtshalber, ehe er auch den Brötchengeber der beiden in den Genuß des Traumsprays kommen ließ. »Selbstverständlich, Mister Parker«, nickte die passionierte Detektivin. »Ich werde dem dreisten Schurken einige sehr unbequeme Fragen stellen, ehe ich ihn der Polizei übergebe. Veranlassen Sie bitte unverzüglich das Notwendige. Meine Zeit ist kostbar, wie Sie wissen.« »Myladys Wünsche sind meiner bescheidenen Wenigkeit Befehl«, versicherte Parker höflich und griff erneut in eine Innentasche seiner schwarzen Gewandung. Diesmal förderte er ein braunes Apothekerfläschchen zutage, das ein bewährtes Hausmittel enthielt: Riechsalz. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der stechende Geruch in Hank Marchs Nase drang und die trüben Wolken in seinem umnebelten Gehirn verscheuchte.
»Mein armer Kopf!« jammerte der Gangster, noch bevor er die Augen aufschlug. Blinzelnd hob Hank March erst das rechte, dann das linke Lid. Der Anblick, der sich seinen blutunterlaufenen Augen bot, schien alles andere als freudige Erregung in ihm auszulösen. Stöhnend ließ er den Kopf auf die Brust fallen und zog sich wieder ins Reich seiner unruhigen Träume zurück. Ein kaum wahrnehmbares Geräusch hinter der Korridortür sorgte für Parkers Aufmerksamkeit. Auch Mylady hatte etwas vernommen und ließ umgehend von March ab. »Den überlassen Sie aber gefälligst mir, Mister Parker«, verlangte sie. »Sie gönnen mir ja nicht das kleinste bißchen Spaß.« Grimmig entschlossen bezog die resolute Dame erneut neben der Tür Posten und harrte in kindlicher Vorfreude der Dinge, die da kamen. Der perlenbestickte Pompadour kreiste schon hektisch, als endlich die Klinke niedergedrückt und langsam die Tür geöffnet wurde. »Mein Gott, haben Sie mich erschreckt, Mylady!« stammelte Horace Pickett. Gerade noch rechtzeitig hatte er seinen Kopf zurückziehen können und war dadurch mit knapper Not einer ungestümen Begrüßung durch Lady Simpsons Glücksbringer entgangen. »Aber Sie sind ja ganz blaß, mein lieber Pickett«, stellte Mylady mit einem Blick ins Gesicht des früheren Eigentumsumverteilers fest. »Kein Wunder, Mylady«, erwiderte Pickett, der erst allmählich seine gewohnte Bräune zurückgewann. »Wenn ich mir vorstelle, Sie hätten mich erwischt…« »Unsinn, mein lieber Pickett«, schmunzelte die Detektivin. »Ich kann doch noch Freund von Feind unterscheiden. Da können Sie ganz beruhigt sein.« »Darf man der Freude Ausdruck verleihen, Sie hier begrüßen zu dürfen und zugleich die Frage anschließen, wie Sie Mylady und meine Wenigkeit hier fanden, Mister Pickett?« schaltete Parker sich ein. »Ganz einfach, ich habe mich führen lassen«, lächelte der Sechzigjährige. »Möglicherweise darf man auf eine nähere Erläuterung hoffen, was Sie mit dieser Äußerung anzudeuten belieben, Mister Pikkett?«
»Ich hielt mich gerade mit einigen guten Freunde in der Umgebung der Autowerkstatt Robson auf. Nicht ganz zufällig, wie Sie wissen«, berichtete der einstige Eigentumsumverteiler und musterte verstohlen das ziemlich apathisch wirkende Gangstertrio. »Vor etwa einer Stunde fuhr dort ein Wagen los, der mit zwei Männern besetzt war…« »Diese Herren waren Ihnen nicht zufällig bekannt, Mister Pikkett?« hakte der Butler gleich nach. »Leider nein, Mister Parker«, bedauerte Pickett. »Jedenfalls wirkten die beiden wie das, was man heutzutage etwas salopp ›schräge Typen‹ nennt. Deshalb bat ich zwei meiner Freunde, dem Wagen diskret zu folgen.« »Darf man die Vermutung äußern, daß es sich bei dem Fahrzeug um einen weißen Sportwagen der Marke Porsche handelte?« warf Parker ein. »Genau!« bestätigte Pickett überrascht. »Es war ein weißer Porsche. Hatten Sie etwa Kontakt mit den Galgenvögeln, Mister Parker?« »Die Herren fielen Mylady und meiner Wenigkeit durch ihre ausgesprochen unvorsichtige Fahrweise auf«, berichtete der Butler mit unbewegter Miene. »Es kam, wie es kommen mußte: Am Ausgang einer scharfen Kurve wurden die Genannten in einen folgenschweren Unfall verwickelt.« »Ich kann mir schon denken, wie das passiert ist«, lachte Horace Pickett. »Die Lümmel waren so dreist, daß ich Ihnen einfach einen Denkzettel verpassen mußte«, schob Lady Agatha sich dazwischen. »Schade, daß Sie das nicht miterlebt haben, Mister Pickett.« »Wirklich schade, Mylady«, bestätigte der Eigentumsumverteiler. »Vermutlich haben wenigstens meine Freunde ihren Spaß an dem Zwischenfall gehabt. Aber falls Sie nichts dagegen haben, würde ich gern weitererzählen.« »Wie könnte ich etwas dagegen haben, mein lieber Pickett«, rief Mylady aus. »Bitte, fahren Sie fort.« »Ungefähr eine halbe Stunde später fuhr wieder ein Wagen vom Hof der Werkstatt Robson«, setzte Pickett seinen Bericht fort. »Diesmal war es ein schwarzer Daimler. Er war ebenfalls mit zwei Männern besetzt, die auf mich aber eher den Eindruck eiskalter Profikiller machten. Deshalb entschloß ich mich spontan, hinterherzufahren.«
»Darf man Ihren Bericht so deuten, daß die mutmaßlichen Killer Mister Marchs Kistenfabrik ansteuerten?« vergewisserte sich der Butler. »Die Burschen haben ihren Wagen gleich gegenüber der Einfahrt geparkt«, nickte Pickett. »Sozusagen auf Tuchfühlung mit Ihrem Fahrzeug, Mister Parker.« »Eine Mitteilung, deren Wert man keinesfalls unterschätzen sollte, Mister Pickett«, ließ Parker sich vernehmen. »Als die beiden stoppten, fuhr ich seelenruhig vorbei und parkte meinen Lieferwagen gleich um die Ecke«, brachte Horace Pickett seinen Rapport zu Ende. »Vom Nachbargrundstück aus stieg ich über eine Mauer, weil ich Sie hier drinnen wähnte und Sie warnen wollte.« »Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, Mister Pickett«, erklärte Lady Agatha liebenswürdig. »Ich wäre mit den Lümmeln allerdings auch so fertiggeworden. Der Gangster, der mir gewachsen wäre, müßte erst noch geboren werden!« »Halt!« rief Pickett plötzlich und deutete aufgeregt mit dem Finger an seinen Gesprächspartnern vorbei. Klammheimlich hatte Hank March seine geschundenen Glieder vom Boden aufgerafft. Mit leicht unsicheren Schritten, aber durchaus zielsicher, steuerte er die Tür zum Hof an. »Das ist der Gipfel!« grollte Mylady und griff postwendend nach einer Salatschüssel, die gerade in Reichweite stand. Schwungvoll schickte sie das gewichtige Porzellan hinter dem Flüchtenden her. Mit einem zischenden Laut, der an eine Altersschwache Dampflok erinnerte, gab Marsch alle Atemluft von sich und warf die Arme in die Luft, als das weiße Wurfgeschoß seinen Rücken erreichte. Er biß jedoch die Zähne zusammen und versuchte unverdrossen, die rettende Tür zur Freiheit zu erreichen, koste es, was es wolle. Natürlich animierte er dadurch die ältere Dame, mit vollen Händen ins reichlich bereitstehende Geschirr zu greifen. Gleich im Dutzend prasselten Teller, Tassen und Schüsseln auf den leidgeprüften Produzenten nieder. Schreiend ging March in die Knie und hob schützend die Hände über den Kopf. Aber da, kam Lady Agatha erst in Schwung. Jauchzend ließ sie ganze Stapel von Tellern an der Wand zerschellen. »Klingt das nicht wie Glockenläuten, Mister Parker?« rief sie begeistert, ohne das Bombardement zu unterbrechen.
