NOVUM TESTAMENTUM ET ORBIS ANTIQUUS (NTOA) Im Auftrag des Biblischen Instituts
der Universität Freiburg Schweiz herausgegeben von Max Küchler in Zusammenarbeit mit Gerd Thaissen
Zur .t\utorin:
Gudrun Guttenberger Ortwein, geboren 1962. studierte evangelische Theologie in Tübingen, Heidelberg und Mainz. Im Anschluss an das Vikariat und eine Assistenzzeit am Theologischen Seminar Herborn (bei Prof. G. Hartmann) war sie von 1990- 1994 als Ffarrerin im Westerwald tätig. 1998 Promotion an der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg (bei Prof. G. Theissen). Seit 1998 als Ffarrerin mit einem Lehrauftrag für Frauenforschung und feministische Theologie an der Universität Mainz tätig.
NOVUM TESTAMENTUM ET ORBIS ANTIQUUS
Gudrun Guttenberger Ortwein
Status und Statusverzicht im Neuen Testament und seiner Umwelt
UNNERSITÄ TSVERLAG FREillURG SCHWEIZ VANDENHOECK & RUPRECHT GÖTI'INGEN 1999
39
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Gutteabe11J8r Ortwein, Gudnm: Status und Statusverzicht im Neuen Testament und seiner Umwelt I Gudrun Guttenberger Ortwein.- Freiburg, Schweiz: Univ.-Verl.; Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1999 (Novum testamenturn et orbis antiquus; 39) ISBN 3-7278-1221-4 (Univ.-Verl.) ISBN 3-525-53939-8 (Vandenhoeck & Ruprecht)
Veröffentlicht mit Unterstützung des Hochschulrates der Universität Freiburg Schweiz, des Rektorates der Universität Freiburg Schweiz und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Die Druckvorlagen wurden von der Verfasserin als reprofertige Dokumente zur Verfügung gestellt © 1999 by Universitätsverlag Freiburg Schweiz
Paulusdruckerei Freiburg Schweiz ISBN 3-7278-1221-4 (Universitätsverlag) ISBN 3-52 5-53939-8 (Vandenhoeck und Ruprecht)
Meinen Eltern
Vorwort Die wrtiegende Untersuchung ist die überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Wintersemester 1997/98 wn der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommen wurde. Die Entscheidung, nach einigen Jahre praktischer Arbeit in der Kirchengemeinde erneut wissenschaftlich zu arbeiten, fiel aufgrund hermeneutischer Fragen. Daß die kirchliche Arbeit, auch und gerade da, wo die Bibel mit Hllfe "neuer Zugänge" wie Blbliodrama neu zur Geltung gebracht wird, nur selten auf die ~etischen Wissenschaften zurückgreift, hat mich nachdenklich gemacht. Einerseits scheinen in der kirchlichen Arbeit Bibeltexte mit den Texten aus anderen Epochen der Geschichte und uns heute gleichzeitig zu werden; ihre historische Besonderheit wird dabei nicht (hinreichend) wahrgenommen und gewürdigt. Wie schwierig andererseits der Weg wn der wissenschaftlichen Exegese eines Textes zu seiner Verkündigung und seiner sinnwllen Verwendung in der Seelsorge ist, habe ich im Vikariat sehen gelernt Diese "Kontaktsperre" zwischen wissenschaftlicher Exegese und kirchlicher Arbeit hat mich nach einem befriedigenderen hermeneutischen Modell suchen lassen. Herr Professor D. Dr. G. Theißen hat mich bei dieser Suche begleitet und behutsam angeleitet, mir dabei geholfen, meine Fragestellungen zu präzisieren sowie zu konkretisieren und hat mich mit dem Modell der "Impliziten Axiome", das wn D. Ritschl entwickelt und wn G. Theißen selbst fortgeführt worden ist, bekannt gemacht. Die Wahl des Themas .Status und Status\6zicht" hat sich dabei als glücklich erwiesen. Daß Menschen in der Beziehung zu Gott ihre eigene Würde und die der anderen neu verstehen und ihr Verhalten daran zu orientieren lernen, hat mein theologisches Denken und Deuten neu akzentuiert. Die Deutemodelle, die in der Untersuchung dargestellt werden, konnte ich auf eine ganzen Reihe wn eigenen und fremden Lebenserfahrungen anwenden und auf ihre lebensfördernde Kraft hin überprüfen. Natürlich hat mich während der Arbeit erneut die Leidenschaft für die historischen und exegetischen Wissenschaften gepackt. Daß ich die Gelegenheit hatte, ihr nachzugeben, war mir eine Freude. Mein besonderer Dank g~lt also Herrn Professor Theißen für die ausdauernde und ermutigende Begleitung sowie für die zahlreichen wichtigen Anregungen. Zu Beginn meiner praktischen Arbeit haben mich Prof. G. Hartmann und Prof. M. W~-Menkhoff in meinem theologischen Fragen unterstützt und geprägt. Sie haben mir durch ihr Denken und durch ihr Beispiel Mut gemacht, nach tragfiihigen Lösungen zu suchen. Daß Herr Prof. Küchler diese Arbeit in die Re·ihe "Novum Testamenturn et Orbis Antiquus" aufgenommen hat, macht mich froh und stolz. Ihm und Prof. K. Berger, der die Zweitkorrektur der Dissertation übernommen hat, g~lt ebenso mein Dank. Meinem Mann und meinen Eltern danke ich für ihre Begleitung und Ermutigung, meinen Geschwistern Edith Gottwald und Michael Guttenberger sowie meinem Schwager Volker Gottwald zudem für ihre Unterstützung bei der Arbeit mit dem PC und der Erstellung dieses Buches. Für die Unterstützung beim Korrekturlesen schulde ich Annette Weissenneder sowie Robert und Elisabeth Latz meinen Dank.
Inhaltsverzeichnis lnhaltsverzeichnis ....................................................................................... l
1. Kapitel: Einleitung .............................................................................. 10 1.1. Demut und Größe .............................................................................................................. 10 1.2. Begriffsbestimmungen ..................................................................................................... 12 1.3. Die Aufgabe ......................................................................................................................... 14 Die Forschung ......................................................................................................... 14 Einordnung in die Forschungsgeschichte ...................................................... 17 Zum Vorgehen ........................................................................................................ 19
Tei I I: Pagane Antike ............................................................................... 21 Die Aufgabe des Ersten Teils ................................................................ 21 2. Kapitel: Die Ordnung der Ehre ........................................................ 22 2.1. 2.2. 2.3. 2.4.
Einleitung .............................................................................................................................. 22 Begriffsbestimmung .......................................................................................................... 23 Die antiken mediterranen Gesellschaften als Schamkulturen ............................. 25 Ehre - wichtiger als das Leben ....................................................................................... 26 Der Platz des Menschen im Oikos .................................................................... 26 Eltern und Kinder............................................................................................ 27 Mann und Frau ................................................................................................ 28 Der Platz des Menschen in der Polis................................................................ 29 Die Zugehörigkeit zu einer Familie ........................................................... 29 •... immer der Erste zu sein und vorzustreben vor andern .... " Challenge and Response ............................................................................... 29 Der Platz des Menschen im Kosmos ................................................................ 33 Das Verhältnis zu sich selbst .............................................................................. 33 2.5. Ehre als schichtübergreifender Wert ........................................................................... 35 Ehre als Oberschichtswert. .................................................................................. 35 Die Mentalität der Unterschichten .................................................................. 35 Ehre als Unterschichtswert .......................................................................... 35 Die Dominanz der Frage nach dem Überleben ...................................... 38 2.6. Relativierungen: Verinnerlichung und Umkehrung ................................................ 39 2.7. Zusammenfassung ............................................................................................................. 40
3. Kapitel: Erhöhung und Erniedrigung - Rollenangebote und Deutemodelle in der griechischen Kultur .................................... 41 3.1. Das zwischenmenschliche Verhalten ............................................................................ 41 Statusverzicht als Affektkontrolle zugunsten der Gemeinschaft .......... 42
2 Statusverzicht zugunsten der Gemeinschaft ......................................... 42 Affektkontrolle als Bedingung für Gemeinschaftsfähigkeit ............. 43 Ausdehnung auf .Gruppenfremde" .......................................................... 43 Der Entwicklungsfortschritt ........................................................................ 44 Statusverzicht als Bedingung für Erhöhung ................................................. 44 Selbsterniedrigung und Erhöhung des Fremden durch den Gastgeber .......................................................................................................... 44 Selbsterniedrigung als Bedingung für den Sieg ................................... 45 3.2. Das Handeln der Götter zur Begrenzung des menschlichen Machtstrebens .. 46 Zeus erniedrigt den Gewalttäter: das Recht als Kriterium für Erhöhung und Erniedrigung ................................................................................................... 46 Zeus erniedrigt die Hochmütigen: die maßvolle Selbsteinschätzung als Kriterium für Erhöhung und Erniedrigung .................................................... 47 Der Zeitenlauf erniedrigt bald diesen, bald jenen: die Grenzen des Menschen ................................................................................................................. 47 Die Götter erniedrigen die Glücklichen: Der Neid der Götter ................. 48 Religiöse Demut: die Forderung nach dem rechten Maß ......................... 49 3.3. Das Zwischenmenschliche Verhalten als Imitation und als Korrektur des göttlichen Handelns ........................................................................................................ 50 Die Imitation des göttlichen Handeln ............................................................. 50 Die Unbarmherzigkeit des Stärkeren ........................................................ 50 Die Wohltätigkeit der Herrscher ................................................................ 51 Mitleid als Korrektur des erhöhenden und erniedrigenden Handeins der Götter: Theseus und Neoptolemos ................................................................... 52 3.4. Die Entstehung der Vorstellung einer statusunabhängigen Würde des Menschen ........................................................................................................................... 54 Größe durch Vernunft: Sokrates....................................................................... 54 Größe durch Tugend und die Umwertung der Werte ................................ 56 3.5. Zusammenfassung ............................................................................................................. 58
4. Kapitel: Erhöhung und Erniedrigung - Rollenangebote und Deutemodelle in der römischen Kultur ........................................ 60 4.1. Erhöhung als Gabe und Erniedrigung als Fluch des .Römertums" ..................... 60 Aufstieg als kollektiver Erfolg ............................................................................ 60 Erniedrigung als Strafe für das Sakrileg des Brudermords ...................... 62 4.2. Erhöhung als Gabe der Götter und Herrschaft als Auftrag .................................. 62 Erhöhung als Gabe der Götter........................................................................... 62 Das Verhalten der Menschen: pietas ............................................................... 64 Erniedrigung als Scheitern an der Berufung zur Herrschaft ................... 65 4.3. Die Vorstellung von der statusunabhängigen Würde in der Stoa ...................... 66 Wahre Größe als claritas und securitas - die Deutung von Statusveränderungen bei Seneca ..................................................................... 66 Securitas als Ziel ............................................................................................. 67
3 Die Verachtung des Schicksals und die innere Größe ......................... 68 Erniedrigung als Erziehung .......................................................................... 68 Erniedrigung und Erhöhung als Phasen eines kosmischen Geschehens ....................................................................................................... 69 Statusverzicht bei Seneca ............................................................................ 70 Die Verachtung alles Irdischen - die Deutung von Größe und Nichtigkeit bei Mark Aurel ................................................................................. 71 Die Nachahmung der Gottheit ................................................................... 72 Die Verachtung alles Irdischen ................................................................... 72 Die Selbstentfremdung ................................................................................. 73 Statusverzicht .................................................................................................. 74 Die Zeuskindschaft der Selbstbestimmten - Hoheit bei Epiktet... .......... 74 Freiheit als Gabe des Zeus ............................................................................ 75 Hoheit durch Selbstbestimmung ............................................................... 75 Distanzierung vom gesellschaftlichen Status durch den Rollenbegriff .................................................................................................... 76 4.4. Zusammenfassung ............................................................................................................. 76
5. Kapitel: Demut in der paganen Antike ......................................... 77 5.1. Demut vor Gott. .................................................................................................................. 77 5.2. Demut vor den Menschen ............................................................................................... 80 Die Demut der Unterlegenen gegenüber den Überlegenen ..................... 80 Die Demut der Überlegenen gegenüber den Unterlegenen ..................... 81 Herrschaft als Knechtschaft ........................................................................ 81 .. Diener des Volkes" ........................................................................................ 83 5.3. Zusammenfassung ............................................................................................................. 84
6. Kapitel: Zusammenfassung des ersten Teils ................................ 85 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5.
Ehre und ihre Steigerung ................................................................................................. 85 Die Deuteangebote der griechischen Kultur ............................................................. 85 Die Deuteangebote der römischen Kultur .................................................................. 86 Ansätze zur positiven Bewertung von Demut........................................................... 87 Die Rolle der Götter ........................................................................................................... 87
Teil II: Jüdische Antike ........................................................................... 89 Die Aufgabe des zweiten Teils ............................................................. 89 Die Relativierung des Statusbewußtseins ........................................................................... 89 Die Ordnung der Ehre in der jüdischen Gesellschaft ................................. 89 Die Niedrigkeit der Hohen .................................................................................. 90 Das Hoheitsbewußtsein der Niedrigen ............................................................ 91 Der Positionswechsel als Hoffnungsbild ............................................................................. 92 ln Palästina .............................................................................................................. 92 ln der Diaspora ....................................................................................................... 92
4 Zur Gliederung des II. Teils ...................................................................................................... 93
7. Kapitel: Die alttestamentliche Vorgeschichte ............................. 93 7.1. Die Erwählung durch Gott .............................................................................................. 93 Gott erwählt das kleinste Volk .......................................................................... 94 Gottes Handeln ................................................................................................ 94 Die Entwicklung: Demokratisierung und Individualisierung ............ 94 Die Haltung des Menschen .......................................................................... 95 Gott erwählt die Niedrigen im Volk................................................................. 96 Gottes Hande•n ................................................................................................ 96 Die Entwicklung: Entbindung von der sozialen Begrenzung ............ 96 Die Haltung des Menschen .......................................................................... 97 Zusammenfassung und Auswertung ............................................................... 98 Gott schützt das bedrohte Volk: Der JHWH-Krieg ...................................... 98 Gottes Handeln ................................................................................................ 98 Die Haltung der Menschen ........................................................................ 100 Gott läßt einen Rest: Die Niedrigen bergen sich auf dem Zion ............ 101 Gottes Handeln .............................................................................................. 101 Das Verhalten der Menschen .................................................................... 102 Zusammenfassung ............................................................................................... 104 7.2. Die demütigen Großen: Demut als soziale Tugend ............................................... 104
8. Kapitel: Status und Statusverzicht in den zwischentestamentliehen Schriften aus Palästina .................. 106 8.1. Status und Statusverzicht im Zentrum der Gesellschaft: Die Anschauungen im Sirachbuch und den ersten zwei Makkabäerbüchern .................................. 107 Gottes Handeln ..................................................................................................... 107 Das Verhalten der Menschen ........................................................................... 108 Demut vor Gott ............................................................................................. 108 Das zwischenmenschliche Verhalten ...................................................... 108 8.2. Status und Statusverzicht am Rand der Gesellschaft: ......................................... 109 Die Apokalyptischen Schriften ........................................................................ 109 Gottes Handeln: Gott handelt gegenwärtig nicht. ............................ 109 Gottes Handeln: Gott handelt am Ende der Zeiten ........................... 111 Die Haltung der Menschen: Die Haltung Gott gegenüber .............. 112 Die Haltung der Menschen: Das zwischenmenschliche Verhalten 113 Die essenischen Schriften ................................................................................. 114 Die Gründung der Gemeinschaft als Folge einer Erniedrigung ..... 114 Statusverzicht innerhalb der Gemeinschaft... ...................................... 116 8.3. Zusammenfassung und Auswertung .......................................................................... 119
9. Kapitel: Status und Statusveränderungen - Deutungen in den Schriften aus der jüdischen Diaspora in Ägypten ................... 120
5 Erhöhung und Erniedrigung in der Diasporasituation ............................. 120 9.1. Die Erhöhung des Gerechten ........................................................................................ 121 Das Handeln Gottes: Erniedrigung als Strafe und Erhöhung als Folge der Gottesfurcht. ................................................................................................. 121 Das Verhalten der Menschen: Die taktische Selbsterniedrigung .......... 121 9.2. Die Erniedrigung des Gerechten .................................................................................. 121 9.l. Erhöhung und Erniedrigung als Zufall ...................................................................... 122 9.4. Die Bewahrung der Hoheit in der Erniedrigung: Verhaltensmuster für den Umgang mit den Heiden als Unterdrückern .......................................................... 122 Der Sieg des Ohnmächtigen ............................................................................. 122 Die Überlegenheit der Standhaften ............................................................... 124 Die Weisheit begleitet in die Niedrigkeit. .................................................... 125 9.5. Die Erhöhung der demütigen Heiden: Verhaltensmuster für den Umgang mit den respektvollen Heiden ............................................................................................ 125 Die rituelle Selbsterniedrigung der Heidin vor Joseph und ihre Erhöhung durch ihn ............................................................................................ 125 9.6. Die diakonische Selbsterniedrigung des Gerechten: Selbsterniedrigung als Ausdruck von Hoheit. ................................................................................................... 127 9. 7". Zusammenfassung ........................................................................................................... 128
10. Kapitel: Status und Statusveränderungen bei Philo von Alexandrien ........................................................................................ 129 101.1. Gott und die Niedrigen ................................................................................................ 129 Gottes Handeln ..................................................................................................... 129 Gott achtet auf die Niedrigen und übersieht die Großen ............... 129 Gott wählt die Waisen der Welt .............................................................. 130 Gott siegt mit schwachen Waffen .......................................................... 131 Gott gibt den Schwachen den Sieg und läßt die Ohnmacht über die Macht triumphieren ..................................................................................... 132 Das Verhalten der Menschen ........................................................................... 132 Die Demut vor Gott als die innere Haltung der Niedrigen .............. 132 Der Fall als Aufstiegschance ...................................................................... 133 Die Achtung der Niedrigen ........................................................................ 134 Der freiwillige Statusverzicht ................................................................... 134 101.2. Die natürliche Ordnung ............................................................................................... 135 Die Gleichheit und die Begründung von Herrschaft... ............................. 135 Der 110Ü) als einziges statusrelevantes Kriterium ................................. 135 Die Demut vor Gott und die Herrschaft des Nous ............................. 136 Die Gleichheit ................................................................................................ 137 Ideale gesellschaftliche Ordnungen ........................................................ 139 Statusverzicht ................................................................................................ 142 Die Würde der Niedrigen ................................................................................... 142 Die Armen ....................................................................................................... 142
6
Die Fremden ................................................................................................... 144 Die Sklaven ..................................................................................................... 145 Die Kinder ........................................................................................................ 147 Die Frauen ....................................................................................................... 148 Tiere und Pflanzen ........................................................................................ 149 Zusammenfassung ........................................................................................ 151 10.3. Statusveränderungen ................................................................................................... 151 Die illegitime Statusveränderung ................................................................... 151 Die legitime Statusveränderung ..................................................................... 152 Aufstiege und Abstiege von Individuen (als Typen) .......................... 152 Der Positionswechsel zwischen Juden und Heiden ............................ 153 Ein Exemplum für den Positionswechel: Flaccus ................................ 154 Der Positionswechsel zwischen den Völkern als Ausdruck internationaler Demokratie ....................................................................... 155 10.4. Zusammenfassung ......................................................................................................... 155
11. Kapitel: Zusammenfassung des zweiten Teils ......................... 156
Teil II I: Urchristentum .......................................................................... 161 Die Aufgabe des dritten Teils •.......•.................................................... 161 Demut als soziale Tugend ...................................................................................................... 161 Überblick über das Vorkommen im Neuen Testament ................................................. 161 Zur Gliederung des dritten Teils........................................................................................... 162
12. Kapitel: Die Ersten und die Letzten -der Positionswechsel bei Jesus ............................................................................................. 163 12.1. Die Positionswechsellogien ....................................................................................... 163 12.2. Überlieferung .................................................................................................................. 163 12.3. Form und Aussage der drei Grundtypen ................................................................ 164 Der verbale Grundtyp ......................................................................................... 164 Der substantivisch-pluralische Grundtyp .................................................... 165 Der substantivisch-singularische Grundtyp ................................................ 166 12.4. Die jesuanische Herkunft der Positionswechsellogien ....................................... 167 Der verbale und der substantivisch-pluralische Grundtyp ..................... 167 Der substantivisch-singularische Grundtyp ................................................ 168
13. Kapitel: Das Positionswechselaxiom in den "kleinen
Einheiten .. .......................................................................................... 169 13.1. Jesus und die Vornehmen ........................................................................................... 170 Die Heilung der Tochter der Syrophönizierin ............................................. 170 Der Positionswechsel in den anderen Wundererzählungen ................... 172 Die Begegnung Jesu mit einem reichen Mann, Mk 10,17-27 ............... 173
7 Zusammenfassung ............................................................................................... 175 11 3L2. Jesus und die Niedrigen ............................................................................................... 175 Jesus und die Kinder ........................................................................................... 175 Die Spende der armen Witwe, Mk 12,41-44............................................... 176 Zusammenfassung ............................................................................................... 177 n 31.3. Jesus und die gesellschaftliche Ordnung ............................................................... 178 Der arme König, Mk 11,1-11 ........................................................................... 178 Der König der Juden und der römische Staat, Mk 15,1-20 ................... 181 Die ßa,cnf..eia. und die römische Weltmacht, Mk 4,30-32 ........................ 182 Zusammenfassung ............................................................................................... 183
114. Kapitel: Die Bedeutung des Positionswechselaxioms in der Konzeption der drei synoptischen Evangelien .......................... 184 TI 41-.1. Dem alle Engel dienen .... -der Positionswechsel im Markusevangelium ... 184 Der symbolisch-topalogische Positionswechsel......................................... 185 Der christologische Positionswechsel.. .......................................................... 187 Jesu Kritik an den bestehenden hierarchischen Verhältnissen und Herrschaft als demütiger Dienst: eine Alternative zur Pietas ........ 187 Hoheit und Niedrigkeit des Gottessohnes: eine Alternative zur Vergöttlichung des Herrschers ................................................................. 192 Die ekklesiologische Positionswechselaxiom .............................................. 196 114!-.2. Ein Vergleich mit der matthäisehen und lukanischen Redaktion ................... 198 Das Matthäusevangelium ................................................................................. 198 Demut als Eigenschaft des Königs und Lehrers .................................. 198 Demut als Forderung an die Jünger ....................................................... 200 Der Positionswechsel als Gerichtsansage .............................................. 202 Das Lukasevangelium ......................................................................................... 205 Die Darstellung Jesu .................................................................................... 205 Die Forderungen an die Jünger ................................................................ 206 n4-.3. Zusammenfassung ......................................................................................................... 208
115. Kapitel: Das Positionswechselaxiom bei Paulus ..................... 208 1161.1. Status und Statusverzicht innerhalb der korinthischen Gemeinde ............... 209 Die Erhöhung der Gemeinde ............................................................................ 209 Aufforderungen zur Demut fehlen ......................................................... 209 Die Erhöhung der Gemeinde in der Anfangsverkündigung ............ 210 Modelle von Erhöhung in Karinth ................................................................. 213 Modell1: Das Bewußtsein königlicher Hoheit .................................... 213 Modell 2: Hoheit als Heiligkeit................................................................. 221 Zusammenfassung ........................................................................................ 230 Die Positionen des Paulus ................................................................................. 235 Die Stärkung von Hoheitsbewußtsein .................................................... 235 Die paulinische Konzeption von Hoheit.. .............................................. 240
8 Der Umgang mit der Konkurrenzsituation in der Gemeinde .......... 243 15.2. Die Bedeutung des Positionswechselaxioms für das apostolische Selbstverständnis des Paulus...................................................................................... 253 Einleitung: Die Konzeption des Paulus in ihren Grundzügen ............... 254 Die Deutung des Christusgeschehens durch das Positionswechselaxiom ............................................................................... 254 Die apostolische Selbsterniedrigung ...................................................... 255 Positionswechsel: Die Erhöhung der Gemeinde als Folge der apostolischen Selbsterniedrigung ........................................................... 257 Niedrigkeit als Autoritätsmerkmal: Ein Dissens zwischen Paulus und den Korinthern .............................................................................................. 259 Alternative Deutungen des Leitungsamtes ................................................. 264 Vorfragen ........................................................................................................ 264 Legitimierungsstrategien ............................................................................ 266 Zusammenfassung ........................................................................................ 274 Das Verhältnis Apostel - Gemeinde ............................................................... 27 4 Das Mittleramt: Mose .................................................................................. 276 Die Tiefenstruktur der Position des Paulus.................................................. 280 Die Niedrigkeit des Paulus ......................................................................... 280 Die Erhöhung der Gemeinde durch Paulus .......................................... 283
16. Kapitel: Die weitere Entwicklung bei Paulus und in den
paulinischen Briefen ....................................................................... 287 16.1.1m Römer-, Philipper-und Galaterbrief ................................................................. 287 16.2. ln der Paulusschule ....................................................................................................... 289
17. Kapitel: Statusverzicht im Johannesevangelium .................... 290 17.1. Die Hoheit Jesu im Johannesevangelium ............................................................... 291 17.2. Die Fußwaschung in der antiken mediterranen Welt.. ...................................... 293 17.3. Die Fußwaschung: der Statusverzicht Jesu und die Aufforderung an die Jünger ................................................................................................................................ 296 Zur Gliederung ...................................................................................................... 296 Zur Einheit der Erzählung von der Fußwaschung ..................................... 299 Zur Abgrenzung der Fußwaschungserzählung ........................................... 302 Zum Kontext ......................................................................................................... 303 Synoptische Traditionen in Joh 13,1-20 ...................................................... 308 17.4. Auswertung ..................................................................................................................... 310 Die Erzählung von der Fußwaschung und der urchristliche Wert des Statusverzichts ..................................................................................................... 310 Der Statusverzicht in der johanneischen Theologie ................................. 311
9
118. Kapitel: Die weitere Entwicklung der Forderung nach Statusverzicht im Neuen Testament und im Urchristentum: eine Skiue .......................................................................................... 314 118.. 1. Statusverzicht im Jakobusbrief, im Petrusbrief und in der Apokalypse ....... 314 118.. 2. Statusverzicht im ersten Clemensbrief und in den lgnatiusbriefen .............. 314
119. Kapitel: Zusammenfassung des dritten Teils .......................... 316
120. Kapitel: Zusammenfassung und Ertrag .................................... 318 2l01.1. Die pagane Antike ......................................................................................................... 318 2l0J.2. Das Judentum ................................................................................................................. 321 2l0!.3. Das Urchristentum .......................................................................................................... 323
Literaturverzeichnis .............................................................................. 326
1. Kapitel: Einleitung ..An den Kleinen aber, an den Frauen und den Fischern hat er [Jesus] offenbar seine größte Freude gehabt und unter dem Geschlecht der ..mJunftlosen Tiere sind ihm die entfemtestm Vettml des gescheitm Fuc:hses die liebstm, weshalb er es waog, auf einem Esel zu mtm, obwohl er, wenn er wollte auf einem Löwen hätte ungefährdet Platz nehmen dürkn_ . Auch der Heilige Geist schwebt in Gestalt einer Taube herob, nicht als Adler oder Geier,_ nicht zu \ot'f!1es5en, daß der Herr die Seinen, die er zum ewigen Leben bestimmt hat Schofe nennt; daß aber das Schaf das allerdümmste Tier ist sieht man schon aus dem sprichwörtlichen Ausdruclc bei Aristoteles "sich wie ein Schaf benehmen"_ . Und doch nennt sich Olristus den Hirten dieser Herde und freut sich, selbst Lamm zu heißen_ ." Erosmus ~ Rotterdam'
1.1. Demut und Größe Die Demut ist uns verdächtig und das mit guten Gründen. ln sozialer Hinsicht ist sie regelmäßig von den Unterlegenen gefordert worden mit dem Ziel, ihre Unterwerfung zu legitimieren und anerkennen zu lassen. Die Forderung ist von der kirchlichen Hierarchie gegenüber ihren Mönchen1, ihrem Kirchenvolk und den Frauen1 erhoben worden, um sie besser behenschen zu können. Demut fördert den Machtmißbrauch. Natürlich trauen die Henschenden ihrem Erfolg nicht, verdächtigen die Demütigen der Heuchelei und vermuten hinter der Demut der Unterworfenen die Rebellion. Demut fördert das Mißtrauen. Vom psychologischen Standpunkt aus kann sie als Ausdruck eines elementaren Minderwertigkeitsgefiihls4 und eines infantilen Abhängigkeitswunsches ~rbunden mit narzißtischem Erwählungsglauben und uneingestandenem Machtstreben~ gelten. Demut verhindert Reifung. Die Demut steht in dem Verdacht, die Menschen klein zu machen, klein zu halten und sie vom Ziel des Menschseins femzuhalten 6 • Die Demut ist ein lnstrument des Mißbrauchs und gleichzeitig selbst mißbraucht worden. 'Erasmus von Rotterdam, MOPIAl: ErKOMION, S. 195f. Pachomius, praec et reg J; Basilius, ascet. 1,3; vgl. Rehrl, Art. Demut IV, S. 467. Das wird im mittelalterlichen Mönchtum fortgesetzt. Vgl. zur Mühlen, Art. Demut V, S. 469. 1Maria kann mit Verweis auf Lk 1,48 als Urbild der Demut angesehen werden. Übersetzt man "n)11 TU.Trti~~WUrli nk cloU>.<JK tuiroli" mit "die Erniedrigung seiner Sklavin" wird bereits deutlich, daß Maria nicht als tugendhaft geschildert werden soll, sondern als gesellschaftlich niedrig und ausgegrenzt, wodurch sie zum Typos des erniedrigten Volkes wird. Gottes Eingreifen kennzeichnet dann die beginnende Befreiung und ist damit herrschaftskritisch zu verstehen. Vgl. Schottroff, Lydia, S. 291 f. Vgl. schon Luther, Magnificat, WA 7, 548,J2ff. Vgl. Gilen, Demut, S. 124f. ~Für den Jesuitenorden ist die Demut ein zentrales Element seines SelbsMrständnisses (vgl. zur Mühlen, Art. Demut Vl, S. 480). Einer der Wahlsprüche der Diakonissenmutterhäuser lautet: "Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen" (vgl. z.B. die Inschrift am Mutterhaus im Diakoniewerk Kaiserswerth). Seide Gruppen sind nicht für ihren Verzicht auf Machtausübung bekannt geworden. Zum Verhältnis von Dienst und Herrschaft vgl. Hacker, Aggression, S. 276f. 'Folgerichtig spielt die Demut in den zeitgenössischen ethischen Entwürfen keine Rolle. Breit rezipiert wurde und wird dagegen die herrschaftskritische Tradition, weshalb zwar politische und gesellschaftliche Macht negativ bewertet und zurückzudrängen versucht wird (vgl. Kasch, Art. Macht, Sp. 856), die Demut, akzentuiert als Statusverzicht, aber als Mittel der Herrschaftskritik 1
11
Die neutestamentliche Tradition dagegen verbindet mit der Demut geradezu das Gegenteil. Sie ~nüpft mit Demut Hoheitsbewußtsein, Mach~cht und die Förderung der sozialen Beziehungen. Im Neuen Testament macht Demut groß und ist Erkennungsmerkmal des Großen. Gregor wn N)5S3 bestimmte als den einzig möglichen Weg ffir den Menschen, Gott ähnlich zu werden, die Nachahmung der Demut Gottes'. Gottesnähe und menschliche Größe zeigen sich demnach in der Demut. Mit der Vorstellung wn der Mimesis Gottes nahm er ein Motiv auf, das in der Philosophie seit Platon das Ziel und die mögliche Größe des Menschseins umschrieb1 • Die Größe und Gottähnlichkeit des Menschen wurden in der paganen Tradition in seiner Fähigkeit zur Erkenntnis und zur Tugend einmeits und in der Bereitschaft zur Bedürfnislosigkeit und Autarkie andermeits1 entdeckt. Die Nachahmung Gottes durch Demut und die Behauptung, daß Demut zu den Eigenschaften Gottes zähle, begegnen in der paganen Antike nicht und hatten in ihr keinen Platz4 • Demut galt als Kennzeichen einer sklavischen Gesinnung und schloß Größe und Hoheit gerade aus5 • Wer demütig, ..servil" war, entfernte sich wn dem, was in den Augen antiker paganer Menschen das Menschsein ausmacht und in die Nähe der Götter rückt. Celsos warf den Christen folgerichtig wr, Servilität, ein Merkmal des schlechten Charakters, als Tugend zu preisen (Orig, Cels 6,15; 3,61
r.
nicht in den Blick gerät. Kasch, Art. Macht, Sp. 859, weist zu Recht darauf hin, daß mit dem Statusverzicht Jesu, wie er in Phil 2,6-11 oder Mt 4,1-11 beschrieben wird, Hoheitsbewußtsein, also (Voll)macht ~rbunden wird, und somit der Mißbrauch von Macht in Gewalt oder Manipulation als ein Zeichen für ein Zuwenig an Macht und für Angst und nicht als ein wesensmäßiges Merkmal von Hoheit und Vollmacht zu gelten hat. Dabei allerdings würdigt er die herrschaftskritische Funktion des MachMrzichts nicht hinreichend. '"Da nun alle anderen Eigenschaften, die wir an Gott erkennen, das Maß der menschlichen Natur übersteigen, die Demut und die Erniedrigung aber uns gewissennaßen angeboren ist und innig mit uns ~rwachsen ist , ... so hast du, wenn du Gott in dem nachahmst, was deiner Natur entspricht, auch die selige Schönheit angezogen" (Beat 1 zu Mt 5,3). 2 Piat, Theait 176bf; Sen, lra 11,16,2; Ep 95,50; vgl. Michaelis, Art. IUI'iOfUIIKTA., S. 663f. ln der Ethik der frühen Kirchenväter wird .Jüngerschaft" als Mimesis Gottes und Anteilhabe an ihm ~rstanden, wobei die Vergöttlichung des Menschen als Lebensziel gilt. Die breite Aufnahme zeigt auch die weite Verbeitung des Gedankens in der paganen Philosophie an. Vgl. Osbome, Art. Ethik V, S. 472. 3 Diog Laert VI, 51 ; Epict, Ench 15. 4 Dihle, Art. Ethik, Sp. 687f. \lgl. Dihle, Art. Demut, Sp. 737-743; Grundmann, Art. Tll'll'fl~ KTA., S. 1-6; Rehrl, Demut, S. 713.24-78; Wengst, Demut, S. 15-34. 6 Celsos zitiert Plat Leg 716a, eine der wenigen Stellen, in denen im positiven Sinn von der Demut die Rede ist, und wirft den Christen vor, diese Stelle miß~rstanden zu haben; verbunden mit seiner Beobachtung, daß dem Christentum Menschen anhangen, deren Sozialstatus niedrig ist und die über keine Bildung ~rfügen, sowie daß der Gründer selber Handwerker war, ergibt sich daraus das Bild einer minderwertigen Religion der kleinen Leute.
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1.2. Begriffsbestimmungen Es wird zwischen Demut
\UT
Gott als religiöser Tugend' und Demut gegenüber
Menschen als sozialer Tugend unterschieden1 • Demut vor Gott bedeutet, die eigene Person
in der vertrauensvollen Gottesbeziehung als ohnmächtig und abhängig zu erfahren. Zur Demut vor Gott gehört einerseits eine Distanzerfahrung, in der die Gottheit Gottes und die Nichtigkeie des Menschen wahrgenommen wird. Andererseits unterscheidet sie sich von Resignation und Selbst\erachtung durch die Erfahrung von Nähe: Die Größe Gottes vernichtet den Menschen nicht, sondern scham seine Würde und weist ihm seinen Platz zu. Der Demut als reHgiöser Tugend folgt der Gehorsam den göttlichen Geboten gegenüber4 • Die Demut Menschen gegenüber erfordert im Hinblick auf die Gesellschaft die Wertschätzung deTjenigen, die nach gesellschaftlichen Maßstäben geringgeachtet werden\ und im Hinblick auf die eigene Person die Bereitschaft, auf sozialen Status zu verzichten. Dieser Sta~cht bedeutet, sich auf ideologischer Ebene von den Wertmaßstäben der Gesellschaft abzuwenden und im Hinblick auf die statusrelev.1nten Güter durch Besi~cht und den Verzicht auf gesellschaftliche Macht das leben der Niedrigen zu teilen. Soziale Demut muß freiwiiHg erbracht werden.
'Di~ W~rtschätzung d~r D~mut ist an di~ Üb~rz~ugung g~bund~n. daß ~s für d~n M~nsch~n auch COram d~O wichtig S~i, b~Stimmt~ W~rthaJtung~n und V~rhaJt~nsw~i~n dau~rhaft ZU üb~m~hm~n und ~inzuüb~n. Di~s~ Üb~rz~ugung ist g~m~int, w~nn das Wort Tug~nd verw~nd~t wird, das auß~rhalb d~s römisch-katholisch~n Mili~us d~r S~lbstg~rechtigk~it verdächtigt wird. Vgl. Radl~r. Art. D~mut VIII, S. 48Jf. lygJ. Dihl~. Art. ~mut, Sp. 736, d~r vom B~griff Augustins ausg~ht. Thi~m~. D~mut, S. 31 f; 231 f, unt~rsch~idd dan~b~n di~ ~ipsistisch~ D~mut~, die abwertende S~lbstb~urteilung. Dies~n Vorschlag macht sich di~e Untersuchung nicht zueigen, weil es zu ihren Ergebnissen gehört, daß Statusverzicht mit Hoh~itsbewußt~in ~inh~rgeht. 1 Unter Nichtigkeit wird di~ ~grenztheit menschlicher Möglichkeiten gefasst, wie sie sich in ~inen limiti~rten kö~rlich~n. geistigen und psychischen Kräften z~igt, nicht aber ~ine Sündhaftigkeit, wi~ das z.B. bei Thieme g~chieht. Zwar g~hört auch die Begrenztheit seiner Fähigkeit, gerecht zu hand~ln, zu ~iner Nichtigkeit, und vollends beschreibt s~ine Sündigkeit verstanden als Versklavung unter die Macht der Sünde ~ine Schwäche, dennoch bleiben Scham und Schuld zwei verschiedene Kategorien, wie es sich kulturanthropologisch und entwicklungspsychologisch begründen läßt. \tgl. Dihle, Art. ~mut, Sp. 736. Dihle w~ist darauf hin, daß schon bei Augustinus d~r r~ligiösen D~mut die B~reitschaft ~ntspricht, die Erlösung anzun~hm~n. ohn~ auf Verdi~nste zu verweis~n. Für Luther ist die ~mut deswegen als Grundhaltung d~ Christen eng mit der Rechtfertigung verknüpft. Er unt~rsch~id~t di~ D~mut, die nicht von sich w~iß und die er mit ~Nichtigkeit" üb~rsetzt, von d~r gemachten D~mut, die ein Ausdruck von sündiger ~lbstbehauptung ist: ~Rechte Demut weiß nimmer, daß sie demütig ist; denn wo sie es wüßte, so würde sie hochmütig von dem Ansth~n d~~lben schön~n Tugend~ (Magnificat, WA 7, 561,32). Luther richtete die Auslegung des U~d~s an d~n Neff~n und Nachfolger sein~ Land~fürsten, Johann Friedrich, und st~llt heraus, daß das Magnifikat b~sonders ge~ignet sei, bei den Regi~renden die Gott~furcht zu stärken. Luth~r richt~t die Aufforderung, Demut zu lernen, an den Träg~r einer Hoheitsrolle, an den zukünftig~n Fürst~n.
~Dihl~. Art. ~mut, Sp. 736, meint, daß zudem di~ Vorstellung, daß im Nächsten Gott ~lbst b~g~gnet,
vorli~gen
müss~.
Imitationsmotiv ~gründet Ni~drige Gott repräs~nti~rt.
Das ist m.E. eine Engführung. Demut kann auch mit dem wie in Mk 10,35-45, ohne daß vorausge~tzt wird, daß der
w~rd~n.
13 Die religiöse Demut beschre1bt die bereitwillige Anerkennung der eigenen unterlegenen Position Gott gegenüber, die soziale Demut hebt ebenfalls die Bereitschaft zur Unterordnung unter den Nächsten herwr, ohne daß dabei der Status des Demütigen von Bedeutung ist; Demut kann sowohl vom Unterlegenen erbrad'lt werden, insofern er sich bereitWillig unterordnet, wie auch vom Gleichrangigen und Überlegenen, wenn diese einen Sta~cht erbringen. Ein solcher Status\erZicht kann darin bestehen, (a) die Statusmerkmale, wie z.B. Reichtum, nicht hervorzukehren, (b) sie nicht als Machtmittel einzusetzen, also sich ihres Gebrauchs zu enthalten und schließlich (c) sie aufzugeben und auf ihren Besitz zu ~chten. Der Positionswechsel bezeichnet den Austausch der gesellschaftlichen Positionen von einem oder mehreren Hohen und Niedrigen als Folge menschlichen Handeins oder unabhängig davon. Unter Status wird die "mehr oder minder hohe Stellung, die eine Person im Vergleidl zu anderen Mitgliedern des jeweiligen Sozials}stems ... einnimmt"', verstanden. Rang beschre1bt die Position in einem hierardlischen S~ern2 • Der Begriff soziale Position bezeidlnet dasselbe, ohne die \mChiedene Wertschätzung, die der Statusbegriff beinhaltet, zu berücksidltigen1 • Der Begriff Prestige benennt hingegen nur die Wertschätzung, die einer Person, einer Gruppe oder einer soziale Position entgegengebradlt wird4 • Der Status wird nadl ~iedenen Kriterien zugeschrieben. Wenn sich nadl \mChiedenen Kriterien ein und derselbe Status ergibt, spridlt man von Statuskonsistenz oder -kristallisation, wenn das nidlt der Fall ist, bezeidlnet man dies als Statusinkonsistenz oder -diskrepant. .2JJ jedem Status gehört eine Roll~'. Unter Rolle wird ..das Bündel norrnaM Verhaltenserwartungen"7 \erStanden, das es erlaubt, das Verhalten anderer Menschen in der Vorstellung vorwegzunehmen und sidl darauf einzustellen'. Diese Arbeit nimmt die kulturanthropologische Unterscheidung von Sdlam- und Sdluldkulturen auf, die von Dodds und Uoyd Jones' ffir das Verständnis der griedlisdlen Antike und von Malina' 0 ffir die Interpretation des Neuen Testaments frudltbar gemadlt worden ist. Die antiken Gesellschaften gelten als Sdlamkulturen, in denen die Vermeidung von Sdlande, die Geringsdlätzung durdl die anderen und der Versudl, die Ehre, die Wertschätzung der (relevanten) anderen zu steigern, das Verhalten stärker bestimmen als
1 P~uck~rt.
Art. Status, S. 331. Status wird als .W~rtschätzung ~in~s M~nsch~n in j~d~r Art von sich um ~in~ zi~mlich konstant bl~ib~nd~ W~rtschätzung hand~Jt•, d~fini~rt. Vgl. Scho~ck, Wört~rbuch, S. 311. "gl. Brust~n. Art. Rang, S. 517. \tgl. Scho~ck, Wört~rbuch, S. 310. \amn~ck, Art. ~stig~. S. 503. \tgl. Peuck~rt. Art. Status, S. 332. 'scho~ck, Wört~rbuch, S. 311. 7 P~uck~rt. Art. Roll~. S. 252. 'vgl. ~bd., s. 255. 9 Dodds, Gri~ch~n; Uoyd Jon~s. Eh~. 10 Malina, w~Jt. Grupp~. sof~m ~s
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die von der gesellschaftlichen Bewertung unabhängige Überzeugung, gerecht zu handeln und Schuld zu vermeiden, wie es in unserer Kultur im Vordergrund steht.
1.3. Die Aufgabe Es ist die Aufgabe dieser Arbeit nachzuzeidmen, wie es im Urchristentum zur Entdeckung der Demut als sozialer Tugend kommen konnte, und aufzuzeigen, welche Bedeutung die Demut als soziale Tugend fiir die urchristlichen Gemeinden hatte'.
Die Forschung Die antike Diskussion um die Bewertung der christlichen Demut wurde durch Nietzsches Kritik, der die Demut als Bestandtell der .Sklavenmoral" bestimmte, wiederaufgenommen. Karl Thieme setzte sich in seiner 1906 veröffentlichten Untersuchung "Die christliche Demut" mit diesem Vorwurf auseinander und hob hervor, daß christliche Demut eben nicht ein selbstquälerisches und sich selbst schwächendes Verhalten meine, sondern aus innerer Souveränität erwachse. Demut Qllt als Folge von Hoheitsbewußtsein und wird als wichtiges Eement theologischer Ethik gewürdigt. Die paulinische Hochschätzung der Demut 91lt ihm als Nachahmung der jesuanischen Sanftmut und Niedrigkeit, die als Ausdruck seines Hoheitsbewußtsein anzusehen sei. A wn Hamack untersuchte in seinem 1920 \6'öffentlichten Aufsatz ,,'Sanftmut, Huld und Demut' in der alten Kirche" die Verwendung und Bedeutung von emft~, ~ und m.m-nO;. 'Ema~ bestimmt er als die Henschertugend, die Christus als den milden Henscher ausweist, und die Christen in die Position von Henschem \metze. ~ beschreibe den messianischen König in Sach 9 und Jesus. Es werde in den Tugendkatalogen zum Äquivalent wn 'T'rmEMi;. TamnO; trage schon im AT und Judentum einen posi~ Sinn. Erstmals werde im Nf die Demut Menschen gegenüber gefordert. Besonders wichtig ist es ihm, die hohe Bedeutung der sozialen Demut hervorzuheben: "Neben der spezifisch christlichen Trias "~' a,.,.a.7r17, fkrit;" steht also in der ältesten Kirche die ebenfalls spezifisch christliche Trias "~' hnErKia.. Trmfnlot/JPtxTwr(" 2 • Diese zweite Trias steht mit anderen christlichen Grundüberzeugungen in Verbindung: (1) Der Erniedrigung korrespondiert eschatologisch die Erhöhung. (2) Die Selbsterniedrigung ist imitatio Christi, ist Nachahmung Gottes. (3) Die Trias hat eine Funktion fiir das Zusammenleben der Menschheit, fUr das Funktionieren der Gemeinde und ffir die Wertschätzung des einzelnen. Demut und Eschatologie, Demut und Erlösung, Demut und Ethos erweisen sich also als zusammengehörig. Eduard Schweizer ist in seinem 1955 erschienenen Buch, "Erniedrigung und Erhöhung bei Jesus und seinen Nachfolgern" der Beobachtung nachgegangen, daß mit 'Dabei handelt es sich nicht um eine christliche Sonderentwicklung. Im rabbinischen Judentum findet sich vom späten ersten nachchristlichen Jahrhundert an ebenfalls die positi've Bewertung von sozialer Demut. Diese Entwicklung aufzuzeigen, ist jedoch nicht das Anliegen dieser Arbeit. 1 Hamack, Sanftmut, S. 123.
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der Vorstellung von der Erniedrigung und Erhöhung Jesu die Nachfolge und Nachahmung \el'bunden sind. Er sieht in der Vorstellung vom leidenden Gerechten den Ausgangspunkt fiir die Deutung des Lebens Jesu als Erniedrigung. Er habe seine Jünger berufen, ihm in diese Niedrigkeit nachzufolgen. Diese haben gehofft auch an der eschatologischen Erhöhung Anteil zu erhalten. Nach Ostern hätten sich aus der Vorstellung vom leidenden Gerechten zwei Stränge entwickelt: Zum einen sei die Idee von der sühnenden Kraft des Leidens aufgenommen und mit der Vmstellung vom ~ &oü \el'bunden worden, der den Glaubenden im Leiden vertrete. Aber auch die Vorstellung von der Nachfolge sei über Ostern hinaus bewahrt worden: Unter Nachfolge werde nun \eStanden, (1) sich den lrdischen als Vorbild zu nehmen, (2) sich unter den Schutz und die Leitung des Erhöhten zu stellen und (3) an seiner Erhöhung eschatologisch Anteil zu haben. Dihle und Grundmann haben in ihren Lexikonartikeln in RAC und ThWNT aufgezeigt, daß ~ und seine Derivate in der paganen Antike nicht im posi~ Sinne benutzt worden sind und daß dort auch die Vorstellung vom besonderen Wert der Niedrigen und Aufforderungen zum Sta~cht fehlen. Dihle beschreibt die Bedeutung der religiösen Demut fiir die alttestamentliche und jüdische Tradition und hält fest, daß Demut als soziale Tugend dort nur ausnahmsweise erscheine. Die Besonderheit der neutestamentlichen Vorstellung sei "die Übertragung der D. gegenüber Gott auch auf das Verhältnis zum Nächsten".. wobei soziale und religiöse Demut untrennbar \el'bunden seien2 • Grundmann hat mit der Behauptung, daß 'T'I"l.7re~ in der LXX positiv ..bescheiden, demütirf 1 bedeuten könne, den Wider.;pruch ~ads hervorgerufen, der nachweisen will, daß auch die LXX 'T'I"l.7re~ nicht im posi~n Sinne verwende, sondern zur Bezeichnung der positiv bewerteten Demut das Wort ~ benutze und auch im Neuen Testament nicht 'T'I"l.7re~, sondern 'T'I"l.7re~ der Terminus ffir Demut sei, mithin die Kontinuität zwischen paganer Antike und biblischer Tradition größer sei als von Grundmann angenommen4 • Rehrl hat in seiner breit angelegten Untersuchung zur Demut zu zeigen ~ucht, daß, wenn auch 'T'I"l.7re~ und alle Derivate im griechischen Sprachraum ganz überwiegend negativ konnotiert sind, die posi~ Bewertung der Demut bei den Griechen bekannt gewesen sei\. Er verweist auf die Vorstellungen, die mit ~. tT'Wt/JpWv, ~. ~ u.a. \el'bunden sind. Die Forderung nach Sta~cht hat er nicht nachweisen können. ln der LXX findet er viele Belege ffir die Hochschätzung religiöser Demut und verweist ffir die Demut gegenüber Menschen auf Am 5, 10ff und Sir 10,28f. 1 Dihl~.
Art. ~mut, Sp. 749. "Man si~ht, daß ~ nicht angängig ist, zwisch~n "~ligiös~r" und "~thisch~r" D. im NT zu sch~id~n. Das Einzigartig~ di~~r D~mutsl~h~ li~gt g~rad~ darin, daß di~ ~cht~ Haltung zu Gott als d~m Erlös~r ohn~ dazwisch~nli~g~nd~ b~grifflich~ ~duktion unmitt~lbar im V~rhältnis zum Nächst~n sichtbar wird". Dihl~. Art. ~mut, Sp. 751. 1 Grundmann, Art. '"'71'f'~ KTA., S. 6. Vgl. auch R~hrl, D~mut, S. 149f. 4 ltivtstad, TAnEINO:I. \R~hrl, D~mut, S. 145; 198. 2
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1986 hat Klaus Wengst damit begonnen, seine Studien zur Demut zu veröffenttichen. Ein eJSter AufSatz beschäftigt sich mit der Bedeutung wn Demut und Sta~cht fiir Paulus und die paulinischen Briefe. Wengst ~tt die Überzeugung, daß Paulus msprünglich einen gehobenen Sozialstatus innegehabt habe und, indem er sich seinen Lebensunterhalt ~ient, Statusvelzicht leistet und das Leben der Geringen teilt'. Für die Mitglieder der Gemeinden mache er die Orientierung an den Niedrigen und damit "das genaue Gegentell wn Aufsteigermentalität"1 \6bindlich. Indem diese Aufforderung sich nidtt an den einzelnen, sondern an aße richte, mache er die Demut zum Bestandteil eines Gruppenethos. das den Ausschluß einzelner Mitglieder nicht zulasse. 1987 hat er die Studie "Demut - Solidarität der Gedemütigten" folgen lassen. Er \omteht darin die "Moral" als Werkzeug im Kampf um Lebenschancen. ln der griechischen Welt habe man "wn oben" die Niedrigen als gering verachtet und so ihre Unterdrückung, durch die sie allererst niedrig geworden sind, gerechtfertigt. ln der alttestamentlichen und jüdischen Tradition hingegen habe sich das Ideal der egatitären Gesellschaft, der nSoHdargemeinschaft" entwickelt, die Bildung wn Klassen sei als gegen Gottes 'Willen geridttet erkennbar geworden. Als sich dennodt Klassen bildeten, seien die Annen und Gedemütigten mit den Frommen, die auf Gott und seine Gegenwelt hofften, identifiziert worden. Ihr Festhalten am Ideal einer egalitären und solidarischen Gesellschaft habe es ermöglicht, das selbstbehauptende Verhalten der Mächtigen nidtt zu kopieren und - statt zu resignieren auf Gottes Eingreifen zu warten, was den Mächtigen zu einer ständigen Erinnerung an ihre eigene Gottfeme geworden sei. Da, wo Oberschichtsmitglieder damit begonnen hätten, die Demut als Handlungsanforderung zu übernehmen, sei das als Beschwichtigungsversuch zu bewerten: Die Selbstbeschränkung der Mädttigen solle die Niedrigen wm Widerstand abhalten. ln der Urgemeinde sieht Wengst das Ideal der egalitären Gesellschaft bei Jesus wiederaufleben: Er lade die Gedemütigten in eine Gemeinschaft ein, in der es keine Henschaft mehr gäbe; dasselbe Ideal findet er außer bei Mt und lk auch bei Jak und, wie zuwr schon gezeigt, bei Paulus. Im I aem sdtließlidt begegne die Demut in der Bedeutung, die sie dann auch in der Geschichte der Kirche behalten hat: als Unterwerfung unter die neue kirchliche Hierarchie. Sie diene der Stabilisierung wn Henschaft, und das effektiver als im griechisch-römischen Bereich, weil sie jetzt wn den Gedemütigten und Unterdrückten in höherem Maße internalisiert sei. Für Wengst ist es das Ideal der egatitären Gesellschaft, das die Entdeckung und Hodtschätzung wn Demut erklärt und auch das Ouistusgeschehen, wie es in Phll 2,6- 11 formuliert ist, strukturiert. Demut entsteht nach seiner Überzeugung als Bestandteil des Ethos der Niedrigen und Unterdrückten. Olristian Wolff hat sich in seinem 1988 veröffenttichten AufSatz "Niedrigkeit und Verzicht in Wort und Weg Jesu und in der apostolischen Existenz des Paulus" I
.Er, der von Haus aus die ~rspekti~ eines .Hohen" hat, macht sich die ~rspekti~ der Geringen durch seine ~benspraxis zu eigen. Darin erweist sich seine .Demut"." Wengst, Demut bei Paulus, S. 431.
~d.,
s. 434.
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wrgenommen, die Lebensweise des Paulus unter dem Aspekt des "dienenden Verzichts"' mit der Jesu zu ~Ieichen; dabei stellt er in den drei Bereichen Entbehrungen (Wanderleben und Armut), sexuelle Askese (Eheverzicht), demütiger Dienst (Verzicht auf Her&haftsverhalten) und Verfolgungsleiden deutliche Analogien fest. Wolff greift zu deren Erklärung den Nachfolgebegriff auf und hebt die Erfahrung wn besonderer Nähe des Paulus zum Kyrios herw(. Philippa Carter ~cht in ihrer 1997 veröffentlichten Untersuchung "The SerwntEthic in the New Testament" aufzuzcigen, daß die Bereitschaft, die Interessen der anderen höher als die eigenen, auch als die eigenen vitalen Interessen zu bewerten, ein fundamentales Kennzeichen ffir die Zugehörigkeit zum Urdlristentum ist und sich in allen Teilen des Neuen Testaments nachweisen läßt. Die "Servant-Ethic" versteht sie dabei als eine extreme Ausprägung der Uebe zum Nächsten und unterscheidet sie wn ihr insofern, als die "Serv.mt-Ethic" in erster Unie mit dem Selbstverständnis des Glaubenden zu tun habe1 • Für die Entstehung der Demut als "Tugend" werden also zwei Erklärungsmuster herangezogen: das Ideal der egalitären Gesellschaft und die Vorstellung wm eschatologischen Handeln Gottes, insbesondere in Onistus. Im ersten Fall wird vermutet, daß Jesus und Paulus sich an diesem Ideal orientierten und deswegen auf Status ~chteten. Demut ist dann die Konkretion einer urdlristlichen Wertwrstellung. Im zweiten Fall wird angenommen, daß Jesus und Paulus eine religiös legitimierte Rolle übernommen haben, wobei die paulinische Rollenübernahme sich an Jesus orientierte. Demut gllt dann als wichtiges Merkmal der Gestalt des Christus, also der urchristlichen Vorstellung des Herrschers.
Einordnung in die Forschungsgeschichte Diese Arbeit ~cht beiden Erklärungsmodellen gerecht zu werden und sie als zusammengehörig zu erweisen, indem sie die Hermeneutik D. Ritschls aufnimmt und mit dem Rollenkonzept des Religionspsjd10logen H. Sundens verbindet•. Ritschl erkennt hinter den Stories der Bibel deren nStrukturgesetze" in den Axiomen. Diese Axiome sind es, die es schon innerhalb der Bibel ermöglicht haben, alte Traditionen zu aktualisieren und zu Vdriieren, ohne daß sie dabei ihre Identität verloren hätten. G. Theißen, der Ritschls Konzept aufgenommen und weitergeffihrt hat, zählt sechs Basisaxiome:
'wolff, Wrzicht, S. 183. Das geschieht nicht, ohne die Bedeutung der gemeinsamen jüdischen Tradition, besonders der des leidenden Gottesboten, zu würdigen. Vgl. Wolff, Verzicht, S. 192. 1 Carter, SeiVclnt-Ethic, S. 2f. 4 8eide Ansätze teilen die Voraussetzungen des Konstruktivismus, die Beizen, Narrative Psychology, S. 49, in drei Punkten zusammenfasst: (I) Die menschliche Wirklichkeit entsteht kulturell im Prozeß der Kommunikation. (2) Dieser Prozeß ist ein historischer; was menschliche Wirklichkeit ist, ist also abhängig von Ort und Zeit. (J) Die Kommunikation, als deren Ergebnis menschliche Wirklichkeit entsteht, ist sprachlicher Art. 2
18 Das charismatische Axiom: Die Beziehung zum Kyrios fordert und bedeutet die höchste Loyalität. Das eschatologische Axiom: Die Welt ist dabei, sich grundlegend zu ~ndern, und die Onisten sind die Avantgatde dieser Veränderung. Das Bekehrungsaxiom: Menschliches Verhalten ist radikal ~nderbar. Das Martyriumsaxiom: Das Leiden hat einen \erborgenen Sinn. Das lntegrationsaxiom: Die Grenze zwischen Dazugehörigen und Außenseitern ist gefallen. Das Positionswechselaxiom: Das Ende der Hierarchien ist gekommen: die einfachen Leute werden nicht mehr unterdrückt'.
Diese Axiome bilden die Pfeiler einer gedeuteten Welt und die Grundlagen ffir das Verhalten in ihr. Aus der Wahrnehmungsps)d1ologie wissen wir, daß Wahrnehmung nicht schon allein aufgrund der Sinnesdaten zustande kommt, sondern nur dann, wenn diese Daten durch "Muster" gedeutet und ergänzt werden. Axiome ähneln diesen Mustern, die Wahrnehmung erst ermöglichen und Bedingung ffir Erfahrung sind. Damit machen sie auch ein als sinnwll und angemessen empfundenes Verhalten möglich. Das Konzept von den Axiomen nimmt die Erklärung der Entstehung der Demut durch Ideale auf. Anders als Ideale aber sind Axiome nicht begründungsbedürftig, sondern haben selbst legitimierende Funktion; sie sind also tiefer als Ideale und Werte mit einer Kultur und ihrer Mentalität \erbunden. Sunden kombiniert die Erkenntnisse der Wahmehmungsps)d1ologie mit dem Konzept der ..RolleN aus der Sozialpsychologie und bestimmt die Rollen als wichtige Elemente des Referenzrahmens. Mit einer Rolle wird ffir den Agierenden ein Komplex von "Haltungen, Werten und Verhaltensweisen'" zusammengestellt. Zugleich wird ffir den Agierenden absehbar, wie sich andere Menschen dieser Rolle gegenüber verhalten werden. Rollen sind die Deutemuster ffir die peTSOnale Dimension der Wirklichkeit. Wer eine Rolle aufnimmt, tritt ein in ein Drama, dessen agierende PeTSonen und deren Verhaltensspektrum und dessen mutmaßlichen Ablauf er kennt. Wann immer ein Geschehen als von einer Person \efllrsacht gedeutet wird, also als durch Willen und Verstand, durch Geffihle und Normen bestimmt ~tanden wird, \metzt sich der Deutende in einer bestimmten Rolle und ~teckt" die anderen vermuteten Akteure in die jeweils zugehörigen Rollen. Sunden wendet dieses Modell nun auch auf den religiösen Bereich an; Rollenangebote finden sich in den jewe~ligen religiösen Traditionen einer Kultur. Übernimmt nun jemand eine solche Rolle. so nimmt er damit zugleich auch die Rolle Gottes auf; er kann nun auch antizipieren, wie Gott sich verhalten wird. So wird das religiöse Erlebnis als Wahrnehmung und Erfahrung ~ändlich. Je tiefer und ungebrochener jemand in der religiösen Überlieferung seiner Kultur ~TZelt ist, desto häufiger und kontinuierlicher wird er ihre
'Th~iß~n. Social R~ality, S. 259f. Roll~n. S. 7.
2 Sund~n.
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Rollen aufnehmen und die Wirklichkeit damit deuten•. Das Rollenmodell nimmt die Beobachtung auf, daß soziale Demut als Imitation Christi Omitationsmotiv) ~tanden oder durch die Identifikation der Niedrigen mit Christus (Repräsentationsmotiv) begründet wird. Belzen hat die Rollentheorie Sundens mit Hllfe der Erkenntnisse der nana~ Ps)Ulologie weitergeführfund darauf \mYiesen, daß Roßenerwartungen durch ..stories" festgelegt werden. Menschen spielen ihre Rolle - leben ihr Leben - nach den Anweisungen von ..stories", die in der kulturellen Überlieferung einer Gruppe tradiert werden; sie kopieren nicht einfach die Roßen dieser ..stories", sondern inszenieren sie auch neu, indem sie sich an deren ..plot" orientieren). Die impliziten Axiome als die Strukturgesetze der stories sind also mit der Rollentheorie ~unden. Wenn im Urchristentum die soziale Dernut als neues Verhalten entwickelt wird, geschieht das. indem die Christusrolle aufgenommen und die ..story" von Gottes eschatologischem Handeln neu inszeniert wird. Diese Arbeit legt deswegen den Schwerpunkt nicht auf eine begriffSgeschichtliche Ana~. Die griechischen und hebräischen Äquivalente für Niedrigkeit und Demut sind unteTSUcht; auf die Ergebnisse von Rehrl, Dihle und Grundmann wird zurückgegriffen. Die sozialen Verhältnisse in den antiken Gesellsc:haften und im Urchristentum, ohne deren Berücksichtigung die Rede von Demut und Status\erzicht belanglos bleibt, sind in den letzten Jahren ebenfalls zum Gegenstand zahlreicher Studien geworden, wenn sie auch bislang nicht zu einem Konsens geführt haben. Die Einsichten der sozialgeschichtlichen Forschung werden vorausgesetzt und- auch wegen des begrenzten Umfangs der Arbeitnur ausnahmsweise dargestellt und diskutiert. Als ihr methodisches Proprium ~teht dieses Vorhaben die Frage nach den ..stories", ihren MotMn und Rollen, die Statusgewinn und Status\erZicht im griechischen, römischen, jüdischen und urchristlichen Bereich thematisieren und regeln. Sie ~indet damit die Hoffnung, einen Beitrag zum Verständnis der Mentalität der mediterranen urchristlichen Kultur zu leisten.
Zum Vorgehen Die Arbeit gliedert sich in drei Tetle, in denen (1) die Überlieferungen der paganen Antike, (2) der alttestamentlichen und jüdischen Tradition und (3) die Vorstellungen im Urchristentum untersucht werden. Im ersten Tet1 werden nach einem einführenden Kapitel, das die griechisch-römische Kultur als Schamkultur zu ~ehen und zu beschreiben \erSUcht, wobei die Bedeutung des Themas ..Status" herausgestellt wird, die griechische und die römische Kultur getrennt nach ihren ..stories", ihren Axiomen und Rollen befragt, die Erhöhung und Erniedrigung zum Gegenstand haben. Abschließend werden die Konzepte besprochen, in denen zur Demut aufgefordert wird. Im zweiten Tet1 werden die 1 Kertnyi, der das Rollenmodell von Sundtn nicht aufnimmt, betont gleichwohl, daß es zum Wesen des antiken Menschen gehöre, daß er die Rollen seiner mythologischen Figuren aufnehme und sie in Wort und Tat "zitiere". Vgl. Kertnyi, Antike Religion, S.20 und 40f, jeweils mit Verweis auf Ortega y Gasset 2 8elzen, Narrati~ Psychologie. JBelzen, Narratr.ot Psychologie, S. 62.
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alttestamentlichen Traditionen dargestellt, die die Entwicklung wn Demut als sozialer Tugend ermöglichten und wrbereiteten. Anschließend werden die Sduift:en aus Palästina und aus der Diaspora untersucht, wobei Philo besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Der dritte Ter1 befragt zuerst die synoptische Tradition, die Jesusüberreferung, die kleinen Einheiten der Evangelien und die Redaktionsarbeit der Ewngelisten auf die Bedeutung des Positionswechselaxioms hin und geht dann der Funktion und Gestalt des Positionswechselaxioms ffir das Selbstverständnis des Paulus und seinen Vorstellungen fiir das Leben der Korinther Gemeinde nach. Der dritte Teil schließt mit einem Ausblick auf die weitere Entwicklung des Positionswechselaxioms im Urdlristentum.
Teil 1: Pagane Antike Die Aufgabe des Ersten Teils Im eJSten Te11 dieser Arbeit wird dargestellt, (1) welche Bedeutung die Ehre. das Gegente11 der Demut in der griechischen und römischen Gesellschaft hatte, (2) welche Modelle zur Deutung wn Erhöhungs- und Erniedrigungserfahrungen bereitgestellt wurden - dabei werden die griechischen getrennt wn den römischen Vorstellungen untersucht - und (3) welche Ansätze zu einer positiven Bewertung wn Status\erzicht entwickelt wurden'. Die Klassifizierung der antiken mediterranen Gesellschaften als Schamkulturen erklärt die Hochschätzung der Ehre und des VeJSUchs. seinen Status zu steigern, sowie die Geringschätzung und Verachtung des Statusverzichts und einer zur Unterordnung bereiten Einstellung. Gleichwohl haben beide Kulturen Ansätze entwickelt, die den Status\erzicht und die freiwlllige Unterordnung forderten. Die Untersuchung unterscheidet (a) zwischen der Forderung nach Demut wr Gott und Demut wr den Menschen, (b) der religiösen Begründung durdl ein Imitations- oder ein Repräsentationsmotiv und der anthropologischen Begründung mit Klugheit oder Selbstbehenschung sowie (c) zwischen dem nel, eine Erhöhung der eigenen Person oder die der Gruppe zu erreichen, und der Absicht, zu der Erhöhung dessen beizutragen, dem man sich freiwillig unterordnet. Ihre wlle Bedeutung erhalten die Modelle fiir Erhöhung und Erniedrigung sowie die Ansätze zu einer positiven Bewertung des Status\erzichts erst wr dem Hintergrund der tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnisse mit ihren Aufstiegschancen und deren Verweigerung sowie ihren Abstiegsrisiken. Das gilt um so mehr, als im ersten nachchristlichen Jahrhundert durdl die Entstehung des Prinzipats und eines einheitlichen Imperiums unter der Pax Romana sich die gesellschaftlichen Verhältnisse im Hinblick auf Erhöhungs- und Erniedrigungsmöglichkeiten nachhaltig \eränderten; einerseits wurde aus einer ..Konkurrenzaristokratie" eine ..Dienstaristokratie"\ was einen Statusverlust der Oberschichtsmitglieder bedeutete, andererseits entstanden fiir die Oberschichtsmitglieder der Provinzen durch die Vereinheitlichung des lmperiums1, fiir die reichen Freigelassenen durch den Bedeutungsgewinn des Handels und fiir die städtischen Skla\en durch die
'Es war im Rahmen ~in~r n~ut~stamentlich~n Diss~rtation w~d~r möglich. di~ lit~rarisch~n Üb~rli~f~rung~n d~r gri~chisch~n und römisch~n Kultur in ihrem ganz~n Umfang zu unt~rsuch~n.
noch di~ nichtlit~rarisch~n Zeugniss~ zu b~rücksichtig~n. Ich hoff~. daß ich ~in~ sinnvoll~ und Auswahl g~troff~n hab~. \igl. V~yne, Ges~llschaft, S. 84. \tgl. Alfo~ldy, Sozialgeschicht~. S. 54; 92.
r~präs~ntativt
22 gängige Praxis der Freilassung neue Olancen aufzusteigen 1• Mit dem Sta~ust der Oberschichtsmitglieder ~nderte sich auch die "Moral" der männlichen Familienoberhäupter, wodun:h ihr Umgang mit ihren Hausgenossen, ihren Frauen, Kindern und Ski~ auf eine ..Humanisierung" hin umgeformt wurde. Die Frau wurde zunehmend als Partnerin wahrgenommen, deren lnteressen zu achten waren und die ihrem Gatten in einer Art "Schicksalsgemeinschaft", in ..Uebe", \erbunden wa(. Die Kinder wurden in ihren kindlichen Eigenheiten entdeckt und in ihrer Bildungsfcihigkeit geachtet und hochgeschätzf. Die Ski~ wurden als ..Freunde geringeren Rangs" • erkannt, und man wurde ihrer Menschenwürde inne. Diese Entwicklung wurde durch das zunehmende Eingreifen des Staates in die res priwta und den gesellschaftlichen Einfluß auf die Gestaltung der "häuslichen" Beziehungen ~ärkts. Die Seitenbegrenzung für Dissertationen erlaubt es nicht, die gesellschaftlichen Verhältnisse und ihre Entwicklung nachzuzeichnen; sie sind aber leicht an anderer Stelle nachzulesen6 •
2. Kapitel: Die Ordnung der Ehre 2.1. Einleitung Für die Menschen der antiken Welt, für Griechen und Römer gleichermaßen, war es wichtig, ihre Ehre zu bewahren und möglichst zu steigern'. Das betraf den einzelnen und die Gruppe. der man sich zugehörig fiihlte. Für den Erhalt oder die Wiederherstellung der Ehre konnte es nötig werden, das eigene Leben zu opfern. Es war unter entehrenden Bedingungen nicht lebenswert Ehre war vor allem ein Obe&hichtswert. Aber auch Menschen aus der Unterschicht hatten zumindest als Bürger ihrer Städte, als Väter und 1 Vgl. Veyne, Gesellschaft, S. 20f.22-31; Thebert, Skla~. S. 177-182; Andreau, Freigelassener, S. 216-225. 2 Z.B. Plin, Ep 7,5. Vgl. Veyne, Gesellschaft, S. 101 f und Foucault, Sexualität 3, S. 102f. 1 Z.B. Quint, lnstit 1,1-3.22-24. Sen, De lra 11,21,3-11; Juv, Sat 14,1-52. Die Erziehung des Kindes wird zum Thema sorgfciltigen Nachdenkens; an seiner ~Unfertigkeit~ wird eher die Potentialität als das Defizitäre hervorgehoben. Die Erziehung von Kindem wird zur Aufforderung zur Selbsterziehung und löst die ~Selbstzufriedenheit der Erwachsenen~ ab; die Aidos als die die ~bensgestaltung motivierende Kraft wird mit dem Kind ~rbunden. Z.B. Sen, Ep 47,1. ~Augustus kritisierte öffentlich den als grausam bekannten Vedius Pollio; unter Claudius wurde die Aussetzung alter und kranker Skla~n ~rboten, die Lex Petronia untersagte den Einsatz von Skla~n bei Tierkämpfen ohne behördliche Zustimmung, unter Domitian wurde die Kastration, unter Hadrian die Einkerkerung und Tötung von Skla~n ~rboten. Vgl. Alfoeldy, Sozialgeschichte, S. 116; 199. Zum ~Öffentlicher-Werden~ der Ehe vgl. Foucault, Sexualität 3, S. 105. Zum Erziehungsauftrag: Seneca richtete eine Stiftung für die Erziehung von Kindem in seiner Heimatstadt Corno ein, Quintilian sprach sich für öffentliche Schulen aus. &yerwiesen sei besonders auf Veyne, Gesellschaft; Foucault, Sexualität; Giardina, Mensch und Müller, Mitte. 7 Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte IV, S. 59-159, besonders S. 84ff, hat erstmals die griechische Kultur als eine vom Agon, vom Wettstreit bestimmte. erkannt. Be~. Agonaler Geist, S. 1-20, hat das aufgenommen und gewürdigt.
23 Mütter, als Männer und Frauen ihre Ehre. Vennutlidl te1lte die ganze Gesellschaft die Überzeugung wn der grundlegenden Bedeutung der Ehre.
2.2. Begriffsbestimmung T'IIJ7i und zuwe~len audl ~· benennen die Ehre im griedlischen Sprndlraum, das direkte Pendant im lateinischen ist honestum; aber erst in der Verbindung mit dignitas wird es zur sachlichen Parallele2 • Ehre ist ein relationaler Begriff; man hat sie in den Augen wnjernanden, Ehre wird zuerkannt'. Ehre ist der ..Anspruch auf Wertschätzung und deren soziale Anerkennung bzw. Bestätigung"4 • Einerseits lebt derjenige ehrenhaft, der die Rolle aufnimmt, die die Gesellschaft ihm als angernessen anbietet und seinen Anspruch auf Wertschätzung daran ausrichtet. Andererseits wächst die Ehre mit steigendem Status. Ehrenhaft ist der hohe Sozialstatus~. Es Q1bt gesellschaftliche Positionen, die nidlt ehrenhaft sind: Ski~ und Sklavinnen haben keine Ehre; mit ihrer Position verbindet sich kein Ansprudl auf Wertschätzung. Es Q1bt auch soziale Rollen, die nicht ehrenhaft sind: Prostituierte gelten als "infam"'. Wer einen Platz anstrebt, der oberhalb dessen liegt, was als angemessen gilt, macht sich lächerlich. Wer seinen Platz nicht behaupten kann und absteigt, wird \63chtet. Selbstbewußtsein, das sich auf Ehre gründet, ist wn der öffentlichen Bestätigung abhängig. Ehre braucht Ansehen, sucht Anerkennung und fiirdltet Mißbilligung. Weil die Ehre gesteigert werden will, stehen die Menschen, deren Ehre vergleichbar ist, in Konkurrenz; ..challenge and response" 7 sind wichtige Formen der Kommunikation. Ehre wird in ästhetischen Kategorien bemessen•. Der ehrenwlle Mensch ist schön, die Symbole seiner Ehre schmücken und sind kostbar. Ehre wird besonders durdl das Gesidlt und das Haupt symbolisiert. Die Mißachtung des Hauptes ist ehMrletzend; das gilt auch kollektiv: Die Mißachtung des "Hauptes" einer Gruppe mindert die Ehre der ganzen Gruppe und fordert ihre Mitglieder heraus. Ehre ist also auch ein gruppenbildender Wert. Ehre ist an die Geschlechtsrolle gebunden': Die Ehre der Frau ist defensiv strukturiert. Sie besteht in ihrer Unversehrtheit. Die Ehre des Mannes ist offensiv strukturiert: Sie besteht in seiner Fähigkeit, sich Geltung zu ~affen und seinen Machtbereich auszudehnen. 1 Uddrll/ Srott, S. 1793f. 444. Vgl. Schnridrr, Doxa, S. II; 164. \tgl. Pöschl, Würdr, S. 9. 1 Thirlickr, Art. Ehrr, S. 363. 4 Malina, Wrlt, S. 43. ~ .Drr Adrl wurdr nicht als Suprriorität übrr dir andrrrn Mrnschrn rmpfundrn, sondrm im Grgenteil als dir vollständigr Wrwirklichung des Mrnschrnturns· (Veynr, Gesellschaft, S. 49). Mit drr Zurrkrnnung von Ehrr stand also immrr auch dir von Mrnschlichkrit auf drm Spirl. 6 Ais unrhrrnhaft galtrn auch drr Handrl und das Handwrrk. Vgl. Aristot Pol 1,1260b; Cic, Off 1,1 SO. Vgl. Vrynr, Gesrllschaft, S. 40; Bolkestrin, Wohltätigkrit, S. 181 ff; Rrhrl, Drmut, S. 112f, und Wrngst, Drmut, S. 17f. Dirsr Urtrilr sind aus drr ~rsprktM drr Obrrschicht fonnuliert. Handwrrkrr hirltrn sich für rhrrnhaft (vgl. Luc, Somn 7t), in drr Untrrschicht galtrn auch nicht ,llr Prostituirrtrn als unehrrnhaft; vgl. Kirchhoff, Sündr, S. 48-53. Malina, Wrlt, S. 45f. 'vgl. Dodds, Grirchrn, S. 176, Anm. 109, und Lloyd Jonrs, Ehrr, S. 4. 'Malina, Welt, S. 58f.
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Seinen Platz muß ein Mensch in den folgenden drei Lebensbereichen finden: 1. ln der Famrne: Welchen Platz man im Haus einnimmt, ist unmittelbare Folge des Geschlechts, der Stellung in der Generationenkette und der persönlichen Freiheit•. Zugehörig sind nicht nur die miteinander Blu~rwandten, sondern auch die Skl~n. Freigelassenen, Klienten und natürlich die adoptierten Kinder. 2. ln der Gesellschaft: ln diesem Bereich ist das Bürgerrecht die Bedingung dafür, einen achtenswerten Platz einzunehmen. Die folgenden Faktoren bestimmen den Platz eines Mannes in der Polis: Die Zugehörigkeit zu einer Famr7ie. Je älter und ranghöher die Herkunftsfamilie ist, einen desto höheren Rang kann der einzelne beanspruchen. Die Unabhängigkeit. Wer über die gesellschaftlich anerkannten Machtmittel ~gt und andere abhängig machen kann, kann hohe Wertschätzung erwarten. Wer von anderen abhängig ist, dessen Ehre ist gering'. Das Ideal ist die Autarkie4 • Nehmen und geben können, bitten und danken müssen sind die Kategorien, durch die Ehre gemessen wird. Die persönliche Tüchtigkeit. Die ererbte und besetzte Position will behauptet werden; dazu bedarf es persönlicher Tüchtigkeit. Sie kann in besonderer Bildung, militärischer Tapferkeit, Klugheit etc. bestehen. 3. Im Kosmos: Der Mensch muß zwischen Göttern und Tieren seinen Platz finden. Die Götter stehen einerseits für die Kultur, andermeits für die Natur. Deswegen sind es einerseits dieselben Eigenschaften, die in der Gesellschaft Ehre und einen hohen Rang ~eihen, die auch in die Nähe der Götter rücken, andermeits gelten eben die Eigenschaften als göttlich, die innerhalb der Gesellschaft für eine marginalisierte Position stehen. Einerseits repräsentiert deswegen der Herrscher als der, der den höchsten Rang in der Gesellschaft innehat, den Gott, andererseits kommt die Gottheit in marginalisierten Menschen wie Frauen, Kindem und Behinderten nahe. Eine marginalisierte Position übernahmen auch die .ßEoi ~(. deren Lebensstil Distanz zur Gesellschaft ausdrückt und die eben darin die Gottheit repräsentierten~. Im Kosmos seinen Platz zu finden, wurde als riskant erlebt. Gerade we1l die fortwährende Steigerung der eigenen Ehre angestrebt
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Die Sklaverei war eine gesellschaftliche Institution. Die marxistischen Analyse hat deswegen die antiken Gesellschaften als Sklavtnhaltergesellschaften betrachtet. Dabei darf aber nicht vergessen werden, daß für die Menschen der Antike Sklaven "Privatsache" waren. Sie gehörten ins Haus, zur res privata, der Gesellschaft wurde erst spät Zugriff auf sie gewährt. Im Verständnis des antiken Sklavenherren hatten seine Sklaven rein gar nichts mit der Gesellschaft, ihren Werten und Anforderungen zu tun. Eben das kennzeichnete das Leben der Sklaven. 2 Die Familie wird nicht durch das "BiuC sondern durch den "Namen" symbolisiert. Vgl. Veyne, Gesellschaft, S. 18. 1 Die Bedingung dafür, überhaupt "ehrfähig" zu sein, ist die persönliche Freiheit: Sklaven und Sklavinnen können nichts geben; sie selbst und alles. was sie tun und haben, gehören schon ~emanden.
Das spiegelt sich an der Hochschätzung des Grundbesitzes. Unter den Besitztümern verleiht nur Grundbesitz Adel. Vgl. Veyne, G~llschaft, S. 39, mit Verweis auf Cic, Off 1,42. Vgl. Betz, Art. Gottmensch II, Sp. 238-288.
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wurde, fürchtete man sich dawr, zu hoch zu steigen, der Hybris zu ~IIen und entehrt und beschämt zu werden. 4. Das Selbst\erhältnis: Die Wertschätzung, die jemand beansprucht, zeigt sich am Umgang mit sich selbst. Nach außen trägt der Körper die Kennzeichen des Status: An Kleidung, Aussehen, Gestus und Sprache zeigt und bewährt sich der eigene Statusanspruch. Nach innen spiegelt sich die Position, die einer in der Familie, in der Gesellschaft und im Kosmos einnimmt, am Umgang mit sich selbst, seinen Gefühlen und Trieben'. Diese vier Bereiche werden als verwandt erlebt. Der Körper ist eine häufig verwendete Metapher für die Polis und den Kosrnos2 • "Vate(' ist Bestandtell eines der ältesten Götternamen, lupiters1, "pater patriae" ist seit der Prinzipatszeit der höchste Ehrentitel des Herrschers. Die ~torbenen 8tem werden im römischen Kulturkreis als Götter \erehrt, die noch lebenden ~ienen Respekt wie die Götter. Die Verbindungen von Haus und Religion sowie von l..elb und Polis scheinen besonders eng und ursprünglich zu sein. Das hebt die Bedeutsamkeit des Vaters, den hohen Aneignungsgrad der Polis durch seine Bürger und die rela~ Öffentlichkeit des Körpers hervor.
2.3. Die antiken mediterranen Gesellschaften als Schamkulturen Die Hochschätzung der Ehre und die Vermeidung von Schande hat Ruth Benedict als die Kennzeichen von Schamkulturen bestimmt und sie von Schuldkulturen abgegrenzt: ..True shame cultures rely on extemal sanctions for good behaviour, not, as true guilt cultures do, on the conviction of sin. A man is shamed either by being openly ridiculed and rejected or by fantasying to hirnself that he has been made ridiculous. ln either case it is a potent sanction. But it requires an audience -· Gullt does not"4 • Dodds hat in seiner Untersuchung "Die Griechen und das Irrationale" ~ten, daß die homerischen Gesellschaften als Schamgesellschaften zu gelten hätten, von archaischer Zeit an aber eine Umwandlung in eine Schuldkultur stattgefunden habe~. Uoyd Jones hingegen zeigt, daß sich Elemente der Schamkultur in der gesamten paganen Antike finden lassen und von Bedeutung waren'. Er ist der Überzeugung, "daß die griechische Kultur bereits von ihrem 'Vgl. Brown, Body, S. 5-32, und Martin, Body, S. 3-86.139-162. Piat, Pol 5,462; lim 30-34; lso, Or 7,14; Aristot, Pol 1,2; 2,2; 6,3; Polyb 2,45,6; Cic, Off J; NatDeor I; Uv 2,32; Sen, lra 2,31; Ep 95,52; Clem 2,2,1; Plut, Galba 1.4; Solon 18; Mor 798A825F; Epict, Diatr 2,5; Curtius Rufus 10,9,1-6; Mark Aurtl2,1; 7,13. Vgl. Walter, Leib, S. 6-27. 1 Die Vaterbezeichnung für die Gottheit ist sehr alt. Sie findet sich im gesamten mediterranen und vorderasiatischen Raum. Vgl. Schrenk, Art. ncz'T'Ijp KTA. , S. 961. 4 8enedict, Chrysanthemum, S. 223 . ~Dodds, Griechen, S. 17-32.47, bes. 17 und 22. 6 Diese -vtrschiedenen Ergebnisse haben auch mit jeweils verschiedenen Zuordnungen von Vorstellungen zur Schuld- oder Schamkultur zu tun. Dodds ordnet z.B. die VorstellJung vom Neid der Götter der archaischen Zeit und der Entwicklung eines Gefühls von Ohnmacht und der Feindschaft der Götter zu, wohingegen sie Uoyd Jones zu Recht den Vorstellungen einer Schamkultur zuweist. 2
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Beginn an wichtige Elemente einer gw1t culture enthalten und auch noch nach dem 5. Jahrhundert weiterhin viele Elemente einer shame culture bewahrt habe"'. Das Nebeneinander der Kennzeichen und Werte beider Kulturtypen zeigt sich z.B. auch am Verhältnis der Begriffe wn TlllfiJ und &~ bzw. honor und iustitia. Aristoteles schätzt das "Gute" höher ein als die "rela~" Ehre (EthNic 1095b21ff; 1097b 1t), ist aber gleichwohl der Überzeugung, daß nur Menschen eines bestimmten Standes und einer bestimmten Kultur zur Tugend fcihig sind: die Freien und die Hellenen. Demosthenes sieht die Ehre Athens in seinem Kampf gegen Unrecht begründet: "Demosthenes daimed that in his own political career he had been primarily concerned with the honour of Athens..., as a power willing to sacrifice herself on behalf of the wronged and oppressedul. Gerechtigkeit ist identitätsstiftend, aber sie ist der Ehre nachgeordnet Für Cicero ist Gerechtigkeit der höchste Wert, zugleich fordert sie aber die Ehre und dient ihr: "Omni igitur ratione colenda et retinenda iustitia est, rum ipsa per sese - nam aliter iustitia non esset - turn propter amplificationem honoris et gloriae"1 • Bedenkt man nun noch, daß Gerechtigkeit nicht die Gleichheit und Gleichberechtigung der Menschen meinte, sondern das •.suum cuique"•, dann tritt die hohe Bedeutung wn Ehre noch deutlicher hervor. Dieses Kapitel soll zeigen, was die Ausrichtung des Verhaltens an der Ehre für die Menschen in der paganen griechisch-römischen Gesellschaft bedeutete; darüber hinaus soll wahrscheinlich gemacht werden, daß die Ehre auch in den Unterschichten ein grundlegender Wert war.
2.4. Ehre - wichtiger als das leben Der Platz des Menschen im Oikos Einerseits sind Familien Ehrgerneinschaften; ehrenwll ist es. seine Rolle in der Familie auszufüllen; alle ihre Mitglieder partizipieren an der Familienehre. Andererseits gibt es innerhalb der Familie ein deutliches Ehrgefcille. Der Status der Familie nach außen folgt dem Status des Vaters und der Ahnen. Innerhalb der Familie ist er das "Haupt" und ~ient die größte Ehre. ln seiner Vaterschaft und Zeugungsfcihigkeit gJ1t er als göttlichs. Ihm sind alle untergeordnet. Als diese Hierarchie begründungsbedürftig wurde. erklärte
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Uoyd Jonrs, Ehre, S. 2. Do~r. Morality, S. 228. 1 "ln jrdrr rrdrnklichrn Wrisr also ist Grrechtigkeit zu pflegen und zu wahren: zum einrn um ihrer selbst willen - drnn sonst wäre rs krinr Grrechtigkrit -, zum andrm brsondrrs wrgen drr Strigrrung von Ehre und Ruhm" Cic, Off 11,42 . Vgl. Thrardr, Art. Glrichhrit, Sp. 128f; Dihlr, Art. Grrechtigkrit, Sp. 260f. sDir üugungskraft drr Eltrm wurdr im römischrn Brreich im Genius drs Patrr und in drr Juno der Matrona ~rrhrt. Vgl. Classrn, Römer, S. 34. 2
man sie mit Hilfe derVirtus-Vorstellung. Frauen (Aristot, Poil 1254b10; 1260a'; Xenoph, Symp 2,9; Plat, Pol 454d-457b; Tim 90e; 42b), Kinder (Aristot, Pol I 1260a 1Jt1 und Ski~ (Aristot, Pol I 1254b21 f; 1260a 12t) haben nur unvollständigen bzw. gar keinen Anteil an der praktischen Vernunft, so daß sie nidlt in der Lage sind, sidl selbst zu beherrschen, und sidl besser befinden, wenn sie beherrscht werden.
Eltern und Kinder Der Ansprudl auf Wertschätzung wn Vätern und Müttern muß durch ihre Kinder anerkannt werden, wenn sie ehrenhaft leben sollen1 • Das zeigt sidl daran, daß die Kinder ihnen gehorchen, im Alter ffir sie sorgen und ihnen nadl ihrem Tod die Ehre einer angemessenen Bestattung und, im römischen Bereidl, einer "göttlidlen Verehrung" zukommen lassen1 • Daß Kinder dies tun, ist seinerseits Bestandtell der Ehre eines Sohnes und einer Todlter. Antigone folgt ihrem Vater ins Exil und sorgt für ihn, während ihre Brüder die Ehre des Vaters schänden und ihre eigene Ehre vertieren. Ae~ der römische Held, rettet seinen alten Vater aus dem brennenden Troia. Die Gründungslegende des Pietastempels in Rom beridltet wn einer Todlter, die dem gefangenen Vater (in einer anderen Version ist es die Mutter) das Leben rettete, indem sie ihn stillte.
'Er illustriert diese Überordnung mit der Erinnerung an das Fußwaschbecken des Amasis (Hdt, Hist II, 172): Amasis, ein ägyptischer Herrscher ist aus kleinen Verhältnissen aufgestiegen und fordert nun die Hochachtung ein, die er als Herrscher verdient zu haben meint, die ihm das Volk aber nicht entgegenbringt. Um sein Ziel zu erreichen, läßt er sein goldenes Fußwaschbecken, das außer zum Füssewaschen auch benutzt wurde, um hineinzuspeien, also niederste Dienste verrichtete, einschmelzen. Daraus wird ein Götterbild, das in der Stadt aufgestellt und prompt ve~hrt wird; mit diesem Fußbecken alias Götterbild vergleicht sich Amasis und fordert erneut eine angemessene Ehrung seiner ~rson. Aristoteles scheint nun zu meinen, daß sich Männer zu Frauen wie die Götterstatue zu dem Fußwaschbecken verhielte. Die .materiale Gleichheit• (immerhin Gold!) steht der .funktionalen Ungleichheit• gegenüber. So sehr beide aneinandergerückt werden - schließlich sind Fußbecken und Statue austauschbar, so wenig werden sie ausgetauscht, denn das schließt Anstoteies aus (Pol, 1259b 10), so daß die Frauen niede~ Dienste tun und die Männer verehrt werden sollen, obwohl sie aus dem gleichen .Materiar sind. So wird aus einem zufcilligen Unterschied ein .unwesentlicher·, aber immerwäh~nder gemacht. Die Verwendung dieser Erzählung eines Positionswechsels ist sonderbar. Im Kontext, in den Amasis die Geschichte plaziert, hat sie die Funktion, einen Aufstieg zu legitimie~n und die Wertschätzung für den Aufsteiger einzufordern; sie soll die Durchlässigkeit der Standesgrtnzen fördern und das Vorurteil wm .gebo~nen Herrscher· und der wesensmäßigen Verschiedenheit wn Herrschern und Beherrschten abbauen. Aristoteles verwendet sie gegen ih~n Sinn für die Sicherung und Zementierung wn .Standes~nzen· und die Bewahrung wn Privilegien. Das erscheint mir so gewalttätig, daß ich den Verdacht hege, daß die Amasisgeschichte in der Auseinandersetzung um die Unterordnung der Frauen wn denen benutzt wurde, die sie aufheben oder ~lativie~n wollten. 1 Sollten sich Kinder in den Augen der Väter als unwürdig erweisen, war die Enterbung - und damit ~ie Entfernung aus der Generationenkette - das übliche Verfah~n; vgl. Veyne, Gesellschaft, S. 82. Das Verhältnis der Kinder zu ih~n Eltern ähnelt dem der Menschen zu den Göttern; vgl. Aristot, Eth Nie 1262a4f.
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Mann und Frau Die Ehre eines Mannes zeigt skfl daran, daß er die Merkmale der Männenone möglichst wllständig aufweist. Dazu zählen insbesondere die Fähigkeit zur Selbstbehauptung und zum Kampf. Im Griechischen (~ia.) und im lateinisd'len (virtus) ist die militärische Tapferkeit gleichbedeutend mit Männlichkeit. Männer als "weibisch" zu bezeichnen, ist eine schwere Beleidigung I. Die Ehre eines Mannes wird gemindert, wenn seine Frau und seine Töchter nicht keusch simf. Hephaistos wird ausgelacht, als er seine Frau Aphrodite mit Ares beim Ehebruch überrascht (Od 8,267ft). Caesar trennte sich um seiner Würde wmen umgehend wn seiner Frau, als ruchbar wurde, daß Oodius ihr nachgestellt hatte1 • Die Ehre der Frauen war durdl ihre ~hrtheit und Keuschheit bestimmt. Die Würde der Frauen bestand in ihrer Reinheit, sie symbolisierten die Forderung nach Unberührtheit, nach Achtung des inneren Raums. Ihre Ehre war ihre Scham•. Lukretia wählt den Freitod wr der Möglichkeit, mit der Schande einer sexuellen Nötigung, einer Schändung ihrer Keuschheit, leben zu müssen. Ihre Ehre ist ihr wichtiger als ihr Leben. Auch Frauenehre wird durch einen Treuebruch des Mannes gemindert. Medea ist in ihrer Ehre gekränkt, als Jason sie um einerneuen Eheschließungwillen veTStößt~. Euripides stellt Medeas Geschick als Typos des Frauenschicksals dar'. Ehe, Eht"joch und Ehescheidung gelten als das beklagenswerte Schicksal der Frauen; eine Ehescheidung ist fiir sie Schande (Eur, Med 228-236) und wird ihre Reaktion herausfordern: "Wird sie in ihrem Eherecht \erletzt, so kann kein andres Herz noch gieriger nach Blut sich sehnen" (Eur, Med 265t). Die Frauenehre ist ausschließlich durch die Beziehung zum Mann bestimmt und kann nicht gesteigert, sondern höchstens bewahrt werden. Darin - nicht durch die Postulierung der Fremdbestimmung bei der Definition - zeigt sich ihre Unterdrückung.
11 2,234. Vgl. auch das Motiv .Achill b(i d~n Mädch~n". Achill wurd~ von s~in~r Mutt~r am Hof d~s als Mädch~n ~rkl~id~t ~rst~ckt, um ihn vor d~m g~w~issagt~n Tod vor Troia zu b~wah~n. Achill ~rrät sich, w~il ~r b~im Klang d~r Kri~gstromp~t~ zu ~in~r Rüstung gn:ift. Auch hi~r st~ht Männlichk~it also für Kampf~b(~itschaft. Di~ Sun~ wurd~ in d~r Antik~ als ~hr ~izvoll ~mpfund~n und auf Vas~nbild~m und Wandg~mäld~n g~talt~t. \tgl. Uoyd Jo~. Eh~. S. 19, und Malina, W~lt, S. 59. 1 Piut, Ca~ 10. Clodius hatt~ sich Pomp~ia, d~r Frau Ca~rs, g~näh~rt. ind~m ~r ~in~ G~chl~chtsroll~ ~rlass~n und sich als Frau ~rkl~id~t hatt~. um sich Zugang zum ~st d~r Bona ~a zu ~rscha~n. :Malina, W~lt, S. 60f. Uoyd Jon~ Eh~. S. 14. 'vgl. K~tinyi, Mythologi~ II, S. 218. 1
Lykom~d~
29 Der Platz des Menschen in der Polis Die Zugehörigkeit zu einer Familie Die Identität und der Rang eines Menschen in der Polis ist durdl seine Mitgliedschaft in einer Familie bestimmt Der Adel der Familie bewährt sich in der Tüchtigkeit ihrer Mitglieder. Als Diomedes. ein Held der llias auf griechischer Seite, auf einen besonders tapferen Gegner trifft, fiagt er: "Wer doch bist du, Edler, der sterblichen Erdenbewohner?'•. Der Gegner, Glaukos, antwortet, indem er die Geschichte seiner Familie erzählt. Die Frage nach der Identität wird beantwortet mit der Geschichte des Geschlechts und seinen sozialen Beziehungen. Glaukos steht unter der Anforderung, die Erwartungen, die seine Herkunft weckt, zu erffillen. Er erweist sich auch als ein großartiger Kämpfer. Als Julius Caesar seinen Aufstieg plante, lenkte er das Augenmerk Roms auf seine Abstammung. Er zählte die Könige wn Alba und die Göttin Venus Genetrii zu seinen Ahnen, Marius gloriosus zur Verwandtschaft. Er begründete seinen Anspruch, der Erste in Rom zu sein, mit seiner Abstammung. ..... immer der Erste zu sein und vorzustreben vor andern .... " Challenge and Response Der Herkunft würdig erweist man sich nicht nur, indem man seinen ererbten Platz behauptet, sondern audl indem man die Haltung der Vorfahren nachahmt und selbst ~cht, seine Ehre zu steigern. Glaukos schließt seine Selbstwrstellung damit ab: "Dieser [der Vater] sandte nadl Troia mich her und ermahnte mich sorgsam, immer der erste zu sein und vorzustreben wr andem, daß ich der Väter Geschlecht nicht schändete.._). Der Satz wirkt bis ins 1. wrchristliche Jahrhundert weiter: Als Pompeius aufbrach, um dem Piratenunwesen ein Ende zu machen, soll ihn ein Schüler des Stoikers Poseidonius mit der Ermahnung wn Glaukos' Vater ~bschiedet haben•. Die antike Gesellschaft ist agonistisch~. Ihre Mitglieder handeln ständig miteinander aus, wer der "erste" ist. Dem Statusgewinn des einen korrespondiert der Statusverlust des anderen6 • Die llias wird wn einem agonistischen Motiv strukturiert: Achill und Agamemnon konkurrieren um den ersten Platz im griechischen Heer7• Auf dem Weg in seine spanische Provinz wurde Caesar wn seinen Begleitern in einem abgelegenen Dorf, gefragt: "Ob man sich hier wohl auch 1 11 6, 123; Übers. Voss. zAeneas ist Sohn der Aphrodite. Sein Sohn ist lulus, der Alba Longa gründete. l ••Afill !ip,O"Tfi.f,ll Ka.i inrEPfixOI! t1J41.€Wol ä).).wll ~ ~ 1rrnipw11 a.if1%1111ijU1! ••• • II 6,208f; Übers. Voss. 4 Strabo 11, 1,6. \'gl. Malina, Welt, S. 48. "vgl. Malina, Welt, S. 45f. Vgl. auch Pöschl, Würde, S. 21. Allerdings hatte man .vertcundia" zu üben, die Scheu vor der ~rson des anderen, die einem hinderte, einen Würdigen zu erniedrigen, ihm das Gesicht zu nehmen. 7 11 1,240ff. Weitere Beispiele aus der llias und der Odyssee bei Uoyd Jones, Ehrt, S. 5-7, und Schoeck, Neid, S. 114- 118.
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ehrgcizig um Rang und Amt streitet und die Großen sich gegenseitig benciden ?" Caesar entgegnete: "Ich möchte jedenfalls lieber hier der EJSt:e sein als in Rom der Zwcite" (Plut, Caesar 11 ). Für den Beginn des Bürgerkrieges waren Fragen der Ehre ausschlaggebend. Daß "ihm die Vergünstigungen des römischen Volkes auf belcidigende Weise wieder genommen werde, daß sein Kommando um cin halbes Jahr gekürzt sei ..."' (Bell Llv 1,9) und er seine Legionen entl3$en solle, empfand Caesar als Kränkung, die er nicht hinzunehmen bereit war; er forderte seine Soldaten auf, "den guten Ruf und das öffentliche Ansehen (dignitas) ihres Feldherren gegen seine Feinde zu \etcidigen"' (Ben Llv 1,7). Pompeius ließ er ausrichten: ..Sibi sernper primam fuisse dignitatem vitaque potiorem"•. Der Freitod ist zuwe1len die cinzige Möglichkcit, auf eine Niederlage im Konkurrenzkampf zu reagieren. Aias nimmt sich das Leben, nachdem man ihm die Waffen des Achill vorenthalten hatte, und sein Vosuch, sich am erfolgreichen Konkurrenten ~ zu rächen, fehlgeschlagen wa(. Cato der Jüngere hatte seine Ehre daran gesetzt, gegen Caesar die Republik zu retten. Als Caesar endgültig gesiegt hatte, nahm er sich in Karthago zur allgemeinen Bewunderung das Leben. Stabilisiert und später legitimiert wird der Anspruch auf Ehre durdl den Verweis auf ~ oder virtus. Damit ist ursprünglich die Fähigkeit bezeichnet, seine Ehre zu vertcidigen 1, bewr das Wort von Aristoteles zur Bezcichnung der moralisch richtigen Haltung verwendet wird. Virtus ist die Grundlage der Würde. Wer virtus hat, hat seinen hohen Status ~ient und zudem die Fähigkeit, ihn zur Geltung zu bringen. Umgekehrt gilt: Wer einen niedrigen Status hat, abhängig ist und ~chtet wird, hat folglich auch kcine virtus, hat keinen Wert4 • ln den hellenistischen Reichen und im römischen Reich des ersten Jahrhunderts werden Aufstiege zunehmend möglich. Die Aufsteiger werden aber \eTSp<>ttet. Ehre kann so stark nicht wachsen. Zugestanden wird cin langsamerer Aufstieg: Die Aavier gelten als Beispiel. Innerhalb von drei Generationen gelingt ihnen der Aufstieg vom Zenturionenrang zum Prinzepsamt~.
Rlhm S(i st~ts s~in~ Eh~ das Wichtigst~ g~w~~n. wichtig~r als S(in Leb~nft. Ca~. 8~11 Civ 1 9,2. Aias. J Uoyd Jon~. Eh~. S. J. 4 Das l~gitimi~rt di~ G~ringschätzung d~r Sklaven: All~in~. daß si~ SklaVl'n sind, unt~rl~g~n. ohn~ B~sitz und sich k~in~n R~sp~kt Vl'rschaff~n könn~n. b~~ist, daß si~ k~in~ virtus und k~in~n höh~r~n Status Vl'rdi~nt hab~n. Da mag ~in Sklave schön S(in, g~bild~t und stark, man wird ihm k~in~ virtus zug~st~h~n: ~in~ Schönh~it wird man W~ichh~it, S(in~ Bildung RHaarspalt~~i", s~in~ Stärk~ G~fahr n~nn~n. sollt~ ~r sich ~inmal als tapf~r ~rw~is~n. so wird man ~ für B~~chnung halt~n. Ein Sklave, d~r s~in~ Pflicht tut, ist d~nn auch k~in ~h~nvoll~r. sond~m all~nfalls ~in tr~u~r. 1
2 Sophokl~s.
fin w1~. REin~ Famili~ von dunkl~r Abstammung und ohn~ ~d~ut~nd~ Ahn~n ... Titus Flavius Petro, Bürg~r R~at~. war im Bürg~rkri~g als Z~nturio auf ~it~n d~ Pomp~ius g~w~~n ... s~in Sohn, mit B~inam~n Sabinus war ... Einn~hm~r d~s Vi~rzigst~n in Asi~n ... Spät~r b~tri~b ~r ~in Bankg~chäft b~i d~n H~lvtti~mft. S~in ält~rtr Sohn wird Präf~kt von Rom, d~r jüng~~ ist V~spasian. Su~t. Wsp.
von
I.
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Die Öffentlichkeit gesteht eine Sta~ng und eine Ehrsteigerung nur ungern zu. Man fiirchtete den Neid (~) 1 seiner Mitmenschen und trnf Vorkehrungen gegen den ..bösen Blick..1 • Der Neid war aber auch Ausdruck der Bewunderung: Wer beneidet wird, der hat etwas erreicht Im Schlußchor läßt Sophokles die Vemannung des Oidipus mit den folgenden Sätzen kommentieren: ..Wer von uns Thebanern sah wohl nicht voll Neid auf all sein Glück. ... Keinen, der ein Mensch ist, darf man selig preisen, eh er nicht überschritt des Lebens Grenze.....Neidisch blicken .. und •.selig preisen" erläutern einander. Wenn eine Statusverbesserung nicht hinreichend legitimiert ist, zieht sie die göttliche Vergeltung, die ~. auf sich. Aber auch diejenigen, die nicht gleichen Rang beanspruchen können, gestehen nur unwillig jemandem den Vonang zu. Plutarch berichtet. daß Miltiades die athenische Volkwersammlung bat, mit dem Siegeskranz für seinen Sieg bei Marathon ausgezeichnet zu werden. lhm wird geantwortet: ..Wenn du allein gekämpft hast, dann ~ange auch allein den Kranz.,.] Herodot erläuterte: ..Das ist ja die Art und Freude der Hellenen: den Glücklicheren beneiden sie, den Mächtigeren hassen sie:·• So steht das Konkurrenzmotiv auch mit demolaatischen und henschaftskritischen Zügen in Verbindung. ln der homerischen Welt läßt sich die Ehre kaum von der Ehrengabe unterscheiden~. Achill ist gekränkt, weil er seine Ehrengabe, Briseis, ~iert, Hephaistos ist ~hnt, als Poseidon den Brautpreis für Aphrodite zurückerstattet. Auch später ble~bt die Ehre mit den materiellen Gütern eng 'Verbunden: ln der Polis ist bei den Wettkämpfen der erste Platz meist mit einem Preis dotiert. Für Aristoteles gehört die Freigebigkeit zu den Tugenden6 ; Reichtum dient der Darstellung des eigenen Status und dazu, sich andere zu ~flichten. Als Gegengewicht bildete sich in Griechenland seit dem 6. Jahrhundert ein kollek~ Ehrbegriff heraus: Die .iv,afJo,... werden ermutigt, die Ehre der Stadt zu steigern und ihre Schande zu ~indem. Demosthenes ruft auf: ..Oilre ,.ip ~ ~ ~ ~ ~ oiir' Ö))..o ntwTrHO!irwvnW ~ ~~&;~ imip TWv ~ E~ clf~ Q.9oiN ~ fJa/Ja«ijv, ,M' imip nxfrwv E~ ~ Eitnmu, Q}J..O. ~ p.& phJ ~~~~ Ta.iiT' Ev "Ti t/XnEt, Ei~· ~·~.~Kai~ &a,reip& ~~~~. .... '& ~ 'TWv ~ n ~ "Ti TrO'AEt, Kai E-v ~ np0.; ~ ~ irni Teil ~. E-v ~. Ttuim. ,.ip ')E1Ml.iou Kai lvyaßOO rrOJ..rroo" (Demosth, Or XVIII 278). Natürlich gelang die Kanalisierung des Ehrgeizes nur begrenzt. Dennoch gab es immer mehr Menschen, die bei ihrem Ringen um persönliche Ehre sich den .Anschein gaben, als setzten sie die kollektive Ehre des athenischen Demos an die erste Stelle..7• Patriotisch kann zur angemessensten Übersetzung von ~.. I
Vgl. Lloyd Jones, Ehrr, S. 4. ~gl. Kuhnert, Art. fascinum, Sp. 2009; wurde jemand übermäßig gelobt, versuchte er mit einer Geste der Selbsterniedrigung (z.B. Ausspucken) die Verführung zur Hybris bzw. den Versuch, den ~öttlichen Neid auf ihn zu lenken, unwirksam zu machen. Vgl. Nilsson, Geschichte I, S. 736. Plut, Kirnon 8. 4 ~Hdt, Hist Vll,236; Ubersetzung A. Homeffer. Fatheuer, Ehre, S. 54f. 6 EthNic 1119b. Vgl. Bolkestein, Wohltätigkeit, S. 105. 7 Uoyd Jones, Ehrr, S. 12.