»Mylady bedienen sich eines Vergleichs, den man nur als poetisch bezeichnen kann«, merkte der Butler an, ohne auf seinem glatten Pokergesicht eine Regung zu zeigen. In der Tat hatte ihn das vielstimmige Klingen und Scheppern an eine Batterie hektisch läutender Sturmglocken erinnert. Hank March hatte für derlei Feinheiten jedoch kein Ohr. Schicksalsergeben ließ er den Scherbenregen auf sich niedergehen und bettete sich in dem knirschenden Schutthaufen aus Porzellan zur Ruhe. Die nur einen Schritt entfernte Tür schien ihn nicht mehr zu interessieren. Mylady schickte sicherheitshalber noch ein paar Suppenschüsseln hinterher, ehe sie den Polterabend ohne Brautpaar beendete. »Ich verzichte auf eine weitere Vernehmung dieses Schwächlings, Mister Parker«, erklärte sie – leicht außer Atem, aber strahlend wie die Siegerin einer Mißwahl. »Meinetwegen kann die Polizei sich um Mister March und seine ungehobelten Gesellen kümmern.« »Wie Mylady zu wünschen belieben«, erwiderte der Butler. »Doch sollte man zunächst den Herren im schwarzen Daimler die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zukommen lassen, falls diese Anregung genehm ist.« »Darum wollte ich Sie gerade bitten, Mister Parker«, behauptete die passionierte Detektivin umgehend. »Wie gedenke ich dabei vorzugehen?« »Falls Mylady keine Einwände erheben, würde man zunächst einen kleinen Test durchführen, der über die Schießfreudigkeit und Treffsicherheit der Herren Auskunft geben dürfte, falls man sich nicht gründlich irrt.« Da seine Herrin keine Einwände vorzubringen hatte, nahm der Butler zwei herumliegende Latten, griff nach Hammer und Nägeln und klopfte die Hölzer zu einer Art Kreuz zusammen. »Was haben Sie sich denn da wieder ausgedacht, Mister Parker?« wunderte sich Agatha Simpson. »Wollen Sie etwa eine Prozession veranstalten?« »Keineswegs und mitnichten, Mylady«, versicherte der Butler. Behend schlüpfte er aus seinem schwarzen Covercoat und hängte das Kleidungsstück über die Arme des Kreuzes, als wäre es ein Kleiderbügel. Anschließend zog er die Melone vom Kopf und stülpte sie über das Ende der Latte, das aus dem Kragen ragte. »Wollen Sie die Burschen etwa erschrecken mit dieser Vogel-
scheuche, Mister Parker?« erkundigte sich Pickett belustigt. »Ein solches Vorhaben dürfte bei erwachsenen Menschen nur geringe Aussicht auf Erfolg haben«, entgegnete der Butler. »Eher dürfte dieser Popanz als Zielobjekt fungierten, sofern man die Gemütslage der Herren im Daimler nicht grundlegend falsch einschätzt.« Vorsichtig klinkte Parker die Tür zum Hof auf und spähte hinaus. Niemand war zu sehen. Offenbar saßen die Gangster noch immer in ihrem Wagen und warteten geduldig auf das Wild, das ihnen vor die Flinte laufen mußte – wie sie glaubten. Der Blick auf die Straße hinaus war durch das querliegende Eingangsgebäude der kleinen Fabrik versperrt. Deshalb schlich Parker behutsam an der Mauer entlang, erreichte unbehelligt das Vorderhaus und pirschte sich bis an die Ecke. In Reichweite stand Marchs Ferrari, der immer noch in der Einfahrt parkte. Den schwarzen Daimler konnte Parker aber nicht ausmachen, ohne sich eine möglicherweise tödliche Blöße zu geben. Sorgsam prüfte der Butler noch mal Sitz von Melone und Covercoat. Anschließend schob er den improvisierten Parker-Popanz am ausgestreckten Arm so weit vor, daß die Gangster im Daimler aufmerksam werden mußten. In der Tat schienen die Unbekannten ungeduldig auf diesen Moment gewartet zu haben. Unvermittelt brach ein wahres Trommelfeuer los. Schüsse peitschten. Kugeln pfiffen durch die Einfahrt, schrammten kreischend an den Wänden entlang und irrten als gefährliche Querschläger über den Hof. Josuah Parker wußte genug. Rasch zog er seine schwarze Vogelscheuche wieder zurück. Die Killer im Daimler hatten nicht nur schnell, sondern auch scharf geschossen. Drei tiefe Kerben zählte Parker nach einer ersten Inspektion in der schwarzen, mit Stahlblech ausgekleideten Halbkugel. Vier kleine Löcher in Revers und Ärmeln des Covercoats vervollständigten die beunruhigende Bilanz… * Agatha Simpson und Horace Pickett, denen der Kugelhagel natürlich nicht entgangen war, erwarteten den Butler schon an der
offenen Tür. »Dann habe ich mich in den Burschen doch nicht getäuscht«, meinte der einstige Eigentumsumverteiler. »Jeder Ausbruch dürfte einem Selbstmordversuch gleichkommen, falls man diese Formulierung verwenden darf, Mister Pickett«, bestätigte Parker, während er den Covercoat wieder überzog und die leicht verbeulte Melone aufsetzte. »Insofern darf man Ihnen wohl noch mal ausdrücklich für die Warnung danken.« »Unter diesen Umständen werde ich natürlich zu einer List greifen, um die Lümmel zu überwältigen«, sinnierte die Detektivin. »Wie gedenke ich dabei im einzelnen vorzugehen, Mister Parker?« »Sofern man richtig unterrichtet ist, planen Mylady, den Gangstern in den Rücken zu fallen.« »Genau das habe ich vor«, bekräftigte Lady Agatha. »Dank meiner Taktik werde ich den Lümmeln keine Chance lassen.« »Leider gibt es da nur ein Problem, Mylady«, dämpfte Pickett den Elan der resoluten Dame. »Probleme sind dazu da, gelöst zu werden, mein lieber Mister Pickett«, belehrte Agatha Simpson ihn. »Der einzige Weg nach draußen, den die Killer nicht einsehen können, führt über eine fast drei Meter hohe Mauer«, gab ihr Gegenüber zu bedenken. »Mister Parker wird ein bißchen Bewegung nicht schaden«, erwiderte die Lady unbeeindruckt. »In seinem Alter sollte man keine Gelegenheit versäumen, sich fit zu halten.« »Eine Feststellung, der meine Wenigkeit nicht das geringste hinzuzufügen hat«, ließ der Butler sich vernehmen. »Darf man angesichts der herrschenden Sachlage davon ausgehen, daß Mylady darauf verzichten, bei der Ausschaltung der Gangster persönlich mit Hand anzulegen?« »Sehr richtig, Mister Parker«, nickte die passionierte Detektivin. »Ich kann mich schließlich nicht um alles kümmern. Aber natürlich werde ich den Einsatz leiten – von hier aus.« Eine Minute später standen Parker und Pickett am Fuß der Mauer, über die auch der Eigentumsumverteiler auf das Fabrikgelände gelangt war. »Soll ich Sie nicht vielleicht begleiten, Mister Parker?« fragte Pikkett. »Man dankt für das überaus freundliche Angebot, sieht sich aber durchaus in der Lage, den bevorstehenden Einsatz allein zu be-
wältigen«, entgegnete der Butler. »Möglicherweise darf man Sie bitten, in der Zwischenzeit Mylady Gesellschaft zu leisten, Mister Pickett.« Anschließend faßte er seinen schwarzen Universal-Regenschirm an der bleigefütterten Spitze, reckte sich ein wenig in die Höhe und hakte den Bambusgriff auf der Mauerkrone ein. Mit einer Behendigkeit, die man seiner würdevollen Erscheinung nie zugetraut hätte, hangelte Parker sich nach oben, zog den Schirm nach und ließ sich jenseits der Mauer nach unten gleiten. Mit zielstrebigen Schritten überquerte er das verwilderte Nachbargrundstück und hatte gleich darauf eine kleine Seitenstraße erreicht. An der Einmündung blieb er hinter der Ecke der Mauer stehen, mit der Hank Marchs Gelände eingefriedet war, und sondierte zunächst die Lage. Der schwarze Daimler parkte noch immer gegenüber der Fabrikeinfahrt, nur wenige Schritte von Parkers Gefährt entfernt. Soweit der Butler aus der Entfernung erkennen konnte, hantierten die Insassen der schweren Limousine gerade mit einem Sprechfunkgerät. Die Vermutung lag. nahe, daß sie ihren Auftraggeber über die Lage vor Ort informierten. Mit der Gewandtheit eines Wiesels huschte die sonst so steif wirkende schwarze Gestalt über die Straße. Geschickt nutzte Parker die spärliche Deckung, die ein paar Straßenbäume boten. Sekunden später hatte er schon das Heck des hochbeinigen Monstrums erreicht. Nur noch sein eigenes Fahrzeug lag zwischen ihm und den Killern. Die Daimler-Insassen schienen ihren Lagebericht beendet zu haben. Aus seinem Versteck heraus hörte der Butler, wie die Türen der Limousine vorsichtig geöffnet und vorsichtig wieder ins Schloß gedrückt wurden. Als er den ersten Blick um die Ecke riskierte, schlichen die Männer schon in gebückter Haltung über die Straße und steuerten zielstrebig die Einfahrt der kleinen Fabrik an. Langläufige Revolver ließen keinen Zweifel an ihren feindseligen Absichten aufkommen. Sekunden später erreichten die Gangster die andere Straßenseite und gingen zunächst rechts und links der Einfahrt in Deckung. Die Waffen im Anschlag; schoben sie ihre Köpfe langsam bis zur Mauerkante vor und versuchten, in den Hof zu spähen. Da beide dem Butler den Rücken zuwandten, entging ihnen völlig,
daß Parker gerade mit der Umrüstung seines altväterlich gebundenen Regenschirmes beschäftigt war. Mit routinierten Handgriffen löste er einen kleinen Sicherheitshebel und klappte die Spitze rechtwinklig zur Seite, so daß die Mündung des hohlen Schaftes freilag. Anschließend legte er den Schirmgriff wie einen Gewehrkolben an die Wange und visierte sein Ziel an. Die Männer hatten sich durch Zeichen verständigt und liefen gedeckt zu Marchs Ferrari hinüber, der die nächste Deckungsmöglichkeit auf ihrem Weg darstellte, und Schutz gegen Angriffe aus dem Hof versprach. An die Möglichkeit, daß Ihnen aus einer ganz anderen Richtung Gefahr drohen könnte, dachten sie keinen Moment. Seelenruhig betätigte Parker den Auslöseknopf und schickte seinen ersten Blasrohrpfeil an die unbekannten Gangster auf die Reise. Angetrieben von komprimierter Kohlensäure aus einer Patrone, die seitlich am Schirmschaft montiert war, schwirrte ein kaum stricknadelgroßer Pfeil aus dem schlanken Rohr. In flacher Bahn glitt das gefiederte Geschoß über die Straße und suchte sich einen stramm gespannten Hosenboden als Zielgebiet. Mühelos durchdrang die nadelscharfe Spitze das Tuch der Hose und blieb wippend im Sitzfleisch des Killers stecken. Irritiert wandte der Mann sich um und vollführte bühnenreife Verrenkungen, um der Ursache des Piekens auf die Spur zu kommen. Der Mann stieß einen gellenden Schrei aus, als er sah, was ihn so frech in den Allerwertesten gestochen hatte. Offenbar weckte der Anblick in ihm Assoziationen an brasilianische Indios, deren Blasrohre den lautlosen Tod bringen. Entsetzt wollte der Gangster aufspringen und Hals über Kopf flüchten. Doch dazu reichten seine Kräfte nicht mehr. Das aus pflanzlichen Essenzen destillierte Betäubungsmittel, mit dem der Butler die Pfeilspitze präpariert hatte, entfaltete seine Wirkung innerhalb weniger Sekunden. Schwankend ging der Mann in die Knie, ruderte noch mal verzweifelt mit den Armen und streckte sich dann an Ort und Stelle auf dem Pflaster aus. Der zweite Gangster wirkte einen Moment wie versteinert. Dann warf er sich neben seinen Komplizen flach auf den Boden, um den unsichtbaren Pfeilschützen möglichst wenig Angriffsfläche zu bie-
ten. Der zweite Pfeil war jedoch schon unterwegs, bohrte sich in die Schulter des geschockten Killers und entfaltete von dort seine Wirkung. Mit letzter Kraft riß der Unbekannte das Geschoß heraus und fixierte fassungslos die Pfeilspitze. In seinem Gesicht stand das blanke Entsetzen. Gleich darauf entspannten sich seine Züge zusehends. Kopfschüttelnd legte er den zierlichen Pfeil beiseite, kuschelte sich eng an seinen Komplizen und glitt ins Land der Träume. Als Parker die Straße überquert hatte und seine Gegner in Augenschein nahm, waren sie schon in tiefen Schlummer gefallen. Ab und zu glitt ein Lächeln über die entspannten Züge. Beide atmeten friedlich… * »Allmählich wird es eng hier«, meinte Mylady, als Parker und Pikkett die offenbar wunschlos glücklichen Gangster hereintrugen und neben dem March-Trio ablegten. »Was mache ich nur mit den Lümmeln? Ich kann sie doch nicht alle mitnehmen, wenn ich zum nächsten Einsatz fahre.« »Falls man sich recht erinnert, gedachten Mylady ohnehin, Mister March und seine Gehilfen der Polizei zu übergeben«, erinnerte Parker seine Herrin. »Insofern könnte man den Abtransport der drei Herren ins Auge fassen.« »Richtig, daran habe ich auch gerade gedacht, Mister Parker«, erklärte die ältere Dame prompt. »Eigentlich könnte sich jetzt wirklich die Polizei mit den Schurken befassen. Nur will ich nicht, daß McWarden und seine Leute schon jetzt hier schnüffeln und meine Ermittlungen stören.« »Ich könnte die Burschen ja hinbringen, Mylady«, bot der hilfsbereite Pickett an. »Wohin?« Agatha Simpson machte im Moment einen etwas begriffsstutzigen Eindruck. »Zur Polizei. Direkt zu Scotland Yard«, erläuterte der Eigentumsumverteiler. »Chief-Superintendent McWarden wird sich bestimmt freuen über das unverhoffte Geschenk.« »Ein Vorschlag, dem man unverzüglich nähertreten sollte, falls die Anmerkung erlaubt ist«, stimmte Parker zu. »Allerdings sollte
man nicht versäumen, die Geschenke gebührend zu verpacken.« Horace Pickett nickte eifrig, als der Butler ihm auseinandersetzte, an welche Art von Verpackung er gedacht hatte. Mylady gefiel die Idee so gut, daß sie postwendend die Urheberschaft beanspruchte. »Auf diese Weise wird selbst der gute McWarden einmal die richtigen Schlüsse ziehen können«, schmunzelte sie. Die Arbeit war schnell getan. Gemeinsam verstauten Parker und Pickett die Mitglieder des March-Trios in je einer der geräumigen Holzkisten mit doppeltem Boden Vorher hatten sie sich davon überzeugt, daß jedes der Geheimfächer mit Gewehren gefüllt war. Der Waffenschieber und seine Spießgesellen schlummerten tief und fest. Sie wurden nicht mal wach, als Parker mit kräftigen Hammerschlägen die Deckel zunagelte und mit einer elektrischen Bohrmaschine rasch ein paar Luftlöcher in die Wände bohrte. Er hatte sein Werk kaum beendet, als Pickett mit einem Lieferwagen auf den Hof kurvte. Das Verladen der gewichtigen Holzkisten kostete zwar einige Schweißtropfen, bereitete aber sonst keine Probleme. »Und richten Sie Mister McWarden aus, daß er sich schon auf die nächste Lieferung gefaßt machen soll«, trug Lady Simpson dem Eigentumsumverteiler auf, ehe der Kastenwagen auf die Straße rollte. * Blieben noch die verhinderten Killer, die Parkers gefiederten Pfeilen anheimgefallen waren. »Bis die Schurken wieder zu Bewußtsein kommen, könnte ich meinem strapazierten Kreislauf ein wenig Pflege angedeihen lassen«, meinte Agatha Simpson mit abschätzigem Blick auf die nicht gerade kampflustigen Gestalten zu ihren Füßen. »Mylady wünschen, die Herren einer Befragung zu unterziehen?« überging der Butler den Wink mit dem Zaunpfahl. Ohnehin war kein »Kreislaufbeschleuniger« in Reichweite. »Ich werde den Kerlen den Namen ihres Auftraggebers entreißen, und alles andere läuft dann wie von selbst«, präsentierte Mylady ihre beneidenswert unbekümmerte Sicht der Dinge. »Als Auftraggeber dürfte niemand anderer als Mister Glen Robson
in Frage kommen, falls der Hinweis erlaubt ist«, warf Parker ein. »Hüten Sie sich vor voreiligen Schlüssen, Mister Parker«, warnte die passionierte Detektivin. »Remington hat auch noch den Kopf in der Schlinge. Oder haben Sie das schon vergessen?« »Keineswegs und mitnichten, Mylady«, versicherte der Butler. »Vielleicht ist es sogar jemand, der bisher noch gar keine Spur hinterlassen hat«, orakelte die ältere Dame. »Trotzdem wird er mir nicht entgehen, Mister Parker.« »Wovon meine Wenigkeit zutiefst überzeugt ist, Mylady.« »Daraus ersehen Sie, daß diese Vernehmung absolut notwendig ist, Mister Parker. Sonst würde ich meine kostbare Zeit auch nicht dafür opfern.« »Mylady stellen ein Vorbild an Pflichtbewußtsein dar, das man nur als strahlend bezeichnen kann.« »Wie ich diesen March einschätze, hat er mit Sicherheit einen passablen Cognac im Büro, Mister Parker.« »Zweifelsfrei haben Mylady bedacht, daß der Genuß des genannten Stärkungsmittels durch widrige Umstände erheblich gestört werden könnte.« »Derartige Umstände kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, Mister Parker.« »Mylady dürften mit dem kurzfristigen Auftauchen gewisser, feindselig gesonnener Herren rechnen.« »Mit einem Überfall?« »Mylady sagen es.« »Wer sollte mich denn hier überfallen, Mister Parker? Die Lümmel, die es gewagt haben, sind allesamt ausgeschaltet.« »Meine Wenigkeit wurde zufällig Zeuge, wie die vor Mylady ausgebreiteten Herren kurz vor der mißglückten Erstürmung der Fabrik ein Funkgerät betätigten.« »Was sagt mir das, Mister Parker?« »Mylady dürften unter anderem die Möglichkeit erwägen, daß die Herren Verstärkung angefordert haben.« »Selbstverständlich haben Sie das, Mister Parker.« Im Augenblick war Agatha Simpson durch nichts aus der Ruhe zu bringen. »An meinem taktischen Konzept ändert das überhaupt nichts«, fuhr Sie fort. »Die Vernehmung geht vor. Es liegt an Ihnen, den Kerlen bei der Rückkehr ins Bewußtsein ein wenig nachzuhelfen.« »Man wird sein Bestes versuchen, Mylady«, versicherte der Butler und wandte sich einem der friedlich schnarchenden Gangster zu.
Mit den Fingerspitzen begann er vorsichtig erst die Schläfen, dann die Nasenwurzel des Burschen zu massieren. Riechsalz, das wußte Parker aus Erfahrung, richtete gegen dieses hochkonzentrierte, aber dennoch unschädliche Betäubungsmittel nichts aus. Ein, zwei Minuten, die nur durch Lady Agathas explosionsartiges Räuspern unterbrochen wurden, vergingen. Endlich öffnete der Mann zögernd die Augen, und Parker trat einen Schritt zurück… * »Die Sonne!« seufzte der Unbekannte überglücklich und hob den Blick zu der matten Neonröhre an der schäbigen Holzdecke. »Die Sonne ruft mich, und ich bin ein Vögelein. Ich fliege und fliege der Sonne entgegen.« »Was sagt der Bengel, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson, sichtbar irritiert. »Leider kommt es in seltenen Fällen vor, daß bei einer beschleunigten Rückkehr aus der künstlichen Tiefschlafphase halluzinatorische Symptome auftreten, Mylady«, begründete Parker das in der Tat auffällige Verhalten des Gangsters. »Hallo was?« fragte Lady Agatha entgeistert. »Der Herr dürfte an einer vorübergehenden Sinnestäuschung leiden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verabreichung des Betäubungsmittels steht«, erläuterte der Butler geduldig. »Falls meine Wenigkeit nicht irrt, dürfte Myladys Gesprächspartner sich derzeit für einen Vogel halten.« »Tatsächlich!« kommentierte die Detektivin. »Sehen Sie mal, was er jetzt macht, Mister Parker.« Der Gangster hatte sich erhoben und begann mit den Armen zu wedeln wie ein flügelschlagender Vogel. Dazu federte er elastisch in den Knien, als wollte er sich vom Boden abstoßen. »Eine reichlich läppische Vorstellung«, kritisierte die Detektivin. »Meinen Sie, man kann wenigstens mit ihm reden, Mister Parker?« »Diese Möglichkeit sollte man keinesfalls von vornherein ausschließen, Mylady«, antwortete der Butler. »Versuchen Sie es, Mister Parker«, ordnete Agatha Simpson an. Ihr war die Sache nicht ganz geheuer. Inzwischen war der fröhliche Killer dazu übergegangen, flügel-