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werden I. u~ Jones versteht die frühe römische Republik als "ein offmsidttliches Beispiel für eine Kultur, in der Ehre und Schande erstrangige Bedeutung hatten; fre11ich waren es ... die Ehre und Schande des KollektM. die vorhensdtten*. Mit der späten Repubhl< trat jedoch die Konkurrenz der Großen in den Vordergrund. Die römische dignitas bHeb aber stärker an den Staat gebunden als die griedtische 1'T#mh die z.B. audt durch einen sportHdten Erfolg gesteigert werden konnte). Der Sport spielte in Rom eine geringe Rolle, und der Ruhm, den man als Gladiator oder Wagenlenker erwerben konnte, öffnete l)Nar die Schlafzimmertüren der römischen Obetsdtidttsfrauen\ nie aber die des Senats. Dignitas meint immer audt den politischen Rang. Exkurs: Hellenen, Römer und Barbaren ln dem Maße, in dem innerhalb der Bürgerschaft das Konkurrenzmotiv zurücktritt wird es in Außenbeziehungen vorhernchend. Dem kollektiven Ehrbegriff korrespondieren die Uberzeugung, unter den Völkern herauszuragen, und der Versuch, diesen Uberlegenheitsanspruch in politische Hegemonie umzusetzen ln der Zeit in der in Athen die kollektiYe Ehrvomcllung im Vordergrund stand, hatte es im Attischen Seebund und dann im Attischen Seereich den eiSten Platz inne. ln der römischen Tradition entspricht dem kollektiven Eh~riff das Bewußtsein, zur Herrschaft über die Völker berufen zu sein l'Jergil, kn 6, 851t). Die Uber1egenheit kann (a) über gleichwertige Völker oder (b) über kulturell unterlegene Mers:hengruppen beansprucht werden. Das Ringen um den Vorrang im ersten Fall gleicht dem Aushandeln der Position zwischen den Oberschichtsmitgliedem. Im zweiten Fall wird der Primat mit Hilfe des Barbarenbegriffs begründet Dabei bewir1ct die ambivalente Haltung zur eigenen Kultur, daß einmeits die Barbaren als minderwertig gelten, so daß Aristoreles sie als geborene Sklaven bezeichnen kann (Aristot Pol I 1252b), und ande~ts, daß sie als ideale Menschen, Kämpfers oder Weig/, verehrt wurden7 • Mit der Hilfe dieses ambivalenten Barbarenbegriffs läßt sich einerseits Vonang über kulturell überlegene Gegner beanspruchen, indem man sich .Unverdorbenheit" und dem Gegner .Dekadenz" zuschreibt und anclermeits die Vorhemchaft über kulturell unterlegene Völker begründen, indem man für sich Kulturfähigkeit beansprucht und die Gegner als roh und l!rentwickelt ~reibt So haben die Römer in der Expansionsphase gegenüber .dem Osten" die Uberlegenheit der Natur, im Verhältnis zum Westen die der Kultur repräsentiert Zwischen dem Vmuch, seine Ehre in der Polis zu steigern und innerhalb der Familie ehrenhaft zu leben, kann es zu Konflikten kommen Als Hektar vor der entscheidenden und für ihn tödlichen Begegnung mit khill vor Troias Mauern steht bitten ihn seine Eltem, in die Stadt zu fliehen. Priamos erinnert an die Fürsorgepflicht des Sohnes für den alten Vater. Hekabe entblößt die Brust. um in ihrem Sohn Scham und Geho~S~m zu wecken. Für Hektar ist die Vorstellung, daß die Troier ihn wegen Feigheit vertachen würden, jedoch unerträglicher als die Mißbilligung der Eltern•. Er stellt sich dem Kampf und findet den Tod. ~
Vgl. Do~r. Morality, S. 23 I. Uoyd Jones, Eh~. S. 27. lygJ. Pöschl, Würd~. S. II. 4 luv, Sat 6,106ff. Sygl. di~ Darst~llung d~r G~rmantn durch Tacitus. Vgl. lill, Art. Tacitus, S. 246. 'vgl. Sp~~r I Optlt, Art. Barbar, Sp. 826-829. 7 Vgl. di~ Darst~llung d~r Urz~it ~in~rstits als arms~lig und and~r~rs~its als gold~n (H~s. Op 47f und 109ft); Vgl. Speyer I Optlt, Art. Barbar, Sp. 813.825. '11 22,38ff; vgl. dazu K~rrnyi, Antik~ R~ligion, S. 87f.
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Der Platz des Menschen im Kosmos Die Ordnung der Ehre gliedert auch die nicht-menschliche Welt Die Götter selbst suchen Ehre•. Ein Grund für den Troianischen Krieg ist die Konkurrenz der drei Göttinnen um die Ehre, in den Augen des Paris als die Schönste zu gelten. Die Götter sind es, die den Rang verleihen2 : .Sind durch ihn doch die Männer die sterblichen ruhmlos und ruhmwll, Unbekannt oder bekannt, nach ä:us' des Erhabenen Willen. Leimt Qlbt strotzende Kraft. leicht drückt den Strotzenden nieder, Leimt läßt schwinden den Hochansehnlichen, wachsen den Niedren, Leimt streckt grnde den krummen und läßt verdorren den Stolzen Zeus, der Donnerer droben, der wohnt in erhabensten Häusern. Häre mich, sieh und \mlimm, am Recht richt gerade die Bescheide, Du Herr!" (Hesiod, Op 3-10)'. Eine Minderung der Ehre kann als Strafe ffir Schuld oder Frevet sowie mit dem Motiv des Neides der Götter gedeutet werden: Das göttliche Walten ist .~ 'n' ICrli ~.. (Hdt, Hist 1,32; 111,40; Vll, 10). UnwHlkürlich hat das agonistische 8ement das Verhältnis zu den Göttern mitbetroffen~: Menschen wie z.R Prometheus und Bellerophontes können zu Konkurrenten der Götter werden. ln hellenistischer Zeit steht die Tyche' für das unberechenbare Geschick, das blind erhöhen und stürzen kann. Die Position des Menschen über den Tieren zeigt sich daran, daß er die Grenzen, die die Natur setzt, überschreitet und kulturf.ihig ist (Soph, Antigone 332ft) und nach größerer Ehre strebt'.
Das Verhältnis zu sich selbst Im Verhältnis zum eigenen Körper spiegelt sich der Status eines Menschen. Nach innen zeigt sidl das an der Körperwahrnehmung und dem Umgang mit Geffihlen und körperfirnen Bedürfnissen, nach außen an der Art, sich in Aussehen, Tracht, Gestus und Sprech\erhalten zu repräsentieren. I
Vgl. Uoyd Jonrs, Eh~. S. J. Homerisch ist die Vorstellung, daß jedem Menschen eine NmoiraN zukommt, ein gebührender Anteil, den die Götter nur verteilen, nicht jedoch brstimmen. Vgl. II 22,209-214; Od 6,187; Vgl. Nilsson, Geschichte I, S. JJ8ff. l·· Ubers. Marg. 4 Seit Hesiod treten die Kategorien von Schuld und Strafe in der griechische Kultur stärker hervor. Vgl. Dodds, Griechen, S. 2Jf; Uoyd Jones, Ehre, S. 2. ~Dodds, Griechen, S. 17, deutet dirses NEmpfinden göttlicher Feindseligkeit~ als Kennzeichen des pbergangs einer Scham- zu einer Schuldkultur. Als das Glück einrs Mächtigen kann die Tyche auch die Funktion der Schutzgottheit übernehmen. Vgl. Nilsson, Geschichte II, S. 19Jf. 7 ~Es ist das Streben nach Ehre, das nach Xenophon den Menschen vom Tier unterscheidet und ihn der Gottheit am nächsten bringtN. Bolkrstein, Wohltätigkeit, S. 152, mit Verweis auf Xenoph, Hiero Vli,J. 2
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Männer mit gehobenem Sozialstatus "regierten" ihren Körper mit seinen Bedürfnissen wie ein Henscher die Bürger der Polis; sie sorgten daffir, daß jedem "Glied" das ,.Seine" zukam und es seinen Platz in der "inneren Hierardlie" beibehielt•, kurz., daß "gerechte" Zustände henschten. Mensdlen mit niedrigem Sozialstatus dagegen erlebten ihren Körper als letzten Schutz- und Rückzugsraum, dessen Integrität ständig bedroht war; die Fremdbestimmung, die mit ihrem sozialen Status verbunden war und sich z.B. in körperlichen Strnfen und sexueller Verffigbarkeit manifestierte, spiegelte sich auf körperlicher Ebene in der Deutung von Krnnkheit als "Besessenheit"1• Diese Körperwahrnehmung zeigten auch Frnuen1 • Die körperliche Ehre eines Mannes von gehobenem Sozialstatus wurde "von innen" bedroht und bewährte sich in der Selbstbehenschung. Die Ehre einer Frau und von Männem mit niedrigerem Sozialstatus wurde von außen bedroht und bewährte sich in der Umersehrtheit. Damit ist auch behauptet, daß Männer der Oberschicht ihre körperliche Ehre selbst gewährteisten konnten, Frauen und Männer mit niedrigem Sozialstatus dagegen abhängig waren von Ereignissen, die sie als übermächtig erlebten. Nach außen zeigt sich der Anspruch auf hohe Wertschätzung in körperlicher Schönheit•; sie legitimiert Henschaft. Herodot erkennt in der Schönheit des Xerxes den Beweis ffir seine Würdigkeit zum Siegs. Die Schönheit ist dabei nicht einfach Bestandtell der "natürlichen Gestair, sie wird mit hervorgebrncht durdl die Kleidung, die den Stand und den Status anzeigte', durdl das Auftreten7, Gebaren und Reden', sie drückt sich aus im Lebensstil, in der Architektur des Hauses', im Stil der Einladungen. Das gllt auch ffir den Staat: Seine Würde zeigt sich in seinen Bauten, seinen Münzen, Inschriften und Monumenten•o.
Vgl. Martin, Body, S. 3-37; 139-162; Brown, Body, S. 26-32. \lgl. Martin, Body, S. I 39-162; Theißen, Wunder, S. 248. Vgl. Berger I Luckmann, gesellschaftliche Konstruktion, S. 50. \tgl. Weissenrieder, in ihrtr im Entstehen befindlichen Dissertation Frau und Körper. 4 Merkmale sind Größe (Aristot, EthNic 1123b I) und Sportlichkeit (Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte IV, S. 4fl. Besonders wichtig ist natürlich das Gesicht (Cic, Off I 126). Zwischen Männer- und Frauenschönheit wird unterschieden (Cic, Off I, I 30). Schönheit ist nicht auk Jugendplter begrtnzt; vgl. Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte IV, S. 4f. 'Vgl. Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte IV, S. 4f. 6 ln der römischen Kultur ist die Toga das Ehrtnkleid des Bürgers, die Purpurstrtifen daran zeigen den Stand ihrts Trägers an. Kleidung und Schminke des Triumphators imitieren das Aussehen der lupiterstatue, rücken ihn in unmittelbart Gottesnähe und zeigen so den höchsten Status an, den Menschen in der römischen Tradition errtichen können. 7 Laufen und Rennen ist Skla~nart und eines würdigen Mannes unangemessen. Vgl. Pöschl, Würde, S. 30f. Cicero setzte Caesar öffentlich herab, indem er seine Beobachtung mitteilte, daß er effeminiert wirke. Plut, Caes 4. 1 Cic, Off I, I 30 und I 32. 9 Aristot, Eth Nie 1122b 17; Cic, Off I, 138f. 1 \tgl. Pöschl, Würde, S. 27f. 1
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2.5. Ehre als schichtübergreifender Wert Ehre als überschichtswert Der Wahrung und Mehrung ihrer Ehre fiihig waren nur die Männer der Obelschicht.
Ihre Frauen und Töchter konnten zwar ihre Würde wahren, indem sie keusch und treu lebten, waren aber nicht in der Lage, ihre Würde selbst zu \erteidigen oder sie zu mehren'. Das Q1lt nur fiir die irdischen Frauen. ln der Religion hatte Artemis die Funktion, die Keuschheit aktiv und offensiv zu \erteidigen2• Die Würde der Mitglieder der Obelschicht wurde vom Staat geachtet: Sie waren vor ehrenrührigen Strnfen wie körperlicher Züchtigung ausgenommen. Vergehen, die fiir Unterschichtsmitglieder mit Zwangsarbeit in den Bergwerken belegt waren, wurden bei Obelschichtsmitgliedern nur mit Verbannung geahndet'. "Olallenge and response" Kommunikationen finden nur zwischen Gleichwertigen statt. Menschen mit geringerem Sozialstatus können Höhergestellte nicht herausfordern\ Höhergestellte werden in Niedrigeren keine Partner oder Konkurrenten, sondern Abhängige und ~tatisten" sehen.
Die Mentalität der Unterschichten Welche Bedeutung hatte die Ehre fiir die Lebensgestaltung der Mitglieder der Unterschichten? War auch fiir sie die Ehre wichtiger als das Leben? Fs ist schwierig, diese Frage zu beantworten, weil die Auskunft der Quellen begrenzt ist und die Unte&hicht nicht homogen war.
Ehre als Unterschichtswert ( t) Unterschichtsgruppen hatten Ante.l an der Ehre von Obe&hichtsmitgliedern, insofern Familien der Unterschicht an solche der Oberschicht durch ein Ski~-Herr- oder durch ein Klient-Patron-Verhältnis gebunden waren. Dabei hatten die Klienten und Ski~ fiir die Oberschichtsmitglieder die Funktion, ihren Anspruch auf Wertschätzung 'Vgl. Malina, Welt, S. 60f. An der Grenze von Heroenlegende und Geschichte kennen die griechischen Tradition die Amazonen, deren Königin Penthesilea der Artemis ähnelt (Oiod Sie 4,61 ,5), als kämpferische Frauen, die ihre Ehre offensiv verteidigten, und die römische Tradition die Cloelia, die nach Uv II, I3,6 zwar nicht kämpft, sondern nur flieht, aber dennoch als tapferer als Mucius Scaevola gilt (Uv II 13,8; vgl. Dion Hai 5,35,3 und Plut, Publ 19,4f) und auf der Via Sacra ein Reiterdenkmal hatte, obwohl das Pferd in der Legende nur unzureichend verankert ist, so daß diese Darstellung vielleicht auf eine ältere kämpferische Vorstellung hinweist. 1 Vgl. Pöschl, Würde, S. 19f, der meint, Strafe diene der Wiederherstellung der Ehre. Zugleich gilt es aber als Zeichen der Schwäche und als schändlich, die Ehre durch ein Gerichtsverfahren wiederherstellen zu lassen, statt selbst dafür zu sorgen. Vgl. Malina, Welt, S. 55. Vgl. II 2,205-269. Tut eine Untergeordneter dem .Haupt" seiner Ehrgemeinschaft Unrecht, wiegt das besonders schwer. Vater- und Königsmord werden verabscheut. Vgl. Dodds, Griechen, S. 33, und Malina, Welt, S. 57. Dagegen Veyne, Gesellschaft, S. 82: Wegen der Gefühlskälte zwischen Vater und Sohn sei der Vatermord nicht selten und in der Kaiserzeit als Anklage des Vaters durch den Sohn wegen Majestätsbeleidigung sogar öffentlich anerkannt gewesen. 2
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durdl ihre Zahl zu dokumentieren und durdl ihr Verhalten, z.B. bei Abstimmungen in der Volks\mammlung, zu unterstützen. Der Status der Ski~ und Klienten war durch den Status ihres Herren oder Patrons wesentlich mitbestimmt'. Je größer dessen Ehre war, desto stärker war auch ihre Position1 • Zudem waren auch ihre tatsächHchen Lebensverhältnisse berührt. Patrone unterstützten ihre Klienten finanziell und juristisch. Seit Marius waren die Legionen ihrem Feldherrn in einem Patron-Klient-Verhältnis ~unden. Damit wurde eine~Sdts die Position des Feldherrn betTächtlich aufgewertet und ihr Anspruch auf Wertschätzung konnte unabhängiger wn der Zustimmung des Senats durdlgesetzt werden, andererseits übernahm der Feldherr für seine Soldaten Verantwortung, z.B. durdl die lamMrtetlungen an die Veteranen. (2) Für das Athen der klassischen Zeit läßt sich wahrscheinHch machen, daß Ehre auch wn UnterschichtsmitgHedem erstrebt wurde. Das büTgertiche leben war wn ständigen "Wettbewerben", also agonistischen Strukturen, geprägt. Ausgezeichnet wurden die Sieger im sportlichen Wettkampf, die Gruppe im Rat der 500, die die Amtsgeschäfte am besten geführt hatte. und der Richter, der das beste Urtetl gef.illt hatte. Auch die RedebeitTäge in der Volks\ersammlung wurden als BeitTäge zu einem Wettbewerb ~tanden. Unter den Hirten hat es Wettbewerbe um den besten Sänger gegeben1 • D~ hat für Athen zwischen 420 und 322 Gerichtsreden und poHtischen Reden, Tragödien·und Komödien unter der Voraussetzung, daß sie den Beifall auch der Unterschichten suchten und deswegen Rückschlüsse auf deren MentaHtät zuHeßen, untersucht. Er kommt zu dem Ergebnis, daß es zur populären Moral gehörte. die Erniedrigung und Schande zu fürchten und sich so zu ~alten, wie es erwartet wurde~. Für Demosthenes ~äuft die ..EhJgrenze" zwischen Freien und Unfreien: ,.'B}W ,Uv oi~ ~ ~ ~ ~ T7,v imfp niw ~TWV ~ elva.t" (Or IV 10). Skl~n fürchten nur den Schmerz und freuen sich nur des Essens'. Für sie spielten Fragen der Ehre keine Rolle7 • Die Wertschätzung der "Ehre" hatte für Unterschichtsmitglieder wr allem im Kriegsfall Bedeutung: ..... QJJ..'/lxnrepniw~Tai)~~~io-nv~a~~ ij (,;}v ~ •••• " (Jsocr IV,95). Damit diente sie besondeTS den Interessen der '.Das Da~ln d(S H~rm ... drängt~ sich auf wi~ mit d~r Evid~nz ~in~r Naturg~walt; s~in~ Sklaven stolz auf ihn, si~ hatt~n T~il an s~in~r Größ~. er war ih~ einzig~ Würd~. • Veyne, G(S~llschaft, ~. 12. i>ie Aufstieg(Schancen wn Sklaven und F~igelassen~n wa~n d~t~rmini~rt wm Status ih~s H~rm. Vgl. Veyne, G(S~IIschaft, S. 14. Die Mitglieder der Familia Ca~saris genoss~n b(Sond~~ W~rtschätzung, was sich z.B. daran z~igte, daß ih~ Sklaven freigebo~n~ Frauen h~irat~n konnten. Vgl. Alföldy, Sozialgeschicht~. S. II J, und Brock~r. Sozialgeschichte, S. 178f. 1 B~rve. Agonal~r Geist, S. I 3.14.17. 4 Dabei ist zu bedenk~n. daß in den Tragödi~n nur Adelige und besond~~ Mensch~n auftr~t~n. W~nn de~n an Eh~ ausgerichtet~s V~rhalt~n d~n Belfall d~r Öff~ntlichkeit find~t. so läßt sich daraus schli~ß~n. daß auch Mensch~n d~r Unterschicht d~r Üb~rzeugung wa~n. daß ~in Ad~liger so zu hand~ln und zu denken hab~; es sagt nichts darüber, ob si~ s~lbst ihr eig~nes Leben nach diesen Zi~l~n g(Stalt~t hab~n oder (5 sich wünscht~n. sDover, Morality, S. 2J6ff. 'vgl. Dover, Morality, S. 115. 7 Vgl. Pöschl, Würde, S. 22; Veyne, Gesellschaft, S. 45. wa~n
37 Oberschichtsmitglieder, an deren eventuellen Statusgewinn allerdings alle Bürger partizipierten. Wenn der Aufruf aber die Soldaten ermutigte, sich entsprechend zu verhalten, so zeigt das. daß sie fiir den Grundsatz "Ehre, wichtiger als das LebenM zumindest empfiinglich waren. Unterschichtsmitglieder konnten im Kriegsfall also ihrer Stadt "Ehre machen" und von dem Ruhm dieser Stadt ihr Selbstbewußtsein beflügeln lassen. (3) Lukians Traum' läßt sich darüber hinaus entnehmen, daß fiir Handwerker "Ehre" ein wichtiger Wert wa(. Handwerker hielten sich fiir ehrenwerte Menschen, die meinten, in der Ordnung der Ehre innerhalb der Gesellschaft ihren Platz zu finden 1 • Oberschichtsmitglieder aber dachten darüber anders; fiir sie waren Handwerker ehrlose Menschen4 • Zwar tragen also Gruppen in der Unterschicht das Werts)Stem der Oberschicht mit~. die Oberschicht aber gesteht den Unterschichten in ihrem Ordnungss)5tem keinen Platz zu.
'Lukian stammt aus ~in~r syrisch~n Handw~rk~rfamili~ und sti~g im 2. Jahrhund~rt zum g~f~i~rt~n auf. \tgl. auch di~ Handw~rk~rinnung~n: ln d~n Städt~n schlo~n sich Handw~rk~r. Kaufl~ute und Di~nstl~ist~nd~ zu V~rbänd~n zusam~n. lnn~rhalb di~~r coll~gia~ spi~lt~ di~ Ehrung ~inz~ln~r Mitgli~d~r ~in~ wichtig~ Roll~. ab~r auch di~ ~h~nvoll~ Darst~llung nach auß~n. .What is int~r~ting about crafts Organisations for our purposes is the focussing of their energi~ on the P.ursuit of honor rather than of ~conomic advantag~". MacMullen, Roman Social Relations, S. 76. ln diesem Traum, der die Entscheidung d~ jungen Lukian für ~ine künftige Serostätigkeit herb~iführt, tritt di~ Ptrsonifizi~rung d~r Bildhauerkunst auf. Sie \'trspricht gutes Auskommen und aufrtchtes Leb~n. Seiner Familie könne er so Ehrt machen. Seine Werke würden Anlaß zur Bewunderung sein, ja er könn~ sogar d~n gött~rgleichen Ruhm ~ines Phidias oder Praxit~les ~rwerb~n. Di~ schmutzige Kleidung hindert das nicht (Somn 7t). 4 Di~ P~rsonifizierung der G~lehrsamkeit widerspricht im Traum; sie achtet di~e Sorte Ehrt für gering: •... am End~ würd~t du doch nichts ~hr ~in als ~in Handarbeiter, d~r die ganze Hoffnung ~in~ Fortkom~ns in d~r W~lt auf seine Hände gründet, ohne A~hen, wenig ~s~r als ein Tagelöhner bezahlt, niedrig und ~chränkt in ~iner ~nkungsart, ~ine unbed~ut~nde Person im g~~in~n W~s~n ... ein bloßer Handwerksmann, ein~r vom groß~n Hau~n. der sich vor jedem Vomehm~n ducken und schmiegen muß, vor jedem Sprtcher Respekt hat, ein wahres Has~nl~~n lebt und imm~r die Beute des Mächtige~n ist" (Somn 9). Sie \'trspricht ein~n Aufstieg zur .wahrtn Ehrt": Ihr Zögling w~rd~ .von jed~rmann beneid~t und mit Eif~rsucht ang~ehen" und würde .selbst von d~nen, die durch Geburt und Reichtum über die andem hervorragen, geachtet rerd~n· (Somn lOt). Lukian stand dem kritisch gegenüber. ln seinen Werken ~gegnet immer wieder die Aufforderung, der Ob~rschicht di~ Loyalität aufzukündigen: .Denn da die~ [sc. die Adelig~n) sich von jen~n Elend~n ihrtr Reichtümer halben glücklich prtisen hö~n und ihrt Vorsäle alle Morgen mit Leuten ang~füllt ~hen, die sich ihnen nicht anders als wie Skla\'tn ihrtn G~bietem nähern, was müssen si~ endlich von sich ~lb~r d~nken? Würd~n es hingeg~n jene mit~inand~r abrtd~n. auch nur einen kleine Zeitlang von dieser frtiwilligen Knechtschaft abzustehen: meinst du nicht, die Reichen würden gar bald vor die Tür d~r A~n komm~n und ihnen noch die besten Worte g~b~n. daß si~ ihr Glück nicht ohn~ Zuschauer und Zeug~n und ihrt großen Paläste und prächtig~n S~i~säl~ nicht ohne Wert und Gebrauch las~n möchten? ... Die~s Vort~ils sollt~ man sich also bedienen, ihrtm Reichtum die Verachtung als einen Damm entgeg~nzusetzen und ihrt Größ~ dadurch in ihrtn eigenen Augen herabzuwürdigen ... • (Nigrinus 23). Rh~tor
38 Die Dominanz der Frage nach dem Überleben Die Fabeln des Phädrus dagegen dokumentieren eine Einstellung, in der der Wert der Ehre hinter die Frage des Überlebens ganz zurüd
39 unauffällig zu ~alten (Phäd, 11,7: Zwei Maultiere). Die Schwachen sind in den Fabeln ängstlich, vorsichtig, klug oder dumm, aber nie zornig. Auf Statusverlust reagiert man mit Trauer, nicht mit Zorn (Perotti 21: Das Rennpferd). Der Versuch, seine Ehre zu steigern, QJlt als lebensbedrohlich und aussichtslos. Vielr Mitglieder der Unterschicht sahen fiir sich keine Chance, sich einen achtenswerten Platz in der Ordnung der Ehre zu erkämpfen, wobei deutlich wird, daß sie (a) die Verbindung von tatsächlicher Hiercm:hie und Ehre anerkannten und (b) ihr Verzicht auf die Teilnahme am Wettbewerb der Resignation und nicht der Orientierung an einer alterna~ Lebensdeutung entspringt
2.6. Relativierungen: Verinnerlichung und Umkehrung Mit der Stoa entwickelt sich die Überzeugung von einem statusunabhängigen Wert des Menschen. Damit wird die Ordnung der Ehre relativiert. Menschenwürde und gesellschaftliche Ehre, Person und Rolle können unterschieden werden. Cicero spricht von einer allgemeinen Menschenwürde', Musonius, Seneca , Epiktet und Plutarth fUhren das weiter. Die Gleichwertigkeit aller Menschen wird religiös durth die .,Zeuskindschaft" aller Menschen oder anthropologisch durth die Te~lhabe aller am ~ begründet. Es Qlbt zwar erstaunlich wenige direkte Belege ffir die Überzeugung von der Gleichheit aller Menschen2, es läßt sich jedoch vermuten, daß sie dennoch weit verbreitet war. Sie kann begründende Funktion haben, muß also plaUSibel gewesen sein. Dio Chl)SOstomos fUhrt sie gegen die Zwangsprostitution an: "Wir müssen hier also genau auf der Hut sein und dürfen den körperlichen Mißbrauch entehrter und unterjochter Menschen auf keinen Fall nachsichtig und leichtfertig hinnehmen, einmal schon deswegen, weil der Gott, als er es schuf, das ganze Menschengeschlecht ohne Unterschied mit dem Recht auf Achtung und Gleichberechtigung geschaffen hat und es die gleichen Zeichen und Merkmale des berechtigten Anspruchs auf Achtung an sich trägt, nämlich die Vernunft und das Wissen um Gut und Böse" (Dio Chty.i 7, 138). Damit können die Unterschiede in der Bewertung von Herren und Sklaven durth das Konzept von der inneren Freiheit', Barbaren und Kulturvölkern bzw. über- und unterlegenen Völkern durth die Vorstellung vom Kosmopoliten•, von Alten und Jungen durth die Verpflichtung zur Selbsterziehung~ und von Mann und Frau durth die Hochschätzung der Gattenliebe' relativiert werden7 • Aus der 'Cic, Off I, 105f.; vgl. Pöschl, Würde, S. 38f.
2 Gree~n.
Sozialethik, S. 7f, nennt nur drei Stellen. \lgl. Sen, Ben 111,20,1.2; Ep 47,17; Epict, Diss 111,24,67ff; IV,7,35. 4 Epict, Diss 1,9, 1f; Vl,2,10; vgl. Speyer I Opelt, Art. Barbar, S. 826. ~Epic, Epist 3,122: Der Jüngling und der Greis sollen philosophieren, damit der eine sich ~rjünge, der andere damit er jung und alt sei in der Furchtlosigkeit vor dem Zukünftigen. Vgl. Epict, Diss 1,1,1-4. Musonius bei Plut, Mor 4530. Vgl. Foucault, Sexualität 111, S. 64f; Gnilka, Aetas, S. 49-65. 'Plin, Ep 7 ,5. Vgl. Foucault, Sexualität 111, S. 102f; Veyne, Gesellschaft, S. 101 f. 7 Diese Relativierungen sind nicht nur als die Folgen der neuen Ideologie, der Stoa, zu ~rstehen (vgl. Veyne, Gesellschaft, S. 87), sondern wesentlich mi~rursacht durch den .Übergang von einer Konku~nzaristokratie ... zu einer Dienstaristokratie· (Veyne, Gesellschaft, S. 84). Je geringer die Machtposition des pater familias in der Gesellschaft wird, desto mehr werden die Rangunterschiede
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Überzeugung wn der Gleichheit aller Menschen folgten jedoch keine Versuche, die Lebens\mlältnisse einander anzugleichen. Das wurde deswegen möglich, (1) weil zwischer:t Pmon und Rolle untersdtieden wurde, so daß niedrige Umstände die Würde des Vernunftwesens und Zeuskindes nicht mindern konnten und deswegen auch nicht abgeschafft werden mußten, und (2) weil zwischen wahren und ~eintlichen Gütern untersdtieden wurde, wobei die "äußeren Güter" als ~eintlich und wertlos galten, weshalb sie auch nicht neu ~e1lt werden mußten. Ehre und Scham wurden ~nnerlicht. Nicht mehr die Öffentlichkeit mit ihrem Urteil wurde gefim:htet, sondern wr sich selbst bestehen zu können und den eigenen Idealen gerecht zu werden, bestimmte den Anspruch auf eigene und auch auf öffentliche Wertschätzung. Cicero ermahnte sich selbst mit den Worten: ..Hüte dich wr etwas Schimpflichem, Schlaffem, UnmännHchen !" ffusc 11, 51). Die Aidos gehört fur ihn neben der ~ zu den sittlichen Grundgefuhlen, die fur die sittliche Vollkommenheit unabdingbar sind. Aidos bestimmt er als "die Ehrfurcht vor der eigenen Menschenwürde als unantastbarem He~ligtum"'. Mark Aurel hört auf die Wegweisung der Aidos, wenn er wr der Wahl steht, dem Tier oder dem Gott im Menschen zu folgen 2 • Bei den Kynikern wird die Ordnung der Ehre "umgekehrt". Ehre \erdienen nicht die Mitglieder der Obersdticht, sondern die ..wahren Weisen", die Kyniker. Von der Umkehrung sind auch die Verhaltensweisen betroffen, die als ..ehrenhaft" galten. Diagenes habe sich in der Öffentlichkeit schamlos betragen und sich über die ~ und w,.a..e~a. lächerlich gemacht (Diog l.Aert TV,72). Die Ordnung der Ehre innerhalb des Hauses erhielt er jedoch aufrecht: Männer dürfen nicht effeminiert wirken (Diog l.Aert TV,65), und der Vater muß respektiert werden (Diog l.Aert TV,65).
2. 7. Zusammenfassung Die mediterranen Kulturen in der Antike waren nach der Ordnung der Ehre organisiert. Die Ehre zu ~ehren und die Schande zu meiden waren wichtige Handlungs- und Verhaltensmaxime. Die Chancen, seine Ehre zu steigern und Schande zu ~eiden, waren sehr ungleich ~e1lt. Frauen und Mitglieder der Unterschicht waren dazu nur sehr begrenzt bef.ihigt. Dennoch g1bt es Hinweise darauf, daß große Teile der Gesellschaft die Überzeugung wm hohen Wert der Ehre teilten, auch wenn sie selbst nur geringe Chance dafur sahen, sie zu erwerben, und ihre Energie dafür brauchten, um zu überleben.
inn~rhalb
des Oikos mit Hilf~ von Ordnungsvorst~llung~n b~gründ~t. di~ auch d~r B~h~rrscht~n such~n. Pohl~nz, Stoa I, S. 334. ~bd., s. 348. :Vgt. Diog la~rt VI, IOf. 12 zu Antisth~n~s und IV, 32.38.60.68 zu Diog~n~s. ~~t~iligt~n.
di~
Zustimmung
all~r
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3. Kapitel: Erhöhung und Erniedrigung Rollenangebote und Deutemodelle in der griechischen Kultur ln diesem Kapitel sollen die wichtigsten Vorstellungen beschrieben werden, die die griechische Kultur zur Deutung wn Erhöhungs- und Erniedrigungserlebnissen bereitstellte. Dabei sollen zuerst mit den Roßen der beiden griechischen Heroentypen, Achill und Od}5seus. Möglichkeiten zum Sta~cht gegenüber Menschen beschrieben werden, dann soll anhand der Gestalten wn Xena5 und Polytaatis, wie Herodot sie darstellt, und anhand der delphischen Theologie die Rolle der Götter dargestellt werden. ln einem dritten Schritt werden anhand des Melierdialogs wn Thukydides und der Sophokleischen Gestalten des Theseus und Neoptolemos zwei Typen menschlicher Reaktion auf das erhöhende und erniedrigende Handeln der Götter wrgestellt. Schließlich werden die Ansätze des Sokrates und der Kyniker als der Versuch, menschliche Größe unabhängig wn Göttern und Gesellschaft zu bestimmen und Erhöhung als Chance ffir alle Menschen zu eröffnen, skizziert. Diese S}Stematische Gliederung ist zugleich eine chronologische. Die Darstellung beginnt mit den Traditionen der llias und der Od)ssee und reicht bis in die hellenistische Zeit'.
3.1. Das zwischenmenschliche Verhalten Achnt und Od)5seus sind die beiden Grundtypenz des Heros1 • Dabei zeichnet sich der Typos des Achill durch Stärke und Unbeugsamkeit, der des ~us durch
Anpassungsfähigkeit und Intelligenz, aus•. Die llias spiegelt die Verhältnisse einer Adelsgesellschaft, die Od}5see erzählt aus einer anderen fu'spek~ - vielleicht einer historisch jüngeren, vielleicht auch aus einer sozial niedrigerens; in jedem Fall ist ihre Welt vielfältiger.
'Homer war lebendiges Traditionsgut während der ganzen Antike. Vgl. Dihle, Literaturgeschichte, S. 21 und J2. Noch in den römischen Schulen lernten die Kinder mit Homer lesen. Die Tragödien der klassischen Zeit entwickelten sich in nachklassischer Zeit zu .Lesedramen·, und sie wurden auch entgegen der klassischen Regelung - wiederaufgeführt. Besonders Euripides war beliebt. Vgl. Dihle, Literaturgeschichte, S. 240 f; auch ihre Deutungen gehören zu den lebendigen und gegenwärtigen Überlieferungselementen der Kultur. Philosophische Ansätze sind durch die breite Wirksamkeit der Stoa in den Oberschichten und durch die Tätigkeit der Kyniker weit darüber hinaus bekannt
~Rewllordken. . bez1e . hen s1c . h entwe der au f das soz1a . Ie System, au f d.1e spez1e . II e pos1tlon .. o en ategonen
. emer . m Gruppe oder einen Typus aufgrund von persönlichen Eigenschaften. Vgl. Secord I Backman, Sozialpsychologie, S. SOS; die Rolle des Heros ist kulturspezifisch und auf das soziale System bezogen: Odysseus und Achill sind Rollenangebote aufgrund besonderer Eigenschaften, der Klugheit bei Odysseus, der Stärke bei Achill. lygJ. Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte Bd. IV, S. 32. Vgl. Dihle, Literaturgeschichte, S. JO. ~Das erwägt Fatheuer, Ehre, S. 17ff. JOf.
42 Statusverzicht als Affektkontrolle zugunsten der Gemeinschaft
Statusverzicht zugunsten der Gemeinschaft Zu Beginn der llias begibt sich Achm in eine Konkurrenzsituation mit Agamemnon um den ersten Rang im griechischen Heer: Agamemnon hat bei einem Kriegszug gegen On~ die Tochter des Apollonpriestm, Ch~ als Beuteanteil erhalten. Der Vater des Mädchens bittet Agamemnon um deren Rückgabe und bietet ihm eine hohe Entschädigung an. Agamemnon verweigert das und entläßt den Priester in Schande. Darüber erzürnt Apollon und schickt eine Pest ins griechische L1ger. Kalchas, der Seher erläutert Agamemnon die Zusammenhänge und zieht prompt dessen Zorn auf sich. Nun nimmt auch Achill Partei ffir Kalchas und fordert wn Agamemnon die Herausgabe des Mädchens. Schließlich erzwingt er sie, indem er eine Volksversammlung einberuft. Agamemnon nimmt sich an Stelle der Ch~ den Beuteanteil des Achlll, die Briseis. Athene verwehrt es diesem, seinem Anspruch auf Briseis mit Gewalt Geltung zu ~eihen. Nun ist Achlll gedemütigt. Er zieht sich aus der Gruppe zurück und kündigt dem griechischen Heer die Loyalität auf: Er kämpft nicht mehr mit. Das sichtbare Zeichen seiner Niederlage ist der Verlust seiner Ehrengabe. Achlll fordert Agamemnon heraus, triumphiert über ihn, muß dann aber seine Vergeltung erleiden und wird - weil Athene \el'hindert, daß er auf die Herausforderung erneut reagiert - selbst erniedrigt. (1) Die Situation: Die Kommunikation zwischen Achill und Agamemnon ist eine "challenge and response"- Interaktion. Achill fordert Agamemnon heraus, steigert seinen Status auf dessen Kosten, kann aber bei der Gegenherausforderung durch Agamemnon seine besondere körperliche Stärke, durch die er Überlegenheit über Agamemnon erreichen könnte, nicht einsetzen, weil Athene als Gesandte der Hera, die die Kraft des griechischen Heeres symbolisiert, eingreift und die Schwächung der Gruppe durch eine gewaltsame Auseinandersetzung ihrer beiden ranghöchsten Männer \el'hindert. Um der Einheit der Gruppe und ihrer Größe willen fordert Athene wn Achill, die Erniedrigung hinzunehmen, und verspricht ihm daffir eine zukünftige individuelle Statuserhöhung 01 1,213t). (2) Die Reaktion: Achill gehorcht der Göttin, ~iert aber seine Gemeinschaftstahigkeit. Er ist wn der Kränkung überwältigt. Er setzt sich weinend an den Strand und bittet seine Mutter, die Göttin Thetis, um Hilfe zur Wiederherstellung seiner Ehre. Bis dahin weigert er sich, seine Stärke der Gruppe zur Verfugung zu stellen. Thetis erreicht wn Zeus, daß die Griechen keinen Sieg erringen, bis Achm Wiedergutmachung erfahrt (11 1,393-413). Achill kann seine Bitterkeit aber noch nicht überwinden. (3) Die Lösung: Als Achllls Freund Patrokles in dessen Rüstung fällt, entscheidet sich Achill, die Kränkung zu vergessen, seinen Freund zu rächen (11 18, 112) und noch Ruhm zu gewinnen (11 18, 120). Mit der Gestalt des Achill ist eine Rolle beschrieben, in der Erniedrigungen nur schwer bearbeitet werden können. Die individuelle Ehre und die kollek~ Ehre stehen im Konflikt. Auf religiöser Ebene spiegelt sich das in der Konkurrenz der Schutzgottheit Achills, Thetis, mit den Schutzgottheiten der Griechen, Athene und Hera.
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Affektkontrolle als Bedingung für Gemeinschaftsfähigkeit Die Helden der llias erleben ihren Körper und ihre Person noch nicht als den Bereich ihrer Selbstbestimmung. Göttliche Kräfte dringen in sie ein und behenschen sie'. So wie die Ate den Verstand \6dunkelt, so steigert der ~ die Kräfte eines Menschen bis zur Gottähnlichkeie. Beides wird erlebt als das Hereinbrechen fremder göttlicher Kräfte und als ein körperliches und affektives Geschehen'. Durch den ~werden die Menschen sowohl einem Tier wie auch einem Gott ähnlicher•. Fs ist die Übermächtigkeit der iTT3tionalen Kräfte. der Affekte, die den Heros den Göttern nahe kommen lassen. Dodds~ weist darauf hin, daß die ältere Vorstellung diese Kräfte als unpersönliche Mächte sehe und sie erst die Züge der anthropomorphen Götter erhielten, als die inneren Stimmen als fremd und göttlich empfunden wurden. Achill erlebt seine Person bereits als nach außen hin geschlossen. Fs ist nicht mehr so, daß Kräfte in ihn einströmen und sein Verhalten bestimmen. Er hört die Stimme der Göttin als eine äußere, das Qlbt ihm die Möglichkeit zwischen zwei Verhaltensweisen zu wählen. Indem er seine Affekte kontrolliert, wird er Herr seines eigenen Verhaltens. Mit der Personalisierung der Göttin wird auch er ..Person': Achill weiß sich im Gegenüber zur Gottheit und ordnet sich ihr unter; darin findet er die Grenzen seiner Person. Die Rolle des Achill ermöglicht es also, ffir das eigene Verhalten Verantwortung zu übernehmen. Die Behenschung der Affekte ist ein wichtiger Schritt dahin. Der Verzicht auf Statussteigerung um jeden Preis ist eine Folge dCMJn. Beides steht in Zusammenhang mit einer WertMI'Schiebung: Die Stärke der Gruppe ist wichtiger als die Ehre des einzelnen. Ausdehnung auf ,.GruppenfremdeN Die Forderung der Affektkontrolle gegenüber dem Vergeltungswillen wird über den Bereich der eigenen Gruppe hinaus ausgedehnt. Achm wird von den Göttern untersagt, der Leiche Hektars eine würdige Bestattung durch Priamos zu ~eigern, um den Tod des Patrokles - Achills Freund und Opfer Hektars - zu rächen. Achill gehorcht den Göttern, Qlbt den Leichnam (gegen reiche Geschenke) frei und behandelt Priamos respektvoll und mitleidig. Achm achtet die Würde des (statusniedrigeren) Gegners, die von den Göttern ~ürgt wirtf. Hier wird nicht mehr nur die individuelle Ehre der Gruppenehre
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Dodds, Griechen, S. 15, deutet das im Zusammenhang mit dem starken rationalen Zug, den er bereits in der llias findet. Wer keine Möglichkeit habe, sein .Ich. mit anderen als rationalen Funktionen zu identifizieren, werde alles Irrationale als fremd empfinden. 1 Dodds, Griechen, S. 2-16. 'Es geschieht im ~. dem Ort der Gemütsbewegung. Vgl. Dodds, Griechen, S. 14. 4 Diomedes ~rfolgt in einem ~- Zustand Apoll und bedrängt ihn. Apoll muß ihn an seinen Status als Mensch erinnern, um ihn zurückzudrängen: .Hüte dich, Tydeus Sohn, und weiche mir. Nimmer den Göttern wage dich gleichzuachten; denn gar nicht ähnlichen Stammes sind unsterbliche Götter und erdumwandelnde Menschen· (II 5,438); Übers. Voss. ~odds, Griechen, S. 12f. 'vgl. Dodds, Griechen, S. 7.
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untergeordnet, sondern dem Machtwillen des einzelnen eine prinzipieiJe Grenze gesetzt: Die Würde auch des statusniedrigeren anderen Menschen ist zu achten.
Der Entwicklungsfortschritt Die Ro11e des Achil1 ist eine Fortentwicklung in Richtung auf ein gemeinschaftsförderndes Verhalten hin. Die llias kennt im Hinblick auf den Umgang mit Kränkungen zwei "Sdlattenrollen" zu der Achills: (1) Agamemnon zögert nicht, nachdem er von Apollon erniedrigt wurde, sich mit Gewalt Estz schaffen. Er nimmt die Erniedrigung durth die Gottheit - anders als Achill - nicht an. Als er Einsicht in die destruk~ Kraft dieses Verhaltens gewinnt 01 19,85ff}, distanziert er sich davon, indem er dieses Verhalten auf eine übermächtige, göttliche Macht, die Ate zurückführt. Agamemnon übernimmt für sein Verhalten keine Verantwortung, er fühlt sich frei von Sd1Uid 1 , ist aber bereit, den Schaden gutzumadlen und Achill mit Gesdlenken zu ehren 01 19, 140f). (2) Aias wird gekränkt, weil dem ~ und nicht ihm - wie es angemessen gewesen wäre - die Rüstung des Achill als Ehrengabe überlassen wird. Athene läßt erneut die Radle am Gegner nicht zu, befJhigt ihn aber - anders als Achill - nidlt zur Selbstbehenschung, sondern belegt ihn mit Wahnsinn. Als Aias das merkt, nimmt er sidl das Leben. Er kann die Kränkung nidlt ertragen und scheitert daran, seine Gemeinschaftsfähigkeit wiederherzusteßen. Als Od)sseus Achill und Aias am Rande des Hades begegnet, wird Achill als gemeinschaftsfJhig gesdlildert; er hat die Kränkung überwunden. Aias dagegen hegt seinen GroiJ noch immer und ~eigert die Gemeinschaft (Od 11 ,545t}.
Statusverzicht als Bedingung für Erhöhung Od,y.iseus ist König und "göttergleidl", übernimmt aber als Fremder und bei seiner Heimkehr als Bettler die Position von Niedrigen. Selbsterniedrigung und Erhöhung des Fremden durch den Gastgeber Mit der Rolle "Od}sseus als Fremder" werden Formen der Selbsterniedrigung angeboten und mit der Erwartung, durth die Gastgeber erhöht zu werden, \erbunden. Das wird religiös begründet mit deren Zugehörigkeit zu .Zeus Xenios" (Od 6,208). ln der "idealen Gesellschaft", bei den Phäaken, wird der gestrandete ~ freundlich aufgenommen, gebadet, gekleidet und gespeist (Od 6,191 ff) und, als er sidl vor den Gastgebern erniedrigt - er setzt sich in die Asche des Herdes-, erhöht, indem ihm Platz auf dem Silberschemel des Königssohnes angeboten wird (Od 7, 159t}. Die Kyklopen hingegen beugen sich diesen neuen Regeln, für die Zeus einsteht, nidlt. Als ~ sich vor Polyphem demütigt, indem er sich ihm zu Füßen wirft (Od 9,266), wobei er sich auf Zeus beruft (Od 9,27ot}, lehnt dieser es ab, ihm Gastfreundschaft zu gewähren, und Dodds, Gri~ch~n. S. 2ff.
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begründet es damit. daß er nicht Zeus, sondern Poseidon zugehöre (Od 9,276). Die Kyklopen werden als unkultiviertes Volk beschrieben, das keine Gesetze (~) anerkennt. sondern nach Willkür richtet (Od 9, 112). Unter kultivierten Menschen also wird die Selbsterniedrigung des Fremden mit seiner Erhöhung beantwortet. Der Fremde und der Gastgeber sind Roßenpartner geworden. Zeus steht für diesen Kulturfortschritt ein und sanktioniert das neue Verhalten •. Das wird ~rkt durch ein ldentifikationsmotiv: Götter nehmen die Gestalt eines armen und fremden Menschen an, um die Gastfreundschaft zu erproben 2• Unentschieden ble~bt. ob sie den wirkHch niedrigen Fremden mit einschloß. Zwar hat Od)5seus als Fremder einen niedrigen Sozialstatus, er ist aber ein König'.
Selbsterniedrigung als Bedingung für den Sieg Mit der Rolle "Od}sseus als Bettler" wird der Kämpfer beschrieben, der durdl Klugheit und Versteßung siegt. Ein wichtiges Element der Verstellung ist der Sta~cht. wodurdl der Gegner über die Herausforderung und Gefahr im Unklaren gelassen wird. Die Verkleidung des Od)sseus dient dem Sieg über die Freier (Od 13,384-438) und ähnelt seiner List, sich als Bettler \el'kleidet Zutritt nach Troia zu \mchaffen. Das Vorgehen ist legitimierungsbedürftig. Athene selbst schlägt die Erniedrigung wr und vollzieht sie. Od)5seus wird in einen ~ltemden Greis" mit Glatze, triefigen Augen und welker Haut verwandelt. der mit einem schmutzigen Kittel und leibrode bekleidet ist. sich mit einem kahlen Hirschfell wärmt und Stab und einen Ranzen trägt. Von den guten und edlen Menschen erfährt auch der Bettler Adltung und Gastfreundschaft (Od 14,55ff). Im entscheidenden Moment verwandelt Athene ihn in seine königliche Gestalt zurüdc, und er nimmt Rache. Die Unterwerfungsgeste eines Freiers nimmt er nicht an (Od 22,45ff), alle müssen sterben, Athene bestärkt ihn darin. Die Selbsterniedrigung ist taktischer Art und dient der Unterwerfung und Vernichtung des Gegners. Odj5seus gehordlt nicht seinen Affekten, sondern geht \elllünftig und behenscht wr; ihm wird das Recht. zu vergelten und seine Ehre wiederherzustellen, zugestanden. Adlnls Rolle ist ein Angebot für Menschen mit einem hohen Sozialstatus. Versuche durdl Niedrige, seine Rolle aufzunehmen, werden schon in der llias mit der "Thersitesepisode" zurüdcgewiesen•. Die Rolle ..Od}sseus als Bettler" wurde wn Antisthenes aufgenommen, der ihn als Typos des Kynikers ~tand'. Auch Diagenes konnte als Od)sseus gedeutet werden 2• 'rroias Fall kann als Strafe für die Mißachtung des Gastrechtes gelten (II 13,621-25). Od 7, 485ff; Apoll Rhod 111,66ff; Apollodar 11,5,9; 111,8,1; Eur, Bakch 4; 54. Vgl. Ztller, Menschwerdung, S. 162f. Das Identifikationsmotiv ist in seiner Bedeutsamkeit, nicht in seiner Funktion begrenzt durch den .Verkleidungscharakter· des Geschehens. JBolkestein, Wohltätigkeit, S. 88 und 178. 4 Thersites ist ein Gefolgsmann und fordert in der Volksvtrsammlung Agamemnon heraus; er wird als häßlich und schwächlich geschildert. Sein Versuch wird von allen Adeligen zurückgewiesen. Eine ähnliche Überzeugung findet sich in der Fabel von .Delphinen, Walen und Gründling· (Hr 73). Es wird erzählt, wie der Gründling im Krieg zwischen Walen und Delphinen zu vermitteln sucht und verächtlich abgewiesen wird. Die Moral formuliert: .So ist es auch mit manchen Menschen; sie sind nichts wert, aber wenn es drunter und drüber geht, glauben sie, etwas zu bedeuten·. l
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Bereits das äußere Erscheinungsbild mit Stab und Ranzen \erbunden mit königlichem Hoheitsbewußtsein fasst wichtige Merlanale kynischen Selbstvelständnisses zusammen.
3.2. Das Handeln der Götter zur Begrenzung des menschlichen Machtstrebens Zeus erniedrigt den Gewalttäter: das Recht als Kriterium für Erhöhung und Erniedrigung Wenn Menschen mit Gewalt ihren Status verbessern, indem sie auf Kosten anderer Reichtum und Macht erwerben1, geraten sie in Konflikt mit Zeus. Gegen die gewaltsame Selbstbehauptung und Statussteigerung aus eigener Kraft wird betont, daß es Zeus ist, der erhöht und erniedrigt (Hes, Op 3-8 ). Das Kriterium dafür ist das Recht. Er segnet den Guten und sendet dem Schlechten Leiden (Hes, Op 230. 243). Das geschieht nicht sofort, gegenwärtig kann der Gewalttäter sich behaupten, Zeus wird aber dafür sorgen, daß sein Hab und Gut schwinden (Hes, Op 321-26). Am Ende wird das Recht die Gewalttat übertrumpfen (Hes, Op 214ft). Der göttergeschenkten Reichtum dagegen wird dtnth Aeiß erworben und von Würde und Ansehen begleitet (Hes, Op 311ff. 320).
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Vgl. Malherbe, Antisthenes, S. 151. Dio Ch~ 9,9. 1 .Nicht wird Eidestreue gewürdigt, nicht erntet die Güte, nicht die Ge~chtigkeit Dank, der maßlos frevelnde Täter steht viel höher in Eh~n; denn Fäuste sind Trumpf, und die Ehrfurcht gibt es nicht mehr. Es schadet der Böse dem besse~n Mann ... Neid verfolgt sie alle, die unglückseligen Menschen ... " (Hes, Op 191f; Übers. v. Schimding). ln spätarchaischer üit veränderten sich die sozialen Verhältnisse. ln der Folge eines starken Bevölkerungswachtums, kam es zu Verarmung und Schuldsklave~i auf der einen, zu neuem Reichtum durch Handel auf der ande~n Seite, so daß einerseits Aufstiege in neuem Umfang möglich wurden, ande~rseits Abstiege hingenommen werden mußten. Das konnte sowohl kleine Bauern bet~ffen, die verarmten und in Schuldknechtschaft gerieten (vgl. Brockme~r. Sklave~i. S. 98), wie auch Adelige, die durch den .neuen Geldadel" Einfluß verlo~n. Der Reichtum bestimmte den Status: .Schätze, Schätze machen den Mann" war ein geläufiges Sprichwort. Vgl. Berve, Tyrannis I, S. 8. Seit 650 entstanden in den Städten Tyranneien. Adelige befehdeten einander, mal gewann dieser, mal jener die Vorherrschaft. Aufstieg und Fall wa~n an der Tagesordnung. Durch den Beginn der Kolonisierung kam zur sozialen Mobilität eine räumliche: Die Welt wurde größer. Einerseits wurde durch die neue soziale Mobilität jeder in neuer Weise selbst verantwortlich für seinen Status. Tyrannen genossen eine große Machtfülle und hatten nur wenige G~nzen zu achten. Als ihr Hauptlaster galt die Hybris. Aber auch der Abstieg erschien selbstverschuldet Der Mensch war in einem neuen Umfang Herr über sein Schicksal geworden. Hesiod und Solon unternahmen den Versuch, die Verhältnisse zu stabilisie~n und die lnte~ssen von Hohen und Niedrigen auszugleichen. Politisch bedeutete das die Begrenzung der Macht der Großen durch die Niederlegung von Gesetzen. Vgl. Finley, Politisches ~ben, S. 45f, und Fatheuer, Eh~. S. 145f. Wirtschaftlich bedeutete es die Beg~nzung der Ausbeutung. Solon verfügte einen Schuldenerlaß und führte damit das Ende der Schuldknechtschaft herbei. Das hatte auch politische Konsequenzen: Aus Unfreien wurden Bürger. Zu einer Neuverteilung des Landes kam es nicht: Die Privilegien der Reichen wurden bewahrt. Solon behauptet von sich, dadurch .Reiche und Arme versöhnt" zu haben. 2
47 Zeus erniedrigt die Hochmütigen: die maßvolle Selbsteinschätzung als Kriterium für Erhöhung und Erniedrigung Herodot' erklärt die Niederlage des persischen Großreiches gegen das kleine Griechenland mit der Hybris des Xerxrs. Dessen Mo~ sich seiner Ahnen als würdig zu erweisen, indem er dem persischen Reich einen weiteren Machtzuwachs \mchaffen will (Hdt, Hist Vll,8), und die Niederlagen des Darius von 492 und 490 zu rächen, wären in der Welt der Uias legitim gewesen. Für Herodot ist das ein Ausdruck wn Hybris. (a) Diese Hybris zeigt sidl am Verhältnis von Henscher und Untertanen: Xerxes will nach Herodot "die ganze Welt" erobern und aße Völker veTSkl~. so wie auch die Bürger seines eigenen Landes den Status von Ski~ innehaben. Er schätzt sich selbst zu hodl und die andem zu niedrig ein o-tdt, Hist V11,9.101) l. Der Sieg der Griechen dagegen geht darauf zurück, daß sie frei sowie konsequent und freiwillig nur den Gesetzen untertan sind (Hdt, Hist VII, 104). (b) Die Hybris zeigt sidl audl am Verhältnis zu den Gütern: Die Perser sind durch den Luxus \mVeichlicht, die Griedlen dagegen durth ihre Armut gestählt. Xerxes schätzt seine Madltmittel falsch ein. Der Sieg über die ~ ist also einer der Freiheit über die Tyrannei, der Gesetze über die Willkür und der Armut über den l.lJxus. Die Griechen und die Perser stehen fiir altema~ Konzeptionen des Zusammenlebens. Mit dem Sieg über die ~ sanktioniert die Gottheit die griechisdlen Normen. Das Streben nach Statussteigerung Qllt als widergöttlich. Der Verzicht auf Hegemoniestreben wird gefordert). Das Handeln der Götter ist gerOO'lt und berechenbar.
Der Zeitenlauf erniedrigt bald diesen, bald jenen: die Grenzen des Menschen Der Statuswedlsel ist eine Wesensmerl<mal des Lebens, unabhängig wm Verhalten der Menschen. Herodot leitet sein Geschichtswerk mit dieser Beobachtung ein und bezeichnet sie dadurch als grundlegend: "Denn die [Städte], die einst groß gewesen sind, sind zum großen Teil klein geworden, und die zu meinen Lebzeiten groß waren, sind früher klein gewesen. Da ich nun weiß, daß menschliches Glück niemals Bestand hat, werde ich beider in gleicher Weise gedenken."4 Der Positionswechsel erscheint hier nicht als selbst ~rsacht, sondern als geschidltlidler Automatismus. dessen Grausamkeit sich der Geschichtsschreiber entgegenstemmt, indem er die "Heldentaten wn Griechen und Barbaren" (Hdt, Hist 1, 1) dem Vergessen vorenthält. 1m Gegenüber zu diesem Herodot verö~ntlichte ~in Geschichtswerk erst in der Zeit des peleponnesischen Krieges und deutet im spätarchaischen Geist den epochalen Positionswech~l zwischen dem mächtigen Perserreich und dem kleinen Athen in den Pt~rkriegen. Vgl. Raaflaub, Anfänge, S. 307. lygJ. Raaflaub, Anfänge, S. 309. JHerodot veröffentlichte ~in Geschichtswerk 425 oder 414 und warnt damit Athen vor seiner hegemonialen machtorientierten Politik. Vgl. Raaflaub, Anfänge, S. 3 I3. 4 Hdt, Hist 1,5; Übers. Homdfer. Vgl. .... das Menschenschicksal bewegt sich im Kreise; es dreht sich und macht den Glücklichen zum Unglücklichen: Hdt, Hist I, 207; Übers. Homdfer. 1
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Handeln der Gottheit schließt sich Herodot in einer Erinnerungsgemeinschaft auch mit den gegnerischen Persem zusammen. Die Menschen treten den Göttern gegenüber und \6Sllchen, die menschliche Größe wr ihrer Vergänglichkeit zu bewahren.
Die Götter erniedrigen die Glücklichen: Der Neid der Götter Die Erniedrigung kann mit dem Motiv des Neides der Götter erklärt werden. Die Niedertage des Xerxes führt Herodot auch auf den Neid der Götter auf alles Große zurück. Alleine die Größe, nicht die Art sie auszufüllen, ist Anlaß für die Erniedrigung: ..Du siehst, wie der Blitzstrahl der Gottheit die höchsten Geschöpfe trifft. die sich prunkend überheben, während die kleinen den Neid der Gottheit nicht reizen. Du siehst, wie der Gott seine Blitze immer gegen die höchsten Häuser und die höchsten Bäume schleudert. Alles Große pflegt die Gottheit in den Staub zu werfen! Ebenso erliegt auch ein großes Heer einem kleinen, wenn die neidische Gottheit Sduecken im Heer ~reitet oder Blitze schleudert, so daß es elend zugrunde geht. Denn Gott duldet nicht, daß ein Wesen stolz ist, außer ihm selbst."•. Diesern Neid können die Menschen auch dun:h freiwilligen Sta~cht nicht entgehen. Das zeigt Herodot mit der Schilderung des Falls des Tyrannen Potylaates (Hdt, Hist 111,40ff}: Amasis, einer der weisen Gestalten, die die Gesetzmäßigkeit der Geschichte durdlschaut haben, empfiehlt dem ..glücklichen" Potylaates eine freiwillige Statusminderung. Er soll sein wertwllstes Besitztum abgeben. Potylaates wirft daraufhin seinen Ring ins Meer, welcher ihm wenige Tage später von einem FISCher zurückgebracht wird. Amasis schließt daraus. daß "kein Mensch einen anderen vor dem Schicksal, das ihm beschieden ist, bewahren kann" (Hdt, Hist 111,43). Die Götter dulden die Statusminderung nicht, weil sie Potylaates \mlichten wollen. Auch bei der Deutung der peTSischen Niedertage findet sich diese Vorstellung: Xerxes zögert mit dem Aufbruch nach Griechenland, bis ihm ein Traumgesicht - göttergesandt natürlich befiehlt zu gehen. Die Götter selbst treiben ihn in das hybride Unternehmen. Der Mensch ist ohnmächtig und den unberechenbaren Göttern ausgeliefert. Herodot steht dem Streben nach Statussteigerung kritisch gegenüber. Diese Haltung ist auf der einen Seite begründet in politischen und kulturellen Beobachtungen: Wer andere unterdrückt, pT(M)ziert die Stasis und seinen Sturz; wer in Luxus lebt, ~chlicht und ~ert l
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handeln, ohne daß sie daffir im Vollsinne \63ntwortHch gemacht werden können wie Xerxes. Ob Menschen ihrem Schicksal überhaupt entgehen können, ist ffir ihn fraglich. Selbsterniedrigung zum Schutz wr Hybris ist nicht möglich.
Religiöse Demut: die Forderung nach dem rechten Maß Die delphische Theologie forderte die religiöse Demut Der Mensch könne nur dann menschenwürdig leben, wenn er seine Grenzen anerkenne und Maß halte•. Die Delphisdlen Sprüche drücken dieses Ethos aus: .J'!.Wer trm.VT"Ov - fAn7rov övm. - ~ ätrrw ,.,Erpov ÖpHrrrJII- ~t. Das gtlt auch ffir Beziehung zu den Göttern: Apoll zeichnet wr dem, der hundert Rinder geopfert hat, den Verehrer aus, der mit drei Fingern aus einem Sack Mehl opferte2• Pindar formuHert: ..Suche nicht Zeus zu werden _ Sterbliches steht Sterblichen an.. (5. Isthmische Ode)1 • Die Größe des Menschen erweist sich darin, daß er seine Grenzen - im Vordergrund steht die Sterblichkeit - anerkennt4 • Das kann aber auch ffir das zwischenmenschHche Verhalten relevant werden. ln der Auseinandersetzung zwischen Griechen und Persem rieten Pindar und die delphischen Priester den Griechen wn einer aktMn Gegenwehr ab'. Das erschien ihnen als Hybris. Die Aufforderung zur Selbstbeschränkung erging in diesem Fall an die Niedrigeren7•
Vgl. Schadrwald, Drlphi. Schadrwald, Drlphi, S. 18. 1 ..AIIr Größe, jedes Übrrmaß birgt dir Grfahr des Umschlags. deshalb rrgrht an drn Menschrn dir Mahnung, sich zu beschridrn. Er soll nicht wum Aphroditr frrirn ... oder drn Himmrl zu stürmrnw vtrsuchrn ... wLattr, Schuld und Sühnr, S. 269. 4 ln drr llias wird drr Tod als tir~ Erniedrigung rrlrbt: Im Hades herrscht Achill über dir Totrn, auch hirr hat er also rinrn hohen Status; der ist aber im Verglrich zum niedrigsten Status unter den ~brndrn nichtswürdig: wUrbrr möcht ich fürwahr drm unbrgütrrtrn Mrirr, drr nur kümmrrlich lebt als Tagrlöhnrr das Frld baun, als dir ganzr Schar vtrmodrrtrr Totrn brhrrrschrnw (Od 11,489-491 ). Drnnoch wird drr Tod als Grrnzr anrrkannt. Das geschirht, indem rr als Gabr drr Moirrn, unprrsönlichrr Gotthritrn, dir auch Zcus übrrlrgrn sind, grdrutrt wird. lkvor Hrktor und Achill sich zum Zwrikampf trrffrn, wirgt Zcus dir Todeslosr drr briden Hrldrn, ihrr Moirrn; Hrktors wirgt schwrrrr - da vtrläßt ihn Apoll und Athrnr tritt an Achills Sritr. Zcus srndrt dir Moirrn, rr rntschridrt nicht. Vgl. Nilsson, Geschichtr I, S. JJ8ff. Drm Todeslos grgrnübrr brgrhrt man nicht auf (II 19,420f; 21,275), allrrdings kann man noch modifizirrrnd ringrrifrn: Achill ist nicht brreit, elnrn Tod durch Ertrinkrn im Bach hinzunrhrnrn, wril das rines jungrn Sauhirtrn und nicht rinrs Helden würdig sri. ~Nilsson, Geschichtr I, S. 653; vgl. Bervt, Orakrl, S. 22ff. 6 Pindar gehört in dir altr Adrlswrlt und zu drn Tyrannrnhöfrn. Srinr Vatrrstadt Thrbrn war rinr Partrigängrrin Prrsirns. Vgl. Dihle, Utrraturgeschichtr, S. 94. Es ist zu vtrmutrn, daß Pindar und die Priestrrschaft rin lntrressr daran hattrn, daß nicht das drmokratischr Athrn, sondrm das monarchische Prrsirn dir Vormacht rrhirlt. 7 Pindar war nach drm grirchischrn Sirg auch nicht brrrit, dir Prrsrrkrirge in drn Rang drr alten Mythen zu rrheben, wir rs Aischylos tat, als rr sir zum Grgenstand von rinr Tragödir machtr, und wir es dir Athrnrr grtan hattrn, als sir dir Wändr ihrrr buntrn Hallr mit Szrnrn aus drn Prrsrrkrirgrn brmalt hattrn und dir Göttrr und Hrrorn dort als Mitkämp~ndr abbildrtrn - so wir rinst vor Troia. ln einrm srinrr Sirgrslirdrr ist srin Schwrigrn übrr dir Erfolgr grgrn dir Prrsrr berrdt. Vgl. Dihlr, Utrraturgeschichtr, S. 94, zum 8. lsthmischrn Urd übrr dir Sirgr drr Aigindrn. 1
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3.3. Das Zwischenmenschliche Verhalten als Imitation und als Korrektur des göttlichen Handeins Die Verhältnisse in der demokratischen Polis erforderten Modelle, die es dem Mensdlen ermöglichten, zu handeln und das gerneinsame Leben zu gestalten. Diese Fähigkeit wird in klassischer Zeit zum Kennzeid'len der Größe des Menschen'.
Die Imitation des göttlichen Handeln Die Unbarmherzigkeit des Stärkeren Die Mäd'ltigen legitimieren ihre Dominanzbestrebungen mit dem Verweis auf die ~ und das Handeln der Götter. Mensdlen übernehmen die Rolle der Götter und treten an ihre Stelle. Thukjdides deutet die Niederlage Athens gegen Sparta (404) in seinem ..Peleponnesischen Krieg" 2• Im Melierdialog schildert er, wie das überlegene Athen die mit Sparta verbündeten Melier zur Unterwerfung drängt. Die Melier \m\Jd'len, sich durch die Berufung (a) auf das Recht, (b) auf ihre Ehre und (c) auf die Verträge mit Sparta und den Schutz der Götter zu behaupten. Athen läßt keinen dieser Werte gelten. (a) Nur unter Gleichrangigen gelte das Recht, bei ungleid'len Kräft~ältnissen zählten Gewalt und Macht (V,89; 105): ..Wer nämlich knechten kann, braud'lt nid'lt zu red'lten" 0,77). (b) Ehre sei ebenfalls nur ein Wert unter Gleidlrangigen. Wenn man unterlegen sei, könne es nur um den Vorteil gehen, der mit der Unterwerfung verbunden sei (V,1oot). (c) Die Götter verfUhren nach denselben Prinzipien und orientierten sid'l am Recht des Stärkeren (V,105). Das gelte auch ffir Sparta (V, 105). Für Thukydides werden die Menschen und die Staatsgemeinsdlaften \Um Streben nadl Macht im Blick auf die andern und \Um Streben nach Freiheit im Blick auf sidl selbst bewegt. Deswegen sei der Konflikt immer schon angelegt: Indem der Stärkere sid'l expansiv über andere zum Herrn und Tyrannen aufwerfe, aktiviere er dessen Freiheitstrieb und treibe ihn in die Rebellion 1• Das Machtstreben des Mensdlen ist natürtid'l und destruktiv, we~l es selbst nidlt behenschbar ist. Der Mensdl ist das Opfer seiner Mad'ltgier. Mäßigung und erst recht Statusverzicht erscheinen als unnatürtid'l und selbstmörderisch 01,63). Es Qlbt nur die AlternatM: henschen oder unterdrückt werden. I
Es gilt als üichrn mrnschlichrr Würdr, üb(r dir Normrn drs Zusammrnlrbrns zu ~flrktir~n und zu rntschridrn. ~i Aischylos tötrn O~t und Elrktra Klytaimnrstra als Gattrnmördrrin auf Brfrhl drs Apoll und wrrdrn vom Zorn drr Erinyrn vrrfolgt. [)(r Normrnkonflikt, Tabu drs Muttrrmordrs und Sühnung drs Un~chts grgrnübrr drm Vatrr, wird vor drm Athener Grrichtshof, drm Athrnr vorsitzt, vrrhandrlt und rntschirdrn. Die Mrnschrn sind rrhöht zu Brisitzrrn im Grricht drr Göttin - ihrr Entscheidungen machen die Nähr zur Göttin und dir Größe drs Mrnschrn aus. Vgl. Dihle, Utrraturgrschichte, S. 122. 2 ln den großen Rrden wird seine eigene lnterp~tation rrkrnnbar. Vgl. Raaflaub, Anfcingr, S. 326. 1 Athen sei schon seit ~rikles im Attischen Seebund zur Tyrannin drr andrrrn Städtr gewordrn und ernte nun den Haß, den rs mit seinem Machtst~b(n grsät hab(. Vgl. Raaflaub, Anfänge, S. J28f.
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Die Mensdlen imitieren das Verhalten der Götter, das Thukydides mit der sophistischen Unterscheidung' von ~ und ~ deutet. Die ~. konkretisiert im Machtwmen der Starken, wird den als bloßen Korwentionen verstandenen ~ übergeordner. Die Menschen folgen diesen Naturgesetzen und ersetzen die Götter: Der Neid und die Gerechtigkeit der Götter sind als geschichtsbestimmende Faktoren durch den Neid und Machtwillen der Menschen abgelöst worden (11,64,5), aus Ate und Hybris sind die wilden und zerstörerischen, aber ganz natürlidlen Leidenschaften der Menschen 011,45,3; 82,8; 11,65.6ff) geworden. Die göttliche Nemesis wird ersetzt durch das Rachestreben der Opfer 011,64,4).
Die Wohltätigkeit der Herrscher Menschen übernehmen die Rolle der Götter andererseits als Wohltäter der Menschen. Der anb"ke Henscherkult entwickelte sich in Griedlenland aus dem Wohltäterkult'. Die Rolle der Götter wird konzentriert in ihrer Fähigkeit zu helfen: "Deus est mortali iuvare mortalem" (Piin, NatHist 2, 18); in dem Maße. in dem die hellenistischen Henscher die Madlt konzentrierten, traten sie an die Stelle der Götter als helfende Mädlte. Die Athener begrüßen Demetrios Poliorketes wie einen Gott: "Die andem Götter sind ja weit entfernt oder haben keine Ohren oder existieren nicht oder fragen nicht nach uns, dich aber sehen wir le~bhaftig gegenwärtig, nicht aus Holz und nidlt aus Stein, sondern wahrhaft seiend. So beten wir denn zu dir: Zuerst schaff Frieden, Uebster, denn Herr bist du" (A·iG 76 F 13). Unter Alexander erfolgte die Verschmelzung des Wohltäterkults mit der orientalischen Hensche'I'\6"Qottung\ die von den Ptolomäem und den Seleukidens weiter entwickelt wurde. Der Het'&iler imitierte das göttliche Handeln zugunsten der Menschen' und ~afft sich dadurch die Zustimmung der Behenschten. Unter stoischem und pythagoreischem' Einfluß wurde die Verbindung des ~öttlichten Henschers mit dem Allgemeinwohl weitergetrieben, indem der weise Machthaber dem ~.. untergeordnet' und der geredlte Herrscher mit dem ~.. identifiziert wurde'. Die zentrale Rolle der 'tuschnat, Art . Thukydides, S. 277.
\tgl. Hirschbrrgrr, Philosophir I, S. 55f. \tgl. Wlosok, Kaisrrkult, S. I. 4 Airxandrr verstand sich nach dem Brsuch in der Oasr Siwa als Ammons- bzw. üussohn. Vgl. Targrr, Charisma I, S. 188-232. Gegen dir Vermutung, Alrxandrr habe sich als Gott vt~h~n lassen, wenden sich Frars, Art. Hrrrscherkult, Sp. 1054 und Wlosok, Kaisrrkult, S. 9. \lgl. Targrr, Charisma I, S. 287-307. 309-327. 6 Dir ~wvr~ fkw• erfolgte durch Wohltun und Menschenliebe. Vgl. Dihlr, Art. Gr~chtigkrit, Sp.
1 Goodrnough, Politische Philosophie, S. 60f. 'nrr Weise gilt als der Gottheit nahe. Vgl. Sen, Ep 41, 1; vgl. Brtz, Art. Gottmensch II, Sp. 284ff. Cittro hat dirsr Vorstellung mit der brsondr~n Bedeutung drs Staatsmanns verknüpft. Vgl. Cic, Rrp VI, 12f.l7 .24. Der Herrscher imitierte den stoisch gedeuteten Heros Hrraklrs; vgl. Brtz, Art. Gottmensch II, Sp. 285. 'nrr König wird als -~ ;~· bezeichnet. Stob IV, 6f .Tffpi ßa.tnAii~·. Mit der Vorstellung gehen massive Vergottungsaussagen drs Herrschers einher. Vgl. Goodrnough, Politische Philosophie, S. 52-61. Er ist -~· der Gottheit und wird mit der Sonnenmetapher brschrirbrn.
~:i.
52 Gesel1sdlaft, der Herrsdler, repräsentiert die Gottheit, indem er die helfende Macht der Gottheit imitiert.
Mitleid als Korrektur des erhöhenden und erniedrigenden Handeins der Götter: Theseus und Neoptolemos Sophokles beschäftigt sich in seinen beiden Alterswerken, dem .. Phl1okter· und dem "Oidipus auf KolonoS' mit ..großen Erniedrigten': ln beiden Dramen unterscheidet er zwei Typen von Rollenpartnern: den alten Typos, der den Erniedrigten fiirdltet und ~chtet•, und den neuen Typos, der ihm voll Mitleid begegnet. Phl1oktet wurde von Od}sseus auf dem Weg nach Troia mit einer nicht ~eilenden Wunde auf einer unbewohnten Insel ausgesetzt. Nun ist er einsam, krank und halb\mlungert. Der Bogen des Heraktes ist ihm als Zeichen ehemaliger Größe geblieben. Oidipus lebt, nachdem er Theben ~assen hat, als Bettler: heimatlos, blind und amt; nur seine Tochter Antigone begleitet ihn. Die Erniedrigung ist in beiden Fällen gekennzeichnet durdl Krankheit, Einsamkeit und Verstoßenheit. Erniedrigung bedeutet, ä:rrrk/ zu sein 1 • Oidipus macht Kreon und seine Söhne, Polyneikes und Eteokles, fiir seine Erniedrigung ~ntwortlich, Phfloktet Od}5seus. Beide Erniedrigten hassen die Verantwortlichen. ln beiden Dramen wird die Handlung durdl ein Orakel aus Deiphi in Gang gesetzt. Im "Phfloktet" bedeutet es, daß Troia ohne den Bogen des Herakles nicht fallen kann, im "Oidipus auf KolonoS' ergeht der Bescheid, daß demjenigen im Krieg um den Thron Thebens der Sieg zufallen wird, der Oidipus auf seine Seite ziehen kann. Die Erniedrigten gewinnen also fiir das Sdlicksal der "Großen" eine neue Bedeutung. ln beiden Dramen zeigen sich zwei grundlegend \6Schiedene Arten, sich den Erniedrigten gegenüber zu ~alten. Der eine Typus, in der Gestalt von Ody.iseus im Phl1oktet und von Kreon und Polyneikes im Oidipus, will dem Orakel gehordlen und sich das ..Glücksgut" aneignen; Ody.iseus will sich den Bogen erschleichen, Kreon Will Oidipus unter dem Vorwand, ihn heimzufiihren, aus Kolanos mitnehmen und vor Theben "internieren", Polyneikes Will den Vater um seines Sieges über den Bruder Willen auf seine Seite ziehen. Zwar nähern sich auch diese mit Sdlmeichelreden und sind voll Bedauern über das Schicksal des Erniedrigten, das ist aber (mehr oder weniger) eine List. Sie achten nicht den Erniedrigten in seinem Leid, sondern sind in ihren Interessen befangen. Diesem Typus wirft Sophokles 1 Ais Oidipus in Kolonos, einem Demos Athens ankommt, muß er seine Identität den dortigen Bürgern offenbaren; sie sind erschreckt und fordern ihn auf, sofort wieder zu gehen: R··· steh auf von diesem Sitz, verlaß dieses Land, zieh wieder davon, bevor du länger als not ist, uns die Stätte befleckst: (233-237). Es ist die Angst vor dem ,..;t141UJ. und der Vergeltung der Götter, die sie nach Distanz zum Erniedrigten rufen läßt. Die Götter erniedrigen, und die alte Religion setzt die Erniedrigung in Kraft, indem Menschen sich distanzieren und der Erniedrigte vereinsamt. Philoktet wurde ausgesetzt, wtil seine Wunde, die vom Biß einer Apollosschlange herrührt, stank. Die ~chiffsmannschaft trennte sich vom Unreinen und Gestraften. \tgl. Soph, Antigone, 332ff, dort steht tlm~A•, als Kontrast zu ~TrOA., (370). 1 ln der llias bedeutete sie den Verlust der Ehrengabe und der Ehre, bei Herodot geht es um den Verlust an politischer Macht, hier steht die Einsamkeit im Mittelpunkt. Vgl. Lesky, Sophokles, S. 71.
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unwürdiges (Philoktet 1284) und entwürdigendes Verhalten vor (Philoktet 946); Kreon wird hochmütig genannt (Oid Kol 880ffl. Der Haß der Erniedrigten trifft diesen Typus mit voller Wucht. Der andere Typos wird von Theseus und Neoptolemos ~ten. Er ist durch die Fähigkeit. Mitleid mit dem Erniedrigten zu empfinden, ausgezeichnet Neoptolemos läßt sich zue!St von Od)5seus zur List überreden. Nachdem er aber den Bogen an sich gebradlt hat. bereut er, Qlbt Philoktet den Bogen zurück und hält sein - zuvor in unaufrichtiger Absicht - gegebenes Vmprechen, den Erniedrigten nach Haus zu bringen. Sein Motiv ist Mitleid: "Ein ungeheures Mitleid fiel mich an Und nicht eiSt jetzt, schon vor geraumer Zeit" (Philoktet 965(). Listig zu handeln, ist unter seiner und des Erniedrigten Würde (Philoktet 1224ffi. Um den Stoff der Tradition gemäß zum Ende zu bringen, muß Sophokles Herakles als deus ex madlina auftreten lassen. Neoptolemos schätzt das Mitleid mit dem Erniedrigten, obwohl Philoktet in seinem Haß befangen bleibt und weder die Versöhnung noch die He~1ung sucht2, höher als die Freundschaft mit ~ höher als die Verpflichtung dem Heer und den Geho~m dem Orakel gegenüber. Zum Mitleid des Neoptolemos gehört. daß er diese U~hnlichkeit und LeideT1SWI11igkeit des Erniedrigten akzeptierr. Theseus nimmt den heimatlosen Oidipus in seiner Stadt auf, ~eiht ihm Bürgerrechte und stellt ihn unter seinen Schutz, bevor er auch nur davon weiß, daß er der Stadt Glück bringen wird. Er macht deutlich, daß er sich weder vor Befleckung fUrchtet noch sich vom Unglücklichen distanzieren will: ..Sprich frei: du nennst kein so schweres Los. Das mich von deiner Seite treiben kann" (Oid Kol 560t). Begründet ist das in dem Bewußtsein gemeinsamen Menschseins, das als vom Fall bedroht erscheint: ..ldl weiß, ich bin ein Mensch, es macht vielleicht Der nächste Tag schon unsre Lose gleich" (Oid Kol 567t). Oidipus ist in seinem Haß unversöhnlich. Er fühlt sich an seinem Unglück völlig unschuldig (Oid Kol 258ff. 521ft' bes. 537. 547) und ~ucht seine Söhne•. Theseus sagt dem Erniedrigten Gemeinschaft und einen Platz in der Bürgerschaft zu. Er erhöht ihn, bevor die Götter ihn im Tod zum Heros erhöhen. Der Mitleidsfähige ist in beiden Tragödien der posi~ Helds. Mitleid ist der höchste Wert. Die Leidenden und Erniedrigten sind nicht idealisiert. Es sind stolze Menschen, mit 1 Ziti~rt
w~rd~n im folgmd~n di~ Üb~~tzung~n von Ernst Buschor. .Laß mich nur l~id~n. was ich l~id~n muß" (Philokt~t 1398). 1 .Du bist vtrstockt und hörst auf k~in~n Rat, und w~nn dich ~in~r ~undlich wam~n will, macht ~r sich wi~ d~r schlimmst~ F~ind ~rhaßt." (Philokt~t IJ21-25) und: .Es bl~ibt mir nur, zu schw~ig~n. und dir s~lbst, zu ~~~n. wi~ du l~bt~st, ung~h~ilt." (Philokt~t IJ96fl. 4 Hi~r ist ~s Antigon~. di~ an ih~m Vat~r w~g~n ~in~r Unvtrsöhnlichk~it zwar k~in~ Kritik übt, ab~r ~rsucht, ih~n Brud~r davon abzuhalt~n. sich für di~ ~rlitt~n~ Kränkung zu räch~n (14JOftl und ihm - als si~ damit sch~it~rt - vtrspricht, für ~in B~gräbnis zu sorg~n. ~gl. ~ky, Sophokl~ S. 81f. 2
54 denen nicht leicht umzugehen ist und die sich nicht helfen lassen wollen'. Ihr Verhalten lädt nicht zum Mitleid ein. Die neue Roße erwartet wn den Menschen, daß sie den Leidenden und Erniedrigten mitleidig und ,.solidarisch" begegnen. Sie soßen ihnen Gemeinschaft anbieten und sie so im Rahmen ihrer menschlichen Möglichkeiten erhöhen, indem sie sie aus Verstoßenen zu "Mitbürgern" machen. Die Rolle der Götter ist ambivalent: Sie sind es. die erniedrigen und erhöhen (Oid Kol 1453ff; Philoktet 1325ff); die Menschen triffi das subjektiv unschuldig, auch wenn objektiv Göttergesetze übertreten worden sind. Die Götter stürzen die Menschen, sie sind es aber auch, die sie wieder erhöhen, den Oidipus zum hellbringenden Heros für Kolonos, den Philoktet zum Helden fiir Troia, und alles Geschehen mit ihrer Ordnungsmacht erfiillen. Den Kontrast zwischen göttlicher und menschlicher Rolle zeigt Sophokles eindrücktich in der Eingangsszene des Ai~ eines frühen Werkes. Athene, die Aias den Sinn ~rrt hatte und ihn Vieh abschlachten ließ, präsentiert den Gedemütigten seinem Feind ~ "Gibt es ein süßeres Lachen als das Lachen Über den Feind?" (Aias 79) fragt Athene den fassungslosen ~ Od)sseus leidet mit und fühlt sich dem wahnsinnigen Aias nahe: "Und er jammert mich, Der Unglückliche - ist er auch mein Feind - , Wie er zusammeng~ocht ist mit seinem Unhe1l Nicht so sehr sein Teil wie mein eigenes bedenkend. Seh ich doch, wie wir alle, die wir leben, Nichts anderes sind als Scheinbilder und leichter Schatten" (Aias 122-25). Die Übermächtigkeit der Götter läßt die Menschen zusammenrücken. Die potentiell Gedemütigten sind miteinander solidarisch.
3.4. Die Entstehung der Vorstellung einer statusunabhängigen Würde des Menschen Größe durch Vernunft: Sokrates ln einem Olorlied der Sophokleischen Antigone wird die Größe des Menschen an seiner Fähigkeit zur Naturbehenschung und Kulturbildung festgemacht; das Ued beschre~bt den Menschen als "mumi.~" (Soph, Antigone 360) - als einen, der immer einen Weg findet Das gilt Sophokles als unheimlich und beeindruckend zugleich 2 • Dieses Wissen um die eigene Macht war ein besonderes Kennzeichen der Menschen im klassischen Athen, wie es ja auch bei Thukydides spürbar ist. Von Sokrates dagegen heißt 'schad~wald, Sophokl~s und das ~id~n. S. 48, arb~it~t h~raus, daß ~s das ~id~n ist, das b~i Sophokl~s di~ Größ~ d~ M~nsch~n ausmach~ und di~ falsch~ Größ~. di~ Oidipus als König Th~b~ns inn~hatt~. als Sch~in ~ntlaM. Es sind all~rdings Emi~drigt~. nicht Ni~drig~; Oidpus ist ~m König g~w~~n und vtr~ält sich auch noch so. "Vgl. Gund~rt. Groß~. S. 21-39.
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es. er habe die Menschen in die •.O:rcopio." geffihrt [fheait
149a). Er selbst bezeidmet sich als ..a:rom~" [fheait 149a), als äußerst deplaziert : Sokrates erlebt sich als einer, ffir den kein Platz vorgesehen ist. (1) Das Qllt auch ffir seine sozialen Beziehungen. Er gehörte zur Unterschicht Athens: Sein Vater war Bildhauer und seine Mutter arbeitete als Hebammel, er selbst soll auch Bildhauer gewesen sein und lebte wie ein armer Mann. Dennoch war er mit Obetschichtsmitgliedem, wie z.B. Allabiades, befreundet. Aber auch die einfachen Leute respektierte er und forderte Obetschichtsmitglieder dazu auf, es auch zu tun1 • (2) Die Schwierigkeit, Sokrates in die gesellschaftlichen Ordnungen einzuffigen, zeigt sich auch daran, wie seine Reden empfunden worden sind. Allabiades hält im Symposion eine Lobrede auf Sokrates und erzählt davon, wie sehr sie beim ersten Hören "niedrig" anmuten: ..Denn wenn einer des Sokrates Reden anhören wm, so werden sie ihm anfangs ganz lächerlich vorkommen, in solche Worte und Redensarten sind sie äußertich eingehüßt, wie in das Fell eines frechen Satyrs. Denn von lastesein spricht er, von Schmieden und Schustern und Gerbern, und scheint immer auf dieselbe Art nur dasselbe zu sagen, so daß jeder unerfahrene und un~tändige Mensch über seine Reden spotten muß. Wenn sie aber einer geöffnet sieht und inwendig hineintritt: so wird er zuerst finden, daß diese Reden allein inwendig Vernunft haben, und dann, daß sie ganz göttlich sind ..." (Symp 221e-222a). Alkibiades ~cht die Spannung, zwischen den widersprüchlichen Bewertungen von ..niedrig" und ..göttlich" zu entschärfen, indem er "außen" und "innen" unterscheidet (Symp 215b. 216e). (3) Die Portraitbüsten• zeigen einen Menschen, der als häßlich gegolten haben wird. Und doch berichtet Allabiades davon, wie er sich um seine Gunst als Uebhaber ~eblich mühte (Symp 217a-219d) - wobei vorausgesetzt ist, daß man das Schöne begehrt. Alle drei Einzelzüge zeigen einen Menschen, ·der schwer einzuordnen war. Auf der einen Seite hatte er nichts vorzuweisen, was ihm gesellschaftHches Ansehen hätte ~affen können: Er war von niedriger Geburt, ein Handwerker, häßlich, arm und unberedt. Auf der anderen Seite wurde ihm höchste Wertschätzung entgegengebracht: Vornehme suchten seine Freundschaft und hielten seine Reden ffir göttHch. Sokrates hat diese ..Status\mlnsicherung" aktiv betrieben: Er hat seine Mitmenschen in die Aporie geffihrt und ihr Selbstbewußtsein erschüttert. Mit seiner Ironie stellte er seine oft vornehmen Gesprächspartner bloß und ..demütigte" sie. Er selbst beanspruchte ..Überlegenheit", wie sich in der Apologie bestätigt, wenn er davon erzählt, daß sein Freund Chairephon das Delphische Orakel gefragt habe, ob jemand weiser sei als Sokrates. und das Orakel es \mleint habe (Apol 20c-21a). Sokrates ersetzt die herkömmlichen Werte 1
Uddtll 1Scott,
1
2
"'"
s. 212.
ui~ ~ ... • Diog latrt 11,18. Dit Nachricht gilt als historisch zuvtrlässig. Vgl. Hirschbtrgtr,
Philosophit I, S. 59; Martin, Sokratts, S.19; Gigon, Art. Sokratts, S. 198. 1 Atlian, VarHist 1,1, übtrlitftrt dit Antkdott vom lksuch Sokratt5 in Btgltitung dtS AlkibiadtS im Haus d~ Schusttrs Simon. Alkibiadt5 habt gtzögtrt, dit Wtrkstatt zu bttrtttn und zugtgtbtn, daß tr dtn Schuhmachtr ~rachtt. Darauf habt SokrattS gtantworttt: "Das ganzt Volk von Athtn ist solch tin Volk. Wtnn du ditstn tintn vtrachttSt, dann vtrachttSt du allt. • •zum Portraitcharakttr dtr Darsttllungtn vgl. Martin, Sokratts, S. 14f.
56 durch einen emZJgen neuen: die Einsicht Damit ist in ~iedener Hinsicht ein Statuswechsel ~unden. (1) Anspruch auf Wertschätzung \6'dient, wer dem \mlünftigen Argument folgt, unabhängig davon, welchen sozialen Status er nach ko~tionellen Kriterien beanspruchen kann. (2) ln der Diskussion mit den Sophisten stellt Solaates deren Hochschätzung der~.. (und damit ~unden die des Triebes zur Macht), die Wertschätzung des ).ir,ot;" (und damit verbunden die der Behenschung der Triebe) entgegen bis zur Identifizierung der ~.. mit der Bedürfnislosigkeit (Gorg 491 c. 492ef. Die Sophisten hatten mit ihrer Argumentation die Interessen der Mächtigen ~en. Durch die solaatische Neubewertung erscheinen diese Mächtigen als .Ski~" ihrer Triebe2 und damit geringerer Wertschätzung würdig als Menschen, die sich mit wenig zufrieden geben können. Mit Solaates begegnet erstmals eine wirkliche Umwertung. Der Wert des Menschen bemißt sich einzig an seiner Vernünftigkeit, die auch als das einzige Gut Q11t. Solaates ~and sich als Q.~", auch seiner Gesellschaft erschien er mit seiner Umwertung als bedrohlich. Aristophanes ~ttet ihn in den "Wolken"1 und er wird wegen Asebie ~agt und zum Tod \ei'Urteilt. Anders als in der platonischen Rezeption hat Sokrates mit dem neuen statusrelevanten Kriterium der Vernunft nicht an bestimmte Inhalte geknüpft. die durch Bildung erworben werden müssen und damit wieder an einen bestimmten Sozialstatus gebunden werden, sondern alleine an die Methode: Er war davon übeTzeugt, "nichts zu wissen" und bezeichnete das \mlünftige Argument als einzigen Wert, ..... daß ich nichts anderem von mir gehorche als dem Satz. der sich bei der Untersuchung als der beste erweist" (Kriton 46bt. Dieses Element nehmen die Kyniker auf.
Größe durch Tugend und die Umwertung der Werte Für die Kyniker ist die Tugend der einzige Wert\ alle ande~n Güter werden ~chtetL. Dieses Gut zu erwerben ist jedem Menschen möglich, weil damit ein bestimmtes Tun (intz.) gemeint ist und dazu keine Bildung notwendig ist (Diog laert VI, 11 ). EVrivtra. kann nur der Tugendhafte beanspruchen. Er kann außerdem als F~und der Götter alles sein 'x~nophon b~tont sein~ B~dürfnislosigk~it und sein~ Fähigk~it zur Selbstb~h~rrschung b~sondm (M~m I, 1,16. 5,5f). ~rm~rkt (R~p 43~). Enkrat~ia, Sp. 344. 2Gigon,
Er ~rw~nd~t dafür das Wort wl'"fKpthfla.", Platon b~nutzt "Kpa.Tfpia." und daß wE')"KpATfla." d~r vulgä~ Ausdruck für"~" s~i. Vgl. Chadwick, Art.
Lrxikon, S. 256.
)Di~ ~indschaft d~ Aristopha~ gilt im Astbi~proz~ß als mitursächlich, vgl. Plat, Apol 18a-~. Vgl. Hirschb~rg~r. Philosophi~ I, S. 64f. ~Hirschb~rg~r. Philosophi~ I, S. 69ff. Antisth~n~ ~racht~t~ di~ öff~ntlich~ Zustimmung und hi~lt si~ für d~n B~~is dafür, daß ~r auf d~m falsch~n W~g s~i (Diog la~rt V1,8); ~r ~racht~t~ di~ Schönh~it (~bd., Vl,9) und di~ vom~hm~ H~rkunft (~bd., Vl,1 g~g~n d~n ath~nisch~n Dünk~l). Vgl.
Diog
6 ~r
la~rt
VI, 72.
H~rakl~ d~r Komödi~ und d~r Hund st~h~n ~id~ für (di~ Gi~r nach) F~stn und S~xualität.
sich k~in ~inh~itlich~ Bild: Zum Lrb~nsstil d~ Diog~n~ zwar d~r V~rzicht auf d~n ~itz, ab~r nicht d~r auf d~n G~nuß. W~is~ mög~n Kuch~n {V1,56) und ~rzicht~n auch nicht auf Sexualität.
Was
di~ B~dürfnislosigk~it ang~ht, bi~t~t
g~hört~
57
eigen nennen (Diog l.aert Vl,37). Das ist ein königliches Hoheitsbewußtsein 1• Weil die Kyniker in Widerspruch geraten zu den Werten ihrer Gesellschaft werden die Begriffe "TCOvot;" und ../zJo9a," zu Hoheitsmerkmalen umgewertet. Diogenes hat sein Denken als Ausdruck einer rndikale Umwertung bestimmt; "ich präge die geltenden Werte um" sei seine ständige Rede gewesenz. Wetl nur der Tugend und nicht den posi~ Gesetzen gehorcht wird, fühlt sich der Kyniker nicht mehr an seine Polis gebunden. Diogenes hat sich als erster als KosmopoHt bezeichnet (Diog l.aert Vl,63). Die Roße des Herakles und die des Hundes sind mit den Kynikern in besonderer Weise \6'bunden und illustrieren die Vorstellung vom PositionswechseL Herakles war ein weithin ~rter Heros. Vor den Kynikern hatten sich schon die Sophisten auf ihn berufen. Der Sophist Prodikos erzählt in seinen "Horen" von Herakles am Scheidew~; der junge Heros muß sich entscheiden zwischen dem bequemen Weg der Lust und dem stellen der Tugend, der zur UnsterbHchkeit fuhrt ln der Komödie ist Herakles der Typos des Säufers und Fressers. der nicht besonders intelligent und den einfachen sinnHchen Genüssen hingegeben ist4 • ( 1) Herakles ist ein .Aufsteigertypos': Er erreicht die Vergöttlichung, und zwar aufgrund seiner eigenen Entscheidungs und seiner "nm.o.". (2) Dabei ist er nicht kultiviert und gebildet, kein "Oberschichtsheros", sondern ein Mann, der die Freuden der einfachen Leute te~lt. Einfache Leute können also die Rolle des Herakles aufnehmen und einen Weg gehen, der sie über alle Menschen erhöhen und sie zur UnsterbHchkeit und Heroisierung führen wird. Diagenes wurde ..JO.JWv" genannt und hat diese schimpfliche und verächtliche Bezeichnung6 selbst aufgenommen. Auf die Frage, welcher Hunderasse er denn zugehöre, antwortete er: ..IlmWv pE,; MfMu.io;, ~ ~ ~~.. M,55). Die Molosser waren doggenartige Hirten- und Hütehunde, wehrhafte und gellihrliehe Tiere also. Der Melaier war ein kleiner Schoßhund'. Diese Aufnahme bezieht sich unmittelbar auf das Ais Al~xand~r sich ihm vorg~st~llt hab~: .Ich bin Al~xand~r. d~r groß~ König", hab~ ~r
1
g~antwort~t: .Und ich Oiog~n~ d~r kynik~r· (Vl,60). Diog~n~ hat sich d~m statushöchst~n Mitgli~d d~r G~~llschaft gl~ichrangig g~fühlt. 2 Hirschb~rg~r. Philosophi~ I , S. 70. Di~ Vorst~llung von d~r Umk~hrung b~zi~ht ~r auch auf di~ politisch~n V~rhältnis~: Er hab~ darum g~b~t~n. mit d~m G~icht nach unt~n b~stattd zu w~rd~n. w~il in kürz~ .Tii KliTW ci~~W ITTPi~··; das hab~ ~r im Hinblick auf di~ Mak~doni~r g~sagt, di~ ..iK
""'1ffn'Ciw ~ -yiw•· (Diog La~rt Vl,J2) . 1 Erhalt~n b~i X~noph, M~m 2, 1. Vgl. z.B. Aristophan~s. Frösch~. sDi~ Vorst~llung, daß man ~in~ Ltb~nsw~is~ frti wähl~n könn~. ist ~rst unt~r d~n Aufldär~m ~ntstand~n und läßt sich ~rstmals b~i Euripid~s nachw~is~n. Vgl. Sn~ll. Dichtung, S. 154. 6 Man asozii~rt~ ~xu~ll~ Schamlosigk~it und di~ F~ßgi~r. Vgl. loth, Art. Hund, Sp. 79Jf. Von Diog~n~s wird b~richt~t. daß ~r sowohl di~ W~rk~ d~r D~~t~r wi~ auch di~ d~r Aphrodit~ (Vl,69) öff~ntlich ~rricht~t~; ~r aß und masturbi~rt~ (Vl,46) auf d~m Marktplatz. D~r. Homos~xualität, S. 91f, w~ist darauf hin, daß Masturbation in b~sond~rer W~~ mit Satyrn und mit Skla~n ~rbund~n wurd~. Ich ~rmut~. daß ~in Zusamm~nhang mit d~n Satyrg~talt~n b~st~ht, di~ als Symbolfigu~n für .ung~züg~lt~. animalisch~ Fruchtbark~it" für di~ Kulturkritik d~s Diog~n~ st~h~n könnt~n. Vgl. Schau~nburg, Art. Satyrn und Sil~n~n. S. 2707. Damit ~ntst~ht ~in~ ~ut~alt~matM zu d~m als yträchtlich~ ~mpfund~n V~rhalt~n d~r Skla~n: Es ist naturg~mäß. Vgl. Loth, Art. Hund, Sp. 787.
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Bettelleben. Zwar ist er abhängig von den Gaben der Menschen, aber unterlegen ist er deswegen nicht Die Antwort wird weitergeführt: "Tocimw ~ ~ oi ~ fiJ ~ &a. -mv n0s.ov ~ ~ m; ~ ~ ~ tii' ;pm ~ t11.fJß«iN &a. -mv c/x';ßoll niw ~.. M,55) . Die ValStellung wird umgewertet. Jetzt stehen die Hunde für die den Menschen überlegende Kraft. Mit den Kynikern zu leben oder gar ihre SelbsteTZiehung•zu te~len, überfordert die Mehrheit der Menschen. Sie sind nicht bereit und nicht imstande, die "11Dvo4" auf sich zu nehmen. Diagenes strukturiert das Blld um: Aus dem -..e'ächtlichen Hund ist der Überlegene geworden, aus den "kultivierten" Menschen die Schwächlinge und Feiglinge. Unter den Kynikern finden wir erstmals Menschen, die auf Status freiwillig \6Zichteten. Krates von Theben war ein wohlhabender Mann. Er verschenkte sein Vermögen an seine Mitbürger, als er Kyniker wurde. Diagenes war der Sohn eines Bankiers, der Vermögen und Heimat ~oren hatte. Er ~chtet dann über das ihm aufgegebene Maß hinaus auf Besitz und Kultur: Er trug Sommers wie Winters nur ein Kleidungsstück, ffihrte den Sack und als alter Mann auch den Stock bei sich, die spätere Tracht der kynischen Bettelphßosophen. Er lebte zeitweise als Obdachloser und verwarf auch den Gebrauch von so simplen Kulturgütern wie den Trinkbechem). Exkurs: Frauenrollen Oie kulturelle Tradition bietet für Frauen oft eine weibliche Rollenvariante an. ln der llias mangelt es zwar an Heidinnen, die Göttinnen greifen aber ebenso lenkend ins Geschehen ein wie die Götter. Erinnert sei an Athenes Eingreifen im Streit zwischen Achill und ~rnemnon. ln der~ ist es eine Frau, Nausikaa, die bei den Phäaken den Fremden aufnimmt und die neue Rolle ausfüllt Athene ist die Beraterin des ~ in der Rolle des Bettlers. Auch die klassischen Rollen bieten Varianten für Frauen: Elektra handelt wie ihr Bruder Orest; Antigone stellt sich gegen die Gesetze der Polis, um denen der Götter zu gehorchen; dabei läßt sie dem gefallenen Bruder angerne2iene Würde zukommen und erweist sich als besonnen und maßwll im Vergleich zu Krron, der die Grenzen menschlicher Macht nicht anerkennt Medea rächt sich wie Aias und tötet ihre Kinder wie Herakles (bei Euripides}. Antisthenes betont. daß die Tugend fürMännerund Frauen dieselbe sei (Diog L.aert \11,12}, und Krares wird wn einer Frau geheiratet. die die Lebensform der Kyniker wählt l'f5istrate erinnert die mächtigeren Männer an die Macht der Schwachen (Aristoph, l't5 689) und knüpft an die Tradition vom sta~ndemden und -umkehrenden Handeln des Zeus an (Aristoph,lys 7701).
3.5. Zusammenfassung 1. Die Götter gelten als di~enigen, die erhöhen und erniedrigen. Die Erniedrigung wird häufiger religiös gedeutet als die Erhöhung. Als ihre Motive können (a) ihr eigenes Streben
Dir Verwrndung drr Hundr für dir Jagd war üblich; dir Jagd galt als geeignetrs Erzirhungsmittrl für junge Männrr in körperlicher, aber auch in geistiger Hinsicht. Vgl. Loth, ebd., Sp. 787 2 Diog l.arrt Vl, 87. Er habe 200 Talente brsrssen, also ein beträchtlichrs Vermögen. JDiogenes und Krates zeigen Merkmalr drr ~Statusinkonsistenz~. ihre ge~llschaftliche Positionierung kann nicht eindeutig erfolgen. Diogenrs kam aus rinrr wohlhabenden Familir; srine Eltem mußten jrdoch einen Abstirg hinnrhmen. Unmittelbare Folge davon war das Wrlassrn ihrer Heimat Sinope. Diogenrs Familie war fremd und arm, obwohl sie noch vor einer Grnrration Bürgemcht genoß und wohlhabend war. Kratrs war ein reicher Mann und gehörte zur Oberschicht Thrbens; rr war abrr ~unscheinbar und verwachsrn~. Vgl. Kranz, Grirchische Philosophir, S. 282. Es fehlte ihm also ein wichtiges Statusmerkmal: Schönheit. 1
59 nach Statussteigerung, (b) Strafe ffir Vergehen und Tab\Mrletzungen und (c) ihr Neid den Glücklichen gegenüber gelten. Daneben können Erhöhung und Erniedrigung auch auf unpersönliche Mächte wie die Mairen in alter und die T}dle in jüngerer Zeit zurückgeffihrt werden. 2. Den Göttern gegenüber kennt die delphische Theologie die Aufforderung, die Grenzen des Menschlichen zu achten und rnaßwll zu sein. Die spätarchaische Haltung, wie sie sich bei Herodot manifestiert, warnt wr der Hybris den Göttern gegenüber und zweifelt zugleich an der Möglichkeit, ihr zu widerstehen und zu entgehen. 3. Gegenüber Menschen wird zum Sta~cht aufgefordert, wenn die Behauptung oder Steigerung der individuellen Ehre die Gemeinschaft gefcihrdet (Achfll) und wenn mit vorübergehendem Sta~cht ein taktischer Vortetl in der Auseinandersetzung mit dem Gegner erzielt werden kann. Status\m:icht dient der Gemeinschaft oder dem Sieg des ..5chwächeren" (Od)5seus als Bettler). Die Götter haben in beiden Fäßen die Funktion wn Schutzgottheiten. 4. Die Sieger und Vornehmen werden aufgefordert, die Würde des Erniedrigten zu respektieren. Das wird ffir den Kriegsfall (Hektms Leiche) und für die Reise (~) entwickelt. Im letzten Fall entsteht ein regelrechtes Ritual, in dem der Reisende sich erniedrigt und durch den Gastgeber erhöht wird (Od)5seus bei den Phäaken). Zeus (Hikesios und Xenios) steht ffir diese Regeln ein. 5. ln klassischer Zeit können die Mächtigen die Rolle der Götter übernehmen. Einerseits bedeutet das die Rechtfertigung für die skrupellose Ausdehnung ihrer Macht und die Bereitschaft, die Unterlegenen weiter zu erniedrigen (Melierdialog). Andererseits kann sie die Henschenden dazu bewegen, den Niedrigen gegenüber wohltätig zu sein (Wohltäterkult). Bei Sophokles findet sich die umgekehrte Haltung: Menschen erweisen ihre Menschlichkeit darin, daß sie das Handeln der Götter korrigieren und gegenüber den wn den Göttern erniedrigten Menschen Mitleid empfinden, sie achten und erhöhen. 6. Bei Sokrates findet sich erstmals eine Neubestimmung der Kategorien der Statusbemessung. Indem er nur die Vernunft als statusrelevantes Kriterium gelten läßt, entlarvt er die Hoheit der Vornehmen als ~eintlich und entwickelt selbst Hoheitsbewußtsein. Jeder Mensch hat die Olance, einen hohen Status zu erreichen, indem er ~ünftig ist Die Kyniker radikaliseren das. indem sie (a) die "Umwertung der Werte" zum Programm erheben, (b) gegen die komentionellen Werte in provokaoo Weise ~rstoßen und auch tatsächlichen Status\6"Zicht üben und (c) als einziges statusrelevantes Kriterium die Tugend bestimmen, die auch wn der Bildung als statusabhängiger Fertigkeit unabhängig ist.
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4. Kapitel: Erhöhung und Erniedrigung Rollenangebote und Deutemodelle in der römischen Kultur ln diesem Kapitel soßen die wichtigsten Vorstellungen beschrieben werden, die die römische Kultur zur Deutung wn Erhöhungs- und Erniedrigungserlebnissen bereitstellte. Weil der römische Ehrbegriff kollektiv ausgerichtet war, sind der Aufstieg und die Größe Roms die wichtigsten Gegenstände der Deutung. Die römische Kultur war "erfolgreich"; Aufstieg und Erhöhung werden häufiger gedeutet als Erniedrigungen. Zuerst wird an einer historischen Gestalt (Cato maior) skizziert, welche menschlichen Verhaltensweisen und Eigenschaften als die Bedingungen wn Größe galten, dann wird an einer literarischen Gestalt (Aeneas) dargestellt, welche Bedeutung die Götter für die Größe Roms hatten und welches Verhalten diese wn den Menschen erwarteten. Schließlich wird beschrieben, wie in der Stoa bei Seneca, Mark Aurel und Epiktet die Vorstellung wn der Größe des Menschen wn sozialen Erhöhungen und Erniedrigungen gelöst und es dadurch ermöglicht wurde, daß einerseits hochrangige Menschen ihre Macht behenschen und ihre Grenzen anerkennen - der Senator mit den Bedrohungen durch eine Tyrannen gelassen umgehen und der Kaiser den Versuchungen der Macht widerstehen und die Grenzen seines menschHchen Lebens akzeptieren konnte - und andererseits Menschen mit niedrigem Rang, wie der Freigelassene Epiktet, Hoheitsbewußtsein und Unabhängigkeit entwickeln konnten.
4.1. Erhöhung als Gabe und Erniedrigung als Fluch des "Römertums" Aufstieg als kollektiver Erfolg Cato maior ist eine für Roms Aufstieg typische Gestalt'. Sein Lebensalter umfaßt Roms Aufstieg wn der Annektierung Sardiniens bis zur Eroberung Griechenlands. Cato selbst war ein "homo novus"; er stammte aus einer poHtisch bedeutungslosen Familie (Piut, Cato Maior 1) und erreichte das Amt des Zensors, das höchste Staatsamt Seine wirtschaftlichen Le~ältnisse spiegeln die Umformung einer rein agrarischen Gesellschaft in eine wider, in der Handel und Gel~ehr an Bedeutung gewinnen. Durch die Eroberungen geriet die Oberschicht Roms in Kontakt mit dem Hellenismus. Cato hielt den Hellenismus für die Gefahr für Roms Größe und übernahm dennoch selbst wichtige seiner Züge.