schlagend im Kreis herumzuhüpfen. Dazu trällerte er leise ein Kinderlied. »Mylady begehrt zu wissen, wer Ihr Auftraggeber ist«, sprach Parker den sichtlich vergnügten Tänzer an. Er blieb stehen und schien angestrengt zu lauschen, als wäre Parkers Stimme aus weiter Ferne zu ihm gedrungen. »Wer ruft mich?« fragte er und blickte wieder unverwandt zu der leicht flimmernden Neonröhre. »Mylady begehrt mit einem gewissen Nachdruck zu wissen, wer Sie hierher geschickt hat«, wiederholte der Butler seine Frage. »Der liebe Glenny war’s«, flötete sein umnachteter Gesprächspartner und hüpfte kichernd von einem Bein aufs andere. »Darf man die Vermutung äußern, daß Sie Mister Glen Robson zu meinen belieben?« vergewisserte sich Parker. »Er war’s! Er war’s!« rief der Vogelmensch und absolvierte eine Pirouette, die ihn fast den aufrechten Stand gekostet hätte. »Wie lautete Ihr Auftrag?« bohrte der Butler unverzüglich weiter. »Bumbum!« antwortete der Unbekannte mit breitem Grinsen. »Böser Hank, böser Butler, böse Lady… alle bumbum! Mit Kügelchen aus Blei.« »Demnach dürften Mister Robson und Mister March verfeindet sein?« fragte der Butler weiter, aber sein Gesprächspartner beachtete ihn nicht mehr. Der mit offenen Augen träumende Gangster hatte Agatha Simpson entdeckt und bedachte sie mit Blicken, die man nur als verzückt bezeichnen konnte. Unruhig rückte die ältere Dame auf der Kiste herum, die ihr als Sitzgelegenheit diente, und warf Parker einen fragenden Blick zu. »Welch ein Weib! Welch ein köstliches Abbild göttlicher Schönheit!« deklamierte der Unbekannte im Stil besten Schmierentheaters und schwebte mit ausgebreiteten Armen auf die gewichtige Lady zu. »Meint er mich, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson, deutlich verunsichert. Bevor der Butler sich zu einer Antwort durchringen konnte, wurde es seiner Herrin aber schon zu bunt. Blitzartig stieg der perlenbestickte Pompadour an den ledernen Halteschnüren in die Luft, beschrieb rauschend einen Halbkreis und sorgte augenblicklich für Ruhe und Ordnung. »Was Sie mir manchmal zumuten, Mister Parker, ist einfach un-
glaublich«, beschwerte sich die ältere Dame ärgerlich. Der Blick, den der Butler mit unbewegter Miene auffing, war fast giftig zu nennen. »Man bittet um Nachsicht, Mylady«, erwiderte Parker höflich. »Möglicherweise darf meine Wenigkeit aber mit allem Nachdruck versichern, daß dieser etwas degoutante Zwischenfall keineswegs beabsichtigt war.« »Ausnahmsweise will ich Ihnen das mal glauben, Mister Parker«, sagte Lady Agatha, schon wieder halb versöhnt. »Aber das Verhör hat auch nichts Neues gebracht. Daß Mobson der Drahtzieher im Hintergrund ist, wußte ich doch schon von Anfang an.« »Mylady legen immer aufs neue eine Weitsicht an den Tag, die jeden Sterblichen nur mit Bewunderung erfüllen kann«, leistete auch der Butler seinen Beitrag zur Versöhnung. »Darf man im übrigen die Frage anschließen, welche Anordnungen Mylady hinsichtlich der weiteren Ermittlungen zu treffen gedenken?« »Ich werde wohl zu dieser Autowerkstatt fahren und einen Überraschungsschlag gegen Mobson führen«, entschied die passionierte Detektivin. »Zweifellos haben Mylady in Betracht gezogen, daß es derzeit außerordentlich schwerfallen dürfte, Mister Robson in seiner Werkstatt zu überraschen.« »Hat er denn schon Feierabend?« fragte Mylady verdutzt. »Mylady dürften von der Annahme ausgehen, daß Mister Robson auf dem Weg hierher ist oder bereits in der Umgebung lauert, um Mylady mit Waffengewalt an der freien Abfahrt zu hindern.« »Was ihm natürlich nicht gelingen wird, Mister Parker«, erwiderte die resolute Dame selbstbewußt. Wenig später hatte der Butler die recht übermüdet wirkenden Killer mit Handschellen aus speziell gehärtetem Stahl an einer schwergewichtigen Werkbank festgekettet. Konzentriert ließ er seine Blicke schweifen, ehe er die Tür zum Hof ganz öffnete und seine Herrin ins Freie geleitete. * Es dämmerte schon, als Parkers hochbeiniges Monstrum sich seinen Weg durch die vom Feierabendverkehr überfluteten Straßen bahnte und Kurs auf Glen Robsons Autowerkstatt nahm. Die Ab-
fahrt war entgegen Parkers Befürchtungen reibungslos verlaufen. Falls die von Robson engagierten Killer tatsächlich Verstärkung angefordert hatten, waren die Männer vermutlich irgendwo im Verkehrschaos steckengeblieben. Eine halbe Stunde später ließ der Butler sein schwarzes Gefährt in einer Seitenstraße ausrollen und assistierte seiner Herrin beim Aussteigen. Das Tor zum Hof der Werkstatt stand noch offen. Die Torflügel der eigentlichen Reparaturhalle waren jedoch geschlossen. Das ganze Anwesen machte einen menschenleeren Eindruck. Auf den ersten Blick jedenfalls… Beim Näherkommen machte Josuah Parker die ältere Dame jedoch auf den bläulich flackernden Lichtschein aufmerksam, der durch die Drahtverglasung des Werkstattors nach draußen drang. »Sind die Schurken wirklich so ahnungslos, daß sie vor dem Fernseher sitzen, während sich die Schlinge um ihren Hals zuzieht, oder ist das nur eine Falle?« sinnierte Agatha Simpson. »Falls man eine Vermutung äußern darf, dürfte der Lichtschein eher von Schweißarbeiten herrühren, Mylady«, bemerkte Parker, während sie über den Hof schritten. Das große Eingangstor war verschlossen, was für den Butler jedoch kein Hindernis darstellte. Gelassen zog er sein handliches Universalbesteck aus der Tasche, das dem Werkzeug eines passionierten Pfeifenrauchers nicht unähnlich sah. Bedächtig wählte er die passende Metallzunge aus und ließ sie geräuschlos in das Sicherheitsschloß gleiten. Der Mechanismus versuchte es mit Widerstand, doch auf Dauer hatte er Parkers Überredungskünsten nichts entgegenzusetzen. Nach wenig mehr als einer Minute drückte der Butler die Klinke nieder und schob einen der Torflügel ein Stück auf. Die große Halle war unbeleuchtet. Die Männer, die hier arbeiteten, hatten schon Feierabend gemacht – bis auf einen. Der werkelte an einer der Hebebühnen unter einer schon recht betagten Bentley-Limousine und hatte die Ankömmlinge nicht bemerkt. Die massige Gestalt mit Glatze und Stiernacken wandte Mylady und dem Butler den Rücken zu. Der schätzungsweise fünfzigjährige Mann war mit blauem Overall und kariertem Hemd bekleidet. Der Schweißbrenner in seiner Rechten fauchte und knisterte. Offensichtlich war der einsame Handwerker damit beschäftigt, dem
Bentley eine Stahlrohr-Verstärkung zu verpassen, wie sie Parker auch schon an dem Volvo der Straßenräuber aufgefallen war. Der Butler räusperte sich diskret, ehe er den in seine Arbeit vertieften Mann ansprach. »Geht man recht in der Annahme, daß Mister Glen Robson sich derzeit nicht im Hause aufhält?« erkundigte er sich höflich. Der Unbekannte zuckte zusammen, als hätte er ein stromführendes Kabel berührt. Augenblicklich fuhr er auf dem Absatz herum und schob mit der Linken seine schwarze Schweißerbrille in die Stirn. Die Rechte hielt noch immer den Griff des Schweißgerätes umfaßt. Der bullige Mechaniker schien die unverhoffte Störung ausgesprochen übel zu nehmen. Er gönnte sich nur Sekundenbruchteile, um das skurrile Paar mit entgeisterten Blicken zu mustern. Im nächsten Augenblick ging er schon mit wütendem Knurren zum Angriff über. Dabei diente ihm das Schweißgerät als improvisierte Waffe. Mit gesenktem Kopf stürmte er wie ein Kampfstier vorwärts, fest entschlossen, den Butler einem lebensgefährlichen Hitzetest zu unterziehen. Soweit ließ Josuah Parker es allerdings nicht kommen. Geschickt wich er einen Schritt zur Seite, setzte seinen schwarzen Universal-Regenschirm in Bewegung und tippte mit der bleigefüllten Spitze auf die Hand seines Gegners, die die Armatur mit der bläulichen, aggressiv fauchenden Flamme umklammert hielt. Sein Widersacher erstarrte, riß Mund und Augen gleichzeitig auf und stieß dabei einen Laut aus, der an das Heulen eines einsamen Wolfes bei Vollmond erinnerte. Schlagartig hatte der Mann seine unfreundlichen Absichten vergessen. Der Schmerz in seiner rechten Hand schien ihn mehr zu beschäftigen als die unerwünschten Eindringlinge. Wimmernd massierte er mit der Linken das rasch anschwellende Gelenk verdrehte die Augen in einer Weise, die jedem professionellen Grimassenschneider zur Ehre gereicht hätte. Die Schweißarmatur entglitt seiner Rechten und fiel zu Boden. Diese Nachlässigkeit wurde dem jammernden Monteur aber erst bewußt, als seine Hosenbeine schon in Flammen standen. Hysterisch kreischend und sichtlich entnervt hüpfte Parkers Gegner planlos herum, drehte sich dabei im Kreis und versuchte, seine lodernden Beinkleider zu löschen, indem er mit bloßen Händen auf die züngelnden Flammen einschlug.