'Di~ w~iblich~ Variant~ dies~r Roll~ z~igt sich b~i d~r Darst~llung d~r Com~lia. Com~lia ist Ehefrau Mutt~r. Als Frau bli~b sie nach ihrer frühen Verwitwung u~rheiratet, eine univira, und l~hnte d~n H~iratsantrag ~ines Königs (Ptolomäus VIII) ab. Si~ zog ihre zwölf Kinder allein~ auf, b~anspruchte ihn~n g~g~nü~r Autorität (auch in politisch~n Fragen; vgl. Dixon, Roman Mother, Vorwort, ohn~ ~itenangabe, und Uv 11,40) und hi~lt si~ dazu an, hohe Positionen anzustreb~n.
und
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Cato wird als ein Mann geschildert, "der nach der Väterweise mit eigener Hand arbeitete, mit einer einfachen Mahlzeit. einem kalten Morgenimbiß, mit schHchter Kleidung und einer schmucklosen Wohnung zufiieden war, und mehr davon hielt. das Überflüssige nicht zu beclütfen als es zu besitzen.. (Piut, Cato Maior 4). Damit stand er ffir die altrömischen Werte Iabor und moderatio. Cato bestellte auch nach seinen großen und erfolgreichen Feldzügen selbst sein Gut (Piut, Cato Maior 2)'. Seine moderatio zeigte sich in seiner bescheidenen Lebensffihrung. Cato war stolz darauf, sich anspruchslos zu ernähren (Piut, Cat 2.3), den gleichen Wein wie seine Landarbeiter zu trinken und nie ein Gewand getragen zu haben, dessen Wert 100 Denare übemieg (Piut, Cato Maior 4)2 • Im Luxus und in der Verweichlichung sah er eine Gefahr ffir Roms Größe (ebd., 16). Cato war zudem ein tapferer Soldat und erfolgreicher Feldherr (ebd., 1. 13f; liv, XUI 34,6t), der auch in dieser Rolle an Roms Expansion seinen Ante1l hatte. Zudem war er politisch engagiert und ein großer Redner (Piut, Cato Maior 4.7). Aufgrund dieser Eigenschaften wurde ein Mitglied der politischen 8ite, Valerius Aat'Cl.IS. auf ihn aufmerlcsam und begann, ihn zu fördern (ebd.,J). Für seine persönliche Karriere ist seine kollSeTVdtM Lebensweise also ausschlaggebend. Dabei ging es Cato anscheinend nicht vordringHch um den Ruhm. Er setzte seine politische Tätigkeit fort, auch nachdem er alles erreicht hatte, was Rom an Ehren zu bieten hatte (ebd., 11 ). Cato hielt den mos maierum ffir die "Zauberformel.. des Aufstiegs1 und ~t damit ein wichtiges 8ernent römischer Ideologie4 • So wie Rom groß wurde aufgrund seiner Bescheidenheit gepaart mit DiszipHn (ebd.,8), so stieg auch Cato aufgrund deTSelben Eigenschaften auf und errang die Bewunderung des Volkes (ebd.,J). ln der Gestalt des Cato erscheint Erfolg als die Folge menschlichen Verhaltens und wird planbar. Folglich gilt auch umgekehrt: Wenn dieser ..mos maiorum" aufgegeben wird, droht die Gefahr des Niedergangs. Cato sah diese Gefahr und machte den Hellenismus daffir \e'antwortHch (ebd.,22t), fiir den im damaligen Rom Scipio stand. Ihm warf er insbesondere vor, daß er mit einem wesentlichen Prinzip römischer Identität, dem ..kollek!Mn Ehrbegriff' und der republikanischen Gesinnung, breche, indem eine herausgehobene Stellung beanspruchtes. ln seinem Geschichtswerk ..Origines" nennt Cato niemals die Namen der römischen Offiziere, sondern behandelt ihre Taten als ..exempla.. ffir seine Gegenwart•. 'Mit Iabor war di~ Vorst~llung d~ RKämpftrsR ~rbund~n. d~r d~m land stin~n Ertrag abringt. Vgl. Burck, Grundw~rt~. S. 42f. 1 Es war üblich, schon d~n Kli~nt~n ~in~n ~infach~rtn W~in vorzus~tz~n als d~n. d~r für d~n Haush~rm b~stimmt war. Vgl. Iuv, Sat 5,24ff. 1 Ennius, ~in Kli~nt Catos formuli~rt: RD~r römisch~ Staat st~ht f~st auf d~n alt~n Sitt~n und stin~n Männ~mR (Ann V, 156). •z.B. Sallust, Cat 2,5: RD~nn H~rrschaft wird l~icht durch j~n~ Eig~nschaft~n ~rhalt~n. durch di~ si~ zu B~ginn ~ntstand~n ist; wo all~rdings anst~ll~ von Anstrtngung Trägh~it, von Maß und G~rtchtigk~it Gi~r und Hochmut ~ing~trtt~n sind, änd~m sich di~ äuß~rtn G~g~b~nh~it~n (Fortuna) zusamm~n mit d~n Sitt~n (moribust. Vgl. Olshaus~n. R~publik, S. 499. sScipio war in Spani~n als König b~grüßt word~n; vgl. Grimal, Erob~rung~n Roms, S. 46. 'vgl. Olshaustn, R~publik, S. 502. Dab~i war ~s stlbst nicht frei von d~m Wunsch, g~lobt und g~rühmt zu w~rd~n. wi~ Plut, Cato Maior 14 h~rvorh~bt.
62 ln der römischen Kultur kann "Erhöhung" als direkte Folge eines bestimmten menschlichen Verhaltens vemanden werden, wobei dieses Verhalten an der Vergangenhdt, an dem "mos maiorum", ausgerichtet wird. Die Vorstellung ist damit wesentlich konservativ'. Veränderungen erschdnen als bedrohlich, Ziel ist nicht die Entwicklung, sondern die "Verstetigung" der Vergangenhdt Sie ist zudem wesentlich kollektiv. Die Hervorhebung einzelner und die Konkurrenz unter ihnen gelten als gefährlich.
Erniedrigung als Strafe für das Sakrileg des Brudermords Die Bürgerloiegszdt wurde für Roms Größe und Bestand als bedrohlich erlebr. Als Utsache dieser Krise konnte der urzeitliehe Brudermord des Romulus gelten 1• Der destruk~ Konkurrenzkampf wurde als Bestandtell römischer Identität "entdeckt". So wie der AufStieg als Konsequenz römischer Eigenart gesehen werden konnte. so wurde nun der Untergang als Folge des eigenen Wesens gefürchtet. Für die Konkurrenz innerhalb der Gruppe stand kein positM5 Deutemodell zur Verfügung; sie wurde tabuisiert. Das Dominanzstreben wurde nach außen ~agert und dort von einer Möglichkeit zur Pflicht. 4.2. Erhöhung als Gabe der Götter und Herrschaft als Auftrag Vergil hat in seinem letzten Werk in zwölf Gesängen die Aucht des römischen Stammvaters. Aeneas aus Troia und seine Suche nach der neuen Heimat, Italien gestaltet. VeTQ11 wurde 70 v. Chr. geboren, erlebte die Bürgerkriegszeit und den Sieg Oktavians, von dem er gefördert wurde. Er ~and die Machtübernahme durch Oktavian und das Ende des Bürgerkriegs als den Beginn einer "neuen Zeit': Die Aeneis formuliert die neugewonnene römische Identität nach der Krise der Bürgerkriege. Erhöhung als Gabe der Götter Das Lebensgeschid< des Aeneas und seiner Nachkommen ist durch das "imperium lovis" festgelegt. Der Götterwille wird in der Aeneis in drei Szenen bekannt gemacht. Die erste Szene steht mit programmatischer Funktion am Beginn des Werkes4 • Venus, die Schutzgöttin des Aeneas. erinnert lupiter, der ""' der Menschen und Götter Geschid<e ... ßenkt] mit ewiger Macht"\ an sein Vmprechen, den Römern in Italien erneut Macht zu ~eihen (1,234f).lupiter bestätigt diese Zusage und ~eiht Rom "ewige Henschaft": J.aß meine Tochter die Furcht, nie wird sich der Deinigen Schicksal Wandeln; du wirst die Stadt und Laviniums ~eißene Mauern Sehen dereinst und erheben den hochgemuten Aeneas Hoch zu den Sternen des Himmels. den Sinn hat nichts mir geändert -· 'Vgl. Olshaustn, Republik, S. 499. 65 v. Chr. hatten druskische Priester Roms Untergang verkündet, Sallust und Horaz sprachen davon und auch in den Sibyllinischen Büchern war davon die Rede. Vgl. Fuchs. Widerstand, S. 8-1 J. \tgt. Fuchs, Widerstand, S. 11. 4 0ppermann, Vergil, S. 230. \tergil, Aen 1,229f; Übersttzung W. Plankl. 2
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Diesem setze ich weder ein Ziel nodl Frist für die Herrschaft. Reich ohne Grenzen sei ihm beschieden"•. Der höchste und geschichtewirkende Gott hat sich das Anliegen der römischen Schutzgöttin zu eigen gemacht lupiter hat nicht mehr die Funktion, die Interessen auszugleichen, sondern hat Partei ergriffen. Inhaltlich bedeutet das die Zusage unbegrenzter Herrschaft, auf Beziehungsebene spiegelt sich das in dem ~uens- und liebevollen Verhältnis von lupiter und seiner Tochter Venus wider. ln der zweiten Szene wird von der Errettung des Aeneas mit Vater und Sohn aus Troia berichtet Ein göttliches Zeichen, ein Feuer, erscheint am ..Scheitel" des Sohn~ der Großvater deutet ~ Aeneas folgt und flieht mit den Hausgöttern aus Troia. Die Aucht des Helden wird durt:h das göttliche Orakel legitimiert, seine "Irrfahrt" ist von Anfang an von den Göttern gelenke. ln der religiösen Praxis der Römer findet sich diese Vorstellung in der Aufmerksamkeit wieder, die sie gegenüber Orakeln und Zeichen aufbrachten1 • Ihr Weg galt ihnen auf jedem Schritt als göttergeleitet Die dritte Szene nimmt das Versprechen der "ewigen Herrschaft" auf und bestimmt es näher als Berufung, die Weltordnung und den Weltfrieden zu garantieren: "Du aber Römer, gedenke mit Macht der Völker zu walten, Dies sei deine Berufung - des Friedens Gesetz zu ordnen, Schon den, der sich gefügt, dodl brich den Trotz der Rebellen"•. Die Erhöhung Roms wird als Gabe lupiters, des höchsten Gott~ ~rstmden und Qllt deswegen als unbegrenzt und ungefährdet. Die Leitung der Götter wird durt:h Orakel immer neu erfahren. Die Herrschaft und Größe Roms haben für die Völker eine Funktion: Sie bringen Ordnung und Frieden. Das geschieht gewaltsam. Dem Unbehagen an den religiös legitimierten tatsächlichen Herrscha~ältnissen wurde mit dem nur in Rom gefeierten Saturnalienfests ein herrschaftsstabilisierender Ausdruck gegeben. Das Fest wurde am 17. Dezember mit einem Opfer im Satumtempel begonnen und drei bzw. sieben Tage lang gefeiert, wobei das Verhältnis von Skl~aft und Hensdlaft umgekehrt wurde: Die Ski~ beschenkten die Herren, die Herren bedienten die Sklaven bei TtSCh. Verbunden wurde es mit der Vorstellung vom Goldenen Zeitalter', unter dessen Henscher, Satum (Kronos), es weder Herren noch Ski~ oder die Notwendigkeit von Feldarbeit gegeben habe. we~l das Land seinen Ertrag freiwillig gab•. I
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Vtrgil, Atn 256f. 278; Ubtrsttzung W. Plankl. Das Motiv btgtgntt immtr witdtr; Atntas wird von Oraktln gtltittt. Vgl. Opptnnann, Vtrgil, S. 232. \lgl. Ktrtnyi, Antikt Rtligion, S. II J. 4 .tu rtgtrt imptrio populos, Romant, mtmtnto - hatc tibi trunt artts - paciqut impontrt mortm, parctrt subitctis tt dtbtllart suptrbos." Vtrgil, kn 6, 851f; Übtrsttzung: W. Plankl. Das Satumalitn~st gthört zum tintm ftsttn Typos von ~sttn, dit dit Umkthrung dtr Vtrhältnisst thtmatisitrtn und dtr im ganztn Mitttlmttrraum ~rbrtittt war. Vgl. Luria, Dit Ersttn, S. 422f. Das babylonischt Akidu Ftst nahm dit Umkthrung dtr Htrrscha~rhältnisst an dtr Ptrson dts Htrrschtrs vor: Dtr König wurdt vom Thron gtstoßtn und dtr Htrrschaftsinsignitn btraubt, währtnd tin Bautr ~intn Platz tinnahm. Nach tintm SOndtnbtktnntnis dts Königs im Namtn dts VolktS, btStitg tr tmtut dtn Thron. Vgl. Ström, Art. Htrrschtrkult I, S. 246. 6 Dit Vorsttllung findtt sich ausgtführt bti Hts, Op 176ff. Utopischt Eltmtntt findtn sich ft~r in dtn Komöditn, .Dit Vögtl", .Pioutos" und .Dit Ritttr" von Aristophants, wobti in dtn Vögtln dit 1
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Das Verhalten der Menschen: pietas Von den Menschen wird als angemessene Antwort pietas erwartet. Sie wird den Göttern durth die Aufmmsamkeit und den Gehorsam ihren Willensäußerungen gegenüber erbrndlr und verlangt im zwischenmenschlidlen Verhalten die Bereitschaft, sidl in die Generationenkette einzuffigen. 1\eneas trägt den Vater aus dem brennenden Troia, er folgt der Zeidlendeutung des lebenden (2,682ft) und der Rede des toten Vaters (6,687ft). 1m Vater spridlt die Gottheit zu ihm; der "mos maiorum" wird religiös legitimiert. 1\eneas übernimmt Verantwortung fiir den Sohn. Er leitet ihn aus Troia und widersteht im Hinblick auf seine Verantwortung fiir den Sohn der Versudlung, von seinem Fatum abzuweidlen (4,234. 274t). Die Versudlung besteht darin, der Uebe zu einer Frau den Vorzug vor der Erffißung des Sdlicksals zu geben. 1\eneas verläßt Dido um seiner Berufung Willen; das Motiv klang bereits an, als er in Troia seine Ehefrau zurücklassen mußte, um entfliehen zu können. Die Verpflichtung, die sidl all$ der Stellung in der Generationenkette erg~bt, die Pflidlt dem Vater und dem Sohn gegenüber, wiegt in der römischen Kultur schwerer als die Beziehung zur Frau, die als identitätsbedrohend gilt. ln der Vater-Sohn Beziehung erfolgt Erhöhung, in der Mann-Frau Beziehung droht Erniedrigung (4,265). Damit sind die Wertschätzung der Bewahrung und die Furcht vor Entwicklung und Verschmelzung ~unden, wie beim Vergleidl mit der "Massenhodlzeit in Susa", bei der Alexander die Mann-Frau Beziehung zum Symbol für die Verschmelzung der Kulturen und fiir die neue "heßenistische Identität" madlte., ersidltlidl wird. Die zur H~rrschaft und lambulos ~rl~g~n das Gold~n~ Zeitalt~r auf di~ lnstl d~r ~lig~n. an di~ ~riph~ri~ d~r W~lt. Das l...rb~n dort ist - abg~h~n von d~r Üb~rordnung d~r Ält~t~n - h~rrschaftsftti und vom Üb~rfluß g~k~nnz~ichn~t. Di~ Dicht~r d~r römisch~n Kai~rz~it aktualisi~~n di~ Vorst~llung: Horaz w~ist in d~n Wirr~n d~ Bürg~rkri~gs auf di~ ln~l d~r ~llg~n als Fluchtort (16. Epodd, Wrgil sagt d~n N~ub~ginn d~s Gold~n~n Z~italt~rs mit d~r H~rrschaftsüb~mahm~ durch Augustus an (A~n V1,788-823), Ovid kontrasti~rt di~ Vorst~llung vom h~rrschaftsftti~n Zeitalt~r s~in~r G~g~nwart, di~ ~r in d~r V~rbannung ~rl~bt~ (M~tam I 5,89-114) und ~n~ca sagt d~n Wi~d~rbeginn d~ Gold~n~n Zeitalters mit d~m H~rrschafts~ginn N~ros an (Apocolocyntosis 4). Di~ ld~~ ~in~r ~galitä~n G~~llschaft konnt~ auch mit lsis, di~ als Kronostocht~r galt, ~rbund~n w~rd~n. Si~ macht di~ Kraft von Frau~n und Männ~m gl~ich, st~ht für di~ Gl~ichw~rtigk~it von Barba~n und H~ll~n~n. löst die G~fang~n~n und tritt für das R~ht d~r Ni~drig~n g~g~n di~ Mächtig~n ~in. Vgl. Witt, lsis, S. IIOff: ~rgmann, lsis. Ihr Kult war b~ond~rs in d~n Unt~rschicht~n ~rb~it~t: vgl. Witt, lsis, S. I 36, b~. Anm. 26, S. 303. 1 01~ V~rbindung von F~ldarb~it und Notw~ndigk~it d~r Skla~~i ist ~indrücklich. Die Skla~~i galt als Vorau~tzung d~r lndi~nstnahm~ d~r Natur, und di~ Skla~n galt~n als .bel~bt~ W~rkz~ug~·. Für di~ Abschaffung d~r Skla~~i ist di~ .automatisch~ F~rtigung· Vorauss~tzung. Vgl. II 18,376 und Aristot, Poil 4, 1253b 33ff. 1 Di~~ Aufmtrksamk~it galt als römisch~ W~nsm~rkmal: .Wir mög~n noch so ~hr von Eig~nli~~ ~rfüllt ~in, ~rsamlll(lt~ Vät~r: wir wa~n gl~ichwohl nicht an Zahl d~n Spani~m noch an Kraft d~n Galli~m. nicht an Schlauh~it d~n Puni~m noch an W~nschaft d~n Gri~ch~n noch schli~ßlich gar durch di~n u~~m Volk und Land~ ~ig~ntümlich~n und ang~bo~n~n Wirklichk~itssinn d~n ltal~m und Latin~m überl~g~n: vi~lm~hr hab~n wir durch u~~ Frömmigkeit und R~ligiosität und durch di~ ~inzigartig~ W~ish~it, di~ uns bdahigt hat zu ~rk~nn~n. daß d~r Will~ d~r Gött~r all~s st~u~rt und l~nkt, all~ Völk~r und Stämm~ üb~rwund~n.· Cic, Haruspi~s 19, vgl. NatD~or 11,8; Lukan I, II: Polybios Vl,56,6-8; Pos~idonios, FGH 87 F 59; Vgl. auch K~renyi, Antik~ R~ligion, S. 70, U~gl~. Pi~tas, S. 229, und Burck, Grundw~rt~. S. 87-141.
vom
M~nsch~n unt~rdrückt~ li~rw~lt,
in
d~n Ritt~m di~ städtisch~ Unt~rschicht
g~lang~n. Di~ h~ll~nistisch~n Schriftst~ll~r Euh~m~ros
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angemessene Antwort des Menschen auf die Leitung und Berufung durdl die Götter ist die pietas den Göttern, dem Vater und dem Sohn gegenüber. Darin bewahrt man seine Identität und erlangt Größe; gefährdet ist sie durdl die Bewrzugung persönlichen, privaten Glücks und die Bereitschaft, um der Begegnung Willen, Elemente der eigene Identität aufzugeben. Pietas wurde zur Begründung des Prinzipats durch Augustus \er\Vendet, und zwar sowohl konkret, indem Oktavian die Mörder seines Adoptiwdters Caesar zur Redlenschaft zog, wie auch allgemein, indem Augustus seinen Anspruch auf eine besondere ..auctoritas", durch die er wiederum pietas ~ent habe, durch seine Rettung der Repubhlc wr den monarchischen Plänen des Antonius als pietas gegenüber den Vätern deutete und sich den 1itel des pater patriae ~eihen ließ, was ihm die Position eines pater farnilias aller Reichsbewohner \65chaffte'. Pietas den Göttern gegenüber ist die Bedingung dafür zu henschen: "Weil du den Göttern huldigst, henschest du. Setzt hier den Anfang, suche das Ende hier ..."1 •
Erniedrigung als Scheitern an der Berufung zur Herrschaft Seneca, der durch Oaudius eine Erniedrigung erlitten hatte1, hielt für ihn zwar die Laudatio funebris, ~ffentlichte aber anschließend die Satire ,.Apocolocyntosis", die Verkürbissung des Kaisers Oaudius, und stellte darin der durch den Senat beschlossenen Vergottung dessen Erniedrigung zum Skla\61 im Hades entgegen. Seneca beschreibt, wie Oaudius Aufnahme unter den olympischen Göttern sucht und - ausschlaggebend ist das Votum des Divus Augustus - abgewiesen wird, in den Hades muß, dort wr Gericht gestellt und schließlich Gaius als Skla\61 zugeteilt wird, der ihn aber sofort an einen Freigelassenen weiter \mchenkt. Seneca begründet diese Erniedrigung damit, daß Oaudius sich der Her&haft nicht als würdig erwiesen habe. Das werde daran ersichtlich, daß seine Frauen und seine Freigelassenen keinen Respekt wr ihm gehabt (6,2. 8,3) und seine Regierungszeit einem Saturnalienfest (12,2), geglichen habe. Oaudius habe sein Amt nicht ausgefüllt, sondern denen, die ihm untergeordnet gewesen seien, die Macht überlassen. Seine fehlende Würde erkennt Seneca auch in persönlichen Merkmalen: Sein Sprachfehler wird als Dummheit gedeutet, seine Geburt in Lyon (6,1) wird als Beweis seines fehlenden Römerturns interpretiert. Oaudius wird nach dem Tod zu dem, was er- nach Senecas Meinung - schon immer gewesen ist: zum Skla\61 seiner Freigelassenen. Wer seine Position nicht ausfüllt und auf Status verzichtet, wird verspottet und erniedrigt.
1
Vgl. Alföldi, Vat~r. S. 121. "Dis t~ minor~m quod g~ris, imp~ras: Hinc omn~ principium: huc ~f~r ~xitum." Horat, Carm 111
1
6,5.6.
1 Er war für acht Jah~ w~g~n ~in~r ang~blich~n U~bschaft mit Julia Uvilla, d~r Schw~st~r d~s Caligula, nach Korsika ~rbannt. Julia vrrhungert~.
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4.3. Die Vorstellung von der statusunabhängigen Würde in der Stoa Die Entstehung des Prinzipats stellte den Henscher und die Oberschichtsmitglieder wr neue Herausforderungen. Der Prinzeps mußte Verhaltensweisen und Werte entwickeln, die es ermöglichten, mit seiner unumschränkten Macht so umzugehen, daß er die Zustimmung der Beherrschten nicht \erlor, die Oberschichtsmitglieder mußten Vorsteßungen entwickeln, die es ihnen ermöglichten, ihre Würde unter dem "ersten Bürger" und seinen Entscheidungen zu bewahren. Die Stoa hatte solche Konzepte. Mit Seneca hat sie ein hochrangiger Senator, mit Mark Aurel ein Kaiser rezipiert. Diesen beiden Ansätzen wird das Denken Epiktets ~chen, der als Freigelassener eine erheblich niedrigere Position in der Gesenschaft innehatte. Hoheit und Niedrigkeit werden neu bestimmt. nicht aber neu bewertet. Hoheit besteht darin, \mlünftig zu sein; das Verhältnis zur Vernunft kann dabei als Unterordnung (Gehorsam) oder Partizipation gefaßt werden. Niedrigkeit besteht darin, sich den nicht-\mlünftigen Persönlichkeitsanteilen (Leib, Affekte) oder den äußeren Verhältnissen zu unterwerfen. Weiterhin wird aber die Niedrigkeit ~chtet und die Hoheit hochgeschätzt (Epict, Diss N, 7,11 f.
Wahre Größe als claritas und securitas - die Deutung von Statusveränderungen bei Seneca 1 Seneca war auf der einen Seite ein Aufsteiger. Schon in den späten 30er Jahren hatte er einen guten Ruf als Uterat und Redner und wurde nach dem Tod des aaudius Erzieher des Nero und de facto zusammen mit Burrus. dem Präfekten der Garde, zum Regenten des Reiches. Auf der anderen Seite kannte er auch Abstiegserfahrungen: 41 n. 01T. wurde er aufgrund einer Verleumdung Messalinas von aaudius nach Korsika \erbanne, 62 n. Chr. gab er seine Ämter auf, nachdem sich Burrus auf Befehl Neros das Leben genommen hatte. 65 n. Chr. nahm er sich selbst auf Neros Befehl und unter der Aufsicht seiner 'Vgl. G~~n. Sozial~thik, S. 38f. Das Th~ma war für ~n~ca wichtig. K~in and~~r Philosoph d~r Antik~ hab~ sich so häufig üb~r "fortuna" und das V~rhalt~n d~ M~nsch~n ihr g~g~nüb~r gduß~rt wi~ S~n~ca. Vgl. M~in~l. ~n~ca. S. 231 Maurach, ~n~ca. S. 91 f, zählt di~ V~rbannung als di~ zw~it~ Kris~ in ~n~cas Leb~n nach d~r schw~~n Erkrankung in d~n 3~r Jah~n. di~ ihn zwang, lang~ Jah~ in Ägypt~n zu ~rbring~n. Di~~ ~rst~ "Emi~drigung" hatt~ ihn noch ~rstört und aufg~wühlt. ln Consolatio ad H~Mam ma~m 15,2 wählt ~r d~n Ausdruck p~rculsus (von ~rc~llo, schlag~n. ni~d~rschm~tt~m. stürz~n) für s~in~ G~mütsvtrfassung. Er ~rfaßt~ di~ Consolatio ad Polybium, ~in~ Bittschrift an ~in~n kai~rlich~n F~ig~las~n~n. in d~r ~r Claudius sch~ich~lt~ und auf Rückb~rufung drängt~. Zwar ~rklär~n sich ~inig~ di~~r Schm~ich~l~i~n als Erford~miss~ d~ "höfisch~n Stils", and~~ a~r mü~n als di~ ~lbst~mi~drigung d~s Unt~rl~g~n~n ~rstand~n w~rd~n. Vgl. Maurach, ~n~ca. S. 78f. Roz~laar, ~n~ca. S. 259f, ~rmut~t. daß ~n~ca sich di~~r Schm~ich~l~d~n g~schämt und si~ in d~r Sati~ Apocolocyntosis wid~rruf~n hab~. M~in~l. S~n~ca, S. I 3-16, b~obacht~t. daß ~n~ca, nachd~m ~r di~ ~rst~ Lähmung üb~rwund~n ha~. ~rsucht hab~. ~in ~~lisch~s Gl~ichg~wicht üb~r di~ Arb~it an dm Trostschrift~n wi~d~rzufind~n. ihm das ab~r j~ läng~r d~sto w~nig~r g~lung~n s~i. wi~ ~s di~ Trostschrift an Polybius und m~hr noch das V~rstumm~n danach z~ig~. 2
67 Offiziere das Leben, nadldem er der Beteiligung an einer Verschwörung bezidltigt worden war.
Securitas als Ziel Seneca lernt mit der ständigen Unsidlerheit und sdlließlidl den Erniedrigungen umzugehen, indem er die Philosophie zur einzigen Bedingung für ..wirl
I
Vgl. Pohlenz, Stoa I, S. 315.
~gl. Maurach, Seneca, S. 123-132. \tgl. Pohlenz, Stoa I, S. 314. Rozelaar, Seneca, S. 154ff, erklärt die Sorgfalt, die Seneca darauf verwendet, den Umgang mit den Schicksalsschlägen einzuüben, nicht nur aus der stoischen Tradition, er sieht vielmehr für Seneca typische Ängste darin bearbeitet. Seneca habe den Statusverlust besonders gefürchtet - allem voran die Armut (ebd., S. II 3f). Als "overprotected child" sei er auf Sicherheit, Bewunderung und Machtausübung angelegt gewesen und habe seine Philosophie als Therapie und Selbsterziehung lebenslänglich gebraucht (ebd., S. 154f). \!gl. Pohlenz, Stoa I, S. 308. 4
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Die Verachtung des Schicksals und die innere Größe Zuwe~len
erscheinen ihm die Sta~nderungen als blind und sinnlos. Das angemessene Verhalten des Weisen ist negativ die Verachtung und der Ekel den äußeren Gütern gegenüber bis hin zum Freitod und positiv die Konzentration auf die "innere" Größe und den Vergleich mit der Gottheit: "Einzig das ist der Weg ffir den nach Sicherheit Strebenden, Äußerlichkeiten zu ~chten und mit dem Sittlichen zufiieden zu sein. Denn wer irgend etwas ffir besser als die sittliche Vollkommenheit hält oder irgend etwas außer ihr ffir ein Gut, öffnet ffir das. was das Schicksal \e'Strellt, das Herz und schaut ~ nach dessen Geschossen aus" (Sen, Ep 74,6). "Des Glücks nicht zu bedürfen, das ist euer Glück" (Sen, Prov 6,6). "Verachtet das Schicksal" (ebd.), läßt er die Gottheit dem Weisen zurufen•. Die ZieM>rstellung ist davon geprägt, den Menschen und ihren Wertvorstellungen gegenüber möglichst Distanz zu gewinnen und der Gottheit näher zu rücken; dabei wird die Distanz zu der gewöhnlichen Wertewelt mit Geringschätzung, die Nähe zu den Göttern mit konkurrierenden Vergleichen beschrieben: "Darauf richte all dein Sinnen, dann wird der Abstand zwischen dir und den andern gewaltig. Weit wirst du allen andem Sterblichen wraus sein, die Götter aber dir nur wenig" (Sen, Ep 53, 12); und: "Gott fUrchtet nichts kraft seiner Natur, der Weise aber dank seiner eigenen Haltung. Schau, wie gewaltig ist es, schwach zu sein wie eben ein Mensch, sich aber sicher zu ffihlen wie ein Gott" (Sen, Ep 53, 11).
Erniedrigung als Erziehung Sta~nderungen
können einen Sinn haben. Dann deutet Seneca sie mit Hilfe der Vorstellung der Erziehung und der Vatermetapher ffir die Gottheit (z.B. Sen, Prov 2,5). Gott erziehe manche zur Tugend, und das bedeute Strenge: "Bemerkst du also, wie gute und den Göttern willkommene Menschen sich anstrengen, schwitzen, durch steiles Gelände emporklimmen, schlechte aber sorglos in den Tag hinein leben und sich ihrem Vergnügen hingeben, dann bedenke: über unserer Söhne bescheidenes Auftreten freuen wir uns, über unserer jungen Ski~ Mutwillen; jene werden wn gemessen-ernster Zucht gezügelt, deren kesses Benehmen wird gefördert. Dasselbe soßte dir wn dem Gott deutlich sein: einen guten Menschen veTZ.ärtelt er nicht; er erprobt, er härtet, er gestaltet ihn ffir sich" (Sen, Prov 1,6; vgl. Ep 66). Die Gottheit wird in diesem Deutungsmodell selbst tätig und übernimmt die Verantwortung ffir die Entwicklung des Weisen; dabei ist "Erniedrigung" eine Erziehungsmethode1 • Im Bild wn den beiden Wegen schimmert die Erzählung wn Herakles am Scheideweg durch. Der Hochschätzung der Mühe korrespondiert die Vergottung des Weisen. Auch die Erziehung des Weisen zielt darauf hin, 1
Dir Vrrachtung brtrifft auch dir grstllschaftlichrn Rollrn. Vgl. Srn, Ep 31,11. 44,4. Drutrvariantr brgrgnrt auch ohnr dir rrligiösr Dimrnsion als Srlbstrrzirhung. Wrnn man sich grkränkt fühlr, dann mögr man übrrprüfrn, was dir Ursache des Zorns sti und ob man sich nicht virllricht stlbst zu hoch ringrschätzt habr und dir Kränkung also der Aufdrckung rinrr Srlbsttäuschung glrichkommr (Srn, lra 31). Solltr rs tatsächlich rinr Kränkung stin, dann übr man sich in drr Unrrschüttrrlichkrit. 1Dirsr
69 daß er durch Mühen nach der Gottheit gefonnt wild. Sie hat neben der religiösen auch eine soziale Dimension. Wer so geprüft wild und besteht. der wird für andere zum Vorbild, indem er zeigt. was einem Menschen möglich ist 1•
Erniedrigung und Erhöhung als Phasen eines kosmischen Geschehens Die Sta~nderungen können als die Phasen eines großen Rhythmus gedeutet werden, in dem die Dinge sich fonnen und wieder auflösen, erneut Fonnen annehmen und im Urfeuer wieder aufgehen. Die Welt ist einem ewigen Wechsel unterworfen, ihre Substanz, der Logos. das Fatum oder die Heimannene, fonnen sich und vergehen. Jn diesem Deutemodell ist kein Platz für eine petSänHche Gottheie. Vom Weisen ist gefordert. sich in diesen Rhythmus einzufügen und zuzustimmen; er wird sich dann geborgen fühlen als Tetl der ewigen Ordnung und Gestaltung des tln\6gäng1ichen Kosmos. We1l der Mensch Ante1l am Weltlogos hat. kann er diese Forderung erkennen: "ln bestimmten Zeitabläufen geht alles seine Bahn: entstehen muß es. wachsen, \erlöschen. Was immer du über uns laufen siehst, worin wir \6Wllrzelt und worauf wir stehen, als sei es vollkommen unerschütterlich, wird nach und nach seine Kraft \eftieren und enden: Alles hat sein eigenes Alter. ln ungleichen Zeiträumen entläßt die Natur alles zu demselben Ziel: Alles. was ist. wird nicht sein, und es wird nicht untergehen, sondern sich auflösen. Für uns bedeutet sich aufzulösen, unterzugehen: das Nächstliegende sehen wir nämlich, FernerHegendes erblickt unser Geist nicht. der stumpf ist und sich dem Körper anheimgegeben hat - sonst würde er tapferer sein eigenes und der Seinen Ende ertragen, wenn er hoffte, wie alles jenes. so wechselten leben und Tod miteinander ab, werde Gefügtes aufgelöst, Aufgelöstes zusammengefügt. und darin wllziehe sich die Schöpferleraft des alles lenkenden Gottes ... Ein bedeutender Geist gehorchte dem Gott. und was immer das Gesetz des Kosmos befiehlt. ohne Zögern erdulde er es -·" (Sen, Ep 71, 13-16). Auch hier ist die Zielvorstellung, mit der Gottheit. dem l.Dgos, identisch zu werden bzw. diese Identität bereits als sein gesondertes Te1l zu leben. ln allen drei Deutemustern ist es das Ziel, der Gottheit ähnlich zu werden und nahe zu kommen; das kann als Konkurrenz mit angedeuteter Überlegenheit gedacht werden, als Vertrauen auf einen personal gedachten Vater und als pantheistische "ldentitä~tik': Dem korrespondiert das jeweils mitgedachte Verhältnis zu den andem Menschen: Im ersten Modell ist wn der Verachtung die Rede, zumindest ihren Wertwrstellungen gegenüber, im zweiten sind die "Benachteiligten" die Kinder, die "Begünstigten" hingegen die Ungeliebten und die Sklaven. Auch hier findet sich also ein Überlegenheitsgefüh1 1• Im I
Vgl. Maurach, ~ntca, S. 141. 0it Stoa dachtt panthtistisch und mattrialistisch. Vgl. Hirschbtrgtr, Philosophit I, S. 254; Maurach, ~neca, S. 87f. 1 Das kann jtdoch in RRachtphantasitnR umkipptn: "Wtr sich also dtr Gunst Gottts trfrtut, wtn Gott litbt, dtn macht tr hart, dtn prüft tr, dtn nimmt tr sich vor. Doch jtne, dtntn tr offtnbar zugttan ist, mit dtntn tr schontnd vtrfährt, dit spart tr sich für ftmtrtS Ungtmach auf, ditSt Wtichlingt! Es ist tin Irrtum, wtnn tintr glaubt, das bltibt ihm trspart. Auch wtr sich tints langtn GlücktS trfrtut, wird stintn Ttil abbtkommtnR (~n. Prov 4,7). Unvtrmtrkt ist aus dtr 1
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dritten Modell überwiegt auf den eiSten BHck die Hannonie mit der Gottheit und den andern Menschen, die wie der Weise selbst dem ewigen Wechsel unterworfen sind. Auf den zweiten BHck aber g~bt es Spannungen im Verhältnis zur Gottheit. Denn der Logos. der aßes Sein durchwaltet. läßt an sich keinen Platz fiir ein "Ich", ffir einen Weisen, der zustimmen kann oder nicht. der die Tugend erwerben wm und nach securitas strebt. Dann kann das dritte Modell plötzlich in das etSte umbrechen'. "Durunt wlentem fata, nolentem trahunt" ("Wenn du einwilligst, fUhrt dich das Schicksal, wenn nicht, zwingt es dich" Sen, Ep 107,11 )z. Dann erscheint das Schicksal wieder gewalttätig und blind und der Mensch gebrochen. Der Mensch kann groß sein wie ein Gott. und dann ist er wieder klein, "kaum mehr als ein Nichts"1 •
Statusverzicht bei Seneca Seneca hat den Status\ezicht eingeübt. Das betrifft (a) die äußeren Verhältnisse: Er
hat ..Armutstage" eingelegt, während denen er sich überaus einfach ernährte, kleidete, wohnte und schlief, um die Unabhängigkeit wn den äußeren Gütern zu erproben•. Es betrifft (b) den Umgang mit Niedrigeren. Seneca begreift: sich als Untergeordneten und entwickelt aus seinen Etwartungen an Übergeordnete die Verhaltensanforderung ffir sich als Herrn: "Verfahre mit jedem, der unter dir steht so, wie du wn dem behandelt werden Willst, der über dir steht. Jedesmal, wenn du daran denkst. wie du einen SkiCMn behandeln darfst, denke auch daran, daß das Gleiche deinem Herrn dir gegenüber
Vorzugsb~handlung ~in~ Straf~· g~word~n. Di~ Umw~rtung d~r Güt~r ab~r noch. 1 Roz~laar, 5(n~ca.
ist
vorg~nomm~n.
schwankt
S. 454ff, w~ist auf d~n Unt~rschi~d zwisch~n Fortuna und Fatum hin. Fortuna und b~z~ichn~ das Ausg~~tztstin d~ M~nsch~n (~bd., S. 455); ~r vtrw~ist auf Prov 4,12: .daß wir fortuna hing~g~b~n w~rd~n müss~n. damit si~ uns g~g~n sich s~lbst abhärt~t· (~bd., S. 456); d~m Fatum, d~n Schicksalsg~~tz~n Gott~ g~g~nüb~r hab~ sich d~r Vir bonus dag~g~n ~lbst hinzug~b~n. S~n~ca k~nn~ di~ Vorst~llung d~ Amor fati, nicht di~ d~r fortuna~. Das ~ntspricht d~r hi~r vorg~nomm~n Unt~rsch~idung zwisch~n d~n ~rst~n b~id~n Mod~ll~n und d~m dritt~n. Auch di~ Gotth~it vtrhält sich vtrschi~d~n; di~ Fortuna ist ihr so frtmd wi~ d~m W~i~n. Si~ kann ihn nur dazu ruf~n. mit Hilf~ d~ Göttlich~n in ihm Fortunas G~b~n und N~hm~n zu ~racht~n. Di~ Fata dag~g~n hat di~ Gotth~it ~fohl~n und g~horcht ihn~n. wi~ si~ ~ auch vom W~i~n ~rwart~t (5(n, Prov 5,8). Ü~r das Motiv d~r 'o".oiwur~ lkoü ist das ~rbund~n. Eudaimoni~ ist nur möglich, ~nn d~r M~nsch d~m Zufällig~n ~ntnomm~n ist und un~rschütt~rlich g~word~n ist, wi~ di~ Gotth~it ~lbst d~n Mala g~g~nü~r. di~ mit d~r Fortuna vtrbund~n sind (5(n, Vita 16, I); d~r W~g dahin führt üb~r di~ V~rachtung d~r Güt~r sowi~ di~ Unt~rordnung unt~r di~ Naturg~tz~ und di~ Fata d~r Gotth~it: .~um s~qu~~-. d~ alt~n pythago~isch~n Satz~ mög~ man sich ~rinn~m (5(n, Vita 15,5) und ~rk~nn~n. daß all~in~ .D~o pa~~ lib~rtas· s~i (~bd. 15,7). zEs ist urnstritt~n. ob d~r Satz von S~n~ca s~lbst stammt od~r noch d~m Kl~anth~zitat, das voranst~ht, zug~hört. M~in~l. 5(n~ca. S. 227-233, kommt zu d~m Schluß, daß ~s S~n~ca ~lbst zuzusch~ib~n ist, zumal Kl~anth~ - wi~ ~s auch das Zitat z~igt - ~in p~rsönlich~~s Gottrs\'trhältnis g~habt hab~. als ~ sich hi~rin ausdrück ] Maurach, 5(n~ca, S. 145. 4 5(lbstkritisch b~m~rkt ~r. 5(n, Ep, 87,4f, daß ~r sich schämt~. w~nn ihn j~mand an solch~n s~i n~gativ konnoti~rt
Armutstag~n .~rtappt~·.
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gestattet ist" (Sen, Ep 47,11) '. Hierokles führte das zur Vorstellung eines fikti\en Positionswechsels weiter: ..Man darf mit Bezug auf jede Prrson diesen Satz anwenden, daß die Umgangsregeln mit einem Menschen darnus erhellen, daß man sich an seine, ihn aber an die eigene Steße setzt. So würde einer wohl auch das rechte Verhältnis zu SkiCMn finden, wenn er darnn dächte, wie er sich die Behandlung wohl wünschte, wenn jener der Herr und er der Sklave wäre" (Hierod 59,9ft). Fs betrifft (c) auch seine Selbstdarstellung und seine Selbsteinschätzung. Er hatte sich entschieden, auf alle selbst\6größemde Selbstdarstellung zu ~chten und sich wegen seiner SchHchtheit lieber verachten zu lassen, als sich selbst durch Vemeßung zu quälen (Sen, Trnnq 17,2). Seneca hat sich selbst nicht für weise gehalten und war dawn überzeugt, es auch nicht zu werden (Sen, Vita 17,3). Mit sich selbst konnte er kritisch und zuwe1len sogar abwertend umgehen. Auf seine Beliebtheit, seine Gelehrsamkeit und seine Stellung gab er wenig. Rozelaar ist deswegen der Meinung, daß Seneca demütig genannt werden könne1• Dem ist zuzustimmen, sofern dabei berücksichtigt ble~bt, daß sein Verzicht auf äußeren Status (a) Episode blieb und (b) nicht die ..wichtigen" Elemente wie sein Amt' und seinen Reichtum bet1'3f. Den Verzicht darnuf, sich ..ins rechte Ucht zu rücken" und die Geringschätzung der anderen in Kauf zu nehmen, wird bei Seneca in einer gesellschaftlichen Position möglich, in der die Verachtung der an dem zwar schmerzlich4 , nicht aber gefährtich war.
Die Verachtung alles Irdischen- die Deutung von Größe und Nichtigkeit bei Mark Aurel Die Relativierung der gesellschaftlichen Werte, wie sie das stoische Denken wmimmt, wird wn Mark Aurel rndikalisiert und elementarisiert. Er bezieht sie (a) nicht nur auf die Kennzeichen eine hohen Ranges, sondern auf die körperliche, affektive und individuelle Dimension des Lebens überhaupt und er (b) relativiert sie nicht nur, sondern verachtet sie. Das hat typische und individuelle Gründe: (a) Die Henschaft Mark Aurels steht an einem Wendepunkt der Geschichte des Römischen Reiches. Die Blütezeit, wie sie in der Romrede des Aristeides gezeichnet wird, wurde abgelöst wn der Krise des dritten Jahrhunderts: der Friedensepoche folgte eine kriegerische Zeit, der Phase des Wachstums und des Wohlstands eine Periode der Verarmung und des Bevölkerungsschwunds\ der Dynastie 'oas D~nk~n ~n~cas in di~m Punkt b~tätigt übrig~ns di~ Th~~ Veyn6, G~llschaft, S. 84, daß ursächlich mit d~r V~rwandlung
di~ Moralisi~rung d~r hi~rarchisch~n V~rhältn~ im 1. Jahrhund~rt ~in~r Konkurr~nz- in ~in~ D~nstaristokrati~ ~rbund~n ist. 1 Roulaar, ~n~ca. S. 140ff, ~. 142; vgl. auch S. 106.
1 Als Stoik~r. d~r sich als sozial~ W~n ~rstand, das and~~n nütz~n soll, sah ~r auch k~in~n Grund, Macht aufzug~~n. di~ ~r für das G~~inwohl ~i~tzt~n konnt~. Vgl. Roz~laar, ~n~ca. S. 114. ~B~i d~r Rückk~hr aus d~n Parth~Jtri~g~n schl~ppt~ das H~~r ~in~ g~F.ihrlich~ Ptst ~in, di~ zahl~ich~ M~nsch~nl~b~n ford~rt~. Dio Cassius sch~ibt: .Er hatt~ nicht das Glück, das ~r ~rdi~nt hätt~. d~nn ~r hatt~ ~in~n si~ch~n Körp~r und mußt~ fast wäh~nd s~in~r g~mt~n R~gl~rungsz~it mit unzählig~n Wid~rwärtigk~it~n kämpftn. Ich für ~in~n T~il hab~ j~doch an Ihm vor all~m di~s b~wund~rt. daß ~r inmitt~n auß~rg~wöhnlich~r und ung~h~u~r Schwi~rigk~it~n s~lbst durchhi~lt und auch noch das R~ich glücklich durchbracht~· (UOO,J6,J). Vgl. Birley, Malt Au~l. S. 380-400.
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der Adaptivkaiser die Ära der Soldatenkaiser', der Epoche der Selbstgewißheit und Z~dlt das "Zeitalter der Angst.u. Durch diesen beginnenden Umbrudl wird ein Lebensgefühl, das seine Aufgabe darin sieht, zu gestalten, zu differenzieren und die Gewidlte umsidltig zu 'Je~Sehieben, durch eines ersetzt, für das alles auf dem Spiel steht, alle Kräfte eingesetzt werden müssen und in dem dennodl das Gefühl von Madlt dem wn Ohnmadlt weidlt (b) Die Herausforderung für einen so mädltigen Mann wie den Kaiser bestand wr allem darin, die kaiserlidle Madlt nidlt zu mißbraud'len 1 und den Gütern nidlt zu ~llen. Mark Aurel beschäftigt sidl mit der einzigen Grenze, die seine kaiserlidle Macht nidlt herauszuschieben vermodlte, mit seinem Tod, und mit dem Vorsatz, den Versudlungen zur Selbstüberhebung, zu der die .Aura des Amts" ~hrte, durdl die Geringschätzung zu entgehen.
Die Nachahmung der Gottheit Leitbild für den Kaiser ist die Gottheit Oll,Jt. Die Orientierung an diesem Leitbild bedeutet den Gehorsam der Vernunft gegenüber. Wer sidl an die Vernunft hielte, scheine den Menschen wie ein Gott, wer es unterließe, wie ein 1ier, entweder WJ1d und bedrohlidl oder häßlidl und boshaft wie ein Affe (IV, 16). Die Nadlahmung Gottes durdl Orientierung an der Vernunft konstituiert also die Menschenwürde und ist somit eine Forderung der Selbstadltung (X,at. Die Verachtung alles Irdischen Erniedrigend und entmenschlidlend wirken die Affekte. Sie sollen abprallen, wie die Brandung an der Klippe, die wn ihnen unbewegt ble1bt, beschwört Mark Aurel (1V,49). Er distanziert sidl besonders nadlhaltig wn ihnen, indem er im Menschen drri (statt wie sonst üblidl zwei) Vermögen, den lelb, das Pneuma als Träger der vitale Lebensfunktionen und den Logos unterscheidet (XII,J), so daß der Logos unberührt wn den Affekten bleibt'. Die Distanz zeigt sidl audl daran, daß er seinem eigenen Körper und seinen Bedürfnissen gegenüber Abscheu und Ekel entwickelt: "Wie man sidl bei Leckerbissen ... 'VOrstellen kann, daß es sidl hier um den Kad~ eines Fisches handelt, um die Leidle eines Vogels ·- und weiter, daß... das Purpurgewand nur die Wolle eines Schafes ist, die mit dem Blut einer Sdlnecke getränkt wurde und daß bei der geschlechtlidlen I
zu d~n .gut~n Kais~m· d~ ähnlich g~w~n. Dio Cassius (UOOI,J6,4) ~rgl~icht d~n Üb~rgang wm Vat~r zum Sohn d~m vom gold~n~n zum ~istm~n Mark Aurtls Sohn und
Nachfolg~r
Commodus zählt nicht
~hr
zw~it~n Jahrhund~rts. Stin~ R~gi~rungsz~it s~i d~rj~nig~n N~ros ~italt~r.
"vgl. Dodds. Angst. lygJ. Pohl~nz, Stoa I, S. 341 f. 4 Pohl~nz, Stoa I, S. 349, b~n~nnt als Leitspruch: .Folg~ Gott•, was sowohl di~ Erg~bung in Gott~s }!ill~n wi~ auch di~ Ckstaltung d~ Hand~lns m~in~. D~n G~dank~n d~r .'o,...oiwtn, tkeu- hatt~ Platon im Th~ait~tos ~ing~führt; im zw~it~n Jahrhund~rt war ~r b~rtits zum G~m~ingut d~r Philosoph~ g~word~n. Vgl. Dodds, Angst, S. 72. 'vgl. Pohl~nz, Stoa I, S. 344.
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Vereinigung nur ein Reiben des Gliedes und eine Absonderung wn Schleim ~unden mit gewissen Zuckungen stattfindet ... - so muß man es das ganze leben lang tun, und wo einem die Dinge allzu seriös wrkommen, muß man sie entblößen, ihre Wertlosigkeit erkennen und ihr hohes Ansehen zerstören ·-" M. 13). Diese Geringschätzung kann er auf die ganze Welt mit ihren Werten und Gütern ausdehnen: "AAles Körperliche - ein Ruß, alles Seelische - Schall und Rauch; das Leben - Krieg und kurzer Aufenthalt eines Fremden, der Nachruhm- Vergessen" 01, 17)1•
Die Selbstentfremdung Mark Aurel distanziert sich auch wn sich selbst bis hin zur Selbstentfremdung. Das zeigt sich an drei Merkmalen: (1) Von der Einstellung Mark Aurels wissen wir aus seiner Schrift EI; 8.wrrk Sie dient der Selbstbeobachtung und Selbsterziehung und ist nicht an andere Menschen gerichter. Er tritt sich selbst erziehend, kritisierend und ermutigend gegenüber und übernimmt gleichzeitig die Rolle des Vatets und die des Sohnes. die der Gottheit, die bei Seneca ja in der Vaterrolle gesehen werden konnte, und des zu zähmenden .Affekten-Tieres"'. (2) Dio Cassius (Römische Geschichte LXXI1,36, 1) berichtet wn einem Traum, den Mark Aurel wr seinem Amtsantritt gehabt habe: Er habe Arme und Beine aus Elfenbein gehabt, die aber gleichwohl beweglich gewesen seien wie menschliche. Die Statuserhöhung ist zugleich eine Selbstentfremdung: Zwar sind die Glieder aus einem wertvollen Material gemacht, zugleich sind sie aber fremd und tot. Die Glieder lassen sich zwar bewegen, unterliegen also seinem Wmen, sind ihm aber nicht mehr wirklich zugehörig•. (3) Mark Aurel hat sich als eine Marionette gesehen. Die Fäden können eineJSeits wn den Affekten gezogen werden (XIl, 19); die Affekte werden damit aus der Persönlichkeit ..ausgelagert" und als fremd empfunden. Andererseits kann aber auch der Logos als der ..Puppenspieler" gelten ()(,38), so daß auch die göttliche Kraft als fremd empfunden wird, auch wenn das natürlich positiv bewertet wird. Das Selbst gerät in die Gefahr zwischen den beiden großen Kräften wn Affekten und Geist zu verschwindens. Mark Aurel empfindet sich ähnlich wie der homerische Aias oder Agamemnon, unterscheidet sich wn ihnen aber darin, daß er sich des Geschehens bewußt ist.
1
Das (rinnert an di( kynisch( Abl(hnung d(r gesellschaftlich(n Wert(, untei'5Ch(id(t sich ab(r grundl(g(nd davon. Di( Kynik(r wandt(n sich gegen die gesellschaftlichen W(rte, die sie als Deg(neration des .einfach(n ~btns· diffamierten; dieses einfache ~b(n aber mit seinen natürlichen und körperlich(n ß(dürfnissen ~rachteten sie keineswegs, (b(nsowenig wie die gegenständliche Welt. 0(utlich wird das daran, wie vt&hieden die Kyniker und Mark Aurel die Tiere (inschätzen. Für Mark Aurel sind si( Symbole für das Verächtliche, das Vemunftlose, für die vtrtan( Chance zur Menschw(rdung; Oiog(nes hingegen ließ sich Hund rufen. 2 Nickel, Mark Aurel, S. 384. 1 Diesen Rückzug in sich selbst hält Dodds, Angst, S. 76, für (in wichtig(s Kennz(ichen der Epoch(. • Dodds, Angst, S. 132, Anm. 82, deutet diesen Traum als Anz(iCh(n (iner Identitätskrise. ~.Es ist (in( stolz~ und doch traurige ~hre, ... di( d(n Mensch(n, indem si( ihn vergöttert, doch seine Nichtigkeit auf das tiefste fühlen läßt." Bruns, Mark Aurel, S. 231.
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Statusverzicht Nachahmung Gottes und Statusverzicht
Obwohl Matk Aurel seine Mitmenschen als ..Anfechtung" erlebte (z.B. IX,42; Vl,28)', wußte er sich an sie gewiesen und fühlte sich für sie \e'antwortlich. Die ..schlechten" Menschen zu ertTagen und sogar für sie zu sorgen, begründete er mit der Nachahmung Gottes (IX, 11 ). Mit der Hllfe eines unpersönlichen GottesbegriffS hielt er an der Zusammengehörigkeit aller Menschen fest M. 16.39). Als der Feldherr Cassius Verrat beging, ~chtete Mark Aurel nach der raschen Niederschlagung des Aufstandes auf die Bestrnfung der übrigen Verschwörer und Mitläufer (Dio Cassius, l.XXI1,28, 1ft). Verachtung des Irdischen und Statusverzicht
Die Rollenerwartungen des Hofes erlebte der Kaiser als eine Verführung zur Hybris (IX,29) und als die Bedrohung seiner Freiheit (JV,Jl). Er reagierte darauf mit Widerwillen (X, 19) und Geringschätzung, indem er einerseits deren Rollenerwartungen als .,Schmeichelei" M,59) verstand und andererseits seine Bedürfnisse nach Dank und Ruhm \6SP()ttete und bekämpfte (JV,20; IX,42). Aber auch in seiner Rolle als Phnosoph triffl ihn
seine Selbstverachtung: "Wie unbedeutend sind doch die politisch tätigen und - wie sie jedenfalls glauben - phnosophisch handelnden Menschen. Völlig \mOtzte Gestalten" OX.29)z. Dabei hnft er sich mit der Vorstellung des Todes als dem Vemichter aller Güter und Werte (IX,29). Der ruhmreiche Alexander ist tot nicht größer als sein Maultiertreiber (JV,24), und der "Nachruhm ist Vergessen" (vgl. auch lV,J.JJ; VI, 18.47).
Die Zeuskindschaft der Selbstbestimmten-Hoheitbei Epiktet Mit Epiktet begegnen wir einem Mann, dessen Status niedrig war. Epiktet aus Hierapolis in Pht:ygien kam als SkiCM nach Rom und gehörte dort zum Haus des Epaphroditos, eines Freigelassenen des Nero. Noch als SkiCM hörte er Musonius Rufus und wurde nach seiner Freilassung selbst zum erfolgreichen phnosophischen Lehrer. Epiktet hat also durch seine Freilassung und seinen Lehrerfolg eine Erhöhung erlebt, stieß andererseits aber auch an die Grenzen, die Menschen wn unfreier Geburt (und mit einer durch Mißhandlung entstandenen Körperbehinderung) gesetzt waren. Hoheit hat im Denken Epiktets die Gestalt der Freiheif. Sie konstituiert die Menschenwürde und die Götterähnlichkeit (Epict, Diss 11, 10, 1). Auf die Frage, wie man Freiheit erlangen könne, fand er zwei Antworten: 'vgl. Pohl~nz, Stoa I, S. 345. zAis Philosoph fühlt~ ~r sich auch von and~m vtracht~t und mußt~ gl~ichz~itig ~ing~st~h~n. daß auch si~ sich von ihm vtracht~t fühl~n könnt~n. Er st~llt sich di~ Sz~n~ an s~in~m Tot~nb~tt vor: ~W~rd~n wir uns ~ndlich von di~~m Schulmtist~r ~rhol~n könn~n? Er war zwar für uns k~in schlimmtr Ztitg~no~. ab(r ich hab~ doch g~mtrkt, daß ~r uns im Still~n vtracht~t~~ (V1,39). 1 D~r Wortstamm iM~~~' kommt 130 mal vor.
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Freiheit als Gabe des Zeus Epiktet begründet die Freiheit des Menschen mit der .,Zeuskindschaft": "Mich hat Zeus als einen freien Mann in die Welt gesetzt Oder glaubst du, daß er seinen eigenen Sohn einen Knecht werden lassen woßte (~)" (Epict. Diss 1,19,9; vgl. 1,3,2)'? Die Begründung kann auch über die Vorstellung der Partizipation an der Gottheit und ihren Eigenschaften über den Geist erfolgen (Epict, Diss II, 12f. 14; vgl. 1,3,3 ;I, 12,3)3 • Die Alternative dazu ist, wie ein Tier zu leben und zu denken, nämlich "TrJ:TrEIIIOt/Jpiirv" zu sein und "To:rTEn.oi ml ~ ~... zu haben (Epict, Diss 1,9; vgl. 1,3,7f). Epiktet begründet also die Freiheit religiös als Bestandtell der ~llgemeinen Menschenwürde" und \el'bindet damit henschaftskritische Tendenzen: Das religiös begründete Hoheitsbewußtsein soll gegen die Her&tlaftsansprüche der Mächtigen gesetzt werden (Epict. Diss I, 19), die mit Räubern und Dieben in einer Re1ne genannt werden können (Epict. Diss 1,9,15). Hoheit durch Selbstbestimmung Auf menschlicher Seite wird die Frelneit mit Hllre zweier Vorstellungen ermöglicht: (a) Die Güter, die die Gesellschaft als Machtmittel gewähren oder entziehen kann, bestimmt Epiktet als indifferent. Dabei \6'3chtet er die äußeren Güter nicht. daß schöne Frauen und Aeischsuppe angenehm seien, sei unbestritten (Epict, Diss lll,24,37; vgl. Ench 29), alleine sie zu erwerben, bedeute Trauer, Unruhe und Erniedrigung hinnehmen und sich als ..gehorsamster Diener" unterordnen zu müssen (Epict, Ench 25). Dazu ist Epiktet nicht bereit. Darauf zu \6Zichten, fordert er auch seine Schüler wie ein Arzt auf (Epict, Diss 11, 14,21 f). Oie Güter dürfen genossen werden, wenn sie einem "in den Schoß fallen" (Epict. Diss IV,7,24), sie sind es aber nicht wert, erkämpft zu werden. (b) Über den Wert der Güter entscheidet der Mensch selbst. Nichts ist ~n sich" ein Wert, einen solchen erhalten die Dinge erst in unserer ..Vorstellung", durch die wir ihnen selbstbestimmt Gewicht verte~nen (Epict. Fr 1,9r. Die ~ wird durch einen emotionalen Impuls unterstützt: die Ehrfurcht vor der eigenen Menschenwürde als einem unantastbarem He~ligtum4 , die Aidos, die den Menschen als natürliches sittliches Grundgeffihl eingepflanzt ist und ihn Erniedrigung und Unfreiheit meiden läßt. Epiktet gelingt es damit. die Geringschätzung der gesellschaftlich geschätzten Güter zu begründen, ohne sie \6'3chten zu müssen.
1 Epikt~t
hat ~in~n p~rsönlich~~n Gott~~riff als di~ übrig~n Stoik~r. Vgl. Spann~ut, Art. Epikt~t. Sp. 604. Vgl. d~n in Kl~inasi~n ~rb~it~t~n Kult d~ Ztus Panamams, d~r aus M~nsch~nli~~. Männ~r und Frau~n. F~i~ und Skla~n zum g~~insam~n kultmahl ri~f. lygJ. Spann~ut, Art. Epikt~t. Sp. 605. lygJ. Epict, Fr I ,4 und Diss I, I. D~n Vorgang di~r Wahl n~nnt Epikt~t .Trpoa.ipttTI~·; vgl. Pohl~nz, Stoa I, S. JJ2, und Spann~ut, Art. Epikt~t. Sp. 606. \lgl. Pohl~nz, Stoa I, S. JJJ.
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Distanzierung vom gesellschaftlichen Status durch den Rollenbegriff Epiktet distanziert sich vom gesellschaftlichen Status mit Hilfe des Rollenbegriffs. Ein guter Schauspieler ist ebenso gut als Oidipus Rex wie als Oidipus auf Kolonos, als König und als Bettler (Fr 11). Gott ordnet diese Rollen zu: ....Willst du, daß ich arm bin?" - .Ja" ..Dann wim du erkennen, was Armut ist, wenn sie auf einen guten Schauspieler trifft"" (Epict, Diss lV,7, 13; vgl. Ench 17). Wer so lebt, steht in einem ,.Or,Wv ~.. und erhält als Kampfpreis ,/Jaar).Eia., ~a" ~.. und ..0.-ropofja." (Epict, Diss 11, 18,29). Der Philosoph ist aufgefordert, seine Rolle solange zu spielen, bis sie ihm unerträglich wird und von ihm verlangt wird, was nicht mehr sinnvoll und zweckmäßig ist, dann darf er das Theater verlassen (Epict, Diss 1,25,22). Die Stoa ermöglicht also mit ihrer Relativierung gesellschaftlicher Werte und ihrer Hochschätzung der Vernunft, die Wechselfcille des Schicksals hinzunehmen, Machtpositionen auszufüllen, ohne sie zu mißbrauchen, und niedrige Positionen annehmen zu können, ohne sich unterdrücken und knechten zu lassen. Der Sta~cht wird allmählich vomellbar: Seneca verzichtet auf äußere Statusmerkmale und verweigert sich dem Zwang zur Selbstdamellung und Selbsterhöhung. Mark Aurel verzichtet auf Rache und ~chtet die Statusmerkmale. Beide stehen sich selbst kritisch und zuweilen abwertend gegenüber. Für den Unterschichtsangehörigen Epiktet dagegen wächst die Selbstachtung bis hin zur Entscheidung, diese Selbstachtung dem Leben vorzuziehen (Epict, Diss 1, 19).
4.4. Zusammenfassung 1. Erhöhung und Erniedrigung können als Konsequenzen des ..Römertums" gedeutet
werden. Größe kann als Folge des für Römer als typisch geltenden Verhalte~ der Iabor und der moderatio, angesehen werden. Für diese Werte steht die VäteTSitte ein. Erniedrigung droht, wenn dieses Verhalten aufgegeben wird. Das Ziel ist die Verstetigung der Vergangenheit und das Festhalten an einem einfachen Lebensstil. Aber auch die Erniedrigung und der Untergang können als im Wesen der Römer begründet gedeutet werden. Konkurrenz nach innen, der Brudermord, gilt als destruktiv und wird gleichwohl als typisch römisch verstanden. 2. Erhöhung kann als Gabe der Götter und Htmchaft als ihr Auftrag interpretiert werden. Dabei wird vorausgesetzt, daß lupiter für die Römer Partei genommen hat und ihre Henschaft wm, diese stützt und durch sie die Weltordnung aufrechterhält. Der Wille der Götter wird dabei eng mit der patn1inearen Generationenfolge ~unden. Er artikuliert sich im Willen der Väter und bewährt sich in der Verantwortung für die Söhne. Der besonderen Berufung korrespondiert auf menschlicher Seite die Pietas den Göttern und den Vätern gegenüber sowie die Fürsorge für die Söhne. Erniedrigung ~ängen die Götter, wenn jemand diesem Auftrag zur Henschaft nicht gerecht wird und statt zu henschen sich denen, die niedriger sind als er selbst, unterordnet. Status\6Zicht Q11t als Entfremdung sich selbst und der Gottheit gegenüber - in christlicher Terminologie als Sünde.
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3. Die Stoa begründet die Würde des Menschen unabhängig wn seinem Sozialstatus religiös durch die Verbindung mit der Gottheit und anthropologisch dun:h den Besitz der Vernunft. Dadurch wird (a) der gesellschaftlidle Status relativiert und (b) dem Menschen die Verantwortung fiir seine Position zurückgegeben. Seneca steßt die Vorstellung wn der Wechselhaftigkeit Fortunas und damit die Unsidlerheit des eigenen Status in den Vordergrund. Sein Ziel ist ~ Größe unabhängig wn den Glücksgütern mit der Hilfe der Philosophie zu erwerben und eine innere Sidlerheit zu finden; das \m\Jdlt er, indem er (a) das Sdlicksal ~dltet, (b) die Erniedrigungen als Erziehung oder (c) die Sta~nderungen als Phasen eines kosmischen Gestaltens und Auflösens deutet. Mark Aure/ stellt die Absidlt, seine Madlt nidlt zu mißbraudlen und den Gütern nidlt zu verfallen, in den Vordergrund. Die Nadlahmung Gottes begründet fiir ihn die Sorge ffir seine Untertanen, und die Veradltung alles Irdischen bewahrt ihn dawr, sidl im Lebensgenuß zu \6tieren. Dabei entfremdet sidl der Kaiser aber audl wn sidl selbst. Epiktet. der Freigelassene, legt den Akzent auf die Chance zur Freiheit, indem er (a) sie reHgiös mit der Zeuskindschaft und der Partizipation an der Gottheit begründet und sie (b) mit der Einsidlt in die Fähigkeit, auf die Madltmittel der Gesellschaft zu ~dlten und sie neu zu bewerten, verbindet. Seneca legt also den Akzent darauf, in den Wechselfällen des Sdlicksals Sidlerheit zu finden. Mark Aurel versudlt, in seiner hohen Position eine Balance zwischen Madlt und Ohnmadlt, Größe und Nidltigkeit zu finden, Epiktet zielt darauf, jedem Menschen Selbstadltung unabhängig wn den gesellschaftlidlen Mädlten und ein Leben in Hoheit und Freiheit zu ermögHdlen.
5. Kapitel: Demut in der paganen Antike Die Worte, die im Neuen Testament die Demut bezeidlnen, ~~ und seine Derivate, sind im paganen Sprad1gebraud1 ganz überwiegend negativ bewertet. Sie bezeidlnen die geringe Bedeutung, den niedrigen Status, die ärmlidlen Verhältnisse und die moralisch zu ~eilende Haltung. Auf die Gesinnung bezogen, beschreiben sie die innere Haltung des Abhängigen und Skla\en, die wn Angst und Unterwürfigkeit geprägt ist. Eine positive Bewertung begegnet nur an den folgenden wenigen Stellen •.
5.1. Demut vor Gott Die SelbsNerkleinerung wr der Gottheit bezeidlnet nidlt das übHdle, sondern das ungewöhnlidle Verhalten. ~ii/', womit einerseits die ~dltete Demuts- und Unterwerfungsgestus der Barbaren ihren Henschem gegenüber bezeidlnet wurde, meinte in der Kultspradle andererseits die der Gottheit zugeworfene Kußhand, ein wn Selbsterniedrigung vößig freier Gestus1 • ln der delphischen Theologie wird der Mensch Vgl. Grundmann, Art. n&m•~ KTA., S. 1-6; Dihl~. Art. [)(mut, Sp. 740-743; R~hrl, [)(mut, S. 713.24-78; W~ngst, D~mut, S. 15-34. Es kann auch dit g~ring~ W~rtschätzung h~rvorruf~nd~ körp~rlich~ Gtstalt, also Häßlichk~it, b~sch~ibtn. Vgl. R~hrl, [)(mut, S. 26.29. lygJ. Dihl~. Art. D~mut, Sp. 742. 1
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indes nachdrücklich an seinen Rang unterhalb der Götter gewiesen, indem das Einhalten des rechten Maßes gefordert wird. Dabei geht es jedoch nicht um Selbsterniedrigung, sondern darum, mit den Göttern nicht zu konkurrieren und die Grenzen des Menschlichen, besonders die Sterblichkeit, zu akzeptieren •. Sollte jemand das rechte Maß überschritten haben, kann er ~chen, es durch eine Selbstdemütigung wieder zu erlangen. Plutarth berichtet, daß Epameinondas am Tag nadl seinem Sieg über die Spartaner ganz gegen seine Gewohnheit ~ Ka.i ~.. aufgetreten sei, um seinen maßlosen Stolz des Vortags zu geißeln (Mor 193at. Daß die Götter erniedrigen und erhöhen können, ist ein weiMrbreiteter Gedanke). Von den erniedrigten Menschen wird entweder Geffigigkeit und die Übernahme einer ..sklavischen Gesinnung" erwartet (Eur, Tro 1025)\ oder sie werden dazu aufgefordert, unabhängig von den äußeren Verhältnissen eine sol.M.Tcine, eben nicht "unterwürfige" Geisteshaltung zu bewahren (Piut, Mor 28Cf. JJGE. s99b; Diog Laert 1,9Jt. Gelegentlidl wird gegenüber der Gottheit eine Einstellung gefordert, die mit "~~~ beschrieben wird: (1) Platon ~angt in den Nomoi von den Bürgern des idealen Staates, sidl dem Gesetz demütig unterzuordnen: Dem Gott "folgt stets die Gerechtigkeit nadl, weldle di~enigen, die hinter dem göttlidlen Gesetz zurückbleiben, es büßen läßt. Wer nun ein glückseliges Leben fUhren will, der hält an ihr fest und folgt ihr demütig und geregelten Sinnes ("-n11re~ Ka.i ~"); wenn sidl dagegen jemand in stolzem Dünkel erhebt, nämHdl entweder durth Reichtümer oder Ehrenstellungen hodlmütig wird oder seiner Wohlgestalt wegen ~unden mit Jugend und Torheit, und in der Seele vor Übermut entbrennt, als bedürfe er keiner Obrigkeit und keines Führers, sondern sei imstande selbst der Führer anderer zu werden: dann ble~bt er von Gott ~assen zurück (und) .... richtet sidl selbst und sein Hauswesen und den Staat duTthaus zugrunde.... Jeder muß darauf sinnen, unter denen zu sein, die dem Gott folgen" (Plat, Leg 716a). Der späte Platon traut den Menschen, wegen der Versudlung durth Übermaß und Ungerechtigkeit (Piat, Leg 713c), die Fähigkeit zu gerechter Henschaft nicht mehr zu'. Gerecht henschen nur die Götter7, deswegen sei gerechte Henschaft alleine durth vernünftige, göttlidle Gesetze zu gewährleisten, denen gegenüber die Henscher als Diener und Ski~ (Piat, Leg 715d) zu gelten hätten. Audl hier geht es also nicht um das Bewußtsein von 1 Dihl~.
~bd., S. 737. Das Motiv vom N~id d~r Gött~r z~igt, daß d~r Abstand zwisch~n M~nsch und Gott nicht als so unüb~rwindlich ang~~h~n wurd~. daß ~in~ Konku~nz und~nkbar wär~. Vgl. auch di~ Erinn~rung an di~ St~rblichk~it, also an di~ G~nz~n d~ M~nsch~n. b~im Ritual d~s römisch~n Triumphzugs. ~r Triumphator muß im Aug~nblick ~in~r Erhöhung daran ~rinntrt w~rd~n. daß ~r d~nnoch M~nsch bl~ibt und di~ G~nz~ d~r St~rblichk~it nicht üb~rsch~it~n kann. G~g~n R~hrl, ~mut, S. 88f, d~r m~int, dit ~ für D~mut halt~n zu dürf~n. l>aß di~~s V~rfah~n j~doch nicht als ~rtrau~nswürdig galt, z~igt di~ Darst~llung d~ Polykrat~s b~i H~rodot.
)B~I~g~ b~i R~hrl, D~mut, S. 109-111. \lgl. Dihl~. Art. D~mut, Sp. 741. sDi~~ Alt~matM ~ntstand ~rst nach d~r Entd~ckung d~r statusunabhängig~n Würd~ d~s M~nsch~n in d~r Philosophi~. 'vgl. Annas, Platon, S. J89f. 7 Piat, ~g 71Jb-714a, illustri~rt das mit d~m Mythos vom Z~italt~r d~s Kronos.
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"Niedrigkeit", um eine Selbstverkleinerung der Gottheit gegenüber, sondern um die Einsicht in die "wahre Göttlichkeit" und "Hoheit" des Menschen, die in seiner Vernünftigkeit begründet ist und sich im Hören auf die Vernunft, die Gesetze erweist'. Allerdings ist die Voraussetzung für den Erwerb dieser "wahren Größe" der VeTZicht auf ein anmaßendes. auf äußeren Merkmalen beruhendes. Selbstbewußtsein. Größe wird als Partizipation am Göttlichen ~nden, die sidl im Gehorsam realisiere. (2) Plutarch schre~bt, daß göttliche Strafe dann "einsichtig (~). demütig (~) und furchtsam gegenüber Gott (~ ~ niv 8aiv) mache", wenn sie sogleidl erfolge (Mor 549c). Damit fordert er die Unterordnung unter die Gottheit ein und bewertet sie positiv. Plutarch argumentiert für die Annahme einer Vor5ehung und vergleicht Gott mit dem Dressurreiter, den Menschen mit dem Pferd. Sein Ziel ist es aufzuzeigen, daß, was dem Menschen geschieht, zu seiner Erziehung dient und nidlt sinnlos ist. Die Wahl der Metapher weist darauf hin, daß es um die Unterordnung der Affekte unter die Vernunft: geht. (3) Statius und Porperz fordern demütiges Bitten vor Gott und spiegeln damit ihre Abhängigkeit von den Göttern wider (Prop I, 10,27f; 111 9,29; Stat, Achißeis 1, 144). Demut vor Gott wird also dann gefordert, wenn (a) das Verhältnis von Gott und Mensch als Partizipation durch Gehorsam vorgestellt und gegen ein Modell abgegrenzt wird, in dem Größe unabhängig von der Gottheit und in Konkurrenz zu ihr als erreichbar gilt oder (b) die Gottheit als Gegenüber personal gedacht und als Erzieher (im weiteren Sinn) ~anden wird und (c) die Abhängigkeit des Menschen von der Gottheit Unterwerfung fordert. Exkurs: [)je Selbsterniedrigung der Götter Die griechisch-römische J
d~r M~nsch
in
s~in~r Fähigk~it
zur Wmunft, nämlich
vernünftig~ G~tz~
zu
find~n
und auf
si~ zu hörtn, d~n Gött~m nah~ und verwandt ist. Di~ Üb~rz~ugung von di~~r Näh~ ist bntimm~nd~r als das G~fühl d~s Abstands, d~r sich daraus ~rgibt, daß M~nsch~n i~n und d~m Logos nur unwllkom~n folg~n. J~n. Ep 90,4f z~igt di~lb~ Struktur: Di~ H~rrschaft d~r W~i~n im Gold~n~n üitalt~r war vernünftig und wohltätig; si~ wird als .officium· b~z~ichn~t und g~g~n .rtgnum· abg~grtnzt. Sttl~y. Rul~rship, S. 241, ordn~t di~ St~ll~ d~r Vorst~llung .H~rrschaft als Kn~chtschaft· zu, b~acht~t dab~i ab~r nicht, daß das officium g~g~nüb~r d~r V~munft od~r d~n Gött~m und nicht g~g~nü~r d~m Volk ausg~übt wird. Auß~rd~m b~acht~t ~r nicht, daß kurz vorh~r (~n. Ep 90,4) bntätigt wird, daß in d~r Natur .d~m Üb~rl~g~n~n das G~ring~rt· unt~rg~ordn~t wird, und das für dir m~nschlichr G~~llschaft di~ Üb~rordnung d~s Vrmünftigrn (und nicht d~s Stark~n) b~drutr. ~r Hrrrsch~r folgt d~r V~nunft und hrrrscht dnw~g~n gut, ~rhöht (aug~o) auch das Volk, vtrzicht~t ab~r nicht auf ~in~n Status. \tgl. üll~r; M~nschw~rdung, S. 159-172.
80 und sie nehmen die Gestalten von Vornehmen. nicht etwa von Niedrigen, Armen, Kranken, Sklaven, Kindem oder Behinderten an. Die Menschen ~nen diese Grenze hingegen übmchreiten: Heroenvergottung, Henschervergottung und die lkrzeugung der hellenistischen Historiker vom Ursprung der Götter' zeugen davon. Wenn Götter in der Gestalt von niedrigen Menschen begegnen, hat das die Funktion, die Einhaltung der Regeln, deren.. Bestand wn den Göttern garantiert wird, besonders die ~ft. zu überprüfen. Solche .,Anderungen der Gestair sind deswegen nur von kurzer Dauer und tragen Verldeidungscharakter. Sie drücken aber durchaus eine Wertschätzung der Niedrigen aus, zum einen, weil Niedrige die Gottheit repräsentieren können und dadurch unter ihren Schutz geraten, zum andern, weil die Regel, die so eing&härft wird, den Niedrigen zugute kommt Dabei darf aber nicht ~ werden, daß gerade die Gastfreundschaft keineswegs alle Niedrigen einschloß, sondern in erster Unie eine Vereinbarung zwischen Vornehmen war und also den Vornehmen in der vorübergehenden Situation des Niedrigen schützt Es kann also auch hier weder von einem Statusverzicht der Gottheit noch von einer Hochschätzung der Niedrigen die Rede sein. Götter üben keinen Stat1.1sverzicht und binden sich nicht an Niedrige. Menschen mit hohem Status (nach traditionellen Kriterien oder nach dem philosophischen Kriterium der Vernunft) hingegen, können zu den Göttern aufsteigen.
5.2. Demut vor den Menschen Die Demut der Unterlegenen gegenüber den Überlegenen Die Erniedrigung durch die Gottheit erfolgt zumeist durch die Niederlage gegenüber Menschen. Auch ihnen gegenüber gilt es als angemessen, die faktische Unterlegenheit durch eine "demütige" Gesinnung nachztMlllziehen. Wer sich so ~ält, wird zwar ~chtet, kann aber auf "Mitleid" hoffen. (Aristot, Rhet 1380a2Bfft. Ocero warf sich unrasiert und in Trauerkleidem Pompeius zu Füßen, um ihn darum zu bitten, auf die Verhängung der Verbannungsstrafe zu verzichten (Dio Cass 38,14,7; Plut, Cic 30; Cic, Att 10,4,3), Seneca schrieb aus dem Exll hochachtungsvoll und demütig an den Verwaltungsbeamten des Kaisers, den Freigelassenen Polybios, um seine Rückberufung zu erreichen. Epiktet erinnert daran, daß Unterwürfigkeit die Bedingung fiir die Zuwendung der Mächtigen ist (Epict, Ench 25). Auch hier wird es erst durch die Entdeckung des statusunabhängigen Wertes des Menschen möglich, sich dem Übergeordneten gegenüber nicht unterwürfig, sondern selbstbewußt zu ~alten. Wie wenig eine solche Haltung allerdings geschätzt wurde, zeigt sich daran, daß Epiktet damit die Bereitschaft zum Sterben und Freitod \erbindet (Epict, Diss I, 19). Angestrebt wird, daß jeder sich so \6hält, wie es seinem tatsächlichen Status angemessen ist. Nur an einer Stelle wird die Steigerung dieses maßvollen Verhaltens mit ""TTmE00.," bezeichnet: Xenophon (Ag 11, 11 ) preist den spartanischen König Agesllaos. der ihn als Staatsgast aufgenommen hatte, nachdem er die 10 000 zurückgeführt und spartanischer Führung unterstellt hatte, als einen Mann des rechten Maßes: "Die Hodlmütigen ~chtete er und war wn größerer Bescheidenheit als die Maßvollen (-rt:i"w IJEI'PiWIITrJ.~)". 1 Diod I, 1J, I; Cic, Lrg II, 19; vgl. Ztll~r. M~nschw~rdung, S. 164f. "gl. R~hrl, ~mut, S. J4f; Dihl~. Art. ~mut, Sp. 741.
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Die Demut der Überlegenen gegenüber den Unterlegenen Wenn sich Überlegene Unterlegenen gegenüber erniedrigen und ihre Machtposition nicht ausffillen, wird das \mpC)ttet (Sen, Apocolocyntosis) oder kritisiert. Selbst der Umgang mit der Ironie als selbstverkleinernder Rede erforderte große Umsicht (Aristot, EthNic 1127a-b). Von der Demut zu unte&heiden sind die Tugenden der Freigebigkeit (~). der HUfSbereitschaft ~) und besondeTS der Sanftmut (~. dementia). Diese ..Sanftmut" bezeichnet die Uebenswürdigkeit und die Bereitschaft auf Bestrafung und Vergeltung zu ~chten •. Aristoteles untetscheidet die Sanftmut klar von der sldavischen Bereitwilligkeit, sich erniedrigen zu lassen (EthNic 1125b26ffi. So wie die Athener fiir sich besondere ~ beanspruchtenl, war die Oementia ein wichtiges Merkmal römischen Selbst\ffitändnisses1 ; die Sanftmut wurde zur wichtigen Herrschertugend und im römischen Bereich insbesondere mit Caesar ~unden•. Gemeinsames Kennzeichen dieser Tugenden ist die Betonung der SotMTcinität, deren Ausdruck sie sind. Sie zeigen eben nicht die Bereitschaft zum Status\4erzicht an, sondern stehen fiir ein Hoheits- und Übertegenheitsbewußtsein, das sich durch die Angriffe und Beleidigungen anderer nicht gefiihrdet sieht. Positiv wird eine Unterordnung Höhergestellter nur sehr selten bewertet. Ansätze dazu finden sich in der Bezeichnung der Herrschaft als Knedltschaft.
emama.,
Herrschaft als Knechtschaft Herrschaft kann als Knedltschaft gekennzeichnet werden, allerdings ohne daß erkennbar wird, wem gegenüber das gilt. (1) Aelian überliefert einen Ausspruch des makedonischen Königs Antigenas Gonatas. in dem er die Herrschaft ~ &thia." J.1.- ' Q..-1-' ~··- ' ' ' ·-.:...IJ... 'Q 'A,-:..-~ " ' • TOV ' nenn t : .. 'A.-!..--. Ir fUliUII cpuu I TOV f,JfMIVV!IfJ. UIJIMIII1«111 Kf1J npa.tlll· ~IICU U<.W. ~. r ru.-, txiT1')!; ~ viOv ~ lmr,rooi~ ~ ß,a.Kmpov TE Kai~. "OM o1o6a." am, ..w rra.i, "M']v {Jam)..Eiav 7,JiiN ~ ~iav,"" (Aelian VarHist 11,20). Nicht der König wird als Ski~ sondern das Königtum als Knedltschaft bezeichnet, wobei offen ble~bt, ob das gegenüber den Dienern oder gegenüber der Vernunft Qllt Für das letztere~ sprechen die Nähe zu der platonischen FormuHerung in Leg IV 715d und einer Aussage im 8. Brief, wo den Gesetzen die Gewalt eines ~ auch über den Henscher eingeräumt wird, sowie der Beobachtung, daß Antigenas die Beherrschung des Zorns. eines Affektes, ~angt. Diese Vermutung wird dadurdl unterstützt, daß Antigenas Kontakt zu stoischen Philosophen rt.Y
'·Hnlt:iKt:la und~ können nebtneinander stehen. Dabei legt man mit dem Ausdruck hnt:l~ dtn Akzent auf die Nachsicht im Gegensatz zur Forderung dts strtngen Gesetzes, mit dem Ausdruck n~ betont man die gelassene Kultiviertheil im Gegensatz zum Zorn. Vgl. Preisker, Art. m1t:1~ KTA., S. 585f; Hauck I Schulz, Art. n~ KTA., S. 645f; Bolkestein, Wohltätigkeit, S. 108. 140f; Charlesworth, Tugenden, S. 367ff. llsocr 15.20.300; [)(mosth, Or 8,33. Vgl. Hauck I Schulz, Art.~ KTA., S. 646. \tgl. Bolktstein, Wohltätigkeit, S. 301. 4 Suet, Cats 74f; sie spielte eine bedeutende Rolle bei der Entstehung dts Ka~rkults. Vgl. Wlosok, Herrscherkult, S. 45. sDafür spricht sich auch Volkmann, ~ia, aus.
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hatte'. (2a) Seneca nennt in seinem an Nero geridlteten Fürstenspiegel De Oementia die Herrschaft eine servitus: ..G~ putas. eripi loquendi arbitrium reg1bus. quod humillimi habent .,lsta" inquis ..servitus est, non imperium." ..Quid? tu non expiris istud nobi~/errlesse tlbi servitutem?" M. Er erläutert das weiter: ..Entfernen kannst du didl wn deinen hohen Rang (fortuna) nidlt; er besitzt didl, und wohin immer du gehst, mit großem Prunk folgt er dir. Das ist deines allerhöchsten Ranges Knedltschaft. nicht weniger bedeutend werden zu können; dodl mit den Göttern ist dir gerade diese Notwendigkeit gemeinsam: Denn audl jene hält der Himmel gebunden, und ebensowenig ist es jenen gegeben, herabzusteigen, wie dir, ungefährdet; du bist an deinen Rang angenagelt ... du kannst ebensowenig wie die Sonne ~rgen sein." Seneca deutet also die servitus als eine Hoheitsaussage•. Wegen seiner herausragenden Madlt erlangen die Worte und das Verhalten des Kaisers eine Bedeutung wie das Wirken der Götter; gebunden ist er an seine Bedeutung, die Knedltschaft ist nidlt ..edel", sondern sie besteht in der Hoheit. Hier geht es also eben nicht um Status\m:idlt und Demut, sondern um deren Unmöglidlkeit'. (2b) Dio On~stomos bezeidlnet den lauf der Sonne - eine Henschermetapher, hier allerdings nidlt ausgeführt - als ~itw ~". ..Aber sie lebt dodl wohl in einer sehr harten Knedltschaft. könnte man einwenden, denn wenn sie audl nur ein klein wenig unachtsam wäre und aus ihrer Ordnung träte, in demselben Augenblick wäre es aus mit dem ganzen Himmel und der ganzen Erde .... So hält sie wllkommen sicher und zuverlässig ihre Grenzen ein - zu unserem Besten ..." (3,75.79). Auch hier bezieht sich die Knedltschaft auf die Bindung an das ..hohe Amt". Dio nimmt dabei die PerspektM wn unten ein, indem er festhält, daß sowohl eine größere Entfernung wie auch eine größere
1r.
'Man rrzähltr, daß rr ünon grhört habr und mit ihm brfrtundrt gewesrn sei (Epict, Diss 2,1 J, 1415). Das ist unwahrschrinlich; vgl. Erskinr, Hrllrnistic Stoa, S. 79ff. Antigones lud Zrnon jedoch an srinrn Hof rin, dirser lrhntr ab, schicktr ihm abrr zwri seinrr Schülrr, ~rsaios und Philonides, dir wichtigr Strllungrn rrhirltrn; vgl. Pohlrnz, Stoa I, S. 25. Auch drr stoischr Dichtrr Aratos von Soloi und Bion von Bol)'Stenes, rin Kynikrr (Diog Larrt 4,46), wirktrn am Hof. Grgrn dir Erklärung aus stoischrn Grdankrngut wird ringrwandt, daß im stoischrn Drnkrn das Vrrhältnis drs Wrisrn zur Vrmunft rbrn nicht als Knrchtschaft brzrichnrt, sondrm davon abgrhobrn wird: wnihil cogor, nihil patior invitus nrc servio dro srd assentiorw (Srn, Prov 5,6). Hirr lirgt drr Akzrnt abrr darauf, dir Göttrr nicht als Grbrr drr Glücksgütrr, sondrm als Ausgrstaltungrn des Logos zu erkrnnen. Übrr dir VorstriJung von der Trilhabr am göttlichrn Logos, kann dann dir Zustimmung gefordert werdrn. Wrnn abrr der Mrnsch vorgestrllt wird als riner, der gegen srinr Affektr kämpft, dann ist das Vrrhältnis zum göttlichen Logos durch Gehorsam bestimmt, so daß dir VorstriJung von der Knrchtschaft grgrnübrr der Vernunft odrr drm Grsetz nicht unstoisch srin muß. 2 An dirsrr Strllr ist drr Trxt vtrderbt. Willamowitz hat, angeregt von dem zitierten Trxt aus Arlian, vorgeschlagen wnobilemw statt wnobisw zu lrsen. , wFür unerträglich hälst du es, daß drn Königrn dir Freihrit zu reden genommen wird, dir Menschen nirdrigrn Standes haben. Du sagst: wDas ist Knechtschaft, nicht Herrschaft.w wWas? Du rrfährst das nicht, für dich ist es einr vornehme Knrchtschaftr Übrrsrtzung M. Rosenbach. (Odrr: Was? Du wrißt nicht, daß dirses für uns, für dich aber Knechtschaft ist?) Vgl. Adam, Clemrntia principis, S. 27f. \tgJ. Plut, Mor 7828. 6 Ein ähnlicher Gedankr begegnrt in Srn, Polyb M.4): wmagna servitus est magna fortunaw . Auch hirr wird drr Vrrzlcht auf prrsönlichr Freihritrn und wnirdriggesonnrnes Vrrhaltrnw (nihil humile [drcet) IV,2) mit dem hohen Rang brgründrt.
83 Nähe der Sonne zur Erde für die Menschen unheitwll wäre. Die Bindung, die Knechtsdlaft, dient also den Menschen, ohne aber, daß sie ihr gegenüber bestände. Hintergrund dieser beiden Vorstellungen scheint mir eher die neupythagoreische Vorstellung wm Herrscher als~~... als stoische Vorstellungen zu sein. (3) Von Augustus an wird das Prinzepsamt mit Hnfe der ..statio" Vorstellung gedeutet, wenn der Aspekt auf die Fürsorge für das Imperium gelegt wird2 • Seneca beschreibt die Rolle des Kaisers: "omnium somnes mius vigllia defendit, omnium otium mius Iabor omnium delidas mius industria, omnium vacationem mius occupatio" (Cons ad Polyb 7,2). Die Vorstellung stammt aus dem militärischen Bercich und ähnelt der Konzeption wm "theatrum mundi"'. Die Gottheit weist dem Herrscher einen Posten zu, der der Gesellschaft dient, so daß zwar der Gehorsam der Gottheit und nicht etwa dem Volk gegenüber erbracht werden muß, der Posten für die Gesellschaft aber dienende Funktion hat, und dies nicht wie bei der ~.. Vorstellung in Sinne einer Imitation der Gottheit, also mit Hoheitsanspruch, sondern in der Roße eines ..Soldaten" mit besonderer Aufgabe. also mit einer eher "egalitären" Voraussetzung. Zwar wird hier der Begriff ..Knechtsdlaft" nicht gebraucht, das Bnd wm Militär aber setzt eine vergleichbare Unterordnung wraus.
"Diener des Volkes" Die Selbsterniedrigung eines Vornehmen, die sich in seiner Redeweise und seinem Habitus zeigt, kann das nel haben, die Sympathie der Niedrigen zu gewinnen und ihre Unterstützung zu erhalten. Das kann (a) als ein taktisches Manö\6' kritisiert werden (Piut, Mor 276C; 1379E; Demosth, Or 21, 186) • oder (b) als Parteinahme für die Interessen der 'Vgl. Chesnut, Ruler, S. I324-1326. Auch die Bezeichnung des Herrschers als Sonne" gehört in den Neupythagoreismus. Vgl. Plut, Mor 780E. Adam, Clementia principis, S. 47, dagegen weist darauf hin, daß anders als in der Nomos Empsychos Vorstellung Seneca den Princeps nicht mit der iustitia identifiziert, sondern diese eine unabhängig von ihm bestehende Macht bleibt. Die Position Senecas spiegelt ihrer Meinung nach ein Stadium in der Herrscherideologie, in der der Herrscher nicht mehr - wie im griechischen Raum - beschränkt wird in seiner Macht durch das Allgemeinwohl, wohl aber noch nicht völlig von übergeordneten Instanzen befreit ist, wie das bei Plinius minor zu finden sei {S. 120f). \lgl. Koestermann, Statio, S. 398-415, bes. S. 390. )Der "statio" Begriff gilt zumeist als stoisch. Daran läßt sich aber zweifeln. (I) Cicero erwähnt ihn einmal im übertragenen Sinn: .Und Pythagoras ~rbietet ohne Geheiß des Heerführers, d.h. Gottes, von dem Posten (statio) des l.rbens abzutreten" (Cato 20, 73). Der Begriff wird auf Pythagoras. nicht auf Platon zurückgeführt, außerdem steht er im Zusammenhang eines Verbots des Freitodes, der ja bekanntlich ein Ausdruck stoischer Freiheit war. (2) Auch Platon nimmt die Vorstellung als Begründung des Verbots des Freitods auf und referiert pythagoreische Positionen: .Denn was darüber in den Geheimnissen gesagt wird, daß wir Menschen wie auf einem Posten sind und man sich von diesem nicht selbst losmachen und davongehen dürk ... , daß die Götter unsere Hüter und wir Menschen eine von den Herden der Götter sind .. : (Phaid 61E, 62b); vgl. Apol 28D. Das könnte ~arauf hinweisen, daß die Vorstellung von der .statio" pythagoreisch und nicht stoisch geprägt ist. ln der Rolle des .Odysseus als Bettler" wird Stat~rzicht zugunsten des eigenen Sieges beschrieben. Diese Vorstellung ist aufgenommen worden; Odysseus kann als Types des listigen Politikers gelten, der seine Macht nicht auf direkte Weise zur Geltung bringt, sondern indem er seine wahre Stärke ~rbirgt und sich unterschätzen läßt. Die Belege hat Martin, Sla~ry. S. 92, zusammengestellt.
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Unterschicht und Einsatz für Gerechtigkeit gelten. Plutarch schildert Quinctus Aaminius und liberius Aaccus• als Leitergestalten, die die Interessen der ..kleinen Leute" zur Geltung brachten2•
5.3. Zusammenfassung 1. 1m paganen Denken erfordert das Vemältnis wn Gott und Mensch zwar die Einhaltung der Grenzen zwischen beiden und den Respekt wr der Gottheit (Delphi}, nur selten aber die Selbsterniedrigung und die Demut (Statius und Porperz). Gehorsam im Sinne einer strengen Unterordnung wird erst gefordert, wenn das Vemältnis zur Gottheit partizipatorisch oder im Gegenüber mit der Erziehungsmetapher gedeutet wird, also Elemente wn Hoheit oder Erhöhung enthält. 2. Gegenüber dem Höhergestellten wird Unterordnung und Demut gefordert. Erst die Entdeckung des statusunabhängigen Wertes ermöglicht es. auch den Untergeordneten zu So~nität und Selbstbewußtsein aufzufordern. 3. Die Unterordnung Höhergestellter wird zumeist negativ bewertet, als Zeichen der Schwäche ~anden und kann überdies als taktisches und betrügerisches Vemalten gedeutet werden. An wenigen Steßen findet sich die Überzeugung, daß der Henscher der Vernunft, den Göttern oder dem Gesetz gegenüber zu gehorchen habe und als derm Sklave gelten könne, wobei diese Unterordnung dem Wohl der Gesellschaft dienen soll. Die (wenigen) Politiker, die die Interessen der ..kleinen Leute" \lertreten haben, zeigten zugleich Gesten des Status\e'zichts..
Vgl. R~hrl, D~mut, S. 37, und Martin, Sla~ry. S. 96f. Konz~ption kann mit d~r B~z~ichnung d~r H~rrschaft als Kn~chtschaft in Zusam~nhang g~bracht w~rd~n. Plutarch ziti~rt in d~r Einl~itung ~in~r Darst~llung d~ Agis, Cl~om~nos und d~r Gracch~n ~in sophokl~isch~s Fragm~nt, in d~m di~ Hirt~n als di~ Skla~n ih~r Schaf~ b~z~ichn~t w~rd~n (Ag I) und in d~~n V~rlauf ~r di~~ ~it~rg~stalt~n als wPopulist~nw z~ichn~t. Cic~ro ziti~rt ~in~ Position ~in~s G~gn~rs Ludus Crassus, d~r sich Skla~ ~in~r Zuhö~r g~nannt hab~ (Paradoxa Stoicorum 41 ). Martin, Sla~ry. S. 92-116, postuli~rt ~in wpopulistisch~s Mod~llw von H~rrschaft, das uns nur noch in d~r pol~misch~n Darst~llung als D~magogi~ ~rhalt~n ~i. von ~in~m SelbsMrständnis h~r ab~r wa mod~ll of l~ad~rship from ~low, l~ad~rship by th~ p~rson, who had id~ntifi~d hirnstlf with th~ low~r classw (S. 116) g~lt~n woll~. M.E. ~ich~n di~ B~l~g~ b~i w~it~m nicht hin, um di~ Exist~nz ~i~ solch~n Mod~lls plausib~l zu mach~n. zumal nicht b~rücksichtigt wird, daß Odysstus nicht als König g~g~nü~r d~m Volk, sond~m als F~ldh~rr g~g~nüb~r d~n F~ind~n auf Status ~rzicht~t~. das sophokl~isch~ Fragm~nt k~in~ Rückschlüss~ auf di~ ~w~rtung durch Sophokl~ zuläßt und ~ b~i Plutarch n~gativ b~w~rt~t wird und Lucius Crassus k~in~ ~it~rgcstalt war, di~ St~ll~n also auch noch h~t~rog~n sind. Hinzu kommt di~ B~obachtung, daß b~~its in d~r gri~chisch~n Tyrannis Mitgli~d~r d~r Aristokrati~. di~ um di~ ~rst~ Position konkurri~rt~n. di~ lnt~~~n d~r Unt~rschichtsmitgli~d~r aufnahm~n und durch d~~n Zustimmung ih~ Position stärkt~n. Auf kurz~ Sicht führt~ das zur Errichtung von Tyrann~i~n. auf läng~~ in Ath~n zur Entst~hung d~r ~mokrati~. so daß ~goistisch~ Motivation und g~~innützig~ Folg~n ~rbund~n wa~n. Auch Tlb~rius Gracchus trat in ~in~r Phas~ auf, in d~r di~ Konku~nz d~r Hochad~lig~n sich ~rschärft~. Si~ wurd~ mit d~r Errichtung ~in~r Diktatur, d~r d~s Sulla, abg~chloss~n. Möglich~rw~~ sind di~ Fäll~ also ~inand~r ähnlich. Ein populistisch~ H~rrschaftsmod~ll zu postuli~~n. sch~int mir nicht g~~chtf~rtigt. 1
2 Di~s~
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6. Kapitel: Zusammenfassung des ersten Teils 6.1. Ehre und ihre Steigerung Die griechische und die römische Gesellschaft waren Schamkulturen, in denen die Wertschätzung cines Menschen an seine soziale Rolle und an seine Position in der Familie, der Polis und im Kosmos gebunden war. Die beanspruchte und erhaltene Wertschätzung spiegelte sich in der Selbstdarstellung und in der körperlichen Selbstwahrnehmung wider. Die Ehre der cigenen Person und der Gruppe. zu der man gehörte, in Auseinandersetzung mit anderen zu bewahren, zu behaupten und zu stcigern, war cin wichtiges Lebensziel, das in der Mentalität der Männer der Oberschicht ~nkert war und als Wert in der ganzen Gesellschaft Geltung hatte. Dabei wurde in der Unterschicht die Bedeutung der Ehre durch die Notwendigkcit zu überleben deutlich relativiert, nicht jedoch als Wert in Frage gestellt. Die stoische Philosophie relativierte zum cinen die an der Rolle orientierte Wertschätzung durdl die Entdeckung des statusunabhängigen Wertes des Menschen und verinnerlichte sie zuglcich, indem sie die öffentliche Wertschätzung durch den Anspruch, vor sich selbst zu bestehen und sich selbst zu achten, metzte. Bei den kynischen Philosophen erfolgte cine Neubestimmung des ehrenhaften Status im Bereich der Polis und des Kosmos. Abstammung, Rcichtum und Macht zcigten nicht mehr "Ehre", sondern "Dekadenz" und nSchwäche" an, der Anspruch auf hohe Wertschätzung wurde mit Natur statt mit Kultur ~unden.
6.2. Die Deuteangebote der griechischen Kultur Die griechische Kultur fordert zum Sta~cht auf, (a) wenn der Versuch, seinen Status zu bewahren oder zu stcigern, die Gruppe gefährdet (Achill), (b) wenn der Gast auf die Freundlichkcit und Aufnahme durch den Gastgeber angewiesen ist, wobei der Sta~cht und die folgende Erhöhung des Gastes ritudlen Charakter haben kann (Od)sseus bei den Phäaken) und (c) wenn der Verzicht taktischer Art ist und der eigenen Erhöhung dient (Od}sseus als Bettler). Dabei wird der Sta~cht zugunsten der Gruppe und der taktische religiös mit dem Gehorsamsmotiv, der Sta~cht des Gastes mit dem Repräsentationsmotiv begründet. Die Götter erniedrigen (a) den Gewalttäter und den Hochmütigen, um Recht und Gerechtigkcit in Kraft zu setzen, (b) zufällig bald diesen, bald jenen Menschen, um sie an die Grenze menschlicher Macht zu erinnern, und (c) den Glücklichen aus Ncid. Die Grenze zwischen Menschen und Göttern kann mit der Forderung nach religiöser Demut ~tanden als Einhalten der Distanz, als unüberwindlich eingeprägt werden. Menschliches und göttliches Handeln werden verbunden, indem das menschliche Verhalten als Imitation des göttlichen in seiner Unbarmherzigkcit [fhuk){tides) oder seiner Wohltätigkcit (Herrscherkult) ~tanden wird oder indem menschliches Mitlcid das unbarmherzige Tun der Götter korrigiert (Sophokles). Mit der Bestimmung der Vernunft als dem cinzigen statusrelevantem Kriterium wird der Mensch in seinem Anspruch auf Wertschätzung aus dem "Machtbereich" der die Glücksgüter
86 \ete~lenden Götter und der menschlknen ÖffmtHchkeit genommen.
Der gesellschaftHche Status zeigt nunmehr den Wert eines Menschen nicht an, sondern \el'birgt ihn. Im Kynismus wird das weiter radikalisiert, indem die MögHchkeit zur Erhöhung (als Partizipation am Göttlichen) nur an die Bereitschaft zum Verzicht auf den Erwerb der gesellschaftlich geschätzten Güter geknüpft wird. Die griechische Kultur kennt also die Aufforderung zum Statusverzicht zugunsten der Steigerung der eigenen oder kollelctMn Ehre. die Aufforderung den Erniedrigten zu erhöhen (gemäß und gegen) den GötteTWillen und das Angebot an alle Menschen, Erhöhung unabhängig von den gesellschaftHchen Verhältnisses zu erwerben. Dabei ist festzuhalten, daß der Sta~cht bei Od)5.seus Verkleidung blieb, die Erhöhung der Erniedrigten an erniedrigten Großen, nicht an Niedrigen geschah und der Versuch, allen Menschen gleiche Wertschätzung entgegenzubringen, abgelehnt wurde, was sich am Prozeß des Sokrates und der marginalisierten Position der Kyniker zeigte. Die Aufforderung zum Statusverzicht zugunsten der kollek~n Größe ble~bt unwirksam, we~l sie nicht an alle im Sinne einer Gegenseitigkei~nbarung ergeht, so daß die Befiirchtung, wer sich nicht durdlsetze, der gehe unter fThukydides), sie sabotiert.
6.3. Die Deuteangebote der römischen Kultur Die römische Kultur kann Erhöhung und Erniedrigung anthropologisch mit dem Charakter der Polisbürger (Römertum) erklären und sie damit in den Macht- und Verantwortungsherrich der Menschen ~rten (Cato; Brudermord) oder sie als Göttergabe deuten. Erhöhung wird dann als Erwählung und Herrschaft als Auftrag \e~Standen, deren die Menschen gewahr werden, wenn sie auf die Zeichen aus der göttlichen Welt, die sich aus der Totenwelt, der Welt der Ahnen, artikulieren können, in pietas adlten (Aeneis). Statusverzicht gilt dann als Ungehorsam gegenüber dem Götterwillen und Scheitern an der Berufung (Aporolocyntosis). ln der römischen Kultur der Expansionszeit stehen Erhöhungsmodelle im Vordergrund. ln der Prinzipatszeit tritt die Erklärung der kollektiven Größe Roms als Gabe der Götter und als Aufgabe neben Modelle, die für den einzelnen Erniedrigungen ~ehbar und erträgtich machen sollen. Bei der Unbeständigkeit der Fortuna (die in der Petsan des Prinzeps Gestalt gewinnt), kann ..Sicherheit" erreicht werden (a) durch die Verachtung der erniedrigenden Geschehnisse. (b) durch ihre Bedeutung als Erziehung durch einen väterlidlen Gott und (c) als Aufforderung, in die immerwährende Neugestaltung und Auflösung des kosmischen Logos einzustimmen (Seneca). Gegen die Versuchungen der Größe durch Macht und Reichtum und die Angst vor der Ohnmacht gegenüber den Entwicklungen der Zeit, Krankheit und Tod, kann die Verachtung alles Irdischen dazu helfen, Macht nicht zu mißbrauchen und seine Aufgaben· wahrzunehmen (Mark Aurel). Statusverzicht bedeutet dann den Versuch, die Abhängigkeit von den gesellschaftlichen Verhältnisses zu mindern und die Selbstbestimmung einzuüben. Gegen die Versuchungen der Niedrigkeit, sich ohnmächtig zu fühlen und unterwürfig zu ~alten, wird mit den Überzeugungen von der Prohairesis und der Hoheit aller Menschen, religiös durch die Zeuskindschaft und anthropologisch durch die Vernunft
87
begründet, die Möglidlkeit eröffnet, sidl selbstbewußt zu \6halten und Wertschätzung einzufordern (Epiktet). Sta~dlt Qllt als Audl oder Sdleitern. Bei Seneca und Mark Awrl hat er die Funktion, die Unabhängigkeit von den äußeren Gütern einzuüben, und hat hinsidltlich der Selbsteinschätzung bei Mark Aurel eine resignierte, bei Seneca zuwe~len eine vertrauensvolle Haltung der Demut vor Gott zur Folge. Bei Epiktet finden wir das Angebot eines religiös begründeten Hoheitsbewußtseins für Niedrige.
6.4. Ansätze zur positiven Bewertung von Demut Demut wird in der paganen Antike nur sehr selten positiv bewertet. Als Demut vor Gott findet sie sidl bei Platon, wenn er die demütige Unterordnung unter das Gesetz \erlangt und die Henscher als Skla\el des Gesetzes bestimmt, bei Plutarch, wenn er die Strafen der Gottheit mit dem Ziel der Demütigung des Menschen (und seiner Affekte) verbindet und gelegentlidl dann, wenn die Abhängigkeit der Menschen religiös gedeutet wird als die Haltung, die diese Abhängigkeit spiegelt (Properz, Statius). Plutarch kann die Demütigung als göttlidle ETZiehung '.mtehen oder als Selbsterziehung auffassen (Epameinondas). Als Demut vor den Menschen wird sie als Haltung der Unterlegenen den Überlegenen gegenüber gefordert, mit einer Ausnahme (Agesllaios) aber negativ bewertet. Als Haltung der Überlegenen gegenüber den Unterlegenen läßt sie sidl m.W. nidlt nachweisen. Ansätze finden sidl in der Konzeption von Henschaft als Knechtschaft bei Antigones Gonatas und in der Statio Vorstellung des Prinzipats, in der die Knechtschaft zwar gegenüber dem Gesetz und Gehorsam gegenüber der Gottheit gefordert wird, die Sklaven und das "Volk" aber die Nutznießer dieser Unterordnung sind. Ansätze zum Sta~dlt finden sidl in der paganen Antike also einer.;eits im Zusammenhang der Forderung nadl der Einheit der Gruppe (Achill) und andererseits als Bestandtell von Hoheitsrollen (Seneca, Antigones Gonatas, Agesilaios). Die Umwandlung einer Konkurrenz- in eine Dienstaristokratie sdlaffi eine widltige Voraussetzung dafiir, daß Obe&hichtsmitglieder, die sidl strukturell als unterlegen erfahren, Modelle entwickeln müssen, die ihre Selbstadltung audl unter erniedrigenden Umständen aufrechterhält. Statusinkonsistenz erfordert die Entwicklung der Vorstellung einer statusunabhängigen Würde des Menschen. Beide Ansätze werden im Neuen Testament wiederbegegnen, dort aber eine unvergleid11id1 widltigere Rolle und elementarere Ausformung erfahren.
6.5. Die Rolle der Götter Der Abstand zwischen den Menschen, besonders zwischen den Obe&hichtsmitgliedem und den Göttern, galt nidlt als unüberwindlidl. Deswegen konnten die Menschen (a) zu Konkurrenten der Götter werden und ihren Neid fUrchten, (b) ihre Rolle als egoistische Madlthaber und als Wohltäter übernehmen und (c) göttlidles Handeln durch ihr eigenes Verhalten konigieren. Audl die Philosophie bestimmt das Verhältnis zur Gottheit einerseits mit partizipatorischen, andererseits mit konkurrenzbestimmten Vorstellungen. Mensdlen und Götter standen sidl so nahe, daß
88 die Vmstellung von der vertrauenswllen Demut vor der Gottheit nicht entwickelt werden konnte. Menschsein bedeutete Gottähnlichkeit Menschen, die Gott repräsentierten, sei es als Vertreter der Natur oder als solche der Kultur, waren stark an Virtus oder an Vernunft. dem gesellschaftlichen Status entsprechend oder unabhängig von ihm. Daß die Gottheit sich an Schwache binden und sie wert schätzen könnte, gehörte nicht zu den Möglichkeiten, mit denen man rechnete. Vorstellbar war dagegen, daß die Gottheit Niedrige erhöhen und Vornehme stüTzen kann und damit ihre Hoheit erweist. Im Sozialverhalten spiegelt sich das: Einerseits wurden die Niedrigen nicht geachtet - die Idee, sich ..zu den Niedrigen zu halten", begegnet nicht. andererseits findet sich bei Oberschichtsmitgliedem die Bereitschaft. z.B. einen ihrer Skl~n zu protegieren und ..zu etwas zu machen"'.
'Veyn~. G~~llschaft, S.
18.
Teil II: Jüdische Antike Die Aufgabe des zweiten Teils ln diesem zweiten Tell wird untersucht. welche Bedeutung Status urid Sta~cht im Judentum haben. Im Vergleich zur paganen Antike lassen sich zwei Unterschiede festhalten: 1. Es entwickeln sich Ansätze zur Demut als sozialer Tugend. Positionswechsel werden möglich, wo die bestehende Hierarchie nicht als gottgegeben und nicht als im Wesen der Niedrigen und Hohen begründet gilt. Das bedeutet für die Menschen mit hohem Sozialstatus, daß sie Einsicht in ihre Niedrigkeit gewinnen, und ffir die Menschen mit niedrigem Sozialstatus, daß sie Hoheitsbewußtsein entwickeln. 2. Der Positionswechsel wird zum Hoffnungsblld, wenn die bestehende Ordnung als ..~ehrt", als dem Willen Gottes und dem Wert der Menschen widersprechend, erfahren wird.