Der Butler hatte inzwischen nach einem Wasserschlauch gegriffen und drehte rasch den Hahn auf. Zischend löschte der scharfe Strahl im Handumdrehen den Brand. Um ein eventuelles Übergreifen der Flammen auf edlere Körperteile zu unterbinden, deckte Parker nach bewährter Feuerwehrmanier sein Gegenüber von Kopf bis Fuß mit kühlenden Fluten ein. Fassungslos musterte der Mechaniker seine verkohlten Hosenbeine, die nur noch ein paar Dampfwolken absonderten. Der Mann war jedoch weit davon entfernt, die Dankbarkeit zu zeigen, die man nach Parkers hilfreichem Eingreifen hätte erwarten können. Unter dumpfem Gebrüll wollte er sich mit bloßen Fäusten auf den Butler stürzen. Er hatte allerdings nicht mit der blitzschnellen Reaktion seines schwarz gewandeten Gegenspielers gerechnet. Mit der Eleganz und Behendigkeit eines routinierten Toreros wich Parker zur Seite und ließ den wütenden Angreifer ins Leere stürmen. Gleichzeitig ließ er mit einer ruckartigen Bewegung sein altväterlich gebundenes Regendach senkrecht in die Höhe steigen. Die bleigefütterte Spitze fest in der schwarz behandschuhten Rechten, erlaubte Parker dem gebogenen Bambusgriff dicht über dem Erdboden einen flachen Halbkreis zu beschreiben. Der massige Mechaniker verlor auch noch den letzten Rest an Orientierung und Übersicht, als sich die bleigefüllte Krücke unwiderstehlich um seine Fußgelenke legte. Der Mann stieß einen überraschten Schrei aus, als die Füße den Kontakt zum Boden verloren. Er versuchte es mit einem Gleitflug, der aber dank seines beträchtlichen Gewichts schon nach wenigen Metern mit einer recht unsanften Bauchlandung endete. Stöhnend und röchelnd rutschte der unfreundliche Autoreparateur noch ein Stück über den glatten Betonboden. Anschließend streckte er alle viere von sich und gönnte sich ein Schläfchen. »Umgangsformen haben die Leute!« ereiferte sich Mylady naserümpfend. »Da dürfen sie sich nicht wundern, wenn ich ihnen erst mal Manieren beibringe.« »Falls man nicht sehr irrt, dürften Mylady kurzfristig Gelegenheit erhalten, weiter Lektionen in gutem Benehmen zu erteilen«, meldete Parker in diesem Augenblick. Durch die Drahtglasscheiben des Eingangstores fiel plötzlich gel-
ber Lichtschein in die fast stockdunkle Halle. Er rührte von den Scheinwerfern eines Autos her, das in flotter Fahrt über den Hof rollte und unmittelbar vor dem Tor stoppte. * Aus der Tatsache, daß er nur eine einzelne Autotür klappen hörte, schloß Parker, daß es sich wohl kaum um die zurückkehrende Robson-Gang handeln konnte. Sekunden. später wußte er, wer der Besucher war, den es noch nach Feierabend in Robsons Werkstatt zog. Die Lichter des Autos verloschen, Schritte näherten sich. Gleich darauf wurde das Hallentor ein Stück aufgeschoben, und der Ankömmling steckte seinen Kopf durch die Öffnung. »Ist hier denn keiner?« rief er in die Dunkelheit. In diesem Moment stöhnte der Mechaniker, dessen Umgangsformen Myladys entschiedene Mißbilligung herausgefordert hatten. Zögernd trat der Besucher ein und versuchte, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen. Unschlüssig, ob er dem Stöhnen auf den Grund gehen oder lieber den Rückzug antreten sollte, blieb er nach wenigen Schritten wieder stehen. Parker, der so nahe stand, daß er den Mann atmen hören konnte, nahm ihm die Entscheidung ab. Er hielt seine kleine, aber überraschend leistungsfähige Bleistiftlampe in der Hand und richtete sie auf den Besucher, der bislang nur als pechschwarze Silhouette zu erkennen war. Als der grelle Lichtschein aufflammte, fand Parker seine Ahnung bestätigt. Der schlanke, um mindestens einen Kopf größere Mann um die Fünfzig war mit einem dunkelblauen Mantel von gediegener Eleganz bekleidet und trug eine schwere Hornbrille auf der Nase. »Darf man sich erlauben, Sie herzlich willkommen zu heißen, Mister Paddington?« sagte der Butler in seiner höflichen Art. »Mi… Mister Parker?« stammelte der Gefragte, der geblendet die Augen geschlossen hatte, als der scharf gebündelte Lichtstrahl sein Gesicht traf. Doch in der nächsten Sekunde hatte der überraschte Antiquitätenhändler die Fassung wiedergefunden. Mit einer blitzartigen Bewegung wollte er unter seinen Mantel greifen, aber Parker, der
mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte, kam ihm zuvor und erstickte seine unfreundlichen Absichten im Keim. Mit einem gurgelnden Geräusch gab Paddington alle Atemluft von sich, als die bleigefütterte Spitze von Parkers UniversalRegenschirm eingehend seinen Solarplexus abtastete. Die ältere Dame, die schon länger einen geradezu unbändigen Tatendrang verspürte, war ebenfalls auf dem Posten und langte herzhaft zu. Der Adressat ihres Glücksbringers stöhnte aus tiefstem Herzen, als sich der perlenbestickte Handbeutel mit klatschendem Geräusch in seinem Nacken niederließ. Paddington taumelte nach vorn und ließ sich mit einknickenden Knien in die Arme des Butlers fallen, der diese Gelegenheit nutzte, um den Gangster zu entwaffnen. Röchelnd ging der Angreifer zu Boden und lehnte sein müdes Haupt gegen einen Stützpfeiler. Parker zog ein Paar stählerne Handschellen aus der Tasche, um die Bewegungsfreiheit des Antiquitätenhändlers vorsichtshalber ein wenig einzuschränken, als das Geräusch von schnellen Schritten seine innere Alarmglocke schrillen ließ. Reaktionsschnell fuhr der Butler herum. Der Lichtkegel seiner Lampe traf auf das wutverzerrte Gesicht des bulligen Mechanikers. Unbemerkt hatte der Mann seine Ohnmacht überwunden und sich mit einem schweren Schraubenschlüssel bewaffnet. Das scharfkantige Schlaginstrument in der erhobenen Hand, stürzte er auf Parker. Agatha Simpsons Butler ließ sich aber auch in dieser prekären Situation nicht aus der Fassung bringen. Als wollte er dem Angreifer seine Ehrerbietung zeigen, verneigte er sich tief. Der schlagfertige Mechaniker war schon durch den grellen Lichtstrahl leicht irritiert worden, der ihm jäh in die Augen geschossen war. Den entscheidenden Dämpfer erhielt seine Angriffslust jedoch, als er unverhofft die stahlharte Halbkugel von Parkers schwarzem Bowler in seiner Magengrube spürte. Heftiges Zittern durchlief die massige Gestalt, als die widerstandsfähige Kopfbedeckung das sensible Verdauungsorgan massierte. Anschließend knickte der Gangster in den Hüften ein, ließ ein gequältes Röcheln hören und blieb wie ein nasser Sack auf der Schulter des Butlers hängen.
»Hätten Sie sich nicht dazwischen gedrängt, Mister Parker, hätte ich den Lümmel auch allein zur Strecke gebracht«, kommentierte Lady Agatha, während der Butler seine Last behutsam zu Boden gleiten ließ. »Sie gönnen mir wirklich nicht die kleinste Freude.« * Als wäre nichts geschehen, richtete Parker seine Aufmerksamkeit und den grellen Lichtkegel der Bleistiftlampe nun wieder auf Paul Paddington. Der Antiquitätenhändler saß immer noch an den Pfeiler gelehnt. Da seine Hände auf dem Rücken gefesselt waren, bemühte er sich mit geradezu abenteuerlichen Grimassen, seine verrutschte Brille wieder ins Lot zu bringen, was ihm erst nach einigen vergeblichen Anläufen gelang. »Verdammter Mist!« knurrte er leise und hob scheu den Blick zu Parker. »Hätte ich mich doch bloß nicht darauf eingelassen…« »Eine Einsicht, die reichlich spät kommt, Mister Paddington«, bemerkte Parker ausgesprochen kühl. »Darf man im übrigen die Frage anschließen, worauf Sie sich besser nicht eingelassen hätten?« »Natürlich meint der Lümmel die Raubüberfälle«, funkte Agatha Simpson dazwischen. »Ich habe von Anfang an gesagt, daß dieser Mann der Bandenchef ist, Mister Parker.« »Nein, nein. Mit den Überfällen habe ich nichts zu tun«, wehrte Paddington ab. »Eine Behauptung, deren Wahrheitsgehalt sich noch erweisen dürfte«, meinte der Butler. »Unabhängig davon war Ihnen jedoch bekannt, daß Mister Hank March als Auftraggeber der erwähnten Detektive nicht in Frage kommt, falls diese Anmerkung erlaubt ist, Mister Paddington.« »Natürlich wußte ich, daß Ted und Ron nicht für March arbeiten«, bekannte der Antiquitätenhändler. »Demnach darf man davon ausgehen, daß zwischen Ihnen und Mister March ein mindestens gespanntes Verhältnis besteht?« erkundigte sich Parker. »Das kann man schon sagen«, nickte Paddington trübsinnig. »Kann und muß man davon ausgehen, daß Sie Mister March als Konkurrenten betrachten, Mister Paddington?«
»So kann man es nicht mal nennen, Mister Parker«, erwiderte Paddington. »March ist einer der größten Waffenschieber der Londoner Szene.« »Von der Stichhaltigkeit dieses Vorwurfs konnten Mylady und meine Wenigkeit sich anläßlich eines Besuchs in Mister Marchs Kistenfabrik ebenso eingehend wie zweifelsfrei überzeugen«, ließ der Butler sich vernehmen. »March macht Millionen und wollte mir nicht mal ein paar Gelegenheitsgeschäfte gönnen«, beschwerte sich der Antiquitätenhändler. »Demnach darf man es als gegeben betrachten, daß auch Sie im Waffenhandel tätig sind, Mister Paddington?« hakte Parker nach. »Von Handel kann überhaupt keine Rede sein, Mister Parker«, protestierte Paddington. »Ich helfe nur hin und wieder ein paar Freunden – wie im Fall von Ted und Ron. Aber Hank March war auch das ein Dorn im Auge. Er hat mir schon mehrfach gedroht, meinen Laden in einen Trümmerhaufen zu verwandeln.« »Eine Drohung, die man keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen sollte«, merkte der Butler an. »Ich weiß, wie gefährlich March ist«, nickte Paddington. »Deshalb hielt ich es für eine geniale Idee, ihm Lady Simpson und Sie auf den Hals zu hetzen.« »Ihre Rechnung ist insoweit aufgegangen, als Sie von Mister Marchs Seite vorläufig nichts zu befürchten haben«, bestätigte Parker. »Ich habe den Lümmel natürlich überwältigt und der Polizei ausgeliefert, wie er es verdient«, brachte Mylady sich an dieser Stelle ins Gespräch. »Bliebe noch Ihr Verhältnis zu Mister Robson zu klären, Mister Paddington«, fuhr Parker unbeirrt in der Befragung fort. »Vermutlich waren Sie es, der Mister Robson vor Mylady und meiner Wenigkeit warnte, was wiederum gewisse Aktivitäten von Mister Robsons Seite im Gefolge hatte?« »Glen war natürlich regelrecht begeistert, als ich ihn anrief und erzählte, daß ich Sie zu Hank March geschickt hätte«, plauderte der Antiquitätenhändler freimütig weiter. »Darf man Ihre Äußerung so verstehen, daß auch Mister Robson Mister March alles andere als wohlgesonnen ist, Mister Paddington?« wollte der Butler wissen. »Früher waren Glen und Hank befreundet und arbeiteten bei grö-
ßeren Sachen sogar zusammen«, verriet Paddington. »Aber seit Glen auf eigene Faust mit den Taxiüberfällen anfing, war Hank stocksauer. Am liebsten hätte er Glen umgelegt.« »Mylady wäre Ihnen zweifellos außerordentlich verbunden, wenn Sie näher erläutern könnten, wie es zu dieser Feindschaft kam«, bohrte Parker auf seine höfliche Art weiter. »Die Taxiüberfälle waren eigentlich Hanks Idee, wenn ich richtig gehört habe«, gab Parkers Gesprächspartner Auskunft. »Er wollte die Sache mit Glen gemeinsam durchziehen und bot ihm eine Zusammenarbeit an, aber Glen zog es vor, allein das Geschäft zu machen.« »Für jemanden, der mit den Überfällen angeblich nichts zu tun hat, zeigen Sie sich überraschend gut informiert, Mister Paddington«, warf der Butler ein. »Ich kenne Glen schon seit der Schulzeit und helfe ihm ab und zu mit einem Schießeisen, wenn er in Verlegenheit ist«, behauptete der Antiquitätenhändler. »Außerdem habe ich ihm schon öfter geholfen, heiße Ware abzusetzen.« »Darf man annehmen, daß das auch für die Beute aus den Taxiüberfällen gilt, Mister Paddington?« wollte Parker wissen. Sein Gegenüber nickte. »Ein Umstand, den man nur als erfreulich bezeichnen kann«, kommentierte der Butler. »Mit Ihrer Hilfe, Mister Paddington, dürfte es der Polizei leichter gelingen, die gegenwärtigen Besitzer der geraubten Schmuckstücke zu ermitteln, um sie ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückzuerstatten.« »Die meisten kenne ich«, bestätigte Paddington. »Meinen Sie, daß es mir mildernde Umstände verschafft, wenn ich die Adressen nenne, Mister Parker?« »Ihre Hoffnung dürfte keineswegs als völlig unbegründet gelten, Mister Paddington«, gab Parker zur Antwort. »Möglicherweise gestatten Sie jedoch, daß man Ihnen noch eine letzte Frage vorlegt?« »Welche?« »Was hat Sie zu dieser Stunde an diesen Ort geführt, Mister Paddington?« »Ich wollte mit Glen reden«, beantwortete Parkers Gegenüber die Frage. »Da er nicht ans Telefon ging, bin ich hierher gefahren.« »Und worüber wollten Sie mit dem Lümmel reden, Mister Remington?« schaltete die Detektivin sich ein.