Die Relativierung des Statusbewußtseins Die Ordnung der Ehre in der jüdischen Gesellschaft Die jüdische Kultur partizipierte an der Ordnung der Ehre'; das QJlt besonders ffir die Beziehungen innerhalb der Famt1ie: Die Eltern sind zu achten (Ex 20, 12. 21, 15-17; Dtn 5,16 ,::l:l lmp. Piel; lev 20,9; Dtn 27, 16; Prov 23,22.24f; 30, 17); das ist ein Bestandteil der Ehre von Söhnen und Töchtern (Prov 19,26; Sir 3, 1- 18). Die Verweigerung von Achtung und Gehorsam ist Zeichen der Auflösung der guten Ordnung (Mi 7,6). Die Ehre der Frauen ist durch ihre Keuschheit bestimmt und wird durch illegitimen Geschlech~ehr, besonders durch Vergewaltigung zetStört (Gen 34,25; Susanna2). Das Verbot des Ehebruchs erhält große Bedeutung (Jer 7,9. 9,1; Ps 50, 18; Jes 57,7 u.ö; Sir 23,34). Der ..Wert" des Menschen ist abhängig von seinem Alter und Geschlecht1• Innerhalb der Gese11schaft wird der Status durch die Herkunft bestimmt: Die biblischen Genealegien zeichnen ..Ehr-Unien" nach•, die Abstammung entscheidet über die 1 0i~
Bedeutung d~r Kategori~n wEh~ und Schand~R für das AT hat Olyan, Honor, als grundl~g~nd und mit d~r Bund~svorst~llung vrrbund~n. Hobbs, R~tl~ctions, hat darüb~r hinaus vorg~schlag~n. di~ Patron-Kii~nt ~zi~hung für das Vrrständnis zwisch~nm~nschlich~r B~zi~hung~n im alt~n lsra~l sowi~ für das Vrrhältnis von Gott und Volk fruchtbar zu mach~n. Vgl. auß~rd~m di~ Beiträge von B~rgant, Story, Simkins, Joel und Stansell, David in Semeia 68. 2 Das Geschick Susannas ähnelt d~m der Luk~tia; Susanna ist aber offensivtr als Luk~tia; sie riski~rt die Demütigung, wehrt sich und hofft auf Gott. Ihre Ehre und ihr Leben werden g~~tt~t. 1 Männer sind mehr wert als Frauen, Erwachsen~ mehr als Kind~r zwisch~n fünf und zwanzig, di~se m~hr als die Alten über sechzig, jene mehr als die Kl~inkinder unt~r fünf Jahren (Lev 27, 1-7). 4 Malina, Welt, S. 44. Das kann auch auf das Verhältnis zwischen Israel und den Völkern Anwendung find~n: Den Anspruch auf Überlegenheit der Juden über ande~ Völk~r begründete Philo damit, daß h~rausg~st~llt
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Wertschätzung (fob 7,6tr. Die ehrenvolle Abstammung ist Verpflichtung, der Würde des Herkommens entsprechend zu 1eben2• Mattathias ennahnt bei der Amtsübergabe seine Söhne dazu, sich an die Taten der Väter zu erinnern und deswegen das leben für den Bund der Väter einzusetzen 0 Makk 2,51 ). Als weiteres statusrelevantes Kriterium kann die Weisheit hinzutreten (Prov 8,18. 3,35. 4,8). Die Henschenden, die Ältesten (Lev 19,32), die Könige und Mächtigen (Dan 2,37; Hi 34,19VO<) ~ienen Ehre. Das Verhältnis zu äußerm Gegnern kann ebenfalls mit Kategorien der Ehre und Schande wahrgenommen und gedeutet werden; das gilt für die Feinde der Gruppe (Jos 5,9; 1 Sam 17,26; 1 Makk 2,~; 11 Makk 8,24) und für die persönlichen Feinde (Ps 71,13.24; 109,29)4 •
Die agonistische Struktur ist andm akzentuiert als im griechischen und römischen Bemch. Der Kampf um die erste Position wird nicht direkt ausgefochten, sondern als Folge der Wahl des Vatm und der Erwählung Gottes \mtanden: Jakob flieht vor dem Zorn F.saus, nachdem er sich einen Statusgewinn über ihn ~afft hat, und scheut die direkte Konfrontation. Joseph unterliegt im direkten Streit und kann seinen Statusvortell auf Kosten der Brüder erst auf Umwegen realisieren. Auch die Nachfolge Davids wird nicht in der direkten Auseinandersetzung zwischen den Söhnen Adonija und Salomon ausgetragen, der Vater greift ein und regelt sies. Der Inhaber des Amts ist unantastbar und zu achten (Ex 22,16). David - obschon in die Rolle des Konkurrenten geraten - fordert Saul nicht heraus und \6'Zichtet darauf, ihn zu entmachten, seinen Status auf Kosten des andem zu steigern. Die Position des Menschen zwischen Gott und Tieren wird in Ps 8 nahe an das Göttliche herangerückt und an der Kulturfähigkeit konkretisiert. Auch Gott selbst hat Ehre und orientiert sein Verhalten daran (Ex 33, 12; Jes 48,11 ).
Die Niedrigkeit der Hohen ln der paganen Antike haben wir bei Platon und in der delphischen Theologie Ansätze gefunden, durch die die Demut des Menschen vor Gott gefordert wurde. Platon forderte sie gegenüber der Gerechtigkeit und der Vernunft, in Deiphi wurde sie gegenüber der Unsterblichkeit der Götter geboten. Menschen erfuhren im Vergleich mit der Gottheit ihre dir Verdirnstr der Erzvätrr drn Jetzigrn angrrrchnrt würdrn. Vgl. Goodenough, lntroduction, S. 89 1 Vgl. dir Vol'5trllung, daß dir Vrrtrilung drs Landrs nach Stämrnrn und Sipprn zu erfolgrn hat {Num 26,5Jff). Mißratrnr Söhnr mindrm dagrgrn dir Ehrr drr Familir (Sir 22,Jf). ~gl. auch I Makk 2,8.11; II Makk 12,14. 4 Aavius Josrphus brginnt seinr Autobiographir mit drr Benennung srinrr vomrhmrn Abstammung und vrrbindrt damit rin Übrrlrgrnhritsgrfühl srinrn Grgnrm grgrnübrr: Jndrm ich so mrinrn Stammbaum ... vrröffrntlichr, srhr ich mit Vrrachtung auf dirjrnigrn hrrab, dir mich vrrlrumdrn wollrn" Flav Jos. Vita 1. sAIIrrdings hattr Adonija von srlbst nach der Königswürdr grgriffen und fordrrtr Salomon durch dir Bittr, Abischag zu hriratrn, rmrut hrraus. so daß dir Mrrkmalr riner .challengr and responsr" Kommunikation rrkrnnbar wrrdrn. Di~r Vr1'5uch mißbilligt jrdoch.
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Begrenzung. Im Judentum wird die Einsicht der Hohen in ihre Niedrigkeit ein wichtiges Merkmal ihres Selbst\.mtändnisses. Das hat zwei Gründe: (A) Die religiöse Demut ist als Wert weiter ~reitet und tiefer ~rzelt als in der griechisch-römischen Kultur. Im Orient und auch in lsrael wurde der Abstand zwischen Gott und Mensch als größer wahrgenommen, die religiöse Demut spiegelt diesen Abstand. (B) Israel war unter den Völkern des Vorderen Orients ein kleines Volk. Fs mußte sich seinen Platz unter kulturell und militärisch überlegenen Völkern suchen. Das betrifft bereits die Besiedelung Palästinas und ble~bt bestimmend. Phasen der Selbständigkeit und Stärke unterbrachen nur ffir relativ kurze Dauer die langen Zeiten der Abhängigkeit. Um ihre Würde zur Geltung zu bringen oder sie auch nur zu bewahren, konnten auch lsraeliten und Juden aus der Oberschicht sich nicht auf ihre eigenen Kräfte \e'lassen. Sie suchten Hilfe bei der Gottheit und zeigten damit ein Verhalten, das sich in der römischen und griechischen Welt bei Menschen mit niedrigem Sozialstatus beobamten ließ. Die Wahrung ihrer Würde erwarteten sie von Gott. Sie waren aum gefordert, religiöse Modelle ffir ihre Unterlegenheit zu entwickeln. Unterlegenheit und Niedrigkeit konnte im Judentum auch ein Thema ffir die Oberschicht werden. Seit der Eroberung dun:h Pompeius lebten die Juden wieder in einer Phase, in der ihre Unterlegenheit und Abhängigkeit deutlich spürbar war. (C) Die kulturelle Überlieferung stellte m~ herrschaftskritische Traditionen zur Verffigung, die im egalitären Ethos einer segmentären Gesellsd1aft ~nkert waren'.
Das Hoheitsbewußtsein der Niedrigen Für die Formung von Hoheitsbewußtsein lassen sich zwei Typen unterscheiden: (A) Der repräsenta~ Typus: Der Mensch erlangt Hoheit, indem er in seinem Leben, Denken und Handeln die Gottheit 'Vertritt. ln der paganen Antike sahen die Römer in der Ausbreitung, Konsolidierung und Verwaltung ihrer Macht lupiter selbst weltordnend handeln. Im Judentum finden wir ein analoges Bewußtsein. Die Juden verstanden sich als erwähltes Volk. Im Verhältnis zu den Völkern beanspruchten sie, Gott zu repräsentierten. Innerhalb der jüdischen Gesellschaft galt die Erwählung besondm den Armen. Diese repräsentierten gegenüber der übrigen Gesellschaft Gott. So konnten die Juden unter den Völkern und die Niedrigen innerhalb der jüdischen Gesellschaft Hoheitsbewußtsein entwickeln. (B) Der imita~ Typus: Der Mensch erlangt Hoheit, indem er die Gottheit nachahmt. ln der paganen Antike hatten sich zwei Formen entwickelt: Der Mensch konnte Gott nachahmen, indem er wie Gott materielle oder ideelle Gaben, wie Weisheitslehre austeilte. Und er konnte Gott nachahmen, indem er wie Gott autark war und nichts brauchte. ln beiden Fällen wurde Gottes Reichtum nachgeahmt. Die Nachahmung der Autarkie Gottes war auch für Menschen mit niedrigem Sozialstatus möglich. Im Judentum hat das Gebot der Nächstenliebe eine zentrale Stellung erreicht. Im Alten Testament spiegelt das Gebot
'zum &griffvgl. Schäf~r-Ucht~nb~rg~r. Stadt, S. 323-367, b(S. 333-335.
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die Uebe Gottes zu seinem Volk•. Nädl.stenliebe kann als Imitation Gottes ~anden werden. Das Gebot der Nädl.stenliebe konkretisiert sich einerseits in der Sozialgesetzgebung; in der Wohltätigkeit spiegelt sich im Judentum nicht (nur) der Reichtum Gottes. sondern (auch) seine Hinwendung zum Armen. Andermeits fordert Nädl.stenliebe, die Würde der Btüder zu achten. Das kann wichtiger werden als die Bewahrung der eigenen Würde. Diese Gebote richteten sich nicht nur an die ObeTschicht, sondern auch an aß die, die fiir ihren Lebensunternalt arbeiteten.
Der Positionswechsel als Hoffnungsbild Der Positionswechsel wird zum Hoffnungsbild, zum erwünschten Geschehen, wenn die bestehende Ordnung als ..~ehrt" erfahren wird. Innerhalb der jüdischen Gesellschaft beanspruchten ditjenigen den ersten Rang, die der Tora gehorchten und im Einklang mit Gottes Heilsplan lebten. Als erwähltes Volk 'Verlangten die Juden den ersten Rang unter den Völkern.
ln Palästina ln Palästina hatten sich die apokalyptischen Kreise und die Qumrangemeinschaft aus der Gesellschaft zurückgezogen, als sie ihren Überzeugungen keine Geltung 'Verleihen konnten. Sie beanspruchten, die Identität Israels zu repräsentieren und wurden aus der Gesellschaft ~rängt, statt wn ihr geehrt. Die gesellschaftliche Rangordnung galt ihnen als ..~ehrt': Der Positionswechsel wurde zum Hoffnungsbild als Aussicht auf Wiedemerstellung der "richtigen.. Rangordnung.
ln der Diaspora ln der Diaspora befanden sich alle Juden in der Situation der marginalisierten Gruppen in Israel. Ihr Hoheitsbewußtsein als Juden stand in Kontrast zu der wachsenden Marginalisierung in der heidnischen Gesellschaft. Der Positionswechsel, durch den die Juden an die Spitze gelangen soßten, wurde erhofft Da, wo Heiden zum Judentum übertraten, begann sich die rechte Ordnung einzustellen. Hier wurde die Forderung nach Sta~cht wn "Heiden.. gegenüber den statusniedrigeren Juden formuliert. ln dieser besonderen Konstellation, in der die ..Hohen" ihre Niedrigkeit bedenken mußten, die "Niedrigen" ihre Hoheit entwickeln konnten und in der die bestehende Ordnung als ..~ehrt.. erfahren wurde, konnte sich die Forderung nach Demut gegenüber den Menschen entwickelnl. 1 J~nni, l
Art.
:l."lt,
Sp. 68.
F~ld~i~r. F~md~. S. 12f, kommt in ~in~r Unt~rsuchung zur Wrw~ndung d~r M~taph~r
.F~md~· zu ~in~m analog~n Erg~bnis: Di~ Vorst~llung d~r F~mdh~it g~winnt in Palästina nur in Qumran und im Diasporajud~ntum, b~ond~rs b~i Philo, ~in~ wichtig~ B~d~utung, di~ im NT aufg~nomm~n und w~it~rg~führt wird. Da d~r .F~md~· ~in~n ni~drig~n Sozialstatus hat, b~tätig~n d~ Erg~bnis~ ~ld~i~rs, di~ Üb~rl~gung~n. di~ in di~s~m T~il vorg~trag~n w~rd~n. in ~in~m T~il~~ich.
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Das gesdlieht im Urchristentum und im rabbinischen Judentum. Um 150 n. Olr. forderte Rabbi Meir: ,.Sei demütig gegen alle Menschen" (rm ':al Pirqe Abot 4, 10f.
Zur Gliederung des II. Teils Dieser Entwicklung geht der 11. Tell nach. Das erste Kapitel skizziert die alttestamentliche Vorgesdlichte. Gottes erwählendem Handeln korrespondiert die Demut der Menschen gegenüber Gott und die Demut gegenüber Menschen bei einigen "Großen.. Israels. Das zweite Kapitel untersucht die zwischentestamentliehen Schriften aus Palästina. Dabei wird deutHch, daß Positionswechsel als Hoffnungsbild und Demut als soziale Tugend bei den marginalisierten Gruppen zuerst begegnet Das dritte und das vierte Kapitel beschäftigen sich mit den zwischentestamentHchen Schriften aus der Diaspora. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf Phllo von Alexandria gelegt. Dabei zeigt sich, daß Demut als soziale Tugend in der Diaspora weiterentwickelt wird. Die rabbinische Tradition wird nicht untersucht und dargestellt.
7. Kapitel: Die alttestamentliche Vorgeschichte 7.1. Die Erwählung durch Gott Einen hohen Status erhalten Menschen in lsrael durch die Erwählung Gottes. (1) Gott erwählt das ganze Volk. Damit garantiert er seine Identität im Gegenüber zur kanaanäischen Kultur. (2) Gott erwählt die Niedrigen im Volk. Das ist ein konstitutM5 Element der Identität Israels. Wenn die Interessen der Niedrigen nicht gewahrt werden, gerät das Volk in einen scharfen Gegensatz zu Gott. Auf der Seite menschlichen Verhaltens korrespondiert dem Erwählungshandeln Gottes (A) die besondere Verantwortung der Mächtigen in Israel fur die Niedrigen und (B) die Demut der Menschen vor Gott. (3) ln der Vorstellung vom Heiligen Krieg ist beides ~unden: Gott erwählt das ganze Volk, das von einem anderen Volk erniedrigt zu werden droht. Auf menschlicher Seite wird im Heiligen Krieg von den Herrschenden erwartet, daß sie auf ihren hohen Status rituell ~chten und in ihrer Person die Niedrigkeit des bedrohten Volkes abbilden. (4) Verweigern sie diesen Sta~cht, wendet sich Gott selbst gegen sie und ersetzt sie durch die Niedrigen. Ein erzwungener Positionswechsel findet statt. Aus der an die Henschenden gerichteten Forderung nach Sta~cht entwickelt sich in vier Phasen die Demut als soziale Tugend.
' Zur Bedeutung der Ikmut in der rabbinischen Tradition vgl. Dawes, Anawa, S. J8f, und Böhl, Demut.
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Gott erwählt das kleinste Volk Gottes Handeln Von der Erwählung des Volkes wird vom Dtn an gesprochen. Dtn 7,6f ist der loaJS dassiaJS der Erwählungstradition. Westennann 1 betont besondeJS, daß es zum theologischen Konzept der Erwählung des Volkes kam, als die Identität Israels durch synkretistische Tendenzen bedroht war. Se;ne Erwählung bedeutete die Sicherung seiner Identität durch die Abgrenzung von den kanaanäischen Völkern. Dtn 7,6f steht in einem paränetischen Kontext, in dem Mischehen ~oten und der interreligiöse Dialog abgelehnt wird. Der Kontakt mit paganen Kulturen wird als so bedrohHch erfahren, daß sogar die "friedliche" Koexistenz der ReHgienen im Grunde fiir unmöglich gehalten wird. Israel wird Überlegenheit über die Völker zugesprochen, den Völkern Vernichtung angedroht. Dieser Abgrenzung entspricht auf positi\6' Seite die Gehorsamsforderung den deuteronomischen Geboten gegenüber (Dtn 7,11). Die VOrexilischen Propheten vermeiden die Rede von der Erwählung des Volkes. wenn sie auch "die Sache" kennen1, weil sie sich gegen die Verwendung des Erwählungsgedankens unabhängig von der Gehorsamsforderung wenden. Amos deutet die Erwählung als Aussonderung zum Gericht um (3,2). Israel sei zu einem besonderen Verhalten ~flichtet; da, wo es sich diesen Anforderungen gegenüber ~ge, habe es mit dem \mlichtenden Zorn Gottes zu rechnen. Hoheit zeigt sich als Verantwortlichkeit. Die Deutung des Exils als Strafe, also die Überzeugung, daß Israel daran gescheitert sei, der Gehorsamsforderung zu genügen, läßt das DtrG von der Erwählung des Volkes gänzlich schweigen1 • Die Erwählung Israels zum Eigentumsvolk und die Gehorsamsforderung gründen in der Treue Gottes zum Väterbund und setzen Gottes Handeln im Exodus fort (Dtn 7,8f.12). Die Entwicklung: Demokratisierung und Individualisierung Die ältesten Traditionen, in denen von Erwählung die Rede ist, beziehen sich auf den König und reichen vermutlich bis in davidische Zeit zurück4 • Parallel zur Bezeichnung des Königs als Erwähltem (-rrc) findet sich die als "'C'i , was die Funktion des Mittlers und Vollzieher des Gotte5WI11ens im Volk und unter den Völkern bezeichnet. Mit der Erwählungsvorstellung wird auf das Volk also eine königliche Hoheitsaussage übertragen. Die Demokratisierung des Erwählungsbegriffs' bedeutet eine Erhöhung, "Verköniglichung" des Volkes. Diese Entwicklung setzt sich bei Deuterojesaja fort7 : ln Jes 55,1-5 wird der Davidsbund auf das Volk ausgedehnt. Die Verheißung der beständigen Königsherrschaft 1 W~st~nnann,
Th~ologi~. S. 34. ~ildbtrg~r. Art. "'VV, Sp. 288. 1 Wildbtrg~r. Art. "'VV, Sp. 289. 4 Wildbtrg~r. Art. "'VV, Sp. 281. ~Schon II Sam 7,5; w~it~~ ~l~g~ bti Wildb~rg~r. Art. ,rc, Sp. 283. 'Ausdrücklich Wildbtrg~r. Art. "''D, Sp. 285. 7 Wildb~rg~r. Art. "YD. Sp. 290.
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geht auf lslael über. ln Jes 41 ,8; 49,3; 42, 1(l)(X) wird der Titel ""CP auf das Volk übertragen. Ausgeführt wird das in der Beschreibung der Rolle des Gottesknechts (42, 1. 49,6) 1• Das Volk hat Funktionen des Königs übernommen und ist an seine Stelle getretenl. Audl die Herrschaft über den Kosmos wird mit der Vmstellung von der Gottebenbildlichkeit) vom König auf alle Menschen übertragen (Gen 1,26f; 5,3; 9,6•; Ps 8,6). Als lslael sich seinen Nadlbarvölkern als unterlegen erwies. wurde diese Stärkung des Hoheitsbewußtseins vollzogen. Der Erniedrigung folgt die Ausweitung der ErwählungsvoTStellung und damit die religiöse Begründung und Verstärkung des Hoheitsbewußtseins. Bei Tritojesaja erfolgt eine Entnationalisierung und Individualisierung der Vorstellung. Gott wird ein neues erwähltes Volk erschaffen (Jes 65,9f), das in Kontinuität zum alten Bundesvolk steht; dazu können audl Menschen gehören, die nidlt jüdischer Herkunft sind (Jes 56,3-7). ETkennbar wird die Zugehörigkeit am Gehorsam. Die "Erwählung" Gottes durch den einzelnen (Jes 56,4) und die Erwählung durch Gott korrespondieren. Die Zugehörigkeit zum erwählten Volk wird für den einzelnen erreidlbar als Folge seines Gehorsams. Davon bletbt natürlidl unberührt, daß Gott es ist, der erwählt und das neue Volk erschaffi. Der Sdlaffung eines neuen, erwählten Volkes entspridlt die Verwerfung der ungehorsamen Mitglieder des ~lten" Volkes (Jes 65, 11 f) 5 • Es findet also ein zweiseitiger Positionswechsel statt. Zu Beginn der Entwicklung hatte die Erwählungsvorstellung die Funktion, die hödtste Position in der Gesellschaft zu legitimieren und sie zu befestigen. Sie behauptete, daß Gott vom König repräsentiert wird und er durch ihn henscht. ln der Spätphase alttestamentlidler Zeit läßt sidl Gott durdl einen jeden Menschen repräsentieren, der bereit ist, seine Gebote zu halten. Jeder, unabhängig von nationaler und sozialer Zugehörigkeit, kann Zugang zur religiös privilegierten Gruppe der "Erwählten" erhalten und den damit ~undenen hohen Status beansprudlen. Die Haltung des Menschen
Der Erwählung dun:h Gott und der Übertragung dieser Hoheitsrolle korrespondiert die Demut des Menschen. Zurückgewiesen wird die Phantasie, Israels seinsmäßige Besonderheit oder moralisdle Überlegenheit sei der Grund für seine Erwählung (Dtn 7,7; 9,5f). Die Hoheit Israels hat Gabedlarakter und wird gegen ein Überlegenheitsgeffihl abgegrenzt, das sidl unabhängig von der Gottesbeziehung gegen andere wenden Heße. 1 0b der Gottesknecht als ~corporate personality~ für Israel steht oder eine Einzelperson meint, ist weiterhin umstritten. Die Einfügung wn ~Israel" durch die Septuaginta in 42, I zeigt immerhin, daß die ~kollektivt Deutung~ schon früh vtrtreten wurde. lygJ. auch Ex 19,5: ~Ihr sollt mir ein Königtum von Priestern ... werden~; Ps 47,10: Gottes Volk sei eine Versammlung von Fürsten. ~ildberger, Art. a'n, Sp. 560f. Sie bedeutet die Ähnlichkeit mit den göttlichen Wesen des himmlischen Hofstaats, meint also Engelsgleichheit Loretz, Ebenbild, S. 123f vtrsteht die Abbildlichkeit als Behauptung einer besonderen Nähe, geradezu eines VerwandtschaftSvtrhältnisses. Sie bezeichne die Menschenwürde (S. 127). 4 Die Stellen sind priesterschriftlich und entstammen der persischen Zeit. ~ildberger, Art. '"IlD, Sp. 294f.
96 Das bedeutet vor aßem die Forderung der Demut gegenüber Gott. Indem Israel als das kleinste unter den Völkern (Dtn 7,7) charakterisiert wird, geraten auch andere Menschen als Vergleichsgrößen in den Blick. Zwar wird ihnen gegenüber nicht Demut gefordert, aber immerhin wird es erschwert, vor ihnen Überlegenheitsgeffihle zu kultivieren.
Gott erwählt die Niedrigen im Volk Gottes Handeln Die Vorstellung von der Erwählung der Niedrigen finden wir besonders bei Amos, Micha und Jesaja. Sie knüpfen an die Bestimmungen des Bundesbuchs ffir den Umgang mit dem ~ (Ex 22,24-26; "9l. Dtn 24,6-13) an. Die Erwählung der Niedrigen ist mit der Kategorie des Gottesredlts eng ~unden. Amos Gerichtsansage richtet sich in einer Zeit \eTSChärfter sozialer Spannungen gegen die Oberschicht. Er klagt die Reichen (3, 12; 4, 1; 6, 1.4-6), die Waffenf.:ihigen (2, 14-16) und die Beamten (5, 12) wegen ihres Verhaltens den Armen gegenüber an. Den Angesehenen wird die Erniedrigung und die Marginalisierung von Menschen vorgeworfen; sie entehrten den Gerechten und ließen dem Armen keinen Raum (2,7). Der Zusammenhang weist auf den klassischen Verelendungsmechanismus der Antike hin: Verschuldung hat den Verlust des eigenen Landes zur Folge und fUhrt bis hin zur Schuldknechtschaft (2,6.8; 5,11 )'. Dieses Verhalten Qllt als Verletzung von Recht und Gerechtigkeit (;vu und t!DD), die Gott straft. So wie die Unterdrücker als Rechtsbrecher gelten, so werden die Niedrigen schon hier als Gerechte bezeichnee. Die Entwicklung: Entbindung von der sozialen Begrenzung Es Qlbt eine ganze Reihe von Texten, die Gottes Verbindung mit den Niedrigen betonen. Anders als beim Propheten Amos läßt sich jedoch über deren tatsächliche soziale Lage wenig erkennen1 • Seit der These Rahlfs (1892), die D'm7 der Psalmen• bildeten eine Partei der "Demütigen" oder "Frommen", wird darüber debattiert, in welcher Beziehung die D'm7 der Psalmen zu den tatsächlich Niedrigen der Gesellschaft stehen~. M.E. ist alleine I
Vgl. Wengst, Demut, S. 36-43, bes. 37. Der A~ steht parallel zum Gertchten T':lM/i""U; ~i~ea.•~hriVfl
97
durch die Aufnahme in den Psalter darüber entsdlieden, daß die Roße des 'Z1 wn jedem übernommen werden konnte. Die Rolle bietet sich dem an, der sich bedroht und ohnmächtig fühlt (z.B. Ps 10,2.8; 25,2; 34,20; 37, 12). Sie ruft als komplementäre Rolle den "Gott der Niedrigen" an, wn dem Hilfe zu erwarten ist (z.B. Ps 9, 10.19; 10, 12; 34,7)'. Zuweilen ist die Notsituation so unspezifisch geschildert, daß sie relativ beliebig gefüllt werden kann (z.B. Ps 25; 31; 34), dann wieder ist die Not wrausgesetzt, die durch Fremdhenschaft entsteht (z.B. Ps 44) und die schichtübergreifend erlitten wurde. So wie die Königspsalmen durch die Aufnahme in den Psalter auch wn nicht-königlichen Betern gesprochen werden konnten\ so konnte auch die Rolle der Niedrigen wn Menschen übernommen werden, deren Status höher war. Die Entwicklung korrespondiert der Demokratisierung der Vorstellung wn der Erwählung des Königs.
Die Haltung des Menschen Den Mächtigen, besonders dem König, ist es aufgegeben, für die Niedrigen ( 7'1/1'2t Ps 72,2.4.12-14) zu sorgen (Ps 72,4.12) und ihnen ihr Recht zu \e!Schaffen. Der König soll Gottes Recht und Gottes Hilfe zur Geltung bringen. Er soll Gott gegenüber den Annen vertreten. ln den Königspsalmen Ps 45,5 und 132,1 übersetzt die lXX ;-rm1 mit ~ und deutet damit die :1DP als griechische Herrschertugend'. Wenn die Mächtigen dieser Aufgabe nicht gerecht werden, kommt das Gericht Gottes über sie. Jesaja kombiniert mit der Vorstellung wn der Erwählung der Niedrigen die besondere Betonung der Majestät Gottes. Unrecht, das die Hohen den Niedrigen antun, bezeugt ihre Eigenmächtigkeit und ihren Hochmut gegen Gott (3, 1st. Gottes Zorn wird wegen dieses Hochmutes der Oberschicht gereizt. Er richtet sich gegen die Statusmerkmale der Oberschichtsmitglieder, ihre Schönheit, ihren Schmuck (3, 16t) und ihr Prunken (22, 15-18). Ihnen sagt Jesaja Gottes Gericht an. Der Tag JHWHs wird angekündigt als ein Tag der Erniedrigung der Hohen (2,6-21). Neben den Naturmetaphem, Berg und Zeder, sind Befestigungsanlagen und Schiffe~ genannt. Das weist auf das Erwerben und den Schutz wn Reichtum und Macht hin. Die Stolzen sehen sich nicht angewiesen auf die Unterstützung JHWHs und meinen, ohne seine Hilfe ihre Macht halten und ausdehnen zu können. Wenn Menschen ihren hohen Status eigenmächtig aufrechterhalten wollen, werden menschliche und I
Vgl. Gerstenberger. Art. :'DP II, Sp. 263. \tgl. Engnell, Kingship, S. 50f. 'Der MT liest in Ps 45,5 i'"lJ :nnn. Dawes, Anawa, S. 48, meint, daß die LXX den Sinn der hebräischen Vorlage getroffen habe. Zumeist wird vorgeschlagen jr11:'1.Jl"' zu lesen. Schildenberger, Mose, S. 81 spricht sich dagegen aus und schlägt vor, j'7'U als eingedrungene Randbemerkung zu tilgen und zu übersetzen: "der König soll für "die Sache der Treue und Demut", d.h. konkret für die Jahwe treuen Dulder, hier offenbar das von äußeren Feinden bedrohte Gottesvolk, in den Kampf ziehen." Das nähme die Verpflichtung des Königs für die Niedrigen auf, beschriebe aber nicht die Tugend der Sanftmut. Ps I 32 meint entweder die konkrete Mühsal oder die Demut vor Gott. Weder Ps 45 noch Ps I 32 sprechen von der Demut gegenüber Menschen. 4 Zimmerli, Theologie, S. 170. ~ildberger, Jesaja I, S. 110, vermutet, mit den Schiffen, die der Naturgewalt des Sturmes trotzen, sei an die handeltreibende Seefahrt gedacht. Sie stünden für den Menschen, der sich mit seiner Findigkeit eine Welt erobere. Vgl. Sophokles, Antigone 332-375.
98 göttliche Größe u~nbar. Gott wird eingreifen und den eigenmächtigen Hoheitsanspruch der Menschen zerstören. Hoheit wird zum Privileg Gottes (Jes 2, 17). Daß Gott die Niedrigen erwählt hat, bedeutet fiir die Herrschenden, daß sie ihnen gegenüber Gott \6treten und ihre Interessen wahren sollen. Wenn sie das unterlassen, ~iert ihre Position ihre Legitimität: Sie \6treten Gott nicht mehr. Ihre gesellschaftliche Position wird zum Ausdruck des Hochmuts. Gott wird ihnen zum Feind.
Zusammenfassung und Auswertung Der Kontakt mit anderen Kulturen ist der Anlaß daffir, das 1srael als ganzes ein Hoheitsbewußtsein entwickelt, das Z1.M>r dem König wrbehalten war. Dieses Hoheitsbewußtsein drückt sich in der Isolation gegenüber den Völkern aus; es unterbindet den als Dialog verstandenen Kontakt und begünstigt den Anspruch auf Überordnung über die Völker als Repräsentanten der Weltherrschaft Gottes. Das destruk~ Potential dieser Überlegenheitsansprüche wird dadurch gebändigt, daß (a) jeder Mensch, unabhängig wn seiner nationalen und sozialen Zugehörigkeit, Zugang zur privilegierten Gruppe erhalten kann und (b) der Hoheitsanspruch an die Gottesbeziehung gebunden ist. was sich als Forderung der Demut wr Gott ausdrückt. Innerhalb der Gesellschaft kann die Achtung der Niedrigen als Merkmal der Identität Israels gelten. Menschen in Leitungsrollen haben die Aufgabe, dieses Identitätsmerkmal umzusetzen. Wenn sie ihre Rolle unabhängig dawn bestimmen, stellt sich Gott als Identitätsgarant gegen sie und übernimmt selbst die Aufgabe, die Interessen der Niedrigen zu wahren - auch und gerade gegen die Führungsschicht seines Volkes. Der Anlaß ffir die Aktualisierung dieser Tradition sind soziale Spannungen. Die Erwählung des Königs wurde auf das Volk ausgedehnt, der Gott der Niedrigen konnte auch wn Menschen in Anspruch genommen werden, deren Status höher war. Neben dieser allmählichen Ausdehnung der "erwählten" Gruppe, findet sich in der alttestamentlichen Tradition auch die Vorstellung wn einem Austausch der "erwählten" Gruppen, wm PositionswechseL Gott schützt das bedrohte Volk: Der JHWH-Krieg Gottes Handeln Im Heiligen Krieg greift Gott zugunsten seines Volkes in einen bewaffneten Konflikt mit anderen Völkern ein 1• Gott nimmt Partei ffir das ganze Volk, das unterdrückt ist und zu unterliegen droht. Die Annahme wn der Erwählung des Königs und des Volkes wird
1 0as geschi~ht nicht b~i imp~rialistisch~n Kri~g~n. sond~m nur, w~nn lsra~ls B~st~h~n b~droht ist. Vgl. Zimm~rli, Th~ologi~. S. 50. W~ip~rt. H~ilig~r Kri~g. S. 460-493, w~ist auf di~ V~rwandtschaft d~r isra~lisch~n Vorst~llung~n mit d~n~n and~r~r Völk~r. b~sond~rs d~r Assyr~r. ab~r auch d~r Röm~r und Gri~ch~n hin.
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\e&'hmolzen mit der Vorstellung wn der Erwählung der Niedrigen•. Im JHWH-Krieg handelt Gott selbst. Er kann als Krieger beschrieben werden (Ex 15,3; Ps 24,9; Jes 63,1ff). Unmittelbar greift er ein, indem er den Gottesschrecken auf die Feinde fallen läßt (Jdc 4, 15; Ex 23,27tl und die kosmischen Mädlte mit in den Kampf sendet (Jdc 5,20f; Jos 10,11 t); mittelbar wirkt er durch Los- und Trcmmorakel (Num 27,21; Jdc 7,1 3t) und durch seinen mit Geist erffillten charismatischen Führer. Der Anteil der Menschen wird nicht negiert, festgehalten wild aber, daß die "Ehre .. in alledem allezeit Jahwes* ist. Bei der Auswahl der Führergestalten 91bt es folglich die Neigung, deren Geringfügigkeit und Kleinheit zu betonen. ln Jdc 6, 15 reagiert Gideon auf seine Erwählung zum Retter aus der Midianitergefahr mit dem Hinweis auf seine geringe Herkunft. Dasselbe Motiv findet sich bei der Erwählung Sauls 0 Sam 10,20-23) und Davids 0 Sam 16.11tf. Entsprechend 91bt es die Tendenz. die Größe und Schlagkraft der kämpfenden Gruppen zu schmälern: ln Jdc 7,2.4 wird die Anzahl der Krieger auf Gottes Geheiß hin reduziert. ln Jdc 7,5 werden eben die Männer ausgewählt. die das Wasser wie ein Hund lecken und auf fundamentale Formen menschlicher Kultur \6Zichten. Kulturferne (Marginalität) ist die Voraussetzung ffir den Einsatz im JHWH-Krieg•. Die Hilfe JHWHs im Heiligen Krieg kann auch als Rechtshilfe ~rstanden werden (Jdc 5,11; I Sam 12, 7). Vgl. Zimmerli, Theologie, S. 50. Wie bei der Vorstellung von der Erwäh Jung der Niedrigen stehen Rechtssätze im Hintergrund des Beistands Gottes. 2 Zimmerli, Theologie, S. 51. 1 Saul hielt sich während der Wahl beim Troß ~rsteckt, und David war der Jüngste in der Familie. Allerdings erweist sich Saul als besonders groß und David als besonders schön; beide haben also Merkmale, die Menschen mit einem hohem Status auszeichnen. Vgl. Wildberger, Art.'YO, Sp. 283. Auch von Gideon haben wir in 8,18 die Anspielung auf einen hohen Status. Soggin, Judges, S. 120, hält 6, 15 denn auch für eine rhetorische Formel ohne soziale oder theologische Bedeutung. Aussageabsicht sei die Herausstellung der Größe der Ehre, die einem durch die Berufung in das Amt zuteil werde und alles andere ~rblassen lasse. Vgl. Jes 30,1-J; J 1,1-J. Es ist auch möglich, daß das Wasserlecken bereits als Anzeichen der Ekstase gilt. Die Gabe des Geistes ~rsetzt Menschen an den Rand der Kulturgesellschaft. Das ist interessant für die Prophetenrolle, die religiös über die Vorstellung von der nn legitmiert wird. Vgl. Albertz I Westermann, Art. rm, Sp. 746f. Sie ermöglicht Gottesnähe auch für Menschen mit einem niedrigen Sozialstatus. Die Übernahme der Rolle war anscheinend nicht geregelt. Wenn auch bei den beamteten Propheten, die mit der Orakelerteilung befasst waren, Ausbildung und Erblichkeit denkbar sind, ist der Zugang zu den anderen Formen höchst vielfältig möglich. Den ekstatischen Gruppen konnte sich ein Vorübergehender anschließen (I Sam 10,10). Elisa bildete seine Jünger möglicherweise aus (II Reg 4,38). Samuel wird noch als Kind in Abwesenheit Elis zum Propheten berufen. Die Übernahme der Rolle wurde also nicht von der Gesellschaft kontrolliert. Diese "Unterregelung" ermöglichte die Übernahme der Rolle durch beinahe jeden, auch durch Arme (II Reg 4,1ff), Frauen (Mirjam: Ex 15,20 und Hulda: II Reg 22, 14-20) und Kinder (Samuel: I Sam 3), also marginalisierte Gruppen, ohne daß die Rolle zu ihrer Domäne und somit harmlos geworden wäre. Die Übernahme der Rolle war auch dadurch erleichtert, daß es nicht notwendig eine lebenslange war. Von einigen namentlich bekannten Propheten ist nur ein JHWH-Wort bekannt (vgl. Rendtorff, Art. ~ nJ..., S. 801 ). Die Rollenanforderungen waren so beweglich, daß sie sich in viele ~rschiedene Lebensformen einpassten. Beamtete Propheten lebten am Hof, Samuel am Heiligtum, die Elisajünger wohl kommunitär, einer hatte aber auch Haus und Frau (II Reg 4,1 ff}. Die Ekstatikergruppe von I Sam 10 scheint wandernd umherzuziehen, ohne daß klar wird, ob es sich dabei um eine dauernde Lebensform oder einen begrenzten Umzug handelt. Elisa hat möglicherweise ein Wander- und Bettelleben geführt (I Reg 4,8). 1
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Die Haltung der Menschen ln Ps 18 (= 1 Sam 22) finden wir das Zeugnis der Selbsterniedrigung des Königs im Krieg•. Der König identifiziert sich samt seinem Heer in Kriegsnot mit dem ,.elenden Volk" (w CP: Ps 18,28a) und beschretbt die Gegner als stolz (T'I'fl'1 trrPI: Ps 18,28b)2• Der König spiegelt dun:h diese Selbsterniedrigung die HilfSbedürftigkeit des bedrohten Volkes. Der Sta~cht ist rituell. Das königflehe Heer wird ja nicht ohne Waffen in den Krieg gezogen sein. Ps 18 ist mögficherweise sehr alt und geht vielleicht sogar auf David zurück). Daß der Hohe die Position des Niedrigen übernehmen kann, ist eine Vorstellung, die zum alten TICiditionsgut des AT gehört. Zum Statusverzicht kann aufgefordert werden. Das geschieht bei Jesaja. Weil Gott selbst den Zion schützen will, dürfen die Jerusalemer keine poHtischen Bündnisse eingehen. Wenn sie von ihrer politischen Klugheit bzw. den Bündnispartnern Hilfe erwarten, können sie auf die Hilfe JHWHs nicht mehr redmen (Jes 30, 1f; 31, 1t. Wie in Jes 2,6-21 schließen sich menschliche und göttliche Größe einander aus. Gott hilft nur dem, der ohnmächtig ist und es zu sein erträgt. Zur Demut vor Gott gehört, alle Hilfe von ihm zu erwarten. So handeln die Mitglieder der ObeTSChicht eher nicht; das, was sonst ihr positM5 Kennzeichen ist, ihre Macht und ihre Fähigkeit zu handeln, wird ihnen zum "Verhängnis"s. Die Vorstellung bHeb bis in die Makkabäerzeit hinein lebendig. Das Buch Judith ist "eine romanhafte Erzählung mit didaktischer Absicht"6 , die ..Einzelmaterialien" aufgreift, sie typisiert und in den Dienst einer umfassenden Geschichtsdeutung stelle. Sie will JHWH Ps 18,36 spricht im MT davon, daß Gott~ Demut ("''J"M') d~n Beter groß mach~ (II Sam 28,36 li~t 1NP - d~in~ Hil~). Von Gott wird im AT sonst ni~ Demut ausg~sagt und zu~ist wird Ps 18,36 d~s~g~n von II Sam 28,36 aus g~d~ut~t. Rabbinisch~ T~xt~ all~rdings ~rst~h~n d~n V~rs als Aussag~ üb~r Gott~s D~mut. B~l~g~ b~i Daw~. Anawa, S. 45. Daß von Gott D~mut ausg~sagt werd~n soll g~g~n d~n sonstig~n B~fund im AT, sch~int mir sehr unwahrsch~inlich; d~nnoch ist ~s m~rkwüdig, daß di~~ T~xtüb~rli~~rung ausg~~chn~t in Ps 18 b~gegn~t. wo von d~r S~lbst~mi~d rigung d~ Königs di~ R~de ist. \igl. Ps 20,8.9: Di~ G~gn~r ~rlas~n sich auf ih~ ~ig~n~n Kraft. Das ~ntspricht dem Vorwurf }esajas an di~ Mächtig~n. 4 Kraus, Psalm~n I, S. 284f. V. Rad, Th~ologi~ II, s. 165, ordn~t di~ v~~ zur Zionstradition. w~il Gott d~n Zion ~rwählt hat, wird ~r ihn auch schütz~n; Bündnispartn~r sind nicht vonnöt~n. J~ 30,1 und 31,3 g~hö~n zu d~n w~nigen St~ll~n in d~r vomcilisch~n Schriftproph~ti~. in d~nen vom G~ist di~ Red~ ist; auch das w~ist auf di~ Tradition vom H~ilig~n Kri~g. Vgl. Alb~rtz I W~st~rmann, Art. nn, Sp. 748. sDi~ Haltung d~s d~lphisch~n Orak~ls in d~n Ptrs~rkri~g~n ist d~m j~sajanisch~n ~Glaubt ihr nicht, so b~ibt ihr nicht~ durchaus ~rgl~ichbar. ~id~ rat~n von ~in~r akti~n G~g~nw~hr ab, ~mpf~hl~n also das gl~ich~ V~rhalt~n. ln zwei Hinsicht~n unt~rsch~id~n si~ sich jedoch: (a) Das d~lphisch~ Orak~l hat sich ~g~irrt~. J~saja hat ~cht b~halt~n; konträ~ Wrhalt~nsw~~n wurd~n also sanktioni~rt. (b) Das D~lphisch~ Orak~l ~rband mit s~in~r Empf~hlung di~ Hoffnung auf di~ Rdtung d~r ad~lig~n Ob~rschicht g~g~n di~ d~mokratisch~n Kräft~. J~ja hofft auf di~ R~ttung d~r Ni~drig~n. Das Delphisch~ Orak~l si~ht in d~n Pt~m g~h~im~ Wrbünd~t~ d~r ~igen~n Kultur und di~ ~ig~ntlich~n F~ind~ in d~n D~mokrat~n. B~i J~ja sind di~ ~ig~ntlich~n F~inde die eig~n~ Ob~rschicht, di~ äuß~~n F~ind~ sind JHWHs W~rkz~ug im Kampf g~g~n di~ judäisch~ Ob~rschicht r.nd b~inah~ g~h~i~ Wrbünd~t~ d~r Ni~drig~n. l~ng~r. Art. Judith. Judithbuch, S. 406. Ebd., S. 405. 1
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als Gott der Bedrängten und Niedrigen zeigen •. ln Judith 9, 11 wird Gott als der Gott der Niedrigen angerufen: "'Tf.l7tEOOw E1 ~. ~ tl f?m/JOt;, avnia'p.~ ~. a.~ ~. a.~ ~". Nun wird Judith aber als eine reiche Witwe (8,7) geschildert. Sie trennt sich nicht von ihrem Besitz und läßt auch ihre Sklavinnen nicht frei. Die Übernahme der Rolle der Niedrigen bedeutet fiir sie nicht, in ihrem Alltagsleben auf Status zu verzichten. Sie übernimmt die Rolle rituell und zeigt das durch das Anlegen eines BuBgewandes an 2• Im Gebet knüpft sie an dem niedrigsten Merkmal ihres "tatsächlichen" (fiktMn) Sozialstatus an: Sie ist Witwe (9.3.9.10). Dabei stellt sie sich in die Traditionslinie des He.ligen Krieges: Sie erinnert Gott an die Opfer, an die \6'gewaltigte ('Tf.l7tEMiw) Dina1 und spielt auf Jaels Kriegstat Udc 4,9) an. Im JHWH-Krieg übernehmen Menschen mit hohem Status die Rolle der Niedrigen. Sie üben Statusverzicht Die Übernahme der Rolle erfolgt rituell und ist begrenzt auf das Kriegsgesdlehen.
Gott läßt einen Rest: Die Niedrigen bergen sich auf dem Zion Gottes Handeln Die Erwählung des nons und die Davids gehören tnSprünglich zusammen•. Der non ist mit zwei Vorstellungen eng ~unden: (1) Der non ist ein von Gott besonders geschützter Ort. Die andrängenden Feinde werden zurückgeschlagen (Ps 48,5ff; 76,5ff; 46,6t). Die Erwählung des Zion steht ffir das "Bewußtsein unbegrenzter Sicherheit und Geborgenheit bei Jahwe"s. (2) Zum Zion werden die Völker wallfahren und Weisung empfangen'. Somit ist mit dem Zion der Gedanke von der religiös-moralischen Überlegenheit über die Völker ~unden. Diese Überlegenheit wird nicht behauptet aufgrund eigener Kraft, sondern aufgrund der besonderen Verbundenheit mit Gott7 • Durch Verbindung des Zions mit der Davidserwählung gelten der Schutz und die 1
Ebd.,
s. 407.
2 lnt~rnsant~rw~is~
trägt das Buch b~idrs nach: 16,28b.29b wird davon ~rzählt, daß si~ ihrr Magd und ihrrn R~ichtum ~rt~ilt~. ~id~ Halb~rst wirk~n wi~ Einschüb~. Möglich~rw~is~ hand~lt ~s sich dabei b~rrits um ~i~n Wrsuch, zwisch~n 8,6 und Kap. 9 ~in~n Ausgl~ich zu schaff~n. Oi~ Tradition von d~r wErwählung d~r Ni~drig~nw wird mit d~r vom H~ilig~n Kri~g n~u zusamm~ng~fügt. Oi~ Üb~mah~ d~r Roll~ d~r Ni~drig~n soll nun nicht m~hr nur für di~ Oau~r d~r freili~ß
Kampfhandlung~n ~rfolg~n. sond~m p~rman~nt.
Das Schicksal Oinas st~ht zugl~ich für di~ Emi~drigung, di~ J~rusal~m droht. Vgl. v. Rad, Th~ologi~ I, S. 59; Grs~. Oavidsbund, S. 117f. \. Rad, Th~ologi~ I, S. 60; d~rs.. Th~ologi~ II, S. 304. \. Rad, Th~ologi~ II, S. J06f. Wildb~rg~r. J~saja I, S. 84, m~int, daß ~s hi~r nicht allg~m~in um Leb~nsw~isung ging~. sond~m um konkrrt~n Schi~dsspruch durch Orak~lb~fragung. Zugl~ich ab~r bl~ibt unbrstritt~n. daß di~ Aussag~absicht di~ ist, daß di~ Völk~r d~m Gottrsrrcht unt~rworf~n würd~n (S. 89). 7 Wildb~rg~r. J~ja I, S. 89, b~tont, daß di~ Völk~r sich JHWH und nicht ~twa d~n Davidid~n unt~rw~rf~n. Si~ g~schäh~ durch di~ An~rk~nnung drs Orak~lbsch~ids auf d~m Zion (S. 84). Di~ kommt ab~r ~in~r Unt~rw~rfung unt~r di~ Pri~st~r gl~ich. Ich s~h~ nicht, wi~ di~ Sond~rst~llung lsra~ls durch di~ wVölk~rwallfahrtw aufg~hoben würd~. Im Bild: lsra~l b~find~t sich b~rrits auf d~m Zion, zu d~m di~ Völk~r all~rrrst wallfahrrn. 1
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Henschafts\mleißung über die Völker dem König. Jesaja• kennt beide Vorstellungskreise der Zionstradition. Er ~indet aber die EtWählung des Zions mit der Em:ttung der Geringen. Der Zion ist die Zufludltsstätte der Elenden des Volkes (14,32 - oi TanEMJi nxi "J.mij /"'S1 -,), Fs sind die Geringen, die - mangels eigener Madlt - sidl alleine auf Gott \6tassen und in den Schutz des Zions geraten2• Die Erwählung des Zions und die Em:ttung der Niedrigen gehören zusammen. Verbunden mit der Geridltsansage an die Davididen kommt es zur Ansage eines zweiseitigen Positionswechsels. ln der Jesajaapokalypse (Jes 26,4-6) sind es die Füße der Niedrigen, die die Mädltigen zertreten. Die Gerechten ziehen in die feste Stadt ein (26, 1); ihre Bewohner werden erniedrigt und 'vmlidltet (26,5). Die Zusammengehörigkeit der EtWählung des Zion und der Davididen wird ersetzt durth die des Zion und der Niedrigen. Damit übernehmen die Niedrigen die Position der Könige und können entsprechend der Königsideologie als "Söhne Gottes" und seine Vertreter auf Erden gelten.
Das Verhalten der Menschen Bei Zephanja wird die Haltung dieser Niedrigen beschrieben. Inmitten einer Geridltsrede gegen Jerusalem wendet er sidl an die "Elenden im umde" ('T'Ct1reoo ')'ij; 2,3). Sie werden mit den Gerechten gleidlgesetzt und dazu aufgefordert. :1tiP und vu zu sudlen; damit wird eine Hoffnung auf Rettung im Geridlt ~nüpft. Der Hoffnung auf Rettung entspridlt eine "Heilszusage" in 3,12: Der Rest, der im Geridlt übriggelassen wird, ist ein f..aiJv 1fP(J1iv l«1.i 'TtUre"MW (?"n ~ CP), es sind Menschen, die kein Unredlt mehr tun werden und demütig sind1 • Das betrifft nidlt nur das "neue Volk", auch der "neue König" ist arm und demütig. Sadl 9,9 führt die Verheißung aus Zeph 3, 12.14 weiter•. Die oberste Position in der neuen Gesellsdlaft erfordert die Übernahme der Gesinnung und der Lebensformen der Armen~. Die Wurzel ,"1/P II
1 Di~
Auth~ntizität d~r ~inz~ln~n Stück~ ist umstritt~n: für uns~~ Frag~st~llung ist das ohn~ 8(1ang.
nicht j~sajanisch sind, z~ig~n si~ V~rknüpfbark~it~n und Zusamfn(nan. "Wildb(rg~r. J(§aja I, S. 576, w~ist darauf hin, daß di~ ..Arm~n· hi~r b~~its (in~ ~ligiös~ B~d~utung hab~n und von 7,9 und 28,16 h~r vtrstand~n w~rd~n müs~: di~ "Affn(n· ~i~n di~ Glaub~nd~n. Si~ in d~r Unt~rschicht, di~ k~in~ politisch~n Möglichk~it~n hab(, zu find~n. S(i wahrsch~inlich. Dazu läßt sich ~rgänz~n: M~nsch~n. di~ zur Ob~rschicht g~hört~n und politisch tätig wa~n. konnt~n nicht auf .G~g~ns~itigk~itsvtr~inbarung~n·, auf politisch~ Bündniss~ vtrzicht~n. ohn~ sich zu isoli~~n und aus d~m int~mational~n K~is d~r H~rrsch~nd~n ausg~schloss(n zu
Auch
~nn ~inuln~ Ptrikop~n
g~hörigk~it~n
w~rd~n. 1 0i~ Parall~lität
va
von :1USJ und läßt vtrmut~n. daß auch :rup sich auf j~n~n diffus~n B~~ich Zustand, Hand~ln und Haltung b~zi~ht. :ruJJ hätt~ dann ~in~ ~ligiö~ und ~in~ sozial~ Dim~nsion .•... it d~not(S th~ ~on~ in b~haviour and practis~ which God ~quires" Daw(S, Anawa, S. 42. Vgl. Ptt~rs~n. Z~chariah, S. 58f. Vgl. J~s 11, 1-4. Di~ Dati~rung von J(S 11,2 ist umstritt~n: j(§ajanisch~r Ursprung wird ~b~nso vtrtr~t~n wi~ ~in~ nach~xilisch~ Dati~rung. Vgl. Killan, J(§aja 1-39, S. 10f. zwisch~n
103 Im Hebräischen drücken die Worte der Wurzel ;up 11 1 die Minderung des sozialen Status. die Beschneidung von Lebenschancen bis hin zur Bedrohung des Lebens sowie die entsprechende innere Haltung der Mutlosigkeit Verzweiflung und Ohnmacht aus. Zumeist sind die Worte der Wortgruppe negativ bewertet; an wenigen Stellen findet sich ein positi\e' Gebrauch. Die Worte der Wortgruppe begegnen besondm im Pentateuch, den prophetischen Büchern Jesaja, Amos. Sacharja und Zephanja und den weisheitliehen Schriften Psalmen, Hiob und Sprüche2• Das Verb wird am häufigsten im Piel gebraucht und bezeichnet die rechtswidrige und verwerfliche Erniedrigung durch Machtmißbrauch mit der Folge der .Entehrung" des Emiedrigten1• Im Hitpael wird die Annahme einer solchen Erniedrigung besctvieben (Gen 16,9), im Oal und Nifal gibt es die innere Haltung des Erniedrigten wider. Der Wortstamm bildet (im wesentlichen) zwei Substantive: "lP und :TilP. "lP dient zur Schilderung der Notlage und des Elends_ die soziale Desintegration und die psychische Bedrohung miteingeschlmien. :TilP läßt sich mit Demut übmetzen. Der Stamm bildet zwei Adjektive. "lP und w; dabei begegnet "lP überwiegend im Singular, 'II' nahezu a~ließlich im Plural Der Plural der beiden Formen wird oft ohne Bedeutungsunterschied verwendet Es läßt sich aber eine Entwicklung beobachten, wonach C"'J7 die Armen und D"'1P die ~ bezeichnet Mit den Worten D"DP und :TilP läßt sich die Entstehung eines .Demutideals" verbinden4 • :TilP kommt in der Hebräischen Bibel sechsmal vo( Zeph 2,3; Ps 18,36; 45,5; Prov 15,33; 18,12; 22,4, davon sind Ps 18,36 und 45.5 textlich unsicher. ln Zeph 2.3 steht :TilP parallel zu j7'U und beschreibt einen heilvollen Zustand, das Verhältnis zwischen den Menschen und das zwischen Gott und Mensch betreffend. Die drei Vorkommen in den Sprüchen nennen :TilP als Vora!Bietzung für Ehre (""1:0). Dabei steht :TilP parallel zu Gottesfurcht (Prov 15,33; 22,4) und im Kontrast zu Stolz (Prov 18,12). ln allen drei Fällen liegt der Akzent auf der Demut vor Gott; hinzu kommt vermutlich die Bereitschaft, sich belehren zu ~. und damit die Willigkeit sich den Lehrern, den Vertretern der Tradition, unterzuordnen'. Ps 18,36 sagt :TilP von JHWH aus, Ps 45,5 wm König. Für beide Stellen sind Konjekturen vorgeschlagen; es ist aber als möglich anzusehen, daß beide Stellen Demut vom ..Hohen" im Sinne von Milde almagen; lXXübersetzt Ps 45,5 auch mit~. Ps 18,36 allerdings mit ~7 • :TilP kann also die Demut vor Gott die angemessene Selbsteinschätzung und Einordnung in den ~lschaftlichen Kontext meinen sowie die Bereitschaft des Hohen, sich den Niedrigen zuzuwenden'. Die lXX über5etzt :TilP nur in Ps 45.5 mit~; Prov 15,33, 22,4 sowie Zeph 2.3 hatte sie möglicherweise eine andere Vorlage, Prov 18,12 übmetzt sie verbal mit ~Miw. Die Adjektive "lP und 'II' stehen gelegentlich parallel zu .zerbrochenen Herzens" (Jes 61,1 ; Ps 109,16.22; 147,3); in Num 12,3 wird Mose als 'II' IU'M (LXX:~~) geschildert wodurch wiederum dem Träger einer Hoheitsrolle Demut zugeschrieben wird'. Die lXX über5etzt sowohl "lP wie auch 'II' zuweilen mit itl.1!fnÖ;. L.eivestad 10 hat gegen Grundmann 11 und Rehr1 12 ~t zu 1 Vgl. Gerstenberger, Art. :"DP II; Martin-Achard, Art. :"DP II; Grundmann, Art. TU.1Ttt~, S. 6-12, Leivestad, TAnEINOl:; Rehrl, Demut, S. 147-172; Dihle, Art. Demut, Sp. 743-748. 2 Die Wortgruppe fehlt nahezu in den Geschichtsbüchern, dem DtrG und dem ChrG. Vgl. Gerstenberger, Art. :"Dl111, Sp. 251. 1 Terminologisch bedeutet JP!)l rac ;up• .fasten·. Vgl. lev 16,29.31; 23,27 .32; Num 29,7; 30,14. Vgl. Leivestad, TAnEINOl:, S. 38, der diese Entstehung nach der lXX ansetzt. \lgl. Dawes, Anawa, bes. S. 41-48. 'vgl. Dawes, Anawa, S. 42-44, der betont, daß eine zwischenmenschliche Bedeutung mitzuhören sei, aber auch darauf hinweist, daß .Demut• zwar mit Ehre, nicht aber mit Armut verbunden wird, also nicht Statusverzicht bedeutet. :TUl1 meine .die Anerkenntnis seines eigenen Ranges, nicht frömmelnde liefstaplerei·. Gerstenberger, Art. :"Dl1 II, Sp. 258 (man beachte die verächtliche
~ertung!).
Vgl. Dawes, Anawa, S. 44f; Gestenberger, :"Dl111, Sp. 259. Daß dabei bereits die Vorstellung von Statusverzicht eine Rolle spielt, wie es Gerstenherger suggeriert, wenn er die Stellen mit Sach 9,9 in Verbindung bringt (ebd.), kann ich nicht erkennen. 'vgl. Gerst~nberger, Art. :'Dl1 II, Sp. 265. 10 l.eivestad, TAnEINOl:. 11 Grundmann, Art. TU.1Tft~. S. 6-12. 12 Rehrl, Demut, S. 147-172. 1
104 zeigen, daß ""'~ nie posi!Mn Sinn habe und .demütigN meine. Dafür verwende die 00< immer ~.Oie Stellen, an denen~ einen positMn Sinn hat (Jes 26,6~ 66.2: Zeph 3,12; Sir 3,20; 10,15; 12,5; Ps 18,28; Prov 3,34; 11,2; 16,2), er1därt er als ,.mechan&heN Ubmetzung \40n 'lP. Diesen Nachweis halte ich nicht für gelungen; l..eM5tad macht aber dafür aufmeOOCim, daß in der 00< (a) ~ selren und spät positiv bewertrt wird und (b) ~~ für die posi!M Demut steht wobei sie in vier \40n 5iebeP. Rillen mit TIägern von Hoheitsrollen verbunden ist Bereits die ll>ersicht über die ;"'lP II zeigt also, daß auch im Alren Testament Deroot als Tugend erst spät in Veroindung mit Hoheitsrollen entwickelt und mit der Vorstellung \40n Statusverzicht nur ansatzweise verbunden wird. Möglich wird diese Entwicklung durch die Tradition \40n Gottts Erwählung der Unterlegenen
Zusammenfassung Zum Positionswedlsel kommt es in Kriegssituationen, also beim Konflikt von lsrael mit den Völkern. Vom König erfordert die Bedrohung durch einen übennächtigen Feind die Übernahme der Roße der Niedrigen. Verweigert er diesen freiwllHgen Positionswechsel, kommt es zur Krise. Gott zieht seinen Schutz von den Mächtigen zurück und verlagert ihn auf die Niedrigen. Ein demütiger König der Niedrigen übernimmt die Position des Davididen. Zwischen ihnen und den Mächtigen findet nun ein erzwungener Positionswechsel statt: Die Niedrigen und ihr König ziehen auf dem Zion ein und übernehmen die Position der Mächtigen.
7 .2. Die demütigen Großen: Demut als soziale Tugend Demut als soziale Tugend wird als Merkmal von Henscherrollen entwickelt. Diese Entwicklung verläuft in vier Phasen: (1) Die rituelle Selbsterniedrigung: Die freiwllHge Übernahme der Rolle der Niedrigen und Marginalisierten durch den König im He~ligen Krieg erfolgte ritueß und zeitlich begrenzt. Sie hat einen sozialen Aspekt, insofern der König seine Ohnmacht gegenüber dem übennächtigen Feind eingesteht. Die Übernahme der Rolle lähmt nicht, sondern befähigt zum Kampf und hat den Sieg zur Folge. Der Selbsterniedrigung folgt die Erhöhung durch Gott. (2) Die habituelle Selbsterniedrigung: Die Demut des Königs aus Sach 9,9 führt den sozialen Ante1l der Tugend weiter. Er te~lt das leben der Armen, indem er auf einem Esel reitet. Außerdem ist die Übernahme der Niedrigkeit zeitHch nicht mehr Hmitiert. Aus einer rituellen Übernahme ist eine habituelle geworden~. Im Zusammenhang von Krieg und I
Num 12,3; Ps 45,5; 89,10; 131,1; Jo~l 4,11; Zeph 3,12; Sach 9,9. 12,7 k~nnt di~ Vorst~llung d~r taktisch~n ~lbst~mi~drigung des H~rrsch~rs vor d~m Volk und ~w~rt~t si~ positiv: .Si~ [di~ gut~n Ratg~b~r) sprach~n zu ihm [d~m töricht~n R~ha~am): Wirst du h~ut~ di~stm Volk ~in~n Di~nst tun ('Cl? :T':'1n /lXX: ton 6oüA~) und ihn~n zu Will~n s~in (DIT'Cl7l /lXX: ~) und si~ ~rhö~n (CIT»11 I f~hlt in lXX) und ihn~n gut~ Wort~ g~b~n. so w~rd~n s~ dir unt~rtan s~in (D"DP 'P /lXX: ivovra.i vot cloüMt) d~in Lrb~n lang: D~r Rat ist ~in~ R~aktion auf das Mu~n des Volkes unt~r d~r hart~n H~rrschaft Salomos sowi~ auf di~ b~gn'nzt~ Macht des n~u~n H~rrsch~rs angesichts d~r Stärk~ d~r alt~n. s~gm~ntä~n G~stllschaftstruktu~n. Das ~galitä~ Ethos d~r alt~n isra~lisch~n G~stllschaft förd~rt di~ positi~ B~w~rtung des Stat\JS\Itrzichts des H~rrsch~rs und läßt - üb~rz~ug~nd~r als im pagan~n Raum - das Mod~ll ~in~r .populistischm· H~rrschaft ~rschli~ß~n. Dab~i darf a~r nicht üb~rs~h~n w~rd~n. daß ~s sich auch
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Gericht ist die eigene letztendliche Erhöhung mit der Erniedrigung der Feinde verbunden, seien es äußere Feinde oder innere wie die hochmütigen Bewohner Jerusalems. (3) Die interzessorische Demut des Mose': ln Num 12 wird von einer Konkurrenzsituation zwischen Mose auf der einen und Miljam und Aaron auf der anderen Seite erzählr. Mose wird vom Erzähler als unübertroffen w/ ~ (Num 12,3) geschi1derr. Aaron und MiTjam dagegen \6Sllchen ihren Status zu erhöhen. Die Demut des Mose zeigt sich auf Verhaltensebene daran, daß er darauf \erl:ichtet. seine Position zu verteidigen, und für die von Gott bestraften Konkurrenten Fürbitte leistet (Num 12, 13). Er erweist sich als großmütig und milde (im Sinne der Epie;kia), indem er auf Bestrafung, ja auf Aufi'echterhaltung der Bestrafung durch Gott \efZichtet4 • Zwei Veränderungen sind eingetreten: (A) Mose handelt in der Situation der Bedrohtheil nicht selbst. Gott greift dift>kt ein. Der menschHche Ante1l im "Kampf um die Verte~lung der Macht" ist auf Null gesunken. (B) Der Demütige setzt sich dafür ein, daß die Erniedrigung der Feinde nur noch vorübergehend ist. Seine Demut kommt den Feinden zugute. Gott bestätigt Num 12,7 Mose als seinen "TlS7/~ und \'erbindet diesen Titel mit dessen außerordentHcher Gottesnähe. lhm ist das ganze Haus Gottes anvertraut. Er vertritt Gott vor dem Volk. Damit erscheinen die beiden "neuen" Verhaltensweisen als Ausdruck der Gottesnähe des Mose. (4) Die freiwllHge Selbsterniedrigung zum Hetl der VIelen: ln Jes 52,8 wird dem 'IIP/ ~ Gottes Emöhung (:t:m Mu.n Df"'7/i40w; ~) angesagt5 • Die LXX übetsetzt "'" tmal hier um ein taktisches Verhalten mit dem Ziel, das Volk zu Sklaven zu machen, handelt, das aus der Notwendigkeit. dessen Zustimmung zur Herrschaft zu erlangen, entstanden ist. Nur wenn man unterstellt, daß die Ratgeber nicht nur an der Stabilisierung der Herrschaft des jungen (und törichten) Rehabeams inte~ssiert sind, sondern es ihnen auch darum geht, die Institution des gesamtisraelischen Königtums zu stärken, und sie deswegen die Interessen der Beherrschten gewahrt sehen wollen, ist ein solcher Rückschluß auf ein positiv bewertetes "populistisches" Modell von Herrschaft - Herrschaft als Knechtschaft gegenüber dem Volk - gestattet. 'coates, Moses. S. 91-94, schlägt vor"»' in Num 13,3 von Ex 17,8-16 und Num 12,7b her als von einer Wurzel :u "connoting ~sponsibility or integrity" (ebd., S. 92) zu verstehen, was er im Rückgriff auf Prov 15,33: 18, 12 als einen Ausdruck für eine besonders eh~nvolle Position versteht. "Num 12.3 might thus ~ad: "The man Moses was the most honorable of all persons who a~ on the face of the earth. •• (ebd., S. 94). Coates betont mit Recht, daß UP die Hoheit des Mose ausdrückt und ein Merkmal seiner Leitungsrolle bezeichnet. Die Weigerung, diese Stärke in der Demut zu finden, und seine Umdeutung werden vor dem Hintergrund seines eigenen .l.eiterbildes" verständlich. Demut bedeutet für ihn .a deficiency of spirit and courage, a meek, rttiring, unassertive leadership" (ebd., S. 98) und steht im Kontrast zu der positive bewerteten .strong, effective, responsible leadership" (ebd.). Coates identifiziert Demut mit Schwäche und wird damit der biblischen Haltung nicht gertcht. 'vgl. Noth, Vierter Mose, S. 8Jf: Die Tradition zeige zwei Wachstumsstadien: (a) Mitiam klagt Mose wegen seiner kuschitischen Gefährtin an: (b) Mitiam und Aaron grtifen Mose wegen seines Anspruchs, einzigartiger Empfänger des göttlichen Wortes zu sein, an. Auch literarisch ist die Erzählung nicht einheitlich. Vers J gilt jedenfalls als sekundärt Erweiterung. 1 M.W. begegnet hier erstmals die Konku~nz um die größte Demut. Vgl. Schildenberger, Mose, S. 72. Schildenherger verweist auf ein vergleichbar mildes Verhalten des Mose in Num 11,28f. ~Grimm, Deuterojesaja, S. 407, zeigt, wie in Jes 52,15 Königsprädikate in einzigartiger Häufung auf den Gottesknecht übertragen werden. Er sei als der "König aller Könige" gezeichnet.
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-i} ~ a1rrW ~ und deutet so ein gerichtliches Verfahren mit Haft, Gerichtsurteil und Hinrichtung, die der MT vennutHch meint. als Emiedrigung 1• Diese
freiwillige Übernahme des Leid~ in der lXX verstanden als freiwilliger Sta~cht. geschieht zugunsten der Vielen. Was sich in Num 12 schon andeutete, wird hier weitergeffihrt: (A) Der Knecht Gottes verteidigt sich nicht (Jes 53, 7), das Eingreifen Gottes geschieht durch das Wort (Jes 52, 13) und setzt \m:Ögert ein. Der Gottesknecht überlebt die Bedrohung nicht. (B) Mit seiner Erniedrigung ist nicht mehr das Gericht über seine Priniger und mit seiner Erhöhung nicht ihre Vernichtung ~unden. Seine Erniedrigung kommt vielmehr denen zugute, die ihn verachtet und nicht erkannt hatten (Jes 53,3). Indem Sta~cht ~unden wird mit dem Verzicht auf Selbstverteidigung, ist Dernut als soziale Tugend entstanden. Derjenige, d~ Position bedroht wird, nimmt die Erniedrigung an. Indem die Hoffnung auf Erhöhung durch Gottes Eingreifen von der Erniedrigung der Gegner gelöst wird, wird aus der taktischen Selbsterniedrigung eine soziale Tugend: Nicht Gott. sondern der Mitmensch ist nun derjenige, dem gegenüber auf Status \m:ichtet und Dernut erbracht wird.
8. Kapitel: Status und Statusverzicht in den zwischentestamentliehen Schriften aus Palästina Die jüdische Gesellschaft im Palästina des zweiten und ersten vorchristlichen Jahrhunderts rang in der Auseinandersetzung mit dem Hellenismus um ihre Identität. Die Krise um die Hellenisierungspolitik des Antiochus IV. Epiphanes und die Eroberung durch Pompeius waren dabei wichtige Einschnitte. Vor der Krise von 168/7 v. Chr. waren Hellenismus und jüdische Identität noch nicht spürbar in ein antagonistisches Verhältnis zueinander geraten2• Das mte Jahrzehnt des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts war sogar eine Blütezeit in der Begegnung beider Kulturen. Die jüdische Kultur in Gestalt ihrer Hohepriester und die hellenistische, vertreten durch Antiochus 111., standen miteinander im Einklang. Nach den Makkabäeraufständen, in denen die jüdische Identität gegen den Hellenismus behauptet wurde, \m\Jchte die hasmonäische Dynastie erneut eine Synthese. Es gelang ihr, breite vom Hellenismus beeinflußte Bevölkerungsschichten zu integrieren. Die Opposition aber fand in der neuen Gesellschaft keinen Platz. Die Träger der apokalyptischen Tradition zogen sich zurück'. und die Qumrangemeinschaft entstand. Im folgenden wird zumt die Haltung zu Status und Sta~cht nachgezeichnet. wie sie sich im Sirachbuch und in den ersten beiden Makkabäerbüchern findet. Diese Schriften lassen erkennen, wie man im Zentrum der jüdischen Gesellschaft vor und nach der Krise
Ebd., S. 415f. Vgl. B~rtram, Art. ~ KTA., S. 605. apokalyptisch~ Dani~ltradition wurd~ ~rst anläßlich d~r Krise von 168/7 g~samm~lt. Vgl. Ltbram, Art. Apokalyptik II, S. 195. Vgl. Müll~r. Art. Apokalyptik 111, S. 218f. Müll~r si~ht in d~m Wart~n auf Gott~ ~ndgültiges Hand~ln d~n Grund dafür, daß sich di~ apokalyptisch~n K~is~ von d~n Träg~m des Makkabä~rauktands schon von ~ginn an zurückzog~n. 1
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von 168/7 v. Chr. über das Thema dachte•. Dann wird die Haltung der marginalisierten Gruppen nachgezeichnet, wie sie sich in den apokalyptischen Schriften und in den essenisehen Texten findet.
8.1. Status und Statusverzicht im Zentrum der Gesellschaft: Die Anschauungen im Sirachbuch und den ersten zwei ~akkabäerbüchern
Gottes Handeln Gott erniedrigt und erhöht (Sir 7,11 ), er verleiht Status. Das entzieht sich manchmal der Sinndeutung (Sir 20, 11 ; 33, 12) und ist zufäiHg. ln anderen Fällen ist erkennbar, nach welchen Kriterien Gott Status \erleiht: Er erniedrigt die Hochmütigen und erhöht die Demütigen, und zwar derart, daß ein Positionswechsel zwischen Henschenden und Demütigen stattfindet: "ep6vou; UpxWrüAI Ka9E1).a.l 0 ~lOC: KUl EKcXei.OEV 1Tpufl<; avt' ubtWII· pi.(oo; EevWv ~EtlAEv b ~Loc; KU'l E$)tEUOOI tU1TElVO\x; avt' amwv. (Sir 10, 14t). Dabei sind die Hochmütigen ffir Sirach mit den Heiden identisch, die Demütigen mit den Gottesffirchtigen (Sir 10, 18f; 15,8t. Das Kriterium ffir die Erhöhung, die Gottesfurcht, erlangt beinahe Selbständigkeit. Der Niedrige kann seinen Status ~ indem er seine tTCX/Na zur Geltung bringt (Sir 11, 1). Und umgekehrt gilt: Wer hochmütig ist, muß damit rechnen, seinen hohen Status zu \erlieren (Sir 3,28; 21,4; 23,8). Die Gottesfurcht relativiert den gesellschaftlichen Status: Der Gottesffirchtige kann einen höheren Rang beanspruchen als der Henscher (Sir 10,24), und der weise Ha\.5Sklave kann von seinem Herrn Achtung erwarten (Sir 10,25). Die Demut vor Gott ist die wichtigste Konkretion der Gottesfurche. Daß sie soziale Konsequenzen haben kann, zeichnet sich ab. Da, wo Menschen ihr Verhalten gestalten können, innerhalb der Familie, wird die Achtung gegenüber dem weisen Niedrigen gefordert. Auch die Makkabäerbücher kennen Gott als den, der erniedrigen kann. Dabei ist allerdings unzweifelhaft. daß er die Feinde der Makkabäer erniedrigt 0 Makk 12, 1; 11 Makk 8,35), die überdies als hochmütig gelten (1 Makk 1,21.24; 7,34; 11 Makk 1,28; 5,21; 7,31). Zudem erfolgt diese Erniedrigung im Krieg; Gott und die Menschen wirken miteinander•. Im Zentrum der Gesellschaft 91lt Gottes erhöhendes und erniedrigendes Handeln als weit1 Sirach tntstand um 190 v. Chr. Otr VtrfasStr schätzt dtn Hohtpritsttr Simon, dtn Gtrtchttn, dtr mit Antiochus lll. kooptritrtt, sthr hoch tin (Sir 50,1-23), fühlt sich also dtm Htlltnismus und dtr Obtrschicht vtrbundtn. Vgl. Wtngst, Otmut, S. 61f. Oit Makkabätrbüchtr lasstn dit Sicht dtr Makkabätr und dtr hasmonäischtn Dynastit trktnntn. 1 1n 10,7-21 kombinitrt Sirach dit pagant Stobachtung von dtr ständigtn Wandtrung dtr Vorhtrrschaft Obtr dit Völktr von tintm Volk ( 10,8) und dtr ürbrtchlichktit tints hohtn Status ( 10,12) mit dtr Hoffnung auf dit Emitdrigung dtr Htidtn. \tgl. Wischmeytr, Sirach, S. 193f. 4 Erhöhung ist tint Tätigktit von Mtnschtn. Vgl. I Makk 1,3.40; 8,13; 10,24; 11,16.26; 12,36: 13,27; 14,35.37.
108 gehend berechenbar. Das betriffl: den einzelnen und die Völker. Dadurch rücken Gottes Handeln und das Verhalten der Menschen eng zusammen. Menschen können das lebensgeffihl kultivieren, ffir ihren Status selbst ~ntwortlidl zu sein, ohne dadurch mit Gottes Souveränität in Konflikt zu geraten. Das entspridlt dem Lebensgeffihl der Oberschidlt auch im paganen Bereidl: Der Anteil der Fremdbestimmung wird als gering, der Anteil der Selbst\mntwortlichkeit als groß eingesdlätzt. Das richtige Verhalten zu bedenken, ~angt deswegen große Aufmerksamkeit.
Das Verhalten der Menschen Demut vor Gott Für Siradl' ist es vor allem von Bedeutung, nicht zum Konkurrenten Gottes zu werden, seine Größe und Überlegenheit anzuerkennen und sidl ihm unterzuordnen. Das ist die Haltung der Gottesfurcht und der Dernut vor Gott (Sir 2, 17; 3, 18.20; 7, 17; 18,21f. Das durchzuhalten, ist die besond~ Herausforderung ffir Menschen mit einem hohen Status (Sir 3, 18). Mose wird als besonders demütig gesdlildert (Sir 45,4), und der Hohepriester Simon, der Gerechte, demütigt sidl vor Gott (Sir 50, 19). ln den Makkabäerbüdlern ist das Denken noch so stark von der Aufgabe der Befi"eiung bestimmt, daß das Verhältnis der neuen Henschaftssdlidlt zu Gott nodl nicht als problematisdl empfunden wird. Daß Gott und die Herncher zu Konkurrenten werden könnten, ist nodl nidlt bedacht. Die Makkabäerbücher bieten nur Aufsteigerrollen an. Darin ähneln sie der von ihnen bewunderten römischen Kultur. Gott und die Menschen wirken einträdltig. Das zwischenmenschliche Verhalten (A) Gegenüber statushöheren Mensdlen empfiehlt Sirach, sich unterzuordnen (Sir 4,7) und Distanz zu halten (Sir 8, 1; 13,2). Gegenüber dem Versudl gesellschaftHdl aufzusteigen, ist er skeptisdl; ~ ist es. in seinem Stand zu bleiben. Wer versucht aufzusteigen, wird ausgebeutet und vermutlich Sdladen erleiden (Sir 13, 1-24, bes. 20). (B) Gegenüber statusniedrig~n Menschen tritt er ffir Wohltätigkeit ein (Sir 12,5)1 und rät zum Verzicht auf Übertegenheitsgeffihle mit dem Argument, daß jeder der göttlichen Madlt, die erniedrigen kann, ausgesetzt sei (Sir 7, 11 ). Audl hier steht er dem Versuch der I
-
Sirach knüpft an Ub(rz(ugung(n an, di( in Prov 15,33; 18,2 und 22,4 artikuli(rt sind: Demut hat Eh!'( zur Folg(; unt(r D(mut ist di( I'(JigiöS( ~mut und di( ßrl'(itschaft sich M(nsch(n mit höh(l'(m Sozialstatus unt(rzuordn(n zu ~rst(h(n. Vgl. Da~. Anawa, S. 42-44. 1 Ais statusmind(md g(lt(n Zorn (Sir 1,27), g(h(i~ G(dank(n (f(hl(nd( Kongru(nz im p(rsönlich(n V(rhalt(n und nur ob(rflächlich( An(ignung d(r W(ish(it 1,37) und unklug( R(d(n (5,15). Statusmind(md ist also das Fthlen von ein(r wirklichen Unterordnung unter die W(isheit und Gott. ~engst, Demut, S. 61 f, zeigt, daß Sirach nicht zu d(n A~n. sondern zu ß(Sitzenden spricht, di( um ihl'(n hoh(n Status fürchten. Sirach empfehl( ihnen den Verzicht auf den .skrupellosen Gebrauch" ihl'(r Macht und ~mut, die zur 8(Scheidenheit gerönne.
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Niedrigeren aufzusteigen ablehnend gegenüber'. Wenn sich jemand mit niedrigerem Status mit Demutsgebärden nähert, ist Mißtrauen anZU13ten. Wer sich so servil ~ält, will einen ausbeuten (Sir 12, 11 ; 29,5). Sir.lch isoliert die gesellschaftlichen Schichten wneinander, indem er lehrt, in Menschen aus anderen Schichten potentielle Feinde zu sehen, die nur dann ungefährlich sind, wenn man Distanz zu ihnen hält. Maßvolle Demutsgesten sind dem Höheren gegenüber angemessen. Wenn sie sich häufen, bewertet er sie negativ. Dem kol'Tt'SpOndiert, daß er expHzit dazu auffordert, nicht auf seinen Status zu ~chten und ihn in der Öffentlichkeit zu behaupten: "t8
ev
(wrv
8.2. Status und Statusverzicht am Rand der Gesellschaft: Die Apokalyptischen Schriften Gottes Handeln: Gott handelt gegenwärtig nicht.
Das Charnkteristikum apokalyptischen Denkens ist die Überzeugung, daß Gott gegenwärtig nicht handelt und sich wn Gesellschaft und Geschichte distanziert hat•. Das ist der Grund dafiir, daß die Ordnung der Welt zerF.illt und sich zum Gegenbild der guten 1 Di~
Möglichk~it durch W~ish~it s~in~n Status zu ~rb~mm, st~ht d~r Unt~rschicht nicht off~n.
Handw~rk~r
und
Arb~it~r g~lt~n
ih~r A~it, di~ ihn~n ~ri~chisch~n
ihm als von d~r W~ish~it ausgrschloss~n. Er b~gründ~t das mit nicht di~ Muß~ li~ß~. si~ zu ~~rb~n (Sir 38,25ft). Das ~ntspricht d~r
Haltung. Auch Sir 3, 18 wid~rspricht d~m nicht. G~m~int ist di~ D~mut vor Gott wi~ d~r Kont~xt (3,20) ~ind~utig z~igt. Auch di~ Mahnung, sich als Symposiarchos nicht üb~r di~ and~~n zu ~rh~~n (32, 1t}, ist k~in~ Aufford~rung zur ~mut. ~r Symposiarchos od~r Architriklinos (vgl. Sh~kan, ß(n Sirach, S. 391) hatt~ di~ Aufgab~. das g~~insam~ F~t d~r Grupp~ zu organisi~~n. Er wird von d~n F~tt~iln~hm~m g~wählt. Di~ Aufford~rung, (a) sich nicht zu üb~rh~b~n (,mj bra.ipov oyj110v), sond~m sich .wi~ ~in~r von ihn~n· zu ~rst~h~n und (b) für di~ and~m zu sorg~n (~Cwl, b~d~ut~t nichts w~it~r. als s~in~r Aufgab~ g~~cht zu w~rd~n. Das gilt als ~h~nhaft (32,3). Nur w~r di~ Funktion s~in~ Amt~ sorgfältig wahrnimmt, darf auch di~ dazu g~hörig~ Eh~ b~anspruch~n. Das ist k~in~ Aufford~rung zum Statu~rzicht. 1 Das ~rst~ Makkabä~rbuch schild~rt s~hr ~indrücklich di~ Entwicklung zum Wid~rstand in dr~i Phas~n: ( 1) Mattathias ist ang~ichts d~ g~chänd~t~n T~mp~ls, d~ Status~rlust~s ~in~r Kultur, d~primi~rt und g~lähmt (2, 12t). (2) Er unt~rwirft sich d~m .Unt~rdrück~r· nicht und b~innt sich auf s~in~ ld~ntität (2, 19t). (3) Di~ Erinn~rung an di~ Groß~n s~in~s Volk~s ~rmutigt ihn, sich zu w~h~n. Daß Gott ~rhöht und ~mi~drigt, b~fähigt und motivi~rt ihn zum Hand~ln (2,67t}. Vgl. ~bram, Art. Apokalyptik II, S. 196.
110 göttlichen Ordnung entwickelf. (A) Diese Verkehrung der guten Ordnung hat eine kosmische Dimension. Sie begann damit. daß die Engel nicht bereit waren, sich Adam unterzumdnen. ln der Vita Adae et Evae wiTd davon erzählt. wie der Teufel sich weigerte, den Menschen als Ebenbild Gottes anzubeten. Er bestand auf seiner Überordnung: "lch werde doch nicht anbeten, der geringer und jünger ist als ich" (VitAd 14,3). Der Engelfall kann auch mit Gen 6,1-4 ~unden werden (äthHen 6-11; Jub 10,5-11 ). Ein erneuter Engel- bzw. Sternenfall leitet die Wirren der Endzeit ein, in der sich der Zerfall der guten Ordnung ihrem Höhepunkt nähert (äthHen 102,2). (8) Die Verkehrung der Ordnung zeigt sich an der Verkehrung des Verhältnisses zwischen lsrael und den Völkern. 1m lV. Esrabuch wird die Verkehrung der Herrschaftsansprüche zwischen lsrael und den Völkern zum Anlaß fiir die apokalyptische Spekulation2• "Dies alles habe ich vor dir Herr, gesprochen, we~l du gesagt hast, daß du um unseretwlllen diese erste Welt geschaffen hast; die übrigen Völker aber, die von Adam abstammen, hast du fiir Nichts erklärt. ·- Wenn aber die Welt unseretwegen geschaffen ist, warum haben wir nicht diese unsere Welt im Besitz?" (1V Esr 6,55-59. Vgl. SyrBar 15, 1 (C) lnnergesellschaftlich zeigt sich die Verkehrung daran, daß die Rangordnung auf den Kopf gestellt worden ist: "Und die Vtelen werden den Wenigen preisgegeben werden, und die, die nichts waren, werden sich der Herrschaft bemächtigen; und die Armen werden den Vorzug haben vor den Reichen, und die Frevler werden sich überheben über die Helden. Und die Weisen werden schweigen und die Toren werden reden."• ln den Mahnreden des äthiopischen Henochbuches e&heinen die Gerechten als Niedrige mit Leitungsanspruch; von ihnen heißt es: ,Sagt nicht von den Gerechten und Guten ..., sie hofften das Haupt zu sein und wurden der Schwanz ... die sie haßten und schlugen, bekamen die Herrschaft über sie, denen, die sie haßten, beugten sie den Rücken ..." (äthHen 103,9.11.12. Vgl. Jub 1,16 und Dtn 28, 13t. Auch der Priesterdienst ist von der
r.
1
lanczkowski, Art. Apokalyptik I. S. 190.
\lgl. Sch~in~r. 4. Esra, S. 291 f. liV Esr wird in di~ Ztit Domitians dati~rt. Vgl. St~mb~rg~r. Ut~raturg~schicht~. S. 31. Di~ Jud~n ~rst~h~n
sich als Roms Konkumnt~n. und zwar auch noch nach d~r Ni~d~rlag~ im jüdisch~n Kri~g. Syr8ar 70,4f. Di~ Aufnah~ d~r .Vi~l~n· in di~ R~ih~ wirkt stö~nd, w~il di~ O~rschicht kl~in war. ln Ägypt~n trat~n ~rgl~ichba~ G~dank~n dann auf, w~nn ~in~ Frtmdh~rrschaft ~tl~kti~rt wurd~. Vgl. Lanczkowski, Art. Apokalyptik I, S. 198. Sollt~ das b~i d~n jüdisch~n Apokalyps~n ähnlich s~in, könnt~n .di~ wtnig~n· mit d~n mmd~n H~rrsch~m und ihrtn B~amt~n und Soldat~n id~ntifizi~rt w~rd~n. Vgl. auch äthH~n 98,2. ~Möglich~rw~ist ist damit di~ F~mdwahm~hmung d~r .G~rtcht~n· aufg~nom~n. W~ngst, ~mut, S. 51-59, d~ut~t di~ Mahnrtd~n im äthH~n als Ausdruck ~in~s sozial~n Konflikts. Er id~ntifizi~rt di~ G~~cht~n mit d~n Arm~n und das b~droht~ G~g~nüb~r mit d~n R~ich~n. Ein~ b~trächtlich~ Anzahl von B~l~g~n läßt sich dafür auch anfüh~n (94,7; 96,5f.8; 99,13; 102,9 und 103,9-12). M.E. ist dab~i ab~r nur unzu~ich~nd b~rücksichtigt, daß di~ Gattung ~s ~rford~rt. di~ .G~gn~r· in all~n d~nkbar~n Hinsicht~n als böst und gottlos, tod~würdig und ~rworf~n zu schild~m. G~nau das tun di~ Mahn~d~n. lhn~n w~rd~n z.B. auch V~rstö~ g~g~n das ~rst~ G~bot vorg~worf~n. Hinzu kommt, daß unt~r d~m Hasmonä~r Simon, als di~ Mahnrtd~n d~ äthH~n ~ntstand~n (vgl. Müll~r. Art. Apokalyptik 111, S. 221tl, di~ wirtschaftlich~ Situation d~r bäu~rlich~n Unt~rschicht dadurch ~~sstrt word~n war, daß ihn~n n~u ~rob~rt~ Land als Pächt~r od~r Eig~ntüm~r zur Vrrfügung g~t~llt wurd~. Di~ Anzahl d~r Landlostn nahm ~rst unt~r Al~xand~r Jannäus und voll~nds nach d~r Erob~rung durch Pomp~ius wi~d~r zu (Appl~baum, Economic Uf~. S. 634f). Di~ Schild~rung d~r 4
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Umkehrung betroffen. Er wird wn Menschen übernommen, die ..Sklaven, wn Sklaven geboren" (AssMos 5,5) sind. (D) SchHeßlich gilt die Verkehrung der Ordnung auch innerfamiliär und individuell. Die Identität der Gesellschaft wird nicht mehr durch die Alten gewährleistet (Jub 23, 11 ). Sie sind vielmehr mit ihren Fehlentscheidungen ffir den Verfall verantwortlich (Jub 23,15.19). Das fUhrt zum Generationenstreit und zum AufStand der Jungen (Jub 23,11.26). Die Jungen henschen anstelle der Alten (Jub 23,21-24f. Individuell zeigt sich die Verkehrung der Ordnung daran, daß die Menschen früher sterben und schneller altem. Es geht dabei aber nicht nur um die Zahl der Jahre, sondern auch um deren Qualität. Sie "werden ihrer Tage satt" (Jub 23,9.11). Mit dem Sattwerden ist "Lebensekel" bezeichnet. der aus den vielfältigen Beschwerden und Defiziten des Lebens die als Strafe gedeutet werden - entsteht (Jub 23,9.13ij. Dieses l..ebensgeffihl ergreift immer jüngere Menschen. Auf dem Höhepunkt der Krise werden schon die (drei Wochen alte) Säuglinge und Kinder vergreisen (Jub 23,25). Das Dekadenzmodell ist wn der Geschichte auf die individuelle Lebenszeit übertragen worden. Zunehmendes Alter bedeutet nicht zunehmende Weisheit, sondern zunehmende Entfernung wn Gott. (E) Neben den Lebensbereichen sind auch die "Werte" durch die "~ehrte Welt" verändert: Was ein Wert war, wird wertlos: "Und die Ehre wird sich wandeln zur Schande, und die Stärke wird erniedrigt werden zu verächtlicher Schwäche; und die gesunde Kraft wird schwinden, und die Sdlönheit wird zur Gemeinheit werden." (SyrBar 48,35).
Gottes Handeln: Gott handelt am Ende der Zeiten. Am Ende der Zeiten wird Gott eingreifen und die gute Ordnung wiederherstellen. Das bedeutet die Erhöhung der Erniedrigten. We.1 Gott nicht einfach einen bestimmten geschichtlichen Zustand wiederherstellt, sondern entweder die paradiesischen Verhältnisse emeuert2 oder eine qualitativ neue Ordnung schafft1, reicht diese Erhöhung über das geschichtliche Menschenmaß hinaus und hat kosmische Dimensionen. (A) Die Gerechten werden zu den Sternen und Engeln erhöht (äthHen 104,2; AssMos 10,9; IV Esr 7,97; SyrBar 51,10)•. Damit ist ein Henschafts- und ein massMI' Hoheitsanspruch ~unden 1 • Jn g6~11schaftlich~n Wrhältniss~ sp~g~lt sond~m d~ut~t si~.
nicht
~infach di~ sozioökonomisch~
Situation in Palästina,
Dtr T~xt w~ist Brüch~ auf. Otr Aufstand d~r Jung~n ist z.T. positiv g~w~rt~t (Jub 23,19t). ln d~n 21-24 gilt ~r j~doch als Kris~nsymptom: Statt daß all~ auf d~n richtig~n W~g zurückk~hrtn, w~nd~n sich all~ von ihm ab. Di~ .kons~rvatM R~lution d~r Jung~n· ~rw~ist sich als ~in w~it~rtr Schritt auf d~m W~g in d~ Kris~. Hint~r di6~r Erw~it~rung könnt~ di~ Enttäuschung üb~r d~n makkabäisch~n Aufstand st~h~n. 2 H~ilsz~it und Urz~it korrtSpondi~rtn ~inand~r auch in ihrtn Hi~rarchi~n. Was ~inst o~n war, wird wi~d~r nach ob~n ~~tzt. Di~ Em~drigung d~r Zwisch~nz~it bl~ibt ~in~ - w~nn auch schm~rzlich~ und langandau~md~ - Episod~. 1 Di~ H~ilsz~it üb~rtrifft di~ Urz~it. Auf di~ Hi~rarchi~n b~zog~n h~ißt das, daß di~ Ämt~r n~u und zwar ~s~r ~s~tzt w~rd~n. Di~ g~fall~n~n Eng~l ~rd~n marginalisi~rt. an das äuß~rst~ End~ d~r Erd~ und danach in ihrt ti~fst~ Ti~f~ vtrbannt (äthH~n 18,11 ff). Di~ G~rtcht~n w~rd~n ~rhöht und rück~n aus d~r Marginalität d~r Unt~rdrückt~n zu ~in~r z~ntral~n Position auf. Si~ partizipi~rtn nicht nur an d~r Position d~r Eng~l. si~ ~~tz~n si~ auch. •oi~ St~m~ sind Eng~l. ab~r nicht all~ Eng~l sind St~m~ (Böch~r. Art. Astrologi~ 111, S. 301). 1
Wrs~n
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den astrologischen Vmstellungen der Zeie stehen die Sterne für den Glanz, der wn Herrschergestalten ausgeht (Num 24,17; Gen 37,9), und für die Streitmacht Gottes (Dan 8, 10; Jdc 5,20; I Reg 22,1 ). Auch sind die Sterne die Henscher über die Zeit. Den Gerechten werden Doxaglanz, Hoheit und kriegerische Macht und Stärke \'erliehen. (B) Die Geredlten werden zu Richtern über alle Menschen erhöht. Die zukünftige Position der anderen Völker wild sich daTan entscheiden, wie sie sich den Erniedrigten gegenüber \6halten haben (Syrßar 72, 4t). Die Erniedrigten werden über das Schid<sal der jetzt Mächtigen zu Gericht sitzen (äthHen 38,5). Die Erniedrigten wissen sich als die verborgene Mitte der Weft. Das \'erleiht gesellschaftlich niedrigen Menschen die egozentrisd'le Weltsicht wn absoluten Henschern. Diese Allmachtsphantasien stehen zu der erlebten politischen Ohnmacht in heftiger Spannung1 • Der Positionswechsel
Zur Wiedererrichtung der richtigen Rangfolge kommt es dun::h das alleinige Handeln Gottes (Dan 2,34; 8,25; IV Esr 6,6). Auch der Messias kann als der Ausführende gelten (SyrBar 72,2t), und auch die Gerechten selbst können eine ak~ Rolle übernehmen4 • Vorhenschend ist die Vmstellung, daß die Niedrigen sich nicht die Henschaft nehmen, sondern sie erhalten. Ihr Ante11 daran ist ihre Treue und Gerechtigkeit, d.i. die Wahrung ihrer Identitäts.
Die Haltung der Menschen: Die Haltung Gott gegenüber Die Ungeredlten sind Gott gegenüber hochmütig (äthHen 63,7; 68,4). Die Geredlten dagegen sind ihm gegenüber demütig und sich ihrer Nichtigkeit und Sündigkeit wr ihm bewußt. Das findet Gottes Gefallen (IV Esr 8,20-36. bes. 31-36; Dan 10,12; Testlud 19,2; 'Explizit sind Frrude und Heilsgewißheit (äthHen 104,4t} bzw. Unantastbarkeit (AssMos 10,9) die Kennzeichen der neuen Existenz. ZygJ. Böcher, Art. Astrologie 111, S. 300-305. 1 Das hat seine Entsprrchung im Gottesbild. Der transzendenten Größe Gottes korrespondiert seine Tatenlosigkeit in der Geschichte. Allmacht und Ohnmacht, Himmel und Erde können nur noch durch Engel und Mittlergestalten zusammengehalten werden. Von Gott gehen die Engel, von den Menschen gehen die Gerrchten und Offenbarungsempfänger aus; sie treffen sich an den Orten der Offenbarungen und der Visionen. 4 Münchow, Ethik, S. 134, betont, daß in den Apokalypsen so detaillierte Angaben über den Endkampf der Gerrchten wie in 10M fehlen. Für die Apokalypsen ist wesentlich, daß die Aktionen ~er Frommen erst nach dem Eingrrifen Gottes einsetzen und dieses nicht herbeizwingen. Die ~rwendete Bilderwelt spiegelt das wider. ln SyrBar 35ff wird der Prozeß beschrieben, der zum Fall der Mächtigen und zur Erhöhung der Marginalisierten führt. Zu Beginn der Vision stehen sich ein Wald umgeben von hohen Bergen und ein Weinstock gegenüber. Von einer Quelle, die unter dem Weinstock entspringt, geht die Gewalt aus, die Berge und Wald erniedrigt und schließlich die Zeder fällt. Der Weinstock besiedelt .ganz ruhig und still" (36,6) die Brache, nachdem die Zeder berrits am Boden liegt. Die Vision endet mit der idyllischen Darstellung eines Weinstocks inmitten einer Blumenwiese. An anderrn Stellen wird Israel durch friedliebende und gewaltlose Tierr symbolisiert: durch eine Taube in IV Esr 5,36 und durch Schafe im Buch der Traumvisionen in äthHen 89.
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Testlos 10,2; TestBenj 5,5). Esra wird Erhöhung zugesagt. weil er sich selbst erniedrigt und den Sündern gleichgestellt hat (IV Esr 8,48)'.
Die Haltung der Menschen: Das zwischenmenschliche Verhalten 2 Die Ungeredlten sind den Armen und Niedrigen gegenüber gleichgültig oder feindlich gesonnen (äthHen 96,4.5: "'" und die Niedrigen durch eure Kraft niedertretet"). Die Gerechten dagegen anerkennen ihre Verantwortung für die Armen (Dan 4,24) und sogar für die Tiere (festSeb 5,1 ). 1n den Testamenten der Zwölf Patriarchen wird auch der Sta~cht gegenüber den Menschen gefordert. Das wird negativ und positiv bestimmt. (A) 1m TestGad (5,5) gtlt Demut ('T'flm~) als Heilmittel bzw. Vorsorge gegen den Neid (~) 1 • We1l der Fromme wn Gott und nicht wn "dieser Welt" seine Anerkennung erwartet, kann er dem Aufstieg und der Erhöhung des andem ohne Neid begegnen. Als primärer Rollenpartner gtlt Gott. Status wr ihm zu erwerben ist wn größerer Wichtigkeit als der Statusge\Vinn unter den Menschen. Die menschliche Gesellschaft wird relativiert und gtlt als Erprobungsfeld. Demut ist noch kein posi~ Wert, sondern erst eine Unabhängigkeitserklärung. Der einzelne ge\Vinnt an Macht und Hoheit, weil er für die Erreichung seines Ziels, den Statuserwerb, nicht mehr auf die Gesellschaft ange\Viesen ist. Das ist hier aber nicht mit einer Verachtung der gesellschaftlichen Positionen verbunden, sondern mit dem frriwll1igen Verzicht auf Konkurren~alten und der Hochschätzung der Gruppeneinheit (8) 1m Testlos erscheint der Status\micht gegenüber Niedrigeren als ein posi~ Wert. Joseph wird wn Menschen erniedrigt. Er nimmt die Erniedrigung an und verwandelt sie in eine freiwillige Selbsterniedrigung, indem er sich den Ismaeliten und Ägyptern gegenüber als Hausskl~ bezeichnet und so seine Freilassung unterbindet. Selbst als er sein Amt beim Pharao innehat, erhebt er sich nicht über seine Brüder, sondern er "war unter ihnen wie einer wn den Geringsten" (festJos 11, 17). Die Übernahme der geringsten Position bedeutet das Te~len wn Leben und Gütern. Das betrifft auch die Übernahme der Schwäche der Brüder. Joseph wird krank. Beinahe findet ein Tausch statt: Josephs Größe geht auf die Brüder über, deren Schwäche geht auf Joseph über. Das geschieht aufgrund der freiwilligen Selbsterniedrigung des Größeren. Das Motiv für diesen frriwllligen Status\micht ist die Achtung wr der Würde der Brüder und die Scheu, sie zu erniedrigen (restlos 11, 17). Dieser Demut folgt die Erhöhung durch Gott (18,3). Die Demut des Joseph ist die Folge der 1dentifikation mit Gottes Haltung. Joseph achtet die Würde der Brüder, we~l er um ihre Erwählung durch Gott weiß und seine liebe 'Der Vers markiert allerdings das Ende dieser Selbsterniedrigung: Esra wird aufgefordert, nun die Gottlosen ihrem Schicksal zu überlassen, ihrer nicht länger zu gedenken und sich statt dessen auf die kommende Herrlichkeit zu freuen. Die Selbsterniedrigung wird einerseits hochgeschätzt, andererseits ist sie nicht mehr für den Menschen angemessen, der weiß, daß er zu den Auserwählten zählt; in der zukünftigen Welt hat sie keinen Raum. ~elche Bedeutung der Ethik in den apokalyptischen Schriften zukommt, ist umstritten. Schmithals erkennt bei ihnen gar kein Interesse an Ethik (zitiert bei Münchow, Ethik, S. I 34): Münchow widerspricht ihm ebd .. 1 Sie steht parallel zu ltKa.t~.
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zu ihnen nachahmt ungeachtet ihres Versagens. Demut gegenüber Menschen wird möglich, indem der Erniedrigte sich mit der grundlegend posi~ Haltung Gottes den Emiedrigern gegenüber identifiziert, sie als Gruppenmitglieder anerkennt und indem deren Machtanmaßung und der Machtmißbrauch als Schwäche gedeutet wird.
Die essenischen Schriften Die Essener werden wn Phflo und Josephus als eine Gerneinschaft beschrieben, die sich hinsichtlich des Umgangs mit Statusfragen wn der Gesellschaft abhob. Das findet sich in der Selbstbezeichnung der Essener als "Gemeinde der Armen und DemütigenN wieder. Damit deuten sie aber nicht wmehmlich den Sta~cht beim Eintritt in die Gemeinde, sondern die marginalisierte Position der Gemeinschaft, die durch die Erniedrigung ihres Gründers entstanden war. Das Thema Status und Sta~cht hat ffir die Fremd- und ffir die Selbstwahrnehmung der essenischen Gruppe konstitutive Bedeutung.
Die Gründung der Gemeinschaft als Folge einer Erniedrigung Die Außenperspektive
Die Gründung der Gemeinschaft wn Qumran läßt sich als die Folge eines Sta~ustes betrachten. Der "Lehrer der Gerechtigkeit", ein Zadokide', hatte seinen Anspruch auf das Amt des Hohenpriesters nicht gegen die hasmonäischen Aufsteiger aufrechterhalten und durchsetzen können. Das Hohepriesteramt wurde durch die neuen politischen Hemdler, die aus keiner hohepriesterliehen Familie stammten, mi~hen. Auf diesen Statusvertust reagierte er mit Rückzug. Die Reaktion erinnert an den Rückzug Achills aus dem griechischen Heer. Achfll war wie der Lehrer der Gerechtigkeit überlegen hinsichtlich seines religiösen Status, aber unterlegen hinsichtlich seiner politischen Macht. Er wandte sich an seine Schutzgottheit und bat sie um die Wahrung seiner Interessen. Die Schutzgottheit hatte selbst nicht die Macht. das zu tun, erreichte aber über den höchsten Gott einen lnteressenausgleich. Achill und Agamemnon galten beide als wichtig für die Gruppe. Das spiegelt sich in den begrenzten Machtbefugnissen ihrer Schutzgötter. Der Lehrer der Gerechtigkeit wendet sich an den einzigen Gott wie an eine Schutzgottheit Dieser einzige Gott kann keinen Ausgleich schaffen, weil mit Berufung auf ihn den Gegnern jede Legitimität aberkannt wird. Zwischen dem unterlegenen Lehrer der Gerechtigkeit und dem überlegenen "~lpriester" kann niemand mehr ~itteln, Gott ist gerade wegen der gemeinsamen Berufung auf ihn ein konfliktfördernder Faktor. Weder der Lehrer der Gerechtigkeit noch sein Gegner suchen einen Ausgleich. Der Lehrer der Gerechtigkeit hat nicht genug Macht. seinen Gegner zu einem Kompromiß zu zwingen. Sein Vgl. Mai~r. Jud~ntum, S. 40. V~rmutlich hatt~ d~r Lth~r d~r G~~chtigk~it das Hoh~pri~st~ramt für ~inig~ Ztit inn~. bis ~r g~g~n Jonathan unt~rlag und fli~h~n mußt~. Jonathan üb~mahm das Amt 152 v. Chr.. Vgl. St~g~mann, Es~n~r. S. 205f. 1
s~lbst
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Gegner kann es sich leisten, ihn auszuschließen. Das spiegelt sich in der Behauptung wn absoluter Macht und völligem gegenwärtigen Mach~cht Gottes. Fs läßt sich ein zweiter Vergleich ziehen: Etwa 25 Jahre wr der Niederlage und dem Rückzug des LehreiS der Gerechtigkeit hatte der Hohepriesterkandidat Onias IV. als Reaktion auf sein Unterliegen Zuflucht bei Ptolemäus gefunden und in Leontopolis einen zweiten Tempel gegründet. Onias unterhielt eine Konkurrenzinstitution, unterstützt durch den politischen Konkurrenten der seleukidischen Henscher Palästinas. Er hielt innerhalb des gemeinsamen Rahmens seinen Anspruch aufrecht. Über ihm und dem Jenisalerner Konkurrenten standen die politischen Machthaber - wn ihnen hätte ein Interessenausgleich ausgehen können. Der Lehrer der Gerechtigkeit dagegen zog sich an einen Ort außerhalb der gemeinsamen Welt ZUTÜck, in die Wüste. Auch kündigte er die soziale Gemeinschaft auf. Die Isolierung, in die der Lehrer der Gerechtigkeit sich begab, war also eine doppelte. Er ~and sich als alleiniger Vertreter des Gotteswillens und sah bei keinem anderen und an keiner anderen Stelle Gott am Wirken. ln gewisser Weise machte er seinen Gott so machtlos. Der Lehrer der Gerechtigkeit und seine Anhänger \mYeigerten in religiöser und in sozialer Hinsicht die Beziehung zu denjenigen, die sich ihnen als überlegen erwiesen hatten - ihre Isolation war umfassend und war mit der Weigerung, einen Sta~ust hinzunehmen, so eng ~unden, daß die Affinität zu dualistischen Gedanken nicht verwundem kann. Die Innenperspektive
1. Der Lehrer der Gerechtigkeit wird wn seinen Gegnern abgelehnt; das erlebt er als lebensbedrohlichen Kontroll\erlust. Er ffihlt sich Mächten ausge~efert, die ihn '.mlichten wollen (1 QH Vl1,1-5; Vl,22-24; 1 QpHab Xl,4-8). 2. Sein Leben wird gerettet (1 QH Vl,25t), obwohl er nicht auf gesellschaftliche Machtmittel zurückgreifen kann und möglicherweise auch hinsichtlich seiner Integrität angreifbar ist (1 QH VII, 16-18). Damit geht eine Erleuchtungserfahrung einher (1QH Vl1,26t) und die Übernahme einer neuen Rolle: der des Vaters und der Amme der Gemeinde (1 QH Vl1,20t). 3. Das erfährt er als Parteinahme Gottes für sich als ffir einen Armen und Demütigen'. Die Identifikation Gottes mit ihm erfährt er als so weitgehend, daß er seine Verwerfung mit der Verwerfung Gottes gleichsetzt. So wie er durch seine Erleuchtung und Erhöhung unter seinen Anhängern die Lehrerrolle übernahm, übernimmt er durch seine Erniedrigung 'w~ngst, D~mut, S. 56f. Wmgst ~rbind~t damit ~in~ positivt W~rtung. Das b~rücksichtigt m.E. zu daß ~ sich ~im Ring~n um das Hoh~ri~t~ramt um ~in~n St~it zwisch~n füh~nd~n Mitgli~d~m d~r O~rschicht hand~lt~. D~r Famili~ d~ .Lth~rs d~r G~~chtigk~W war ~ nicht g~lung~n. ~in~n w~rtwll~n B~itzstand zu ~ah~n. Sich~r war das ~in~ Emi~drigung und b~d~ut~t~ d~n V~rzicht auf gro~ Einnah~n. Von ~in~r V~rarmung (W~ngst, D~mut, S. 65) zu sp~ch~n. ~rsch~int mir all~rdings ang~ichts d~ groß~n R~ichtums d~r hoh~pri~t~rlich~n Famili~n unang~m~~n. ~r lth~r d~r G~~htigk~it ~ibt sich in ~in~ marginalisi~rt~ Position (Wüstd, w~il ~r di~ Ni~~rlag~ nicht ~rtrag~n kann, und ~rw~nd~t di~ Tradition vom Arm~n und D~mütig~n. um ~in~n Hoh~its- und Führungsanspruch au~htzu~rhalt~n. wY~nig,
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unter seinen Gegnern die Funktion cines "Schibboleth" (1 QH VII, 12). An ihm entschcidet sidl Zugehörigkcit zu Gott oder seine Ablehnung. Indem "die AbtTünnigen" nidlt auf den Lehrer der Gerechtigkcit härten, haben sie Gott selbst verworfen. Die Verbindung mit der ..Armentheologie" ermöglidlt cinerseits die Übernahme der marginalen Position in der Wüste und andererseits die Aufnahme der Tradition wm Helligen Krieg. Die Gegner sollen in Zukunft gedemütigt werden (1QpHab IX, 10; vgl. XI, 10), wetl sie die Armen erniedrigt haben (1 QpHab Xll,Jft). ln der Kriegsrolle wird der eschatologische Kampf der GemcindemitgHeder gegen die "Scharen BeHals" beschrieben. ln diesem Kampf werden die Mädltigen der Gegenscite gedemütigt. Das wird ermögHdlt, we1l Gott auf der Seite der Sektenmitglieder steht: ..Wtr geben Veradltung den Königen, Spott und Hohn den Helden, denn der He1lige ... ist mit uns" (1QM XII, 7). Das geht mit cinem Bekenntnis der cigenen Ohnmadlt cinher: ..Und nidlt unsere Kraft und die Stärke unserer Hände haben Kraft bewiesen, sondern durch dcine Kraft und die Stärke dciner großen Macht" (1 QM Xl,5 mit Beispielen aus der Geschichte Israels). Das drückt sich durch die Selbstbezcidlnung ..Arme" (C'l"'':1M) aus: ..Wer ist wie du an Kraft, Gott Israels. und mit den Armen ist deine mädltige Hand" (1 QM Xlll, 13f vgl. audl XI, 13)'. Gott wirkt durch diese Mensdlen, indem er sie mit neuer unüberwindlidler Kraft erfüllt (1 QM >N,5-7). Nadl dem ~ieg in diesem Krieg werden es diese Erwählten sein, die herrschen (1 QM 1,5; XII, 15). Das SelbsMrständnis der Qumrangemcinde ~indet also cin massM:s Hohcitsbewußtsein durch den Ansprudl, Gott aßcine zu repräsentieren, und zwar als Krieger, Ridlter und Retter, mit der freiwilligen Übernahme ciner marginalisierten Position in der Geseßschaft.
Statusverzicht innerhalb der Gemeinschaft Die Außenperspektive: Die Wahrnehmung der Gemeinschaft bei Philo und Josephus
Philo beschreibt die Essener in der Sdlrift Quod Omnis Probus Llber Sit (77f): Er nennt zwci typische Merkmale: (1) ln ihrer Gemcinsdlaft 91bt es keine privaten Besitz. Sie haben cine gemeinsame Kasse. Darüber hinaus g1bt es audl keinen Privatbesitz wn Häusern, Kleidem und Nahrung. Besitz ist also kein Kennzeidlen fiir den Rang. (2) Um der Gleidlheit und der Geschwistertidlkeit aller Mensdlen Willen haben sie keine SkiCMn. Sie leisten einander Dienste: .~· ~ ~ ~ ~"2 • Die Rangfolge I
G~nau~r b~chri~b~n w~rd~n M~nsch~n. di~ ~rschöpft sind und z~rbroch~n: Es sind Strauch~lnd~. mit vtrzagt~n (vträngstigt~m) H~rz~n und schlaff~n Händ~n. M~nsch~n. di~ verstummt sind und d~ren Kni~ zitt~m. d~ren Nack~n z~rschlag~n ist (XV,S-7). D~m ~ntspricht ~in~ G~sinnung: Es sind di~. di~ in d~n Staub g~~ugt sind (Xl, 13), di~ z~rschlag~n~n G~ist~ sind (Xl,IO: nn "ll.l) und di~ d~mütig~n G~ist~ sind (XIV,7: nn "UP:1). 2 Quod omnis probus 79. ~w· b~d~ut~t .to retum a kindn~ss· (Ud~ll Scott, S. 142); Pa~. S.l97, üb~~tzt mit: ..Als G~g~ndi~nst ~rw~~n·. ~r Akz~nt li~gt auf d~r G~g~ns~itigk~it; daß~
117 ist die des AlteiS (81). Sie schätzen das einfame Leben und eine angemessene Selbsteinschätzung'. Auch Josephus (Bell 11,8) steßt die Bedeutung des freiwilligen Sta~mtes (1) als Besi~mt und (2) als Verzimt auf Geltungsstreben heraus. (1) Die ..Sekte" lebe in GüteJgemeinscha~. Mit dem Eintritt sei der Verzimt auf PeJSÖnlimen Besitz und somit die Überwindung der scharfen Unterschiede wn "niedriger Armut und übetmäßigem Reichtum" (Bell 11,8, 158) verbunden. Zur Gütergemeinschaft gehöre die asketisdle und anspruchslose Lebensfonn). (2) Zur Beherrschung der Sriebe" zähle der disziplinierte Umgang mit der Rede. Im Gemeindehaus sei es sttll, keiner fiele dem anderen bei Diskussionen ins Wort (Bell 11,8, 160), nam außen würde Stlllsdlweigen über die Lehren der Gemeinschaft bewahrt (Bell 11,8, 160f). Zu dieser straffen Ordnung gehöre aum der Gehorsam der Mitglieder ihren Vorstehern gegenüber (Bell 11,8, 160). Besondere Aufmerksamkeit ~ent ein Bement des Eintri~redlens. Josephus schreJbt: "Ferner muß er schwören, falls er selbst einmal zu befehlen habe, nie seiner Mamt sim zu brüsten und weder in Kleidung noch in sonstigem Sdlmuck es seinen Untergebenen zuwrtun zu wollen" (Bell 11,8, 160). Damit wird wn Übergeordneten der Verzimt auf ihre Statusmerkmale gefordert. Das Bild des Leitos wird so bei allen Mitgliedern ~nkert. Sollte sim einer andos verhalten, wäre der Protest der Gruppe legitim und simer·. Die Betonung wn RangunteJSdlieden wird abgelehnt. Die Innenperspektive
Nach der Gemeinderegel war die Gemeinde folgendermaßen strukturiert~. Die Gemeinde kennt als Institutionen die Mitgliedmmammlung, das Leitungsgremium und die Priesterkollegien. Die "Mitgliedmmammlung" entschied über Vostöße gegen die Ordnung der Gemeinschaft und stimmte über die Aufnahme wn Mitgliedern ab. Sie hatte sich
dab~i
unb~tont.
um
Di~nst~ hand~ln könnt~. di~
sonst von Sklavtn
vtrseh~n wurd~n.
ist möglich,
ab~r
'tn ~inem Tug~ndkatalog (84: -rO ci~v). Maier, Zum Begriff '1TT', S. 2J 1, w~ist darauf hin, daß vtrmutlich k~in völlig~r V~rzicht auf d~n B~itz ~rfolgt s~i und di~ Mitgli~d~r möglich~rw~i~ auf PrivaMrmög~n hätt~n zurückgrtif~n könn~n. lnsg~samt s~i~n di~ wirtschaftlich~n v~rhältniss~ d~r Qumrang~~inschaft undurchschaubar (S. 2J4). Vgl. St~g~mann, Sozialg~schicht~. S. 146f, und St~g~mann, Ess~n~r. S. 246ff, di~ zwisch~n d~r Üb~rgab~ d~r Eig~ntumsrtcht~ an di~ G~m~inschaft und dem privat~n Ni~ßbrauch bis hin zum Hand~! unt~rsch~id~n und als Motivation nicht d~n Ausgl~ich d~r wirtschaftlich~n Wrhältniss~ d~r Mitgli~d~r. sond~m di~ Einhaltung von R~inh~itsvorschrift~n und di~ Rückführung d~s Land~ in das Eig~ntum Gott~s ann~hm~n. )D.i. d~r v~rzicht auf di~ Wrschön~rung d~s Körp~rs durch Kos~tik (11,8,J), Kl~idung (11,8,4) und di~ Mäßigk~it d~r Nahrung (11,8,5). •oie Führ~rg~talt~n w~rd~n damit nicht nur von ob~n. von d~n Konkurr~nt~n. sond~m auch von unt~n kontrolli~rt. Das Wrfahrtn garanti~rt ~in~ stabil~ G~talt d~r hi~rarchisch~n M~rkmal~ d~r Grupp~. Di~ R~g~lung di~nt damit d~nj~nig~n. di~ für di~ faktisch~ G~talt d~r G~~inschaft st~h~n und in ihr Macht ausüb~n. ln funktlonal~r Hinsicht ist di~ R~g~lung m.E. nicht h~rrschaftskritisch. ~Ich folg~ dab~i d~r Darst~llung W~inf~lds, Qumran s~ct. Es ist damit zu rtchn~n. daß di~ Struktur sich in d~n 150 Jahrtn d~s ~st~h~ns vtränd~rt~. Vgl. Hunzing~r. Entwicklung, S. 260ff. 2
118 zwei übergeordnete Ämter, einen "Kaufmann", der das Gemeinschaftseigentum ~altete
(1 QS VI, 19tl, und einen "Pelsonalchef', der die Aufnahmegespräche mit den Anwärtern fiihrte (1 QS VI, 14tl. Daneben hören wir wn der Überordnung der Priester. Sie haben in den Sitzungen die wrderen Plätze inne und betreten als erste den Sitzungssaal (1 QS II, 19). Sie sprechen den Segen wr und nach dem Essen und sind scheinbar auch die Leiter der kleinsten Einheiten der Gemeinschaft, der Zehnergruppen (1 QS VI,Jtl. Nach ihrer Anweisung erfolgt die Verwaltung der Gemeinschaft, die Rechtsprechung und die Abstimmungen der Mitgliedmmammlung (1 QS 1X,7)'. Ihnen folgen die Ältesten (1 QS Vl,8), an anderer Stelle die Leviten (1 QS 11,20). Die Leviten nehmen Aufgaben beim Aufnahmeritus und bei der jährlichen Erneuerung des Eides wahr; wn den Aufgaben der Ältesten hören wir nichts. Das oberste Gremium der Gemeinschaft besteht aus zwölf oder fiinfzehn MitgHedern, darunter drei Priestern. Es repräsentiert die Gemeinschaft und entscheidet über ihren Weg. Die Mitglieder hatten einen ~iedenen Rang inne, der sich in der Sitzordnung bei den Sitzungen und beim gemeinsamen Mahl sowie bei der Vergabe des Rederechts auswirkte. Ausschlaggebend fiir den Rang waren normenkonformes Verhalten und der Grad der Zustimmung zur Gruppe (1 QS V,23tl, die jährlich überprüft wurden, so daß es \ermutlich in der Regel zu einer Art "Bewährungsaufstieg" kam 1 • Die Entscheidung über diesen Rang wurde gefällt aufgrund der Empfehlung der Priester (1 QS V,21) und der ..Menge Israels" (1 QS V,22), der MitgHederversammlung. Wie das Verhältnis dieser beiden Empfehlungen zu denken ist, bleJbt hier und an anderer Stelle im Dunkeln. Die Gemeinschaft ~nt also demokratische mit hierokratischen 8ementen. Das Gewicht der Priester ist auch an der Bedeutung der Reinheitsvorschriften und der Kleiderordnung abzulesen. Die Kriterien ihres ..Ethos" sind über ihren Stand hinaus fiir alle gültig geworden. Innerhalb der Gemeinschaft waren die Priester prinzipiell den lAien übergeordnet. Sie hatten bessere Möglichkeiten, auf die Entscheidungstindung Einfluß zu nehmen. 1 QS IV,J nennt das Votum der Priester und der Mitglied~mmlung nebeneinander, als fanden zwei getrennte Abstimmungen statt; 1 QS V,9 nennt die Priester als Offenbarungsmittler; 1 QS V,21 betont wieder die Bedeutung der Vorgaben der Priester. Beim Eintritt leisteten also wr allem die reichen lAien einen Statusverzicht Die Gemeinderegel kennt die Demut als (1) Dernut wr Gott, (2) als negativ bewertete Serv~lität und (3) als Demut gegenüber rangniedrigeren Menschen1 • (1) Zwei (1 QS 111,8; IV,J) der fiinf Belege fiir :"'''lP beziehen sich auf den Geist der Gemeinschaft...Demut" (1 QS IV,J) ist ein Werk des guten Geistes; der böse wirkt Hochmut ( "m cn 1 QS IV,8). Der Geist der Demut steht in 1 QS 111,8 parallel zu ""'U1' und Q11t als reinigend und sühnend. Demut ist den Geboten Gottes gegenüber zu erbringen. Die Demut wr Gott ist ein Identitätsmerkmal der Gruppe. (2) Die Gemeinschaft wn Qumran kennt auch die negativ 1 Hunzing~r.
Entwicklung, S. 261, si~ht darin das R~Hkt ~in~r ält~r~n Ordnung. 0afür spricht auch, daß Jo~phus b~richt~t (8~11 11,8, 163), si~ l~ist~t~n d~n Ält~rrn G~horsam; das ist dann sinnvoll, w~nn mit d~r Dau~r d~ V~rbl~ibs in d~r G~~inschaft auch ~in höh~rrr Rang ~rworb~n wird. 1 0aw~. Anawa, S. 40f, b~pricht di~ B~l~g~. unt~rsch~id~t ab~r nicht zwisch~n d~r D~mut vor Gott und d~r d~n M~nsch~n g~g~nüb~r sowi~ d~r S~rvilität. 1
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bewertete Demut: die kriecherische Unterwürfigkeit (1 QS IX,23; Xl,l). Sie wird aber nicht abgelehnt, sondern empfohlen und zwar als List, um den Haß gegen die Außenstehenden zu ~en. Sie dient dazu, sich "unsichtbar" zu machen und unauffällig zu bleiben bis zur Zeit der Wende. (3) ln dem Abschnitt, in dem der Aufnahmeritus bzw. die jährliche Erneuerung des Schwurs beschrieben wird, wird auch Demut gefordert (1 QS 11,24). Unmittelbar wran geht die Aufforderung, sich seinem Rang gemäß zu \ehalten, sich weder zu erniedrigen noch zu erhöhen. Statl..IS\6zicht ist damit offensichtlich nicht gemeint. Unmittelbar im Anschluß wird der Geltungsbereich bestimmt: Diese Verhaltensweisen soll "einer gegen seinen Nächsten" (1 QS 11,25) zeigen. Die Aufforderung richtet sich an die Mitglieder und an das Leitungsgmnium. Demut wird nicht nur wn den niederen Rängen gefordert, sondern auch wn den lnhabem der Leitungsämter. Gemeint ist ein zwischenmenschliches Verhalten; genauer läßt sich der Inhalt nicht bestimmen. Die beiden übrigen Belege finden sich in dem Abschnitt 5-8, der die Ordnung der Gemeinschaft beschreibt. Hier stehen nicht die grundlegenden Werte. sondern das Verhalten der Mitglieder im Vordergrund. ln 1 QS V,J steht :11lP neben rac und "., , also neben zwei Werten, die das soziale Leben betreffen: die Einheit und die Identifikation mit der Gruppe. Demut muß hier ein Verhalten beschreiben, das den Zusammenhalt der Gruppe stärkt; es meint mithin eine soziale Tugend. Die Nähe zu '11' spricht ebenfalls dafür. Daß der Verzicht auf Dominanzstreben der Einheit förderlich ist, war in der Antike ja bekannt. 1 QS V,24ff erläutert das Verfahren bei NormeJMrletzung. Bewr eine solche wr die MitgliedeMJSammlung zur Anklage gebracht werden kann, muß eine ..priv.lte" Ermahnung wrangegangen sein. Diese Ermahnung soll in Demut erfolgen. Unmittelbar wr dieser Anweisung wird die Rangfolge der LAienmitglieder thematisiert und die Erwartung formuliert, daß di~enigen mit niedrigerem Rang den "Höheren" gehorchen sollen; dem folgt die Beschmbung des ..Bewährungsaufstiegs". Dieser Zusammenhang läßt vermuten, daß die Ermahnung durch den Ranghöheren erging; dann würden die Ranghöheren im Umgang mit dem Niedrigeren zur Demut aufgefordert. Weitere drei Stellen sprechen von rrb l1m ; damit ist aber vermutlich nicht Demut, sondern Klugheit gemeinr.
8.3. Zusammenfassung und Auswertung Menschen, die sich zum Zentrum der Gesellschaft rechnen, halten ihre Rangordnung und ihren eigenen Rang für gottgegeben und achtungswürdig. Sta~cht gegenüber rangniedrigeren Menschen würde als Verletzung der richtigen Ordnung gelten. Demut gegenüber höherrangigen Menschen steht im Verdacht der SeM1ität. Demut als soziale Tugend entsteht dagegen in marginalisierten Gruppen und wird Gruppenmitgliedern 1
111" ist ein wichtiger Begriff für die Qumrangemeinschaft. Weinfeld, Qumran sect, S. I Jf, vertritt die Verwandtschaft mit der ICOIIIW!Iia. hellenistischer religiöser Vereinigungen. Der Begriff bezeichne die Gruppe ebenso wie ihre Einheit, habe also eine organisatorische und eine religiös moralische Dimension. Hier muß wegen der Parallelbegriffe an die moralische Dimension gedacht sein. z Stoebe, Art. m, Sp. 568.
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gegenüber gefordert. Damit wird auch das Risiko, das mit Sta~cht ~unden ist. gemildert. GruppenmitgHeder werden den Statusverzicht als Tugend erkennen und würdigen. Die Gefahr, als seMl beschimpft zu werden oder seine Interessen nicht zur Geltung bringen zu können, ist geringer. Soziale Demut entsteht dabei als Nachwllzug der göttlichen Zuwendung zum Nächsten. Sie tritt bevorzugt auf, wenn es darum geht, andere zurechtzuweisen, und hat die Funktion, dem Nächsten die Übernahme der gruppenspezifischen Werte und Normen zu erleichtern. ln der Diaspora waren nicht nur apokalyptisch denkende Gruppen, sondern alle Juden marginalisiert. Hier wird die Forderung nach Demut als sozialer Tugend weiterentwickelt.
9. Kapitel: Status und Statusveränderungen Deutungen in .. den Schriften aus der jüdischen Diaspora in Agypten Erhöhung und Erniedrigung in der Diasporasituation Jn den zwischentestamentliehen Schriften aus Palästina hatten wir im Zentrum der Gesellschaft die Vorstellung gefunden, daß Gott ditjenigen erhöht, die gottesfürchtig, demütig und gerecht sind, und di~enigen erniedrigt, die hochmütig und gottlos sind. Am Rand der Gesellschaft dagegen lebten Menschen in der Überzeugung, daß Gott die Erniedrigung der "Gerechten" durch böse Mächte zuläßt und sie am Ende der Zeiten erhöhen wird, wenn das Böse besiegt ist. Diese Erhöhung wurde wrweggenommen in marginalisierten Gruppen, der J.esergemeinde" der apokalyptischen Schriften und der Qumrangemeinschaft. Seide Vorstellungen begegnen auch in den Schriften aus der Diaspora. Sie werden aber hier wn der ganzen Gemeinschaft geteilt, weil alle Juden in der paganen Gesellschaft einerseits marginalisiert waren und andererseits als Anhänger einer "philosophischen Religion" Wertschätzung erfuhren', die sich wr allem in Übertritten zum Judentum zeigte. Die Juden in der Diaspora mußten also einerseits Modelle entwerfen, durch die sie ihre Hoheit auch in marginalisierten Positionen gestalten und bewahren konnten. Andererseits mußten sie Verhaltensmuster ffir den Umgang mit den Heiden entwickeln, die ihnen mit Hochachtung begegneten oder sich sogar wr ihnen erniedrigten. Im apokalyptischen Weltbild wird der Unterdrücker mit Haß verfolgt. Wenn sich der Unterdrücker nun schon gegenwärtig freiwillig unterwirft und den Juden mit Achtung begegnet, wird der Haß ersetzt durch die Bereitschaft, ihn zu erhöhen. Apokalyptisch denkende Menschen zogen sich in Reaktion auf ihre Erniedrigung wn der Gesellschaft zurück und brachen den Kontakt zu ihr ab. Das war in der Diaspora nicht möglich und nicht gewollt Die Diasporajuden sonderten sich nicht ab, sondern wollten ihre Integration in die Gesellschaft. Das hatte zur Folge, daß das Verhalten, das in Qumran innerhalb der Gemeinschaft als "neue Ethik" entwickelt worden war, wn der Beschränkung auf GleichI
Vgl. Hrngtl, Judtntum, S. 464-473.
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gesinnte befreit wurde und auch solchen Menschen gegenüber gezeigt wurde. die nicht zur "Binnengruppe" gehörten. Der Sta~cht, den wir in Qumran gegenüber Mitgliedern der eigenen Gruppe gefunden haben, wird wn dieser Begrenzung entbunden. Fs entwickelte sich als Ausdruck wn Hoheit das Ideal, den Armen zu dienen. Die Wohltätigkeit Gottes und seine üebe zum Armen wird bis zum "Dienst" an ihnen nachgeahmt.
9. 1. Die Erhöhung des Gerechten Das Handeln Gottes: Erniedrigung als Strafe und Erhöhung als Folge der Gottesfurcht. Sta~ust
wird als Strafe für Hybris gedeutet. Sie ist die Ursache für Schande (Arist 269). Prov 3,34 wird zitiert, ~unden mit der Ermahnung, Hochmut durch die Erinnerung an die ~ aller Menschen zu meiden (Arist 263). Wie dort ist sie das Kennzeichen des Tyrannen (1V Makk 9,30). Auch bei Aseneth kann ihre Hybris gegenüber den Männem und besonders gegenüber dem Juden Joseph als Ursache ihrer Zerkni&hung und Selbsterniedrigung gelten (J<Ms 21, 12. 16.18.21 ). Statuserhöhungen werden gedeutet als Folge wn Gesetzesgehorsam, Weisheit und Tugend (SapSal 8,9tr. Dazu gehört die Demut wr Gott (SapSal 9,5t).
Das Verhalten der Menschen: Die taktische Selbsterniedrigung Zur göttlichen Ordnung gehört die Erwartung, daß der Mensch mit niedrigerem Stat\.5 sich demjenigen mit höherem Stat\.5 gegenüber als demütig erweist. Im Aristeasbrief empfehlen die weisen Juden dem König, der nach dem angemessenen Verhalten im Exil fragt, ~eh eher geringer als sein Gastgebe(' (257) zu zeigen; begründet wird das mit der Analogie zwischen göttlicher und menschlicher Natur und dem entspredlenden Verhalten: Beide, Gott und Mensch, nehmen den an, der sich erniedrigt. Demut wr Gott und Demut wr dem statushöheren Menschen sind zwei Varianten desselben MotM: Unterwerfung in der Hoffnung auf die Aggressionshemmung des Ranghöheren.
9.2. Die Erniedrigung des Gerechten Sta~ust kann gedeutet werden als Folge des Bekenntnisses zu dem einen Gott. Dafür wird entweder Gott selbst ~ntwortlich gemacht, dann 91lt die Erniedrigung als Erziehung und Prüfung (SapSal 3,5), oder sie wird Satan zugeschrieben ffesUob 4,4):
1 Di~~ dr~i B~timmung~n häng~n ~ng zusamm~n und ~xplizi~~n ~inand~r; d~r W~i~ ist g~~cht und tug~ndhaft. G~m~int ist off~nsichtlich, ohn~ daß ~s ~xplizit ausg~roch~n wird, G~~chtigk~it durch G~~tz~sg~horsam. Di~ G~~cht~n w~rf~n d~n H~rrsch~m Üb~rtr~tung d~ G~s~tz~s und nicht ~infach nur Ung~~chtigk~it vor.
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Hiob ~iert durch Satan seinen hohen Status. seinen Besitz, seine Gesundheit und Schönheit, seine Familie und sein Amt, we~l er den Götzenopferaltar zerstört. Mit der Vorstellung wn der Erniedrigung des Gerechten ist die Zusage wn Erhöhung eng ~unden: Hiob wird bereits wr Beginn der Erniedrigung die zukünftige Erhöhung angesagt rresUob 4,4-11 ). Der ..Geredlte" wird, wenngleich er zu Lebzeiten einen niedrigen Status hat und weiter erniedrigt wird, am Ende erhöht werden. Aber bereits in seiner Niedrigkeit nimmt er Hoheitsprädikate wie ,.Sohn Gottes" für sich in Anspruch (SapSal 2, 18). Das kann so weit gehen, daß Niedrigkeitsmerkmale wie Kinderlosigkeit zu Hoheitszeichen werden (SapSal 3, 15).
9.3. Erhöhung und Erniedrigung als Zufall Gottes erhöhende und erniedrigende Macht kann auch unabhängig wn der inneren Haltung der betroffenen Menschen beschrieben werden. Dabei kann die Hoffnung auf unerwartbaren und unplanbaren Aufstieg im Vordergrund stehen (Pseudo-Menander 16) oder die Aufforderung, sich wn den "Wirren" des Schicksals nicht berühren zu lassen und innerlich unabhängig davon zu bleiben (PsPhok 119-121 ). Es ist sicher kein Zufall, daß sich diese Vorstellungen in Schriften finden, die wrgeben, wn paganen Autoren zu stammen; in der Tat ist die Nähe zu ihnen groß.
9.4. Die Bewahrung der Hoheit in der Erniedrigung: Verhaltensmuster für den Umgang mit den Heiden als Unterdrückern Es lassen sich drei Typen erkennen: (1) Die Erniedrigung des Gottesfürchtigen kann als Teil des kosmischen Kampfes zwischen Gott und Satan gedeutet werden. Der Gottesfürchtige ist einerseits als Mensch dem übermenschlichen Satan unterlegen, andemseits als mit Gott Verbündeter ihm überlegen. Dieser Typus steht dem apokalyptischen Weltbild nahe. (2) Die Bewahrung der Hoheit des Erniedrigten erfolgt duTdl das Festhalten an der jüdischen Identität Der Kampf ist in den Menschen hinein ~egt. Er findet zwischen der frommen Vernunft und den Affekten statt. Dieser Typus steht der stoischen Anschauung nahe. (3) Der dritte Typus verzichtet auf die Kampfmetapher. Die Identität und Hoheit des Erniedrigten wird nicht als bedroht erlebt, die Gottesbeziehung ble~bt wn der Erniedrigung unberührt. Die Hoheit des Erniedrigten ble~bt dadurch gewahrt, daß die Weisheit ihn begleitet und endlich erhöht.
Der Sieg des Ohnmächtigen Die Überlegenheit jüdischer Identität in der Situation der Erniedrigung kann als Sieg im Kampf mit Satan ~tanden werden. Als Hiob auf die Folgen seiner ag~ Frömmigkeit aufmerksam gemacht und ihm Erniedrigung angesagt wird, wird diese Auseinandersetzung als sportlicher Wettkampf gedeutet. Verbunden ist dieser Typus mit
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einem offensiven Bekenntnis zum jüdischen Glauben. Hiob zerstört den Götzenopferaltar, der Angriff auf die pagane ReHgien wird für legitim gehalten. Die dem Sieg folgende Statuserhöhung erfolgt in drei Etappen: ln seiner Lebenszeit wird Hiob seinen Status wiedererlangen, innerhalb der menschlichen Geschichte wird sein Status erhöht, indem er Berühmtheit erlangt, jenseits "dieser Welt" wird Hiob einst auferweckt werden rresUob 4, 6-10). Die Erniedrigung wird als Pankrataion mit dem Satan gedeutet. Das Pankrataion war ein Ringkampf, in dem alle Griffe und Tricks erlaubt waren und die Entscheidung durch den Ruf des Unterlegenen herbeigeführt wurde•. ln diesem Kampf erringt der "Gerechte" den Sieg. Das geschieht aber nicht durch seine Kraft. durch die er ~läge" [resUob 4,11) austeilt, sondern indem er unterliegt. ln Kapitel 27 gesteht Satan seine Niederlage ein. Er habe ,.oben gelegen", dann aber dennoch aufgeben und laut aufSchreien müssen: ,,So auch du, Job, du hast unten gelegen und wurdest gepeinigt, aber du hast schließlich doch den Sieg davongetragen über meine Kampfeskünste, die ich gegen dich angewandt habe" rresUob 27,6). Hiob siegt also, indem er "unterliegt': Der Positionswedlsel erfolgt am Tiefpunkt der Erniedrigung, wenn der Erniedrigte aller seiner Macht entledigt ist, sich nicht bewegen kann und nidlt einmal mehr ~nen Mund auftun" kann, we~l er mit Sand gefüllt ist. Fs ist der Ohnmädltige, der über Satan triumphietf. Die Übernahme der Hiebrolle ermutigt zu einem offensi\en Bekenntnis zum Judentum und zur Bereitschaft. in der folgenden Auseinandersetzung vöiHg zu unterliegen, ohne die Hoffnung auf Erhöhung aufzugeben. Das Verhalten Hiobs wird zur Anfrage an andere. Die Erzählung bietet audl die Rollen der Freunde Hiobs als Deutemuster an: Bevor der ~eg" Hiobs eine Statuserhöhung zur Folge hat, solange er also nodl erniedrigt ist, müssen sie zu seiner Niedrigkeit Stellung beziehen. Wer an ihm Gottes Wirken erkennt, partizipiert an seiner Erhöhung, wer das nicht tut, ist für Gott ~oren. Ähnlich wie der Lehrer der Geredltigkeit stellt audl der, der die Rolle Hiobs aufnimmt, seine Mitmenschen vor die Entscheidung für oder gegen Gott. Der Erniedrigte repräsentiert Gotr.
1 Schall~r. Hiob, S. 347, Anm. zu 27,Jb. ~i~ Kampfm~taph~r b~g~gn~t auch in kynisch-stoisch~n Vorst~llung~n. Si~ ist dort ab~r and~rs
strukturi~rt. Dort ist d~r G~gn~r im Kampf nicht id~ntisch mit d~m. d~r ~mi~drigt. Dafür ist in d~r pagan~n W~lt, w~nn di~ Emi~drigung als f~indlich ~mpfund~n wird, Fortuna zuständig. D~r Kampf dag~g~n richt~t sich g~g~n El~~nt~ d~r ~ig~n~n Ptrson, g~g~n di~ B~gi~rd~n. g~g~n Lust und Schm~rz. D6w~g~n kommt 6 dort nicht zu d~m Satz, daß d~r Unt~rl~g~n~ d~r Si~g~r ist. Vi~l~hr
ist di~~nig~ Si~g~r. di~ sich als H~rrin ~rwits~n hat: di~ V~munft üb~r di~ Tri~b~. Di~ V~munft kommt dab~i .obtn• und nicht .unt~n· zu li~g~n. dorthin sind vi~lm~hr di~ Btgi~rd~n g~wi~~n. Dafür, daß das g6Chi~ht, ist Aktivität nötig; di~ V~munft muß sich durchsttun, w~nn auch dit Emi~drigung passiv hing~nomm~n w~rd~n muß. D~r Tug~ndhaft~ wird am End~ .übtr• Fortuna st~h~n. ab~r in d~m Sinn~. daß ~r von ihr nicht ~hr b~rührt wird, si~ k~in~ Macht ~hr hat. D~r Sl~g ~rfolgt nicht im Unt~rlitg~n. Di~ Otutung b~zi~ht ihrt Kraft sogar g~rad~ daraus, daß Fortuna nicht läng~r als Gtgn~rin akz~pti~rt wird; mit ihr wird g~rad~ nicht g~kämpft. Si~ wird .btwältigt•, ind~m si~ für btd~utungslos ~rkllirt wird. 1 Di~ rtligiös~n Vorst~llung~n ~rsch~in~n mir dtsw~g~n w~it w~nig~r individualistisch, als Schall~r. Hiob, S. J 15, ~nnut~t.
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Die Überlegenheit der Standhaften 1m 1V Makkabäerbuch wird der als hybrider Tyrann gezeichnete Antiochus lV. von einer Reihe wn jüdischen Menschen besiegt, indem sie seiner Forderung, Unreines zu essen, mit Standhaftigkeit widerstehen und ihrer frommen Vernunft den Vorrang geben, vor der Angst vor Schmerz und dem Wunsch zu überleben. Dieser Widerstand gilt dem Autor als Sieg sowohl über die eigenen Triebe (1V Makk 3, 10) als auch über den Tyrannen (1V Makk 1,11; 6, 10), also über den inneren und den äußeren Feind. Der Status der Märtyrer wird im Laufe der EJZählung immer niedriger. Der alte Mann Eleazar, der als Philosoph Qllt, macht den Anfang. Sein Status ist noch relativ hoch; er hat am Hof Bewunderer. lhm folgen die sieben Brüder, deren jüngster noch ein Knabe ist; sein Status ist bereits ziemlich niedrig. Antiochus empfindet denn auch Mitleid mit ihm. Zuletzt steht die Mutter der sieben Brüder vor Antiochus. Sie ist eine Witwe, ..eine Greisin und ein We~b" (1V Makk 16, 1) und markiert das untere Ende der sozialen Skala. Auch sie widersteht dem Tyrannen und siegt mit Standhaftigkeit und Vernunft über ihn. Dieser Widerstand wird als Demütigung, Erniedrigung und Niedertage des Tyrannen gedeutet (1V Makk. 9,30; 12,25; 16, 15). Sie wird durdl den geringer werdenden Status der ..Sieger" noch eindrücklicher. Die Haltung ähnelt der des Epiktet, der dem Tyrannen mit Freimut, wie sie der dritte Bruder auch aufbringt (1V Makk 10,5), entgegenhält: ..Du bist Herr über einen Leichnam" (Diss 1, 19,9). Wie dort geht es auch hier um die Henschaft der Vernunft über die Triebe, wobei die Vernunft hier durdl die Bindung an die Weisheit und das Gesetz bestimmt ist (1V Makk 1, 1St). Widerstandskraft bezieht sie dadurdl, daß sie die Machtmittel der Mächtigen nicht akzeptiert. Der Ton icit aber aggressiver als in der Stoa. Dem Tyrannen wird seine Erniedrigung ins Gesicht gesagt, er wird wn den Märtyrern beschimpft (z.B. lV Makk 12, 11ft). Außerdem wird ihm Vergeltung angedroht; die Qualen, die er jetzt zufügt, wird er im Übermaß selber erleiden müssen (1V Makk 10, 10; 12, 12). Die Demütigung, die er jetzt durdl die Standhaftigkeit der Märtyrer erleidet, wird ~llständigt durdl eine eschatologische Strafe. Auch blicken die Märtyrer einer Erhöhung entgegen. Sie erhalten den Siegeskranz im Kampf (1V Makk 17, 15)' und die Bewunderung der Menschen einschließlich des Feindes (1V Makk 17,23; 18,3), ihr Leiden gilt als stellvertretend ffir das Volk (1V Makk 17,22) und darüber hinaus auch als erlösend, we1l so die Macht des Tyrannen gebrochen wurde (1V Makk 17,20). Schließlich erfahren sie die Se~lhaberschaft am Göttlichen" - ihre Erhöhung wird also durdl eine Vergöttlichung vollendet: ..'Alß
wv
I
Das Motiv des Kampfes
b~g~gn~t ~m~ut.
Es prägt
di~ ganz~ Darst~llung, wi~
rs sich in
d~r
häufig~n V~~ndung des Stammes "'~ ( 18 Vorkomm~n) anz~igt. Wi~ in TesUob gilt d~r Tyrann als G~gn~r im Kampf, also d~r B~drück~r. nicht di~ ~ig~n~n Tri~b~. Darin unt~rschrid~t sich das Bild von d~r Erzählung. Daß es nicht ~ind~utig g~braucht ist, darauf w~ist auch, daß in IV Makk 17 ,I 5 di~ Gottesfurcht als Si~g~rin g~nannt wird, di~ d~n Athl~t~n dann d~n Kranz ~icht. IV Makk 17,12 n~nnt di~ Tug~nd
als Sponsorin und Schi~dsricht~rin des Kampfes und dir Ausdau~r als Krit~rium; ist off~nsichtlich an das G~g~nü~r von V~munft und Tri~~n g~dacht, Antiochus kämpft ja nicht mit Ausdau~r. M.E. las~n sich di~ Spannung~n am best~n durch das Mit~inand~r von stoisch~n und dualistisch~n Tradition~n ~rklä~n. D~r Kampf d~r V~munft g~g~n di~ Tri~b~ wird üb~rlag~rt von d~m d~r G~~cht~n g~g~n d~n Bö~n. hi~r
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tlJv ~LAXV lT~L ta o4urta tolc; mlvoLc; acElVOL OU ~WO tWV UvepWrrwv
Eau~
ixJJ.ix. Ku\. SE~ ~i.fuc; Kuntu.lerpw" (1V Makk 18,3). Die Vorstellung einer Form der VergöttHchung war den Juden in der Diaspora also nicht fremd.
Die Weisheit begleitet in die Niedrigkeit. ln der SapSal wird für die Erhöhung des Joseph in Ägypten die Weisheit \63ntwortlich gemacht. Sie ist einerseits Repräsentantin der Gottheit, andererseits mit dem Menschen, der sie aufgenommen hat, eng ~unden. Als Joseph in Ägypten erniedrigt wird und im Gefängnis einsitzt, begleitet sie ihn in diese Niedrigkeit Sie steigt selbst mit hinab und nimmt freiwillig Niedrigkeit auf sich. Sie ist es aber auch, die ihn aus dieser Niedrigkeit erhöht. Sie bringt ihm das Zepter, Signum der Königshenschaft (SapSal 10, 14). Die Erhöhung, die sie bewirkt, wird nicht erst am Ende der Zeiten in Kraft gesetzt, sondern in der Geschichte und in der paganen Geseßschaft. Dieses optimistische Deutemuster erkennt in der Weisheit ein "interkulturell" anerkanntes Statusmerkmal. Bildung ~eiht Aufstiegschancen. Bildung ~eiht zudem Hoheit auch in einer bedrückenden Situation, we1l sie - andm als materielle Güter - unverlierbar ist. Sie ist damit eine geeignete Kategorie, um Hoheitsbewußtsein auch für marginalisierte Menschen aufrecht zu erhalten. Ungewöhnlich und wegweisend ist die Vorstellung jedoch, weil diese menschliche Bildung und Tugend zugleich die Throngefährtin Gottes (SapSal 9,4) ist. Hier wird erstmals der Gedanke der Erniedrigung einer gottähnlichen Kraft formuliert. Ihre Erniedrigung dient der Erhöhung des Menschen und wird möglich wegen der engen Beziehung zwischen dem Menschen und der göttlichen Kraft.
9.5. Die Erhöhung der demütigen Heiden: Verhaltensmuster fur den Umgang mit den respektvollen Heiden Die rituelle Selbsterniedrigung der Heidin vor Joseph und ihre Erhöhung durch ihn Die Selbsterniedrigung Aseneths erfolgt in mter ünie wr Gott. Sie gilt aber auch dem Juden Joseph, der Gott repräsentiert. Aseneth nimmt Joseph als ~hn Gottes" wahr (JosAs 11,3). Er ist es. der sie erniedrigt hat (JosAs 21,21). Vor ihm zeigt sie Demut, indem sie die Rolle der Sklavin wr ihm übernehmen WJll, konkretisiert in den Handlungen wn Bettenmachen und Füßewaschen (JosAs 6,8; 13, 15). Als seine Sklavin stellt sie sich Joseph bei der erneuten Begegnung auch wr (JosAs 19,5). Joseph ahmt die Erhöhung Aseneths durch Gott nach, indem er sie ebenfalls erhöht und sie durch seine Küsse - sie ~efhen Leben, Weisheit und Wahrheit (JosAs 19, 11) - zur Jüdin und zu seiner FTau macht. Bevor sie zu seiner Ehefrau zu seiner Rechten erhöht wird (JosAs 20,5b), wllzieht sie den Akt des Füßewaschens, ~leJbt sie also noch in der Rolle der Sklavin (JosAs 20,5a). Das wird dadurch gemildert, daß das Füßewaschen nicht mehr als Erniedrigung, sondern als Ausdruck der neuen ehelichen Gerneinschaft (JosAs 20,4) gedeutet wird.
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Die ägyptische Frau Aseneth erniedrigt sich wr dem jüdischen Mann Joseph und wird wn ihm erhöht. Da ihre Erhöhung bereits Z\Mlr durch den Engel wllzogen worden ist, trägt die Selbstbezeichnung als Sklavin und der Akt des Füßewaschens den Olarakter der freiwilligen, ritueßen Selbsterniedrigung wr Menschen. Der Roman macht die Entscheidung darüber, ob sich die Frau wr dem Mann, die Ägypterin wr dem Juden oder die Obelschichtsangehörige wr dem Hirten aus Kanaan (Jcw\5 6,2; 13,13) erniedrigt, schwer. Joseph wird in der Hauptlinie des Romans als Obelschichtsangehöriger geschildert• und wirkt keineswegs marginalisiert. Das läßt es als unwahrscheinlich erscheinen, daß der Schichtunterschied im Vordergrund steht. Auf den eiSten Blick scheint die Erniedrigung der Frau wr dem Mann im Vordergrund zu stehen. Diese Vermutung hält aber m.E. einer Nachprüfung nicht stand. Der Höhepunkt der Erniedrigung wild durch die Selbstbezeichnung Aseneths als Waise markiert. Der Statusverzicht durch die Trennung wn ihrer Famme und die Übernahme der international isolierten Position der Juden (11 ,68) stellt den Gegensatz von Heiden und Juden ganz in der Vordergrund. Ihre Erniedrigung wllzieht die Niedrigkeit der Juden nach. Es ist m.E. sehr deutlich die Heidin, die sich vor dem Juden demütigt. Andererseits ist es sicherlich kein Zufall, daß dieses Ritual durch eine Frau vollzogen wird. Und es scheint mir zweifelhaft, ob von einem übertrittswilligem heidnischen Mann dieselbe Selbsterniedrigung wr seiner zukünftigen jüdischen Frau erwartet wurde2• Ganz unwrstellbar ist es andererseits nicht. ln der SapSal (10,13t) erhöht die Sophia den erniedrigten Joseph. Zwar ist die Sophia erheblich gottähnlicher, als Joseph in dem Roman .Joseph und Aseneth" geschildert wird, so daß sie einer irdischen Frau weniger ähnelt als Joseph einem irdischen Mann, dennoch zeigt die Darstellung in SapSal, daß Juden sich wrstellen konnten, daß Gott sich durch eine wetbliche Gestalt repräsentieren lassen und in dieser Weiblichen Gestalt einen Mann erhöhen kann. Übertrittswillige Heidinnen übernehmen freiwillig die marginalisierte Position der Juden und ordnen sich ihnen als Repräsentanten Gottes unter. Juden ahmen das erhöhende Handeln Gottes nach.
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Di( 8(zeichnung Jos(phs als d(m .Sohn (in(s Hirt(n aus Kanaan" ist schl(cht int(griert: Jo§(ph ist d(m Vat(r ~n(ths ja als hoh(r Amtsträg(r b(kannt. W(r .di( M(nsch(n" sind, di( ~n(th das g(Sagt hab(n (JosAs 13, 13), od(r wi( si( S(Jbst zu di(S(r Üb(rz(ugung kam, (rgibt sich nicht aus d(m Roman. Daß di( Jud(n ab(r mit Vorurt(il(n zu kämpf(n hatten, die ihn(n ein( ni(drig( Abkunft vorwarf(n, wiss(n wir aus d(n Äuß(rung(n d(S Man(tho (Collins, Athens, S. 6). DirstS Argum(nt pfl(gt( in d(r Antik( g(g(n aufsti(gswillig( M(nsch(n V(rw(nd(t zu W(rd(n, g(g(n .homin(S novi". Daß (S in d(r ~batt( um das Bürg(rrtcht d(r jüdisch(n Einwohn(r d(r h(IJ(nistischen Städt( (m(ut virul(nt wurd(, ist d(SW(g(n gut vorst(llbar. lnt(f(55ant ist auch, daß d(r Status. d(r im rtligiö§(n Rahm(n ged(Ut(t und als hoch b(haupt(t wird, g(g(n den sozial ni(drig(n g(S(tzt wird. 2 G(g(n Standharting(r, Frau(nbild, S. 205ff. Si( w(ist auf den Unt(rschi(d zwisch(n d(n Frau(nbild(m d(S Langt(Xt(S (Hrsg.: Burchard), den ich zugrundg(legt habe, und d(S Kurzt(Xt(S (Hrsg.: Philom(nko) hin. Dab(i m(int si(, im Langt(xt (in an d(r Oikonomia Ut(ratur ori(nti(rt(S Frauenbild zu (rk(nn(n, und V(rrnUt(t, daß di( lnt(ntion der Schrift darin lieg(, d(n Übertritt von Frau(n zum Jud(ntum mit dem Hinw(is auf d(SS(n sittenV(rb(SS(rtnd( Kraft zu V(ft(idigen (S. 216). Si( st(Jit d(n Kontrast zwisch(n Mann und Frau in d(n Vord(rgrund und V(fSt(ht di( Unt(rwerfung As(n(ths unt(r Jos(ph als Ausdruck (in(S W(iblich(n V(rhalt(nsid(als.
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9.6. Die diakonische Selbsterniedrigung des Gerechten: Selbsterniedrigung als Ausdruck von Hoheit. 1m Testamenturn Hiob wird möglidlerweise die Übernahme der Dienerroße dUl'l'h Menschen mit hohem Sozialstatus gefordert. Hiob wird im Testlob als ein gerechter Mann geschildert. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Darsteßung seiner Wohltätigkeit, die sidl audl in Armenspeisungen zeigt. Sie bezeidlnet als letztes Glied den Höhepunkt in der Darstellung seiner Armenhilfe. Leider ist die Darstellung der Armenspeisung im Hause Hiob nicht ganz deutlidl. ln Kapitel 15 beridltet Hiob wn den Vorsidltsmaßnahmen, die er ergriff, um den möglidlen Hornmut seiner Kinder zu sühnen. Testlob 15,8 nennt als Ausdruck des befürchteten Hochmuts die Weigerung, die Armen zu bedienen: ..&0. Ti ~ Ka.i ~" fragen die Söhne in der Vorstellung Hiobs. Verwendet wird also das Wort, das den Tischdienst, einen typischen SkiCI'Jendienst, bezeidlnet. Die Verse zuwr sp-,ro,en aber nidlt dawn, daß die Söhne oder Tödlter Hiobs bei TISCh gedient hätten, so daß es uneindeutig bletbt, ob der TISChdienst an den Armen wn den Kindern des Hiob tatsädllidl erwartet wurde'. Wenn das der Fall ist, würde hier die Übernahme der Dienerrolle als Ausdruck der Gerechtigkeit und der Demut wr Gott wn statushohen Menschen gefordert. Die Darstellung erinnert an die "gegenseitigen Dienste.., die Josephus wn den Fssenem kennt, und an den TISChdienst der Jüngeren in der Gemeinschaft der Therapeuten. Anders als dort wird er nidlt an Mitgliedern der Kommunität erbrndlt, sondern an Fremden und Arme. Exkurs: Frauenrollen Mit der Rolle, die ftseneth ausfüllt, wird die rituelle freiwillige Selbsterniedrigung der übertrittswilligen Heidin beschrieber{ Das TestJob stellt uns weitere Frauen -.ur, die Erhöhung und Erniedrigung erfahren. Die Ehefrau Hiobs partizipiert natür1ich an dem Statusvertust ihres Mannes, was Reichtum und Amt angeht; ihre Gesundheit bleibt aber unberührt Sie arbeitet als .Dienstmagd", als W~n und erhält Brot als lohn. Ihre Emiedrigl.!ng erreicht ihren Tiefpunkt. als sie auf dem Markt ihr Haar für Brot 'mbute - natür1ich ist Satan der Händler, der sie so in tiefstes Elend trdlt, daß sie .sich selbst nicht mehrkennrund ihren Mann zum Abfall von Gott überreden und seiner ledig werden will (Test.lob 25,10). Mit dem Verk.lst ihres Haares wird sie öffentlich geschändet bis in die körperliche Dimension hinein. Diese Erniedrigung kann sie nach dem Ver1ust von Stellung und Kindern nicht mehr ertragen. Für Hiob wird mit der Abwendung seiner Frau ebenfalls der T~efpunkt erreicht; direkt anschließend gesteht Satan seine Niedertage ein. Bevor Hiob rehabilitiert wird, erfährt seine Frau eine Erhöhung; sie beginnt damit, daß einer der Freunde Hiobs seinen Purpurmantel teilt und die eine Hälfte um die in lumpen gekleidete Frau legt; ihrer Aufforderung an die Freunde. die Bestattung der ~ütteten Kinder zu ermöglichen - sie sei kein T~er, ihre Menschenwürde ist also durch die unbestatteten Kinder bedroht-. folgt der Hinweis Hiobs, daß die Kinder .aufgenommen worden (sind) in den Hirmlel" (Test.Job 39,12). Auf die bestätigende VISion hin stirbt sie. T~ere und Arme bebauem sie. Anders als Hiob hat sie nicht ausgeharrt; sie ist an ' Klinghardt, G~m~inschaftsmahl, S. 195, Anm. 26, m~int, daß T~sUob 15, I vom TJSchdi~nst d~r drs Hiob b~richt~. Ihr Hochmut brständ~ hing~g~n darin, daß si~ sich s~lbst ~i TISch ~di~n~n li~ß~n. Di~ Ergänzung von [di~ Arm~n) in TrsUob 15,8 durch Schall~r l~hnt ~r ab. z Burchard, Jo~ph und As~n~th, S. 611. 1 W~r s~in~ Haar~ zwangsw~isc ~rlor, ~mpfand das als Symbol von Ohnmacht und Unt~rdrückung. Di~ frtiwillig~ Entäuß~rung dag~g~n galt als Akt d~r Hinga~. Vgl. Kötting, Art. Haar, S. 176; das Erg~h~n d~r Frau Hiobs w~rt~t ~r als üich~n d~r Armut (S. 188). M.E. wä~ zu prüf~n. ob rs sich um ~in~n Euph~mismus für Armutsprostitution hand~ln könnt~. Kind~r
128 der körperlichen Erniedrigung zerbrochen'. Anders als Elihu aber gilt sie nicht als Sünderin, sie erfährt eine Underung ihrer Niedrigkeit - wieder in körperticher Hinsicht - und den Trost für ihr schweres Leid um ihre Kinder. Ihr Weg wird aber nicht zu Ende geführt Auch von Auferstdwng ist nicht die Rede. Bleibt hier die Frau hinter dem Mann zurück, so gehen die Töchter des Hiob weiter als die Söhne. Die Söhne erben den materiellen Besitz des Hiob, die Töchter dagegen erhalten Gürtel. die ,.in die größere Wett führen· (TestJob 47,3). Als sie die Gürtel umlegen. wird ihr Herz verwandelt. sie geraten in Ekstase und sprechen in Zungen - anschließend deuten sie einander ihre Zungenrede. Die Töchter wählen eine asketische Lebensform; Besitzverzicht ist mit pneurnati_scher Verwandlung und Begabung verbunden. Das gilt als eine Erhöhung über den hohen Sozialstatus der Brüder hinausl.
9.7. Zusammenfassung Die Situation in der Diaspora forderte die Juden dazu heraus. ihre Position im Vergleich zu den Völkern zu bestimmen. Dabei gelingt es ihnen, ihr Hoheitsbewußtsein auch am Rande der paganen Gesellschaft zu bewahren und denjenigen Heiden, die ihren hohen Rang erkennen und sich wr ihnen demütigen, "wie Gott" zu begegnen, sie nämlich zu erhöhen. Man kann \mlluten, daß im Anschluß an die Sozialgesetze der Tara und die Nachahmung der göttlichen Hochschätzung der Niedrigen der Dienst an ihnen zum Zeichen der eigenen Frömmigkeit und Demut wr Gott wurde. Damit geschieht in der jüdischen Diaspora ein wichtiger emer Schritt auf dem Weg zur Konzeption der Demut als einer allgemeinen sozialen (und nicht nur religiösen) Tugend: Demut, d.h. freiw111iger Sta~cht, wird nicht nur im Kreise der "Brüder" [festlas) oder einer Kommunität wn Gleichgesinnten (wie bei Essenern und Therapeuten), sondern auch Niedrigen gegenüber geübt, die nicht als Gruppenmitglieder gekennzeichnet sind.
1 Collins, Ath(ns, S. 223, bdont, daß di( Frau d(S Hiob wi( di( drri Frrund( in ihrrr Erk(nntnis b(Sthränkt ist; wi( di( Magd im B(ttl(r nicht d(n Satan (rk(nnt, so (rk(nnt auch di( Eh(frau ihn im Händl(r nicht und fn(rkt auch nicht, W(nn Si( unt(r S(inm Einfluß g(rät. M.E. st(ht ab(r das ZW(it( El(m(nt dan(b(n: di( Eh(frau (rträgt di( Emi(drigung(n nicht so standhaft wi( Hiob; (r (rträgt di( körperlich( Emi(drigung, d(n V(rlust S(in(r G(Sundh(it und S(in(r Schönh(it; si( dag(g(n Z(rbricht daran. 2 Collins, Ath(ns, S. 223, konstati(rt zu d(n Frau(nrOII(n im T(sUob: • Womankind in TJob symboliz(S, lik( th( thrr( kings, th( human stat( of ignorant(, which is transfonn(d in the (nd through the mediation of Job into h(:Mnly knowl(dge and heavenly lif(." D(m muß aber m.E. der Asp(kt des Statusgewinns hinzug(fügt W(rden. Die Töchter erhalten di( Gürtel, nachdem sie sich darüb(r b(Schw(rt hab(n, bei d(r Erbschaft nicht b(rücksichtigt zu werden, also auf ihrrn droh(nd(n Statusverlust hing(wi(S(n haben. Die Gürtel ennöglichen ihnen, einen höh(rrn Status zu errrich(n, indem si( Zugang zur Engelw(lt erlangen. Status im .religiös(n Rahrn(n" und Sozialstatus sind kompl(fn(ntär: {)(m Verzicht auf Reichtum korr(Spondiert di( Erhöhung in di( Engelw(lt. Das nimmt an der Erhöhung Hiobs di( Erhöhung durch di( Auferstehung, also in (in(r anderrn W(lt auf, di( als Wi(d(rgutmachung S(iner Erniedrigung gilt.
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10. Kapitel: Status und Statusveränderungen bei Philo von Alexandrien Bei Philo, dem adeligen Politiker und Philosophen, finden sim Deutungen wn Status und Sta~nderungen in zwei nahezu unverbundenen gedanklimen Strängen. (1) Vereinzelt schretbt Philo einen hohen Status und Gottes besondere Nähe Menschen und Gruppen zu, we1l sie niedrig und ~mtet sind. (2) ln den Mittelpunkt wn Philos Denken gehört die Beschretbung der "guten Ordnung"'. ln dieser Ordnung ist der Nous das einzige statusrelev.mte Kriterium. Der Nous ~eiht Gottesnähe. Das mamt zwei Grundfennen gesellschaftlimer Ordnung wünschenswert: (A) Einer ist hinsimtlim seiner Verbindung mit dem Nous aßen anderen überlegen. Er ist der ideale Herrscher. Zu seinen wimtigsten Aufgaben gehört der Sdlutz der Niedrigen. (B) Alle sind einander hinsimtlim des Nous gleimrangig. Als Ideal gilt eine herrschaftsfreie Gesellschaft. Für das zwischenmenschlime Verhalten bedeutet das (1) den Verzimt darauf, seine Mamt den Niedrigen gegenüber zur Geltung zu bringen: We1l die Niedrigen aum Anteil am Nous haben, repräsentieren aum sie Gott; sie ~ienen Achtung, ih~ Würde muß respektiert werden. (2) Wenn alle denselben Anteil am Nous haben, einander gleimrangig sind, ist es ein leimen eines besondm hohen Anteils am Nous. also eines hohen Status. den anderen zu dienen. (3) Statusverzimt wird Menschen gegenüber gefordert als imitatio Gottes, indem Menschen mit hohem Status und einem großen Ante~l am Nous wie Gott "das Niedrige" wählen und sim wie er besondm ffir die Niedrigen \mntwortlim fühlen.
10.1. Gott und die Niedrigen Gottes Handeln Gott achtet auf die Niedrigen und übersieht die Großen Zwischen den Marginalisierten und denen, die einen Platz im Zentrum beansprumen, findet ein Positionswechsel statt. ln der Auslegung wn Num 27,1-11 2, der Festlegung eines Erb~tes für Tödlter, betont Philo besonders, daß Gott die Waisenmädmen, die ihr Erbe einfordern, nimt geringamtet, sondern sie lobt und dieses Verhalten den Hochfah~den wrhält, die Witwen und Waisen ~mten und ~tten: Gott behandelt die Niedrigen 1 nimt als ~mtlim und wertet sie nimt als "unbeträmtlim"•. Den letzten Dtr Btgriff .~
130 'PlatZ in der RangfOlge aet Ehre halten vielmehr dfe Königteiche:Ganz ähnlich ·spricht ·er·in· SpecLeg l,Joa: "f'J.mv Kai oTKTf1ll ~ -rttw & a&~ a.~TOV, r»c anu.9Wv ~ ~ ~;; ~;; ~. Q)J.iJ, {3a.mAiwv KrU npi.wwv KrU niJv & ~ ~~ ~ -rO 'Ttl1reOOv -rtLw ~ Ofp~"'. Nicht daß der Henscher sich auch der Niedrigen annimmt. ist das Besondere dieser Sätze, das findet sich auch im römischen Henscherideal. Bemerkenswert ist vielmehr, daß Gott die Mächtigen und Hohen \erächtlich findet (~) und daß die Niedrigen als würdig bezeichnet werden. ln diesen Zusammenhang gehört auch eine der drei Erklärungen, die Philo dafür Qlbt. daß die 10 Gebote in der 2. Person Singular abgefaßt sind (Decai41-4J). Das diene der Ehrung auch des niedrigsten Menschen des Volkes. der sich ffihlen soll, als sei er der einzige Gast der großen Gottes: "(~)Mi -rW ~ ~ ~. Q).).ß. Kfll "l''OittN ~ ~ KrU ~ iEpiiw~. ~~ia-rrä.vpi)J.wv ..."(Decal 41) 2•
Gott wählt die Waisen der Welt Gottes besondere Verbundenheit mit den Niedrigen kann auch auf die Juden als Volk bezogen werden: VerschiedentHch beschreibt Philo die Juden als ein sehr großes und prächtiges Volk'. Einmal allerdings vergleicht er sie mit Waisenkindem4 und deutet damit ihre Isolation in der polytheistischen Umwelt: Wenn ein Unglück sie bef.illt. stehen ihnen keine anderen Völker als natürliche Verwandte zur Seite. Die Juden sind niedrig, ohnmächtig und schutzlos. Es ist nun gerade dieser niedrige Status, der Gott ~r.mlaßt hat, sich ihrer anzunehmen. Unmittelbar anschließend ergänzt Philo: Es seien die besondm strengen und hochstehenden Gesetze, die die Juden aus der Gemeinschaft der Völker ausschlössen, und es sei die ungewöhnHch große Tugend der Väter, die Gott ~r.mlaßt habe, zu diesem Volk in eine besondere Beziehung zu treten. ln einem Nebensatz schließlich wird Gott selbst für die Einsamkeit der Juden ~ntwortlich gemacht: Er hat sie aus der Menschheitsfamilie herausgelöst; sie sind dem Erstlingsopfer ~leichbar. Die Juden sind also zugleich (a) passi\es Opfer der Ausgrenzung der Völker. Sie sind marginalisiert worden. Sie sind aber (b) auch selbst ~ntwortlich ffir diese Aussonderung, indem sie sich durch ihre Lebensweise von den Völkern abtrennen; die Abtrennung ist Zeichen ihres hohen Selbstbewußtseins. Schließlich (c) ist ihre Besonderheit weder das Ergebnis des Handeins der Völker noch das ihres eigenen Verhaltens, sondern Ausdruck des Eigentumsrechts Gottes an den Völkern ausgedrückt durch die besondere Beziehung zum "Erstling Israel': ln sehr gedrängter Weise lassen sich diesen Sätzen der Schmerz und der Stolz, das Leiden und das Selbstbewußtsein entnehmen, die einen Juden wie Philo, 'Sptcltg 1,308 . ..Abtr trotzdtm ist tr ... von Mitltid und Erbarmen für die Armen und Hilflosen trfüllt und vtrschmäht ts nicht, Richter für Proselyten, Waisen und Witwtn zu sein, sondern Königt, Tyranntn und große Machthaber hintansttztnd, würdigt er die Gtnannten in ihrtr Nitdrigkeit seintr Fürsorge ... " (Cohn, Bd.IJ, S. 96). 2"Wtnn [Gott) ... auch nicht den Niedrigsten gtring schätzt, vielmehr auch diestn mit htiligtm Wort und heiligtr Satzung sptise, und so, als ob er ihn alltin speisen ... wolle" (Cohn, Bd. I, S. 308). 1 Z.B. VitMos I, 149. 4 Specltg IV, 179-181.
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der in einer hellenistisch geprägten Welt lebte. sie bewunderte und \63d1tete. bewegt und gequält haben•. Das Ausgesondertsein bedeutet Einsamkeit und Auszeidlnung, einen besonders niedrigen Status. den eines Waisenkindes. und einen besonders hohen, den der EJStlingsgabe des höchsten Gottesz.
Gott siegt mit schwachen Waffen. Gottes Vorliebe für das Niedrige hat audl im Konfliktfall Bestand. Audl wenn Gott selbst seine Überlegenheit beweisen muß, \m:idltet er auf den Einsatz wn Mitteln, die seine Größe demonstrieren, und wählt soldle. die geringgeamtet und unbedeutend sind. Im Zusammenhang der Sted1mückenplage1 antwortet Phflo auf eine fiktive Frage: Warum strafte Gott das land durch so unbedeutende und geringfügige Kreaturen wie Stedlmücken, statt auf beeindruckende Trere wie Bären, Löwen und Panther oder wenigstens auf die giftigen ägyptischen Nattern zurückzugreifen? Mit dieser Frage geht es nidlt nur um eine glänzende Staffage. sondern um die liere. die die Gottheit begleiten und ihre Eigenschaften symbolisieren4 • Gefragt wird also nadl der Position und den Eigensdlaften eines Gottes. der sidl durch die Sternmücken symbolisieren läßt, statt durch liere. die für Henschaft und Kraft stehen. Phflo befindet sidl in einem apologetischen Zusammenhang. Der Verdadlt, den es zu zerstreuen gilt, sieht in diesem Gott einen schwädllidlen, lästigen und unbedeutenden Gott. Phflo begegnet dem in zwei Schritten: Zum ersten habe Gott die Ägypter nidlt töten, sondern ermahnen wollen und eben deswegen keine Waffen gewählt, die zum Tod führen, zum zweiten seien die unscheinbaren und unbedeutenden Waffen Zeichen eben der Größe und der Kraft Gottes, durch die er diese unbedeutenden Waffen zu gefährlidlen Werkzeugen madle, die so große Gegner wie die Ägypter in die Knie zwängen.
1
F~ldm~i~r. Fremd~. S. 66f, bringt di~ ~lbstb~uichnung als Wai~n mit d~r Th~ori~ von d~r
Fremdh~it d~s W~i~n in d~r W~lt in Zusamm~nhang. Di~ Th~ori~ verst~ht ~r als R~aktion auf di~ Situation d~r Jud~n in Al~ndria; ihr Status war zwar höh~r als d~r d~r ägyptisch~n B~völk~rung ~b~r ni~drig~r als d~r d~r gri~chlsch~n Vollbürg~r. Ich find~ ~ sympathisch, daß Philo sich di~~ Ambival~nz ~ing~t~ht und si~ b~n~nnt; ~s ist nicht verwund~rlich, daß ~r si~ so n~b~n~inand~r st~llt, daß si~ ~inand~r zur Einschränkung und
Konkumnz w~rd~n. Sich zw~i so spannungsvoll~n ~utung~n d~ ~ig~n~n ~b~ns zu st~ll~n und damit auch di~ feindliche Fremdwahm~hmung aufzun~h~n. ist ~in Akt groß~n p~rsönlich~n Mut~ und "Unverl~tzlichk~it" ist auch von ~in~m Mann wi~ Philo nicht zu ~rwart~n. \titMos I, 109-111. 4 Bären, LöMn und ~opard~n b~gleit~t~n di~ Aphrodit~. als si~ zu Anchis~ ging und si~ von ihm d~n kn~as, d~n Stammvat~r d~r Rö~r. ~mpfing (K~r~nyi, Mythologi~ 1, S. 65f). Art~mis war :.~rsprünglich ~ine Göttin in d~r G~talt ~in~r Bärin od~r ~in~r Löwin und wird spät~r von ihn~n b~gl~it~t (~bd., S. 116). Dionysos ~rwand~lt sich auf ~in~m Schiff zur Straf~ d~r Mannschaft, di~ ihn ~ntführen wollt~. in ~in~n LöMn und läßt ~in~n Bären ~rsch~in~n (~bd., S. 210). Kyb~~ wird von zw~i Löw~n begleit~t (~bd., S. 67). Dionysos verwand~lt sich, um di~ Frau~n an di~ Erfüllung d~r Rit~n zu ~rinnem, in ~~n~n Sti~r. ~in~n löMn und in ~in~n ~opard~n. Im Triumphzug d~ Dionysos g~hören Löw~n. Panth~r und ~opard~n zu d~n ält~t~n d~r mitg~führt~n Ti~re. Aus d~n Triumphzüg~n und aus der Arena kannt~n übrig~ns auch di~ römisch~n Zuschau~r di~~ wild~n Ti~r~. all~rdings als bezwungen~ G~gn~r. nicht als g~zähmt~ G~fährt~n.
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Gott gibt den Schwach eh den Sieg und täßt ·di·e Ohnmacht über ·dre Macht triumphieren. Gottes Weise, sidl als überlegen zu erweisen, wird auf Konflikte zwischen Menschen bzw. Menschengruppen angewandt und radikalisiert. Das Attnbut der Marginalisierten, die Schwädle, madlt überlegen: Phßo deutet die EISCheinung des Dombusches als "Triumph des Schwadlen.. : Der brennende Dombusch kennzeidlne den Zustand des Volkes, und man habe sich den folgenden Satz als Erläuterung dazu zu denken: """" p#J ti.l.anin tt tt, "TU~ l..piiJv ~ brrrv, ij Kai KWrEi Kai~~... Das Feuer wird mit dem Feind gleidlgesetzt, der zwar leckt und flammt, aber nicht zerstören kann. Die feindlidle Madlt erlebt am schwadlen Dombusch ihre Entmächtigung; ihre Kraft greift nicht. Die Umkehrung Qllt auch für die Ehre: -·· ä)J..' Ö'rml ~ ~ ~ ~. 'T17T"f ,ul).JOTO. npO.; ~ ~...2 Tatsächliche Schwäche erweist sich als Kraft und koJMntionelle Entehrung und Demütigung als hellster Ruhm. Die an Madlt und Ansehen niedrigste Position wird gedeutet als eine hohe. Sei es, daß Phßo diese Umkehrung auf die Plagen bezieht oder auf das Schßfmeerwunder, sidler ist, daß es Gott ist, der sie ermögtidlt und durdlführt.
•iv
Das Verhalten der Menschen Die Demut vor Gott als die innere Haltung der Niedrigen Die besondere Stellung der Juden unter den Völkern, also ihre Marginalisierung in der Sicht der Völker und ihre Stellung im Zentrum nach ihrem Selbstverständnis, sind das Bindeglied zwischen den beiden Gedankensträngen, in denen Phßo Status und Status\eränderungen deutet. Indem die Juden ihre marginalisierte Position annehmen, sich selbst stigmatisieren, werden sie "'TmEiliDi vor Gott, und eben darin werfen sie sich ganz auf ihn, madlen ihn zu dem Ersatz für die durdl die Marginalisierung und Selbststigmatisierung \eiorenen Güter. Aus den Waisen der Welt werden Gottes Kinder, die vom Rand ins Zentrum rücken. Besonders eindrücklidl erlebt oder besonders gut darstellbar ist das am Geschick der Proselyten. Sie übernehmen freiwlllig die Position der Marginalisierten, bewegen sidl aus der Mitte an den Rand, um dann von Gott angenommen und "erwählt.. zu werden. Wir hatten diesen Vorgang bereits bei Aseneth beobadltet, bei Phßo begegnet er in Her 26-29 wieder. Dort geht es um die Auslegung von Gen 15,2-18. Die freimütige und demütige Haltung des Abraham korrespondiert der Erwählung durdl Gott. Abraham stellt sein Eingeständnis von Niedrigkeit vor den Hintergrund seiner "heidnisdlen Vorfahren': Er kann bei Phßo als Typos des Proselyten gelten (Vtrt 212t). Audl hier beschreibt er sidl als marginalisierten, als ausgestoßenen I
VitMos 1,69. wlasstt dtn Mut nicht sinktn, dit Schwächt ist ture Kraft, dit mit ihrem Stacht! Zahllost V(rwundtn wird ... w(Cohn, Bd I, 238). lyjtMos 1,69. w••• sondtm gtradt, Wtnn man glaubtn wird, tuch zu V(rtilgtn, wtrdtt ihr tßt recht im RuhmtSglanz trstrahltnw (tbd.).
133 Menschen: ..00 -Mj) ~ Equ ~ 00 -Mj) ~ a:rrFJ..~; 00 -Mj) ~ oiKi~#).urpi~; rMc a~ KrJ.i ~ ~ frnp.ov KrJ.i Ö.Tipßll ~;"'
Der Fall als Aufstiegschance UnfreiWillige Erniedrigung wird zur Olance. Das betrifft auch den einzelnen. Wer in einer Konkurrenzsituation unterliegt, kann diese Erniedrigung in einen Statusgewinn umwandeln. ln De Agrirultura (106-113) erklärt Philo Gen 49,17: "Dan wird eine Schlange werden auf dem Wege und eine Otter auf dem Steige und das Pferd in die Fet5en beißen, daß sein Reiter ZUTÜckfalle~ Die Pferde werden mit den Leidenschaften ~Iichen. Dan beißt als die eherne, rettende Schlange des Mose die Pferde, die ffir die Leidenschaften stehen, ins Bein, der Reiter, der den Verstand ~bolisiert, f.illt. Philo deutet das positiv. Wenn der ~ aus irgendwelchen Gründen von den Leidenschaften oder der Bosheit davongetrngen werden soßte, ist ein rascher Abstieg als -ni) ~~ viKru; (Agr 110) zu bewerten. Der Fortgang der Auslegung zeigt, daß Philo dabei nicht nur an innerseelisdle Vorgänge denkt; im folgenden Abschnitt nämlich schildert er, wie man sich ~alten soll, wenn man in eine Konkurrenzsituation gerät, die nur durd1 Verschlagenheit zu gewinnen ist. Man möge dem Riwlen selbst den Siegeskr.mz auflegen und ihm ein ..Enkomion" halten: nTOv ~ mi (4uJcJ Kai~~ Tf ~ mi a~~ ~ 9amU Kai~.~ pEv e,w, ~ l oVrooi. Kai oVrw.; iK ~ nN ~ ~. ÖXTrf Kai napi.~~.;,üv. ~Ei~i]v/3a.tn
w
'H~r 26: "Bin ich nicht ~in aus d~m Vat~rland Ausg~wand~rt~r? Nicht von d~r V~rwandtschaft ~ntf~mt, d~m Vat~rhaus ~nt~md~t? N~nn~n
nicht all~ d~n Ausg~toß~n~n und Wrbannt~n hilflos ~hrlos?" (Cohn, Bd. V, S. 229). Nun b~k~nnt ~r. daß Gott ihm Vat~rland, Famili~. h~imisch~n H~rd, bürg~rlich~ R~cht~. F~imut und R~ichtum ~~tzt~ (26). Di~~m B~k~nntnis ~in~s ni~drig~n Status unt~r d~n M~nsch~n und d~m V~rtrau~n auf Gott als d~nj~nig~n. d~r ~in~n n~u~n Status und
gibt, folgt das Eing~tändnis d~r ~ig~n~n w~s~nsmäßig~n Ni~drigk~it und Nichtigk~it vor Gott: "'T'tjv '}'li.p o~1a.11 niv t1J4vroii ~iv tj.l48ov ... Ta.'ll'fl~ ?'f')'O~ ..• " (29). Wi~ auch b~i ~n~th find~t sich D~mut, das ~wußts~in d~r ~ig~n~n Ni~drigk~it, als B~wußt~in d~r Marginalität d~s Pros~lyt~n. d~r auf di~ Statusm~rkmal~ ~in~ vorig~n Stand~s ~rzicht~t hat. Di~m Pro~lyt~nb~wußts~in korrtSpondi~rt wi~ g~z~igt ~in antijüdisch~ Urt~il. das di~ Jud~n als g~haßt und ausg~stoß~n (Man~tho, Apollonius) brandmarkt. Auf d~n ~rst~n Blick also und wohl auch nach Philos Absicht, ist di~ Ta.7ffl~ di~ Haltung d~ M~nsch~n vor Gott; di~~ Ni~drigk~it ist j~doch g~llschaftlich ~rfahrbar, ~rfahrbar für Jud~n in d~r Marginalisi~rung durch di~ Völk~r und ~rfahrbar für Pros~lyt~n. di~ di~s~n marginalisi~rt~n Status ~iwillig ü~m~hm~n. D~ Jud~n sind di~ W~i~n davon z~igt sich Philo auch an and~~r St~ll~ üb~rz~ugt -, si~ z~ig~n di~ D~mut vor Gott, di~ konstitutiv ist für d~n W~is~n. ~in~ D~mut, di~ si~ ~rl~mt haben, ind~m si~ sich hab~n marginalisi~~n lass~n. und zwar sowohl im Sinn~ ~in~ Erl~id~ns wi~ auch im Sinn~ ~in~ H~rausford~ms.
Agr 112: "ln d~m ang~~tzt~n W~ttkampf um (di~ M~ist~rschaft in) B~g~hrlichk~it, Zorn, und Un~cht, ihr Zuschau~r und Kampf~richt~r. bin ich unt~rl~g~n. hat di~s~r g~i~gt; und d~rart hat ~r aufgrund ~in~r b~ond~~n Ü~rl~g~nh~it g~i~gt, daß auch b~i uns, s~in~n G~gn~m. d~n~n Mißgunst nah~ läg~. k~in N~id g~g~n ihn aufkomm~n kann" (Cohn, Bd. IV, S. 134). Als B~ispi~l ~rzählt Philo dann von d~n sportlich~n W~ttkämpf~n. d~~n Leistungskrit~ri~n ~r off~nsichtlich nicht t~il~n mag ij~d~r Hirsch springt b~ss~r!). 2
Züg~llosigk~it, Un~munft
134 zu sehen. Was zwischenmenschHch gllt, gllt auch innerpsychisch: Zwar sind die Sehnsüchte, die das kontrollierende Ich davongetragen haben, unbefriedigt geblieben, aber die Niederlage hat das Ich wieder "ins Regiment" gesetzt und kann so auch positiv bewertet werden.
Die Achtung der Niedrigen Weil Gott die Niedrigen achtet, dürfen die Menschen sie nicht \6'3chten. Diese eindringHchen Ermahnungen schHeßt Phllo unmittelbar an die HetWrhebung der üebe Gottes zu den Niedrigen an. Wer wn Gott so geehrt sei, dem dürfe man nicht hochmütig begegnen, nur well die~ ihn ungleich(~) behandelt habe'. Gott Qllt nicht als der, der die Niedrigkeit verursacht, sondern als der, der sie ausgleicht. Darin soßen die Menschen ihm folgen.
Der freiwillige Statusverzicht So wie Gott das Schwache und Unbedeutende wählt, so verzichtet auch der Weise auf den "besseren Teil': ln der Auseinandersetzung um die Weidegründe bietet Abraham Lot an, zu wählen und so den besseren Te1l des Weidelandes zu erhalten2• Der Reichere und Mächtigere 91bt dem Unterlegenen den Vonang. Das findet auch Phllo ungewöhnlich: ~ ~;;.. ~ ~ ~IEV ~ ~ Wv, ~elf wi
'oecal42. Abr 208-216. 'Abr 216: "Welcher andere würde wohl, wenn er der Stärkere ist, einem Schwächeren Platz machen? Wer würde, wenn er siegen kann, litbtr dtn Kürztren ziehen wollen und nicht von seiner Macht Gebrauch machen?" (Cohn, Bd I, S. 140.) 4 Av~eiw- Abr 214. ~ln den folgenden Abschnitten läßt Philo eine allegorische Deutung folgen, wobei Abraham für diejenigen Stimmen innerhalb des Menschen steht, die die wahren Güter, dit Weisheit und die Tugenden hochschätztn, wohingegen der Jüngere für dit steht, dit konventionelle Güter, Reichtum. Adel, Ansehen und Ämter begehren. Hier deutet er aber nur dit Notwendigkeit dtr Trennung, nicht den Rechts- und StatUSvtrzicht. 2
135
nicht erwidern wird und der ihn nicht achten wird. Der Schutzraum der Gemeinschaft der Gleichgesinnten ist ~assen.
10.2. Die natürliche Ordnung Die Gleichheit und die Begründung von Herrschaft Der vo~ als einziges statusrelevantes Kriterium Philo erkennt im ~ das einzige statusrelevante Kriterium. Der ~ ist ein Ii~ Gottes oder des Logos'. Wenn ein Mensch dUTth ihn regiert wird, wird er unmittelbar dUTth Gott regiert und gerät dadUTth in Einklang mit der Natur, die ja ebenfalls durch den göttlichen Logos regiert wird. Durch den ~ füllt der Mensch seinen Platz im Kosmos und in der menschlichen Gesellschaft aus. dUTth den ~ ist er sein eigener Herr und gestaltet er sein persönliches leben1 • Dann kann er seine Aufgabe, der nicht-menschlichen Natur gegenüber "Gottes Statthalter' zu sein, wahrnehmen: _.ii.a ~Kai~ m~ ~ Kai t/JvrWv ').aßWv Wrv ~. ~ ~ 'TOÜ ~ Kai~ fxmr}iwt;".) Darin besteht seine Würde als ,.EÜcWv 6EW'•. Das vom Nous bestimmte Verhältnis zu Gott und den Menschen äußert sich als~ und ~~. Die ~IIJ. bezeichnet das Verhältnis des Menschen "nach oben" zu Gott. Die ~ bestimmt das Verhältnis zu den Mitmenschen, besonders zu denen, die in irgendeiner Weise der Zuwendung bedürftig sind. Das Verhältnis zu den Menschen, die einem übergeordnet sind wie die Eltern, ~angt ebenfalls nach ~·. Eltern und mit ihnen alle anderen Autoritäten ähneln Gott (Specleg 11,237). Für die Eltern gilt das, we1l sie als Erzeuger an der krea~ Kraft Gottes te1lhaben: Keiner kann Gott lieben und die Eltern ~chten (Decal 119). Negativ folgt aus der Hochschätzung des Nous die Verachtung der traditionellen
*
'Good~nough, lntroduction, S. II J.
lwTf#l '}'1ip Övn 1r~ ~ TOii ci.~11 ~. ~ ICI.{3€~ ~ ~· fv lo"''Ji, äpxw11 fv TrONI, ~~ ~· Eil mWfUP, KtU ~ ".fv fv ~Tl, ~ ~·~. KtU !Tci.AIII ·~ ".fv fv K~, (k~ ~· fv
o
Olipa.wflw. Abr 212. wD~nn d~r W~ls~ ist in Wahrh~it d~r Erst~ d~s M~nsch~ng~chl~chts, wi~ d~r St~u~rmann auf d~m Schiff ..., d~r H~rrsch~r im Staat, d~r ~ldh~rr im Kri~g~. wi~ auch di~ ~~~~ im Körp~r und di~ V~munft in d~r ~~lt und wi~ d~r Him~l in d~r W~lt und Gott ini Him~l" (Cohn, Bd. I, S. 152). Vgl. auch Op 69. )Op 88: .Als ~in~n Wag~nl~nk~r und St~u~rmann [schuf also d~r Schöpf~r zul~tzt d~n M~nsch~n), damit ~r gl~ichsam als Statthalt~r d~ ~rst~n und höchst~n Königs di~ Züg~l und das St~u~r d~r R~gi~rung füh~ üb~r allt irdisch~n Ding~ und di~ Sorg~ für di~ n~r- und Pflanz~nw~lt üb~m~hm~" (Cohn, Bd. I, S. 59). VitMos 11,65: "'" TOii ,c;,c.w ä.pitTTOu ~ ci~ irmW·~~. ö nj11 ~jlo011ia.11 T'W11 ITfPI"YfiWII 41Ta.{
~nVT'WII ~ ci.Vf'i,ujloOII ')'f~
fkoü ~~. tiKWII ~~TOll 41ilvf~ il'favtk, ä"~iot.J "YfV'171'1'i." nach d~r Gott~sfurcht (Virt 51), Philo kann ab~r durchaus d~nj~nig~n. d~r sich Erk~nntnis und .R~Iigion" zum all~inig~n ~~nsinhalt ~rwähl~n will, auf di~ B~währung im bürg~rlich~n ~b~n und di~ Einübung in di~ 41J..a.~a. zurückw~i~n und d~n Erw~rb d~r sozial~n Tug~nd~n vor d~n ~Jigiös~n ford~m (Fuga J5ff, b~. 38). Vgl. ~ig~r. Philon, ~· 7f. G~igrr, Philon, S. 7f. Zwar
rangi~rt di~ 41J..a.~ia.
136 statusrelevanten Merkmale, besondeTS des Reimtums. Um sim nimt auf diese Weise über die anderen hinauszuheben, fordert Phflo eine bescheidene Lebensweise. Er verurteilt Reime, die ihren Reimturn zur Schau stellen und arrogant sind; ansdtHeßend bestätigt er, daß es unter denen, die hohe Ämter innehaben und großen Reimturn ihr eigen nennen, aum Leute Qlbt. die sim in ihrem täglimen Leben mit genau denselben Dingen umgeben wie "wir einfamen Leute"•. Dazu zählt er tönernes Geschirr, einfames Essen und einfache Kleidung. Als Grund ffir dieses Verhalten Qlbt er neben einer guten ChaTakteranlage die langjährige Einübung in die Überzeugung an, daß das n31lgemein MensdtHme" wr "'T'ÖJJI ~.. den Vonang verdiene; hinter dieser Überzeugung stünde das Wissen darum, daß alle Menschen miteinander ~andt und einander gleim seien. ln Som 1,24 zitiert Phflo erneut den "guten Reimen", der sim seines einfamen Gewandes nicht schämt, sondern alles andere fiir üble Verschwendung hält. Philo te~lt damit die Kritik am luxuriösen Leben und steht in der römischen TTadition, die den alten Cato bewunderte, der barfuß einherzugehen pflegte1 •
Die Demut vor Gott und die Herrschaft des Nous Sim in diese gute Ordnung einzufiigen, bedeutet auf der einen Seite, dem "Göttlimen" im Mensdlen, der Vernunft und der Tugend, Raum zu geben und sie im Gegenüber zu den alogischen Kräften zu entwickeln, und auf der anderen, sim der mensdtlimen Zerbredllimkeit und des Abstandes zu Gott bewußt zu sein. Dieser zweifachen Bestimmung enßl>rimt die ~ ~~ (Post 46-48), die Zweiwertigkeit des BegriffS der Niedrigkeit: (a) Insofern der~ im Menschen selbst göttlich ist, fordert er Henschaft und Hoheit über die alogischen Kräfte. Wird ihm die ~ehrt, so ist das eine ~~ Ka:r' ti.oe&EKl.ll (Post 47), die dadurch herwrgerufen wird, daß die Leidensdtaften die Seele gesdlwächt haben). (b) Insofern Gott der Welt gegenüber tTanszendent ist, gehört der Mensdl zum \eTgängHmen, zerbrechlimen Kosmos und soll sim dieses Abstandes demütig bewußt sein. Diese~~ ist wesentHmer Bestandtell des Erwerbs der Tugend: ..D.m i~ ~~.. (Post 48t. An anderer Stelle ~ndet Phflo ffir diese angemessene 1 Sp~cleg
11,2o: ..oi nivtrn, ..,..,;,·. ist, daß ~r sich in Sp~cleg 11 s~lbst zu d~n .~infach~n M~nsch~n·, zur Unt~rschicht zu zähl~n sch~int. Das ist höchst ung~wöhnlich und ~ntsprach nicht d~r Wahrh~it. Noch schw~rrr ~r ständlich wird ~ ~nn man ~d~nkt, daß ~ nicht di~ Mitgli~d~r d~r Unt~rschicht~n g~w~~n s~in dürft~n. di~ ~in~ Schrift~n la~n. so daß ~s Philo vermutlich nicht um ~in~n .Solidarisi~run~fftkt• ging. Und ob s~in~ pagan~n ~r aus d~r Ob~rschicht V~rständnis für so vi~l U~b~ zur i~ aufbracht~n. daß Philos Ans~h~n dadurch sti~g. sch~int ~h~r unwahrsch~inlich zu s~in. Möglich~rw~~ st~h~n wir hi~r vor ~in~r Vorform ~in~s .T1111'frwl, C71MI~· - .Halt~t fUCh zu d~n Ni~drig~n· (Röm 12, 16). So wird TII1Tf~ auch verw~nd~t in AIJ111, 19: Di~ 5«1~ macht sich auf d~n Weg von d~n ni~drig~n Ding~n zur Höh~ d~r Tug~nd, in All 111,134: Mo~. d~r ßpa.xiJ mi Tll11'fMW ~ ~~ und in Alll,68: .TII11'fWÖI! ~..; ~wa.,..; ~ cP..,.ia. Tll11'fwWnl ~ea.i ~wv. rnW,u011·. Vgl. auch H~r 268: Irdisch~ bring~ d~m M~nsch~n Bös~ Sklaverri, schl~cht~ B~handlung und Emi~drigung. 4 So spricht Philo auch in H~r 29 und Post 136. 1 Auffall~nd
.TiM'"' wv
137 Haltung des Menschen wr Gott das Wort ~10.: Jakobs Wahl der gefleckten Schafe wird zum Symbol für den Menschen, der sich mit Asche und Wasser besprengt zur Erinnerung an seine Nichtswürdigkeit und Nichtigkeit•. AbTaham wurde ~eißen, König zu sein über viele Völker; seine Reaktion ist nicht Hochmut, sondern Gen 17,17: "Da fiel AbTaham auf sein Angesicht und lachte." Philo deutet das Hinfallen als Demutsgeste, als ..m~ ~ 9vrrMit; ~ial;" (Mut 155), die aber wn L1chen begleitet wird, weil er Gott als den guten Geber aller Gaben kennt und sein Gottvertrauen gestärkt winf. ln der Auslegung wn Gen 24, 16b (Post 136t) muß Rebekka, bevor sie Weisheit Gottes lernt, allem leeren Selbstbewußtsein absagen und sich ihm eigenen Niedrigkeit (,.", ~ -ra.~~) bewußt werden. Eine solche Selbsteinschätzung gilt unter denen, die es wirklich beurteilen können, als ruhmwller (hn~. Post 136) als das auf ko~tionellen Merkmalen aufbauende Selbstbewußtsein. Die Ablehnung wn übersteigertem Selbstbewußtsein findet sich häufig in der paganen literatur. Ein angemessenes Selbstbewußtsein durch den Begriff der ~ zu kennzeichnen, ist aber ungewöhnlich. Dem zweifachen Niedrigkeitsbegriffs entspricht auch ein zweifacher Hochmutsbegriff. Der posi~ Niedrigkeit folgt das Abtun der~ des "Philosophen", d~enigen, der sich um Tugend müht; sie hat die Vergebung der wissentlich und unwissentlich begangenen Sünden zur Folge (Post 48). Der nega~ Niedrigkeit korrespondiert der Hochmut des OJ..al;dv, des ~. d~enigen Menschen, der sein Statusbewußtsein auf die ko~ntionellen Statusmerkmale gründet, auf Reichtum, Ämter, Herkunft und Schönheit statt auf Tugend und Weisheit, und der somit nicht im Einklang mit der Weltordnung steht. Zwar mögen die zweifachen Begriffe der Niedrigkeit und des Hochmuts inhaltlich gleichgewichtig sein, hinsichtlich ihm Präsenz in Philos Schriften sind sie es nicht. Die Niedrigkeit aus Schwäche und der Hochmut des ~ nehmen einen weit größeren Raum ein. Philo kämpft für die richtige Rangfolge der statusrelevanten Merkmale, für den absoluten Vomng wn Tugend und Weisheit gegen die Hochschätzung der näußeren Güter", er setzt sich ein für die Herrschaft der Vernunft über die Begierden und die der Vernünftigen gegen die Tyrannei der Reichen und Mächtigen.
Die Gleichheit Sich der Herrschaft des Nous zu unterstellen, fordert Philo wn jedem Menschen. Sogar Heiden räumt er die Möglichkeit ein, das Potential menschlicher Würde ganz auszuschöpfen und die Vollkommenheit zu erreichen, natürlich nur dann, wenn sie zum Judentum übertreten. Dann aber ist AbTaham ihr Vorbild und ihr Typos. Menschen, die 5om 1,208·212; 212: .TI&w ci.ll6pw,riYIIv ~re~v •.• TO~ ä.{r~tTIIG.r •• .". So s~hr di~ Ausl~gung ...on G~n 17,17 anstößig und g~waltsam sch~int, so ist doch das Konz~pt ~in~r lach~nd~n und fröhlich~n ~mut ...or Gott sympathisch und ...or ungesund~n ~formation~n b~ss~r g~schützt als and~~ Fo~n. Philo k~nnt d~n Unt~rschi~d zwisch~n d~r Resignation ...or d~r Üb~rmächtigk~it d~r Gotth~it und d~r vtrtrau~nsvoll~n D~mut ...or Gott. 1
1
138
vom Nous beherrscht werden, sind cinander glcichrangig. Sie müßten ihr gemeinschaftliches Leben auch gemcinschaftlich regeln. Ausdrücklich benennt Philo die Demolaatie als die beste Regierungsform•. Nun räumen aber nicht alle Menschen dem Nous den hödtsten Rang in ihrem Leben cin. Unter diesen Umständen würden in ciner Demolaatie kcineswegs der Nous, sondern die Begierden und Ängste her&henl. Die Demolaatie wäre cine Ochlokratie, und die gilt auch Phflo als die schlechteste der Verfassungen1 • Eine weitere Überlegung kommt hinzu: Können die Menschen wirklich alle glcichen Rang erreichen? Schon den Eltern hatte Philo als Tcilhabem an der krea~n Kraft Gottes cinen besonders hohen Status cingeräumt. Ihnen gebührt GehoT5am auch von den Menschen, die dem Nous folgen. Am anderen Ende der sozialen Skala kann sich Phflo nicht vorstellen, daß die Ski~ und die Frauen denselben Antcil an der Vernunft haben wie freie Männer: Hagar z.B. hält den Engel, der ihr erschcint, fiir den lebendigen Gott selbst: .i).sJJipwv ,JEv ')tip l«
139 TE
Kai 1f'r('Yi}" (Sped..eg N,231t). ln der Schrift De losepho wird die Titelfigur durchweg
positiv dargestellt. Da allerdings, wo von den Träumen des jungen Joseph erzählt wird, durch die er innerhalb seiner Familie einen Henschaft:sanspruch aufrichtet, klingt Tadel an: Wer innerhalb der Familie nach Hegemonie strebt, ~ Gleichheit und Gerechtigkeit (Jos 9). Nur eine Gesellschaft, in der alle Mitglieder Gleichheit genießen, ist eine gerechte Geseßschaft. Zugleich \m\Jcht Phßo aber die "tatsächliche" Ungleichheit der Menschen zu berücksichtigen; er \6Wendet den Begriff ~ im Sinne der proportionalen Gleichheit. Den ,.Segen", den F!iau ansteße des EIStgeborenensegens von seinem Vater erhält, handelt er unter dem Stichwort ~ ab. Dieser Segen hat wenig mehr als die Verheißung des Überlebens unter kargen Bedingungen und Freiheit von Henschaft des Bruders in ferner Zukunft zum Inhalt. Phßo rechtfertigt das mit dem Hinweis auf die "proportionale Gleichheit": .P».m .,Gp ~ ä.~. T'Fh~ ,UV Tfh10.1, p8nu ~ ä.TFNurv" (Mut 230). Gott g1bt jedem das, was ihm guttut und was er braucht: Er ist ~ der ~ iomrn Tfri!J. Ea.vnp -rO ~ äcaJrnw;"' (Mut 232). Das gilt auch für den Status. den jemand innerhalb der menschlichen Gesellschaft erhält. Die Verschiedenheit der Aufgaben und Rechte innerhalb der Gesellschaft ist die Bedingung für ihre Ordnunif. Diese Ordnung ist dann gut und förderlich, wenn die Richtigen die jeweiligen Ämter und Funktionen einnehmen. Wollte jemand diese Verschiedenheit abschaffen, hätte das Unruhen und .. de) zur Fol ge, un d "OIU. (~~) l.!-•. ~ .• Aufst an rurwv IO'riT"f1l) ey rJf f{l}fJJII (UII()Ot qta ~· (Sped..eg I
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1,121 ).
Ideale gesellschaftliche Ordnungen Dieser Spannung folgend, entwirft Phßo zwei ideale Gesellschaften•: Er beschreibt Mose als den idealen Henschd und die Gemeinschaften von Therapeuten und Essenern als Verwirklidlungen gleichrangiger Gesellschaften'. Der ideale Herrscher: Mose
Vgl. auch Hrr 144ff und dir Brmrrkungrn bri Grigrr, Philon, S. 19ff. Sprcl...eg I, 121, vgl. auch Grigrr, Philon, S. 21. 1 • Tczpa.xlli ~elli crniuf,,·. Specl...eg I, 121. 4 Dir Zwrigrsichtigkrit drs grsrllschaftlichrn ldrals als monarchischrs und .kommunitärts" ist zudrm vor drm Hintergrund drr mrssianischrn Erwartung im Judrntum als dir Erwartung drs rinrn Mrssias oder drr mrssianischrn Gruppr, drs wahrrn lsrarl dc. nicht ungrwöhnlich. Dirsrlbr Dopprlhrit findrt sich auch in drr individurllrn odrr kollrktMn Drutung der Grstalt drs Gottrsknrchtrs. ~Dir Grsrllschaft, dir rr rtgirrt, ist durch dir proportionalr Glrichhrit strukturirrt; dir Vrrgöttlichung drs Hrrrschrrs ist darin vorgrsrhrn. 6 lch ~rmutr, daß rr diesr Grmrinschaftrn als drmokratisch brzeichnrn wOrdr. Dort aber hrrrschrn, wril allr Mitglirdrr dirsrr Grsrllschaftrn .Wrisr· sind, dir Natur, das Grsrtz odrr Gott dirtkt. Goodrnough, Politics, S. 87-90, ist drr Mrinung, Philo mrinr rinr Monarchir, wrnn rr von drr Drmokratir sprtchr, und macht dirsrn Sprachgrbrauch plausibrl vor drm Hintrrgrund drs Prinzipats, in drm rs auch dir Carsartn wartn, dir untrr drr rtpublikanischrn Obrrflächr hrrrschtrn. Dir Brzirhung auf dir Thrraprutrn und Essrnrr haltr ich für plausiblrr. 1
2
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Mose QJ1t Phflo als die Verkörperung des idealen Herrschers. Er ist ein Weiser und erfüllt damit die alte Forderung, daß die Könige Phflosophen sein müßten. Er ist zudem Gesetzgeber und genügt damit seiner Zuständigkeit fiir die Geredltigkeit. Er ist Priester und \eTTTlittelt dadurdl die Beziehung zu Gott, und er ist schließlich Prophet. was ihn befähigt, "hinter die Dinge zu sehen" und auch in fiir den Verstand undurt:hschaubaren Angelegenheiten das Rechte zu erkennen und zu tun MtMos 11,2-7). Ebenfalls als ideale Henscher gelten Joseph in De losepho und Melchisedek. Weise muß der König sein, um dem Naturgesetz gemäß regieren zu können. Königtum und Weisheit bzw. Gesetz sind eng miteinander ~unden. Mose kann als ~ ~ bezeichnet werden •. Das Gesetz zu \elinnerlichen und zu befolgen, ist die Aufgabe eines jeden Herrschers (Specleg lV, 162164). Indem er durdl das Gesetz herrscht. wird seine Henschaft eine Nachahmung der göttHchen (Specleg lV, 164). Auch im Hinblick auf die Ausübung der Henschaft als ein väterliches (Specleg 1V,84, vgl. Virt 91) Wohltun (LegGai 50; Abr 144; VitMos I, 148.151 ), getrieben wn der Uebe zu den Menschen (Specteg 1,294f). imitiert der König Gott2 • Philo kritisiert den Anspruch des Gaius. ein Gott zu sein, indem er moniert, er schmücke sich mit den äußeren Kennzeichen der Gottheiten, ahme aber eben nicht deren Tugenden nach (LegGai 78-113). Der ideale Henscher dagegen wird tatsächlich gottähnlich1 • Mose wird Gott genannt MtMos 1,58), als Weiser ist Gott dem König Vater und er ihm einziger Sohn (Sohr 56). Übergeordnet ist dem König Gott selbst• und in einigen Aussagen der Hohepriester MtMos II, 131). Der König erhält sein Amt durch die Natur- oder Gott- selbst~. Der König ist besonders rur die Belange der Niedrigen ~ntwortlich; diese gelten ihm als wichtiger als die Anliegen der Angesehenen: "''' ~ l ~ VrrrJJiuf~ WA: Öl; oiOvnzi TllES"• tmw~ np0;~&~ Kfli rWixn01 np0;~ Kfli ~ ~ ~. &;.;.: ij.,.na.Nv önw ;&wnu Kf1i ;;,Tftt'OI Kf1i ä.&9n np0; ~. ~ ~ -ro ~ ~ naJJm, ,UO. i)..~ o&~~· Indem der König sich bevorzugt um sie kümmert, ahmt er Gott nach (Specleg 1V,72-76).
1 VitMos 11,4; I, 162. Andrrs als im paganrn Ornkrn sind dabri abrr positivrs Grsetz und göttliches Grsrtz idrntisch; drr Hrrrschrr ist als ~ ;~ mithin nicht drm positi'~n Grsrtz übrrgrordnrt. Wir im paganrn Drnkrn hingrgrn ist mit drr Funktion rinr brsondrrr Gottrsnähr fUSgrsagt. Gottrs Königshrrrschaft ist grkrnnzrichnrt durch Menschrnlirbr: Plant 91 f. Mut 129: "''' &oü ~ -rO tilf~iv il•ov". Writrrhin typisch für Gott ist srinr bannhrrzigr Macht, dir der Hrrrscher durch Fürbittr nachahmt. Vgl. VitMos 1,27. ,Sprcl..rg IV, 188: "TIIolira ".,,uit16a.l wponj"t' ~ "~ ii,oxo~. ti -rf Tl) 4irroi) ~vri) i{OfJ.O•WnW) T!K ~ tkciv". Er wird zu Rrcht als tki~ , ja als fkO) brzrichnrt (VitMos 1,21.158). 4 Goodrnough, Politics, S. 97. sGoodrnough, Politics, S. 93, mit Vrrwris aufVitMos 1,148 und Prarm 54. 6 Sprcl..rg IV,172: .Als wichtig sind abrr nicht solehr Fällr anzusrhrn, dir manehr dafür haltrn, nämlich Strritfällr zwischrn Angnrhmrn und Angrsrhrnrn, Rrichen und Reichrn, hohrn Beamtrn und ihrrsglrichrn, sondrm umgrkrhrt (Kiagrn) von I..rutrn aus drm Volkr und Mrnschrn ohnr Brsitz und Ansrhrn grgrn Mächtigrrr, da für sir dir rinzigr Hoffnung auf Schutz vor unrrträglichrm I..rid drr Richtrr ist" (Cohn, Bd. II, S. 296).
141 Der Henscher wählt eine bescheidene Lebensweise; deswegen verleiht ihm Gott Anteil
am Besitz des ganzen Un~ms·. Der König ist Eigentümer von allem. Seinem Besitzverzicht folgt unM'I'saler Reichtum. Daß Mose nach Philos DaJStellung außerordentlidl klug und gebildet, tugendhaft von Kindheit an und zudem schön war, soll erwähnt sein. Die Einzelheiten der biblisdlen Darstellung, die nur mühsam ins Henscherbild einzuffigen sind, werden eingepasst. Die Tötung des Ägypters gilt als legitim, we1l dieser seinen einzigen Lebenszweck darin sah, andere zu quälen und zu töten. Daß Mose in Arabia Schafhirte war, diente ihm zur Vorbereitung auf das Her&herame. Das Schafehüten sei in Arabia eine Beschäftigung, der auch die Prinzen nadlgehen) - also nur \mlleintHdl niedrig. Wirtdirne Niedrigkeit paßt weder zum Herrscher noch zum Weisen: ~ I«J.i ~ta fehlen dem lurr€1&;4 und sind seinem Wesen fremd. Die ideale Gemeinschaft: Therapeuten und die Essener
Philo beschreibt die Gerneinschaft der Therapeuten in De Vrta ContemplativJ. Gleichheit ist das Ziel ihres gemeinschaftlichen Handelns: Beim Eintritt in die Gemeinschaft verkaufen sie allen Besitz und übergeben ihn an ihre Verwandten. Besitz würde die Gleichheit stören MtCont 13-17). Zudem tun sie dadurch ihren Verwandten Gutes. Die Therapeuten haben um der Gleidlheit Willen keine Sklaven. Den Tisdldienst (tl.aJ
s. 94.
Philo knüpft an ~in~ h~ll~nistisch~ Vorst~llung an; d~r Hirt~ ist Bild für di~ Fürsorg~ d~s Königs für Politics, S. 94f. Vgl. VitMos 1,60; Jos 2.54; Quarst in Gn 1 58. lyitMos 1,51. Virt 167. Vgl. All 111,1 34. Hi~r tr~t~n di~ b~id~n Sträng~. durch di~ Status zug~t~ilt wird, durch W~ish~it im R~g~lfall und durch Ni~drigk~it im Ausnah~fall, ganz aus~inand~r und g~rat~n zu ~inand~r ausschli~ß~nd~n Alt~mati~n. Di~ Un~ind~utigk~it wird uns b~i d~m V~rsuch, di~ Konflikt~ in Karinth zu ~rst~h~n. wi~d~r ~g~gn~n. s69 und 87ff . ln d~r G~staltung d~s Gottrsdi~nst~s hab~n si~ ~in~ liturgisch~ Aufgab~; ih~ ~itfigur ist Miriam. 2
:Ji~ Schwach~n; Good~nough,
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weitgehende Bedürfnisannut, ist innerhalb der Gruppe Zeichen ffir einen hohen Status. Die Essener ähneln darin den Therapeuten. Philo beschmbt sie in der Schrift Quod Omnis Probus l.iber Sit'.
Statusverzicht Der ideale Henscher übt Status~zicht gegenüber Menschen, wenn er darauf ~chtet, seinen hohen Status dazu zu benutzen, sich wn ihnen abzuheben. Er tetlt ihre einfache Lebensweise. Er achtet ihre WüTde, indem er sich besonders um die Belange der Niedrigen kümmert. Er soll nicht auf seinen Anspruch auf Henschaft ~chten; das wäre ein Verrat an seiner Aufgabe. ln der idealen Gemeinschaft ist Reichtum nicht mehr Zeichen eines hohen Rangs und Dienen nicht mehr das Merkmal eines niederen Rangs. Sta~cht bedeutet die Übernahme der Rolle eines Niedrigen. Es deutet sich sogar an, daß besondere ..Armut" und "Dienen" zu Kennzeichen eines hohen Ranges werden. Das ist auf den geschützten Raum einer kommunitären Gemeinschaft begrenzt, in der man "einander Dienste tut" und gemeinsam auf Besitz ~chtet, so daß der Statusverzicht an Gefahr \eliiert und die Geringschätzung duTCh die "Welt" gemildert wird durth die Hochschätzung der Gruppe1 •
Die Würde der Niedrigen Weil alle Menschen ~ haben, sind sie einander \mVandr und schulden einander Achtung, unabhängig wn ihrem Reichtum, ihrer Bildung und ihrer Freiheit. Aße Menschen haben eine un\eliierbare Würde. Sie zu schützen, ist die Aufgabe der Sozialgesetze. Ihre ausführlichste DatStellung findet sich in De Viftute im Abschnitt TrfPf·~
Die Armen Der Schutz der Armen geschieht zuerst durth die Regelung der KrediMT"gabe. Bekanntlich war die Verschuldung der Landbevölkerung eine wichtige UtSache wn deren Elend, das bis in die Schuldknechtschaft ffihrte. Philo fUhrt das Verbot des ..Leihens auf Zinsen" innerhalb der Gesellschaft ein als Schutzbestimmung gegen die Verarmung und Verelendung•. ln diesen Zusammenhang stellt er auch das Verbot der gewaltsamen ffindung~. Da ihm gleichwohl bekannt ist, daß Kredite gerade ffir die Armen nötig sind, I
Vgl. ob~n S. 108f. Daß auch di~ B~g~nzung durchbroch~n w~rd~n könnt~. d~ut~t sich an, w~nn Philo b~tont, daß di~ Thtrap~ut~n mit d~m Wrkauf ihr~r Hab~ ih~n V~rwandt~n. dit nicht Grupptnmitgli~d~r sind, ~intn Ditnst ~rw~is~n. Es ist alltrdings zu btz~itl~n. daß dits~r Asptkt für di~ Th~rap~uttn stlbst ~int Btdtutung hattt. Philo h~bt si~ h~raus und deut~t si~ als Di~nst, um dit Übtrltgenhtit dtS Konztpts g~gtnübtr d~m Besit~rzicht von Anaxagoras und D~mokrit zu z~igtn (VitCont 14). lmm~rhin bl~ibt, daß Philo ditS~n zusätzlich~n Asptkt trkanntt. 1 Gtigtr, Philon, S. 4-6, mit V~rwtis auf QuatSt in Gn 11,60 und Sptcl.tg 111,83. "irt 84. \tirt 89. Ang~~rkt wtrdtn muß, daß Philo in Som 1,92f sich wtigtrt, das Vtrbot dtn Manttl übtr Nacht zu pfänd~n. wörtlich zu vtrst~h~n. Um di~ Notw~ndigk~it ~in~r alltgorischtn D~utung 1
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fordert er Kredit\4ergabe durch die Reichen um des Lohnes der Tugend wmen: Sie zeigen in . Y,erhalten "~ • , , , ··-- 1 .!.-·-·· -'.L.. :_.,.. und d1esem ~. 'X/HP IOI'IJia, FfU'WIIUßUI, Cll4f''JIA#U' ..EÜt<)u.E•o~/' (Virt 84). Diese Tugenden gdten als ein weroollerer Schatz als jeder noch so große Besitz. Geld gewinnt seinen Wert erst durth d~n freigebige Verteilung 1• So antworte die Tara auf die alte soziale Forderung nach Schuldenerfaß. Auch die zweite grundlegende Forderung der antiken "Sozialreformef', die nach einer Ne\Mrte'llung des Landes. findet Philo in der Tara wieder: 1m Erlaßjahr werden alle Landkäufe der letzten 49 Jahre rückgängig gemadlt. Derjenige, der sidl wn seiner "Mutterscholle.. trennen mußte, soll nidlt dadurth bestraft werden, daß er sein Eigentum gänzlich ~iert, seine Armut \el"dient Mitleid, er verdient die Chance für einen Neuanfang (Virt 100). Philo findet also die beiden stetigen ReformanHegen der Antike in der Tara institutionalisiert und durthgeführt. Des weiteren fordert Philo mit der Tara die Auszahlung des Lohnes an den Tagelöhner am Abend des Tages. Das sei nidlt nur eine Forderung der Gerechtigkeit. sondern entlaste zudem den armen Tagelöhner, der "wn einem Tag auf den andern" lebe, wn der Existenzangst. Er kann nicht darauf \Uzidlten, darauf hinzuweisen, daß der Arbeiter so weitaus williger und konzentrierter seine Arbeit tun könne, als wenn er um seinen Lohn fürthten müsse und sidl um seinen Lebensunterhalt sorgen müsse (Virt 88). Philo liegt daran zu zeigen, daß~ dem Tugendhaften nicht schade, sondern ihn in die große Balance der lnteressen mitten hineinstelle und ihm letztlidl nützlich sei - wie der gute Ruf, der durch Freigebigkeit erworben wircf. Audl die Regelungen zur Nadllese und zur Nutzung der Feldfrüchte im Sabbagahr' sieht Philo als Hinweise auf die große Menschenfreundlichkeit der Tara. Dabei ist das folgende erwähnenswert: Das Verbot für den Eigentümer, selber Nadllese zu halten, dient zur Erziehung: Er erhält die Chance, Geiz und Gier abzulegen und statt dessen Großzügigkeit einzuüben.
plausib~l zu mach~n. fragt ~r. ob 6 d~nn glaubhaft ~i. daß Gott sich mit solch~n Kl~inigk~it~n abgä~. Obgl~ich ~r davon üb~rz~ugt ist, daß das nicht d~r Fall, spürt ~r di~ G~fahr und argum~nti~rt im folg~nd~n ~hr ausführlich dafür, daß 6 sich ~~n nicht um ~in~ Schutzb~stimmung für d~n ganz Arm~n hand~ln könn~ (d~s~n Mant~l ~i nichts w~rt und auß~rd~m würd~ d~m auch k~in~r l~ih~n! Zud~m ~i ~s schamlos, tagsü~r ohn~ G~wand zu lauf~n. nachts dag~g~n ~i g~g~n Nackth~it doch nichts ~inzuw~nd~n!). Di~ St~ll~ ist d6~g~n ~rwähn~nsw~rt. w~il (I) ~in~ vtrborg~n~ Mißachtung solch~r .g~ring~n· Vorschrift~n zutag~ tritt und (2) Philo spürt, daß ~r damit in Spannung zu s~in~r Grundü~rz~ugung von d~r Wichtigk~it d~r .,)..Q.~ia. g~rät, und sich b~müht, di6~ Spannung zu mild~m. Good~nough, lntroduction, S. 129, ist d~r M~inung, Philo hab~ an d~r Sozial~thik nicht ~ig~ntlich v;~J g~l~g~n; ihm ~i di~ Philosophi~ und m~hr noch di~ Mystik H~rz~nsanli~g~n. M.E. tut ~r Philo Un~cht: Er wollt~ g~m~.
daß ihm an d~r Sozial~thik v;~l li~gt - möglich~rw~i~ mußt~ ~r sich dazu imm~r wi~d~r anhalt~n. 1 Vgl. auch Sp~cl.tg IV,74: d~r R~ich~ soll das G~ld nicht .hort~n·, sond~m nutz~n. um Not zu lind~m.