»Als ich Glen anrief und ihn über Ihre Ermittlungen informierte, hatte ich gehofft, er würde sich entsprechend erkenntlich zeigen«, schickte Paddington voraus. »Es sah so aus, als hätte ich ihm eine Menge Arbeit erspart.« »Darf man sie höflich bitten, diesen Punkt etwas detaillierter auszuführen, Mister Paddington?« warf der Butler ein. »Glen rechnete fast damit, daß Hank Sie fertigmachen würde – oder umgekehrt. So oder so hätte er ein Problem weniger gehabt«, erläuterte Paddington. »Deshalb schickte er seine Leute auch nur zur Beobachtung hinter Ihnen her, wie er mir sagte. Die Jungs sollten ihm nur melden, welche Partei den kürzeren gezogen hatte.« »Darf man die Vermutung äußern, daß Mister Robson sich angesichts dieses Sachverhalts Ihnen gegenüber tatsächlich in irgendeiner Form erkenntlich zeigte, Mister Paddington?« fragte Parker. »Eben nicht!« reagierte Paddington ärgerlich. »Er lachte nur und meinte, kleine Hilfsdienste wären unter Freunden doch selbstverständlich.« »Eine Einstellung, die Ihren Erwartungen entschieden widersprach, wie man wohl vermuten kann und muß«, bemerkte der Butler. »Allerdings«, erwiderte der Antiquitätenhändler. »Deshalb hoffte ich, Glen heute abend hier zu treffen.« »Die Gelegenheit zu einer Begegnung mit Ihrem Schulfreund Robson dürfte sich kurzfristig ergeben, falls man sich nicht gründlich täuscht, Mister Paddington«, mutmaßte Parker. Er sollte recht behalten. Was er in diesem Augenblick aber noch nicht ahnen konnte, war, daß Glen Robson seinen Auftritt sogar persönlich, ankündigte. * »Hören Sie mal, wer mich zu sprechen wünscht, Mister Parker«, trug Mylady ihrem Butler auf, als plötzlich im angrenzenden Büro das Telefon klingelte. »Myladys Wünsche sind meiner Wenigkeit Befehl«, versicherte Parker mit einer angedeuteten Verbeugung, ehe er sich hinüberbegab und den Hörer abhob. »Sind Sie es, Mister Parker?« fragte eine fremde Stimme.
»Sie sagen es, Sir.« »Ich habe mir schon gedacht, daß ich Sie in meiner Werkstatt erreichen würde«, fuhr der Anrufer fort. »Darf man die Vermutung äußern, mit Mister Glen Robson zu sprechen?« vergewisserte sich der Butler. »Ihre Schlüsse sind wirklich messerscharf, Parker«, erwiderte Robson spöttisch. »Darf man möglicherweise auch den Grund Ihres Anrufes erfahren, Mister Robson?« »Ich möchte Ihnen ein Angebot machen, Parker«, kam der Mann am anderen Ende der Leitung zur Sache. »Eine Ankündigung, die in meiner Wenigkeit eine gewisse Neugier weckt, sofern der Hinweis erlaubt ist, Mister Robson.« »Ich bin jetzt noch in der Kistenfabrik von Hank March«, teilte Robson mit und gab sich hörbar Mühe, seiner Stimme einen freundlichen Klang zu verleihen. »Wie Sie meine Männer ausgetrickst haben, war schon ein Meisterstück, Parker. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.« »Meine bescheidene Wenigkeit dankt für das Lob, Mister Robson«, erwiderte Parker knapp. »Nicht, daß Sie denken, ich wäre sauer auf Sie«, fuhr der Gangster fort. »Im Gegenteil, ich bin Ihnen dankbar, Parker.« »Eine Mitteilung, die man nur mit einer gewissen Überraschung entgegennehmen kann, Mister Robson.« »Ja, ich bin Ihnen wirklich dankbar«, beteuerte Robson. »Und zwar, weil Sie mir Hank March vom Hals geschafft haben.« »Möglicherweise darf man mit einem gewissen Nachdruck darauf hinweisen, daß dies keinesfalls in der Absicht geschah, Ihnen einen Gefallen zu tun, Mister Robson«, entgegnete der Butler kühl. »Das spielt keine Rolle«, schob Robson den Einwand beiseite. »Hank March ist ein skrupelloser Killer, der es sich in den Kopf gesetzt hat, mich umzulegen.« »Mister Paul Paddington war so entgegenkommend, Mylady und meine Wenigkeit über Ursachen und Hintergründe der Feindschaft zwischen Ihnen und Mister March eingehend zu unterrichten«, warf Parker ein. »Paddington?« Der Anrufer schluckte und räusperte sich. Er hatte sich jedoch sofort wieder unter Kontrolle und fuhr in dem lockerverbindlichen Gesprächston fort, als habe ihn diese Eröffnung nicht im mindesten überrascht.
»Dann sind Sie ja bestens informiert«, meinte Robson leichthin. »Bestimmt hat Paul Ihnen auch gesagt, daß ich ein Mann bin, auf dessen Wort man sich verlassen kann.« »Meine Wenigkeit bedauert aufrichtig, sich an eine entsprechende Äußerung von Mister Paddington nicht erinnern zu können«, entgegnete der Butler. »Dann müssen Sie es mir eben so glauben, Parker«, redete Robson unbeeindruckt weiter. »Ich möchte Ihnen nämlich freien Abzug anbieten.« »Ein Angebot, dessen Großzügigkeit Mylady zweifellos außerordentlich beeindrucken wird«, gab Parker zur Antwort. »Was soll das heißen?« fragte Robson, offensichtlich leicht eingeschnappt. »Wenn Mylady wünscht, Ihr Gelände zu verlassen, Mister Robson, dürfte es Ihnen kaum gelingen, Mylady daran zu hindern«, erwiderte der Butler. »Unterschätzen Sie mich nicht, Parker!« Zum erstenmal wurde in Robsons Stimme ein drohender Unterton hörbar. »Ich verfüge noch über genügend zuverlässige Leute. Falls Sie mein Angebot ausschlagen, werde ich dafür sorgen, daß Sie die Werkstatt nicht lebend verlassen.« »Man darf wohl die Vermutung äußern, daß Ihr Angebot an gewisse Bedingungen geknüpft ist, Mister Robson«, erkundigte sich Parker. »Ganz einfach«, erklärte Robson. »Sobald Sie meine Leute befreit haben, können Sie ungehindert abziehen.« »Falls man sich nicht sehr irrt, dürfte Ihre Äußerung sich auf die beiden Herren beziehen, die man in Mister Marchs Fabrik zurückließ«, mutmaßte der Butler. »Richtig, Parker«, bestätigte der Anrufer. »Inzwischen hängen sie zwar nicht mehr an der Werkbank, aber sollen die Jungs denn bis zum Ende ihrer Tage mit Handschellen ’rumlaufen?« »Eine Frage, deren Beantwortung man möglicherweise den Gerichten überlassen sollte, Mister Robson«, entgegnete Parker ungerührt. »Was ist das denn für ein Material, aus dem die Teufelsdinger hergestellt sind?« fragte Robson, ohne auf Parkers Bemerkung einzugehen. »Wir haben es mit den schwersten Werkzeugen versucht, aber es. gab nicht mal einen Kratzer.« »Es handelt sich um Stahl, der in einem speziellen Verfahren ge-
härtet wurde«, gab der Butler Auskunft. »Auch bei Handschellen sollte man auf ein gewisses Qualitätsniveau nicht verzichten, falls diese Anmerkung erlaubt ist.« »Was ist denn nun?« drängelte Robson. »Nehmen Sie meine Bedingungen an oder nicht?« »Leider muß ich Sie bitten, Mister Robson, Verständnis dafür aufzubringen, daß meine Wenigkeit eine derart weitreichende Entscheidung nur nach Rücksprache mit Mylady treffen kann«, spielte Parker auf Zeit. »Okay, reden Sie mit Ihrer Chefin«, lenkte Robson ein. »Ich rufe in zehn Minuten wieder an. Bis dahin müssen Sie sich entschieden haben. Und keine faulen Tricks, Parker! Ich warne Sie!« Es knackte in der Leitung. Glen Robson hatte aufgelegt. * »Der Schurke lügt doch wie gedruckt, Mister Parker«, entrüstete sich die Detektivin, als der Butler sie über den Inhalt des Telefonates in Kenntnis setzte. »Eine Einschätzung, der man sich ausdrücklich anschließen möchte, falls es genehm ist, Mylady«, pflichtete Parker seiner Herrin bei. »Sobald Sie den Lümmeln die Handschellen abgenommen haben, wird dieser abgefeimte Mobson nichts unversucht lassen, mich aus dem Weg zu räumen… und Sie auch, Mister Parker«, argwöhnte Agatha Simpson. »Eine Befürchtung, die man keineswegs als grundlos bezeichnen sollte, Mylady«, merkte der Butler an. »Nicht, daß ich mich fürchte«, korrigierte die resolute Dame. »Sie wissen, daß ich furchtlos jeder Gefahr ins Augenblicke. Das ist eines der Geheimnisse meines Erfolges.« »Fraglos haben Mylady auch in Betracht gezogen, daß Mister Robsons Angebot lediglich eine Finte sein könnte«, gab Parker zu bedenken. »Selbstverständlich, Mister Parker«, nickte Agatha Simpson. »Sie wissen doch, daß ich stets alle Aspekte eines Falles in meine Betrachtung einbeziehe.« »Was meine Wenigkeit nie bezweifeln würde, Mylady«, versicherte der Butler höflich, »Demnach dürften Mylady auch erwogen haben, daß die von Mister Robson so bereitwillig eingeräumte
Bedenkzeit unter Umständen nur dazu dienen soll, Mylady in Sicherheit zu wiegen.« »In Sicherheit wiegen? Was verstehe ich im vorliegenden Fall darunter, Mister Parker?« erkundigte sich die passionierte Detektivin. »Mylady dürften damit rechnen, daß Mister Robson einen Überfall plant. Und zwar möglicherweise noch vor Ablauf der genannten Frist«, gab Parker die gewünschte Auskunft. »Das ist doch gar nicht möglich, Mister Parker«, winkte Agatha Simpson ab. »Von Mister Marchs Kistenfabrik bis hierher braucht er mindestens eine halbe Stunde. Ich habe also Zeit genug, um aller erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.« »Gegebenenfalls sollte man auch Mister Robsons Angaben, was seinen Aufenthaltsort während des Telefonats betrifft, mit der gebotenen Skepsis zur Kenntnis nehmen, Mylady«, offenbarte der Butler seinen Verdacht. »Ich unterstelle also, daß der Lümmel von anderswo angerufen hat?« vergewisserte sich Lady Simpson. »Mylady dürften den Verdacht hegen, daß Mister Robson von einer nahegelegenen Telefonzelle aus angerufen hat«, meinte Parker. »In einem solchen Fall sollte man nicht ausschließen, daß der Genannte sich mit seinen Helfern schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf dem Gelände dieser Werkstatt aufhält.« Sekundenlang starrte die ältere Dame ihren Butler aus großen Augen an, bis endlich der Groschen fiel. »Dann habe ich keine Zeit zu verlieren«, erklärte sie. »Natürlich werde ich den Angriff souverän zurückschlagen, Mister Parker. Wie ich dabei im einzelnen vorgehe, darüber dürfen Sie sich Gedanken machen.« »Falls Mylady keine Einwände erheben, würde meine bescheidene Wenigkeit unverzüglich eine kurze Erkundung vornehmen«, schlug der Butler vor. »Ein Blick vom Dach dieses Gebäudes dürfte helfen, frühzeitig über die Ankunft der Angreifer unterrichtet zu sein.« »Das wollte ich Ihnen auch gerade auftragen, Mister Parker«, behauptete die ältere Dame postwendend. »Ich selbst werde die Lümmel hier erwarten und ihnen einen heißen Empfang bereiten.« Agatha Simpson hatte im Büro einen bequemen Schreibtischsessel entdeckt und ließ sich unter behaglichem Seufzen in die weichen Polster plumpsen.