Das ~ntspricht nicht uns~~r moralisch~n Tradition, di~ in Kants Nachfolg~ ~in~ Handlung nur dann als moralisch g~lt~n las~n will, w~nn si~ nicht aus N~igung g~schi~ht. D~m ist ab~r ~ntg~g~nzuhalt~n. daß Philo s~in~ .Koinzid~nz" d~r lnt~~n garanti~rt si~ht in d~m R~gim~nt d6 Erhalt~rs und zud~m di~ Motivation d~r Privil~gi~rt~n zum human~n Hand~ln vtrmutlich 1
r~alistisch ~inschätzt.
\'irt 90-94.
144
Dem Armen Qlbt es die Möglimkeit. seinen Lebensunterhalt zu simern, ohne sim demütigen zu müssen und sim beschämen zu lassen durch die Großzügigkeit der Reimen: Sie können Namlese halten, als sei es ihr eigenes umd. Die Regelung erinnert zudem daran, daß es die Natur ist. die die Menschen mit Nahrung ~rgt, weit mehr als ihr eigener Verdienst und ihre Arbeit. Diese Einsicht kann dem Armen zum Trost sein (Virt 5), den Reimen leitet es zur Gottesfurtht an (Virt 93). Gott wird dem Vater ~timen, der Kinder hat, die es zu Wohlstand gebramt haben, und solme, die in tiefe Armut gefallen sind. Nun lädt er die Armen ein, an dem Reimturn ihrer wohlhabenden Brüder teilzuhaben, als sei es ihr eigen - ohne sie zu allem Überfluß aum noch zu demütigen (Virt 91). Die Regelung baut also den Hochmut der Hohen ab, "erniedrigt" sie, und sie bewahrt die Würde der Niedrigen, "erhöht.. sie; beide werden dadurch aum erneut an den angemessenen Platz im Kosmos gestellt und an ihre Verbundenheit mit der ~ erinnert. Entsprechend fuhrt Philo die Landbrame im Sabbatjahr ein. Aum hier legt er einen Akzent auf den Ausgleim der Interessen: Die Armen nehmen, was die Natur herwrbringt, ohne daß sie bestellt und bearbeitet wurde. Das erspart den Bauern das Geffihl, sim ffir andere Leute abzuplacken (Virt 98). Menschenliebe ist kein Verzimt. sondern ein Gewinn, kein Opfer, sondern ein Zulassen der Freigebigkeit der Natur. ln den parallelen Ausruhrungen in SpecLeg II dehnt Philo den Gedanken der Freiheit. die mit dem Sabbatjahr ~unden ist. auf die Erde aus. Obschon sie nimt sensibel ist fiir Sd'lmerz und last, ~ient sie Erholung (Specleg 11,89).
Die Fremden Philo meint ausschließtim Proselyten, wenn er von Fremden sprimt'. Verschärfend kommt hinzu, daß er ägyptische Proselyten de facto ausnimmt. wenn er eine Wartezeit ffir die Teilnahme am Synagogengottesdienst von drei Generationen (!) forderf. Die Deutung der Fremden als Proselyten hat zwei Folgen: Zum einen geraten die Heiden, die wirklim Fremden, als Gegenüber aus dem Blick. Sosehr Philo mit seiner hellenistischen Bildung mit der paganen Welt ~unden ist, sosehr er Wert darauf legt, daß sim die Tara als in allen Dingen den Werten der paganen Welt als gleimrangig und überlegen erweist, sosehr isoliert er sim von ihr, wenn es um die Gestaltung der sozialen Beziehungen geht Goodenough hat vermutet. daß das Judentum des Phllo sim weniger an der "Weltanschauung.. zeige, als an der Bereitschaft, die Gesetze zu halten und sim damit in die Isolation zu begeben; er ~rmutet. daß um so eher geistige Inhalte assimiliert werden können, um so mehr die trennenden Verhaltensweisen belbehalten werden). I
Vgl. Good~nough, lntroduction, S. I J I, Anm 53. Good~nough w~ist darauf hin, daß ~ sich um ~in~ allg~m~in~ z~itg~nössisch~ B~gri~rschi~bung hand~ln könn~. für di~ man Philo nicht p~rsönlich vtrantwortlich mach~n kön~. "Ebd., S. I 32, mit V~rw~is auf Virt 108. Vi~ll~icht spi~g~lt das di~ august~isch~ R~g~lung wid~r. di~
d~n Zugang zu Ämt~m ~rst nach ~h~~n G~n~ration~n d~r gymnasial~n Bildung ~rlaubt~.
JGood~nough, lntroduction, 77.80.
145 Zum andem lädt die Regelung Proselyten geradezu ein. Alle Regelungen zugunsten der Armen gelten auch für sie 1• Sie werden hochgeschätzt (Vrrt 181: ~ .,Gp Kai ~ ~ .... "), und Abraham wird ihnen zum Types und Adelsgaranten wrgestellt1 , weil ja auch seine Eltern Götzenanbeter waren und er mit ihnen und seiner Heimat auch seine Religion hinter sich gelassen hat. Das gilt Phllo als AufStieg, als Sta~if. Die Proselyten zu "integrieren", ihnen eine "neue Familie" und "neue Heimat" zu sein sowie ihnen behilflich zu sein, wird eigens gefordert•. Dennoch zählen die Proselyten zu den Schwachen, deren sich Gott besondeTS annimmt. Sie haben nämlich keine Sippen und Familien, die ihre Interessen vertreten und mit denen sie in nutzbringenden Beziehungen stehen (Sped.eg 1V,178). Diese beiden Aspekte zeigen auf, daß Philo allzu gerne die Heiden bei sich haben möchte und bereit ist, sie zu fördern und zu achten. Zugleich aber ist das eben nur unter bestimmten Bedingungen möglich: dann nämlich, wenn sie aufhören, Heiden zu sein. Phllo ist kein Kulturrelativist; das wäre seiner Zeit und Welt auch insofern unangemessen, als sie sich durdl eine zunehmend vereinheitlichende Kultur auszeichnete. So empfindet er es auch in religiösen Fragen: Immer mehr Griechen und Barbaren(!) erkennen, daß es nur einen Gott Qlbt. der Schöpfer ist und unsichtbar (Sped.eg 11,165). Diese Bewegung \mteht er als eine Annäherung der paganen Kultur an die jüdische. Es ist ihm völlig rätselhaft, daß die Heiden dann noch die Juden ausgrenzen und der Misanthropie bezichtigen (Specleg II, 167). Philo kann nicht auf die Behauptung eines höheren Status der Juden den Heiden gegenüber ~chten. Er will sich auch nicht isolieren und die anderen ausblenden. Also schätzt er die Proselyten. Das Denken entspricht übrigens dem, das sich zur gleichen Zeit in Bezug auf das römische Bürgerrecht durdlzusetzen begann. Römer kann man werden, indem man römische Lebenshaltung und römische Werte annimmt. Die Italer hatten die Bürgerrechte schon erhalten; die Integration der Provinzialen begann. Auch hier ging es nicht um die Begegnung der Kulturen - wenn sie das auch de facto wurde -, sondern um Assimilierung.
Die Sklaven Auf der einen Seite ist Philo sich sehr wohl bewußt, daß der Skl~nstatus ein menschenunwürdiger Status ist und der ~. durch die alle Menschen Brüder, Kinder der einen Natur sind, widerspricht~. Und so betont er, daß es in den idealen Gesellschaften, bei den Therapeuten (VitCont 70) und bei den Essenern (Quod Omn Prob 79}, keine I
Es wä~ zu prüfen, ob tatsächlich eine erhebliche Anzahl wn Menschen aus der paganen Unterschicht um der bessertn .Sozialhilfe• zum Judentum ü!xrtraten. Aus Rom kennen wir die Bedeutung des Bürgemchts für die Unterschichten, die auf diese Weise auf die Liste für die Lebensmittelverteilungen und Geldgeschenke kamen. \lirt 219: .o~ ä.rramv ~'S' ~ia.t; ini Ka.J.<Wv•. \tirt 212f. Virt 101. Vgl. Specleg 1,52: sie sollen iiTOTI".ir& und alle Privilegien der .Altbürger· erhalten: zudem sollen die fima.TP;aa,, sie ehrtn (n,uiv) und besondertr F~undschaft (~a.) sowie besondertn Wohlwollens (eiiw11a.) würdigen. sQuod omnis probus liber sit 79.
146
Sklaven gäbe. Zu dieser Grundüberzeugung gehört auch die Aufforderung, in den Schutdskl~n Lohnarbeiter zu sehen, die sich für sieben Jahre verpflichtet haben (Specleg 11,79) und danach freizulassen sind. Überhaupt fordert er die humane und menschenfreundliche Behandlung der Sklaven, wozu auch gehört, daß sie am Sabbat genauso ruhen dÜ1'fen wie Freie (Specleg 11,66 und 83ftl. tn diesen Zusammenhang gehört ein Hinweis auf den lnteressenausgteich: Ein Ski~ der gut behandelt wird und in dem die Hoffnung auf Freilassung lebt, der wird sich anstrengen, um zur Zufriedenheit seines Herrn zu arbeiten. Herren, die ihre Sklaven roh und ausbeuterisch behandeln, werden scharf kritisiert'. Früher als es im römischen Recht festgelegt wurde, fordert Phllo auch die Bestrafung desjenigen Herrn, der seinen Sklaven getötet hat. Als StTafe fordert er den Tod - soweit ist die römische Regelung nicht gegangen. Freitich grenzt er diese Forderung dadurch ein, daß sie nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Ski~ sofort stirbt. Verliert er sein Leben erst nach einigen Tagen, soll der Herr stTaffrei bleiben (Specleg m, 137-143). Deutlich zeigen diese Regelungen ein Unbehagen an der Sklavenhaltung und den Versuch, das an sich ..Unhaltbare" wenigstens zu humanisieren. Es Qlbt audl eine Schattenseite: Die humanen Regelungen betreffen nur jüdische Skl~n. die als freigeboren und mit entsprechender Würde \mehen (Specleg IV, 121) wrgestellt werden. Daß der Erwerb wn heidnischen Sklaven ertaubt sei, betont er eigens, nicht allerdings ohne das als begründungsbedürftig zu empfinden: Es sei nämlich erlaubt, um einen Untersdlied zwischen Juden und Heiden zu machen, und zudem sei es einfach u~chtbar, Sklaven zu haben, um die Häuser zu \erwalten (Specleg 11,123). Noch näher an der üblichen antiken Einstellung siedelt sich Phllo an, wenn er dawn ausgeht, daß es Menschen Qlbt, die einfach nicht fähig sind zur Freiheit2 : Zu ihnen gehören Kanaan (Sobr 69) und Hagar (Fuga 212), vielleicht handelt es sich nicht zufällig um einen ..Palästinenser" und eine Ägypterin. Doch selbst für die ..geborenen" Sklaven hält Philo einen Aufstieg, eine Sta~g für möglich: Wenn sie Tugend erworben haben, gelten sie als adelig. Als Beispiele nennt er Silpa und Bllha, sowie Hagar (Virt 189), die zu allem Überfluß auch nodl Frauen sind! Das hat allerdings ebenso wenig wie in der Stoa die Freilassung zur Folge. Die ..innere Freiheit" muß genügen. Phllo ist Oberschichtsmitglied und Skl~halter. Er denkt nicht an eine Abschaffung der Ski~', und Goodenough• weist darauf hin, daß er dem Thema erheblich weniger Raum widmet als der Frage nach der Behandlung wn Vieh und Bäumen, so daß es ihn wohl nicht so sehr interessiert haben könne. Den Eindruck teile ich nicht. Mir scheint das Unbehagen im Vordergrund zu stehen. Wenn er auch nicht bereit ist, auf Skl~nhaltung 1
Vgl. Goodrnough, lntroduction S. 125, und Grigrr, Philon, S. 74, mit Vrrwris auf Sprcltg 111,137140 und Sprcltg 11,89-91. 2 Grigrr, Philon, S. 75, vtrwrist auf Virt 209 und Quod Drus lmm 64. 1 Adr, Skla~rri, S. 124f, wrist auf dir Kluft zwischrn drr grdanklichrn Position und drm alltäglichrn Vrrhaltrn hin. Für srinr grdanklichr Position zrigt sir drn biblisch-jüdischrn und drn stoischrn Einfluß auf. Srin alltäglichrs Vrrhaltrn sirht sie - außrr durch kulturrllr ~lbst ~rständlichkritrn - durch das Übergrwicht drr proportionalrn Gleichhrit brstimmt. 4 Goodrnough, lntroduction, S. 126.
147 zu ~chten, so gesteht er doch auch den Ski~ Würde zu und ~teht zudem, daß die ..sklavischen" Charaktermerkmale weniger solche des Charakters als solche der Situation der Skl~ sind. Verschlagenhrit und Wgenhaftigkrit zählte man zu den typischen Merkmalen eines Ski~: Er berichtet von der Beobachtung, daß Ski~. die Asyi in einem Tempel gesucht haben, plötzlich von dieser Verschlagenheit ablassen und frei und offen - iv ~ - zu sprechen beginnen (Quod Omn Prob 148). Nicht nur gilt der Sklave also als tugendtähig, seine .,niederen" Eigenschaften werden außerdem als situationsbedingt erkannt; das ist nicht wenig, und stellt Philo in eine Reihe mit den fortschrittHchen Denkern seiner Zeit. Zur Würde eines Menschen gehört, daß er sich nicht ~tecken und ~teilen muß. Für Philo zeigt sich das an der ~"._ Er fordert deswegen alle Vornehmen dazu auf, den äJoip die Freiheit der Rede zu gewähren •. Es zeugt von innerem Adel, wenn rin Sklave von sich aus - ohne daß er eigens dazu aufgefordert worden wäre - iv ~ spricht. So ~ält sich Joseph, gerade aus dem Kerker geholt, als er die Träume Pharaos auslegt (Jos 107). Philo weiß aber, daß der Unterlegene sich diese Freiheit nicht in jeder Situation nehmen kann, es sei denn, er ist bereit mit Leib und Leben und dem seiner Angehörigen daffir einzustehen. Phflo spricht darüber in Som 11 oo der Auslegung der Übertegenhritsphantasien des jungen Joseph, die durdtschrinend werden sollen für diejenigen der Römer. Der apOTE~ umgebe sich mit Vorsicht wie eine Stadt sich mit einer Mauer und wisse um die Unwiderstehlichkeit der Macht, die vom Zentrum ausginge. Mit Freimut zur Unzeit zu sprechen, sei tollkühn und unklug; schließlich gäbe man auf dem Markt nicht nur dem Henscher aus Respekt, sondern auch dem Zugtier aus Furcht und Sorge um die eigene Ummehrtheit den Weg frei (Som 11,81-92). So sehr also die~ zur Würde des Menschen gehört, so wenig kann der Verzicht auf sie zur rechten Zeit als entwürdigend und unterwürfig gelten. Ein solches Verhalten zeigt vielmehr die Niedrigkrit des Übergeordneten auf: Er sei wie rin Zugochse. Eine Passage in Ler/läßt ~uten, daß Phflo damit auch sein eigenes Verhalten legitimiert. Möglicherweise sind es solche Erfahrungen, die es Phflo ermöglicht haben, Verständnis ffir die "Niedrigen" aufzubringen; im Verglrich zu Gaius und seinem ..Statusbewußtsein" galt auch jemand wie Philo als nichtswürdig und \el'ächtlich.
Die Kinder Phflo ordnet die Kinder ihren Eltern ohne Einschränkungen unter. Er steht zur patria potestas in ihrer Vollform, wozu auch das Recht über das Leben der Kinder gehört (Specleg 11,232). Er fordert, daß die Kinder ihre 8tern fürchten (~io&u), spürt daoo aber, daß .,die üebe fehlt"; diese sei qua Instinkt gegeben und habe den höheren Rang inne. Die Furcht werde gefordert, we1l sie der Erziehung diene (Spedeg 11,239t). Die Kinder I
Sp~cl..rg
IV,74. 181 f: Philo fragt sich, ob ~in~ ~rsönlich~ Audi~nz ü~rhaupt Erfolg bring~n kann. ln d~r Darst~llung d~r Audi~nz wird d~utlich, daß di~ jüdisch~ Otl~gation k~in~ Chantt hatt~. ihr Anli~g~n 2
durchzus~tz~n.
148
sollen ihren 8tem mit ~KJ. begegnen, weil die 8tem als ihre Erzeuger, ihnen gegenüber wie Gott seien (SpecLeg n,225). Fs ist m.E. aud1 mehr die• Hochschätzung der zeugenden Kraft der Eltern als eine Parteinahme ffir die hnttosen Kinder, wenn Philo sid1 vehement gegen die Aussetzung und Tötung wn Neugeborenen einsetzt (Sped.eg 111, llD-119). Ausffihrlid1 und plastisch malt er das Sdlicksal der ausgesetzten Kinder wr Augen und entsetzt sid1 über die Brutalität und Unzivilisiertheil eines soldien Verhaltens. Unter den Status der Tiere wütden die Menschen mit der Aussetzung zurückfallen2, ein Vorwurf, der bitterer kaum sein könnte, kennzeidlnet er dod1 den tiefsten Fall des Menschen.
Die Frauen Frauen besetzen im Denken Philos einen besonderen Platz unter den Menschen. Sie sind nämlid1 nidlt wm ~ bestimmt, sondern wn den Sinnen; in der Sd1öpfungsgeschid1te steht der Mann denn aud1 symbolisch ffir den Verstand, die Frau dagegen ffir die Sinneswahmehmuni. Nun ist der Verstand ohne die Wahrnehmung der Sinne stumpf. Und so ist aud1 der Mann auf die Frau angewiesen: Philo schätzt die Ehe hod1 ein. Er kann sogar konstatieren, daß die Frau dem Manne gleid1 sei, nidlt im Hinblick auf den ~ allerdings , sondern hinsid1tlid1 der Generativität (Her 161 ). Da nun aber gllt, daß der Mensch nidlt seiner Bestimmung gemäß lebt, wenn die Sinne anstelle des Verstandes den Weg und das Zid wrgeben, so ist der Gehorsam der Frau dem Mann gegenüber gefordert. Der Mann genießt höhere Ehre•, die Frau hat den Rang einer Dienerin (Quaest in Gn 1,29). Diese Unterordnung gilt ihm weniger als Aud1 denn als eine Notwendigkeit (Quaest in Gn 1,49). Nun hat sid1 aber die Frau der Führung des Mannes nidlt anvertraut mit dem Ergebnis. daß sie sid1 wn der Sdllange betrügen ließ, was Frauen leidlter unterläuft als Männem (ebd. 46); und so kommt es dann, daß Frauen nidlt nur als die .5chwäd1eren" gelten, sondern zudem als das Einfallstor des Bösen und dessen GeF.ihrtinnen: "peccare ex fragilitate p~it, fragilis autem est femina"s. Herrscht die Frau über den Mann, so ist das die ~on der natürlidlen und guten Ordnung; ihre Herrschaft steht parallel zur Herrschaft des Bösen, der Sinne, des Körpe5 und der Materie (Quaest in Gn 1,83). Der ~ als statusrelevantes Kriterium, das sonst die Würde der Niedrigen gewährleistet, legitimiert hier die Unterordnung einer Menschengruppe, nidlt etwa nur die wn Individuen und zwar mnJ. c/ixm, nidlt etwa aufgrund wn eigener 1 Von d~r Hilflosigk~it d~r Kind~r ist nur di~ R~d~ um di~ Größ~ d~s V~rb~ch~ns darzust~ll~n. Di~ Schuld und di~ Schand~ li~g~n darin, daß di~ natürlich~ Ordnung d~r üugung und d~r Zusamm~ng~hörigk~it von Mutt~r und Kind dun:hbroch~n wird. W~nn von d~r ..AdoptionR ~in~s Wai~nkind~ dun:h ~in~n gut~n M~nsch~n ~rzählt wird, so di~nt das nicht als Vorbild - wi( ~s d~r Sorg~ um di~ Kind~r ang~m~n wä~ - sond~m hat di~ Funktion, d~n Elt~m ihr Schuld noch nachhaltig~r zuzuspr~ch~n - Sp~cl~g lll,116. 2 Sp~c~g IV,IJ7: ~lbst n~~ ~mpfind~n Mutt~rli~b~. JZ.B. Op 165, w~lt~~ B~l~gst~ll~n b~i G~ig~r. Philon, S. 43, Anm. 90. 4 Qua~st in Gn I, 27 und Sp~c~g II, 124: -~ ."ip iv Tjj ~· '}1111Go1KWI! Ä~~ 11'p!ti1'0CM'IIT!Mn, ••• R. sQua~t in Gn 111,3, b~i G~ig(r, Philon, S. 43, Anm. 88. Si~ kann sogar als Rprincipium maliR (Qua~st in Ex 1,45, b~i G~ig~r. Philon, S. 43, Anm 89) g~lt~n.
149
Entscheidung und damit ui'MI'änderlich. Die Argumentation erinnert an Platon und Aristoteles, geht aber durch die Verbindung der FTau mit dem Bösen noch darüber hinaus. Auf der anderen Seite schätzt Phno das We~bliche sehr hoch ein: Sara und Rebekka \erkörpem die Tugend, und die Vereinigung mit ihnen vollendet den Weisen'. Dennoch berichtet Philo dawn, daß FTauen zur Gemeinschaft der Therapeuten gehörten und um der Weisheit wmen lebenslang keusch blieben1 • Als Beispiele für die Möglichkeit der Statusverbesserung durch den Erwerb von Tugend zählt er eben auch Tamar, Hagar, Bflha und Silpa {Vrrt 220 und 223).
Tiere und Pflanzen Phflo dehnt die Achtung vor ..dem andem" über den menschlichen Bereich hinaus aus. Auch Tiere und Pflanzen sind schutzwürdig. Diese ungewöhnlichen Gedanken stehen ebenfalls im Zusammenhang mit der icn7Mx: Die Gleichheit, meint Phflo, sei ein Strukturprinzip der Natur und erkennbar z.B. am lauf der Sterne, an der Ordnung der Jahreszeiten und vielen andern Naturerscheinungen. Durch diese ~ ist jedem Element in der Natur ein eigener Platz angewiesen. Alle Kreaturen sind aufeinander angewiesen und stehen miteinander in einer großen Harmonie. Zwar sei der Mensch mit der Henschaft beauftragt, das bedeute aber nicht, daß ihm die Kreatur gehöre als ein Eigentum; noch nicht einmal sein eigener Körper gehöre dem Menschen, geschweige denn die Dinge und Lebewesen oder andere Menschen. Alles sei miteinander durch Geben und Nehmen ~unden. Der Mensch ist der ..Moderator' dieses Geschehens (Oler 110115). Die Tiere und die Pflanzen sind dem Menschen untertan und sollen und wollen ihm dienen 1 • Es ist das Gefühl der Verbundenheit mit allem, die es erfordert, Emfl~ Kai~ (Virt 81) auch zu Tieren und Pflanzen zu sein. Zunächst einmal ist es erstaunlich, daß Phflo die Tiere und die Pflanzen in den Blick nimmt; noch erstaunlicher ist es, daß er eine Reihe von Vorschriften als Schutzbestimmungen für Tiere und Pflanzen auslegt•, die zwar auch dem Menschen nützen, aber auch nicht mehr als die Regeln zur humanen Behandlung von Skl~n. Dabei lassen sich drei Regeln in eine Gruppe zusammenfassen: Sie haben mit dem ..M)5terium" von Zeugung und Geburt zu tun. Daß ein Muttertier eine Woche lang nicht von seinem Jungen getrennt werden soll, daß das Lämmchen nicht in der Milch der Mutter gekocht werden soll und daß ein trächtiges TleT nicht geopfert werden soll, gehören zu dieser Gruppe. Einen Verstoß dagegen findet Phflo barbarisch (Virt 134). Mir scheint, daß dabei Achtung vor der Göttlichkeit des Zeugensund Gebärens. der ..Kreativität", durchschimmert 'Goodrnough, lntroduction, S. 141f und 144. Der Vf. hält frst, daß in rinrr rrstrn Stufr drr Vrreinigung Abraham drn wriblichen, rtzrpti~n Part übrmommen habr und in rinem zwritrn Schritt, der dann dir Vollrndung brdeutrt, drn männlichrn, grbrndrn; rrst jrtzt wrrdr lsaak grzrugt, drr als Kind Gottrs und drr Wrishrit grltrn kann. Srlbst hirr also, im üntrum drr Hochschätzung drs Wriblichrn, läßt sich noch rinr Übrrordnung drs Männlichrn brmrrkrn lyitCont 68 - rinr rrstaunlichr askrtischr Ltistung für rin Sinnrnwrsrn. 10p 83: dir lirrt rhren drn Mrnschrn als ihren "~"""'v Ko.i clttrn~".
Virt 126- 160.
150 und diese Auslegung motiviert'. Die nächste Regel verbietet, dem dreschenden Ochsen das Maul zu verbinden. Phflo betont den großen Wert des Ochsen ffir die umdwirtschaft und wendet sich gegen die Ausbeutung der Nutztiere. Er scheint geradezu "Tierredlte" zu fordern. Die letzte Regel ist das Verbot. Ochs und Esel unter ein Joch zu spannen. Phflo ~achlässigt die rituelle Bedeutung des Verbots weitgehend und deutet es als eine Schutzvorschrift fiir den schwächeren Esel, der durch die Arbeitsgemeinsdlaft mit dem Ochsen überanstrengt und gequält würde. On einer Schlußmahnung wird der Esel dann mit dem Fremden - beide sind unrein - parallelisiert und aufgefordert, auch den Fremden nicht zu überfordern.) Diese Deutung ist in doppelter Hinsicht interessant: Das unreine Tier wird des Schutzes ffir würdig befunden. Seine Außenseiterrolle bedeutet nicht. daß es dinghaft wäre. Außerdem bezieht sich Phflo nicht auf ein "Tierrecht", das mit der Vorstellung von gerechtem Lohn plausibel gemacht werden kann wie im Fall des dreschenden Ochsen, sondern auf Barmherzigkeit. Phflo dehnt die Vorstellung von Schutzbestimmungen auch auf die Pflanzenwelt aus: Das Verbot, im Krieg Fruchtbäume zu fällen und die Feldfrucht zu zerstören, wird ~anden als Schutzbestimmung ffir die Pflanzen. Nicht. daß er die Funktion der Regel fiir die Bevölkerung nicht kennen würde, aber doch so, daß er diese nicht alleine gelten lassen wm. Philo wendet sich gegen die Zerstörungswut. die den Haß auf Menschen an "unschuldigen" Kreaturen, den Bäumen abreagiert {Virt 154). Auch das Verbot. in den ersten vier Jahren einen Baum abzuernten und die Frucht im ffinften an den Tempel zu geben, wird als Schutzvorschrift ffir die Bäume und nicht (nur) als Rentabilitätsanweisung ffir den Nutzer \erStanden. Phflo schließt die Betrachtung ab mit dem Hinweis, daß nur der ffir Menschen Verantwortung übernehmen könne, der ffir Pflanzen und ffir Tiere Sorge trage. Dieser Gedanke begegnet bei der Vorbereitung ffir das Königsamt wieder. Im Hintergrund dieser Deutungen steht die Überzeugung der Verbundenheit aller Kreaturen. Im Paradies haben die Tiere den Menschen als ihren Herrn und König verehrt. seine Namengebung war der königHche Akt der ..Annahme" (Quaest in Gn 11,9; Op 148). Solange der Mensdl noch ganz tugendhaft war, gab es keine "wilden" Tiere, sie waren dem Mensdlen Verbündete; erst durch den Sündenfall wurden sie ihm Feind und Beute (Quaest in Gn 1, 18). So ist die Zähmung und lndienstnahme von Tieren ein .Aufstieg" ffir Mensch und Tier. Und in der Tat kann Phflo den humanen Umgang mit dem Tier als ein Gegenmittel gegen den Hochmut betrachten (Virt 161 ). Das Wilde Tier, das die Gesellschaft des Menschen flieht. ist deswegen Ausdruck der zerstörten Ordnung, der Aucht vor dem ordnenden ~. Gottesfeme. Einen Menschen mit einem Wildtier zu ~Ieichen, ist die Zuschre~bung des denkbar niedrigsten Status. So spricht Phflo von den "Kredithaien" (Vrrt 86), und den sterbenden Aacco ~leicht er mit einem gehetzten Tier (Aacc 188).
1 0i~ Milch, di~ das Kl~in~ näh~n soll (Naturg~~tz), soll ~ nicht töt~n; di~ l~b~nssp~nd~n~ Kraft von Mutt~rti~r und Milch st~h~n im Einklang mit d~m Naturg~tz; Tötung wird ~h~r konztdi~rt als l~gitimi~rt.
151
Zusammenfassung Die Würde der Niedrigen wird in besonderem Maße respektiert. Wie im paganen Denken wird über die Niedrigen in der Geseßschaft, im öffentlichen Raum ausführlicher nachgedacht, und sie werden nachhaltiger geschützt als die Untergeordneten im familiären Raum, die Kinder und die Frauen. Ebenfalls wie im paganen Denken stehen die Ski~ zwischen famflia und res publica. UngewöhnHch ist. daß der Blick geweitet win:l fiir Belange der Niedrigen im Kosmos, die Tiere und die Pflanzen. Festgehalten win:l damit der Zusammenhang und die Zusammengehörigkeit alles Lebendigen. Das ist ein Anliegen, das auch den stoischen Denkern wichtig war.
10.3. Statusveränderungen Innerhalb der natürlichen Ordnung also henschen die \mlünftigen Philanthropen und ähneln darin Gott. Die natürliche Ordnung entspricht aber nicht der tatsächlichen Ordnung der Welt. Philo kennt drri Arten wn Sta~nderungen: (1) Die tatsächlichen Zustände sind dadurch gekennzeichnet, daß di~enigen, die einen hohen Status beanspruchen, ihn nicht ~ient haben und daß sie ihn dazu mißbrauchen, um andere zu erniedrigen. Vor dem Anspruch der natürlichen Ordnung ist das eine illegitime Statuserhöhung. (2) Legitim sind Statuserhöhungen, wenn sie die tatsächlichen Zustände der natürlichen Ordnung näher bringen. Das kann Individuen oder Menschengruppen betreffen. (3) Unabhängig wn der Tugend Qlbt es ständige Sta~nderungen als Ausdruck "internationaler Demokratie':
Die illegitime Statusveränderung Die Kluft zwischen der Soll-Ordnung und dem faktischen Zustand konzentriert sich in der Beschre~bung des Wesens und Verhaltens derjenigen, die ihren Platz im Kosmos nicht finden, weil sie sich zu hoch ansiedeln und andere ~chtlich behandeln oder we1l sie überhaupt nicht bereit sind, sich als Teil eines Größeren zu veJStehen. Philo nennt sie ~. ~ steht in einer Reihe mit der ~ und gilt als die Haltung, die in Gesellschaft Streit und Olaos heraufbeschwört. Mose warnt besonders die Reichen und Vornehmen wr diesem Laster (Virt 163). Ein bewährtes Gegenmittel ist die Dankbarkeit, die den eigenen Sta~ Reichtum und Macht als Gaben Gottes mennt, die die zuwrige Schwäche übmleidet haben (ebd.). Der Gipfel dieser "Bindungslosigkeit.. ist die Behauptung der "SelbsMrgottung.. (Virt 172). Der hochmütige Mensch, der Q)..offov, akzeptiert Grenzen nicht: nicht die nach oben hin zur Gottheit, noch die. die die Rechte und die Würde der andern bezeichnen. Philo kritisiert, daß Reiche sich wn Menschen in ihren Sänften tragen lassen und sie so wie Vieh behandeln und erniedrigen (Decal 4f.). Der ~ schre~bt sich selbst alle Güter in ihrer höchsten Vollendung zu, hält alle anderen aber fiir überaus ~chtlich: Er behandelt Ski~ wie Vieh, Freie wie Skla\m, Verwandte wie Fremde. Freunde wie Schmarotzer, Mitbürger wie Ausländer (Virt 174): Er erniedrigt Menschen. Zudem gelingt es dem Hochmütigen auch nicht, die Güter in die rechte
152
Ordnung zu bringen: Er überschätzt die materiellen Güter und mißachtet die Tugend. Dabei aber schätzt er sein eigenes Wrssen zu hoch ein, als habe er während der Schöpfung an Gottes Seite gestanden als sein Berater, merkt Phflo sarkastisch an (Migr 136t). Er macht ihr äußeres Erscheinungsbild und ihr Gehabe lächerlich (Quaest in Gn 11,24). Joseph, wie ihn Phflo in Sam 11 darstellt, ist T'IA/iJt;1 ; in seinen Träumen beansprucht er, über Eltern und Geschwister erhoben zu werden; im zweiten Traum übetschreiten seine Größenphantasien die Grenzen der Menschlichkeit: Er will sich über die Natur erheben und ~ält sich dabei so, als sei sie für ihn geschaffen und er nicht für sie2 • Goodenough ist der Überzeugung, daß Joseph in diesem Traktat fiir die Römer steht, die er so aufs schärfste kritisiert. Menschen wie Joseph entwickelten sich von Führern zu Tyrannen, die sich erheben, während sie ihre Nachbarstaaten bedrücken und sogar die in die Knie zwingen, die von Natur aus frei und ummklavt sincr. Nicht zuletzt meint er damit sein eigenes Volk, das von Herrschern wie Augustus und Tiberius respektiert wurde~ und jetzt unter Gaius ~lavt zu werden droht. Überhaupt hat Phflo zur Politik eine eher negatM Einstellung; die Polih"k der Städte und Staaten diene nur deren Habgier und sei eine an sich unnötige Erweiterung der Megalopolis der Welt, die durch die Natur beherrscht werde. Der Polih"ker selbst, der ohnehin nur durch einen "Schlängelkurs" Erfolg haben könne, sei zudem noch der Ski~ der Massen, habe 1000 Herren (Jas 35). Das könnte die polemische Variante der stoischen Konzeption vom Herrscher als dem Skl~n der Gesetze sein.
Die legitime Statusveränderung Aufstiege und Abstiege von Individuen (als Typen) Aufstiege und Abstiege in der Geschichte haben stattgefunden und sollen auch gegenwärtig stattfinden nach der Maßgabe der Weisheit und der Tugend eines Menschen. Als Beispiele fiir Abstiege nennt Philo Kain, Harn, Esau und Adam, der von größtem Adel, nämlich gottgeschaffen war und dennoch seinen Platz nicht halten konnte. Als wichtigstes Beispiel fiir Aufstiege nennt Philo Abraham, der vom Kind der niederen Götzenanbeter zum König aus Weisheit wurde (Virt 199-223 ). Abraham gilt als Vorbild der Proselyten - seine Aufstiegschancen werden den Proselyten auch eingeräumt. Ein typischer .Aufsteiger" ist schließlich Joseph. Im Traktat De losepho wird er sehr positiv dargestellt als jemand, der durch seine Klugheit [fraumdeutung; Rat) und sein Auftreten (er spricht & 1
Som 11,16. 115ff. Philo brnrnnt danach nrbrn zwri historischrn Brlrgrn für Mrnschrn, dir mrinrn stärkrr zu srin als dir Naturkräftr, als Brispirl das Gespräch mit rinrm römischrn Bramtrn in Ägyptrn, drr von drn Judrn dir Nichtbrachtung drs Sabbats fordrte, dir doch auch bri Naturkatastrophrn möglich sei und also auch auf seinrn Brfrhl hin möglich srin müsse, übrrtrtffr doch srinr Macht ~ir solchrr Naturtrschrinungrn (123ft). Politics, S. 22ff, und lntroduction, S. 61 f. 4 Som 11,79. \.tgGai 298. 315 u.ö. Vgl. (ioodrnough, Politics, S. IOOff. 2
153 ~)
durdlaus aktMrl Anteil an seinem "sagenhaften Glück" hat. Daß ein Funke Adel da ist, das ist die Bedingung für einen solchen AufStieg, der - so Philo - durdl Gott immer wieder ermöglicht werden kann. Für einen Mann mit EixlißEI4 sind die Erniedrigungen nicht endgültig, sie beugen ihn, aber er fiißt nicht, sondern steht auf und stolpert nicht wieder (Jas 122t).
Der Positionswechsel zwischen Juden und Heiden Die Juden kennen Gott als den einen in besonderer Weise und haben zudem in ihren Gesetzen Anleitungen zu einem tugendhaften Verhalten. Deswegen stehen sie in einem größeren Ausmaß unter der Henschaft des~ als die Heiden; Philos Aussagen changieren zwischen der Behauptung eines tatsächlich höheren Status und der Zuweisung einer besseren Olance•. Die Juden haben die Aufgabe, für die Völker, Priester und Prophet zu sein2 • Sie haben Anspruch auf den ersten Platz unter den Völkern (Praem 83f). Dieser Positionswechsel wird für die Zukunft erwartet und wird kosmische Ausmaße erreichen: Die Tiere sind mitbetroffen, der Positionswechsel hat eschatologische QuaHtär. Phßo erwartet, daß die arroganten Mächtigen. die sich Henscher nennen, aber in Wirklichkeit Ski«Mn der I<Wr} ~ sind, die Römer, wie Bäume, die zu stark gewachsen sind, zurückgeschnitten, ja mit der Wurzel ausgerottet werden4 • Zu Beginn dieser "gerechten" Zeit~ wird durdl Gott die Feindschaft zwischen den Menschen, die das Wilde in sich gezähmt haben (Praem 88), und den Tieren und die Feindschaft unter den Tieren aufgehoben. Alle Tiere, auch die "königlichen" und starken, werden dann den Menschen weder meiden noch angreifen, sondern gezähmt und respektwll oder anhänglich ihn begleiten. Danach werden die anderen Menschen sich freiwillig unterordnen (Praem 93), entweder we~l sie den Beispielen der Tiere folgen oder we1l sie sehen, daß sie gegen die, die das Gerechte' zum Mitstreiter haben, nicht siegen können. Der uneinsichtige Rest wird ~ichtet (Praem 94f). Die Henschaft dieser Menschen wird für alle gut und wohltuend sein (Praem 97); sie werden wie das Haupt auf dem Körper sein, zum eigenen Ruhm und zum Wohl aller (Praem 114). Das wird auch dadurdl geschehen, daß die Natur die Henscher mit überfließendem Reichtum ~rgen, den sie freigebig weitergeben und leihen werden'. Am Ende der Schrift (Praem 162-172) kommt Phßo noch einmal auf die 1
Vgl. Goodenough, lntroduction, S. 88: Die Verdienste der Väter. Abr 98. 1 Zwar erhalten die Juden den ersten Rang wegen ih~r Tugend und nicht wegen ih~r Niedrigkeit, dennoch ist es wieder der internationale Bereich, in dem - um die natürliche Ordnung in Kraft zu setzen - die Verhältnisse nicht nur ~entwickelt~. sondern umgestürzt werden müssen. Es sind die Juden im Verhältnis zu den Völkern, die als die Weisen die Niedrigsten sind. Damit berühren sich :lie natürliche Ordnung und die besonde~ Nähe Gottes zu den Niedrigen wieder. 4 Som 11,61-64 der Auslegung von Goodenough, Polltics, S. 24f, folgend. ~Goodenough, Politics, S. 25: Die wenigen Aussagen, die sich bei Philo zum Messias und zur Eschatologie finden, müßten kein Hinweis darauf sein, daß sie für ihn keine Rolle spielten. Das Thema ausführlich darzustellen, war gefährlich. 6T® ~.Ka.ioi.J kann Genitiv des Neutrums oder des Maskulinums sein, läßt sich also auch messianisch ~euten. Goodenough, Politics, S. 115. Praem 98-107. 2
154 Frage, wer denn diese bewrzugten Menschen sein werden. lJJvor war behauptet worden, daß es eine ganze Reihe wn Juden Qlbt. die sich ihren niedrigen Status durch ihren Ungehorsam .,\etfient" haben. Am Ende der Zeiten werden sichalldie Juden, die sich wn der Verehrung des einen Gottes und der Beachtung der Tora abgewandt haben, bekehren und aus der Ski~ entlassen werden, we~l ihre Herren sich dafür schämen, Männer besessen zu haben, die ihnen überlegen sind. Diese Heimkehr wird möglich wegen der Fürbitte dreier Instanzen: der ~10.Kr:l.i 'XP'P IOI'q; Gottes, der ~ der Väter und der Umkehrwl11igkeit der Betroffenen (Praem 166)'. Dann wird sich plötzHch alles umkehren ~ ~ mWrr.tw - Praem 169), und alle Schmach und alles Unrecht, das Juden angetan wurde, wird sich gegen die Täter wenden. Anders als bei der Beschre~bung des ..messianischen Reichs" finden sich hier auch Rachewünsche den jetzt Mächtigen gegenüber.
Ein Exemplum für den Positionswechel: Flaccus Philo schildert den Positionswechsel eines lndividuums sehr ausführlich. Es erzählt wm Sta~ust des Aa~ des Präfelds wn Agypten, unter dessen Henschaft während der
Regierungszeit des Gaius Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung Alexandriens durch die griechischen Einwohner stattfanden. Er deutet diesen Sta~ust als Strafe für die Entehrung und Verfolgung der alexandrinischen Juden. Damit bindet er den Bestand der römischen Macht an die Achtung und den Schutz des jüdischen Volkes, dessen Anwalt der einzige Gott ist, der jedes Unrecht an seinem Volk rächt. Roms Macht steht und fallt mit der Achtung der Juden. Sie sind schon gegenwärtig das geheime, ~rgene Zentrum des Weltgeschehens2 • Aacrus wird zu Beginn der Schrift sehr positiv geschildert. Er ~gt über eine Re~ne wn Tugenden und Verhaltensweisen, die Philo unter die Überschrift ~ stellt. Er erweist sich als Henscher als klug und gerecht. Er hat Würde und ist rre; wn Hochmut (Aacc 2-6). Erst als Gaius an die Regierung gelangt, ändert er sein Verhalten, und zwar, we~l er am Schicksal des Macro seine eigene Bedrohtheit erkennt (Aacc 9-16). Von da an nimmt er aus Angst seine henschaftliche Aufgabe nicht mehr wahr, sondern überläßt dem ~ wn Alexandrien die Macht. Die Feindseligkeiten beginnen. Aacrus also ..erniedrigt" sich und wird dafür getadelt; wem der Platz eines Henschenden zugewiesen ist, der soll ihn gut ausfüllen und sich nicht verweigern, schon gar nicht aus Angst. Während der Pogrome geschieht den Juden schweres Unrecht, sie \e'lieren Hab und Gut und lelb und Leben. Ausgangspunkt ist die Verspottung des Hemdes Agrippa durch die Verkleidung eines als durchaus liebenswert geschilderten geistig Behinderten als Köni~. Sie handeln aus Neid (Aacc 29). Als Höhepunkt der Pogrome Qllt Philo die Entehrung desjüdischen Senats (Aacc 74-77.80). Die zweite Hälfte der Schrift Daß solch(S möglich ist, wird als b~gründungsb~dürftig ~mpfund~n: Möglich~rw~is~ spürt Philo Spannung zwisch~n d~r B~orzugung d~r Jud~n unabhängig von ihrer ~rsönlich~n Haltung und stin~r Üb~rz~ugung, daß ~dl~ G~burt zu nichts nütz~ s~i. ~i~ Jud~n ~u~n sich ihrer B~~iung, a~r nicht d~r 8(Strafung d(S F~ind(S. d~nn das wid~rspräch~ d~r Ford~rung, Mitl~id zu hab~n (G.~a.6fi11 Aacc 121 ). )Fiacc 36-40. 1
di~
n
155 beschreibt die Bestrafung des Aacrus; sie wird als Erniedrigung geschildert und Qllt als Folge seiner schlechten Behandlung der Juden (Aacc 116). Sie beginnt mit der Amtsenthebung und GefangensetzunQ des Aacrus wegen Unterschlagung. Sie wird verschärft dadun:h, daß seine Ankläger seine dgenen Untergebenen sind, die er im Amt gefördert hatte, und daß seine Feinde ihn ~achen, was schlimmer ist als der Tod (Aacc 127 und 147). Aacrus wird verbannt, vertiert Besitz und Heimat. Auf dem Weg ins Exil muß er denselben Weg nehmen, den er als neuer Praefekt nach Ägypten schon dnmal gegangen war; so wie man ihn damals ehrte, so ve15p0ttet man ihn jetzt (Aacc 151-153). Aacrus empfindet diese Erniedrigung als unerträglich schwer: Er nennt dnen Verbannungsort, die Insel Andres. sein Grab, beklagt seinen tiefen Faß und ~äßt das Schiff gebeugten Hauptes (Aacc 158-160). Er mddet die menschliche Gesellschaft und sein Leben ekelt ihn an. ln dnem ausfUhrliehen Gebet - er wendet sich an den König der Götter und Menschen• -bekennt er, daß er nun erlddet, was er den Juden zugefügt hat: Er ~iert Besitz und Bürgerrecht, er wird wrgeffihrf und verlacht und erwartet nun den Tod. Aacrus vertiert die Fähigkdt, soziale Beziehungen aufzunehmen; er ffin:htet alle und wird a-sozial (Aacc 177f). Schließlich beschließt Gaius seinen Tod; Aacrus flieht wr den Henkern und wird wie ein Wildes Tier g~agt, gefangen und zerstückelt (Aacc 189).
Der Positionswechsel zwischen den Völkern als Ausdruck internationaler Demokratie Daneben aber läßt sich nach Philo eine ständige Umverte~lung wn Gütern und Macht beobachten, die nicht in der Tugend begründet ist, aber auch nicht zufällig ist, sondern dem göttlichen Plan entspricht. ln kreisförmigen Bewegungen der ~ entsprechend teilt Gott allen ihren Ante1l zu. Er nennt als Beispiel die ..Wanderungen" der Macht wn Griechenland nach Mazedonien, wn Persien nach Mazedonien und zu den Parthern, den Statusverlust der Ägypter, der Karthager und Äthiopier, der Könige wn Pontus. Die Völker würden wn oben nach unten gestoßen und stiegen auf wie auf den Wellen der stürmischen See. Und aß das sei nicht zufällig, sondern diene der ..internationalen Demokratie': Den Hohen ist dieses Wirken der Fortuna Ermahnung, auch in ..guten Zeiten" die ~ zu achten und die weniger Begünstigten zu re:spektieren 1• Sollte aber Macht bei jemandem verbleiben, der sie nicht verdient - wie der Tyrann -, so ist zu erwägen, ob nicht eine andere Deutung des Geschehens nötig wird: Phllo erwägt, ob es sich nicht wie bei Naturkatastrophen um eine Strafe handeln könne (Prov 35f)
10.4. Zusammenfassung Phßo schafft mit der Überzeugung, daß der ~ das einzige statusrelevante Kriterium ist, die Voraussetzung dafür, allen Menschen, Juden, Proselyten und Heiden, den gleichen I
Flacc 170-17 S. So kann auch äus gtnannt wtrdtn. a.E~mwa.! (Fiacc 173). \titMos 1,3 I.
156 Wert und den gleidlen Status zuzumessen. Audl die Forderung zum StatusveTZidlt wird dadurdl uni\65alisierbar: ln den Gemeinschaften, in denen Menschen zusammenleben, die vom ~ bestimmt sind, bei den Therapeuten und den Essenem, sind herrsdlaftsarme Strukturen und der gegenseitige Status\4eTZidlt widltige Merkmale. Die Uni\ersalisierung bletbt bei Phfio aber latent, weil er~ und Taragehorsam eng verbindet. Innerhalb der natürlidlen Ordnung madlt die Überzeugung von der ~ ihn serlSibel dafür, die Würde der Sdlwadlen zu adlten und ihre Interessen zu respektieren; das betrifft die Armen als die Sdlwadlen in der Gesellsdlaft, die Kinder als die Sdlwadlen in der Familie und die Pflanzen und Tiere als die Sdlwadlen im Kosmos. Der Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung der Vorstellung vom Sta~dlt ist das Verhältnis von Juden und Heiden. Eine Olance für einen Ausgleidl zwischen den tatsädllidlen Verhältnissen und der natürlidlen Ordnung sieht Philo nidlt im Rangstreit und dem Konkurrieren, sondern im Status\4eTZidlt; diese Hoffnung ist in der Überzeugung von Gottes Option für die Niedrigen verbunden. 1sr.lel übernimmt die Position der Sdlwädlsten, der "Waisen der Welt" (Specleg lV, 179- 1B1), und verbindet die Hoffnung auf einen ,.Sieg" nidlt mit seiner Stärke, sondern mit seiner Sdlwädle (VitMos 1,69). Die Bereitschaft, die niedrigste Position zu übernehmen und auf seinen "geredlten Antetl" zu ~chten, wird als Ausdruck von Hoheit und So~nität erkannt (Abr 216). Damit ist ~unden, daß zum Sta~dlt nidlt taktische Überlegungen und ~rgene Radlewünsche motivieren, sondern die Sorge um den, dem gegenüber der Statusverzimt geleistet wird (Abr 214). Beide Elemente. die Überzeugung, daß die Sdlwädle die Stärke und daß der Statusvm:idlt Ausdruck von Hoheit sei, haben eine Entspredlung und Verankerung im Gottesbfid: Gott siegt mit schwadlen Waffen, Weil er so groß ist, daß er andere nidlt zum Sieg braudlt (VitMos I, 109-11).
11. Kapitel: Zusammenfassung des zweiten Teils Die Entwicklung von Demut als sozialer Tugend in der jüdischen Tradition hat zwei Voraussetzungen: (1) Demut wird zunädlst als religiöse Tugend entwickelt. Die Niedrigkeit des Menschen Gott gegenüber wird stärker empfunden als in der griedlisch-römischen Tradition und spiegelt sidl in der Aufforderung zur demütigen Selbsteinschätzung vor Gott. (2) 1srael hatte ein religiös begründetes Hoheitsbewußtsein und erlebte sidl zugleim häufig als anderen Völkern unterlegen. Audl die Mitglieder der Oberschidlt standen deswegen vor der Herausforderung, Modelle zur Bewältigung ihrer Unterlegenheit zu entwickeln und mit ihrem Hoheitsbewußtsein zu verbinden. Die Entwicklung, die zur sozialen Demut führt, geht im Alten Testament vom Gottesbild aus: Gott erwählt das Unterlegene in vier Hinsidlten: (1) Die Vorstellung von der Erwählung des Hemchers wird demokratisiert, in einem ersten Sdlritt auf das ganze Volk bezogen und in einem zweiten entnationalisiert und individualisiert. Die Erwählung des ganzen Volkes bedeutet die Erwählung des kleinsten (Dtn 7,6tl und unterlegenen (Jes 55, 1-5) Volkes. (2) Die Vorstellung von der Erwählung der Niedrigen im Volk ist mit der Auffassung vom Gottesrecht verknüpft und begründet die Identifizierung der Niedrigen
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mit den Geredtten. Mit Hilfe dieser Gleichsetzung konnten audl Menschen mit höherem Sozialstatus die Rolle des Niedrigen übernehmen. Die Aufforderung zur Geredltigkeit bedeutete ffir die Obetschidltsmitglieder die Erwartung, die Belange der Niedrigen zu amten. Es erhalten also einerseits die Niedrigen Anteil an Hoheitswrstellungen der Großen, und andermeits können sidl Menschen mit gehobenem Sozialstatus mit den Niedrigen identifizieren, um Gottes besonderen Schutz anrufen zu können. (J) Gott schützt das Volk im Krieg, wenn es bereit ist, auf den Einsatz menschHdler Madltmittel zu \m:idlten. Die rituelle Übernahme der Rolle der Ohnmädltigen ist die Bedingung ffir das rettende Eingreifen Gottes. (4) Gott schützt die Ohnmädltigen und Niedrigen im Krieg, indem er ihnen auf dem Zion eine Zufludlt schafft und sie damit an die Stelle der Herrscher setzt. Soziale Demut wird als Merkmal wn Henscherrollen entwickelt: (a) Der König erniedrigt sidl rituell im HeiHgen Krieg und \m:idltet im Konflikt mit den Feinden auf seine Madltmittel. (b) Das wird mit der Gestalt des Königs der Niedrigen (Sadl 9,9) habitualisiert. (c) Die interzessorische Demut des Mose \6Zidltet auf alctM Gegenwehr überhaupt und ~det sidl zudem ffir die Konkurrenten. (d) Der Gottesknecht erniedrigt sid1 freiwillig zugunsten der "Vielen". Zwar ble1bt die Demut Gott gegenüber im Zentrum, sie gewinnt aber zunehmend soziale Bedeutung, insofern die Erniedrigung audl Menschen gegenüber erfolgt und das "taktische" 8ernent, durch das die Erniedrigung des Gegnews angestrebt wird, immer deutlidler zurücktritt ln zwischentestamentfirner Zeit wird soziale Demut in Palästina am Rand der Gesellschaft entwickelt. Im Zentrum der Gesellschaft wird wr und nadl der Krise wn 168/7 bei Siradl und in den eiSten beiden Makkabäerbüroern die Demut wr Gott hodlgesdlätzt, aber mit der Aufforderung zur Selbstbehauptung gegenüber Menschen 'verbunden (Sir 10,28t). ln den apokalyptischen Schriften, besonders in den Schriften aus Qumran, die das Denken am Rande der Gesellschaft zeigen, wird ein zurückliegender Sta~ust bearbeitet, indem die Mitglieder der Gruppe sidl mit den Niedrigen und Ohnmädltigen aus den Traditionen wn Gottes Erwählung der Niedrigen und seiner Parteinahme ffir die Ohnmädltigen im Krieg identifizieren, Gottes Hilfe sowie die zukünftige Erniedrigung der Gegner und ihre eigene Erhöhung erwarten. Innerhalb der Gruppe wird zur gegenseitigen fTeiwllHge Unterordnung aufgefordert (TestGad; 1 QS 11,24; V,J.24); diese Besonderheit wurde audl wn außen wahrgenommen, wie die Darstellungen der essenisdlen Sekte bei Philo und Josephus bezeugen. Im Diasporajudentum wird aus der Aufforderung zur gegenseitigen Unterordnung, die innerhalb einer Gesinnungsgemeinschaft erhoben wird, eine allgerneine Tugend entwickelt. (Wenn die Test XII, was möglidl ist, als Schriften aus der Diaspora bestimmt werden, gewinnt das Bild nodl an Profil: Im TestJas wird Joseph als demütig dargestellt: Er ~dltet auf seinen Status, um die unterlegenen Brüder nidlt zu erniedrigen.) Das wird möglidl, Weil sidl alle Juden im Verhältnis zur paganen Gesellschaft marginalisiert fühlten und zwischen ihrem Hoheits- und Überlegenheitsansprudl einerseits und ihrer tatsädllidlen Situation einen Ausgleidl schaffen mußten. Drei Modelle wurden entwickelt, mit deren Hilfe die Unterlegenen die Bereitsdlaft, die niedrige Position anzunehmen, mit
158 dem Ansprudl auf Hoheit \6binden konnten. (a) Im Testlob wird die Erniedrigung als Erprobung der jüdischen Identität gedeutet. wobei Satan und Gott die Gegner im Kampf sind. (b) Im 1V Makk wird die Erniedrigung, die ebenfalls als Erprobung gtlt, als Auseinandersetzung zwischen Vernunft und Gesetzesgehorsam einerseits und den Leidenschaften andererseits ~anden. (c) ln SapSal wird die Erniedrigung und die Erhöhung unter der Leitung und Begleitung der göttlidlen Weisheit vorgestellt. so daß die Erniedrigung nur als Phase im Heilsplan Gottes gtlt und zudem nidlt mit Gottesfeme \erbunden wird, sondern zum Ort des Aufenthalts Gottes "geadelt" wird. Audl ffir die überlegenen Heiden wurde mit der Rolle der Aseneth ein Modell gesdlaffen, das der freiw111igen Selbsterniedrigung der Heidin die Erhöhung durch die Juden folgen ließ, so daß neben der Bereitw111igkeit, sidl demütigen zu lassen, audl die Bereitschaft entstand, diejenigen, die firiwillig auf Status \m:idlteten, zu erhöhen. Philo nimmt die Traditionen von Gottes Erwählung der Niedrigen auf, hebt als Folge die Würde des Niedrigen hervor, bezieht die V01stellung auf die Situation der Juden in der paganen Welt (Sped..eg 1V, 179t) und \mteht die Demut vor Menschen als Merkmal von Hoheit (Abr 216). Indem er den Logos als das einzig statusrelevante Kriterium in der natürlidlen Ordnung bestimmt. sdlafft er die Grundlage dafür, allen Mensdlen, Juden, Proselyten und Heiden, den gleidlen Status zuzuschreiben und die Demut vor Gott sowie gegenüber allen Menschen als Merkmal ihrer Hoheit einzufordern; diesen Sdlritt vollzieht er jedoch nidlt, weil Nous und Gesetz eng aufeinander bezogen bleiben. Exkurs: Modelle für die Deutung von Erniedrigung aus der paganen und jüdischen Antike Der Vergleich wn paganen und jüdischen Deutungen wn Erniedrigung zeigt daß sich vier übergreifende Modelle untmcheiden laRn. Oie Reihenfolge gibt auch in etwa die zeitliche Abfolge an. ln einem ersten Modell wird die Konkurrenzsituation unter Menschen als eine Konkurrenz unter ihren Schutzgottheiten gedeutet Das entspricht der Vorstellung in der llias. ln der altrestamentlichen Tradition begegnet mit der Vorstellung wm Heiligen Krieg Vergleichbares. Auch ~ie Identifizierung JHWHs mit dem höchsten Gott im Zuge der Seßhaftwerdung. also die Uberordnung der eigenen Schutzgottheit über die Götter der andem, gehört hierher. ln diesem Modell wird das Verhältnis wn Schutzgottheit und MetiSChen ekstatisch oder enthusiastisch bestimmt Oie griechischen Helden werden wm ~ beseelt auf die charismatischen Führer kommt die nn JHWHs. Beiden Kulturen ist auch die destruktive Form eines nicht vom Ich kontrollierten Konkurrierens bekannt Oie Ate, die h)amemnon bef.illt. und die :"'V'11"1T'\ die auf Saul kommt ähneln sich. Beiden Geschehnissen geht ein Frevel am Eigentum der Gottheit wraus (Ou~is gehört Apollon, Saul wllzieht in I $am 15 den Bann nicht korrekt), beiden folgt eine destruktive Konkurrenz innerhalb der Gruppe, mit Achill im Fall wn .Agamemnon und mit David im Fall von Saul (I Sam 18,1 0). Oie griech&:he und die jüd&:he Kultur finden aber vmchiedene Antworten auf die Fragen (a) nach dem Umgang mit dem destruktiven Potential ..enthusiastischen" Konkurrierens und (b) nach einem lnteres5enausgleichs zwischen den Konkurrenten. (a) ln der griechischen Kultur gewinnt die Affektenkontrolle die Bedeutung eines Remediums gegen die destruktNe Kraft des Konkurriertns (Athene und AchiiO. Oie Grenzen der Pmon werden dichter auch in affektiv hochbesetzten Situationen Der Mensch erkennt seine Macht und übernimmt Verantwortung für sein Handeln Im AT finden wir zwei ~iedenartige Wege: (a) Durch die Erwählung des Hauses David wird die nn an eine Familie gebunden, die damit aus der Konkurrenz mit anderen herausgehoben wird. Mit dieser lnstitutionalisierung wird eine politische Form der Kontrolle erreicht (b) Der Verlust der nn wird als Folge eines bestimmten Verhaltens
159 gedeutet Hierbei erfolgt die Kontrolle durch Recht$itze. Daraus entwickelt sich das Modell ..Erniedrigung als Strafe". (b) ln der griechischen Kultur werden die Interessen durch das Eingreifen eines übergeordneten Gottes. des Zeus, ausgeglichen. Er ~t die Neigung. die Würde des Unttrtegeuen zu wahrm. Seine Fähigkeit dazu ist jedoch begrenzt lAler die Niedertage des Hektor en&heidet nicht Zeus, darüber befinden die Moira, deren Entscheidungen jenseits wn Sinn und Verstehbarkeil liegt ln der alttestamentlichen und in der rörnig:flen Tradition wird der höchste Gott mit dem Schutzgott der Gruppe in eins gesetzt Die lnttressen der unttrlegeuen Gegner werden von ihm nicht gewahrt ln Israel gehört zum Heiligen Krieg denn auch der Bann. Dort bleibt die Balance aber dadurch gewahrt. daß das ,.erwählte Volk" ofbnals das untertegene ist und im Fall des Sieges das Bekenntnis der eigenen Schwäche vorangeht ln den vmchiedenen Antworten der griechischen und der jüdischen Kultur spiegelt sich die Verschiedenheit der Konflikte zwischen kulturell gleichrangigen Stadtstaaten einmeits und kulturell unterlegerlen Nomadenstämmen mit einem als übermächtig empfundenen Gegner andermeits. Stat\6verzicht ist in beiden Modellen denkbar und religiös legitimiert; Athene fordert ihn von khill. Gideon wllzieht ihn rituell. Allerdings hat der Statusverzicht bei Gideon den Enthusiasmus zur Folge, bei Horner ist er Ausdruck der Distanzierung wn der Gottheit ln einem zweiten Modell wird Erniedrigung als Strafe verstanden. Wir finden das bei Hesiod und in der vorexilischen Schriftpropheti sowie dem DtrG. lnkgraler Bestandteil dieser Deutung ist. daß Gott die Welt regiert und das Geschehen wn Erniedrigung und Erhöhung einen Sinn hat ln der alttestamentlichen Tradition gelingt es, das Verhalten, das eine Erniedrigung zur Folge haben wird, genau zu bestimmen. Damit aber wird die Erniedrigung (potentiell) -mmeidbar. Selbsterniedrigung ist als Vorwegnahme der Strafe und als Buße vorstellbar (I Reg 19,1 t). Das bleibt aber Episode. ln der griechischen Kultur gelingt es nicht die Verhaltensweisen zu benennen, durch die Erniedrigung vmnieden werden kann. Der Eindruck der Unberechenbarkeit überwiegt Statt Schuld entsteht (irrationales) Schuldgefiihl. Vo~rgliche Selbsterniedrigung wird explizit für ein ungeeignetes Mittel der Strafallwendung ertdärt Nachdem das enthusiastische Element in beiden Kulturen nicht benutzt wird, um die Größenerfahrungen zu deuten, und nachdem die Grenzen der Person geschlooien worden sind, kann menschliche Größe nicht mehr als Partizipation an göttlicher Größe gedeutet werden; sie wird rur eigenständig menschlichen Größe. Der Mensch wird zum Konkurrenten Gottes, seine Größe zur Hybris. Menschliche Größe zeigt sich besondm an den kulturellen Leistungen (Aischylos, Perser: die Brücke über den Hellespont .Jes 2,1St) Wir finden das besonders bei Herodot und .Jesaja. Menschlicher Größe wird die Vernichtung durch göttliche Größe angesagt Im griechischen Kulturraum werden daraus keine posi~n Verhaltensanweisungen entwickelt; der aktive Statusverzicht eines Polykrates wird eigens abgewiesen. Gefordert wird, Maß zu halten, weniger zu tun. Die Forderung nach Pcmivität finden wir auch bei .Jesaja (30,1; 31,1). Die Schwerpunkte sind jedoch anders verteilt Im griechischen Kulturraum ist mE. der Wunsch, die Gottheit nicht zu provozieren, dominant also eine Venneidung, im alttestamentlichen überwiegt die Erwartung, gnädig angesehen zu werden, also ein positM5 llel. Das wird dadurch ermöglicht daß in der alttestamentlichen Tradition ältere Ansätze -.eschrnolzen werden. Das t+ybrismotiv wird mit der Erniedrigung als Strafe ~: Die Hochi'OOtigen ~ßen gegen die Gerechtigkeit Das Erwählungsmotiv wird zudem über die Heilige-Krieg-Tradition mit den Niedrigen verbunden: Gott erwählt die Niedrigen. Daraus entwickelt sich das Ideal des demütigen und gerechten Königs. Für die weitere Entwicklung war wichtig. daß .Jesaja recht behielt das delphische Orakel jedoch irrte. ln Griechenland siegten die ..Niedrigen", das zunehmend demokratische Athen, und zwar keineswegs durch Stillehalttn, sondern durch politisch und militärisch kluge Aktion, durch ..menschliche Größe"; zur Ausgestaltung ihrer Hemchaft griffen sie nicht auf religiös legitil'l'liertt Rechmätze zurück. sondern auf die demokratische Form ln Palästina untertagen die politisch Klugen. f!ber auch die Niedrigen l!!ieben unterdrückt Die Periode der Fremdher&haft dauerte an. ln beiden Kulturen gewinnt die Uberzeugung Raum, daß Gott nicht oder nicht sinnvoll in der Geschichte herrscht Das ist der Rahmen, in dem sich Varianten eines drittm Moddls entwickeln. ln Palästina geschieht das durch die Entstehung der Apokalyptik. Die Annahme der Unterdrückung und Niedrigkeit wird gefordert im Hinblick auf das kommenden Handeln Gottes am Ende der
160 Geschichte. So wie Gott verborgen da ist. so ist auch das Hoheitsbewußtsein der Unterdrückten eine nicht tätige. aber stetige Größe. Hier folgt der Mensch dem Rückzug Gottes aus der Geschichte. ln Griechenland übernimmt der Mensch die hitgaben der Gottheit und zwar in dreifacher Hinsicht (1) Bei Sopholdes erweist sich das Humane dem Göttlichen gegenüber als überlegen. Das Handeln der Götter und das religiös motivierte Handeln der Menschen ist destruktiv. Humane Menschen schaffen einen Ausgleich dt.rch ihre Mitleidsfähigkeit Was in Israel als Aufgabe und Wesensmerkmai.JHWHs gilt. übernimmt der Mensch. (2) Bei lhukydides übernehmen die Menschen die Rolle der Götter, indem sie ihre Macht egoistisch alSpielen. Sie sind gewissermaßen zu ihren eigenen Schutzgöttern geworden (3) Im Wohltäter1a.dt treten die Henscher als Wohltäter an die Stelle der Götter. (4) Mit der Bestimm.mg des Menschen als ~ünftigem und moralischen Wesen wird menschliche Größe wieder als Partizipation an der göttlichen gedeutet Anders als bei der en~tischen Deutung jedoch stehen Vernunft und Moral dem Menschen stetig und selbstbestimmt zur Verfügung; auch bleiben die Grenzen seiner Pmon unberührt. so daß der Mensch eigenständigen Anteil gewinnt an der Rolle der Gottheit als Garant des Bestandes der natürlichen und der menschlichen Welt Diese drei Elemente finden sich im Herrscher1a.dt wieder. StatuMrzicht ist hier nicht mehr denkbar. & käme ei~ Verzicht auf die eigenen Menschlichkeit gleich. Auch in der Apokalyptik Palästinas herrscht die Uberzeugung, daß die fremden Herrscher in dieser verkehrten Welt die Positionen besetzen, die Gott gehören. Menschen mit ihrer Kultur und ihren Institutionen haben an Macht gewonnen Das gilt als göttlich bei den Heiden und als dämonisch bei den Apokalyptikern. Daneben tritt als viertes Modell der Verzicht auf eine Deutung überhaupt Der Kult der T-,dle steht dafür. Ausgeglichen wird dadurch die Unberechenbarkeit wn Erhöhungen und Erniedrigungen, für die im dritten Modell eigentlich kein Patz mehr ist
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Teil 111: Urchristentum Die Aufgabe des dritten Teils Demut als soziale Tugend ln diesem dritten Tell wird die Vorstellung vom Sta~dlt im Neuen Testament untersudlt. Dabei wird deutlich, daß Demut als soziale Tugend in den widltigen Schriftgruppen des Neuen Testaments - bei den Synoptikern, bei Paulus und im Johannesevangelium - vorkommt und dlristologisch begründet wird. Demut als soziale Tugend wird also durch die Deutung des Christusgeschehens als ..Sta~dlt zugunsten der Menschen" entwickelt. Christusgeschehen und Paränese werden dabei mit Hilfe des Repräsentations- oder des lmitationsmotM ~unden: Entweder begegnet der sidl erniedrigende Christus in den Niedrigen der Gesellsdlaft oder der Gemeinde. wodurch diese Niedrigen zu ~eckten Hohen werden, so daß sie Achtung und Ehrerbietung konkret auch Fürsorge - ~ienen, oder die Hohen werden aufgefordert, wie Christus auf ihren Status zugunsten der Niedrigen zu \6Zidlten.
Überblick über das Vorkommen im Neuen Testament ln der Jesusübertieferung begegnet das Positionswechselaxiom als Weisheitslogion, das alttestamentlidle und jüdische Traditionen aufnimmt. Bei Paulus und den Synoptikern wird das Christusgeschehen mit dem Axiom vom Positionswechsel gedeutet und die gemeindlidle "Hierarchie" damit begründet. Eine hohe Position in der Gemeinde soll durch Sta~cht zugunsten der Gemeinde erreidlt werden. Christologische und apostolische Deutung sind eng miteinander ~unden. Schließlidl wird daraus Demut als das Ethos der Gemeinde entwickelt, indem nidlt mehr nur von den "Leitern", sondern von allen Gemeindemitgliedern Sta~dlt und Erhöhung der anderen erwartet wird. Dabei lassen sich vier Merkmale benennen, die Demut als soziale Tugend im Neuen Testament definieren: (1) Der Sta~cht erfolgt freiwlllig. Dazu wird aufgefordert, es wird jedoch niemalsjemand erniedrigt und gedemütigt. 1m Gegente~l: Sta~dlt wird erst möglich vor dem Hintergrund der Erhöhung, die durch die Bekehrung erfolgt. (2) Sta~rzicht ist ein AutoritätsmerkmaL Die Aufforderung richtet sich zuerst an die Gemeindeleiter. Die Entstehung einer ..Hier-archie" wird erschwert, angestrebt wird eine "Hierodiakonie': Mit der lnstitutionalisierung von Gemeindeämtern läßt sich ein solches Konzept natürlich nicht aufrechterhalten. Die Vmstellung ble1bt jedoch ein "regulatM5 Prinzip" und soll und kann die Heiligsprechung von Henschaft ~indem. (3) Die Aufforderung zum Sta~dlt wird christologisch begründet. Sie ist imitatio Christi. Dadurch wird sie zum einen mit
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anderen Grundsätzen christHchen Glaubens und Lebens ~unden; sie kann weder ausgeschlossen werden, noch sich \mdbständigen, weder ihre Bedeutung fiir christliche Lebensdeutung ganz ~eren. noch zu ihrem einzigen Punkt werden. Zum anderen wird sie auch inhaltHch gebunden: Statusverlicht ist ein Verhalten, das mit Hoheitsbewußtsein ~unden ist. (4) Demut ist eine Gegenseitigkeitsvereinbarung. Wenn sich die Aufforderung an alle Gemeindeglieder richtet, also auch an die mit einem niedrigen Sozialstatus oder einem niedrigen Rang innerhalb der Gemeinde, ist sie nie einseitig, sondern immer gegenseitig. Damit wird ~indert, daß ditjenigen, die auf Status verzichten, ausgebeutet werden und daß die Aufforderung dazu benutzt wird, Niedrige ..klein zu halten': Statu~cht wird zum Verhalten Gleichgesinnter; damit erfolgt allerdings auch eine Beschränkung auf den Raum der Gemeinde. Im Neuen Testament wird soziale Demut also nicht als Forderung an die Unterlegenen zur Stabilisierung wn Henschaft ~det. Das betrifft auch die Position der Frauen. Da, wo die egalitären Traditionen im Urdlristentum, die zu einer Aufwertung der Position der Frauen geffihrt hatten wie z.B. in Karinth, zurückgedrängt werden, was sich schon bei Paulus beobachten läßt, \mtärkt bei den Deuteropaulinen begegnet und in den Pastoralbriefen ganz durdlgeffihrt wird, wird diese erneute Unterordnung der Frauen nicht mit der Forderung nach Demut und auch nicht mit Traditionen, die zum Sta~cht gehören, begründet Die Zurückdrängung der Frauen erfolgt mit Verweis auf die Schöpfungsordnung 0 Kor 11,8f; llim 2, 13f) und den consensus omnium (I Kor 11, 1316; Kol 3,18); wenn die Unterordnung der Frau christolologisch begründet wird (I Kor 11,3; Eph 5,22-24), erfolgt das unter Aufnahme hierardlischer und wm Positionswechselaxiom unberührter Modelle•. ln Bezug auf die Frauen besteht das Problem nicht darin, daß sie mit der Aufforderung, demütig zu sein, klein gehalten wurden, sondern viel eher darin, daß sie nicht zur Demut aufgefordert werden und sie deswegen auch nicht die "revolutionären" 8emente des Konzepts der sozialen Demut fiir ihre Position als Frauen fruchtbar machen konnten. Demut setzt Hoheit wraus. Diese Hoheit wurde den SkiCMn 0 Kor 7,22) und den Kindem (Mt 18,3-5) zugestanden, nicht jedoch den Frauen.
Zur Gliederung des dritten Teils Zuerst werden die Synoptiker untersucht, wobei in einem ersten Schritt das Positionswechsellegion beschrieben, in einem zweiten die Bedeutung der Vorstellung wm Statusverzicht in den kleinen Einheiten aufgezeigt und in einem dritten Schritt die Verwendung der Vmstellung fiir die Konzeption der drei Evangelien dargestellt werden soll. Die Untersuchung des Positionswechselaxiom auf redaktionsgeschichtlicher Ebene ist 1 ln I Kor 11,3 und in Eph 5,22-24 wird di~ Leibm~taph~r ~rw~nd~t. di~ Paulus in I Kor 12, 12-27 in ihr~r wd~mokratisch~nw Variant~. di~ von d~r Gl~ichh~it all~r Gli~d~r ausg~ht, aufnimmt und b~wußt antihi~rarchisch (I Kor 12,22f) akz~ntui~rt. ln I Kor 11.3 dag~g~n spi~lt ~r auf di~ "klassisch~" Variant~ an, di~ di~ Üb~rl~g~nh~it d~s Haupt~s h~rausst~llt und mit d~r
Statusunt~rschi~d~ l~gitimi~rt wurd~n.
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wr die der paulinischen Schriften gezogen worden, we~l sich das Positionswechsellogion auf Jesus zurückfUhren läßt. Paulus also wrnngeht und um den Zusammenhang des synoptischen Stoffes nicht zu durchbrechen. Anschließend wird die Bedeutung des Positionswechselaxiom in den beiden Korintherbriefen ermittelt. wobei zuerst die Anwendung auf die innergemeindlichen Verhältnisse betrachtet und anschließend die apostolische Verwendung geprüft weTden. Der dritte Te~1 schließt mit einem Ausblick auf die weitere Entwicklung im Urchristentum; dieses kurze Kapitel ist zugleich die Urnschre~bung künftiger Forschungsaufgaben, die zu übernehmen den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätten.
12. Kapitel:
Die Ersten und die letzten - der Positionswechsel bei Jesus 12.1. Die Positionswechsellogien ln der synoptischen Tradition begegnet die Ansage des Positionswechsels explizit in den Positionswechsel1ogien. Es lassen sich dabei drei Grundtwen unterscheiden: Die ~le Variante: " "On ~ o ~ arutev 'tu1TH~c:tL, Kc:t'L o tannvG>v EautOv ~L." (U 14, 16) Die substantMsche Variante in pluralischer Fonnulierung: Jlollo\ öE ioovtaL npW!oL [o\] foxcrtOL 1TpWtOL". (Mk 10,31) Die substantMsche Variante in singularischer Fonnulierung:
foxa!OL KUL
..Ei.
t~ ef).u npW!oc;
ElvaL, rotaL mivrwv (oxaroc; Ku\ mivrwv 6t.Oxovoc;." (Mk 9,35)
12.2. Überlieferung Die ~ale Variante begegnet im Logienstoff des mt und lk Sonderguts. die substantivische in singularischer und in pluralischer Fonnulierung im Markusstoff, in Verbindung mit lukanischem und mattheischem Sondergut und im Thomasevangelium. ln der LogienqueiJe Qist das Positionswechsel1ogion anscheinend nicht übertiefere. Beide sind also Ooppelübertieferungen. Die folgende Tabelle Qlbt einen Überblick: Mkstoff ~ale
Variante
MtS Mt
LkS
ThEv
Lk 14,11 ; 18, 14
23,12
substantivische Variante, Mk 10,31 parr pluralisch Mt 19,30
Mt
Lk 13,30
Logion 4
20,16
Lk 13,30 gehört zum lkS und ist vom Redaktor an eine Q-Überlieferung angefügt worden. Mt 20, 16 unterscheidet sich von Lk I 3,30 erkennbar und steht zudem im Zusammenhang von mtS. 1
164
substantMsche Variante, singularisch
Mk 9,35 parr; Mt Mt 18,4b parr 23,11 Lk 9,48; Mk 10,42f parr Mt 20,26
Lk 22, 24-27
Logion 46
Alle drei 'JYpen des Positionswechsellogions sind breit bezeugt. F5 sind Wandertogien, die in Verbindung mit ~iedenen Traditionen überliefert wurden; das Positionswechsellogion deutet innerhalb der Gesellschaft das Verhältnis wn TrTtJJI,tDi und ~. wn Kindem und Etwachsenen, wn Femen und Nahen, wn Zöllnern und Pharisäern. Außerdem hat es die Funktion, die Verhältnisse im Jüngerkreis bzw. in der Gemeinde zu ordnen. Die folgende Tabelle Qlbt einen Überblick: n~
I~
Substantivische Variante pluralisch
Mk 10,31 parr Mt 19,30; Mt 20,16
Kinder /Etwachsene
Feme/ Nahe
ThEv4
Lk 13,30
Substantivische Variante, singularisch
Mk 9,35parr Mt 18,4b parrlk 9,48
\ebale Variante
ThEv46; Mt 18,4a
Zöllner/ Pharisäer Jüngeri
Mk 9,35parr Mt 18,4 parr Lk 9,48 Mk 10,42f; Lk 22, 24f; Mt 23,11 Mt 23,12; 18,4
Lk 18,14
12.3. Form und Aussage der drei Grundtypen Der verbale Grundtyp
.... Lk Lk :....
~
u~v
awrbv
~L~aL, KUL
b
'talTHvWv
Ea\1t0v
18,14: ""On ~ 0 ~ arutOv 'tU'TTH~'tUL, 0 &
'tCCTTfLvWV
EautOv
14,11: ""On
:"'+""""'I""""""L. ~", . ~
"'f"""'~""""aL.
0
..
Mt 18,4:
~·oan~ ow 't«TTHV(.:XJH
l:autbv Wc;
'to nalhtov 'toüto,
oUt6c;
rotLv
o!Jft{wv
wt'fllmnJ.Ei{l 'twv o{pavWv." .... ÜO't~ & wmL axutOv ~L~L Ka\ öat~ 'tCCTTfLvWaEL EautOv :"'f"""' .... MtI"""23,12: . ....., L. _~,.,
165
Der ~ale Grundtyp ist sehr stabil. Er ist zweigliedrig, beginnt mit der Androhung wn Erniedrigung und läßt die Erhöhungszusage folgen. Lukas kennt sie mit partizipialem Subjekt in beiden Satzgliedern und Behauptung der Aßgemeingültigkeit dun:h ~. Matthäus kennt sie eingeleitet mit \6311gemeinemdem Relativpronomen in beiden Satzgliedern und finitem Verb. Im Lukasevangelium ist die Aßgemeingültigkeit ausdrüddich nur im ersten Satztell behauptet, im zweiten fehlt sie. Die Form als weisheitlieheT Grundsatz beansprucht aber Allgemeingültigkeit•. Das Prädikat steht bei U und bei Mt im Futur Passiv. Das ist natürlich ein Passivum Divinum. Gott erniedrigt und Gott erhöht Gott handelt nicht an Gruppen, sondern an einzelnen. Dabei stehen menschliches Verhalten und göttliches Handeln in einem komplementären Verhältnis. Gott sanktioniert erwünschtes Verhalten, den freiWilligen Sta~cht, positiv und das unerwünschte Verhalten, das Streben nach Statussteigerung, negativ. Ob religiöse oder soziale Dernut gefordert wird, läßt sich dem Logion nicht entnehmen. Jn allen vier Stellen begründet es jedoch die Forderung nach sozialer Dernue. Eine entfernte Parallele findet sich im Logion 46 des Thomasevangeliurns: "'- Jeder, der unter euch klein werden wird, wird das Reich erkennen und wird Johannes übertreffen". Auch hier haben wir die singularische Formulierung und die Zusage einer übergeordneten Position als Folge eines Sta~ch~ der auch bei U 9,48 durch IJ.I~ ausgedrückt wird. Aßerdings ist das mit dem gnostischen Erkenntnismotiv ~unden und auf die Gottesher&ilaft, nicht auf die Jüngergruppe bezogen. Diese Vmstellung ist in der alttestamentlichen und der jüdischen Tradition gut bezeugt1•
Der substantivisch-pluralische Grundtyp Mk 10,31: .Jioll.o\ ÖE 'EoovtaL npW'toL 'EoxcxtoL Ka\ [o\.] 'EoxcxtoL lTpWtOL." Mt 19, 30: .Jioll.o\ ÖE EoovtaL 'ITpWtOL EcJxCX!OL KUL EcJxCX!OL lTpWtOL." U 13,30: ..Ka'L i.OOU ei.o\v 'EoxcxtoL o'i. WovtaL lTpWtOL Ka\ ei.o'w lTpWtOL di. 'EoovtaL foxcxtoL."
Mt 20, 16: "CJ&tc..:x;. 'EoovtaL o\. 'EoxcxtoL lTpWtOL Ka\ o\. npW'toL 'EoxcxtoL." ThEv 4: ..Denn viele Erste werden sein Letzte. und sie werden ein einziger sein." Der substantivische Grundtyp pluralischer Form ist ebenfalls ziemlich stabil. Der Grundtyp ist zweigliedrig. Kontlastiert werden ~ und ~. Dabei kann der Artikel fehlen, so daß eine unbestimmte Anzahl wn Menschen aus beiden Gruppen einen Positionswechsel erfahren (Mk 10,31 parr Mt 19,30), oder stehen, so daß alle Mitglieder beider Gruppen ihren Status umkehren (Mt 20, 16). Auch die Re~llenfolge variiert. Es kann 1
Bultmann, GST, S. 79. b~trifft auch Lk 18,9-14. [)(r Pharisä~r b~ch~ibt s~in~n Status im V~rgl~ich mit and~~n. Er fühlt sich ihn~n üb~rl~g~n. Es gibt k~in~ Hinw~i~ darauf, daß ~r vor Gott Sündlosigk~it b~ansprucht~. Kritisi~rt wird ~in~ f~hl~nd~ sozial~ D~mut. \tgt. I Sam 2,7; 11t 17,28; 33,19; 112,7f; 137,6; J~s 2,11; 5,15; Ez 17,24; 21,31; Prov 3,34; 18,12; Hi 5, II. Vgl. dazu T~illl di~~r Arbtit. 2 Das
166
zuerst der Sta~ust der ..EISten" genannt werden. Dann steht die Drohung im Vordergrund (U 13,30; Mt 20, 16). Fs kann auch zuerst der Statusgewinn der ..Letzten" thematisiert werden, dann steht die Verheißung im Vordergrund. Syntaktisch werden zwei Hauptsätze aneinandergere~nt, wn denen der zweite unwßständig ist Dabei wird der Positionswechsel dun:h das Prädikatsnomen ausgesagt. Auch hier wird der Positionswechsel für die Zukunft erwartet. Betroffen sind Gruppen wn Menschen. Ausschlaggebend ist ihr gesel1schaftlicher Status. ihr Verhalten wird nicht thematisiert und ist für das Handeln Gottes unerheblich. Eine Sonderform bietet das Thomasevangelium. Hier ist als zweites Glied ein gnostisierender Satz wn der Überwindung der Gegensätze angefügt, der die Behauptung der Beidseitigkeil der Umkehrung ersetzt. Auch die VotStellung wn einem Positionswechsel zwischen gesellschaftlich Angesehenen und gesellschaftlich Niedrigen ist in der alttestamentlich-jüdischen Tradition breit bezeugt. Einen Schwerpunkt bilden die apokalyptischen Schriften 1•
Der substantivisch-singularische Grundtyp Mk 9,35b: •.Ei. tu; 9ÜEL npW-toc; ElVUL, romL mlvtWV 'foxocroc; KUL mivtwv öUX.Covoc;." Mk 10,43f: .~Oe; &v Mn ~yw; ~L ev 4-ti.v, Eo-tuL 4-tG>v öUX.Covoc;, Ku\ öc; &v eE)..n ev 4-li.v ElvuL npW-toc; 'E<mxL mivtwv ()oü)..o(;." Mt 20, 26f: :All' öc; äxv aE.l.n ev 4-li.v ~yw; yakJauL Eo-tuL 4-tG>v öUX.Covoc;, Ku'L öc; &v eE)..n ev 4-Li.v elvuL npW'toc; 'EotuL 4-tG>v öoü.l.oc;." Mt 23,11: "' 0 & ~t(wv 4-tG>v EotUL 4JWv öuiKovoc;." U 22,26: "'0 ~t(wv Ev 4-Li.v yu~ Wc; b VEWrEpoc; Ku\ b irfo~ Wc; b ÖUXKovWV."
Der substantivische Grundtyp singularischer Form ist am stärksten variiert worden. Der
Grundtyp richtet sich an einzelne und ~nüpft ihre (tatsächliche oder erstrebte) Position in der Gruppe mit der Übernahme einer bestimmten Rolle. Die Rollenübernahme wird im Hauptsatz, die angestrebte Position im wrangestellten Nebensatz ausgesagt. Stand im pluralischen Grundtyp ein Empfangen und Erleiden im Vordergrund, liegt hier der Akzent auf einem Tun: &a.ICOIIEw. Wurde dort der Rollentausch angekündigt. ohne daß er als von den Rolleninhabern erstrebt galt, so geht es hier um die geplante und gewollte Übernahme einer Führungsrolle. Das zeigt sich auch daran, daß hier die Vergleichsgruppe (L,.u;w/mvn.n..) genannt wird und lmperati\e stehen können (Imperativ von ~ in U 22,26 und 6EJ...w im hypothetischen Relativsatz in Mk 10,43). Mk 10,43b.44 parr Mt 20,26f ist ein synthetischer Parallelismus membrorum 2• M.E. trägt er eine Steigerung in sich: 43b nennt als angestrebte Position den Positiv des AdjektM ~) und als Vergleichsgruppe L,.ui'w. Die zu übernehmende Rolle ist die des ~. Vers 44 nennt als angestrebte Position einen Superlativ (npWro;) und als Vergleichsgruppe ..alle", mvn.n.. ~. Die zu übernehmende Rolle ist die des Ski~. TISChdiener waren zumeist Ski~. von den 1
äthHen 103,9.11.12; 104,2; Jub 1,16 u.ö. Vgl. Teil II dieser Arbeit. 8ultmann, GTS, S. 79.
2
167
Therapeuten und aus der Qumrcmgemeinschaft: aber wissen wir, daß die TISChdienste durch freie MitgHeder der GemeirlSChaft: übernommen wurden. Die Übernahme der Rolle des TISdldieners legt den Akzent auf die Übernahme einer Funktion, nicht einer Beziehung zu den Bedienten. Das ist in Vers 44 anders: Wer nicht nur eine der angesehenen Positionen, sondern die Führungsroße haben WJ1~ der muß seine Beziehung zu allen andern als ein Eigentu~ältnis definieren. Er soll sich als einer \mtehen, der 'tausend' Herren hat. Der übelsteigernde Zug läßt es m.E. als möglich erscheinen, daß ..alle" nicht an die Gemeindegrenzen gebunden ist und tatsächHch alle MeriSdlen meine. Dieser Grundtyp spricht nur vom Statusgewinn und seiner Bedingung. nicht aber drohend von einer Erniedrigung. Adressiert ist diese Variante des Positionswedlsellogions nur an den Jüngerkreis. Mt 18,4 kombiniert den substantivischen Grundtyp singularischer Form mit Elementen aus der \6'balen Variante. auch diese beide Grundtypen. Deutlicher als im \6'balen Typ ist im substantivischen Grundtyp singularischer Form Demut als soziale Tugend gefordert. Andererseits findet sich eine Nähe zum substantivischen Typ pluralischer Form. Das kann sich an den Formulierungen zeigen wie in Mk 9,35b, aber auch strukturell daran, daß das Wort zwar an den einzelnen adressiert ist, dieser aber in seiner Rolle fiir die Gruppe thematisiert wird, und zwar sowohl was die geforderte Rollenübernahme als Diener oder Sklave als auch was die angestrebte Führungsposition angeht. Dieser Grundtyp läßt sich gut als Synthese der \6'balen und substantivisch pluralischen Variante verstehen. Dieser dritte Grundtyp wird in seiner Aussage als singulär empfunden. Das spiegelt sich darin, daß die Ordnung der JüngergemeiriSdlaft: im KontTast zur jüdischen (Mt 23,512) und paganen Gesellschaft (Mk 10,42) beschrieben wird. Es zeigt sich auch daran, daß dieser Grundtyp begründet werden muß. Christologische Begründungen finden sich in Mk 9,37; 10,45; Mt 23,8-10 und U 22,27. Er begegnet also nicht ohne eigene Begründung. Die beiden anderen Grundtypen haben dagegen selbst begründende Funktion. Sie stellen Besonderheiten der Jesusbewegung und des Urchristentums in den bekannten Zusammenhang des den Positionswechsel herbeifUhrenden Handeln Gottes.
12.4. Die jesuanische Herkunft der Positionswechsellogien Der verbale und der substantivisch-pluralische Grundtyp Die Tradition vom Positionswechsel ist also mehrfach bezeugt, in Mk, im matthäisehen sowie lukanischen Sondergut und im Thomasevangelium. Diese breite Bezeugung ist ein Hinweis auf jesuanische Herkunft.
1 Dab~i
kann un~ntschi~d~n bl~i~n. ob an all~ Jud~n od~r auch an all~ H~id~n g~dacht war. D~r Punkt ist: Es ist nicht nur an di~ G~m~ind~mitgli~d~r g~dacht. Paulus w~nigst~ns d~nkt und l~bt so: I Kor 9,19-22.
168
Für den ~alen und substantivisch plmalisdl formulierten Grundtyp wird das durch die historisdle KontextplaliSibiHtät'unterstützt. Diese Vorstellungen standen Jesus in seiner jüdischen TJadition zur Verfügung. Jesuanisdle Herkunft wird weiter plaUSibel dadurch, daß Jesu Verhalten zu der Aussage der Logien stimmt. Er galt als Freund der "Zöllner und Sünder" (Mk 2,15f; U 7,34fparr; Mt 21,32; U 7,36ff}, war Kindem besonders zugewandt (Mk 5,21ff; 7,24ff; 9,14ff; 9,36f;10,13-16; Mt 11,25), forderte von seinen Jüngern Besitzverzicht (Mk 10,25.28-30) und lebte selbst als "Niedriger': Zugleich beanspruchte er die Autorität eines Propheten und Charismatikers1 und gab seinen Jüngern Ante~l daran (Mk 6,7-13; Mt 10,7.8). Er konnte sie als die zukünftigen Richter lsraels (U< 22,30 parr Mt 19,28) bezeichnen. Jesus und seine Jünger nahmen in der Gesellschaft ihrer Zeit einen niedrigen Platz ein und beanspruchten damit einen hohen Status in der zukünftigen Welt. Ihr niedriger Status war freiwillig übernommen, entsprach also einer "Selbsterniedrigung':
Der substantivisch-singularische Grundtyp Der dritte Grundtyp läßt nicht ohne weiteres jesuanische Herkunft: vermuten. Dagegen
sprechen die Plazierung in der Gemeindeparänese und die christologische Begründung. M.E. läßt sich jedoch auch eine Beobachtung fiir die jesuanische Herkunft einiger Varianten dieses Grundtyps geltend machen: Er steht in einer schwer zu präzisierenden, aber unübersehbaren Beziehung zu den Kindern. 9,35b wird durch 9,37 erläutert: Wer Kinder aufnimmt. nimmt Jesus und Gott selbst auf. Jesus identifiziert sich mit den Kindern. Für die Jünger ist das mit der Aufforderung ~unden, Kinder aufzunehmen und sie als Repräsentanten Jesu zu respektieren. Eine antike Selbstverständlichkeit) wird umgekehrt: Gott begegnet in den Kindern, nicht in den Eltern. Die Kinderrolle in Vm 37 steht pal3llel zur Rolle des ~~· in Vers 35b. Die lk Parallele 9,46-49 ~indet das zu einer Szene. Die Aufforderung, Kinder aufzunehmen, geht dem zu Mk 9,35b paJallelen Spruch direkt voraus. Er ist dabei der Szene angeglichen worden, indem er das Stichwort ~ mit dem superlativisch ~ndenen Komparativ von ,u~ kontrastiert und so dazu auffordert. die Rolle eines Kindes zu übernehmen. U 22.26. die lk Parallele zu Mk 10,43bf, stellt als erstes Paar im Parallelismus f.IEifJw und llf~ zusammen. Auch hier finden wir also einen Hinweis auf das niedrige Alter, auf das Kind~, und auch hier steht die Kinderrolle parallel zur Rolle des ~. Zusätzliche PlaUS1bilität gewinnt diese Gleidlsetzung dadun:h, daß die Rolle der 'Th~iß~n I M~rz. Jtsus, S. 119. ~~iß~n I M~rz. Jtsus, S. 456f. \tgl. z.B. Philo, Decal 106-110, bts. 107. Di~s~ Parall~lisi~rung flnd~t sich auch b~i Philo. Kind(r (Söhn( und Töcht~r) steh~n auf der gleich~n Stuf~ wie Jüng~r ~i). Untertänige lai7rri«oor) und Sklaven (cloaAor). Vgl. Philo, Spec~g 11,227: ..iv ,UV o.N Tii G,ui110vr ~· ~epi110'11T1U ')'OIIfi,, TrfJEußimpor .,.äp tivr rca.i ~ rca.i taifnrnu rca.i ~' rca.i clfcnrOTa.r, iv ~ Tfj fM'TTDIII uioi rca.i IJv,.Tipt,, llfWTtpor ')1ip rca.i ~ rca.i tU~, ai7rri«ooi Tf rca.i cloüMr." Im römischen Kulturk~is bedienten die Kinder die Eltern bei TISch. Vgl. Marquardt, Privatleb~n I, S. 89. ~~r veOt; ist natürlich ~in jung~r Mann und bu~ichn~t ein Lrbensalter, das vielen als erst~berJSwert galt. ~r superlativisch verstandene Komparativ a~r weist in niedrige~s. eben in das Kind~salter.
4
169
Kinder in den FamiHen derjenigen des Dieners und SkiCMn ähnelte. Aus Jesu Identifikation mit den Kindem entsteht für die Jünger der Impuls, ebenfalls die Kinderroße zu übernehmen. Damit kann der Ansprum ~unden sein. aufgenommen zu werden (Mt 10,42), aber aum die Aufforderung zu dienen. Mt 23,9 spielt auf die V01stellung von der familia dei an. Die Jünger sind in der Rolle von Gotteskindern. Schließlim ordnet aum das Themasevangelium das Logion dem Verhältnis eines Alten zu einem Kinde zu. Die Bedeutung der Kinder für die jesuanische Verkündigung zeigt sim aum an anderen Punkten. (1) Es werden von Jesus Kinderhellungen berimtet. (2) Eine Einlaßbedingung für das Reim Gottes ist die Übernahme der Kindenolle (Mk 10, 15). (3) Jesu Rede von Gott als dem Abba und der Ausweitung dieser Anrede auf die Jünger weist ebenfalls darauf hin, daß Jesus und seine Jünger die Kindenolle übernommen hatten und auf Gott als den Vater bezogen. Die famiHa dei löst die irdischen Familien ab (Mk 3,2ot), Gottes Autorität die der irdischen Väter. Mit der Ablehnung irdischer Väter steht eine fundamentale Begründungskategorie ffir gesellschaftHme Hierarchie nimt mehr zur Verffigung. Daß Jesus eine hierarchische Ordnung ffir den Jüngerkreis ablehnte und die Verbindung der Positionswechsellogien mit dem Jüngerkreis ebenfalls jesuanisch sind, ist vorstellbar. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, daß die Übernahme der Kindenolle als Autoritätszuwachs gedeutet wurde und ein Wort wie Mk 9,35b' oder lk 22,26 durch .ksus selbst geprägt wurde.
13. Kapitel: Das Positionswechselaxiom in den .,kleinen Einheiten" Das Positionswechselaxiom hat bei der Gestaltung der kleinen Einheiten eingewirkt. Dieses Kapitel untersumt die Bedeutung des Positionswechselaxiom exemplarisch an einigen Einheiten des Markusstoffes. Es lassen sim drei "ideale Situationen" benennen, die durch das Positionswechselaxiom gestaltet werden: (1) Wenn Jesus Menschen mit einem hohen Sozialstatus begegnet, ist der Statusverzimt die Bedingung für einen heilsamen Kontakt. Das wird an einer Wundemzählung, Mk 7,24-30, gezeigt und läßt sim aum für andere Wundemzählungen namweisen. Sta~mt ist nimt nur Rollenmerkmal des statushohen Bittenden gegenüber dem Wundertäter, sondern auch des Jüngers gegenüber dem Lehrer. Das wird an dem Gespräm Jesu mit dem reimen Mann, Mk 10,17-22, dargestellt. (2) Wo Jesus in Kontakt kommt mit Menschen, die einen niedrigen Sozialstatus haben, erfahren sie durch ihn eine Statuserhöhung. Das wird dargelegt an der Überlieferung von 1
Für Mk 9,l5b als ältrste Form des dritten Grundtyps könnt( auch di( Nähe zur Formulierung drs pluralischen Typs sprechen sowie die N(nnung von mLIITWII als Wrgleichsgruppe. Damit ist noch nicht der Jüngerkreis als grschlossene Einheit vorausgesetzt. Der Satz ist noch - wie die anderen beiden Typen - auf die Grsellschaft bezogen.
170 der Kindersegnung (Mk 10, 13-16) und dem Apophthegma von der Gabe der armen Witwe (Mk 12,41- 44). Diese beiden "idealen.. Situationen haben gemeinsam, daß Jesus einzelnen oder Ansammlungen von einzelnen begegnet. (3) Wenn er Gruppen oder Institutionen als Roßenpartner hat, gewinnt die Interaktion gesellschaftliche und politische Relevanz. Thematisiert wird die Ordnung der Gesellschaft. Das deutet sich schon bei der Überlieferung von der Kindersegnung an. Deutlich wird es an der Legende vom Einzug in Jerusalem und der Überlieferung vom Verhör vor Pllatus. Fs findet sich auch im Senfkomgleichnis. Die Henschaft, für die Jesus steht, gehört den Niedrigen.
13.1. Jesus und die Vornehmen Die Heilung der Tochter der Syrophönizierin Fs handelt sich um eine Wundergeschichte, in der das Motiv der erschwerten Annäherung ein besonderes Gewicht erhalten hat und die an ein Streitgespräch erinnert'. Die Vme 24 und 27a gelten zumeist als markinische Redaktion. Theißen2hat wahrscheinlich gemacht, daß die syrophönizische Frau eine Oberschichtsangehörige war. Zudem seien Menschen wie sie von den Juden der Region für ihre wirtschaftlich schlechte Lage ~ntwortlich gemacht worden•. Jesus weist in Vers 27 also
'Dir Glirdrrung rotspricht drr rinrr Wundrrgrschichtr: Vrrs 24a nrnnt das tyrischr Grbirt als dir Rrgion, in drr sich das Wundrr rrrignrt. V24b brschrribt das Kommen des Wundrrtätrrs und brgründrt drn Aufrnthaltsort "im Haus". Vtrs 25 brschreibt das Auftreten der Stellvertrrterin, charakterisiert dir Not der hilfsbrdürftigen Tochter und kennetirrt das Niedrrfallrn der Frau als Gestus drr Bitte. Vers 26a unterbricht dir Erzählung, um die Bittstellerio nährr zu charaktrrisierrn. Vers 26b formulirrt dir Bitte. Vrrs 27f gibt drn Dialog zwischen Jrsus und der Frau wieder. Es handelt sich um das Motiv "Erschwernis der Annäherung". Vers 29 formuliert drn Zuspruch und verheißt das Wunder. Vers 30 erzählt vom Weggang drr Frau und konstatiert das Wunder. Dir Abweichungen, besondrrs das Fehlen drs Zentralmotivs der Heilung, erklären sich aus der Charakterisierung als "Frmheilung". Manche Forscher halten entweder den Dialog (Lohmeyrr, Markus) oder die Wundrrrrzählung (Kertelge, Wunder; Schenkr, Markusrvangelium) für ursprünglich und betrachten das jeweils anderr Elemrnt als sekundärr Erweiterung. Einr Trennung hat sich nicht durchgesrtzt. Nruerr Auslrger (Feldmeier, Syrophönizierin; Fander, Frau; Ptsch, Markus I) gehen von der ursprünglichen Einhrit wn Wunderrrzählung und Dialog aus. Prsch, Markus I, S. 386, klassifiziert sie als "Femheilung", Feldmeirr, Syrophönizirrin. S. 215, als "rine Art Strritgrspräch" und Fander, Frau, 5.62, im Anschluß an Theißen, Wundrr, S. 120, als Wundrrrrzählung. Bultmann brhandelt sir im Anhang zu drn Apophthegmata (GTS, S. 38). Gegrn die Klassifizirrung als Strritgrspräch oder Apophthegma spricht vor allrm, daß es nicht Jesu Wort ist, das den Höhepunkt bildrt. ~eißrn, Lokalkolorit, S. 69-81. brs. S. 7Jf. 1 lrritierrnd ist allerdings. daß eine hrllenistische Frau aus der Obrrschicht einrr Stadt Hilfr bei einem "Wunderheiler" sucht und dir Erkrankung ihrer Tochter auch noch als Brsessenhrit deutet. Beidrs sind Vrrhaltensweisrn, dir in dir ländliche Unterschicht gehörrn. Vgl. Thrißen, Wundrr, S. 244ff. 4 Thrißrn, Lokalkolorit, S. 79f. Dagegrn spricht sich Pokomy, Puppy, S. 325, aus.
171 die Bitte einer Frau zurück, deren Status ungewöhnHch hoch war. Dem Vergleich mit einem "Hund" haftet zudem etwas Beleidigendes an'. Jesus erniedrigt eine Hohe. Die erniedrigte Frau übernimmt die angebotene Rolle des Hundes und führt das Bild aus der PtTspek~ dieser Rolle weiter. Diese Bereitschaft zur Selbsterniedrigung hatte sich schon in ihrem Niederwerfen in Vers 251 vorher abgebildet Vers 27 hatte aus der Rolle des pater familias gesprochen), der die Nahrung \6teilt. Die Frau sieht - aus der Perspe~ "von unten"-, daß auch die Hunde ernährt werden. Dabei denkt sie \ftlllutHch nicht an herunterfallende oder heruntergereichte Speisen, sondern an die Brotstücke, die in wohlhabenden Häusern als Servietten benutzt wurden, um die Hände und den Mund abzuwischen. Diese Stücke wurden auf den Boden geworfen. Dawn nährten sich nicht nur die Hunde, sondern auch arme Kinder•. Sie wertet die Hundemetapher um: Aus den ~chtlichen und zudringlichen Tieren werden die "Leidensgenossen" der armen Kinder. Hunde und arme Kinder stehen auf einer Stufe, der niedrigstens. Ihnen gegenüber stehen die reichen Kinder am TISCh. Indem die Frau aus der Oberschicht sich selbst erniedrigt, kommen Jesus und ..seine Kinde(' als die Hohen in den Blick. Das wird dadurch \el'stärkt, 'Di~ M~taph~r ~rgl~icht di~ syrophönizisch~ Frau und ihrt Tocht~r mit Hund~n. Vgl. Pokomy, Puppy, S. 323. Das Diminuitiv ~ntspricht ~in~r h~ll~nistisch~n Vorli~b~ (Blaß I ~brunn~r. S. 90) und will k~in~w~gs dl~ Ni~dlichk~it ~in~s W~lp~n h~rwrh~~n. Üb~~tzt w~rd~n könnt~ mit .Köt~r·. Für d~n jüdisch~n J..(s~r st~ht di~ Assoziation mit Unrtinh~it im Vord~rgrund. Ab~r auch für h~idnisch~ ~~r ist .Hund· ~in Schimpfwort. Vgl. Loth, Art. Hund, Sp. 793f. 1 Ptsch, Markus I, S. 387, zählt d~n Kni~fall zur Topik und hält ihn für ~sond~rs typisch für das Auftrtt~n von St~IMrtrtt~m. So auch Ernst, Markus, S. 211. Wi~ noch g~z~igt w~rd~n soll, ist das Motiv in typisch~r W~is~ nicht mit d~m Auftrtt~n von St~IMrtrtt~m. sond~m mit d~m von Ptrson~n mit hoh~m Sozialstatus ~rbund~n. M.E. zählt zu di~~m Motiv auch di~ Anrtd~ mit KVptf in V~rs 28a. Es ist di~ achtungsvoll~ Anrtd~. So wird auch d~r pat~r familias ang~proch~n (Udd~ll/ Scott, S. 101 3); g~k~nnz~ichn~t ist so auch di~ Roll~nüb~mah~ d~r Frau. Si~ spricht j~tzt als ni~d~rts Mitgli~d d~r familia, d~~n pat~r J~sus ist. Unz~if~lhaft ist für d~n christlich~n ltstr darin auch das KVp,O) 'I~ von Röm 10,9 und Phil 2,10f hörbar. Aus d~r Anrtd~ a~r mit Fand~r. Frau, S. 78f, ~in ~rst~s christologisch~s B~k~nntnis zu ~rschli~ß~n. ~rsch~int mir üb~rtri~b~n. F~ldm~i~r. Syrophönizi~rin, S. 217, hat di~ G~g~nargu~nt~ g~nannt. Ein~ solch~ Ausl~gung b~rücksichtigt auch nicht, daß di~ Anrtd~ b~rtits .aus d~m Bild. h~raus, mithin nach d~r Üb~mahm~ d~r Roll~ d~s Hund~s g~proch~n ist. \lgl. Lohm~r. Markus, S. 147; Grundmann, Markus, S. 199. 4 So d~r Wursthändl~r in Aristophan~ Ritt~m: •... Ii~~ ~ TOC7"0iiT-O) ttcpa.Tfi-rp,. (){).)· a~~ bxnrfP Kliwv;' ( ..• ich bin wohl von Abwischbrock~n nicht umsonst so groß und stark g~word~n. (KI~on:) Mit Abwischbrock~n wi~ ~in Hund? (411 f)). Vgl. Schmidt, Lö~. S. 15. Mk 7,27 spricht vom t/;i{, nicht von d~r a~e~. D~nnoch halt~ ich ~s für möglich, daß damit d~ Abwischbrock~n g~~int sind. Si~ sind typisch~ Hund~nahrung. llri{ dag~g~n ist ~kannt als Mäus~nahrung. 11ft~ (Bröstldi~b) ist d~r Nam~ ~in~r Maus. Di~st Bröstl würd~n nicht hinrtich~n. um ~in~n Hund zu ~mährtn. And~rs di~ Abwischbrock~n; ~ sind größ~rt Stück~ vom w~ich~n lnn~rtn d~ Brot~ (Udd~ll/ Scott, S. 209) di~ zud~m noch durch das Abwisch~n g~tränkt :;~in könn~n mit d~n flüssig~n Ant~il~ and~rtr Sp~~n. wi~ ~tt od~r Sau~n. Wi~ di~ ~' sind di~ Abwischbrock~n typisch~rw~is~ .Brotstück~·; ~i ihn~n st~llt sich ab~r nicht di~ Frag~. wi~ Hund~ ~ohl davon l~b~n konnt~n (Pokomy, Puppy, S. 329); si~ konnt~n ~dank M~ng~ und G~m~ng~. Es ist vorg~chlag~n word~n. di~ positM ~it~ d~ .Hund~bild~· in stin~r Trtu~ f~tzumach~n und ~ auf das Motiv .d~r ~rprobt~ Glaub~· zu ~zi~h~n. M.E. li~gt di~ Parall~l~ zu d~n arm~n Kind~m a~r näh~r. (a) w~il si~ an di~ Situation d~r Ernährung durch di~ Abwischbrock~n g~bund~n ist, (b) w~il si~ an di~ Hochschätzung d~r Kind~r von V~rs 27 anknüpft und (c) w~il si~ di~ Option für di~ Ni~drig~n aus Vrrs 27 aufnimmt und n~u b~zi~ht.
172 daß die Szene ~ndert wird. Die Frau denkt offensichtlich an die TISCh\rolältnisse in einem reichen Haus. Jesus geht in Vers 27 von einer kargen Ernährungssituation aus. ln einem reichen Haus fällt etwas ab für die Annen, für die Hunde und die armen Kinder. Sie erinnert Jesus an seine "Hoheit" und den "Reichtum lsraets" und bittet ihn darum, sich entsprechend zu \6halten und nicht die belläufige Wohltätigkeit, wie sie sich in dem Verfüttern der Abwischbrocken zeigt, zu unterbinden. Der pater famiHas einer armen Familie hat für Hunde in der Tat nichts übrig. Der pater familias einer reichen Familie jedoch kann und soll wohltätig sein. Sollte er nur an seine Kinder denken und die Hunde samt den armen Kindem ihrem Schicksal überlassen, wäre das unwürdig und hochmütig•. Die Frau "erhöht" Jesus und "~ftichtet" ihn auf ein statusangemessenes Verhalten. Vers 29 zeigt, daß Jesus sich von diesem Positionswechsel hat überzeugen lassen. Er hebt die Rede der Frau besonders hervor; ihr ~ erhält den Platz, den in anderen Wundererzählungen das ~ Motiv innehar. Ihre Rede hat also die he~lsame Zuwendung Jesu ermögHcht.
Der Positionswechsel in den anderen Wundererzählungen Bei den Menschen, denen Jesus im Markusevangelium wundertätig begegnet, läßt sich bei dreien ein gehobener Sozialstatus vermuten: Bei der Syrophönizierin, bei Jairus und bei der "blutflüssigen" Frau. Jairus wird als ixpx~ vorgestellt (5,22), er gehört also zur lokalen Honoratiorenschicht Die "blutftüssige" Frau hatte die Mittel, Ärzte zu konsultieren und zu bezahlen - und zwar offensichtlich aus eigener Befugnis (5,26). Die Andeutung von Wohlstand und Eigenmächtigkeit deuten auf einen gehobenen Status hin. Daß sie inzwischen ~rmt ist, ist Zeichen der Statusinkonsistenz. Jairus und die Syrophönizierin bitten für ihre Kinder. Kinder sind - wegen ihrer Todesbedrohtheil ..Schwachstellen" der Starken. Hinsichtlich der Gesundheit ihrer Kinder sind auch vornehme Menschen, die wegen ihres hohen Status in anderen Lebensbereichen selbstbestimmter sind als Anne, ohnmächtiif. Das ist ein der Statusinkonsistenz ~Ieich bares Phänomen. Dabei zeigen sie Verhaltensweisen, die sonst für Menschen mit niedrigem Sozialstatus typisch sind: Sie suchen Hilfe bei Wunderheilern•. Die Wundererzählungen der He~lungen dieser drei tragen gemeinsame Merkmale: ln allen drei Fällen wird Jesus eigens aufgesuchts. Alle drei fallen vor Jesus nieder (5,22: np0; ~ ~ a.Vroü; 5,33 11JNOI;,IEUEV tuirq;; 7,25: 11JNOEiiEUEll np0; ~ ~ a.ziroci).
mrrm
1 Pokomy, Puppy, S. 334, ~rwtist auf di~ V~rklamm~rung mit d~m ~rstrn Sprisungswundrr: • Th~ woman ... undoubt~dly asks for this fulnru of lrft-~rs from thr miraculous frrding: Auch dort f9i~rt Jrsus in drn Rollrn d~ .Hausvatrrs· und d~ .H~rrsch~rs·, Vgl. lohmeyrr, Markus, S. 128f. Z.B. Mk 5,34; 10,52. \tgl. auch lk 7,1-10. Auch hirr bittrt rin Mann mit grhobrn~m Sozialstatus für rin Kind. 4 Daß mit sinkrndrm Sozialstatus di~ N~igung wächst, Hilf~ bri Wundrrtätrm und in drr Rrligion zu suchrn, ist rin grm~inantikes Phänomrn. Vgl. Wi~drmann, Adults, S. 176f, und Thrißrn, Wund~r. S. 248ff. ~i~ brid~n. dir J~us nicht rig~ns aufsuchrn, sind jüdischr Männrr, Bartimäus und drr Mann mit drr ~rdorrtrn Hand.
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Überboten wird diese Demutsgeste nur nodl wm besessenen Gerasener, dessen Niederfallen mit 1TpOO'I(WEiv (5,6) beschrieben wird 1 • Gerade also Menschen, deren Sozialstatus höher ist als der Jesu, nähern sich ihm mit Demutsgesten. Die Struktur, die wir in der Erzählung wn der Syrophönizierin beobachtet haben, daß nämHch die Selbsterniedrigung die Voraussetzung für die Zuwendung Jesu ist, sofern cine/r cinen höheren Sozialstatus hat, findet sich bestätigt und strukturiert auch andere Wundererzählungen. Wenn Menschen mit gehobenem Sozialstatus sich hilfesuchend an Jesus wenden, halten sie sich in zweierlei Hinsicht zu den Niedrigen: Sie übernehmen Verhaltenswcisen, die ffir Menschen aus der Unterschicht typisch sind, und sie übernehmen deren Rolle durch Gesten der Selbsterniedrigung.
Die Begegnung Jesu mit einem reichen Mann, Mk 10,17-27 Mk 10,17-22 schildert die Begegnung Jesu mit cinem reichen Mann. Der Mann wendet sich an Jesus als Lehrer und bittet um cine Belehrunif. Der Mann wird erst in Vers 22 als reich geschildert. Sein hoher Sozialstatus bletbt bis dahin ~orgen. Betont wird dagegen in Vers 17 und Vers 20 die "Demut" des Mannes. ln Vers 17 fcillt die extrem respektwlle Annäherung an Jesus auf, die sich im Gestus und in der Anrede zeigt. Der Gestus des Niederfallens gehört zur Annäherung an den Wundertäter. Die Anrede. Lli.Ö&aK«Äf &yaeE, ist im palästinischen Sprachraum unüblich. Im Griechischen ist die Anrede als "Guter" oder "Beste(' bekannt, aber kom61tionell. Die Verbindung mit dem Gestus zeigt an, daß sie Ausdruck des besonderen Respektes sein will, was sie im Griechischen nicht ist. Die Annäherung zeigt die Selbsterniedrigung des Mannes und seine extreme Hochschätzung Jesu. Dem korrespondiert auch der Inhalt der Frage; sie wendet sich an Jesus als einen, der ~indlich Auskunft geben kann über das eschatologische Het1. ln Vers 20 bestätigt der Mann, daß er die Tora gehalten hat. Er darf als Gerechter gelten). Lohm~ nennt diese Reaktion cine ,,zuglcich demütige und stolze Antwort" •. Toraerfiillung ist ein Anlaß, stolz zu sein. Jesus korrigiert ihn darin auch nichts. Demütig ist 1 Es ist ja b~kanntlich di~ Dämon~ngrupp~ mit Na~n "~gion", di~ d~n Mann zu di~str G~st~ bringt. Sollt~n sich hi~r also di~ .römisch~n ~gion~n· (vgl. Th~iß~n. Lokalkolorit, S. 117) vor J~sus ni~d~rw~rf~n. wä~ auch hi~r d~r Grundsatz g~wahrt: j~ höh~r d~r Sozialstatus d~ G~g~nü~rs ist, d~sto ti~f~r muß di~ ~lbst~mi~drigung vor J~us s~in. Emicht wird di~ G~t~ all~nfalls noch vom Aussätzig~n. d~r im~rhin auf di~ Kni~ F.lllt ( 1,40 - ~ im ac•). 2 Di~ Gattung ist umstritt~n. Bultmann, GTS, S. 20f, hat di~ V~rst 17-22 als Apophth~gma (apophth~gmatisch~ Wort: V~rs 21) bestimmt. Ihm folgt Gnilka, Markus II, S. 84. Dib~lius, Formg~schicht~. S. 40, charakt~risi~rt si~ als Paradigma. Ihm schli~ßt sich Ernst, Markus, S. 295, an. :...Ohm~ytr, Markus, S. 207, b~timmt 17-22 als .Mitt~ zwisch~n biographisch~r An~kdot~ und b~l~h~nd~m G~räch". P~ch, Markus 11, S. 136, klassifizi~rt ~ als ~in Schulg~präch, nimmt all~rdings T~il~ d~r Jüng~rb~l~hrung noch hinzu (17a: Aufmt~n d~s Frag~t~ll~rs; 17b: Frag~; 18f: G~g~nfrag~; 20: Zwisch~nantwort; 21 (ohn~ 21~): abschli~ß~nd~ ~h~rantwort; 2Ja,24c:
Sond~rb~l~hrung d~r Jüng~r).
)Pesch, Markus 11, S. 140.
•Lohm~ytr, Markus, S. 210.
sAnd~rs das Nazarä~~ng~lium, in d~m J~sus d~m Mann nicht glaubt.
174 die Antwort. insofern der Mann trotz seiner Taraerfüllung eine Unsicherheit und einen Mangel bei sich wahrnimmt So scheint seine Frage an Jesus in VeTS 17 motiviert zu sein. Diese Unsicherheit bedeutet fiir die Überlieferung nicht eine Kritik an der Tara, als reiche sie nicht hin zum Hell - Jesus hat gerade das Gegentell behauptet. Sie ist vielmehr Ausdruck der Demut wr Gott Der Gerechte ist auch demütig. Ähnlich wie in Mk 7, 27 finden wir in den Versen 18f eine harsche Zurückweisung des Mannes. Jesus lehnt die ehrende Anrede ab und weist inhaltlich die Frage zurück, indem er den Mann an sein eigenes Wissen, an die Tara~ und eine besondere Auslegung \mYeigert'. Die Demut des Mannes wr Gott, wie sie in VeTS 20 ausgedrückt wird, bringt eine Wende. Sie zeigt sich im Gestus. Jesus blickt den Mann an und liebkost ihn1 • Beides sind Zeichen der annehmenden Zuwendung. Die Anweisung Jesu in VeTS 21 1 schließt daran an. Jesus fordert ihn zum völligen Besitzverzicht auf. Der inneren Demut soll nun auch die äußere Armut, der religiösen Tugend der soziale Status\erzicht folgen. Anders als in Qumran kommt dabei der Erlös den Armen, nicht etwa der neuen Gemeinschaft zugute. Besitz dient in keiner Weise mehr - auch nicht in einer durth die Gemeinschaft kontrollierten Weise - der Existenzsicherung. Anders als bei den Therapeuten geht der Erlös nicht an die Verwandten, er bleibt nicht in der Familie. Mit dem Verzicht auf den Besitz ist die Trennung wn der Familie mitwllzogen. Besitzverzicht ist Sta~cht. Die religiöse Demut wird positiv gewertet. Sie ist der Anlaß ffir Jesu Zuwendung. Sie reicht aber nicht hin. Zum eschatologischen He~l ist der soziale Statusverzicht notwendig. Jesus leitet seine Einladung ein, indem er den Mangel des Mannes benennt. Sein Geffihl des Nichtgenügens hat einen Grund. Es kommt aber nicht darauf an, mehr zu tun (VeTS 17), sondern etwas zu lassen. Sein Mangel besteht darin, daß er zuviel hat: Besitz. Reichtum wird wn einem Gut zu einem Defekt, Armut wn einem Defekt zu einem Gut. VeTS 22 erwähnt die Größe des Reichtums und läßt das eschatologische Heil für den Mann daran scheitern. ln der anschließenden Jüngerbelehrung bezeichnen die Verse 23b.25, die zum ältesten Bestand gezählt werden, Reichtum und "Mitgliedschaft" im Reich Gottes als schwer ~nbar, im Grunde als einander ausschließend. Die Menschen, die in der derzeitigen Gesellschaft einen hohen Status innehaben, finden in der ßam>.,Eia gar keinen Platz. Statusverzicht ist die Bedingung für die Zugehörigkeit zu Gott. ln zwei Hinsichten wird das relativiert: (1) VeTS 27b sieht eine letzte Rettungsmöglichkeit in der Allmacht Gottes. Dieser Hinweis ~indert, daß die Gemeinde dem Urteil Gottes zuwrkommt und Reiche wn sich aus ausschließt. (2) Durth die Verallgemeinerung in Vers 24 bei der Wiederholung wn Vers 1 lohm~r.
Markus, S. 210. Ernst, Markus, S. 296, dag~g~n si~ht in d~r Auswahl d~r G~bot~ b~l"(its
~in~ Ausl~gung. Sich~rlich war ~ ~in~ Auswahl, ab~r k~in~ unüblich~. Daß V~rs 19 so vtrstand~n w~rd~n will, z~igt m.E. di~ R~aktion d~ Mann~. Di~~ Auswahl von G~bot~n ist ihm nicht n~u. J~sus korrigi~rt ihn darin nicht. Das spricht nicht dafiir, daß d~r Mann di~ Point~ d~r Antwort J~u vtrpaßt hat, wi~ Ernst, Markus, S. 296, rll(int. 1 Lohm~r.
Markus, S. 211, Anm. 2, spricht sich mit V~rw~is auf Bau~r. Wört~rbuch, S. 8, für ~in~ aus. Di~ ~d~utung "küs~n" s~i fiir n~ut~tam~ntlich~ üit noch nicht b~l~gt. 1 Di~ Aufford~rung zur Nachfolg~ V~rs 21~ gilt häufig als s~kundäl"( Erw~it~rung.
li~bko~nd~ G~bärd~
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23b erscheint das Problem des Reichen als eines unter mehreren denkbaren. Die Forderung an die Reichen, auf ihren Besitz und ihren Status zu ~chten, soll nicht bedeuten, daß in der Gemeinde Reiche keinen Platz mehr finden oder daß Arme sich über sie erheben dürften.
Zusammenfassung Die Selbsterniedrigung ist für Menschen mit einem hohen Sozialstatus Bedingung für Jesu heilvolle Zuwendung zu ihnen als Lehrer und als Wundertäter. Gefordert wird die Bereitsdlaft, "ideologisch" die Selbsteinschätzung der Niedrigen (Mk 7,28) und deren tatsächHche Lebens\mlältnisse (Mk 10,21) zu übernehmen. Es bedeutet den Verzicht darauf, die eigene Würde zur Geltung zu bringen und sie zu sichern. Damit steht das eschatologische Hetl auf dem Spiel. Das formuliert Jesus als Lehrer (Mk 10,25) explizit. Als Wundertäter gtbt er Anteil an der beginnenden Heilszeit oder \mVeigert ihn.
13.2. Jesus und die Niedrigen Jesus und die Kinder Mk 10,13-16 91lt als biographisches Apophthegma; Vers 15 ist vermutlich sekundär eingefügt worden'. Das Geschehen spielt sich zwischen drei dramatischen Personen ab. Jesus steht im Zentrum des Geschehens. Thematisiert wird der Zugang zu ihm (Vers 13: iT~; Vers 16: ~~). Die Jünger \6SUchen, diesen Zugang zu kontrollieren, beanspruchen die größere Nähe zu Jesus. Jesus weist sie zurück und gewährt den Kindem diese Nähe. Zwischen den Jüngern und den Kinder findet ein P~tio~echselstatt.
Die Jünger beanspruchen aus ihrer besonderen Nähe zu Jesus heraus, auch über die Nähe und Distanz anderer Menschen zu ihm zu entsdleiden. Das ist eine Machtposition, die sie Menschen mit einem besonders niedrigen Sozialstatus, den Kindem gegenüber, ausspielen. Mit diesem Verhalten geraten sie in Widmpruch zu einem Wesensmerkmal der Jüngerschaft. Im Urchristentum gelten die Jünger als "die Kleinen" (Mt 10,42; 18,6.10.14; Lk 8,48; 12,42)2• Wenn sie in 10,13 nun wie Erwachsene. wie machtbewußte. konkurrenzbetonte. eifersüchtige Männer agieren und ihre Zusammengehörigkeit mit den Kindem nicht erkennen, geraten sie auf die falsche" Seite. 'Gnilka, Markus II, S. 80, Pesch, Markus II, S. 131, Grundmann, Markus, S. 27J. Ernst, Markus, S. :!91, ist d~r M~inung, daß di~ Sz~n~ aus d~m Logion V~rs 15 h~raus ~ntwick~lt ~i. lg~rg~r. Am~n Wort~. S. 4Jf, hat - für V~rs 15 - auf Jub 2J als traditionsg~schichtlich~n Hint~rgrund ~rwi~~n. Di~ Gtschichtsdtutung d~s Jubilä~nbuch~s ist von ~inig~m Erklärungsw~rt auch für Mk 10,13-16. Jub 2J z~ugt von tin~m innovationsmudig~n Klima und z~igt, daß dit~ Innovation - ~rstand~n natürlich als Anknüpfung am Alt~n - von d~n Jung~n. d~n Kind~m und Jug~ndlich~n ~rwart~t wurd~. J~u Hochschätzung d~r Kind~r wi~ auch das jug~ndlich~ Alt~r s~in~r Jüng~r laSStn sich so als Ausdruck dtr Zug~hörigk~it zu ~in~r Grupp~ jiidisch~r Em~u~rungs b~w~gung~n ~rst~h~n.
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ln Vers 15 ist das aufgenommen: lm jetzigen Kontext ist Vers 15 Kritik und Mahnung an die Jünger. Nähe und Distanz werden umgekehrt: Nicht die Jünger, sondern die Kinder gehören "natürlicherweise" in die ßam)..Eia.. sie umannt Jesus, die Jünger weist er zurück. Vers 14b hat seine nächste Parallele in Lk 6,20 und kann als (unvollständiger) Makarismus gelten 1• Das Apophthegma also sprimt wn einem Positionswechsel insofern, als marginalisierten Menschen ein "Recht", ein Platz in der Mitte, in der ßa,tnhia. zugesprochen wird. Sie wllzieht sich, indem Jesus die Kinder durdl seine Segnung aus dem Randbereim der Todesbedrohtheit herausnimmt. Sie zeigt sich - ganz kindgemäß körpertim wahrnehmbar - an seiner Umarmung. Auf nega~ Seite entspricht dem die Zurüd<weisung der Jünger. Vers 15 sagt das explizit: Wenn sie in das Reich Gottes gelangen wollen, müssen sie sich an denen orientieren, über die sie sich gerade gesteßt haben: an den Kindern. Damit werden sie zum Sta~cht aufgefordere. Vielleimt spielt ein zweiter Akzent eine Rolle. ln Vers 13 haben sich die Jünger wie die Türsteher des "Reiches Gottes" ~alten. Sie kontrollierten den Zugang. Nun ist dawn die Rede, daß sie keineswegs bereits drinnen sind. Sie sind nodl draußen und müssen erst eine Einlaßbedingung erfiillen. Die Kinder gehen ihnen wraus. Jünger Jesu dürfen Menschen mit niedrigem Status nicht den Zugang zu ihm 'omVehren, denn die Niedrigen gehören in die Mitte. Sie werden dun:h die Begegnung vielmehr erneut aufgefordert, selbst einen Statusverzicht zu üben.
Die Spende der armen Witwe, Mk 12,41-44. ln diesem biographische Apophthegma) deutet Jesus das Verhalten einer Frau mit besonders niedrigem Sozialstatus. Dabei erhöht er sie. Der erzählte Vorgang und das To•IXiTwv hat ~in ält~rts 'T'Oiin.Jv od~r !Wniiv ~~tzt, als Vers 15 ~ing~fügt wurd~ und sich damit das von d~n Kind~m auf ihrt Art verlag~rt~. di~ nachg~ahmt w~rd~n soll. Vgl. z.B. ~h. Markus II, S. 132. Ein~ b~ond~rt Zuspitzung ~rfährt di~ G~g~nüb~rst~llung von Kind~m und Jüng~m. w~nn wi~ Th~iß~n. Grupp~n~ssianismus, S. 116, vorschlägt, in Mk 10, 14b Kind~m di~ T~ilhab~ an d~r Machtausübung in d~r ~ia. zug~roch~n wird. Di~ Jüng~r ~anspruch~n durch ihr kontrolli~rtnd~ V~rhalt~n. di~s~ V~rfügungsgfflalt inn~zuhab~n. J~sus korrigi~rt si~ - ~r verlag~rt di~ Grtnz~n w~it~r nach .au~n·, w~it~r hin zu d~n M~nsch~n. di~ am Rand st~h~n. z.Di~ Aufford~rung, ~ Kind~r zu w~rd~n. ist di~ kürz~t~ Formuli~rung für di~ Ford~rung, auf An~h~n. Macht, R~ichtum und Sich~rh~it zu verzicht~n. • B~rg~r. Am~n Wort~. S. 41, Anm. 38. Fowl, Kingdom, S. 157, unt~rstrticht di~~n Zug in s~in~r Ausl~gung d~r lukanisch~n V~rsion. Er spricht sich dafür aus, daß di~ auf ihrtn ~itz verzicht~nd~n Jüng~r. d~r Blind~ in J~richo und Zachäus, positM ~ispi~l~ für di~ kindlich~ Aufnahm~ d~ R~ich~ Gott~ s~i~n. wohing~g~n d~r rtich~ ti.pxwv ~in n~gatives B~ispi~l s~i. Er w~ist auch auf di~ ~ng~ V~rbindung zwisch~n d~r Aufnahm~ d~r {Jag.kia. und d~r Art d~r B~g~gnung mit J~us hin. Di~ schön~ B~obachtung läßt sich all~rdings nur für Zachäus nachvollzi~h~n. Nur ~r nimmt J~sus auf, ist mit ihm in ~in~m Haus zusamm~n. D~ Jüng~r und d~r Blind~ dag~g~n w~rd~n von J~us in di~ Schar ~in~r Anhäng~r aufg~nomm~n. Fowl ~tzt ~in~ Ausl~gung von Lk 18, 17 m.E. zu Unrtcht von d~r ab, di~ in d~r ~mut d~r Kind~r d~n V~rgl~ichspunkt f~tmacht. Di~~ D~utung si~ht ~r in d~r matthäisch~n V~rsion b~gründ~t und ~ist si~ für Mk und Lk ab. Di~ Abgrtnzung ist nur dann verständlich, w~nn unt~r Demut ~in~ individualmoralisch~ verinn~rlicht~ Tug~nd verstand~n und nicht auch an ~tatusverzicht g~acht wird. Bultmann, GTS, S. 58f; g~nau~r: ~in~ id~al~ Sz~n~. ~bd. S. 38. 1
lnt~r~s~
1n erläuternde Amen-Wort sind eng aufeinander bezogen. Das Amen-Wort hat die Funktion, einer alltäglichen Begebenheit ihr wahres Gewicht zu 'Verleihen. Jesus spricht wie ein apokalyptischer VIsionär•. Eine arme Witwe opfert eine lächerlich geringe Summe, zwei Lepta, ein Viertel Ass. Das ist die kleinste Summe, die eine römische Münze überhaupt damellen kann 2• Das Amen-Wort behauptet fiir diese Summe einen höheren Wert als den, den die anderen Gaben (vielleicht sogar zusammengenommen) el'reicht haben. Die geringste Gabe ist wertvoller als die große Gabe. Das wird begründet mit der Bedeutung, die die Summe fiir das Leben der Witwe hatte: Es war ihr ganzes "Vermögen", und weil es ihr Lebensunterhalt war, ihr ganzes Leben. Durch diese Beziehung auf das Leben der Spendenden gilt nicht nur die Summe als größer als die anderen Summen, sondern auch ihre Wohltätigkeit größer als die der Reichen. Damit wird die Witwe als größer, adeliger und vornehmer als die Reichen erwiesen1 • Zwischen den reichen Spendern und der armen Witwe findet ein Positionswechsel statt. Der Akzent liegt auf der Erhöhung der Witwe. Die Erzählungen von der positiven Bewertung geringer Opfer durch Apollon in Deiphi akzentuieren spezifisch anders. Dort ist die Fähigkeit, maßzuhalten und seine religiösen Pflichten mit Anmut und belläufig zu erfiillen, vorbildlich•. Die Opfernden sind nicht bettelarm und geben nicht alles, was sie besitzen - diese Maßlosigkeit und Radikalität hätte Apollon gründHch mißfallen. Die delphische Tradition leitet dazu an maßzuhalten. Das Apophthegma von der armen Witwe dagegen lehrt Menschen mit gehobenem Sozialstatus, in den Niedrigen die wahrhaft Vornehmen erkennen, und ermutigt die Niedrigen, ein neues Selbstbewußtsein zu entwickeln.
Zusammenfassung Menschen mit niedrigem Sozialstatus erfahren durch die Begegnung mit Jesus eine Aufwertung. Sie betrifft ihre Selbsteinschätzung und ihre eschatologische Bedeutung. Für Menschen mit höherem Sozialstatus werden sie zum Vorbild, sogar zur Krise, an der sich die Zugehörigkeit der "Höheren.. zu Jesus entscheidet. Jn den Gemeinden, in denen die Erzählungen von der Begegnung Jesu mit einzelnen Vornehmen und Niedrigen überliefert worden sind, standen die GemeindemitgHeder unter der Anforderung, ihre Mitglieder mit niedrigem Sozialstatus hochzuschätzen und zu ehren und Status\Uzicht zu üben, wenn ihr eigener Status höher war. Soziale Demut war bei ihnen ein wichtiger, über das eschatologische Heil entscheidender Wert.
I
Berger, Amen Worte, S. 49. römischen Bereich galt der Quadrans als die kleinste Münze. ln Palästina gab es noch eine kleinere, den Pruta. Ihr Wert entsprach einem Achtel des Assc:s. Vgl. Theißc:n Lokalkolorit, S. 259. 1Theißen, Werterevolution, S. 351. • Vgl. oben S. 45. 21m
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13.3. Jesus und die gesellschaftliche Ordnung Der arme König, Mk 11,1-11 Die biographische Legende ist zweiteilig. Die Verse 1-7a erzählen von der wunderbaren Auftindung des Reittiers. die Verse 7b-11 erzählen vom Einzug Jesu nach Jerusalem, dem Übersdlreiten der Stadtgrenze. Ich betrachte die Legende als einheitlich •. Jesus ist als der 1 Di~
Einh~itlichk~it d~r ~rikop~ wird durch drti B~obachtung~n fraglich. (1) V~rs 1 bi~t~t vi~r in Spannung st~h~nd~ Ortsanga~n. Di~ Spannung wird verursacht durch di~ N~nnung von B~thani~n. das (a) nicht auf d~m W~g lag und (b) w~it~r von J~rusal~m ~ntf~mt war als Betphag~. das b~rtits zum Stadtg~bi~t g~hört~. (2) ln d~n v~rs~n 7f w~is~n (a) in Vers 7 ~in T~mpus~ch~l vom Pra~~ns in d~n Aorist und (b) ~in~ Wrdopp~lung d~s Motivs vom Ausbrtit~n d~r Kleid~r auf d~m Rück~n d~ R~itti~rs und auf d~r Straß~ auf zwei Üb~rli~~rung~n hin. (J) ln V~rs 11 find~n wir ~in~n Num~ruswtchs~l. ~i d~r Ankunft in J~rusal~m und d~m T~m~l ist von J~sus all~in~ di~ R~d~. B~i d~r Rückk~hr nach B~thani~n sind di~ Jüng~r mit ".nU. angdügt; das V~rb bl~ibt w~it~r im Singular. Sch~nk~. Passion, S. 166ff, versucht ~in~ literarkritisch~ Lösung. Er unt~rsch~id~t zw~i ursprünglich ~lbständig~ kl~in~ Einh~it~n: Ein~ Wund~rtrzählung von d~r Auftindung ~in~s R~itti~rs in d~n V~~n 1b-7 .15a und ~in~ Erzählung von d~r ~grüßung J~u als König in d~n V~rs~n 8-11. Di~ Wund~rtrzählung s~i im Pra~s~ns Historicum ~rzählt und spi~l~ sich b~i B~thphag~ ab. Di~ B~grüßung J~u als König lokalisi~rt ~r in ~thani~n. Sie find~ ohn~ R~itti~r statt. Di~ Zäsur im T~t s~tzt ~r nach v~rs 7: Danach verschwänd~n Es~l und Pra~~ns Historicum zugl~ich. G~g~n Sch~nk~s Auft~ilung spricht m.E. Wrs 7. &I und Pra~~ns Historicum verschwind~n nämlich nicht gl~ichz~itig. Daß J~sus sich auf den Es~l (br'a.Vrci11) s~tzt, wird im Aorist b~richt~t. Schenk~ spricht sich auch nicht dafür aus. daß di~s bertits markinisch~ R~daktion s~i. 'E~ea.BtiTfll g~hört also d~m T~mpus nach b~rtits zu d~n V~~n 8-11. B~id~ T~il~ sind stärk~r in~inand~r verschacht~lt. D~r Es~l gehört auch zur Einzugsg~chicht~. Auf logisch~r und traditionsg~chichtlich~r E~n~ wird eing~wandt, daß das Ausbrtit~n von Kl~id~m im Königsritual auf d~r s~hr kurz~n Str~ck~ vor d~m Thron üblich g~w~~n s~i. d~n d~r Herrsch~r natürlich zu Fuß b~ti~g~n habe, und ~s zud~m nicht denkbar ~i. daß d~r W~g bis nach J~rusalem mit Kleid~m unt~rl~gt g~w~s~n wärt (Gnilka, Markus II, S. 11 J-115; Ha~nch~n. W~g J~u. S. 377). D~m ist ~ntg~g~nzuhalt~n. daß (a) in II R~g 9, I J, d~r B~l~gstell~ für das Ausbrtit~n von Kl~id~m im Königsritual, di6~ Ritual ~b~nfalls ~h~r provisorisch~n Charakt~r hat. Vorg~t~llt ist ~in~ Sz~ne in d~r Provinz (Ramot/Gil~ad) im H«rlag~r. Si~ find~t statt als Akklamation d~s H~~rts nach d~r Salbung durch ~in~n Proph~t~njüng~r im V~rborg~n~n d~ Haus~. Erst danach rtit~t Jehu nach J~srt~l um ~in~n Vorgäng~r Joram zu töt~n. Daß das Ausbrtit~n d~r Kl~ider als Ritus zur Thronb~teigung g~hört~. läßt sich II R~ 9 nicht ~ntnehm~n; b~i and~rtn Thronb~t~igung~n wird uns davon nicht b~richt~t. All~in~ hi~raus zu schli~ß~n. d~r G~tus ~i nur auf kurz~r Str~ck~ vor d~m Thron d~nkbar, ist m.E. ~in~ unzulässig~ V~rallg~~in~rung. Di~ lokalisi~rung d~r Sz~n~ im H~~rlag~r. also ~b~n nicht in d~r Hauptstadt und d~r Zusam~nhang mit d~r Akklamation d~s H~~~ als ~rst~m Anhäng~r ist d~r in Mk 1, 1- 11 vorg~t~llt~n Situation sogar ~h~r vergl~ichbar. (b) Ich kann d~m T~xt nicht ~ntn~h~n. daß das G~sch~h~n. das in d~n V~rs~n 8-11 darg~t~llt wird, auf d~m drti Kilo~t~r lang~n W~g als st~tig g~child~rt w~rd~n soll. G~child~rt wird das Üb~rschrtiten d~r StadtgRnz~ ~i B~thphag~. Ich ~h~ nicht, wodurch ausg~schloss~n ist, daß ein Ertignis vorg~st~llt wird, das kurz~ üit g~dau~rt hat und sich auf ~in~n ~hr b~grtnzt~n Raum b~chränkt hat. Auch P~sch, Markus II, S. 186, m~int, das Ertignis ~i ~pisodal. Auch das komm~ntarlo~ V~rschwind~n d~ Es~ls nach V~rs 7 n~nnt Sch~nk~ als Argum~nt für di~ Unabhängigk~it d~r zweit~n Einh~it. Natürlich ist ~s (a) probl~matisch aus d~m Sch~igen auf ~in F~hl~n zu schli~ß~n. Auß~rdem (b) läßt sich di~ Schw~ig~n ~b~nso gut g~~n ~in~ ursprünglich s~lbständig~ Wund~rtruhlung anführtn: Di~ Wund~rtrzählung nämlich sagt in V~rs Jb di~ Rückgab~ d~s li~TtS an. Von di~r wird ab~r nicht b~richtd. Di~ Wund~rtrzählung läg~ also nur fragm~ntarisch vor. Als kl~in~ Einh~it ist si~ nur postuli~rt. zu~inand~r
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königliche Helfer der Armen geschildert. Traditionsgeschichtlich werden Sach 9,9 und Gen 49,11 in der Rndungslegende und in Vers 7b'aufgenommen. Der Osannaruf ist ein Hilferuf an Gott oder den Köniif. ln Vers 7b ist der Bezug auf Sach 9,9 im Sitzen Jesu auf dem Bel erkennbar. Mit Sach 9,9 nimmt die Legende ein wm Positionswechselaxiom geprägtes Henscherbild auf. Der Höchste in der Gesel1schaft hat auf seinen Status ~chtet und te.lt das Leben der Niedrigen; dabei hat er fiir sie eine besondere Schutzfunktion. Henschaft fordert Sta~cht. Nur so kann der Henscher gerecht sein und seine Aufgabe an den Niedrigen wahrnehmen. Möglicherweise hat die Legende nicht nur die Forderung der Selbsterniedrigung des Hohen verarbeitet, sondern auch die komplementäre wn der Erhöhung der Niedrigen: Sach 9,9 steht vielleicht auch hinter Vers 10a. Unter den Auslegern findet sich die Neigung, Vers 10 als sekundär auszuscheiden. Die Wendungen wn der kommenden Königsherrschaft eines anderen als des Messias oder Gottes selbst seien unjüdisch; das beträfe auch die Bezeichnung Davids als Vater. Die Wendung gilt als wm christlichen Sprachgebrauch her überforme. M.E. gibt es eine Auslegungsalternative: In Sach 9,9 ist wn der Tochter Zion und dem König die Rede. Petersen4 spricht sich dafiir aus. in beiden Gestalten eine corporate personality zu sehen, die für die Bewohner Jerusalems auf der einen und die Otr Vrrsuch, zwri voneinandrr unabhängigr klrinr Einhriten aufzuwrisrn, halte ich für nicht grlungrn. Allrrdings rrwrisrn sich dir Vrrsr lb-7a als zusammrngrhörig. Sir rrzählrn rin abgrschlossrnrs Grschrhrn. Vrrs 7b schlirßt abrr so di~kt an, daß rine grt~nnte Übrrlirftrung nicht plausibel ist. Das Ausb~iten der Kleidrr auf drm Wrg in Vers 8 läßt sich als di~ktr Rraktion auf dir Übrmahmr drr königlichrn Rollr durch das Brstrigrn drs Esrls vtrstrhrn. Es ist wrsrntlich plausiblrr, wrnn rs dafür rinrn solchrn Anlaß gab, als wrnn dirs spontan brim B~t~trn Brthanirns rrfolgtr. Dir Findungslrgrndr, wir dir Versr lb-7a brzrichnrt wordrn sind, hat dir Funktion, dir hrilsgrschichtlichr Rrlevanz drs Grschrhrns hrrauszustrllrn: Jrsus ist nicht im rigrntlichrn Sinnr initiativ, sondern rr grht rinrn vorbr~itrtrn Wrg. Orr Übrrgang zum Aorist mit iKti.Bitml krnnzrichnrt drn Brginn drr hrilsgrschichtlich ~levantrn Handlung. Daß in drn Vrrsrn 7f mit drm Klridrrmotiv rinr Dopprlung vorlirgt, haltr ich für fraglich. Das Klridrrmotiv in Vrrs 8 dirnt drr Huldigung, in Vrrs 7 wrrdrn dir Klridrr als Sattrldrckr brnutzt, ohnr daß damit rinr symbolischr &drutung vrrbundrn ist. Drr Nulll(ruswrchsrl in Vrrs II wird m.E. plausiblrr, wenn rr vor drm Hintrrgrund drr Gesamtszrnr grsrhrn wird. ln drr Szrnr handrln Jrsus auf drr rinrn und dir ihn brglritrndrn Pilgrr auf drr andrrrn Sritr. Sir sind als srinr Anhängrr vorgrstrllt. Dir zwri Jüngrr aus Vrrs lb müssrn nicht Mrnschrn aus rinrm rngr~n K~is srin. Jrsus agirrt nur wrnig: Er srndrt (Vrrs I b) und brauftragt (Vrrs 2), rr srtzt sich auf drn Esrl (Vrrs 7b) und rrrricht schl~ßlich Jrrusalem (Vrrs II). Damit ist das Tun und Vorhabrn Jrsu brschrirbrn. Mit Vers II rrrricht das Tun Jrsu srinr Abschluß. Es ist also nicht unpassrnd, daß rs ihn auch zum Subjrkt hat. Dir übrigrn Verbrn habrn rinzrlnr odrr mrh~~ Pilgrr zu Subjrktrn. Drnnoch blribt dir Irritation ~arübrr, daß das Vrrb in Vers I a im PI strht und Vrrs II b dir Zwölf nachträgt. Ernst, Markus. S. 321. l Z.B. Lohmryrr, Markus, S. 231. 1 Ernst, Markus, S. 322; Lohmryrr, Markus, S. 231. Dirsr Erklärung blribt unbrfrirdigrnd, wril uns auch im Urchristrntum dir Rrdr von David als Vatrr nur srhr schwach brzrugt ist; sir brgrgnrt zwrimal und zwar in Act 2,29 und 4,25, in drr Pflngstp~digt drs Pttrus und drm Grbrt drr Grmrindr nach drr rrstrn Vrrhaftung von Pttrus und Johannrs. Auch Ptsch, Markus II, S. 185, lrhnt dir Erklärung aus christlichrm Sprachgrbrauch ab und wrist auch dir Vrrmutung zurück, rin christlichrr Autor habr jüdischr Erwartung unzut~ffrnd brschrirbrn. 4 Pttersrn, Ztchariah, S. 58f.
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Henschenden, die Gottes Henschaft repräsentieren werden, auf der anderen Seite stehen. Diese Vorstellung könnte an Jes 55, 1-5 anknüpfen, wo der Davidsbund auf das Volk erwdtert wird: Das Königtum wird demokratisiert', die Verhdßung ffir das Haus Davids gilt dem Volk. Aus Davids ,.Sohn" sind Davids Kinder geworden. Damit aber kann nidlt nur der König oder der Messias David Vater nennen, sondern audl die Gruppe von Menschen, die erwarten, am Ende von Gott auf dem Zion als Herrscher eingesetzt zu werden. Für die Beziehung von nSam 7 auf dne Gruppe von Menschen Qlbt es in Qurnran eine Parallele: Bergmdd hat an 4Q 174 MEschat gezeigt, daß die Qumrangerneinde die Verheißung von 11 Sam 7 auf sich bezogen hat. "Was dem David ~eißen ist, gilt der Gemeinde der Endzeit. ... jetzt in der Endzeit erffillt sich die Weissagung in der Geschidlte der Qumrangerneinde.") Entsprechend können in 4 Q 177 mit "Davidssproß" die Anhänger des Lehrers der Gerechtigkeit bezeidlnet weroen•. Jesus könnte als Repräsentant dieser "königlichen Gruppe" gezeidlnet sein, wobei 11 Sam 7 in Verbindung mit der Vorstellung vom Positionswechsel zwischen dem König und den Niedrigens gebradlt worden wäre: Die nächste Parallele zum Jubelaufiufin Sach 9,9 ist Zeph 3, 14'. Der Grund ffir den Jubel dort ist die Bewahrung der Niedrigen und 8enden7• Der Jubel über das Kommen des demütigen Königs und der über die Bewahrung der Niedrigen gehören zusammen. Der demütige König von Sach 9,9 ist zugleich der König der Niedrigen und repräsentiert sie. Es ist also mögHch, daß in Vers 10 11 Sam 7 aufgenommen wird. Vorgestellt wäre, daß die Anhänger Jesu sich als die Niedrigen ~tehen, die durch den demütigen König repräsentiert werden und mit ihm henschen werden. Indem Jesus die Rolle des demütigen Königs übernimmt, nähmen seine Anhänger die Rolle dieser Niedrigen auf. Die Selbsterniedrigung des Königs und die Erhöhung der Niedrigen korrespondierten dnander'. Das gesellschaftliche Ideal, das sidl in Mk 11 , 1- 11 ausdrückte, sähe nidlt nur den Status\6Zid1t des Hensch~ sondern die Partizipation der Niedrigen an seiner Henschaft vor. Ein ähnlidles Ideal finden wir in der synoptischen Tradition in Mt 19,28 parr Lk 22,30 in Zusammenhängen, in denen das Positionswechselaxiom gestaltend eingewirkt hat.
'v. Rad, Th(ologi( II, S. 250. 8(rgm(i(r, Erfüllung, S. 275-286. .Ebd., s. 279. Ebd., S. 284f. \tgl. Ob(n S. 94. ·~terscn, üchariah, S. 58f. 7 Dazu g(hÖrt( di( Erwartung (in(r Kris(, di( sich sowohl im Kont(Xt von Sach 9 wi( auch von üph 1. find(t. ln di(S(n Zusamfn(nhang g(hört auch Ps 149. Auch hi(r find(n wir wichtig( El(m(nt( b(i(inand(r: Auf d(m Zion wohn(n di( El(nd(n (Ps 149,4). Si( könn(n auch .Kind(r Zions" h(iß(n (Ps 149,2), was W(g(n d(r (ng(n V(rbund(nh(it von Zions- und Davids(rwählung als Paraii(J( zu .Kind(m Davids" g(lt(n kann. Di(S( M(nsCh(n h(nsch(n mit JHWH; vgl. Kraus, Psalm(n II, S. 1146. Von Wrs 6 an b(g(gn(n Kri(gstradltion(n. Ps 149 könnt( bel(gen, daß di( Vorst(Jiung, wi( wir Si( in Mk 11,10 wid(rg(5pi(g(Jt finden, (ine gewiss( Verbreitung hatte. 1 )
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Der König der Juden und der römische Staat, Mk 15,1-20 Die drei Szenen der alten Passionsgeschichte. die der Kreuzigung Jesu unmittelbar vorausgehen, erzählen vom Verhör vor Pilatus. seinem gescheiterten Versuch, ihn freizulassen und der Verspottung durch die Soldaten. Dabei finden Positionswechsel statt: (1) Jesus Qlbt sich als König zu eri<ennen, Pllatus erweist sich als dem Henscheramt nicht gewachsen. Jesus zeigt nicht die Demutsgesten, die von einem Angeklagten erwartet wurden, und bekennt sich als König. Pllatus folgt seiner Überzeugung von der Unschuld Jesu nicht. Es wird besonders betont (15, 10.12.14t), daß er nicht das tut, was er fiir richtig hält. Pllatus unterwirft: sich den Forderungen des öx).o.;. Der öx).o.; henscht. Es findet also der klassische. negativ bewertete Positionswechsel statt. (2) ln der Folge wird Jesus den Soldaten überlassen. Es handelt sich um Auxlliartruppen, die aus nichtjüdischen Bewohnern Palästinas zusammengesetzt waren'. Daß diese Truppen den Juden gegenüber feindlich eingestellt waren, ist auch bei Jas bezeugt. Ant 19,356-359.364-366 erzählen von einer Erniedrigung der Prinzessinnen aus dem Königshaus. ln beiden Fällen richtet sich der Spott gegen das jüdische Königshaus, dort indem Prinzessinnen als Prostituierte. hier, indem der König durch einen (vermeintIichen) Verbrecher dargestellt wird. Die jüdische Bevölkerung JerusaleTTlS. die Jesus erniedrigen wollte und die Oberhand über Pllatus gewonnen hatte, wird nun selbst verspottet und erniedrigt. Die alte Hierarchie wurde umgekehrt: Recht wäre es. wenn Pilatus mit Hilfe der Truppen über den öx).o.; henschte. statt dessen henscht der ÜX)D; über Pilatus. und feindliche Heiden erniedrigen die Jerusalemer. Jesus ist als der furchtlose König die Kontrastgestalt Durdl die apokalyptische Umkehrung der Verhältnisse ist sein leiden erwartbar. Vorherzusehen ist auch, daß Gott eingreifen und die ~ehrte Rangfolge umstürzen wird. Dann wird Jesus als der wahre Henscher offenbar, und die anderen werden erniedrigt. Die Szenen erinnern an die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung unter Aaccus2 • Für die Verspottungsszene ist das bekannt. Es betriffi aber auch die beiden anderen Szenen. Nach Philo überließ Aaccus. der ägyptische Statthalter, aus Angst um sein ..standing" in Rom dem alexandrinischen Pöbel die Macht und ließ das Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung zu. Die Alexandriner handelten aus Neid'. Das Pogrom begann mit der Verspottung des Königs Agrippa I. durch die "Krönung" des Karabas. Karabas war ein geistig behinderter Alexandriner\ der als König ~leidet und als Herrscher begrüßt wurde~. Die Parallelen zu Mk 15,16-20 sind deutlich. Hinzu kommt die gleiche Intention: Die Verspottung richtet sich gegen das jüdische Königshaus und damit gegen die I
Lohm~~r.
Markus, S. 340.
~hilo, Flacc. 1
Philo, Racc 29. Vgl. Mk 15,10. Karabas wird als ~in ungdährlich~r M~nsch gtschild~rt. d~r nackt auf d~r Straßt l~bt und mit Kind~m spi~lt. Armut und Solidarität mit Kind~m find~n wir auch b~i Jtsus. ~Philo, Flacc 36-40.
4
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jüdischen Bevölkerung. ln AJe)(andria werden Juden danach beraubt. mißhandelt. gefangen, getötet. einige sogar gekreuzigt'. Aaccus wurde wenig später abgesetzt, in Rom zum Exil ~eilt und schHeßHch hingerichtet. Philo ~indet mit der Darstellung die Absicht. zu zeigen, daß die römische Macht mit dem Schutz der Juden steht und fcillt. Gott hilft den Juden. Er straft, wer sie nicht schützr. Daß die Darstdlung von ln Aaccum auf die in Mk 15 eingewirtet hat ist denkbar. Das antijüdische Ge!d Iehen in Alexandria 38 wird in Judäa und .m&llem bekannt gewesen sein. Es war die ersre Verfolgung von Juden in Alexandria. Sie fand zeitgleich statt mit der Caligulakrise in .lerusalem. Seide Krism wurden ausgelöst durch den Anspruch des Gaius auf göttliche Verehrung (Philo, L.egGai 120). Daß es über beide Geschehen keinen .AL!stausch gegeben haben sollte, ist schwer vomellbar. Philo war in der Angelegenheit als offizieller Vertreter nach Rom gereist Die Schrift ln Aaccum richtet er an ~ Nachfolger. Es ist wah&'heinlich, daß die Deutung, die er dem Geschehen gibt die Meinung der .alexandrinischen" Judenschaft zumindest ihrer Obmchicht wiedergibt Dann aber könnte diese Deutung durchaus auch in .Jerusalem bekannt gewesen und die Jerusalemer Urgerneinde dort könnte sie gekannt haben. Wenn Ptlatus in Analogie zu Aaccus gestaltet ist, wird auch seine Erniedrigung
erwartbar. Wie im Aaccus könnte sich diese Drohung gegen die römische Weltmacht richten. Jesus stirbt als Jude. Gott wird die Erniedrigung seines Erwählten nicht ungesühnt lassen1 •
Die
fJo,u.J..Eia. und die römische Weltmacht, Mk 4,30-32
Im Gleichnis vom Senfkorn wird das allerkleinste Samenkorn zum allergrößten Kraut Es ist ein Reich-Gottes-Gleichnis mit einem ausgeführten Dativ.mfang~. Aussageabsicht ist: Aus den unscheinbaren Anfcingen entwickelt sich ..eine großartige Endgestalt"'. Das Gleichnis liegt in Mk und der l.ogienquelle in zwei selbständigen Varianten vor7 • Mk beschreibt einen Vorgang, die Q-VeTSion erzählt eine Geschichte, wir haben es also bei Mk mit einem Gleichnis. in der l.ogienquelle mit einer Parabel zu tun'. Bei Mk ist wn dem einjährigen Kraut die Rede, bei Lk wn einem Baum. Die Markl.ISVe!Sion legt den Akzent auf den Positionswechsel: Das Samenkorn ist kleiner als alle Samenkörner, die Staude ist größer als alle Stauden. Die Erwartung, daß kleine Samenkörner kleine Pflanzen hervorbringen, wird korrigiert. Im Gegenteil: Kleinster Anfang und größtes Ergebnis sind miteinander \erbunden. Die Q-Version erzählt von der Saat eines Samenkorns und dem ..Endergebnis.. eines Baums. Auch hier wird ein Kontrast ~)·.
1
Philo, Flacc 72; 84. Flacc 191. 1 lnter~sant wärt eine Vrrwandtschaft beider Deutungen für die .Schuldfrage". Die Strafforderung der Jerusalemrr Stadtbevölkerung, vielleicht auch die Anklage durch das Synhedrium und die .b~srre Einsicht" d~ Pilatus ( 15,10) hätten hier noch nicht die Aufgabe, die römischen Behörden und Pilatus zu entlasten. Sir dienten vielmehr der Herausstellung ihrtr Schuld. 4 Gedacht ist nicht an einen Baum, sondern an das einjährige Gartenkraut, das am See Gennesartt eine Höhe von zwei bis drti Metern erreichte. Vgl. v. Gemünden, Vegrtationsmetaphorik, S. 168. Grundmann, Markus. S. 132, spricht von drei bis vier Metern. ~Jertmias, Gleichnisse. S. 69. 6 Ebd., S. 145. Vgl. v. Gemünden, Vrgetationsmetaphorik, S. 166. 7 Ernst, Markus, S. 144; v. Gtmünden, Vegetationsmetaphorik, S. 165. 'v. Gemünden, Vegetationsmrtaphorik, 5.165. 2Philo,
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thematisiert. Samenkörner sind klcin, Bäume sind groß. Im Vordergrund stehen aber - wie beim Sauertcigsglcichnis - die Erffillung wn Erwartungen und der Gedanke des Wachsens und Durrlldringens. Audl die Entwicklung macht aus etwas Klcinem etwas Großes. Auch hier geht es darum, bereits im Klcinen die kommende Würde und Ehre zu achten •. Es fehlen aber der "unlogisdle" Zug und der Brudl, also Züge, die das Positionswechselaxiom auszeichnen und die in der Ma~on deutlich herwrtreten. Die Vennutung, daß die markinische Variante des Senfkomglcichnisses mit dem Positionswechselaxiom gestaltet ist, wird durd1 cine religions- und überlieferungsgeschichtliche Beobachtung untemützt: Im Glcichnis wm Senfkorn löst die Senfstaude den Weltenbaum ab. ln 4,32b wird mit dem Bild wn den Schutz findenden Vögeln, das auf Ez 31 ,6, Dan 4,9.17f und Ez 17,23 ~ auf das Mythologumenon wm Weltenbaum angespielt. ln Ez 31 und in Dan 4 werden die Könige Ägyptens und Babytons mit ciner Zeder ~lidlen, die fallen wird. Die nistenden Vögel dagegen beschreiben die Fülle und den Höhepunkt ihrer Henschaft, bewr es zur Krise kommt. ln Ez 17 ist das Bild auf die kommende Henschaft des Messias bezogen. Das Hcilsorakel schließt dort mit ciner Variante des Positionswechselaxiom: Gott erhöht niedrige Bäume und erniedrigt hohe BäumeJ. Mit der Wahl des Senfkorns, ciner cinjährigen Gartenpflanze, die weder im AT nodl in der jüdischen Uteratur aus hellenistisch römischer Zeit begegner, liegt der Akzent auf der Idee des Neuanfangs•. Dennodl steht die Staude m.E. in Konkurrenz zu anderen "Gewächsen': Eine Senfstaude löst cine Zeder ab, cine Nutzpflanze das Symbol stolzen Königtui11S. cin alltägliches Gewächs den Königsbaum. Die Senfstaude dient dem Leben der Mensdlen. Senf ist cin Hcilmittel~. Zedern gebieten Ehrfurrllt und bieten Sdlutz', lebensförderlich sind sie nicht. Ein lebensförderliches, mensdlenfreundliches und heilsames Königtum entsteht und wird zur Altema~ für di(jenige Henschaft, die sich - wie die römische - durd1 cine Zeder symbolisiert. Zwischen der römischen Weltmadlt und der /3am)..Eia. Gottes findet cin Positionswemsei statt.
Zusammenfassung Jesus steht für cine andere Gestalt der Henschaft. Er ist der demütige und arme König, der mit den Niedrigen lebt, ihnen gerecht wird und sie an seiner Henschaft tellhaben läßt. Dabei wird er als der hohcißwlle und furchtlose Henscher dargestellt, der sich wr der Madlt nicht beugt. Scine Henschaft steht im Kontrast zur stolzen und dennoch fcigen ~in~ ~rmutigmd~ und tröst~nd~ Funktion; vgl. v. G~münd~n. S. 169. JParall~l st~ht übrig~ns (17,24b) di~ Macht Gott(S. ~rgrün~n und ~rdo~n zu lass~n. Auch Mk 12,12-14.21 li~ß~ sich noch in d~n K~is d~ vom Positionsw~ch~laxiom strukturi~rt~n Stoff~ 'oas
Gl~ichnis
hat
V~g~tationsmdaphorik,
aufn~h~n.
'v. G~münd~n. V~g~tations~taphorik, S. 167. •oas Bild l~b~ nicht von d~r ~truktion od~r Umg~taltung von g~fall~n~n üd~m. b~m~rkt v. G~münd~n. ~bd., S. 169. ~Piin, NatHist, 20, 236-240. Vgl. Hunzing~r. Art. vi~~t~.rr•, 286f. 6 Di~s~ Funktion di~nt~ schon in d~n Fab~ln dazu, Zustimmung zu hart~r H~nschaft zu g~winn~n.
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Hensc:haft der Römer, die die (positiv bewerteten) Niedrigen bedrückt und der (negative bewerteten) "Menge" zu Willen ist. Die ßam)..Eia, die Jesus ankündigt, ist eine menschenfreundliche Alternative zur römischen Welthenschaft.
14. Kapitel: Die Bedeutung des Positionswechselaxioms in der Konzeption der drei synoptischen Evangelien ln allen drri Ewngelien erfolgt die DatStellung der Person Jesu mit Hilfe des Positionswechselaxioms. Nach Mk leuchtet Jesu Hoheit am Tiefpunkt seiner Erniedrigung, am Kreuz, wahrhaft auf: Der, der gekreuzigt wird wie ein Ski~. ist in Wahrheit der König. Mt zeichnet Jesus als den demütigen Henscher und Lehrer, und Lk stellt die Sendung Jesu zu den Verlorenen als die Erffillung der eschatologischen Verheißungen des Positionswechsels dar. Jesu Sendung, Amt und Leiden werden mit Ht1fe des Positionswechselaxioms beschrieben. ln allen drri Ewngelien hat das Positionswechselaxiom paränetische Bedeutung. Sie ist immer christologisch begründet. Dabei lassen sich drri Motive unteTScheiden: - Das Repräsentationsmoüv: Die Niedrigen repräsentieren Christus. Deswegen sollen sie respektiert, deswegen soll ihnen gedient werden. Christi (und Gottes) Hoheit erhöht den Niedrigen ~rgen schon jetzt. - Das lmitationsmotiv: Die Jünger werden aufgefordert, wie Jesus zu dienen. Die Niedrigkeit Jesu ist Vmbild. Der freiwilligen Selbsterniedrigung ~t die zukünftige Erhöhung angesagt. So wie die Jünger Anteil haben an seiner Niedrigkeit, so auch an seiner Hoheif. - Das egalitäre (oder theolaatische} Moüv: Versuche, innerhalb der Binnengruppe eine Rangordnung zu erstellen, werden mit dem Hinweis auf Jesus und Gott als alleinige Autoritäten abgelehnt. Die beiden ersten Motive korrespondieren. Das Repräsentationsmotiv regelt die Beziehungen zu den Adressaten prosozialen Verhaltens, das Imitationsmotiv ist an die Subjekte dieses Verhaltens gerichtet. Das egalitäre Motiv betrifft sowohl die Adressaten wie die Subjekte prosozialen Verhaltens.
14.1. Dem alle Engel dienen .... - der Positionswechsel im Markusevangelium Das Positionswechselaxiom hat die Gesamtkonzeption des Markusev.mgeliums entscheidend mitgestaltd. Im Markusevangelium sind Passionskerygma und Jesusüberlieferung \eknüpft, die Niedrigkeit des Leidenden und die Vollmacht und Hoheit des Lehrers und Wundertäters miteinander \erbunden. Dabei leuchtet Jesu Hoheit in der 1 Vgl. Cartrr, Srrv.mt Ethic, S. 27: ..As in Matthrw and Mark onr of thr motMs for thr srrvantrthic is thr rxamplr of Jrsus himsc':lf". 1>ir folgrndr Ana~ drs MarkUStvangrliums vrrwrndrt Mrthoden drs .NarratM Criticism", brsondrrs dir Fragrn nach .Story and Discoursr" sowir .Charactrrs". Vgl. Rhoadrs I Michir, Mark, und Powrll, Narrativr Criticism.
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Passion auf, und seine Hoheit als Lehrer und Wundertäter ist durdl Geheimnismo~ wie die Schweigegebote ~üllt 1 • Das zweite widltige Anliegen im Marlrusevangelium ist die leidensnachfolge der Jünger. Oie Erkenntnis der Würde Jesu ist nur angemessen, wenn sie seine Hoheit und seine Niedrigkeit beinhaltet, und sie ist nur dem möglich, der selbst Hoheit und Niedrigkeit ~indet. Ein "anderer" Gottessohn und "andere" Jünger bflden eine "andere Welt", in der die gesellschaftlichen Werte und ihre Zustände auf den Kopf gestellt werden: Hier sind die Ersten die letzten, und den Niedrigen wird gedient. Mit dem Positionswechselaxiom gestaltet Mk also (1) symbolisch eine andere Welt: Am Rand der Welt wird Gott hörbar und gewinnt Jesu Hoheit Gestalt. ln ihrer Mitte ble~bt Gott fern und wird der Gottessohn erniedrigt, (2) christologisch eine andere kosmische Ordnung: Der Beauftragte Gottes dient, der Gekreuzigte ist König, (3) ekklesiologisch und ethisch eine neue Konzeption wn Gesellschaft: Oie Jünger haben an Jesu Vollmacht und Jesu Niedrigkeit (einen begrenzten) Ante~1 und werden zu sozialer Demut aufgefordert.
Der symbolisch-topologische Positionswechsel Oie Mitte einer Gesellschaft wird topalogisch symbolisiert1 durch die Hauptstadt und das zentrale Heiligtum. JeTusalern und der Tempel sind in der jüdischen Welt das Zentrum1 • Ihre Akzeptanz zeigt sich in Wallfahrten und Entridltung der Tempelsteuer. Der Rand der Gesellschaft wird durch Orte symbolisiert, die "unkultiviert" sind. ln der jüdischen Tradition sind das die Orte "Wüste" und "Berg': Beide symbolischen Orte sind mit der Identität Israels fundamental \6bunden: Gott fand Israel in der Wüste, auf dem Berg empfing es die Tora. Mit der Staatswerdung Israels, mit seiner gesellschaftlichen Gestalt also, ist aber \6bunden, daß es diese kulturfernen Orte hinter sich läßt. Zion, Tempel und Oavidsdynastie symbolisieren die neue Identität. Oie Wüste bletbt aber wichtig als symbo1
Vgl. z.B. Scholtissrk, Vollmacht, S. 25. Bultmann, GTS, S. J72f, hat das Krrygma, das Mk mit Jrsustradition verbindrt, als das drr hrllrnistischrn Grmrindr brstimmt, wir wir rs bri Paulus in Phil 2,6- II flndrn. Das Konzrpt, das in drn Axiornrn rinrn grmrinurchristlichrn Drutrschatz sirht, macht dir Annahmr rinrr dirrktrn Abhängigkrit übrrflüssig, wenn natürlich auch nicht unmöglich. Schulz, Stunde, S. 77, dagrgrn sieht in drr Passionsgrschichtr dir theologia crucis markinisch von rinrr thrologia gloriar übrrformt. M.E. brachtri das dir .dialrktischr· Vrrbindung nicht hinrrichrnd: Jrsu vollmächtigrs Handrln in lthrr und Wundrm ist durch das Unverständnismotiv und das Schwrigrgrbot überschattrt, srinr Nirdrigkrit in drr Passionsgrschichtr ist durch rinr untrrgründige Hohrit brlruchtrt. Drm .Mrssiasgrhrimnis· wird von Wrrde, Dibelius und Bultmann beim Ausglrich beidrr Elrrnrnte rinr wichtigr Rollr zugrschrirbrn. Das Messiasgrhrimnis arbeitrt ]rdoch mit den Kategorien .offrnbar - verborgrn-: Das hat mit drn Katrgorirn drs Positionswechsrlaxiom nur wrnig zu tun. Drswrgen wird dir Rollr drs Mrssiasgrhrimnissrs nicht diskutirrt. Festzuhalten ist abrr, daß dir Wirkung drs vollmächtigen Handrlns Jrsu in Lthrt und Wundrm durch Motive, die zum Mrssiasgeheimnis grzählt wrrdrn, eingrschränkt wird. 1 Der Narrative Criticism untrrschridrt zwischrn ( 1) archrtypischrn, (2) traditionrllen (.ancrstral vitality·), (J) kontrxtabhängigrn und (4) kulturrllen Symbolrn. Vgl. Powrll, Narrative Criticism, S. 29; die Symbole Wüstr, Brrg und Temprl wrrdrn zu drn traditionrllrn Symbolen grzählt; vgl. rbd .. lygJ. Rhoadrs I Michir, Mark, S. 70.
186 lischer Ort der Kritik an den Verhältnissen und der Hoffnung auf Erneuerung der Gesellschaft'. Dabei ~ert sie jedodl nicht den Charakter als Durdlgangsort: Johannes der Täufer und die Qurnrangemeinschaft (1 QS Vl11,12) zitieren mit Blick auf die dort genannte Wüste Jes 40,3: "Bereitet dem Herrn den Weg ·-". Sie beanspruchen damit, einen neuen Weg ins Zentrum der Gesellschaft zu bauen. Das Markusevangelium nimmt die Polarität wn Wüste und Jerusalem auf, kehrt aber ihr Verhältnis um. Die Wüste ist der Ort der Gottesnähe und der Hoheit Jesu. ln der Wüste wird er getauft, in der Wüste widersteht er Satan und dienen ihm die Engel, an einem wüstenhaften Ort speist er als Hirte und König die Menge. Wüstenhafte Orte sucht er auf, um die Nähe Gottes zu finden (1,35; 6,31t). Die Verklärung findet ebenfalls an einem kulturfernen Ort statt, auf einem Berg. Die Aufforderung Gottes ..Hört auf ihn" macht Jesus zum Nachfolger des Gesetzgebers Mose und des Propheten Elia und seine Worte zur Fortsetzung der Tora. Damit sind Wüste und Berg als identitätsstiftende Symbole des Neuanfangs aufgenommen. Jesus macht sich auf den Weg ins Zentrum. Er zieht in JeTUsalern als König ein und lehrt im Tempel. Die erneuerte Identität Israels wird im Zentrum der Gesellschaft zur Geltung gebracht. Dabei zeigt sich jedodl, daß das Zentrum nicht refonT1Willig ist. Der Tempel - Symbol für die Mitte der jüdischen Gesellschaft - ist Gott und seinen Absichten entfremdet (11, 17), er steht nicht mehr unter Gottes Schutz (13,2). JeTUsalern wird zum Ort der Passion Jesu. Die personalen Symbole des Zentrums. Hohepriester und römischer Präfekt, ~ Jesus aus Jerusalem. Er wird vor die Mauem gefiihrt und gekreuzigt. Gott ist ..nicht anwesend" (15,34). Bei Jesu Tod zerreißt der Tempelvorhang, die Zerstörung des Tempels beginnt Das Zentrum ist ~assen: eine leere Hülle. Zwar berührt die himmlische Welt in 16,1-8 Jerusalem wieder, aber nur um die Abwesenheit des ..Gottessohns" zu bestätigen und nach Galiläa zu \mVeisen. Das Zentrum ist zum Rand geworden, der Rand zum Zentrum. Jerusalem wird nicht als Ort der Nähe Gottes zurückgewonnen. Die Mitte ist leer. Die Wüste ist nicht ein Ort des Durchgangs zum Zentrum, sondern - als Galiläa - selber Zentrum 2• Jesus bringt nicht eine Erneuerung, sondern einen Neuanfang. Auch die Jünger werden nach Galiläa ~esen (14,28). Die ßaar).Eia. wächst am Rande der Gesellschaft und ist nur indirekt ihre Konkurrenz. Sie übernimmt nicht das alte Zentrum, sondern gründet ein neu~ so wie die Senfstaude die Rolle des Weltenbaums übernimmt, aber als SenfStaude, nicht als Zeder. Sollte Mk die Zerstörung Jerusalems wraussetzen und eine Neuorientierung anbieten wollen\ wäre das besonders gut ~ändlich.
'Vgl. Rhoadts I Michi(, Mark, S. 66f. 8(sond(rs (indrücklich wird das Btsond(rt d(r mk konz(ption im V(rg](ich mit d(r lk Vorst(llung erk(nnbar. ß(i Lk g(ht di( Mission von J(rusal(m als d(m Ztntrum aus. l So kelber, Story. 2
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Der christologische Positionswechsel Die topalogische Symbolik ist mit der christologischen Dimension ~nüpft. Indem Jesus sich \()n Johannes in der Wüste taufen läßt, drückt er seine Distanz zur bestehenden Gesellschaft aus. Buße ist nötig; die bestehenden Verhältnisse sind nicht gut. Jesus stellt seinen Entwurf \()n Herrschaft dagegen (1, 14t). Mk zeichnet Jesus und seinen Jüngerkreis als alternative Gesellschaft. Hier wächst das Reich Gottes heran (4,20). Jesu Kritik ist denkbar fundamental. Sie betrifft die grundlegende Legitimationsstruktur \()n Henschaft in der antiken Gesellschaft: die pietas und die VergöttHchung des Herrschers.
Jesu Kritik an den bestehenden hierarchischen Verhältnissen und Herrschaft als demütiger Dienst: eine Alternative zur Pietas• ln der antiken Gesellschaft galt die Autorität des Vaters als hoch, insofern er (a) als Zeugender Gott selbst ähnelt und GehoTSam wie er ~ent und (b) insofern er als Übertiefern der mos maoirum die kollektive Identität garantiert. Jesus widmetzt sich seiner Familie, widerspricht den Lehrern seines Volkes und beansprucht dabei eine höhere Autorität als der pater familias und die Schriftgelehrten. Im Verhältnis zur Familie
Jesus bricht die Beziehung zu seiner Herkunftsfamilie ab und eiSetzt sie durch den Kreis seiner Schüler und Anhänger (3,20f.31-35). Das ist ein völliger Bruch, weil seine Familie ihm mit U~ändnis begegnet. Mk hebt das besonders hervor: Mk 3,20f hat bei U und Mt keine Parallele, zudem zeichnen sie durch die Vorgeschichten ein weithin harmonisches Bild \()n Jesus und seiner Familie. Anders als bei Mk weiß sie nach Mt und U um seine Besonderheit. Die Bezeichnung des Volkes als Familie wirkt im mt und lk Kontext eher als eine Erweiterung des Familienkreises denn als ETSatz wie bei Mk. Zwar fehlt in Jesu Familie der pater fammas. so daß dessen grundlegende Autorität nicht direkt abgelehnt wird, indirekt geschieht das aber dadurch, daß Mutter und Brüder (3,31) abgewiesen werden. Daffir, daß es so gemeint ist, spricht auch, daß Jesus Jakobus und Johannes \()n ihrem Vater weg in die Nachfolge beruft (1, 16-20; \9!. 13, 12}. Er stellt 1 Di~
Pi~tas ist ~in~rstits nur inn~rhalb d~r stadtrömisch~n G~s~llschaft als l...rgitimations~l~m~nt
~xplizit (vgl. U~gl~. Pi~tas. S. 229); and~rtrstits ab~r hat si~ auch in Gri~ch~nland - Aristot~l~ ~rgl~icht di~ Monarchi~ mit d~m V~rhältnis von Vat~r und Sohn (Aristot, Poil, 12.1259b lOt) - und in d~r jüdisch~n G~llschaft h~rrschaftsl~gitimi~rtnd~ Funktion (vgl. di~ Hochschätzung d~ Elt~mg~bots b~i Philo, D«al 106-120; Sp~cl.rg 11,224ff). Sollt~ das Markus~ng~lium in Rom .:ntstand~n ~in, könnt~ Mk das Motiv im Blick auf stadtrömisch~ V~rhältniss~ b~wußt ~rstärkt hab~n.
9,59f (Q) d~ut~t darauf hin, daß Mk damit ~in El~m~nt d~ V~rhalt~ns J~u aufnahm. Das Wort gilt als j~uanisch. Vgl. Sand~rs, J~us, S. 415. Di~ Aufford~rung, um d~r sofortig~n Nachfolg~ will~n d~n Vat~r unb~tatt~t zu las~n. kommt ~in~r Au~rkrafts~tzung d~ Vi~rt~n G~bot~ gl~ich. Vgl. Sand~rs, J~us, S. 414. Sand~rs ~rw~ist di~ Aus~inand~rsttzung~n um d~n Sabbat, di~ R~inh~itsg~bot~. di~ Eh~ch~idung, das höchst~ G~bot und di~ Auf~rst~hung in di~ Grtnz~n d~r jüdisch~n D~batt~ zur G~tz~sausl~gung; U 9,59f all~rdings ~rst~ht ~r als Aufford~rung, di~ Tora
U
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damit seine Autorität gegen und über die des pater familias 1• Wer sich weigert, seinen Platz in der Familie einzunehmen, signalisiert grundlegende Distanz und Ablehnung der gesellschaftlichen Ordnung. ln der Tat wild das auch auf die staatliche Ordnung ausgedehnt, wie am Messiasbild, dem Entwurf des "idealen Henschers.., erkennbar wild. Jesus lehnt die Bestimmung des Messias als ..SOhn (Davids)" ab (12,35-37). Damit ~gert er die Legitimierung des Messias über Familienstrukturen und dessen Einbindung in einen bestimmten Gesellschaftsentwurf. Dem entspricht in der Konzeption des Mk, daß eine Genealogie fehlt. Das ist kein Zufaß. Nur einmal winJ seine Herkunft thematisiert (Mk 6,3), und zwar um die Ablehnung seines Autoritätsanspruchs zu begründen. Im Verhältnis zu den Lehrern
Jesus oldnet sich Lehrern nicht unter. Im Markusev.mgelium sind die Schriftgelehrten seine Hauptgegne(. Ihre lehre ist ohne~ (1,22). Das betrifft auch ihr Wirken•: Mk
Daß J~us di~ (absolute) Gültigk~it d~r Tora ausg~rtchn~t am Vi~rt~n G~bot in Frag~ kann als Opposition g~g~n di~ hi~rarchisch~ Gli~d~rung d~r G~~llschaft verstand~n w~rd~n. 1 Mit d~m Korbanb~ispi~l im Rahm~n d~r R~inh~itsd~batt~ (Mk 7,10-IJ) dag~g~n wirft J~us d~n Pharisä~m und Schriftg~l~hrt~n vor, das Elt~mg~bot zu verl~tz~n. V~rrät das ~in~ Hochschätzung d~r Elt~m und d~ Vi~rt~n G~bots durch Mk? Folg~nd~s ist m.E. g~g~n dies~ Vermutung vorzubring~n: (a) Im Korban~ispi~l sind di~ Elt~m in d~r Position d~r Unt~rl~g~n~n. Si~ sind abhängig von d~r Fürsorg~ d~r ~rwach~n~n Söhn~. G~g~nstand d~r Kritik ist das V~rhalt~n d~r Üb~rl~g~n~n. d~r Söhn~. und d~s~n rtligiös~ Ltgitimi~rung. Abg~l~hnt wird also nicht ~in~ Kritik an d~n mächtig~n Elt~m und d~r Hi~rarchi~. di~ auf si~ baut; abg~l~hnt wird di~ Ausb~utung d~r Schwach~n. (b) Mk verw~nd~t di~ V~~ 10-IJ als B~ispi~l in d~r D~batt~ um R~inh~it und Unrtinh~it, wob~i ~r di~ n~u~ R~g~lung in V~rs 15 mit Hilf~ d~r Unt~rsch~idung von Rm~nschlich~r Üb~rli~f~rungR (V~~ 2.7-9) und Gott~s G~bot sowi~ d~r von RH~rz und Upp~nR b~gründ~t. Dab~i illustri~rt das korban~ispi~l di~ Unt~rsch~idung von m~nschlich~r Üb~rlief~rung und göttlich~m G~bot. Di~ Funktion rtlativi~rt das Eig~ng~wicht d~r V~~: Ob Mk das Vi~rt~ G~bot s~lbst hochschlitzt od~r nur auf d~n ~lbstwid~rspruch im V~rhalt~n d~r G~gn~r hinaus will, ist nicht ~ind~utig. (c) Trotz d~ B~ispi~lcharakt~rs ist anzun~hm~n. daß di~ Wahl g~rad~ d~s Vi~rt~n G~bot~s B~d~utung hat. Mk l~gt offen, w~lch~ Roll~ das Vi~rt~ G~bot in d~r patriarchalisch strukturi~rt~n G~~llschaft tatsächlich spi~lt. ld~ologisch ~gründ~t ~ di~ Hi~rarchi~. ind~m ~ d~n Elt~m ~in~n Gott ähnlich~n Rang verl~iht (vgl. Philo, O(cal 106f); tatsächlich ab~r g~rat~n di~ Elt~m und Gott bzw. di~ Elt~m und di~ ~st~rschaft in ~in Konkurrtnzverhältnis in g~nau d~m Mom~nt, in d~m di~ Elt~m nicht ~hr auf d~r ~it~ d~r Mächtig~n. sond~m auf d~r d~r B~dürftig~n st~h~n. W~nn das Elt~mg~bot nicht ~hr dazu taugt, di~ Mächtig~n zu stütz~n. wird ~ auß~r Kraft g~tzt. Das Elt~mg~bot ist als Ltgitiml~rungsmitt~l d~r Mächtig~n ~ntlarvt. Di~ V~rantwortlich~n d~r b~st~ h~nd~n G~llschaft mach~n - in d~r kritisch~n Sicht d~ Mk - Gott zum Konkurrtnt~n und F~ind d~r Schwach~n und Unt~r~g~n~n - ~lbst d~r alt~n Elt~m. sobald di~ ihrt Macht verlortn hab~n. Mk schätzt also das Elt~mg~bot hoch, sof~m ~ Schwach~ schützt, und ~ntlarvt ~in~ ~d~utung für di~ G~llschaft als ~in~ Stütz~ und ~in W~rltuug d~r Mächtig~n. 2 B~rg~r. Th~ologi~g~schicht~. S. 686, führt zu Erklärung d~r Abl~hnung d~r Davidssohnschaft aktu~ll~ politisch~ Gründ~ an. Di~ Abk~hr von ~in~r inn~rw~ltlich~n M~ssias~rwartung soll~ di~ Christ~n von d~n politisch~n Ertign~n ~ntlastm. 1 Dschulnigg, Sprach~. S. J60ff; vgl. Po~ll. Narrative Criticism, S. 58, d~r h~rvorh~bt, daß das Markus~ng~lium nur di~ Schriftg~l~hrt~n Rby t~llingR charakt~risi~rt. und zwar als M~nsch~n Rohn~ AutoritätR.
zu
üb~rtrtt~n.
st~llt,
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schweigt anders als Mt (11, 27) wn ihrer Fähigkeit, ebenfalls Exorzismen zu wllziehen. ln Jerusalem kritisiert Jesus die Schriftgelehrten wegen ihres statusbewußten Verhaltens (12, 38-40). Er schfldert sie als ~- Kritikwürdig ist das wr dem Hintergrund ihres ausbeuterischen Umgangs mit den Niedrigen (..sie fressen die Häuser der Witwen..) und der lnstrumentalisierung ihrer Gottesbeziehung für diese Ausbeutung (..sie ~dlten zum Schein lange Gebete.. f. Ihnen wird wrgeworfen, reHgiös legitimiert andere zu erniedrigen und sie dazu zu benutzen, um sidl zu erhöhen1 • Sie fürchten die öffentHdle Meinung (11,32; 12, 12) und sudlen die Ehre (12,38-40) . An ihnen wird deutlidl, wie menschlidle Madlt sidl auswirkt4 • Für Mk ist es Jesu Rolle als Lehrer\ dun::h deren Übernahme er sidl die Todfeindschaft des gesamten "gesellschaftHdlen Establishments.. zuzieht'. Jesus konkurriert mit den vätertimen Autoritäten und bietet eine AlternatM zur "väterlidlen.. Gesellschaft an. Jesus übernimmt selbst die Rolle des Lehrers (Lehrer: 2,2; 3,20; 4,1; 7,14; 11,18; 12,32f. Seine Autorität ist größer als die der Schriftgelehrten. Mk beschretbt das mit dem Begriff der Efp;uia.•. Als der andere Herrscher
Bei den Speisungserzählungen übernimmt Jesus als Lehrer die Rolle des Hirten. Das ist eine geläufige, religiös besetzte Henschermetapher'. Jesus agiert als endzeitlidler König' 0 • Seine neue Konzeption wn "Henschaft.. zeigt sidl an seinem Verhalten dem "Volk.. und den Mädltigen gegenüber. (a) Zu dem Volk, das er sammelt, gehören marginalisierte Menschen innerhalb des jüdischen Volkes (2, 13-17), aber audl die Heiden. Jesus wirkt bei Mk audl unter den Heiden (7, 24-8,9): Ein zweites Speisungswunder wird in 8,1-9 auf 'Vgl. Pow~ll. Narrati~ Criticism, S. 63: "ln Mark, th~ ~ligious l~ad~rs evaluat~ ~rything according to human standards and, as a ~ult, they may b~ paradoxically charact~riz~d as l~ad~rs who ha~ no r~al authority." \lgt. Mk 7,8-IJ. \tgt. Rhoad~ I Michi~. Mark, S. 117; 119f. Vgl. Pow~ll. Narrati~ Criticism, S. 66. ~Die b~id~n Wund~r. di~ im Rahm~n d~r galiläisch~n Strtitg~räch~ ~rzählt w~rd~n. sind dann auch Norm~nwund~r; im Vord~rgrund st~ht nicht di~ Hilf~ für d~n Notl~id~nd~n. sond~m di~ B~gründung von Lth~. Paradox~rw~~ ist in 3,4 als Inhalt di~~r lth~ ausg~~chn~t di~ Hochschätzung d~ Ltb~ns~chts, ~rstand~n b~inah~ als Rttht auf G~undh~it, g~nannt. 6 Pow~ll. Narrativr Criticism, S. 62, m~int, daß di~ ~ligiö~n Autorität~n b~i Mk J~us b~n~id~n; ihr V~rhalt~n wä~ dann konkurrtnz~tont und mit d~r B~timmung durch d~n N~id ~ng mit d~n Kat~gori~n ~in~r Schamkultur ~rbund~n. 7 Di~ Roll~ d~s Lth~rs ist üb~r d~n B~griff d~r i~a. mit d~r d~ Exorzist~n und üb~r di~ Norm~nwund~r mit d~r d~ H~il~rs ~rknüpft. 'vgt. Scholtiss~k. Vollmacht, S. 281f, 286 u.ö .. 9 J~~mias, Art. 11'0t,...,;v I
190 heidnischem Gebiet erzählt. ln seiner Zuwendung zu den Marginalisierten steht Jesus im Gegensatz zu den Schriftgelehrten (2, 7.16; 7, 1). Dazu gehört, daß er das Volk speist, während sie seinen Besitz auffres5en (12,38). Schon hier wird deutlich: Er ist "der andere Herrsche('. Jesus rußt das Henscheramt auch anders aus: Mit der Hirtenmetapher, wie sie in Mk 6,34 begegnet, ist in Sach 13,7 der Tod des Hirten als Voraussetzung für den Beginn der Heilszeit' ~unden. ln 10,42-45 bestimmt Jesus die als Dienst \ot'IStandene Lebenshingabe als Form der Ausübung wn Autorität und Henschaftz. ln 11,1-11 übernimmt Jesus die Roße des demütigen Friedenskönigs aus Sach 9,9, wenn das auch anders als bei Mt und Joh nicht ausgesprochen wird. ln der Passionsgeschichte wird das auf die Spitze geführt: Jesus wird als König gekreuzigt'. (b) Gegenüber den Mächtigeren ~chtet er in den Verhören auf Selbst\meidigung und Bitten. Damit \mYeigert er diejenige Form der Selbsterniedrigung, die "honoriert" wurde, die Selbsterniedrigung wr den Mächtigen. Dagegen finden wir in den Verhören zweimal Hoheitsaussagen (14,62 und 15,2). ln beiden Fällen wird er dadurch zum Überlegenheit beanspruchenden Konkurrenten deljenigen, in deren Macht er ist. Er behauptet eine größere religiöse Autorität als die Mitglieder des Synhedriums in der Person des Hohepriesters (14,61tl und eine größere politische als der römische Präfekt (15,2)4 • Jesus durchbricht die Rollenerwartung an einen Angeklagten diametral. Er bagatellisiert nicht, sondern er \ei'Schärft, er macht sich nicht klein, sondern groß. Jesu neue Art der Henschaft zeigt sich - als unfreiwilliges Bekenntnis - am Spott der Mächtigens. ln der ersten Verspottung im Anschluß an das Verhör vor dem Synhedrium wird Jesus als Prophet ~ttet. Die religiösen Autoritäten ~öhnen seine religiöse Kompetenz. Die zweite Verspottungsszene schließt sich an die Verurteilung durch Pllatus an. Soldaten, die Vertreter der staatlichen Gewalt, parodieren seinen politischen Anspruch. Sie verhöhnen ihn als König. Am Kreuz wird Jesus als Kritiker des Tempels (in seiner priesterlichen Kompetenz~ als Wundertäter und als König ~acht. Er wird als König der Juden gekreuzigt: Der titulus crucis sagt die Wahrheit'. Jesus wird zwischen zwei Verbrechern gekreuzigt7 • Sein Hofstaat oder seine Minister sind marginalisierte Menschen. J~~mias, Art. wotf',jll II'TÄ., S. 487. Mk k~nnt di~~ Tradition: Mk 14,27; ~r w~nd~t si~ auf di~ Jüng~rflucht an. \tgl. Scholtiss~k. Vollmacht, S. 285: ln d~r ~b~nshingab~ J~u (Mk 10,45) b~ch~ und voll~nd~ sich s~in~ Vollmacht. \tgl. Rhoad~s I Michi~. Mark, S. 109f, di~ .~rving and not lording over oth~rs· zu d~n wichtig~n K~nnz~ich~n d~r Charakt~risi~rung J~su zähl~n und h~rvorh~b~n. daß Mk damit s~in~ J~susdarst~llung von ~in~m militant~n M~siasbild abh~bt (S. 111 ). 4 0~r römisch~ Präftkt ~ntstammt d~m Ritt~rstand, J~sus b~k~nnt sich als König. sMk verw~nd~t hi~r lroni~. um d~n Le~r zu l~nk~n; vgl. Pow~ll. Narrative Criticism, S. 30. 'vgl. Rhoad~s I Michi~. Mark, S. 115: •Th~ mock~ry is ironic t~timony to th~ tru~ kingship of J~us as h~ hangs in agony; God's rul~ is triumphant in J~sus' d~ath. Everything in th~ sc~n~ ~x~mplifi~ what th~ rul~ of God is about; but God's rul~ is hidd~n. ~xc~pt to tho~ who think .th~ things of God"." 7 Pow~ll. Narrative Criticism, S. 31, w~ist auf di~ lroni~ hin, di~ darin li~gt, daß di~ b~id~n Eh~nplätz~ zur R~cht~n und Unk~n J~su, nach d~n~n sich di~ üb~daid~n ~rkundigt hatt~n. von V~rbr~ch~m ~ing~nomm~n w~rd~n und darin b~t~h~n. mitg~k~uzigt zu w~rd~n. 1ln Vrrbindung mit Sach 12, 10; vgl.
191 T.E. Schmidt' hat \mUCht die Sequenz von 15,16-32, wm Beginn der Verspottung im Prätorium bis zur Schmähung durch die Mitgekreuzigten als .Antitriumphzug" zu vmtehen. Die Mar10Jspassion beschwöre einen römischen Triumphzug und wolle damit dartun. daß die Kreuzigung in Wirklichkeit eine Erhöhung Jesu 'll!l. Eine Reihe von Details, das Vmammei!J der 'ganzen Kohorte' (15,16), die Nötigung des Sirnon von Kyrene zum Kreuztragen (15.21), die Uber'll!tzung des Goigothanamens (15,22), das Angebot Wein mit Myrrhe zu trinken, und Jesu Weigerung, das zu tun (15.23), die Benennung der Stunde der Kreuzigung und die lwahl und Plazierung der beiden Mitgekreuzigten, will er als 'Zitate' aus dem Ritual des Triumphzugs plausibel machen. Das Triumphritual war in Rom das wichtigste Erhöhungsritual in republikanischer Zeit und an der Entstehung des Kaisertcults maßgeblich beteiligt Würde hier der 'wahre Triumph' Jesu gezeichnet wären damit Wege für das Verständnis Jesu als Gottessohn und Kosmokrator rnariciert. und zugleich wäre deutlich gemacht wie anders Herrschaft in der christlichen Gemeinde ausgeübt würde als im kaisertichen Rom. Einige der angeführten Details gehören mit einiger Wahrscheinlichkeit zum Bestand einer alten - in ..Jerusalem entstandenen - PasWnsm.ählung. Das gilt besonders für die Details, die (a) auch in der johanneischen Tradition vortcommen und (b) .Vertrautheitsindizien" aufweisen Die Verspottungsszene finden wir in der johanneischen Passionserzählung (19,1-5), und zwar gerade in ~n zwei markanten Merlemalen .Dornenkrone" und .Purpunnanter (19.2)), ebenso wie die Ubersetzung des Goigothanamens (19,17) und die Kreuzigung zwischen zwei anderen Männern (19,18). Die Gestalt des~ Sirnon von Kyrene ist durch die Nennung von~ beiden Söhnen mit einem Vertrautheitsindil verbunden. Das Matthäusevangeliurn. das bestimmt nicht in Rom entstanden ist tilgt zwar das Vertrautheitsindiz aus Mk 15,21, nicht aber die Ortsangabe Prätoriurn. die Elemente Purpurmantel und Dornenkrone. das Kreuztragen des Sirnon von Kyrene und die Kreuzigung zwischen zwei anderen. Allerdings verändert Mt den mit Mynhe vennischten Wein und zu einem~ ,.,.eni~i,;. metzt das ungewöhnlich~ zu dem üblichen~~ ~nd meidet das schwer vemändliche ~. Man müßte also annehmen, daß Markus alte Uber1iererungselemente aufnahm und sie durch gezielte Ergänzung und Akzentuierung durchsichtig machte für das Ritual des Triumphzuges. Diese 'Zitate' des Rituals desTriumphzugswären nur Menschen verständlich gewesen, die es gut kannten. Das ist nur für Menschen Wl'5tellbar, die in Rom lebten Das setzt wiederum voraus, daß das Marlcusevangelium in Rom entstanden sein muß und sich an römische l..e5er richtet~. Allerdings spricht eine wichtige Einzelheit gegen die Vergleichung mit einem römischen Triumphzug. Das .Königstabu" in Rom, das auch im ersten Jahrhundert noch in Geltung stand, macht den Huldigungsruf ~. {Jo.tn)& für einen Triumphzug undenkbar. Man müßte annehmen, daß dieser Ruf zur wnnk Tradition gehörte. die Mk nicht verändern mochte, wenn sie auch in Spannung zu seiner Konzeption stand Die Idee. den Kreuzweg als Antitriumphzug zu deuten, ist bestechend. Man muß aber eingestehen, daß die Anspielungen 'J!hr subtil sind Sollte das Martcusevangelium auf den Triumphzug wn Vespasian und Titus bereits zurückbliclcen, halte ich es für vorstellbar, daß die Leserschaft hinreichend sensibilisiert war, um diese Anspielungen zu begreifen und die Deutung zu würdigen.
Jesus bestimmt also im Markusevangelium die Rolle des Hensdlers neu. Der Hensdler dient dem Volk bis zur Lebenshingabe. Diese dienende Hensdlaft erstreckt sich auch auf die Marginalisierten. So wie Jesus Hensdlaft mit Demut verbindet, so verbindet er das Martyrium mit Hoheit: Er \6Weigert, obwohl er unterlegen ist, die seMle Unterwürfigkeit. Am Kreuz zeigt sich seine Hoheit. Der König ist ein Diener, der Gekreuzigte ist König. 1 3
Schmidt, Crucification NarratM. )Ebd., S. I. Ebd., S. 7. 4 Th~iß~n. Lokalkolorit, S. 188. ~Das ~rtret~n z.B. Pokomy, Mark~.MVC~ng~lium, S. 1965-2035;2021, ~h. Markus I, S. 13, und H~ng~l. Entst~hungsz~it, S. 43f.
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Hoheit und Niedrigkeit des Gottessohnes: eine Alternative zur Vergöttlichung des Herrschers 1m litel des Ev.mgeliums wiTd Jesus als Sohn Gottes vorgestellt. Jesus ist in seinem Wirken und in seinem Sterben Sohn Gottes•. Das ist die These des Ewngeliumstitels2• Sein Auftrag ist die Aufrimtung der Gotteshenschaft'. Sie wird dort WirkHmkeit. wo Jesus als Gottes Sohn bekannt wird. Diese zwei Entwiddungen verlaufen pa13ßel: Der Gottessohn ~indet Hoheit und Niedrigkeit. Er dehnt seine in der übermenschlimen Welt befestigte Henschaft auf die menschlime Welt aus. Das MarkusevangeHum stellt Jesus bei der Taufe den Lesern vor. Er wird dabei von Gott als ~ IIDJ o4-,w&•q&Oc;" benannt. Für den paganen und ffir den jüdischen Leser (Ps 2.7) wiTd er damit als Henscher legitimiert. ln den beiden folgenden Versen (12f) wird ~eutlimt. welme Folgen das (1) ffir die Positionierung Jesu in der übermenschlimen Welt zwischen Satan und den Engeln hat: Jesus übernimmt die Roße als Gottessohn, indem er sim Satan nimt unterordnet• und die Engel ihm zugleim untergeordnet werden. Die Position der Engel wiTd dun:h das Verb ~ bezeimnet. (2) Daneben wird sein Verhältnis zu den "Wilden lieren" bestimmt. Sie stehen am Rand der menschlimen Welt und symbolisieren den Bereim der Sdlöpfung, die der Mensch aufgrund des Sündenfalls nimt zu kultMeren und sim anzueignen \mllochte. Sie sollten ihm dienen, sind ihm aber zu Feinden geworden\ die auf Satans Seite stehen (Ps 91). Die Wilden liere zeigen die Grenzen menschlimer Henschaft und das Scheitern an seinem Auftrag (Gen 1,28) auf. Wenn sie nun "mit" (u,eni.) Jesus sind, ist das ein Zeimen ffir den Anbrum der Heilszeit6 • Sie markieren die (~indende) Grenze zwischen menschlimer und übermenschHmer Welt. Jesus wird als zweiter Adam gezeimnet. der die Position einnimmt, die Gott dem Menschen zugedamt hat. Jesu Position in der nimt-menschlimen Welt wird also dun:h das ..Pyramiden-" und das "Krrismodeß" bestimmt: Jesus steht unter Gott und über dem Satan und den Engeln. Jesus überwindet die Feindschaft der maryinaHsierten Geschöpfe und ..integriert" sie. Diese Bestimmung erfolgt in der Einleitung, und sie ble1bt ohne menschlime Zeugen. Im Verlauf des Ewngeliurns breitet sim diese folgenreime Erkenntnis aus. Wo Jesus als Gottessohn erbnnt ist, hat er Gottes Herrschaft in Kraft gesetzt. Dabei ~rängt er Satan
1 Das ist im MarkustVangelium auch der zentrale HoheitstiteL Vgl. Scholtissek, Vollmacht, S. IOf. lygJ. z.B. Scholtissek, Vollmacht, S. IOf. 3 Rhoades I Michie, Mark, S. 73, bezeichnen "the establishment of God's rule" als den "plot" der Stol')', wie Mk sie erzählt. 4 Der Inhalt der Versuchung wird anders als in Q nicht angegeben. Da wo Satan als Versucher auftritt - und nicht mehr Gott - hat das Weltbild dualistische Züge; Gott und Satan sind Gegenspieler, der Mensch kann zur Welt Gottes oder zu der Satans, gehören, Gott unterstehen oder Satan. Zu ~rmuten ist also, daß gesagt werden soll, daß Jesus sich dem widergöttlichen Machtanspruch Satans nicht unterwirft. Vgl. s~mann, Art. mipc~ KTA., s. 2Jff. \tgl. Philo, Praem 88.93; Vgl. oben S. 140. Vgl. Bultmann, GTS, S. 271. 'vgl. Ptsch, Anfang, S. JJO.
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als den gegenwärtigen Henscher•. Das geschieht in zwei Phasen. (1) Satan henscht über die Menschen im Sinne einer Fremdhenschaft durch die Dämonen; dabei beraubt er sie ihrer Würde und marginalisiert sie. Jesus deutet die Exorzismen als Machtwechsel: Der Satan wird wn ihm gefesselt (3,23-27). Dabei \6'Qleicht er sich selbst mit einem Eindringling, einem Einbrecher, den Satan mit dem Besitze(. (2) Satan henscht in den Menschen; menschliche Gedanken sind destruktiv und widergöttlich, sie ~olgen egoistische nele, streben nach Macht und sind bHnd für Gottes Handeln1• Menschliche Selbstbehauptung ist satanisch (Mk 8,33t). Den Menschen gegenüber setzt Jesus die Gottshenschaft nicht durch, indem er wßmächtig handelt, sondern indem er sich erniedrigt und dient•. Die Ausbreitung der Gotteshenschaft erfolgt deswegen in zwei Phasen: (1) Verborgen wr den Augen der Menschen beginnt das Gottesreich sich auszubreiten durch die Exorzismen und die Wo~ndigung; die Menschen sind dabei nicht als handelnde Subjekte gesehen, sondern als Ort, an dem das Ringen zwischen Jesus und Satan ausgetragen wird. Die Dämonen erkennen Jesus als Gottessohn (3, 11) und wissen sich wn ihm bedroht (1,24; 5,7). Jesus ist stärker als sie und ~bt sie. Die betroffenen Menschen werden dabei wn der Bedrohung ihres Lebens befreit (9,22.27) und erlangen ihre Würde als kulturfähige und gemeinschaftsfähige Menschen wieder (5,3-5t. Marginalisierte werden integriert. Durch Jesu Verkündigung beginnt das Reich Gottes zu wachsen (Wachstumsgleichnisse in Mk 4). Der Satan nimmt das Wort weg (4, 15), kann aber seine Verbreitung nicht aufhalten. Jesus ~rängt Satan aus der menschlichen Welt. Er unterwirft ihn und dehnt seine Herrschaft auf die menschliche Welt aus. Dabei integriert und erhöht er marginalisierte Menschen. Markus könnte die satanische Macht die mit Jesus konkurriert, die das Leben der Menschen bedroht sie ihrer Würde beraubt und sie erniedrigt in der römischen Besatzungsmacht repräsentiert sehen. Daffir spricht der Name des Geistes, der den Gerasener ~besitzt", und ein Zug des Senfl
Powell, Narrati~ Criticism, S. 42, bttont, daß der entscheidende Konflikt, durch den der plot der story konstituiert wird, zwischen Gott und Satan ausgetragen wird. \terwendet sind zwei Vergleichsrahmen, ein politischer, die Königsherrschaft, und ein privater, das Haus. Ausgeführt wird nur das im privaten Rahmen. Eine politische Deutungsebtne ist angedeutet, aber nicht ausgeführt. \tgl. Rhoades I Michie, Mark, S. 79. Vgl. Rhoades I Michie, Mark, S. 83-89. sAggrtssive Züge spielen dabei eine wichtige Rolle. Die betroffenen Menschen zeigten autoaggrtssMs Verhalten: Der Knabe warf sich in Feuer oder Wasser, der Gerasener schlug sich mit Steinen und lebte am Rand des Todes, in Grabhöhlen. Die anderen Menschen reagierten mit Gewalt: der Gerasener sollte gefesselt werden. Mit dem Verb ~ ist möglicherweise auf die .wilden Tiere" angespielt. .Gebändigt• wurden wilde Pferde. Der Gerasenerlebte wie ein wildes Tier - Jesus integriert ihn wieder. 'vgl. Theißen, Lokalkolorit, S. 117. 1
194 Im Senfl
Jesus agiert als Wundertäter und als Lehrer. Die nicht-menschliche Welt erkennt darin die (Voll)macht des Gottessohnes; die Menschen aber - die Jünger eingeschlossen bleiben uTMJStändig7• (2) Am Ende der zwffien Phase steht das Bekenntnis des römischen Hauptmanns', der im Gekreuzigten den Sohn Gottes erkennt. Das ist das Ziel; Menschen erkennen als 'Vgl. Ez 3 I; Dan 4. \tgl. Ez 17 ,23. Das H~ilsorak~l schli~ßt dort mit ~in~r Variant~ d~ Positionswechs~laxioms: Gott ~rhöht ni~drig~ Bäulll( und ~mi~drigt hoh~ Bäu~. (Para II~ I st~ht in 17 ,24b di~ Macht Gott~s. ~rgrün~n und ~rdomn zu lass~n. Das ~rinn~rt an Mk 12, 12-14.21.) 1 B~id~ Vorz~ich~n Su~t. Wsp 5. •v. G~münd~n. V~g~tationsm~taphorik, S. 168. sDamit sind di~ B~sond~rh~it~n d~r mk Wrsion nicht als rtdaktion~ll b~haupt~t. Das würd~ ich all~nfalls für Ka.i rro•ti KNiJo~ l'f~ ~rwäg~n. Durch di~s~ Wort~ wird aus d~m .Kraut" ~in .Baum". Mt grtift dann auch auf di~ Q Wrsion zurück und spricht dir~kt von d~r .Baumw~rdung". ln Mk 13,28 b~z~ichn~t ~ d~n Ast ~in~ Baum~; für ~in~ Kraut ist di~ B~z~ichnung ung~wöhnlich.
'v. G~münd~n. Wg~tations~taphorik, S.
170. Sturmstillung ähn~lt ~in~r Dämon~naustrtibung. Auf di~ b~id~n Naturwund~r. Sturmstillung und s~~wand~l. rtagi~rtn di~ Jüng~r mit b~tont~m Un~rständnis. Unmitt~lbar vor d~r ~rst~n Blind~nh~ilung wird in Mk 8,17-21 das Un~rständnis d~r Jüng~r noch ~inmal h~rvorg~hob~n. 7 Di~
195 Subjekte im sterbenden Jesus den Sohn Gottes: sie bekennen, was zuvor die Dämonen fliehend ausspradlen, und unterstellen sich damit der Henschaft Gottes; damit ist das Reich Gottes auch unter den ~enschen aufgerichtet. Der Weg dahin istjedoch gewunden. Er wird as einer zweifachen ~ heraus dargestellt: aus der PmpektM der Jünger und aus der außermenschlicher Gestalten, des Satans und Gottes. ( 1) Menschliche Perspektive: Auf der ersten Handlungsebene erkennt Petrus im vollmächtig handelnden Jesus den Olristus (Mk 8,27). Jesus ergänzt unmittelbar darauf Leiden und Erniedrigung als konstitutM Merkmale seiner Gottessohnschaft. Petrus lehnt dieses Messiasbild ab. Jesus brandmarkt das petrinische Messiasbild als satanisch und weist ihn erneut in die Nachfolge. Der folgende Abschnitt bis zum Einzug in Jerusalem und damit bis zum Beginn der Passion hat die Unterweisung der Jünger zum Thema Hoheit und Niedrigkeit zum Inhalt Der Abschnitt ist gegliedert durch die drei Leidensankündigungen und die jeweils folgenden Jüngerunterweisungen und eingerahmt durch die beiden Blindenheilungen, wobei die letzte mit der Einladung zur Nachfolge auf dem Weg nach JeTusalern - also zur Leidensnachfolge - endet. Dieser Abschnitt zeigt, wie nadl Mk Menschen unter der Henschaft des Gottessohnes leben und ihre Gemeinschaft • • 2 organiSieren . (2) Außermenschliche Perspektive: Auf einer der zweiten Handlungsebene zeigt Mk, wie Jesus die Gotteshenschaft durch seine Niedrigkeit aufrichtet. Die Ankündigung seines Leidens hat Folgen audl in der nichtmenschlichen Welt. (a) Satans Stimme wird in Petrus laut. Die Aufrichtung des Gottesreiches stößt erneut auf den Widerstand Satans. Jesu Vorstoß, durch sein Leiden und sein Dienen die Gotteshenschaft weiter auszubreiten, zeigt, daß Satan nicht nur die marginalisierten Menschen behenscht, sondern daß er auch in den Menschen wohnt, sogar in den nächsten Anhängern Jesu. Ein vollmächtiges. hoheitsvolles Messiasbild wird mit dem Satan, Niedrigkeit und Leiden mit Gott ~unden. Der Satan furchtet nun nicht mehr die Hoheit Jesu, sondern seine Erniedrigung. Der Satan, der wie ein Fremdherrscher Menschen entwürdigt, furchtet Jesu Hoheit. Der Satan, der in den Menschen spricht, die die Vorstellungen und Ordnungen der Gesellschaft mittragen, lch s~tz~ voraus. daß ~s sich wirklich um tin Btk~nntnis zu J~sus als dtm Gott6sohn hand~lt und Hauptmann nicht .römisch. von tin~m Götttrsohn spricht. Im MarktMVangtlium ist di6tr Tittl m.E. zu stark g~prägt und zu sthr htrausgthobtn, als daß tr hitr andtrs ~rstandtn w~rd~n könnt~. 2 8trg~r. Thtologitgtschichtt, S. 687, sitht darin ~int d~utlicht Kritik am Zwölf~rk~is. d6s~n Mitglitdtr wtgtn ih~ Rangst~btns als ungttign~t. Christus zu ~prästntit~n. darg6ttllt würd~n. An dt~n St~ll~ führt Mk mit dtn Frau~n als Auftrst~hungsztugtn und als .txtmpla für T~ut im Ltid~n· (~bd., S. 688) als di~ btSst~n Nachfolgtrinntn tin. Dann litßt sich dit Vorsttllung vom Positionswtchs~l auch auf dit Grupp~ ausd~hn~n. di~ dit Ü~rlitf~rungtn garantitrt und als '/orbild g~lttn soll; dit Autorität wä~ von dtn (ang6thtntn) Zwölf~n auf di~ g~ring~rg~achttt~n Frau~n übtrgtgang~n. Oi~r Vorschlag könntt durch Mk 15,41 unttrstützt wtrdtn. Dort w~rdtn dit Krtuzigungsz~uginn~n als galiläischt Nachfolgtrinn~n b6timmt, di~ J~sus dort ditnt~n (cltD.~Cowill). Es ist umstritttn, ob 1l111KOI!fi11 hitr von Mk 10,42-45 zu ~rstthtn ist und dit Autorität d~r Frau~n h~rvorhtbtn soll odtr in traditiontlltr B~dtutung gtbraucht ist und dit unttrg~ordn~tt Tätigk~it dtr Frau~n b~ntnnt. Vgl. Schottroff, Btmiungstrfahrungtn, S. 134- 159. Wtnn di~ Frautn von Mk als Alttmativt zum Zwölftrk~is gtz~ichn~t w~rd~n. spricht das dafür, daß ll111Kowi11 von Mk 10,42-45 htr ~rstandtn wtrd~n soll. 1
d~r
196 fürchtet die Niedrigkcit und Leidensbereitsdlaft Jesu. Jesus wcist diese "erneute Versudmng" zurück. Satans Stimme schweigt wn nun an'. Auch Gottes Stimme ertönt; dieses Mal der Versuchungsszene folgend und wr menschlichen Zeugen2• Sie bestätigt Jesu Sohnschaft und legitimiert (indirekt) die Niedrigkeit Jesu, indem sie dazu auffordert, auf dessen Worte - gemcint sein könnte die folgende Leidensansage - zu hören. Wieder sind Positionen getauscht worden: Satan taucht in der Mitte des Jüngerkreises auf (sonst wirkt er am Rande in Marginalisierten); das traditionelle Messiasbild - in der Gesellschaft mit Gott assoziiert - erweist sich als satanisch. Leiden, Erniedrigung und Sterben dagegen werden zum Mericmal göttlicher Sendung und Herrschaft. (b) Von nun an schwcigen Gott und Satan; auf der Bühne agieren nur noch Menschen. Auch die Distanz zwischen Jesus und Gott wächst, bis mit dem Ei Ruf (Mk 15,34) die Beziehung zu Gott abgebrochen zu sein schcint Dennoch wird nach Gottes Plan gespielt (z.B. Mk 14,27). Gottes Henschaft wird dun:h den Gottessohn aufgerichtet, indem dieser stirbt und gottverlassen ist. Gottessohnschaft wird mit Tod und Niedrigkeit ~unden, der Gottessohn ist wn Gott ~assen. der Go~assene repräsentiert Gott. Mk schließt die in 1, 13 geöffnete Klammer, indem er in 16,1-8 die Engel im leeren Grab Jesu auftreten läßt. Gräber - bisher im Ev.mgelium Aufenthaltsort der Dämonen und Symbol für die menschenfeindliche Henschaft Satans. sind nun für die göttliche Welt zurückgewonnen'. Außerdem sprechen sie wn Jesus wn Nazareth, dem Gekreuzigten. Gott hatte die irdische Bestimmung der Identität Jesu bislang nicht benannt•. Hier finden wir die irdische Zugehörigkcit Jesu und seine Niedrigkcit benannt wn einer Stimme aus der himmlischen Welt. Nun dienen die Engel dem Knecht. Das Marlrusevangelium ~indet Jesu Hohcit als König mit der Kreuzigungsstrafe für Skla\m und seine Hoheit als Gottessohn mit dem Tod. Durch den dienenden König und den sterbenden Gottessohn wird nach Mk eine neue Herrschaft errichtet.