»Nebenher kann ich dann noch auf Mister Remington und den anderen Schurken ein wachsames Auge haben«, setzte sie hinzu. »Wie Mylady wünschen«, sagte Parker mit einer höflichen Verneigung, ehe er sich gemessenen Schrittes entfernte. Sein Ziel war die Feuerleiter an der Schmalseite des Gebäudes, die ihm schon bei der Ankunft aufgefallen war. * Die weißen Kiesel knirschten kaum hörbar, als der Butler von der letzten Sprosse der eisernen Leiter stieg und den Fuß auf das weitläufige Flachdach der Robsonschen Werkstatt setzte. Inzwischen war es völlig dunkel geworden. Der Hof und die angrenzenden Straßenzüge waren nur noch als schwärzliche Umrisse zu erkennen. Lediglich die benachbarte Kneipe war hell erleuchtet. Von dort war auch undeutliches Stimmengewirr zu hören. Aus dem dunklen Hof drang jedoch kein Laut nach oben, der auf die Anwesenheit eines oder mehrerer Menschen hingedeutet hätte. Aber war da nicht eine Bewegung? Mit seinen scharfen Nachtvogelaugen durchdrang Parker die Finsternis und konzentrierte sich auf den dunkelgrauen Fleck, der sich nur geringfügig von der Einfriedungsmauer abhob. Im Augenblick bewegte sich dieser Fleck wieder und huschte ein Stück näher zur Werkstatthalle. Kein Zweifel: Es war ein Mensch! Und welche Absichten dieser Mensch hegte, darüber gab die Maschinenpistole, die er mit sich führte, eindeutige Auskunft. Gelassen zog der Butler seine Gabelschleuder aus einer der Innentaschen seines Covercoats. Zuerst wollte er die lederne Schlaufe mit einem der glatten, runden Kiesel »laden«, aber dann besann er sich und griff doch nach einer der hartgebrannten Tonmurmeln, die er stets bei sich trug. Die kleinen Tonkugeln besaßen hervorragende Flugeigenschaften und bürgten für unübertroffene Zielgenauigkeit. Überdies war die Gefahr schwerwiegender Verletzungen deutlich geringer als bei einem Geschoß aus Stein. Langsam spannte Parker die starken Gummistränge der Schleuder und visierte sein Ziel an, das sich immer näher an die Halle
heranpirschte. Im nächsten Augenblick glitt die kleine Kugel unhörbar davon und suchte sich unbeirrbar ihren Weg durch die Nacht. Sekundenbruchteile später sah Parker, wie die Gestalt im Hof sich aufbäumte und die Arme in die Luft warf. Mit dumpfem Poltern, das bis an das Ohr des Butler drang, fiel die Waffe des Unbekannten zu Boden. Er selbst torkelte noch ein paar Schritte im Zickzackkurs über den Hof, als hätte er sich auf dem Heimweg von einer ausgiebigen Zechtour verirrt. Anschließend knickte der Mann langsam in der Hüfte ein, fiel unter seltsamen Verrenkungen auf die Knie und streckte sich schließlich bäuchlings zu einem erholsamen Schläfchen aus. Unten auf dem Hof war es wieder so still wie vorher. Niemand kam dem gescheiterten Gangster zur Hilfe. Nichts regte sich. Wenn dieser Mann nicht der einzige Angreifer war, und davon ging Parker natürlich aus, hatten Robsons Leute vermutlich das Gebäude umstellt und schlichen auf getrennten Wegen zum gemeinsamen Ziel. Es dauerte nur Sekunden, bis der Butler diese Vermutung bestätigt fand. Scharrende Geräusche aus Richtung Feuerleiter signalisierten ihm, daß er sich nicht mehr allein hier oben befand. Die beiden Männer, die gerade das Dach erreichten und sich als pechschwarze Silhouetten vom Nachthimmel abhoben, hatten ihn ebenfalls entdeckt. Unter den Schuhen der Unbekannten knirschte der Kies, als sie langsam, aber zielstrebig auf den Butler zukamen. Wie auf ein geheimes Zeichen griffen beide gleichzeitig in den Jackenausschnitt. Offenbar glaubten die Männer, mit der schwarzgewandeten Gestalt leichtes Spiel zu haben. Als ihnen aufging, wie gründlich sie sich getäuscht hatten, war es schon zu spät. Einer der Gangster stieß einen unterdrückten Schmerzensschrei aus, als Parker schwarzer Schirm durch die Luft wirbelte und mit der Spitze auf die Hand pochte, die gerade eine schallgedämpfte Automatic aus der Schulterhalfter reißen wollte. Auch der zweite kam nicht dazu, seine unfreundlichen Absichten in die Tat umzusetzen. Wie ein routinierter Fußballstar ging Parker mit gestrecktem Bein zum Angriff über und kickte ihm mit der Fußspitze die schon gezogene Waffe aus der Hand.
Keuchend vor Wut und Schmerz wollte sich nun der erste auf den Butler stürzen. Zu seinem Pech übersah er den schwarzen Schirm, der ihm wie der Degen eines Fechters entgegengestreckt wurde. Zischend gab der Angreifer die Atemluft von sich, als die Schirmspitze in seiner Magengrube für einigen Aufruhr sorgte. Wie eine Marionette, der man die Fäden durchschnitten hat, knickte der Mann in Hüften und Knien gleichzeitig ein. Parker nutzte die Irritation seines Gegners, um ihn mit der diskreten Routine eines Taschendiebes von der Waffe zu befreien, die noch in der Schulterhalfter steckte. Der Gangster schien darüber geradezu erleichtert zu sein. Mit einem erlösten Seufzer streckte er sich friedlich in den Kies und nahm am weiteren Geschehen nicht mehr teil. Sein Komplize, dessen Waffe nach Parkers Kickerdebüt in hohem Bogen davongeflogen war und irgendwo unten im Hof lag, zeigte sich weniger spontan. Der Mann ließ sich das Schicksal seines ungestümen Komplizen eine Warnung sein und ging erst mal hinter einem Lüftungskamin in Deckung. Er fühlte sich unbeobachtet, als er in der Dunkelheit nach einem faustgroßen Kieselstein griff, den er als Wurfgeschoß einzusetzen gedachte. Er ahnte nicht, daß Parker schon Anstalten traf, sein feindseliges Vorhaben nachhaltig zu durchkreuzen. Seelenruhig griff der Butler nach seiner schwarzen Kopfbedekkung und wartete den Moment ab, in dem sein Gegner sich aufrichtete, aus der Deckung trat und zum Wurf ausholte. Entsetzt wich der Gangster zurück und ließ den Stein fallen, als die schwarze Kopfbedeckung wie eine Frisbeescheibe auf ihn schwirrte. Doch an Entrinnen war nicht zu Denken. Es half dem Mann auch nicht, daß er den Mund zu einem erstickten Schrei aufriß. Im Gegenteil: Auf diese Weise gab er der scharfkantigen, mit Stahlblech unterfütterten Krempe des Bowlers Gelegenheit, seine Beißwerkzeuge ausgiebig auf möglichen Kariesbefall abzuklopfen. Parkers Gegner stieß gurgelnde Laute aus, die nur entfernt an menschliche Äußerungen erinnerten und kippte nach hinten. Heftig mit den Armen rudernd, fing er sich jedoch wieder und bekam das Übergewicht nach vorn. Wie ein orientalischer Sklave warf sich der Mann dem Butler zu
Füßen und signalisierte eindeutig, daß sein Interesse an weiteren Kampfhandlungen erloschen war. Mit den Zähnen hatte er sich fest in die Hutkrempe verbissen. Er wirkte wie ein Hund, der nach dem Apportieren darauf wartet, von seinem Herrchen gebührend gelobt zu werden. Ruckartig nahm Parker seine Kopfbedeckung an sich und wischte die Krempe ab, ehe er den Bowler wieder aufsetzte. Anschließend schritt er so geräuschlos, wie der Kies es erlaubte, zur Feuerleiter und sah hinunter. Weitere Angreifer waren im Augenblick nicht zu entdecken. Mit katzenhafter Geschmeidigkeit ließ sich der Butler von Stufe zu Stufe gleiten und stand gleich darauf wieder auf dem Erdboden. * Lautlos wie ein Schatten glitt Josuah Parker um die Gebäudeecke. Vorsichtig schob er die verglaste Tür auf und spähte in die finstere Werkstatthalle. Auf den ersten Blick war nichts Verdächtiges zu entdecken. Dennoch waren sämtliche Nervenfasern des Butlers auf erhöhte Wachsamkeit eingestellt. Die geheimnisvolle innere Stimme die ihn bisher stets vor tödlichen Gefahren gewarnt hatte, machte sich mit leisem Kribbeln in der Magengrube bemerkbar. Als gleich darauf das erste Mündungsfeuer aufblitzte, hatte Parker sich gerade hinter einen Geländewagen geduckt, der über einer Montagegrube stand. Drei, vier Schüsse peitschten gleich hinterher, doch sie richteten ebenfalls, nur Sachschaden an. Dafür hatte Parker jetzt den Standort des unsichtbaren Schützen ausgemacht: Der Mann hatte vor der Tür des Büros Posten bezogen, in dem Parker Mylady zurückgelassen hatte, bevor er den Ausflug aufs Dach unternahm. Gelassen wählte der Butler aus dem reichlichen Angebot kleiner Überraschungen, die sich in den unergründlichen Taschen seines schwarzen Covercoats befanden, drei sogenannte Knallfrösche aus. Flink knotete er die Zündschnüre der Feuerwerkskörper zusammen und setzte die Lunte in Brand. Ohne seine Deckung zu verlassen, schleuderte Parker das kni-
sternde, funkensprühende Päckchen über das Dach des Geländewagens in Richtung auf den Schützen. Parkers lärmender Gruß fiel dem reichlich verdutzten Mann direkt vor die Füße. Krachend und blitzend hüpften die Knallfrösche zwischen den Beinen des Gangsters umher. Verbissen bemühte sich der Mann, die unberechenbaren Feuerwerkskörper auszutreten, tappte aber immer wieder daneben. Er gab seine Anstrengungen erst auf und stieß gleichzeitig einen panischen Schrei aus, als ein Knallfrosch den Weg in sein Hosenbein gefunden hatte und dort seine Tätigkeit fortsetzte. Der Butler hatte die Zeit genutzt, um seine Gabelschleuder herauszuziehen und mit einer der hartgebrannten Tonmurmeln zu laden. Während sein bewaffneter Widersacher noch mit den, zudringlichen Knallfröschen kämpfte, glitt die kleine Kugel schon aus der Lederschlaufe und nahm Kurs auf die Stirn des Gangsters. Augenblicklich unterbrach der Mann seine an einem Steptanz erinnernde Darbietung und erstarrte zur Salzsäule. Instinktiv griff er mit beiden Händen nach seiner Stirn und ließ dabei die Waffe achtlos zu Boden fallen. Torkelnd suchte er im Türrahmen Halt, knickte aber gleich darauf in den Knien ein und kippte nach hinten. Die anscheinend nur angelehnte Tür zum Büro flog auf, als der Gangster sich mit dem Rücken dagegenfallen ließ. Gleich darauf war der Mann im Büro verschwunden. Ein dumpfes Geräusch signalisierte dem Butler, daß sein Gegner aufrecht ungestüme Weise den Kontakt zum Fußboden gesucht hatte. »Halt!« gebot eine Stimme, als Parker das Büro betreten und nach seiner Herrin sehen wollte. Mylady saß immer noch in dem bequemen Schreibtischsessel. Aber sie war nicht allein. Bei dem Mann, der hinter ihr stand und einen Revolver auf ihren Kopf richtete, konnte es sich nur um Glen Robson handeln. »Sie waren verteufelt gut, Parker«, räumte der Gangster zähneknirschend ein. »Aber mich werden Sie nicht zu packen bekommen.« »Eine Feststellung, deren Wahrheitsgehalt sich noch erweisen dürfte, Mister Robson«, entgegnete der Butler unbeeindruckt. »Ihre Männer haben sich inzwischen ausnahmslos zurückgezogen.
Möglicherweise sollten Sie diesem Beispiel folgen, falls die Anmerkung genehm ist.« Robson lachte höhnisch. »Da kennen Sie mich schlecht, Parker«, behauptete er. »Ich gehe über Leichen, wenn es sein muß!« »Eine Äußerung, die man keinesfalls anzweifeln möchte, Mister Robson«, ließ der Butler sich vernehmen. »Ihnen wird gar nichts anderes übrigbleiben, als mich unbehelligt abziehen zu lassen«, erklärte der Gangster und entblößte seine Zähne zu einem Grinsen, das man nur als diabolisch bezeichnen konnte. »Und Ihre Chefin wird mich begleiten, bis ich in Sicherheit bin.« »Darf man diese Ankündigung so verstehen, daß Sie Mylady als Ihre Geisel zu betrachten geruhen, Mister Robson?« vergewisserte sich der Butler. »Kluges Kerlchen!« spottete der Gangster. »Was täten Sie denn an meiner Stelle?« Parker blieb die Antwort schuldig, aber überlegte fieberhaft, wie er seiner Herrin helfend beispringen könnte, ohne ihr Leben in Gefahr zu bringen, daß Robson bei der ersten verdächtigen Bewegung bedenkenlos abdrücken würde, daran zweifelte er nicht. »Also los, Parker«, kommandierte der Werkstattboß. »Machen Sie endlich den Weg frei und unterlassen Sie alle faulen Tricks, wenn Ihnen etwas am Leben Ihrer Chefin liegt.« »Bedauerlicherweise sieht man sich gezwungen, Ihren Anordnungen Folge zu leisten, Mister Robson«, erwiderte der Butler. »Die Durchschlagskraft des Arguments in Ihrer rechten Hand dürfte kaum zu bestreiten sein.« Langsam machte Parker kehrt. In ausgesprochen würdevoller Haltung verließ er gemessenen Schrittes das Büro. Robson, dem er dabei den Rücken zukehrte, sah nicht, daß der Butler eine weiße Plastikkugel in der Hand hielt, die einem Pingpongball ähnelte – abgesehen von den zahlreichen feinen Löchern, mit denen die Wandung perforiert war. Mit kräftigem Druck sorgte Parker dafür, daß die dünne Glasampulle im Innern des Bällchens splitterte. Im Hinausgehen ließ er die Kugel auf den Teppich fallen und zog dann blitzschnell die Tür hinter sich zu. Im selben Augenblick verband sich die glasklare Flüssigkeit aus der zerbrochenen Ampulle mit dem Luftsauerstoff und zeigte eine
Reaktion, die man nur als heftig bezeichnen konnte. Das betäubende, die Schleimhäute reizende Gas, das aus dieser Verbindung hervorging, strömte zischend aus den Löchern des Bällchens und breitete sich im ganzen Raum aus. Heftiges Husten und Würgen hinter der geschlossenen Tür war die unvermeidliche Folge. Die Geräusche ebbten jedoch schnell wieder ab. Rasch nahm der Butler ein Taschentuch und preßte es vor Mund und Nase, bevor er die Tür wieder öffnete. Mylady hatte sich im Sessel zurückgelehnt und machte einen ausgesprochen entspannten Eindruck. Glen Robson war gleich neben ihr auf die Knie gefallen und hatte den Kopf auf die Lehne gebettet. Beide schnarchten friedlich im Duett. Unverzüglich öffnete Parker alle Fenster, um den Raum gründlich zu durchlüften. Dabei drangen rasch näherkommende Polizeisirenen an sein Ohr. Wenig später stoppten mehrere Streifenwagen mit quietschenden Reifen vor dem Werkstattor. »Ist Mylady etwas passiert?« entsetzte sich Chief-Superintendent McWarden, der gleich darauf mit einem Pulk von Kollegen in den Raum drängte. Der Yardbeamte war ebenso blaß wie der ehrenwerte Mister Pikkett, der ebenfalls mitgekommen war und die ältere Dame mit ängstlich-besorgten Blicken musterte. In diesem Augenblick schlug Agatha Simpson die Augen auf und blickte verwirrt um sich. »Ach, McWarden! Sie sind es«, stellte die Lady beruhigt fest. »Sie können die Lümmel gleich mitnehmen. Ich habe sie alle überwältigt.« Parkers Herrin gähnte herzhaft, bevor sie sich wieder in die Polster zurücklehnte, um ihr unterbrochenes Nickerchen fortzusetzen. Der Butler ließ sich nichts anmerken – im Gegenteil, sein Gesicht blieb glatt und ausdruckslos und glich dem eines professionellen Pokerspielers wie eh und je.
ENDE Nächste Woche erscheint Butler Parker Band 359 Edmund Diedrichs
PARKER und der zweite Robin Hood
Lady Agatha wird Zeuge, wie einige Luxuskarossen ausgeraubt werden, während sie vor einer Ampel wartet. In einem vornehmen Restaurant werden sie und Butler Parker beim Essen gestört. Das mißfällt ihr sehr, und Mylady ruft die Störenfriede zur Ordnung, lädt sie aber zu sich nach Shepherd’s Market ein. Als ihre Gäste sich als ein gewisser »Robin Hood« und »Brother Tuck« zu erkennen geben, werden sie beim Verlassen des Hauses Ziel eines Mordanschlages. Die Detektivin läßt sich indes nicht verwirren und macht sich mit der ihr eigenen Energie an die Aufklärung des Falles. Sie verteilt ungeniert Ohrfeigen, setzt ihren Glücksbringer schlagkräftig ein und schießt wie weiland Wilhelm Teil einem Gangster einen Apfel vom Kopf. Der Mann hat zwar mit Robin Hood nichts zu tun, aber das sieht die resolute Dame nicht so kleinkariert, denn Josuah Parker zieht gewohntermaßen aus dem Hintergrund die Fäden und verdirbt einem Gangsterboß die Jubelfeier… Wieder eine neue PARKER-Story aus der Feder von Edmund Diedrichs -Sie sollten sie lesen!