Die ekklesiologische Positionswechselaxiom Die Aufforderungen zum Statusverzicht, die an die Jünger gerichtet werden, stehen zwischen den ooden Blindenhellungen wn Mk 8,22-26 und Mk 10,46-52, folgen der zweiten und der dritten Leidensankündigung. Sie sind also einerseits mit der Vorstellung der Leidensnachfolge und andermeits mit dem Motiv der gottgewirkten Einsicht ~unden. Statusverzicht ist ein zentrales und url\6ZichtbaR5, aber firiwlllig gewähltes 'zwar folgt noch ~in Exorzismus (9,17ffl, aber d~r Dämon ist b~~its stumm. And~rs als bei Lk ist Satan für d~n V~mt d~s Judas nicht verantwortlich. ist also spi~g~lbildlich zu Mk 1,9-13 konzipi~rt: dort folgt di~ v~rsuchung der Tauf~ mit d~r Gott~ohnprädikation, hier g~ht sie der Verklärung mit d~r ~stätigung d~r Gott~sohnschaft voran. 'Pow~ll. Namtivt Criticism, S. 77, vtrMist darauf, daß sakrale und profane Räume ih~ Position w~chstln; das Grab wird zum Ort d~r Ersch~inung von Engeln -sonst sakralen Orten vorb~halt~n der T~m~l wird als Räub~rhöhl~ charakt~risi~rt. also als profani~rt vorgest~llt. Vgl. Grundmann, Markus, S. 446. b~i Mk d~r 2 Di~ sz~n~
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Merkmal des Lebens in der Jesusnachfolge; Erniedrigung ist kein Erleiden, sondern ein Tun und ist durch göttHche Offenbarung (Biindenhellungen) legitimiert. Mk kennt das Repräsentations- und das lmitationsmotiv. Die beiden Motive rahmen die wn Mk :zusammengesteßte Jüngerbelehrung in den Kapiteln 9 und 10'. ln 9,33-37 werden die Jünger aufgefordert zu dienen, indem sie Kinder aufnehmen. Dabei werden die Kinder als Repräsentanten Jesu gedeutet (9,37). Im Zentrum der Szene steht ein Positionswechsellogion in substantivisch singularischer Fonn. ln 10,42-45 werden die Jünger aufgefordert, wie Jesus zu dienen Omitationsmotiv). Seine Lebenshingabe ist die Begründung ihres Umgangs miteinander. Die Jüngergemeinschaft soll die Alternative zu der paganen Gesellschaft sein2• ln 10,42f findet sich ein weiteres Positionswechsellegion des substantivisch singularischen Grundtyps. Die Jüngerbelehrung ist über die Rahmung hinaus wm Positionswechselaxiom gestaltet. Die Forderung, Kinder aufzunehmen, wird ausgeffihrt. 9,41 f beschäftigen sich mit dem erwünschten Verhalten Kindem und wandernden Jüngern gegenüber. ln der Pen"kope wn der Segnung der Kinder (10,13-16) wird in Vers 15 dazu aufgefordert, die Kindenolle zu übernehmen und auf Status zu \6Zichten. Das Positionswechsellegion begegnet in 10,31 noch einmal, hier in der substantivisch pluralischen Fonn. Es schließt die Belehrung über Reichtum und Besitz\6Zicht ab. Mit 10,35-40 wird die Rangfrage erneut \6handelt und mit der Martyriumsbereitschaft ~unden. Für Mk sind also die Themen Aufnahme wn Kindern und Jüngern, Übernahme der Kinderolle, Besitz\6Zicht und Martyriumsbereitschaft mit der paränetischen Bedeutung des Positionswechselaxioms ~unden 1 • Er ordnet sie alle dem Oberbegriff "Dienst" unter und integriert damit möglicherweise verschiedene Gruppen seiner Gemeinde und des Urchristentums•. 'Grundmann, Markus, S. 260.446; Gnilka, Markus II, S. 55; Lohmr~r. Markus, S. 193. Die Formulirrung mit ~K~~ nimmt rinr Distanzirrung vor: Wahrhaft hrrrscht Gott. Ihr Anspruch ist also hybrid. ln dir Kritik sind dir jüdischrn Hrrrschrr nicht mithinringrnomrnrn. Politischrr Machtmißbrauch erschrint als typisch hridnischrs Vrrhaltrn. 1 ln drr strigrndrn Rrihrnfolgr drr Auffordrrungrn zum Statusvrrzicht bildrt dir Trilhabe am Leidrn Jrsu drn Höhrpunkt (10,38t}. Es wird drutlich, daß Jrsu Platz als Gastgrbrr im rschatologischrn Mahl grbundrn ist an srin Strrbrn. So rrklärt sich dir Antwort Jrsu in Vrrs 38. Zuglrich weigrrt sich Jrsus, daraus rinr Rrgrl zu machrn. Durch dir Leidrnsbr~itschaft wird krin Anspruch auf Erhöhung rrworbrn. Erhöhung grhört zur Souvrränität Gottrs. So wir 10,25 vtrhindrrt, daß Rrichr aus drm Jüngrrkrtis ausgrschlossrn wrrdrn, so vtrhindrrt 10,40, daß dir Grmrindr dir Ehrtnplätzr rigrnmächtig vtrgibt. Dabri ist aber das Grfällr drutlich. Märtyrtr (oder Confrssorrn) sind angrsrhrnr Mitglirdrr im Jüngrrkrtis. Mk rrsdzt in 10,42-44 die Leidrnsbrrtitschaft als Katrgorir zur StatUSvtrtrilung im Jüngrrkrtis durch dir Katrgorir drs Dirnrns und vtrwrist dir ranghohrn Mitglirdrr damit an dir Grsamthrit und dir Einhrit drr Grmrindr. Vrrs 45. drutrt Jrsu Lebrnshingabr als rinrn Dirnst. Dir Hochschätzung drs Dirnrns wird also nicht nur christologisch, sondrm auch sotrriologisch brgrOndrt. Das Martyrium dirnt nicht nur drr Rrttung drr rigrnrn Srrlr (8,35-37) odrr drr rigrnrn Erhöhung (10,38), sondrm drn Virlrn. Wrr also dirnt, und sri rs in drr 'rinfachrn Form· von 9,37, strht damit in Einklang und in rngrr Vrrbindung zur Ltbrnshingabr Jnu und zum sotrriologischrn Krm drs Evangrliums. Und wrr srlbst brrtit ist, das Martyrium zu rrleidrn, muß sich daran rrinnrm, daß rs srinrn rigrntlichrn Wrrt rrhält als Dirnst, also in Vrrbindung mit 'Wrlt• und Grmrindr. 4 8usrmann, Mk 10, S. 211, rtkonstruirrt in 10,17-31 drti Grupprn, dir vtrschirdrnr Haltungrn zum Brsitz vtrtrttrn. (a) Drr rtichr Mann kann nicht vtrzichtrn; rr ist jrdoch sympathisch grschildrrt 2
198 Die Jüngerbelehrung der Kapitel 9 und 10 begleitet den Weg Jesu nach Jerusalem. Sie beginnt nach der zweiten Leidensankündigung und endet vor der He~lung und Berufung des Bartimäus. Damit ist sie nicht nur explizit wie in Mk 10,42-45, sondern auch strukturell als Konkretisierung der Leidensnachfolge gefaßt Menschen, die Jesus auf dem Weg in die Erniedrigung folgen, werden ihre Gemeinschaft durch Statusverzicht ordnen. Erniedrigung ist nicht nur ein Geschehen, das von außen auf Jesus und die Jünger zukommt. Es ist ein freiwillig gewähltes Merkmal ihres Lebens und zeigt sich auch an ihrem aktMn Verhalten in der Binnengruppe. Erniedrigung ist kein Erleiden, sondern ein Tun. Das Imitationsmotiv steht also in Zusammenhang mit dem ..Jüngerblld" bei Mk. Sie te1len Jesu Vollmacht und werden aufgefordert, auch seine Erniedrigung und sein Leiden zu te1len. Jesus te~lt ihnen seine ~ mit (3,13-19; 6, 7-12f; 13,34)'. Wie er ~ndigen sie (~). treiben sie Dämonen aus und he~len sie Kranke. Einmal wird von ihnen sogar die typisch jesuanische Tätigkeit des Lehrens berichtet (6,30). Die Vollmachtsübertragung ist Wirklichkeit, Indikativ. Die Jünger haben auch Anteil am Leidensgeschick. Dazu werden sie aufgefordert (8,34ft). Dazu sind sie bereit (10,38f; 14,31), daran scheitern sie aber. Ihr Scheitern ist jedoch nicht endgültig. Die Leser des Markusevangeliums kennen die Zebedaiden und vielleicht auch Petrus als Märtyrer. Auch die Aufforderung zum Statusverzicht ~indet Mk mit dem Motiv des Jüngeru~ändnisses. Sie streiten um den Rang (9,33; 10,35.37) und ~ehren Kindem den Zutritt zu Jesus (10, 13). Mk schildert die Jünger als Scheitemde und Lemende1 •
14.2. Ein Vergleich mit der matthäisehen und lukanischen Redaktion Das Matthäusevangelium Demut als Eigenschaft des Königs und Lehrers Auch Mt charakterisiert Jesus mit Hilfe des Positionswechselaxioms. Anders als bei Mk sind die messianischen Erwartungen davon jedoch nicht betroffen: (1) Jesus wird über seine väterliche Abstammung und als Davidide legitimiert (1, 1.6.16). Damit steht er im und J~sus wirbt um ihn. (b) Di~ Jüng~r in d~r folg~nd~n B~l~hrung hab~n s~lbst B~itz und ~r sch~ck~n üb~r di~ Ford~rung, ihn aufzug~b~n. (c) Di~ Jüng~r von 10,28-31 hab~n ihn aufg~g~b~n. B~mann schli~ßt daraus auf sozial~ Ungl~ichh~it~n in d~r mk G~m~ind~ und si~ht in Mk d~n ~~lsorg~r di~r Grupp~n. d~r um di~ B~sitund~n w~~. a~r d~n total~n ~it~rzicht für b~ sond~rs lob~nsw~rt hi~lt. Th~iß~n. Evang~limsch~ibung, S. 21, m~int, daß 9,3 5.41 an s~ßhaft~ Christ~n ad~ssi~rt ist, auf di~ di~ Autorität d~r Wand~rcharismatik~r ( 10,28-31) ü~rg~h~. 1 Scholtiss~k.
Vollmacht, S. 254-279, 294f. Vollmacht, S. 295. Vgl. auch K~rt~lg~. ~i Dschulnigg, Sprach~. S. 500, und ~lorm~. ~bd., S. 483f. Di~ Jüng~r g~lt~n als Kontinuitätsgarant~n. And~~ Forsch~r wi~ Martin und Weed~n sind dag~g~n d~r M~inung, daß Mk di~ Apost~l als G~sch~it~rt~ darst~ll~n will. 1 Scholtiss~k.
199 Gegensatz zu Hemdes_ der als ldumäer nicht davididischer Abstammung war. (2) Jesus wird in Übereinstimmung mit der jüdischen Erwartung in Bethlehem (2, 1) geboren. Er beginnt nicht an einem matginalen Ort, wie der Wüste, sondern im Zentrum, der Geburtsstadt Davids. (3) Als legitimer und "wahrer" Königssohn wird er durch den "Usurpator-' Hemdes 'verfolgt Mt nimmt damit dn verbreitetes Motiv auf und schließt bewußt an Mose an. Jesu Rolle wird über dne weitere zentrale Henschergestalt, Mose, legitimiert. Zudem wird auf den Exodus angespielt (2, 15). (4) Dabd wird Jesus erstmals auch als Gottessohn bezeichnet. Das nimmt 3,13-17 wieder auf. Als Gottessohn erweist sich Jesus durch seinen GehoJSam •. Mt \mYendet das Motiv am Ende der Passionsgeschichte in 27,43 und 54 wieder 2• (a) Durch die ersten drei Bestimmungen erscheint Jesus als der durch die Tradition legitimierte Herrscher. Mt betont auch hierbei die Kontinuität mit dem Heilshandeln Gottes im AT. Durch die vierte Bestimmung wird die Passion als GehoJSam dem Heilsplan Gottes gegenüber gedeutet. Diesen Gedanken kennt auch Mk (14,27), dort aber ist Gott während der Passion Jesu verborgen. Zu Jesu Niedrigkdt gehört dort seine Einsamkeit, der Abbruch selbst der Gottesbeziehung. Bei Mt aber fiihrt er dazu, daß Jesus auch während der Passion den Kontakt zu Gott und seiner Macht nicht ~iert. Er könnte ihn um zwölf Legionen Engel bitten (26,53), und dem Tod Jesu folgt dn Erdbeben, mit dem die eschatologische Auferstehung der Toten beginnt (27,52), Gott also handelt. Das führt aber dazu, daß die Erniedrigung Jesu in der Passion zurücktritt. Sie wird gedeutet als GehoJSam des Gottessohns gegenüber Gottes Heilsplan. Dem entspricht, daß der Hauptmann Jesu Gottessohnschaft nicht an seinem Sterben und durch seine Niedrigkdt hindurch erkennt, sondern an dem Erdbeben und der Totenauferstehung, also dem eschatologischen, allmächtigen Handeln Gottes (27,53f). ln Kontinuität mit der alttestamentHch-jüdischen Tradition schildert Mt Jesus als demütigen König und Lehrer. Das geschieht in Verbindung mit zwe; Methoden mt Redaktionstätigkeit den ErfüHungszitaten und der DaiStellung Jesu als Leh~. Gerade die Merkmale, die wn einem traditionellen Standpunkt aus gegen Jesu Messianität spredlen könnten - die Herkunft aus Nazareth, die Wirksamkeit in Galiläa und die Hddenmission -, deutet Mt als Erfiillung und legitimiert sie so durch die Tradition. Ausdrücklich nimmt Mt in 8,17 mit der Gestalt des Gottesknechtes4 und in 21,4 mit dem Bild des demütigen Königs Überlieferungen auf, die im AT wichtige Schritte auf dem Weg der Entwicklung der Dernut als sozialer Tugend markieren. Dabd deutet er in bdden Fällen Begebenheiten, die eher die Hoheit Jesu herausstellen, seine Wundertätigkeit und den Einzug in Jerusalem. Jesu Demut erscheint bei Mt als die kontinuierliche Fortsetzung
1
Luz, Mt I, S. 154.
~bd., s. 156. JMt h~bt J6u Lthrtätigk~it vor stin~r Wund~rtätigk~it bcsond~rs h~rvor. Vgl. Sch~iz~r. B~iträg~. S. 25f, und Schrag~. Ethik, S. 147. 4 Zur ~d~utung d~r Gott6kn~chtvorst~llung b~i Mt vgl. Hili, Strvant.
200
der Heilsgeschichte'. Sie weist ihn als messianischen König aus. Mt distanziert sich damit wn nnlitanten Messiasbildern. (b) Mt schildert Jesus in weisheitHcher TTCidition als Lehrer. Das zeigt sich an der Bedeutung, die Mt den Reden Jesu ~eiht; er weckt dadurch Assoziationen an große Rabbis oder sogar an Mose sefbsf. ln 11 ,28f zeichnet Mt Jesus als die einladende Weisheit. Seine besondere Eignung als Lehrer zeigt sich an seiner Demut und seiner Hinwendung zu den Niedrigen. Der Schluß des Evangeliums chaTCikterisiert den Erhöhten als König und Lehrer der Völker•. Der Erhöhte übt seine Henschaft durch seine Lehren aus. Die Jünger, die den AuftTCig erhalten, seine Lehren weiterzugeben, autorisiert er besond~ indem er seine Anwesenheit verspricht.
Demut als Forderung an die Jünger ln der Ethik des Matthäusev.mgeliums spielt die Mahnung zur Demut eine wichtige Roße5 • Mit dem Repräsentationsmotiv begründet Mt die Aufforderung, die Not der Niedrigen zu lindern. Arme, KTCinke und Gefangene repräsentieren den König (Mt 25,44)'. Die Haltung ihnen gegenüber entscheidet über die Zugehörigkeit zur Gruppe der Geretteten. Sie haben fiir die Menschen, die ihnen übergeordnet sind, eine lebensrettende oder bedrohende Bedeutung. Das Imitationsmotiv hat Mt mit dem Zebedaidengespräch (20,26-28) wn Mk übernommen, ohne es besondets hervorzuheben. Howen' hat jedoch gezeigt, daß in der Stmy des Mt Jesus als Modell fiir die Jünger dargestellt wird, und eigens hervorgehoben, daß die
1
..A promin~nt asp~ct of J~sus' ob~di~nc~ to th~ will of God in Matth~w is his ac~ptanc~ of th~
rol~
of th~ ~~k and lowly Scrvant of God.w How~ll. Story, S. 252. 0b J~us di~ mosaisch~ Tora n~u ausl~gt und als Partn~r und Konku~nt and~rtr Rabbis darg~t~llt wird od~r ob ~in~ Wort~ di~ Tora korrigi~rtn, ~r also auf ~in~r Stuf~ mit Mos~ st~h~nd vorg~t~llt wird, ist umstritt~n. Vgl. Schrag~. Ethik, S. I 51 ; 154. Schrag~ spricht sich für di~ ~rst~ Deutung aus. Jlang~. Ersch~in~n. hat h~rausg~arb~it~t. daß Mt 28,18-20 mit Mt II ,27 tng ~rwandt und mt H~rkunft ist. W~il Mt auch II ,25-28 zusam~ng~st~llt hat, b~d~ut~t das, daß auch d~r Erhöht~ als d~mütig~ und sanftmütig~ Sophia h~rrscht. 4 0b d~r Erhöht~ als Kyrios, als M~nschtnsohn od~r als Gott~sohn darg~t~llt wird, ist umstritt~n. Vgl. Stanton, Matth~w. S. 1923. Ausdrücklich wird s~in~ unb~grtnzt~ Macht g~nannt, wodurch ~in~ Roll~ als H~rrsch~r unzw~iftlhaft ist und als Folg~ davon d~r l.thrauftrag an di~ Jüng~r. D~r Erhöht~ übt s~in~ Macht also durch di~ l.thrt und ihrt W~ittrgabt aus. Vgl. Vi~lhau~r. Ut~ratur, S. 1
~~rt~r. Scrvant-Ethic, S. 22, ~rst~ht di~ Zusag~ von Lohn als tin~n b~ond~rtn Akz~nt d~r mt Konz~ption
von Demut als
sozial~r Tug~nd.
'&rg~r. Th~ologi~g~chicht~. S. 740, wtist auf di~ V~rbindung d~ G~dank~ns mit d~r M~nsch~nsohnvorst~llung
(Mt 2 5,3 I) hin,
d~r wdi~
Spannung
Ni~drigk~it
ijttzt) und
Hoh~it
(am
End~) zu ~ig~nw ~i. B~rg~r proflli~rt di~ B~d~utung d~s R~prä~ntationsmotivs, w~nn ~r folg~rt. daß wdi~ Erwählth~it d~ l~id~nd~n M~sias ... zum M~rkmal d~r Prä~nz Gott~ in d~r W~lt übtrhaupt (ausg~~it~tt w~rd~ (tbd., S. 741); das ~rsttht ~r als Kritik an d~n inn~rkirchlichtn ~mtsträg~m: Nicht si~. sond~m di~ G~ring~n rtpräs~nti~rtn How~ll. Story, S. 253.
Gott.
201 Mahnung zu Demut und Dienst als Aufforderung an die Jünger mit der Imitation Jesu begründet wird'. Innerhalb der Gemeinde untersagt Mt den Aufbau einer Hierarthie. Die Titel Rabbi, Vater und Lehrer dürfen nicht beansprucht und \mYendet werden (Mt 23,8-12). Mt wendet sidl mit diesem Verbot sowohl an die potentiellen Amtsträger (Mt 23,8.10) wie an die potentiellen Untergebenen (Mt 23,9). Er schließt die Ermahnung mit zwei Varianten des Positionswechsellogions: einer vereinfachten Form der substantivisch-singularischen Variante läßt er die ~ale Variante folgen. Er plaziert die Verse in der Weherede gegen die Pharisäer, die er unmittelbar zuwr als ehrsüchtig (Mt 23,5-7) gekennzeichnet hatte, so daß die christlidle Gemeinde dazu aufgefordert wird, im Kontrast zur jüdischen Führungsschicht zu stehen. Demut gilt Mt als Bedingung dafiir, ins Reich Gottes zu gelangen. Im Vergleich mit Mk und Lk stellt er das noch deutlicher heraus. Die erste Seligpreisung erweitert er um & ~ und deutet sie so als Verheißung an die Demütigen. Mt (18, 1-5) ~indet die erste mk Erzählung \()m Rangstreit (9,33-35.37) mit der Aufforderung, das Königreich wie ein Kind aufzunehmen aus Mk 10, 15, und erweitert sie um die \6kürzte ~ale Variante des Positionswechsellogions (18,4). Dadurth ~ichtet er mk Traditionen zum Thema Status\erlidlt und deutet sie zudem deutlicher als Demut. Mt unterstellt die Demut direkt oder indirekt dem Gerrchngkeitsbegriff, der fiir scin Denken zentral ist1 • Als Joseph merkt, daß Maria schwanger ist. und er sie nicht demütigen und erniedrigen will, QJlt sein Verzicht auf Macht und Recht nicht als demütig, sondern als gerecht (1,19: ~). Mt empfindet die Taufe Jesu als des Höheren durch Johannes bereits als erklärungsbedürftig. Daß Jesus sich unter den Niedrigeren stellt, bezeichnet er nidlt als Ausdruck wn Demut, sondern als Gerechtigkeit (3, 15). Ditjenigen, die den Niedrigen gedient haben, sind die Gerechten (25,37.46). Jesu Mahlgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern deutet Mt mit Hos 6,6 als Merkmal wn liebender Barmherzigkeit. Mit diesem Vers rechtfertigt er auch Jesu liberale Auslegung der Sabbatgebote (12,7). ln 12, 1- 14 belegt Mt die in Mt 11 ,28f herwrgehobene Demut Jesu an zwei Beispielen (Ährenraufen am Sabbat; die Heilung des Menschen mit der ~orrten Hand). Damit ist deutlich, daß die erwiesene Barmherzigkeit als Demut gilt. Über die Verbindung mit dem Uebesgebot, das fiir Mt die Erfiillung der Tora und der Propheten ist (7, 12; 22,36-40), ist der Bogen zum Gerechtigkeitsbegriff geschlagen. Mt verwendet die substantivisch-singularische Variante des Positionswechsel-Logions nur einmal in der Parallele zu Mk 10,44. Das zweite mk Vorkommen in Mk 9,35 ersetzt er durch die ~ale Variante in Mt 18,4. Diese begegnet verkürzt ein zweites Mal im Anschluß an das egalitäre Motiv in Mt 23, 12. Die substantivisch-pluralische Variante ~ doppelt er im Vergleich zu Mk und fugt sie zusätzlich zu Mt 19,30 dem Gleichnis wn den 1
Carter, Servant-Ethic, S. 23, stellt die Bereitschaft, Gott zu imitieren, als das zentrale Motiv der Bergpredigt heraus. 2 Berger, Theologiegeschichte, S. 738, hebt (umgekehrt) hervor, daß für Mt Gerechtigkeit in Sanftmut bestehe, was er am Königsideal (Mt 11,29) und an den mt Ergänzungen Mt 18,4; 23,12 festmacht.
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Arbeitern im Weinberg in Mt 20,16 an, so daß dieses Gleichnis von PositionswechseiLogien umschlossen ist. Diese Verwendung des Positionswechsel-logions sticht besonders hervor, wen sie (a) das Gleichnis umrahmt und damit durch das Positionswechselaxiom deutet und (b) einen drohenden Ton hat. Die übrigen Vorkommen des Positionswechsellogions lassen immer erkennen, welches Verhalten erwünscht ist: demütig sein wie ein Kind (18,4), der Diener aller sein (20,26), keine Titel beanspruchen (23, 11 t). Die substantivisch-pluralische Variante jedoch ist polemisch, sie droht Erniedrigung an, ohne den Weg der Erhöhung zu zeigen.
Der Positionswechsel als Gerichtsansage Mt 20, 1-16 deutet die Gleichbehandlung der Arbeiter als PositionswechseL Das ist hervorgehoben durch das Vorkommen der Stichworte npWm und ~ im Gleichnis im Zusammenhang der Lohnauszahlung (20,8.10). Der Akzent liegt auf der enttäuschten Reaktion der Ersten. Ihre Reaktion wird berichtet, von der Freude der Letzten ist gar nicht die Rede'. Die Gleichbehandlung der Ersten kann als Erniedrigung gelten, we~l sie die Erwartung hatten, besonders behandelt zu werden und eine besondere Belohnung verdient zu haben. Das Gleichnis schürt durch die Art der Lohnauszahlung diese Hoffnung und schaffi zudem mit Vers 12 Verständnis für die Erwartung der Ersten1 • Mt korrigiert also Erwartungen, denen Verständnis entgegengebracht wurde. indem er die Gleichbehandlung und die Zurückweisung der Hoffnung auf besonderes Ansehen als Anwendungsfall eines anerkannten Grundsatzes, des Positionswechselaxioms, deutet. Heszer'spricht sich dafür aus, in den Ersten urchristliche Wandercharismatl"ker zu sehen, die ihre Autorität gegen die Leiter der Ortsgemeinden stellten und Überlegenheit beanspruchten. Dieser Vorschlag gewinnt zusätzlich dadurch PlaUSlbilität, daß die Wandercharismatl"ker die Berufung auf das Positionswedtselaxiom überzeugt haben könnte, weil es Bestandtell ihrer Identität war•. Mt wendet sich also gegen den Versuch einer Gruppe urchristlicher Autoritäten, vor anderen Leitungspersonen hervorgehoben zu werden und einen höheren Rang zu beanspruchen. Trotz des drohenden Tons wird dabei weder bestritten, daß die "Ersten" Ansehen verdienen, noch wird ihnen vorgeworfen, sich ihre Autorität nur anzumaßen: Die Ersten erhalten lohn, und sie sind vom Herrn des Weinbergs berufen. Es sind gute Arbeiter. Diese moderate Verwendung des 'Außerdem nennt Veß 10 sie die Eßten, Veß 9 ditjenigen, die nur eine Stunde gearbeitet haben, aber nicht die Letzten; das betont, daß es um die EBtm geht. ln Verbindung mit dem Positionswechsel-Logion hebt es die drohende Hälfte heraus. 1 Daß die Menge der geleisteten Arbeit bei urchristlichen Missionaren mit der Hoffnung auf besonderes Ansehen und besonderen Lohn verknüpft werden konnte, zeigt das Beispiel des Paulus: I Kor 15, 10; II Kor 10, 15; 11 ,23. ,Heszer, Lohnmetaphorik, S. 251-290. Vgl. Mk 10,3 I; 9,41; Mt hat in 19,30 die UßPrünglich den Wandercharismatikem freundliche Verwendung des Positionswechsel-Logions in Mk 10,31 kritisch umgedeutet. Vgl. Heszer, Lohnmetaphorik, S. 260. Wenn das Gleichnis israelkritisch veßtanden wird, wie es z.B. Jülicher, Gleichnisreden, S. 470, und Bomkamm, Enderwartung, S. 26, getan haben. wird damit zugleich festgehalten, daß jüdische
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Positionswedtselaxiom betrifft das Verhältnis wn Gott und Autoritäten der Gemeinde. insofern Gottes Handeln thematisiert wird und die Rede davon ist, was Gott den Menschen schuldet. Wird die Fragerichtung umgekehrt und die Aufmerksamkeit darauf geridltet, was die Menschen Gott schulden, kommt die Vorsteßung wm Positionswechsel - ohne daß das Positionswechsel-Logion veTWendet wird - wesentlich radikaler zur Anwendung: Es steht die Zugehörigkeit zur erwählten Gruppe und damit das "ewige Leben" auf dem Spiel. Mt veTWendet fiir diese Fragerichtung sowohl Metaphern aus dem sozialen Bereich (Mt 21,33-46; 18,23-35) als auch aus der Natur (Pflanzen: Mt 3,8; 7,1619; Tiere: 7,15; 10, 16); dabei ~indet er die Bilder: die Pächter, eine Metapher aus dem sozialen Bereich, sollen ihre Früchte bringen wie ein guter Baum, und die Wölfe im SchafSpelz sind an ihren Früchten zu erkennen. Mit aßen drei Metaphern droht Mt einen Positionswechsel an. Dieser Positionswechsel kann zweiseitig sein: Das Reidl Gottes wird den Pächtern genommen und einem anderen Volk gegeben. Israels Führer werden ~Orfen und durch die Kirdie metzt. Diesen V~ hat Mt ergänzt, wodurdl er dieses Gleidlnis als Positionswechsel deutet. Es kann nur die Erniedrigung genannt sein: Der Baum, der keine Frucht bringt, wird abgehauen (Mt 3,10; 7, 19). Aus Schafen -Metapher fiir die Erwählten - werden Wölfe - Metapher fiir die Feinde des Volkes Gottes' (Mt 7,15; 10,5f in Verbindung mit 10,161). Ursächlich fiir diesen radikalen Positionswechsel, durch den aus den Erwählten Verworfene werden, sind zwei Verhaltensweisen: der Gehorsam
~hrrr von Gott brrufrn sind und Lohn rrhaltrn werdrn. Die israrlkritischr Auslrgung ist also verglrichswrisr israrlfrrundlich. Hrszrr, Lohnmrtaphorik, S. 256, wrist die israrlkritischr Auslrgung jrdoch zurück. Mir schrint dir AltrmatNt zwischrn israrlkritischrr und kirchrnkritischrr Auslrgung ohnrhin unzutrrffrnd: 1. Für lsrarl und dir Kirehr grltrn dir glrichrn Brdingungrn: ins Rrich Gottrs kommt, wrr rinr brssrrr Grrrchtigkrit rrwrisrn wird, also Toragrhorsam zeigt. ln lsrarl und drr Kirche sind Mrnschrn, dir ins Rrich Gottrs kommrn, und solchr, dir davon ausgrschlossrn wrrdrn (Mt 7,21; 13,36-43 rinrrsrits und Mt 8,29; 13,52 andrrrrsrits). Zwischen lsrarl und drr Kirehr findrt zwar rin Positionswrchsrl statt, abrr doch nicht so, daß ganz lsrarl auf drr rinrn und allr Hriden auf drr andrrrn Sritr brtroffrn sind. Vgl. dir mt Einfügung in dir Erzählung vom Hauptmann von Kaphamaum (Mt 8,11 t). 2. Zur mt Grmrindr grhörtrn Judrn- und Hridrnchristrn. Einr israrlkritischr Auslrgung ist auch rinr kirchrnkritischr, inso~m sir auch Judrnchristrn trifft. Das gilt verstärkt, wrnn dir Erstrn mit Wandrrcharismatikrm und dir ~tztrn mit drn Mitglirdrm drr Ortsgrmrindr idrntifizirrt wrrdrn; Wandrrcharisrnatikrr brgrgnrn im NT nur als Judrn (II Kor 11 ,22; Phil 3,2). Wrnn sir als Tradrntrn drr Q-Übrrlir~rung grltrn, ist auch ihr Srlbstverständnis writhin jüdisch. Einr Kritik an drn Wandrrcharismatikrm ist also auch rinr an Mrnschrn mit ~üdischrm Srlbstverständnis. äthHrn 89,55; IV Esr 5, 18; Tanch 32b. Vgl. Prriskrr I Schutz, Art -rrpOßa.TOIIIC'TA., S. 28ff. lygJ. Luz, Mt 11, S. 109. Dir Judrn, in Mt 10,5f als Schafr brzrichnrt, wrrdrn zu Wölfrn, aus drm Volk Gottrs wrrdrn srinr ~indr, wril sir dir Jüngrr verfolgrn. Das ist rin Positionswrchsrl. Auch !iridrn verhaltrn sich wie Wöl~ (Mt 10, 18); das ist allrrdings nicht übrrraschrnd und rntspricht drn Erwartungrn. Das Bild von Mt 10,16 arbtitrt darübrr hinaus mit rinrm Positionswrchsrl ..zwritrr Ordnung" : dir Scha~ dringrn in das Wolfsrudrl rin, so wir sonst dir Wölfr in dir Schafhrrdr. Schafr übrmrhrMn das offrnsive Vrrhaltrn drr Wölfr; sir sind nicht mrhr als dirjrnigrn charaktrrisirrt, dir dwas brauchrn (Schutz), sondrm als solchr, dir rtwas bringrn, was dir andrrrn brauchrn (dir Botschaft vom Rrich Gottrs); dabri agirrrn sir als Kulturbringrr, wohingrgrn dir Wölfr für das Eindringrn drr Wildhrit standrn. Auch Gott hat dir Position gdndrrt: rr strht nicht mrhr als Hirtr in drr Mittr bri drr Hrrdr, sondrm am Rand.
204 den Geboten Jesu (Mt 7, 19)' und die Haltung den Gesandten Gottes gegenüber (Mt 10, 17f; 21 ,25f.38tf. Die Drohungen ridlten sidl gleidlermaßen gegen Juden (Mt 21,3346; 10,5f.16; 3,8.10) und Quisten' (Mt 7,15.19 ~·als Parallele zu 21,33-46 das an Christen geridltete Gleidlnis 18,23-35). Sie sind jedoch überwiegend (außer Mt 10, 16) an Menschen mit Fühnmgsansprudl geridltet: an Pharisäer und Sadduzäer (Mt 3,7), an Hohepriester und Älteste (Mt 21,23) an Charismatiker (Mt 7,22) und an die Gemeindeleiter (Mt 18,15-1st. Für die Verhältnisse innerhalb der Gemeinde lassen sidl die Beobachtungen sinrooß ~inden: Mt fUhrt als entscheidendes Kriterium ffir einen Anspruch auf Autorität den Gehorsam den Geboten Jesu gegenüber ein; das drängt dlarismatisch begründete Ansprudle auf Ansehen zurück. Mt ersetzt damit die Konzeption Henschaft wn Pmonen dlll'ti1 die der Henschaft der Gesetze, die in der Antike die Funktion hatte, die Madltbefugnisse der Henschenden zu begrenzen und egalitäre (oft aristokratische) Tendenzen unterstützte. Eine soldie Vermutung würde die Beobadltungen, daß (1) Jesus als Lehrer geschildert wird und als Erhöhter seine Jünger als Lehrer autorisiert. daß (2) Mt die Ausbildung einer Hierardlie unter den wn Gott beauftragten Arbeitern untersagt und daß (3) Ungehorsam den Geboten gegenüber zum Ausschluß aus der Gruppe fUhrt, als zusammengehörig etWeisen. Die polemisdle VetWendung des Positionswechselaxioms stünde dann bei Mt im Dienst eines egalitären Ethos (wenn wrausgesetzt wird, daß Mt Ämter überhaupt ablehnt~ und in Mt 20,1-16 die Mitglieder der Ortsgemeinden mit den wandercharismatischen Autoritäten ~lidlen werden) oder eines aristokratischen Ethos (wenn Mt sid'l gegen eine Differenzierung und Hierardlisierung der Ämter wendet und in Mt 20,1-16 die Leiter der Ortsgemeinde' mit den Wandercharismatikem ~lidlen werden).
'Damit hat drr Toragrhorsam dirsrlbr Funktion wir im _Convtnantal Nomism": rr brstimmt übrr den Verbleib in der rrwähltrn Gruppe. Vgl. Sanders, Jrsus, S. 394. 2 Howrll, Story, S. 159, meint, daß bridr Kriterien zusammengehörrn: Die Ablehnung Jrsu bedeute die Ablehnung seiner Lehre und das Motivpaar _acctptance/rejection" strukturiere das ganze Evangrlium. :Vgl. Schrage, Ethik, S. 150. Das wird durch die Beobachtung unterstützt, daß einzelne Elemente der Metaphern ebenfalls auf Menschen in Leitungspositionen als Adrrssaten weisen: ..Arbeiter" stehen in urchristlicher Tradition für Wandermissionarr (Mt 9,37f; II Kor 11,1 3), in rabbinischer für den pharisäischen Toragelehrten, also für Menschen mit Autoritätsanspruch. Weinberg ist eine Metapher für Israel (Jrs 5, 1-7. Ps ~0,9).
Schweizrr, Gemeinde, S. 138ff, identifiziert die mt Gemeinde mit den .Kleinen" und meint, daß sie jede Hirrarchie ablehnten und alle Anspruch auf die Titel Lehrer, Prophet und Gerrchter erhobrn. 'Thysman, Catechese, vtrtritt, daß Mt sein Evangelium an Gemeindelriter richtet.
205
Das Lukasevangelium Die Darstellung Jesu Wie Mt begründet Uc den Hoheitsanspruch Jesu traditionell und in Kontinuität mit der alttestamentlichen Heilsgeschichte: (1) Jesus wird als Davidide über seinen väterlichen Stammbaum legitimiert. (2) Er wird in Bethlehem, der .Stadt Davids" (Uc 2,4) geboren. (3) ln Jerusalem erscheint der Auferstandene. von hier geht die Mission aus. Jerusalem ist gleichsam auch die Hauptstadt der Kirche. Die Ablehnung Jesu durch die jüdischen Führungsschichten und die Ausdehnung der Mission auf die Heiden begründet Uc ebenfalls innerhalb der traditionellen Erklärungsmuster: Jesu Tod wird als Prophetenmord gedeutet (Uc 4,23-30; 13,33). Die Ablehnung durch einen Tellisraels setzt eine alte "Tradition" fort. Dem korrespondiert, daß die Heidenmission als Fortsetzung alttestamentlicher Heilsgeschichte ~tanden wird. lk fUhrt Jesu Stammbaum auf Adam zurück (Uc 3,38), und Sirneon deutet die Sendung Jesu uni\ersalistisch (lk 1,29-32). Die Beschränkung der jesuanischen Verkündigung auf lslael unterble~bt Mt 10,5f hat keine lk Parallele'. Die Niedrigkeit Jesu als Leidender erfährt eine zweifache Deutung: (1) Der Tod Jesu ist das uß\6TT1eidliche Durchgangsstadium zur Auferstehung und Verhen1ichung (lk 24,26). Selbst auf dem Tiefpunkt der Erniedrigung, am Kreuz, ist sich Jesus der kommenden Erhöhung bewußt (Uc 23,43). Unmittelbar vor der Gefangennahme erfährt er durch den Engel eine göttliche Stärkung. (2) Die Zeit von der Gefangennahme an ist von Satan behenscht (Uc 22,53)2• Satan veruJSacht den Verrat des Judas (Uc 22,3). Gott ist zwar nicht als abwesend vorgestellt, Jesus ruft ihn am Kreuz in der Gewißheit, gehört zu werden an (Uc 23,34), es ist aber deutlich, daß er seine "Macht" zurückgenommen hat. Einerseits ~iert also die Erniedrigung Jesu an Bedrohlichkeit. Der Ausgang ist gewiß1• Andererseits wird das Geschehen mythologisch aufgeladen und gewinnt an Dramatik: Hier wird ein Kampf zwischen Gott und Satan ausgefochten. Jesu Passion wird nicht durch das Positionswedlselaxiom gedeutet. Seine Hoheit wird durch die Passion nicht aufgehoben und folglich auch nicht paradox zur Geltung gebracht. Aber auch lk deutet die Gestalt Jesu mit Hilfe des Positionswechselaxioms. Das betriffi jedoch stärker die DaTStellung seines Wirl<ens als die seiner Person. lk erwartet im Fschaton den Positionswechsel von Hohen und Niedrigen, Reichen und Armen•. Für Uc ist es Jesus. der diesen eschatologischen Positionswechsel in Gang setzt (Uc 1,51-53; 6,2Q-26; 14,15-
'u stellt sich die Annahme des Evangeliums durch die Heiden als Erweiterung Israels vor; auch hier hemcht die Vorstellung von einer Kontinuität vor. Vgl. Radi, Lukas. S. 70f. 2 Das ~rdeutlicht, daß für Lk die Zeit des Wirkens Jesu, und nicht die seines Sterbens Heilszeit im Vollsinne ist. Vgl. Radi, Lukas. S. 67. 1 Sein Wirken (4,43; 19,5) und sein Leiden (13,33; 17,25; 24,7.44) sind Bestandteile des göttlichen Plans. Vgl. Radi, Lukas, S. 78. ·serger, Theologiegeschichte, S. 758, zählt die Überzeugung vom Positionswechsel zu den lk Leitsätzen: "Gott kehrt "Zustände" um, wann immer man es mit ihm zu tun hat."
206 24; 16, 19-31f. Es geschieht bei seinen Mahlgemdnschaften: Daß Jesus mit Zöllnern und Sündern ißt, ist Ausdruck seiner Sendung zu den VerloTenen (U< 15,1-3). Im Gleidmis vom großen Abendmahl sind die Armen mit den VerloTenen identisch1 • ln Lk 15, 14 -..erbindet er Armut und Sünde. Für U gehöTen die Armen, Sünder und VerloTenen zu einer Gruppe1 : Fs sind die Mensdlen, die marginalisiert worden sind und nicht mehr zur Gruppe der Erwählten zählen4 • Das gemeinsame Mahl zeigt ihTe Wiedernufnahmes. Im Abendmahlsbericht \miichtet U diese Konzeption: Jesus ~leicht sich als Gastgeber mit einem ~... konkretisiert als TISchdiener (U< 22,27)'. Die Plazierung im Abendmahlsbericht \6bindet die Deutung von Jesu Wirken als Dienst mit seinem unmittelbar bevomehenden Tod. Dabei wird jedoch, andm als bei Mk und Mt, die Lebenshingabe Jesu nicht ausdrücklich als Dienst bezeichnet7• Hingegen hebt Lk mit der Voranstellung des eschatologischen Wortes in Vm 18 und der EinfUgung von Vers 29f die typologische Bedeutung des Abendmahls für das eschatologische Mahl hervor; das wird dadurch verstärkt, daß sich der Ausbruch des Rangstreits am besten durch das Miß~tändnis der Jünger, das Kommen des Reiches stünde unmittelbar bevor, erkläTen läßt. Auch im Abendmahlsbericht also sind Positionswechselaxiom und Fschaton eng verbunden. ln U 12,37 wird diese enge Verbindung ausdrücklich auf die Parusie bezogen: Wenn Jesus kommt, wird er bei TISch den ~. die den ~erwartet haben, dienen'. Für U ist das Mahl der Kristallisationspunkt ffir den Positionswechsel. Die MahlgemeirlSchaft symbolisiert die Integration der VertoTenen und damit den Auftrag Jesu. Dabei ist Jesu Rolle die des TtSChdieners. Als Diener ist er der Retter der VerioTenen, als Diener setzt er den eschatologischen Positionswechsel in Gang.
Die Forderungen an die Jünger Paränetisch begründet U die Forderung, zu dienen, vor allem eschatologisch. Er wendet sich vomehmHch an reiche Olristen. 'Noch am K~uz int~gritrt er einen Ausgestossc:ntn: d~n mitgtk~uzigt~n Vtrb~chtr. Auch hi~r findet sich die tschatologischt Dimension, die von Jesus individualisiert wird. 1 Lk 4, 18-21; 6,20-22. Vgl. Bovon, Lukas I, S. 210ff und 293ff. 1 Zur Grupp~ der Vtrlo~ntn gehö~n auch di~ ~ichtn Zöllner wie Zachäus. Stint Wiederaufnahmt z~igt sich tbtnfalls an der Mahlgtmtinschaft. Zachäus lädt Jtsus ~in und teilt seinen Btsitz auf. 4 Das zw~it~ Vorkommen der ~rbal~n Variant~ dts PositionswtchSti-Loglons d~utet die Beispielerzählung vom Pharisäer und vom Zöllner. Auch hier wird die Annahm~ dts Marginalisierten und Vtrlo~n~n als PositionswechStl g~d~ut~t; der Erhöhung dts Ausgtschlosstntn entspricht dit Ablehnung des Menschen, der eint Position in d~r Mitt~ der Gts~llschaft inn~hat. Kriterium ist die 8~ r~itschaft, der Erhöhung dts Niedrigen zuzustimmen. s"Stin gtsamtts Wirk~n ist Dienst (Lk 22,27), bti dem ts darum geht, "das Vtrlo~t zu suchen und zu ~tttn" (Lk 19,10). Di~n Rettungs- und Htimholungsditnst vollbringt Jtsus nicht nur in den Heilungstaten, sondern vor allem in d~r Annahmt der Sünder (Lk 7,35-50; 19,1-10) und in der Deutung s~ints Vtrhalt~ns ( 15,1 f.3-32)." Radi, Lukas, S. 106. 6 01~ Überlieferung ähnelt der in Mk 10,35-45, ist aber von ihr unabhängig. 7Lk 22,19ab.20 frhlen im Kodtx D (05) und bti ~inigtn altlattinisch~n äugen. ln diesem Kurzttxt findet sich also kein~ sottriologische Dtutung dts Todts Jtsu; sollt~ ditstr Kurztext doch 11rsprünglich sein, wä~n Tod Jesu und PositionswtchStlaxiom bei Lk nicht ~rbundtn. "Vgl. Joh 1J, 4; vgl. Bovon, Lukas 11, S. 328f.
Der Parabel vom großen Abendmahl ist unmittelbar eine Gemeindebelehrung vorangesteßt Sie ist zweiteilig und wird vom verbalen Grundtyp des Positionswechsellogions in Vm 11 gegliedert. ln den Vmen 8-10 ermahnt er die Gäste. nicht den Ehrenplatz zu suchen, sondern bescheiden zu sein. Dieser Bescheidenheit folgt die besondere Ehrung, weil der Gastgeber sie bittet, "heraufzurücken". Die Mahnung unterscheidet sich nicht von denen, die wir in der jüdischen Weisheit finden •. Durch Vm 11 wird sie jedoch eschatologisch begrunder. Der Schwerpunkt der Ermahnung liegt jedoch auf dem zweiten Te11 (12-14). Reiche Ouisten werden aufgefordert, Arme einzuladen. Damit malten sie sich wie der Gastgeber beim großen Abendmahf. Lk ~ndert also das lmitationsmotiv: Nachgeahmt werden soll nicht der sich selbst erniedrigende Jesus, sondern Gott selbst4 • Die Aufforderung wird eschatologisch begründet~: Wer sich so mält, erhält Lohn "bei der Auferstehung der Gerechten': Lk stellt diese Erwartung an die Gastgeber, also an die Reichen, in den Zusammenhang seiner zentralen ethischen Forderung, Besitz zu te~len. Besitz gilt vor den Menschen als statussteigemd. Bei Gott ist er jedoch ein ~ (Lk 16, 15). Wer seinen Besitz fiir sich selbst benutzt und seine Macht einsetzt, um Untergebene zu mißhandeln, 'JeTf.illt dem Gericht Gottes (Lk 12,45f). Reichtum und Macht soßen in den Dienst Gottes gestellt werden, d.h. sie sollen von den Übergeordneten gerecht \erteilt werden (Lk 12,42)'. Reiche Ouisten, die sich so ~alten, entgehen dem Gericht Gottes über die Reichen und erfahren sogar eine Statuserhöhung durch Gott (Lk 12,33.44). Auch diese Aufforderung begründet Lk eschatologisch. Indirekt \mtärkt er diese Begründung christologisch. Der wadlsame Knecht, dem der wiederkommende Herr dient, ist identisch mit dem, der "der DienetSchaft Qlbt, was ihnen zusteht" (Lk 12,42). Wer seine Untergebenen mißhandelt und die anvertrauten Güter nicht geredlt \erteilt, sondern sie nur fiir sich selbst ~det, hat ~essen. daß Jesus kommen wird (Lk 12,4sr. Der eschatologische Lohn ist der Dienst des~. Von einer Imitation ist hier nicht die Rede. ln der Abendmahlsperikope wird die Aufforderung zu dienen durch Jesu Dienst begründet. Hier begegnet das lmitationsmotiv. Die Plazierung erklärt die Aufforderung zum Sta~cht zudem als Grundsatz fiir die Zeit der Kirche'.
Vgl. Prov 25,6f; Sir, 30; 3,17f. Vgl. Bultmann, GTS, S. 108. Rabbinisch~ ~l~g~ ~i Strack I II, S. 204. \tgl. Bovon, Lukas II, S. 483. \tgl. ~bd .. 4 Das ~ntspricht d~r Th~ologi~ d~s Lk, d~r J~us als V~rkündig~r d~ gütig~n Vat~rs. d~r Hoffnung für di~ Arm~n schild~rt. Vgl. Lk 4, 18. J~us w~ist di~kt auf Gott. Vgl. Radi, Lukas, S. 79. \v~lch~ B~d~utung di~ Eschatologi~ ~i Lk hat, ist urnstritt~n. Vgl. Radi, Lukas, S. 130f; 133f. ln d~r Parän~~ ~ntspricht di~ ~schatologisch~ B~grOndung d~r T~nd~nz b~i Lk, J~su Wirk~n als Vollzug d~s ~schatologisch~n Hand~lns Gott~ zu ~ch~ib~n. 6 Di~ lk Aussag~n zum Th~ma R~ichtum sind spannungswll; ~r .hält ~rschi~d~n~ Möglichk~it~n offrn· (Radi, Lukas, S. 124), sowohl d~n B~it~rzlcht, als auch di~ Wohltlitigk~it, di~ ~i~n Ausgl~ich zwisch~n Arm~n und R~ich~n schafft, 7 Vgl. Bovon, Lukas II, S. 337. 'vgl. Radi, Lukas, S. I I 7. 1
Bill~~ck
208 Vor Beginn der Passion lehrt Jesus seine Jünger, wie sie sich in der Zeit bis zu seiner Parusie \erhalten sollen. wkas begründet also durdl den eschatologischen Positionswechsel die zentrale ethische Forderung seines Ewngeliums, das Teilen des Reichtums•, und den soteriologischen Kern der Sendung Jesu, die Suche nach den Verlorenen.
14.3. Zusammenfassung ln den drei synoptischen Ewngelien wird das Positionswechselaxiom dazu ~andt. zentrale Anliegen des Ewngetisten zu gestalten: Mk deutet die Passion Jesu und die leidensnachfolge mit dem Positionswechselaxiom. Mt stellt Jesu als demütigen Lehrer und König dar, verleiht der Demut einen wichtigen Platz in seiner Ethik der besseren Gerechtigkeit und begründet sein egalitäres Gemeindekonzept mit Hilfe von Positionswechsei-Logien. Für Lk ist das Wirken Jesu in den Vordergrund getreten; er schildert ihn als den He~land der Verlorenen. Dabei ~endet er Vorstellungen, die zum Positionswechselaxiom gehören: Indem Jesus die Verlorenen integriert. setzt er den eschatologischen Positionswechsel in Gang. Die reichen Leser seines Ewngeliums fordert er dazu auf, folglich deutet er der Vorstellung wn Gemeinschaft mit den Heiden, bei Lk den Heiland der Verlorenen und den Ausgleich zwischen Armen und Reichen. Auch ffir ihn gehört die Bereitschaft zum Sta~cht zu den Kennzeichen kirdllichen Lebens, wobei er einen besonderen Akzent auf den verantwortlichen Umgang mit Besitz und Macht legt. Lk hebt die eschatologische Begründung der Aufforderung zum Sta~cht deutlich hervor. ln allen drei Evangelien werden christologische und paränetische Aussagen durch das Positionswechselaxiom gestaltet.
15. Kapitel: Das Positionswechselaxiom bei Paulus Das Positionswechselaxiom hat für Paulusl christologische, apostolische und paränetische Bedeutung. Es begegnet in seinen Briefen explizit nicht häufig, strukturiert aber seine Wahrnehmung des Ouistusgeschehens und prägt sein apostolisches Selbstverständnis. Als Apostel übernimmt er die Rolle des sich selbst erniedrigenden Ouistus, um die Hörer seines Ewngetiums zu erhöhen. Dabei \efzichtet er auf seinen Status in der Gesellschaft wie auch auf den eines angesehenen LehreiS in der Gemeinde. Unter den urdlristlichen Aposteln gab es neben dieser paulinischen andere Konzeptionen des Apostetamts. Bei den Gegnern des Paulus im 2. Korintherbrief begegnet eine dieser Alternativen, die ~chsweise rekonstruiert wird; dabei läßt sich auch ein anderer Gebrauch des Positionswechselaxioms ~uten. Paulus überträgt wn seiner Bereitschaft zum Status\efzicht als Merkmal seiner apostolischen Autorität die Forderung nach
1 l
Vgl. Cart~r. ~rvant-Ethic, S. 28. Di~ Unt~rsuchung lxschränkt sich auf di~ Korinth~rbri~f~.
200 Sta~cht
auf ditjenigen innerhalb der Gemeinde, die einen höheren Rang beanspruchen. Wie er sollen sie sich an der Erhöhung der Niedrigen orientieren. Diese Arbeit steht in der Tradition der These Lütgerts', nach der die korinthischen Christen als 'Hyperpauliner' zu bestimmen sind. 1hre Positionen lassen sich als sei~ Aufnahme paulinischer Überzeugungen verstehen, vielleicht sind sie sogar als S)Stematisierungen der d~enten Positionen ihres Lehrers anzusehen. Mit der These, daß Paulus die Rolle des sich erniedrigenden Christus übernommen und zum Kern seines apostolischen Selbstverständnisses gemacht habe, und der Überzeugung, daß mit der Bekehrung für die Glaubenden eine Erhöhung als Partizipation an der Hoheit Christi ~unden sei, steht sie zudem in der Tradition der "m}5tischen Paulusauslegung"2 •
15.1. Status und Statusverzicht innerhalb der korinthischen Gemeinde Zur Gemeinde zu gehören, hat Folgen für den Status ihrer Mitglieder. 1hr Verhalten erfordert die Achtung der eigenen Würde und in einigen Fällen die Bereitschaft, auf Status zu verzichten.
Die Erhöhung der Gemeinde Die Gründung einer Gemeinde bedeutet die Erhöhung ihrer Mitglieder. Die Erhöhung betrifft das Verhältnis der Glaubenden zu Gott und zu den Menschen innerhalb und außerhalb der Gemeinde; sie hat sich an der Gestaltung der gemeindlichen Ordnung und der Beziehung zur paganen Gesellschaft zu bewähren.
Aufforderungen zur Demut fehlen Daß Paulus mit seiner Verkündigung eine Erhöhung der Glaubenden ~indet, läßt sich zuerst dadurch belegen, daß im 1 und 11 Korintherbrief Aufforderungen zur Demut3 und Androhungen von Erniedrigungen fehlen 4• Der Stamm tmrnv• fehlt in 1Kor ganz. 1n 1 Lütg~rt.
F~ih~itsp~digt. Mystik . Di~~ Tradition hat Sand~rs. Paul, th~ Law and th~ J~wish ~opl~. mit ~in~r
1 Schw~itur,
B~tonung drs 'partizipatorisch~n G~dank~ns' für di~ paulinisch~ Th~ologi~ aufg~griff~n und n~u zur G~ltung g~bracht. Jl Kor 4,21 könnt~ als Androhung von Emi~drigung angrs~h~n w~rd~n. Paulus üb~mimmt di~ Roll~ d~s Vat~rs (I Kor 4,15) mit Züchtigungs~cht und ford~rt di~ Korinth~r dazu auf, sich ihm g~g~nüb~r wi~ Kind~r zu ~rhalt~n (I Kor 4,16). ln di~r Konst~llation kann ~r g~waltsam od~r iv ~rpa.iin-)n agi~r~n (I Kor 4,21); ~r ford~rt di~ Korinth~r auf zu wähl~n. Ganz ohn~ Zw~ifel hat Paulus di~ Absicht, iv npa.iin-)n zu hand~ln. Er b~n~nnt di~ Alt~matM j~doch, um ~in f~hl~ndrs Auftrumpf~n als Ausdruck von Hoh~it zu brstimm~n und di~ korinthisch~ D~utung ~in~ zurückhalt~nd~n Auftr~t~ns als Schwäch~ abzuw~h~n. Vgl. S. 244. ln Röm 12,16 dag~g~n könnt~ man ~in~ Mahnung zur ~mut s~h~n. d~ ~ind~utig nicht an M~nsch~n g~richt~t wird, für di~ D~mut schon von ih~m ni~drig~n Status h~r .dikti~rt· ist. 4 B~rg~r. Th~ologi~grschicht~. S. 489, ~obacht~t. daß auch Aufford~rung~n zum Brsit~rzicht, ~in~r Variant~ drs Statusvtrzichts also, f~hl~n.
210
11 Kor werden die Worte dieser Wortgruppe ausschließlich auf Paulus selbst bezogen1• Er fordert keine Demut vor Gott, und Demut vor Menschen mit Leitungsfunktion lehnt er explizit ab 01 Kor 11 ,20). Die beiden Formen der Demut also, die in der paganen und jüdischen Kultur anerlcannt und gefordert wurden, spielen in der Paränese des Paulus keine Rolle oder werden abgelehnt. Demut dient bei Paulus nidlt dazu, Menschen mit niedrigerem Sozialstatus zu disziplinieren; er fordert weder von Sklaven noch von Frauen, Kindern oder Fremden Demut gegenüber denen, die ihnen übergeordnet sind. Er ~angt sie nicht einmal Gott gegenüber, sondern spricht statt dessen von der Teilhabe an göttlicher Vollmacht und der Perspek~ der Vergöttlichung 01 Kor 3, 18).
Die Erhöhung der Gemeinde in der Anfangsverkündigung 1n der paulinischen Anfangsverkündigung, wie sie sich mit Hilfe der Formel t:iuK oi~ rekonstruieren läßr, lassen sich drei Mo~ erkennen, mit denen die Erhöhung ausgesagt wird: Die Gemeinde wird als Tempel Gottes bezeichnet, mit dem eschatologischen Richteramt betraut und als Letb Christi -.mtanden. (1) Die Gemeinde ist der Tempel Gottes3 . 1n 1Kor 3,16 und 6,19 bezeichnet Paulus die Gemeinde und unabhängig von der Gruppe den einzelnen4 als Tempel Gottes. Der Tempel ist heJliger Bezirl<, und er ist in seiner Pracht Hoheitssymbol fiir die Doxa Gottes5• Gott ist in seinem Geist in und unter ihnen anwesend. Die Gemeinde und jedes Gemeindemitglied repräsentieren Gott im Gegenüber zur Gesellsdlaft. (2) Die Gemeinde ist mit dem eschatologischen Richteramt betraut 0 Kor 6,2). Die Gemeindemitglieder partizipieren damit an der im Recht
1 11,7; 12,21; 10,1; 7,6. \tgl. W~iß, 1. Korinth~rbri~f. S. 84. Sätze, di~ mit oVK oi1a:n b~ginn~n. vtrw~istn auf di~ Anfangsvtrkündigung d~ Paulus und d~n urchristlich~n Konstns. Si~ hab~n im~r di~ Funktion, durch d~n R~kurs auf unumstritt~n~ Wahrh~it~n paulinisch~ Aussag~n und Position~n zu b~gründ~n. Von d~n z~hn B~l~g~n in I Kor lass~n sich si~b~n in &zi~hung zur Tauf~ sttz~n und ~amit auch in d~r Anfangs-.'trkündigung vtrort~n. "vgl. Horn, Ang~ld, S. 66, w~ist darauf hin, daß das Einwohnungsmotiv ursprünglich vom T~m~lmotiv g~trtnnt vorlag und Paulus si~ ~rknüpft hab~. B~id~ Motivt s~i~n typisch für di~ frühpaulinisch~ Pn~umatologi~. lnt~~nt ist übrig~ns auch, daß das Einwohnungsmotiv, das in J~s 57,15 mit d~m ~mütig~n und Ni~drig~n vtrbund~n ist, nicht daran g~knüpft bl~ibt, sond~m sich mit d~m T~mp~lmotiv ~rbind~t. 4 Di~ Bai~hung d~ Bild~s auf das ~ ist sp~ziflsch paulinisch. Wi~ massiv di~ Erhöhung b~haupt~t ist, fällt im Vrrgl~ich zu II Kor 5, 1 auf, wo das ~ mit ~in~r cntfiYii verglich~n wird ~in~m vtrgänglich~n und schlicht~n Ding. Di~~ Bild b~g~gn~t auch in d~r h~ll~nistisch~n Lit~ratur pft. ln Kapit~l 6 dag~g~n ist von d~r Ni~drigk~it d~ ~ k~in~ R~d~. 'Di~ Vorst~llung, daß di~ ~~~~. das lnn~~. Ort d~r An~~nh~it Gott~ sti, find~t sich auch in d~r Stoa, b~i Epikt~t (Diss 1,4,6.12f und 11, 8,12-14) und ~n~ca (Ep 41,1-3). Schon dort hat si~ di~ Funktion, ~in~n statusunabhängig~n W~rt d~ M~nsch~n zu b~gründ~n. Epikt~t (11,8,12-14) sch~ibt: w... W« oi~ m 6ttiv -rpt~,,. 6ttiv 'N'IIIi(f,,; 6ttiv TffPI~Pf'' ~ .. :. Er vtrbind~t mit d~r Vorst~llung also durchaus auch l~iblich~ Asp~kt~. &i Philo (Som 1,149; Sobr 62f; Ch~r 98f) ~g~gn~t di~ Vorst~llung als ~in Bild für d~n Aufsti~g d~s M~nsch~n zur Gotth~it. Daß Gott in di~ ~~~~ ~inzi~ht, sttzt voraus. daß si~ g~~inigt ist und ~i von and~~n wMächt~nR. T~mp~l ist auch dort wErhöhungsm~taph~rR in ~in~r Variant~. di~ wR~inh~itR b~tont. Vgl. Mich~l. Art. ~. s. 884895.
211
gründenden Madlt Gottes als Sdlöpfer und einziger Gott1 • Sie ~ten Gott gegenüber der menschlidlen und übmnenschlidlen Welt. lhre Zugehörigkeit zur Welt Gottes äußert sidl in ihrer Hetligkeir. Mit oi ätyro, wurden bislang nur die Prieste? und die Enger' bezeidlnet. Jetzt werden audl Gemeindeg6eder als Hetlige betitelt Sie werden damit in die Welt Gottes erhöht. Das geschieht durch ihre Verbindung mit Jesus Onistus und dem Geist 0 Kor 1,30; 6,11 )5. Dem korrespondiert die Distanz zur "Welt" und die Anforderung der Reinheit. ln 5,6 warnt Paulus mit der Sauerteigsmetapher wr Vermischung und Verunreinigung6 • Der l.asterbtalog in 6,9 erinnert an die Erbwürdigkeit. die durch bestimmte Verhaltensweisen verloren werden kann7• Der l.asterbtalog besdlmbt diese Unwürdigkeiten. Dabei steht das sexuelle Verhalten im Vordergruncl'. Die Erhöhung verlangt nadl einem statusangemessenen Verhalten. das deutfirn an jüdischen Vorstellungen orientiert ist9 • Mit der Vorstellung wn der Übertragung des Ridlternmts greift Paulus auf Erhöhungswrstellungen zurück, die in den apokalyptischen Sdlriften Palästinas eine widltige Rolle spielen. Zwar bletbt die Aufgabe, über Welt und Engel zu ridlten, eine zukünftige, gleidlwohl ist die Übertragung des Amtes bereits geschehen und äußert sidl in der Übernahme wn Ridlterfunktionen. Die Erhöhung ist schon wllzogen. 1 Hübner, Theologie 11, S. 145, nutzt die Erinnerung an die Übernahme des Richteramts durch die Christen und die Erinnerung ans Endgericht dazu, die Relevanz .des Forensischen" herauszustellen. Er hebt den folgenden Satz drucktechnisch hervor: .Wer vom Forensischen gering denkt, denkt vom Menschen gering" (S. 145). Er ~rsteht also die Betrauung mit dem Richteramt bzw. die Heranziehung zum Gericht als Ausdruck der Würde und der Größe des Menschen. Auch Hübner als Anwalt .des Forensischen" anerkennt also, daß die Befähigung zum Richteramt Ausdruck von Hoheit ist. Diese Hoheit ist partizipatorisch, sei es protologisch oder eschatologisch. Die Verhaltensanforderungen, für deren Mißachtung man zur Verantwortung gezogen wird, lassen sich als .Standesethik", als Ausdruck des Hoheitsbewußtstins der Erwählten Gottes ~rstehen. Das 1Forensische" ist nicht eine Altemativt, sondern ein Bestandteil des .Partizipatorischen". Das Thema .Heiligkeit" ist schon in der AdTtSSe des Briefts, in I Kor I,2 besonders betont. Vgl. Schrage, I. Korintherbrief I, S. IOJf. 1 Alle Christen ~rmögen wie die Priester vor Gott zu treten; sie sind geheiligt und von der Welt ~etrennt. Strecker, Theologie, S. 191. Mich!, Art. Engel II, Sp. 64. sl Kor 6, II erinnert an die Taufe. Die Erhöhung zu Heiligen erfolgt also durch die Geistbegabung bei der Taufe. Vgl. Schrage, I. Korintherbrief I, S. 427f. 'Sauerteig symbolisiert in paganer und jüdischer Tradition Unreinheit. Vgl. Plut, Mor II, 659E. Vor dem Passahfest wird er um der Reinheit willen ~michtet. Vgl. Hübner, Theologie II, S. 144. Philo deutet die Asketen (Congr 161) und die Demütigen (Quaest in Ex I, 15) als Ä{l.f.'A. Auch hier wird der höhere religiöse Status als durch Reinheit erzielt beschrieben. Mit der Erwähnung von .alt" und ,neu" spielt Paulus auf die Äonenwende an. Vgl. Schrage, I. Korintherbrief I, S. 380f. Oie Vorstellung vom Ererben des Reiches gehört zu den Varianten der Erhöhungsaussagen. Vgl. Foerster, Art. K).~ «TA., S. 757-786, bes. 779ff. Die Erb- bzw. Erwerbsfähigkeit konnte im Erbrecht ausgeschlossen werden. Von Domitian an waren z.B.•feminae probosae" erbunfähig. Seit der ltx lunia zählten auch di~enigen Freigelassenen zu den Erbunfähigen, die nur im privaten Rahmen - ohne rechtliche Beurkundung - frtigelassen wurden. Vgl. Kaser, Privatrecht, S. 83 und
J28.
5,6 bezieht sich auf eine illegitime Eheschließung, der Lasterkatalog beginnt mit der TrOpWia.. I Kor 6, 19 bezieht die Tempelmetapher auf die umstrittenen Bordellbesuche. '.Unzucht" galt nach .Götzendienst" als das klassische Heidenlaster. Das sexuelle Verhalten wurde in der paganen Kultur als weniger bedrohlich ang~hen und demzufolge weniger reglementiert als in der jüdischen. Vgl. Brown, Body, S. 5-44.
212 (J) Die Gemeinde ist der Leib Christi
0 Kor 6,15). Ob die Metapher hier ekklesiologische
umstritten1•
Bedeutung hat. ist ln der Argumentation hat sie die Funktion, die Beziehung zu Christus und die daraus folgenden Verpflichtungen allen anderen möglichen Beziehungen wrzuordnen. Dabei ist wrgestellt. daß Christus als ~ die höchste Position überhaupt einnimmt; die enge Anhindung an ihn ist deswegen auch eine Erhöhung. 1Kor 6,11 Vclriiert diese Aussage mit dem Bild wm Skl~uf an einen neuen, den höchsten Herm2 • Diese Erhöhungszusagen tragen partizipatorischen Charakter. Mit den ersten beiden Aussagen wird die Hoheit des einen Repräsentanten Gottes auf ein Kollektiv übertragen, indem es zu seinem Leib wird. Die dritte V01stellung überträgt kollektive Hoheit auf einen Repräsentanten. Die Gemeinde ist der eschatologische Tempel, dessen Bau die Nathansweissagung erfüllt3 • Die Gemeinde übernimmt die Richterfunktion des Messias4 • Beide Anschauungen nehmen apokalyptische Erhöhungszusagen auf und gehören in den Vorstellungsbereich des "Gruppenmessianismus". Die Metapher wm l.e1b Christi greift: zum einen eine weit ~reitete hellenistische Metapher ffir ein Staatswesen auf und steht zum andem mit einer Vorstellung in Zusammenhang, die wir bei Philobezeugt finden: Nach dem eschatologischen Positionswechsel, durch den die Juden den ersten Rang innerhalb der Völker eingenommen haben, sind sie dem "Haupt" auf dem l.e1b zu ~leichen5 • Christus repräsentiert den Anspruch des erwählten Volkes auf den ersten Rang unter den Völkern zu ihrem Hell. Die Verbindung mit Christus und die Gabe des Geistes wirken statuserhöhen
1 Vgl. Und~mann, Kirch~. S. 156-159. Di~ M~taph~r ~g~gn~t auß~rd~m in I Kor I, I J: 10, 17: 11,29 und 12,12-30. ln 10,17 und 11,29 ist si~ mit d~m H~mnmahl, hi~r mit d~r Tauf~ (vgl. Kirchhoff, Sünd~. S. 195) ~rbund~n; in I Kor 12,12-20 st~ht nicht das V~rhältnis zum Haupt, sond~rn das d~r Gli~d~r unt~~inand~r im Vord~rgrund. Vgl. dazu das nächst~ Kapit~l. \lgl. Martin, Sla~ry. S. 6Jff. \lgl. B~rgm~i~r. Erfüllung, S. 280, für di~ Qumrang~m~inschaft. Vgl. lk 22,29 parr. sPra~rn 114. Damit läßt sich ~rbind~n. daß Einz~lg~talt~n als .corporat~ p~ronality• für .lsra~l· P.d~r .di~ Erwählt~n· st~h~n könn~n. wi~ z.B. d~r Gott~n~cht. Vgl. St~ck~r. Th~ologi~. S. 195f. Horn, Ang~ld, S. 156f.175, hat das mit V~rw~is auf I Th~ ~tritt~n. Paulus hab~ das Pn~uma ursprünglich nur als G~~r und Garant~n d~r H~iligk~it ~rstand~n. Di~ von ihm als .magisch. bezeichnet~n Elemente d~ Taufverständnisses und di~ .Substanzhaftigk~W d~s Pn~uma seien nicht auf Paulus zurückzufüh~n. Diese Thesen berüh~n m~in~n Vorschlag insof~rn nicht, als ( 1) auch H~iligk~it eine Kategori~ ist, in d~r Erhöhung zugesagt wird, und (2) di~ Homsch~ Unt~rsch~idung von funktional~r und substanzhaft~r ~ch~ibung d~s Pn~uma (S. 156f und 175) in Bezug auf Erhöhung und Erniedrigung w~nig aussag~kräftig ist. lnsof~rn ~s um das G~cheh~n d~r V~rkündigung, mithin d~n Proz~ß d~r Erhöhung g~ht, st~ht ~in punktu~ll~r und funktionaler Asp~kt im Vordergrund. W~nn ~ um das Au~chterhalt~n d~r Erhöhung als ~in~ Zustand~ geht, sei dieser nun mit d~r Kat~gorie d~r H~iligk~it od~r mit d~r d~r V~rsetzung in die ~ b~chri~~n. steht ~in stetig~r ~kt im Vordergrund. Da~i macht ~ sich~r ~i~n Unt~rschied, ob di~r stetig~ Aspekt als u~rlierbar od~r als bedroht ~rl~bt wird, als ~inmal ~ing~flossen od~r als ständig tli~ß~nd. Daß d~r G~ist ~rhöh~nd wirkt, bl~ibt un~rührt.
213
Modelle von Erhöhung in Korinth Idealtypisch lassen sich zwei Modelle von Hoheit' unterscheiden: (1) Hoheit kann als Partizipation an dem einen Gott \eTStanden werden, der über dem ganzen Kosmos und auch über der paganen Gesellschaft als König thront (2) Hoheit kann auch als Partizipation an dem helligen Gott, der der Gesellschaft gegenübersteht, gefußt werden. ln Korinth gerieten diese Modelle miteinander in Konflikt, und mit ihnen ~elen die Gruppen, die sie \etraten, in eine Konkurrenzsituation 1• Zusätzlich ~ärkt wuTde der Streit dadurch, daß das erste Modell auch in der paganen Gesellschaft als statuserhöhend verstanden werden konnte und "in sie hinein" führte, das zweite ihr gegenüber kritisch war und eine Trennung von ihr erforderte. Der Riß zwischen den Gruppen der korinthischen Gemeinde wurde dadurch noch tiefer.
Modell 1: Das Bewußtsein königlicher Hoheit Die Gruppe, die ihre Erhöhung im Rahmen des eiSten Modells versteht, orientiert sich an den Kriterien, nach denen auch in der Gesellschaft Status \erteilt wird. Ihre MitgHeder ve5tehen sich als Angehörige des .dKrX;" des größten Königs. der die ganze Erde in Besitz hat, und entwickeln ein königliches Hoheitsbewußtsein. Sie betrclchten alle Dinge, als seien sie ihr Eigentum. Dabei tetlen sie die Wertschätzungen der Gesellschaft und stimmen ihren Rollenerwartungen zu. Die Statuskriterien dieser Gruppe führen in die Gesellschaft hinein. Das kann auf einen gehobenen Sozialstatus deuten oder einem aufstiegsorientierten Lebensgefühl entsprechen. Zu dieser Gruppe gehören ditjenigen, die den Verzehr von Götzenopferfleisch und außerehelichen Geschlech~ehr für erlaubt halten. Das Essen von Götzenopferfleisch: Hoheit als Erkenntnis des einen Gottes und die Unmöglichkeit kultischer Unreinheit I
Martin, Body, untersucht das Körperkonzept der griechisch-römischen Antike und bestimmt - über den Umweg der Krankheitsvorstellung - zwei grundlegend vtrschiedene Konzepte, die jeweils statusabhängig seien. ln der Oberschicht sei die Vorstellung vtrbreitet gewesen, daß Krankheit eine Disharmonie, eine fehlende Balance der körperlichen Kräfte und Elemente sei und es folglich darauf ankomme, in seinem Körper Harmonie herzustellen und einen Ausgleich zu schaffen wie in der Polis. ln der Unterschicht dagegen sei die Überzeugung vtrbreitet gewesen, daß Krankheit durch die Invasion von außen, durch Dämonen z.B., ausgelöst sei und es deswegen darum gehe, sich vor dem Eindringen fremder Mächte zu schützen. Martin vtrsteht nun die Haltung der .Bordellbesucher", der Götzenopferfleischesser und der sexuellen Asketen als Ausdruck der Oberschichtsmentalität. ln tJen Fällen der .Bordellbesucher" und der .Götzenopferfleischesser" stimme ich dem zu, sofern man statt von .Oberschicht" von Menschen mit .gehobenem Sozialstatus" spricht. Hier geht es um Abgrenzungsfragen, und die Bordellbesucher und Götzenopferfleischesser zeigen dabei eine offensivt Mentalität, die sich in die Beobachtungen Martins, diese Anschauung entspräche der Weltsicht eines Polisbürgers, durchaus einfügen. Im Fall der sexuellen Asketen kann ich nicht zustimmen. Das betrifft auch die Einordnung der Zungenredner als Menschen mit gehobenem Sozialstatus durch Martin (s. Anm. S4). Vgl. S. 217f.
214
ln den Kapitel 8-10 beschäftigt sich Paulus mit dem Thema ..f~". Die Einffihrung des Gegenstands mit ~ ~ weist darauf hin, daß ein Thema der Korinther zur Sprache kommt. Die pauHnische Stellungnahme läßt erkennen, daß es in Korinth GemeindemitgHeder gab, die Götzenopferfleisch aßen und das mit der Erkenntnis Gottes als des Einzigen begründeten (8,4t). Daß bestimmte Speisen kultisch \e'UTlreinigen, ist eine gemeinantike Vmstellunif. Für die jüdischen Diasporagemeinden war das Einhalten der Speisegebote ein wichtiges ldentitätsmerkmal, das die Grenzen der Gemeinschaft bestimmte. Das betrifft die Selbst-3 und die Fremdwahrnehmung4 • Im ersten Jahrhundert n. Chr. problematisierte Apollonius von Thy.ma den blutigen Opferkult Er lehnte in v.ythagoreischer Tradition Tieropfer und damit auch den Aeischgenuß ab, der ihm als unrein galt und von dem er meinte, er ~unkle den Geist5 • Philo berichtet von den Therapeuten, daß sie mit einer ähnlichen Motiwtion auf Wein- und Aeischgenuß ~chteteT{ Für die jüdischen Diasporagemeinden war der Verzicht auf das Opferfleisch paganer Götter sel~ändlich7 • Dieser Verzicht ist nach fvj 15,20.29 auch ffir die Heidenmission verbindlich gemacht worden. Vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Einschätzungen scheint eher der Verzicht auf Aeisch, auf Opferfleisch und - aus jüdischer Petspek~ - auf die Teilhabe am paganen Kult Ausdruck religiösen Hoheitsbewußtseins zu sein. Um so erstaunlicher ist, daß in Korinth anscheinend Gemeindemitglieder ihren Aeischgenuß mit reHgiösem Hoheitsbewußtsein verbanden. Dafür sprechen die folgenden Beobachtungen: Das Essen von Götzenopferfleisch galt einigen in Korinth als erlaubt, weil sie die Erkenntnis hatten, daß es nur einen Gott Qlbt 0 Kor 8,4.7a)8 • Damit beriefen sie sich auf ein Konstitutiwm ffir die MitgHedschaft in der Gemeinde 0 Kor 8,1 ab.7). Sie argumentierten damit sehr fundamentaf. 'Daß di~ Konflikt~ in Karinth als Folg~ d~r paulinisch~n V~rkündigung, ih~r Eins~itigk~it~n und zu g~lt~n hab(n, ~rtritt B~rg~r. Th~ologi~g~schicht~. S. 500f. \lgl. Strathmann, Art. Ask~~ I, Sp. 759. 'JosAs 7 ,I. Vgl. Sand~rs. Judaism, S. 214-217.237. 4 1uv, Sat 14,96-106. Vgl. H. F~ldman, J~ws and G~ntil~ in th~ Anci~nt World. Attitudes and lnt~ractions from Al~xand~r to Justinian. Prin~ton 1993, S. 167-170. sPhilostr, VitAp I, 8: ~ olin "~ KtU niviiOIÄI7fAXWO~". 'vitCont 34f. Philo st~llt di~ Nahrungsask~ unt~r das Stichwort f.r~epti.Tfla., di~ ~r in sokratisch~r Tradition als ~,W...ov d~r Tug~nd~n b~z~ichn~t. Vgl. VitCont 7Jf. W~in gilt als "~ ~ov" (74), vom A~isch ist das nicht ausdrücklich gesagt, l~gt sich w~g~n d~r Parallelität b~id~r ~flzit~.
G~nußmitt~l ab~r nah~.
Vgl. Sand~rs. Judaism, S. 216. Sand~rs ~rmut~t. daß zwisch~n ~in~r st~ng~~n Richtung, di~ Haus nur d~n V~rz~hr von pflanzlich~r Nahrung und Wa~r ~rlaubt~. und ~in~r lib~ral~n. di~ wi~ Paulus ~s in I Kor 10,27 ~mpfl~hlt, unt~rschi~d~n wurd~; di~ lib~ral~ Richtung ~rzicht~t~ darauf, die Nachforschung nach d~r H~rkunft ~rbindlich zu mach~n. Unb~rührt davon bli~b. daß Götunopf~rfl~isch und W~in od~r Öl, von d~n~n ~in Trankopf~r ausg~goss~n word~n wa~n. Tabu bli~b~n. Umstritt~n war nur, in w~lch~m Ausmaß Nachforschung nötig ~i. Vgl. Schrag~. I. Korinth~rbri~f II, S. 217. 'vgl. Schrag~. I. Korinth~rbri~f II, S. 221: I Kor 8,1.4 s~i~n korinthisch~ Zitat~. 'W~nn man ~~ auf di~~ fundamental~ Einsicht b~zi~ht, wird auch ~rständlich, warum "all~" si~ hab~n soll~n. Aus d~m d~skriptMn Satz muß dann k~in normati~r g~macht w~rd~n. G~g~n Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 229. Di~~ V~rmutung st~ht in Spannung zu I Kor 8,7a. Paulus 7
auß~r
215 Diese Erkenntnis verbinden sie mit dem Anspruch auf Größe. Das ist daraus zu ersehen, daß Paulus sich genötigt sieht. ihn als "unsofide.. und "aufgeblasen.. 0 Kor 8, 1) zu kennzeichnen. Ihr Größenanspruch war komparativisch; die "Fleischesser" beanspruchten Überlegenhcit über diejenigen, die darauf ~chteten 0 Kor 8,8)1• Ihren Statusanspruch drückten sie durch die Selbstbeze;chnung als Starke und die Benennung ihrer Gegner als Schwache aus2 • Außerehelicher Geschlechtsverkehr: Hoheit als Erhabenheit gegenüber den Gesetzen
ln I Kor 6,12-20 geht es um "Besuche bei Prostituierten.. und außereheliche Sexualkontakte3• Fs ist schwer zu erkennen, wie die Korinther selbst ihre außereheHchen sch~ibt,
daß tbtn nicht allt ditst Erkenntnis hätttn. Di~ Spannung läßt sich m.E. trheblich mildem, wenn man in Erwägung zitht, daß dit fi', BE~ Formtl dit Übtrztugung dtr ..Starktn~ witdtrgibt (vgl. Conztlmann, 1. Kor, S. 172). Dit Übtrztugung von der Schöpfungsmittlerschaft des !CUp,~ und stintr daran gebundtntn eschatologischen Rollt gibt einem monistischen System den Vorzug (vgl. auch I Kor 10,26 und Withtrington, Conflict, S. 198: .Jesus is setn as tht divine mtdiator of both creation and redtmption. Tht argurntnt, that this passage is just soteriological, not also cosmological creatts a falst dichotomy ..:). Dtr ganze Kosmos wird zum o1K~ des !CUp.~. ln diesem Haus müsstn dit Familienmitglieder di~s Herrn keine Berührungsängste haben. Menschtn dagtgen, die mit ih~m Monotheismus eher dualistische Systernt ~rbandtn, hatttn sie sehr wohl - auch dann, wenn sie der Formel ~rmutlich zugestimmt haben werden und ihr Monotheismus natürlich tief ~rwurzelt war. Vgl. Schrage, 1. Korintherbritf II, S. 246. Witherington, Conflict, S. 187, wendet gtgen di~ ~nicht-elitä~~ Otutung ein, daß ts sich um einen Slogan der Starktn zur Legitimation ihrer Praxis handeltt und nicht die Überzeugung der Schwachen oder des Paulus widergäbe. Ditser Einwand ist jedoch nur dann plausibel, wenn (a) die Starktn ih~ Praxis offensiv und nicht deftnsiv mit diestm Satz legitimie~n wollten und (b) sie damit polarisie~n und nicht inttgrie~n wollten. 'Daß I Kor 8,8 eint korinthischt Parole ist, läßt sich nicht halten (Schrage, 1. Korintherbrief II, S. 252f; vgl. Söding, Starke, S. 82f). Paulus korrigiert vielmthr die Vtrmutung der Starktn, daß ih~ Praxis einen Statusgewinn vor Gott bzw. innerhalb dtr Gemeinde anzeige (Schrage, 1. Korintherbritf II, S. 260). ln dtr Gtstllschaft erbrachte das Essen von Götzenopftrfleisch ~rmutlich eher tintn Statusgewinn, wtil es dit Teilnahmt an Vtranstaltungen ermöglichte, die wirtschaftliche Vorteile (~w und TrfPII1Yif'iJw könntn auch den wirtschaftlichen Mangel oder Vortell bezeichnen - vgl. Phil 4, 12) brachten und den Umgang mit Statushöhtren ~rsonen bedtutettn, zumindest schloß der Verzicht von solchen Vorteiltn aus und ftsstlte ~dit Schwachen~ zusätzlich an ih~n niedrigen Sozialstatus. \tgl. auch I Kor 10,22, wo Paulus ironisch die Überzeugung von der Stärke der Götzenopftrfleischesser aufnimmt. Ob sich darin eint offensivt oder eine defensivt Haltung ausdrückt, ist m.E. schwer zu tntscheiden. Dtr Anspruch auf Übtrlegenheit scheint auf eine offensivt Haltung zu deuttn; andererstits aber standen für dtn Verzicht auf Reischgenuß als Ausdruck der ~ligiöstn Hohtit die wtitaus btsSe~n Argumente und die stärkeren Traditionen zur Verfügung. Das Argument, das uns als Basis ih~r Praxis btkannt wird, ist nicht sthr subtil, sttzt keine besondere Bildung voraus. Die Btgründung mit der Einzigkeit Gottes und damit einem ~Grundsatz gemeinsamer Überztugungtn~ könntt zudem darauf hindeuten, daß sit damit um Zustimmung für ih~ Haltung bti dtn Asktten warbtn. Das könnttn Hinweist darauf stin, daß die JFieisch~r~ in die Dtftnsi~ gtraten wa~n und die Flucht nach vorne angetreten hatttn. Mit mJp~~Eia. beztichnet Paulus nicht nur Stxualkontakte mit Prostituierten, sondern alle stxuellen Kontaktt außerhalb einer legitimtn Eht. Vgl. Kirchhoff, Sünde, S. 67ff. Dennoch stitn es überwiegend Prostituierte gcwestn, ~zu dtntn dit Ad~ssaten von I Kor 6,12-20 nichteheliche
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Sexualkontakte eingeschätzt haben. Daß es sich unter dem Schlagwort ..m.ivra. #J.OI ~" 1 um eine programmatische Praxis handelt. ist angesichts der moderaten Argumentation des Paulus unwahrscheinlich2 • Andrn als im rnten ..Unzuchtsfall" 0 Kor 5, 1-5) droht Paulus nicht direkt mit Konsequenzen rur die Gemeindezugehörigkeit oder fUr das eschatologische Hetl. Daß die Korinther aber andererseits noch naiv einer paganen Praxis anhängen, ist angesichts des Ulsterkatalogs in 6,9, der mit oiJK oi~ eingeleitet wird, also Bekanntes bringt. und der Erinnerung an die VerkündilJUng bei einer Gemeindegründung, wie sie in I Thess 4,2f begegnet, auch nicht plausibel". Die Parole läßt sich auch nicht aus der Debatte um die Gültigkeit der Tora als Ausdruck des Bewußtseins, über den Regeln zu stehen, ableiten4 • Eine pagane Parallele aus dem politischen Herrich ist weiterffihrend: Dio Ouysostomos5 beschretbt den König als denjenigen, dem alles erlaubt ist. Die Vorstellung, daß der Herrscher den Gesetzen nicht untergeordnet sei, sondern über ihnen stehe, findet sich häufiger. Gerade aus der Perspektive ..von unten" kann diese Vorstellung plausibel gewesen sein. Der Herrscher ist ja allen übergeordnet und muß keinem gehorchen. Der Ausruf ..m.ivra. #J.OI e~O'Till" könnte ein königliches Hoheitsbewußtsein anzeigen. Die Zusammengehörigkeit der .Starken· und derjenigen, die nichteheliche Sexualkontakte haben
Dafür, daß die .. Aeischesser" mit denjenigen, die außereheliche Sexualkontakte haben, zu einer Gruppe gehören oder sogar identisch sind, sprechen folgende Beobachtungen: (1) Zwei formelhafte Wendungen begegnen nur im Zusammenhang der Götzenopferfleischdebatte und in 1 Kor 6,12-20: der Ausruf~.. und die Formel "m.ivra. ~... (a) 1n 1 Kor 6,18 ruft Paulus dazu auf, die ~ia., in 1 Kor 10,14 die E~ zu fliehen 6 • 1n beiden Fällen behauptet Paulus eine Konkurrenz zwischen der Zugehörigkeit zum ~ und der zu einer anderen Machtsphäre. Unzucht und Götzendienst sind zudem die beiden ..klassischen Heidenlaster", die negativ für die s~xu~ll~ Kontakt~ aufnahm~n~.
Ebd., S. 196. Zur sozial~n Situation und zum g~sellschaftlich~n Status wn Prostitui~rt~n vgl. Kirchhoff, Sünd~. S. 47-65. 1 wDaß Paulus mit d~n V~~n 12a und 12c di~ Losung freih~itsstolz~r Korinth~r ziti~rt. ist h~ut~ fast allg~m~in an~rkannt ... R. Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 10. lG~g~n Conz~lmann, 1. Korinth~rbri~f. S. 1J 1, und Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 1Jf. 1 G~g~n Kirchhoff, Sünd~. S. 83.101. Vgl. Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 11. 4 Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 15, ~rst~ht di~ Parol~ als Ausdruck d~s korinthisch~n. lib~rtinistisch~n Fr~ih~it~rständniss~s und ziti~rt ~in~~its stoisch-kynisch~. ande~rs~its gnostisch~ Parall~l~n. Zur Frag~. ob d~r Satz ursprünglich in di~ D~batt~ um di~ Gültigkeit d~r Tora ~~hört ha~. vgl. ~bd., S. 17f. Dio Chrysostomos 111,10: RD~nn w~r braucht~ ... maßvoll~r~ B~onnenheit als d~r. d~m all~ erlaubt istr Dio g~ift im di~kt~n Anschluß auf d~n von ~neca ~rwend~t~n Vergl~ich d~ Herrsch~rs mit d~r Sonn~ (vgl. Kapit~l 6), di~ nicht verborg~n bl~ib~n kann, zurück (111, II ). 6 Di~ Formuli~rung~n sind nicht ganz id~ntisch. ln 1 Kor 6,18 st~ht ~i ~w als V~rb d~ M~id~ns d~r Akkusativ; 1 Kor 10,14 st~ht ci.mi plus G~nitiv. Ein ~d~utungsunt~rschi~d ist damit nicht g~g~b~n.
217
Identität der jüdischen Diasporagemeinden bedeutsam waren. Die parallele Fonnulierung und die inhaltHche Verbindung beider Aufrufe deutet auf ihre Zusammengehörigkeit hin. (b) Die Parole "~ IJ.Of f9:cmv" leitet in I Kor 6, 12 die Behandlung des Themas "nichteheliche Sexualkontakte" ein. ln I Kor 10,23 fUhrt Paulus damit seine abschließenden zusammenfassenden Regelungen und Anweisungen zum Thema Götzenopferfleisch ein. Paulus behandelt das Thema unter der gleichen FragesteDung und in Abgrenzung zur gleichen These wie das Thema nichteheliche Sexualkontakte. Das deutet darauf hin, daß di~igen, die nichteheliche Sexualkontakte hatten, und die "Aeisch~ in gleichen Kategorien dachten, und macht es wahrscheinHch, daß es sich um dieselbe Gruppe von Menschen handelt1• (c) Ein weiteres Motiv begegnet gehäuft im 'Vgl. Conz~lmann, 1. Korinth~rbri~f. S. 132: So üb~J"QRift di6e Parol~ d~n gesamt~n Inhalt d~r 6-10. • Darüb~r hinaus läßt ~ sich m.E. wahrsch~inlich mach~n. daß d~r Satz .ncivn& ;{fcmv· ursprünglich zur Frag~ nach d~r G~ltung d~r jüdisch~n Sp~is~g~bot~ g~hört~. von da aus auf di~ Götz~nopf~rfl~ischd~batt~ üb~rtrag~n und auf d~n B~reich ~xualität ang~wcnd~t wurd~. B~haupt~t wird also nicht, di~ Parol~ in I Kor 6,12 s~i aus d~r Götz~nopf~rfl~ischd~batt~ ~ing~drung~n. sond~m b~id~ Parol~n schlö~n sich an di~ Üb~rz~ugung von d~r R~inh~it all~r Sp~is~n an. Daß di~ S~is~g~bot~ nicht m~hr in G~ltung st~h~n. g~hört~ zur paulinisch~n V~rkündigung (I Kor 8,8). Paulus formuli~rt das in Röm 14,20 in ~in~m Satz, d~r d~r Parol~ aus I Kor 6, 12; 10,23 nicht unähnlich ist: .mi.vrG Kcr.Bapci•. ln Mk 7,17-23 find~n wir ~in~ ~ot~risch~ Jüng~rb~l~hrung zum Th~ma .kultisch~ R~inh~it und Sp~~g~bot~"'. Daß ~s sich um ~i~ ~sot~risch~ Jüng~~l~hrung hand~lt, kann ~in Hinw~is darauf ~in, daß Mk hi~r s~in~ Position in d~r urchristlich~n ~batt~ zur Frag~ nach d~r Gültigk~it d~r Sp~is~g~bot umreißt. Er faßt si~ in Mk 7, 19c zusamm~n: .Ka.Ba.pi{wv nAVTI.I Tri ~Ta.·. Di~ Wortwahl und di~ Kürz~ d~r Formuli~rung z~ig~n ~in~ Näh~ zu Sätz~n wi~ Röm 14,20 und d~n Parol~n in 1 Kor 6,12; 10,23. ln Mk 7,17-23 w~rd~n KoJ..ia.. ~ und nAVTII ~rw~nd~t. um das Th~ma S~i~g~bot~ zu ~rhand~ln. KoJ..ia. und ~ b~g~gn~n auch in I Kor 6, 13. ~reits di~ Wortwahl d~ut~t also darauf hin, daß di~ Parol~ nliVTII t'{fcmv in d~n Th~~nb~reich .Gültigk~it d~r Sp~is~g~bot~· g~hören könnt~. Dafür spricht w~it~r I Kor 6, 13. Paulus wcnd~t sich dort g~g~n ~in~ Parall~lisi~rung von .Ess~n· und .S~xualität". Di~ Argum~nt~ dafür sind gut. KoJJa. kann nicht nur di~ V~rdauungs-, sond~m auch di~ Fortpflanzungsorgan~ - ~sond~rs d~r Frau - bn~ichn~n. Hinzu kommt, daß in d~r Antik~ di~ Fruchtbark~it d~r Erd~ und di~ d~r Frau~n ohn~hin als ~rbund~n galt~n. Di~ Üb~rz~ugung von d~r V~rgänglichk~it d~r ~xu~ll~n ~sond~m~it von Mann und Frau t~ilt~n di~ .Bord~llb~uch~r· mit d~n s~xu~ll~n Ask~t~n. so daß di~ Schlagkraft d~s Argum~nts in d~r Diskussion mit ihn~n ~rk~nnbar wird. ln d~r Tat ist ~ - g~rad~ vom Standpunkt d~ p~n~tri~rend~n Mann~ aus - schw~r ~inzu s~h~n. warum, w~nn all~ Sp~is~ ~rlaubt ist, di~ lmm~rhin d~n M~nsch~n nährt und in s~in ~ig~n~s Fl~isch ~rwand~lt wird, di~ un~rbindlich~n s~xu~ll~n Kontakt~ mit ~in~r Prostitui~rt~n. di~ ihn zwar vorüb~rg~h~nd schwäch~n. a~r - maßvoll g~übt - u~rwand~lt lass~n. nicht ~rlaubt ~in sollt~n. Daß Paulus di~~ Parall~lisi~rung und di6e Argu~nt~ s~lbst ~rst ~inführt, halt~ ich für unwahrsch~inlich. ~in~ G~g~nargum~ntation ist nicht so ~d~nt, daß si~ mit ~ichtigk~it triumphi~ren würd~. Ich halt~ ~s für ~rh~blich plausibl~r. daß di~ korinthisch~n Bord~llb~uch~r s~lbst ~in~n Grundsatz aus d~r ~batt~ um di~ Gültigk~it d~r Sp~~g~bot~ auf d~n ~reich .S~xualität• ang~wcnd~t hab~n. ln I Kor 8,8 rekurri~rt Paulus in d~r Götz~nopf~rfl~ischd~batt~ wi~d~rum auf di~ grundl~g~nd~re Frag~ nach d~r B~d~utsamk~it von .Ess~n· und d~r R~l~nz d~r Sp~is~g~bot~. Das kann als Hinw~is darauf g~lt~n. daß di~ .A~isch~s~r· ihre Praxis mit d~m Rückgriff auf di~ R~g~lung im B~reich S~i~g~bot~ argu~nti~rt~n. Wire, Proph~ts. hält I Kor 7,4 für ~in~ Parol~ d~r korinthisch~n Frau~n. Di~ positi~ Form ~i nämlich nur für Frau~n sinnvoll; daß Männ~r ü~r ihren Körp~r i{ovtria. hätt~n. s~i ohn~hin klar g~w6en. Si~ ~rtritt, daß di~~ Frau~n für si~ i{oama. ~ansprucht hätt~n; 1 Kor 6,12-20 hätt~ di~ Funktion, d~n Frau~n di~ n~gatlvtn Folg~n Ihrer Praxis vor Aug~n zu führen und si~ für di~ Unzucht d~r Männ~r in V~rantwortung zu n~hm~n. Kapit~l
218 Zusammenhang der Themen SexuaHtät und Essen: der (polemische) Ausdruck t/Mn)w1 . Paulus wendet ihn gegen die "Fieisdlesse(' 0 Kor 8,1) und gegen difjenigen, die der illegitimen EheschHeßung, wn der in I Kor 5,1-13 die Rede ist, zugestimmt haben und darauf stolz waren 0 Kor 5,6). Diese müssen nicht mit denjenigen, die nichteheliche Sexualkontakte hatten 0 Kor 6, 12-20) identisch sein, sind aber gewiß eher unter ihnen zu suchen als unter den sexuellen Asketen. Paulus kritisiert ein Hoheitsbewußtsein, das sich in einem bestimmten Umgang mit "Essen.. und ,,Sexualität.. erweist Dabei ist festzuhalten, daß im Faß der illegitimen EheschHeßung ebenso wie im Fall der Bordellbesuche sich dieses Hoheitsbewußtsein auf Verhaltensweisen gründet, die auch im paganen Bereich nicht ausdrücklich legitimiert waren. Für die illegitime Eheschließung betont Paulus das eigens 0 Kor 5, lb); fiir die BordeBbesuche läßt es sich e&hließen2• (2) Das Essen wn Götzenopferfleisch und der außereheHche Geschlechtsverkehr entsprechen dem normalen (aber im zweiten Fall nie theoretisch gerechtfertigten) paganen Verhalten. Gemeindemitglieder, die Bordelle besuchten und Götzenopferfleisch aßen, haben damit lange eingeübte Verhaltensweisen beibehalten3• Unter dieser Voraussetzung gewinnt die Behauptung, daß es sich bei dem Satz mi.vra. ~ um eine korinthische Parole handelt, m.E. an PlaUSJbilität. Als Ausdruck einer programmatischen Praxis läßt sie sich nicht erweisen, wie Kirchhoff gezeigt hat, da es in der Antike keine Gruppen gab, die den sexuellen Kontakt mit Prostituierten propagierten. Vielleicht aber stritten dirjenigen, die nichteheliche Sexualkontakte hatten, keineswegs dafiir, sie zum Element einer programmatischen Praxis zu machen, sondern wollten "nur" defensiv ~indem, daß man sie ihnen untersagte. Um Verhaltensänderungen herbeizuführen, bedarf es starker Argumente (und oft genug auch anderer Machtmittel); um ein Verhalten beizubehalten, reicht es hin zu zeigen, daß das eigene Verhalten den Grundüberzeugungen der Gruppe nicht widerspricht. Eben das leistet der Satz "mivra. ~... Er versteht sich als Folgerung aus zwei Grundüberzeugungen, die wn allen korinthischen Gemeindemitgliedern geteilt wurden: Es ist nur ein Gott. Und: Diese Welt mit ihrem~ ist ~änglich ('-91. I Kor 7,31). Das Verhältnis zur Gesellschaft
Vgl. Martin, Body, S. 69f, d~r di~~ Grupp~ mit d~n in I Kor 4, 18 mit d~n gl~ich~n Wort~n
1
Errnahnt~n gl~ich~tzt.
lygJ. Kirchhoff, Sünd~. S. 76f. \lgl. Ho~ll. Social Ethos. S. 109, d~r di~ Praxis, Götz~nopf~rfl~isch zu vtrz~h~n. wi~ folgt
charakt~risi~rt: .This is hardly som~ n~w-found fre~dom ba~d upon Christian ·~nlight~n~nt" but rath~r an insist~nc~ upon th~ir right to ~tain th~ social contacts to which they w~r~ accusto~d. justifi~d from a 'Christian' p~rs~ctivt. • ~r B~uch von Bord~ll~n ~ntsprach zud~m d~r lib~ral~n Grund~inst~llung d6 antik~n pagan~n M~nsch~n ~in~m Kö~r g~g~nü~r. Vgl. Brown, Body, S.
26.
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I Kor 12,12-32 könnte an diese Gruppe adressiert sein1• Dafür sprechen die folgenden Überlegungen: (1) Die Vmstellung vom Leib Ouisti begegnet außerdem in I Kor 6,15.11 ,23-29; 10, 16f. Zwar wird die Metapher dabei nid'lt ausdrücklid'l ekldesiologisch 'VefWender, sie dient Paulus aber im Gespräd'l mit den Götzenopferfleischessem, denjenigen, die nid'ltehelid'le Sexualkontakte unterhielten, und den Tridien GemeindegHedern, deren Verhalten er in Kapitel 11 kritisiert, dazu, PlaUS1bilität für seine 1 1 Kor 12, I 5f fonnuli~rt Paulus ~in~n .fiktMn inn~rm Dialog• zwti~r Körp~rgli~d~r. Dab~i drückt ~r das G~fühl von Isolation aus und b~gründ~t 6 mit d~r j~wcilig~n B~ond~rh~it dts Kö~rgli~ds. ln d~n rh~torisch~n Frag~n. di~ d~n .lnn~~n Dialog· abschli~ß~n. vtm~int ~r j~ils di~ Möglichk~it ~in~r T~nnung und Distanzi~rung. Walt~r. lrib, S. 41, voti~rt dafür, daß Paulus hi~r aus d~r Ptrs~ktM d~rj~nig~n sp~ch~. di~ sich mind~rwcrtig fühlt~n. ~in Zi~l ~i ~ ..Abw~rtung~n· durch di~ W~rtschätzung d~r .Vi~lfalt• abzulö~n. V~rs 15f gilt als ~in ld~ntifikationsang~bot für di~ Schwach~n. das darauf zi~l~. ihn~n ih~ Mind~rwcrtigk~itsg~fühl~ zu n~hm~n. Di6~ ~utung st~ht zu d~r hi~r vorgdrag~n~n Position, di~ lribm~taph~r richt~ sich an di~ G~m~ind~gli~d~r mit g~hob~n~m Sozialstatus in Spannung. Es gibt auch ~in~ and~~ Möglichk~it, di~ St~ll~ zu vtrst~h~n: Und~mann, Kirch~. S. 149, macht das Probl~m. das Paulus in d~n V~~n 15f b~hand~lt, im Distanzi~rungswunsch ftst. Di~ Fonnuli~rung von Mind~rwcrtigk~itsg~fühl~n ~tzt~n ~in~ allg~m~in an~rkannt~ Rangordnung d~r Kö~rgli~d~r voraus, für di~ sich k~in~ lndizi~n find~n li~ß~n. Vgl. auch Conz~lmann, 1. Kor, S. 250. D~m schli~lk ich mich an, kombini~~ damit j~doch Asp~kt~ der zu~rst g~nannt~n D~utung. Paulus ~tont im .inn~~n Dialog• das ~wußts~in d~r ~ig~n~n ld~ntität und d~n daraus folg~nd~n lsolationswunsch. Daraus läßt sich ~in Mind~rw~rtig k~itsg~fühl ~rschli~lkn und mit gl~ich~m R~cht ~in Üb~rl~g~nh~itsg~fühl. W~r so ~d~t. find~t s~in~n Platz in d~r G~m~inschaft nicht und ~rk~nnt wcd~r di~ Funktion, di~ ~r für di~ and~m. noch di~. di~ di~ and~m für Ihn hab~n. Aristot, Pol 1 2, 125Ja29 macht di~ G~m~inschaftsfähigk~it und di~ G~m~inschaftsb~dOrftigk~it zum K~nnz~ich~n d6 M~nsch~n im Unt~rschi~d zu Gött~m und TI~~n. Vgl. EthNic 1 5, 1097b 12. ln Kaplt~l 14 wird Paulus d~n Zung~n~dn~m und -~dn~rinn~n. di~ sich in d~r himmlisch~n G6~llschaft vtrort~t~n. ~in~n W~g z~ig~n. ih~ Funktion für di~ m~nschlich~ G~m~inschaft zu ~ntd~ck~n und ~in~n Platz in ihr zu find~n. Di~ Analogi~n sind m.E. d~utlich~ Hinw~is~ darauf, daß .Fuß· und .Ohr· für di~ .H~ilig~n· st~h~n; ih~n lsolatlonswunsch, d~r sich s~kundär aus d~m Wunsch, sich von d~r W~lt zu distanzi~~n. ~ntwick~lt hab~n könnt~. als di~ Stark~n mit ih~r B~~itschaft, sich auf di~ W~lt ~inzulas~n. di~ G~meind~ b6timmt~n. kritisi~rt Paulus hi~r. Das richt~t sich a~r nicht zu~rst - vi~ll~icht nicht einmal Ob~rhaupt - an di~ Heilig~n. sond~m an di~ Stark~n. di~ dazu aufg~ford~rt w~rd~n. di~n lsolationswOnsch~n d~r H~ilig~n nicht nachzukommen. Di~ zwisch~n Mind~rw~rtigk~itsg~fühl und Arroganz schwank~nd~n H~ilig~n mit ih~r g~ring~n Statuskristallisation g~hö~n zum G~m~inwcs~n d~r korinthisch~n G~m~ind~. Das ist ~in wichtig6 Aussag~zi~l d~s Paulus in d~n V~~n I 5f. Vi~ll~icht wurd~n di~ Distanzi~rungswünsch~ d~r H~ilig~n durch di~ G~ringschätzung, di~ si~ durch di~ Stark~n ~rfuh~n. vtrstärkt. W~r M~nsch~n. di~ sich Hoh~itsb~ß~in ~rwo~n hab~n. k~in~n g~acht~t~n Platz in d~r Grup~ zug6t~ht, ford~rt si~ g~rad~zu dazu auf, sich von di~s~r Grupp~ zu distanzi~~n. Ein~ solch~ V~nnutung l~gt I Kor 11,22f nah~. wo Paulus ~s unt~rsagt, di~ schwach~n Gli~d~r zu vtracht~n. 2 G~g~n ~in~ ~kkl6iologisch~ V~rwcndung spricht sich Und~mann, Kirch~. S. 155-59, aus. Da~i spi~lt ~r all~rdings m.E. di~ Näh~ d~r Fonnuli~rung in 10,17 zu d~n ~kk16iologisch~n Aussag~n. b~sond~rs im Blick auf Röm 12,5 h~runt~r. Mitch~ll. R«onciliation, S. II 9, ~tracht~t I Kor 6, 15 als cinführung d~r ~kkl6iologisch~n M~taph~r. di~ Paulus in I Kor 12 ausfüh~. Es ist fraglich, ob in 6, 15 nur g~gt w~rdm soll, daß Christus s~lbst im lrib d~r Christ~n hand~lt, und ob Paulus nicht b~wußt di~ Assoziation mit A~ndmahl und Tauf~ dazu vtrw~nd~t. ähnlich wi~ in 10,16f di~ Konku~nz und Ausschli~ßlichk~it zw~i~r ~zi~hung~n zu ~haupt~n. Zuw~i~n wird d~n .Gnostik~m· in Korinth Sakram~ntalismus att6ti~rt (vgl. Söding, Stark~. S. 85; Conz~lmann, 1. Kor, S. 199). Ein solch~r Sakramentalismus muß nicht pn~umatisch unt~rl~gt s~in. Di~ Üb~rz~ugung, zum ~ ~sp~ktivt zur Polis d6 Kyrios zu g~hö~n. kann - g~rad~ für M~nsch~n. di~ sich ohn~hin als Bürg~r vtrst~h~n (woll~n) - ~in hin~ich~nd6 Maß an ~curitas schaff~n.
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Argumente zu erzeugen. Das deutet darauf hin, daß die Vorstellung wm lelb Onisti ihnen vertraut und wichtig war. (2) Die Verse 22b-24 erinnern an die Beschmbung der ,.Schwachen" in der Götzenopkrfleischdebatte. Die Worte ~; ~ und ~ beziehen sich dort auf die Schwachen und hier auf die Glieder, die nicht geringgeschätzt werden dürfen 1• Der Abschnitt 1 Kor 12,12-32 läßt Rückschlüsse auf die Haltung der Adressaten zur Gesellschaft zu: Die Metapher wm Leib gehört in den Bereich der Polis. Fs handelt sich um die Übernahme "profaner, ja sogar soziologisch wrgeprägter Terminologie..2. Auf lnteresse kann diese Übernahme nur bei Menschen gestoßen sein, die der Welt der Polis gegenüber aufgeschlossen waren und ihren Strukturen und ..Mechanismen" grundsätzJich zustimmten. wie es bei den Götzenopferfleischessern bereits zu beobachten war. Darüber hinaus läßt sich sogar ~uten. daß die Metapher bei Menschen PlaUStbilität schafft, die sich selbst a1s ..staatstragend" verstehen. Das müssen keine Oberschichtsangehörigen sein, aber Menschen, die zu den "Gewinnern" des Sy.;tems gehören. Darauf weist die Beobachtung, daß die Metapher eine positM Haltung zur Gesel1schaft vermittelt und davon ausgeht, daß der einzelne davon profitiert, ihr Mitglied zu sein, und nicht durch sie ausgebeutet wird. Das gilt für die henschaftskritischen und stabilisierenden sowie für die "demokratischen" und die "monaTthischen" Varianten3 •
1 Siginifikant ist nicht d~r B~fund im Hinblick auf j~d~ ~inz~ln~ di~~r Wort~. sond~m d~r im Blick auf ihrt G~mth~it. Zusamm~n kom~n si~ nur in I Kor 8 und hi~r vor. Ein~n Zusammenhang si~ht auch Söding, Stark~. S. 72, Anm. 15. Vgl. auch Martin, Tongu~. S. 569, d~r h~rvorh~bt, daß di~~ V~~ ~in~ Häufung von statusrtl~nt~n Ausdrück~n z~igt~n. 1 Schwtiz~r. Leib Christi, S. 130. Vgl. Mitch~ll. R~conciliation, S. 157-164; Und~mann, Kirch~. S. 162 und Walt~r. Leib, S. 24. Th~ilkn, Asp~kt~. S. 328, m~int, di~ M~taph~r vom Leib ~i ~b~nfalls an di~ Ekstatik~r g~richt~t und bestim~ als Zi~l di~ V~rbindung von .Mannigfaltigk~it und Einh~W wi~ in I Kor 12,1-11 a. M.E. ist j~doch ~in~ d~r ~obachtung~n. di~ ~r anführt, nämlich daß Paulus di~ M~taph~r vom Staat od~r Kosmos auf di~ kl~in~ sozial~ Einh~it d~r christlich~n G~m~ind~ ~in~ng~ (~bd.), ~in Indiz für di~ V~rmutung, si~ richt~ sich an di~ .Stark~n·. Damit wird di~ M~taph~r nämlich zum Ausdruck d~r ~paration. Christ~n g~hörtn zu~inand~r und bild~n mit d~r Polis bzw. mit d~m Kosmos ~~n k~in~ .organisch~ Einh~it•, w ~ di~ Stark~n meint~n. Polis und Kosmos sind nicht ihr .Zuhau~·. sond~m di~ .Frtmd~·. ~w~g~n könn~n in d~r s~parat~n Einh~it .G~~ind~· auch and~rt R~g~ln g~lt~n als in d~r Polis, z.B. di~ Erhöhung d~r Ni~drig~n nämlich. 1 Di~ ~ng~ V~rbindung mit d~r W~lt d~r Polis z~igt sich auch an I Kor 12, 11. Dort schild~rt Paulus d~n G~ist als d~n gut~n und g~rtcht~n H~rrsch~r. d~r j~d~m das ~in~ gibt. Mit d~n Vorst~llung~n vom gut~n ~rrsch~r und von d~r proportional~n Gl~ichh~it w~rd~n zw~i wichtig~ Konz~pt~ d~r politisch~n ld~ologi~ aufg~nom~n. ~r .G~ist• wird dadurch in dit .W~lt d~r Polis. inkorpomrt und ~rhält im W~ltbild von Polisbürg~m ~i~ an~rkannt~ Funktion. Walt~r. Ltib, S. 38, h~bt h~rvor, daß durch ;~". ~~ di~ Besond~rh~it und d~r W~rt ~in~r j~d~n Gab~ b~nannt wird. D~r G~ist .macht nicht all~ gl~ichni~drig, sond~m gl~ichhoch·. Walt~r konstati~rt. daß di~ M~taph~r im pagancn G~brauch .unt~rschitdlich~. z.T. sogar g~g~nsätzlich~ Zi~l~ unt~rstütz~n soll.· Und~mann, Kirch~. S. 142 -145, unt~rsch~id~t vi~r Zi~l~. di~ all~mt politisch motivi~rt sind. M.E. ist ~ das Konz~t d~r proportional~n Gl~ichh~it, das di~ M~taph~r in vi~l~n V~~ndung~n illustri~rt. lnsb~ond~rt di~ h~rrschaftskritisch~ und di~ h~rrschaftsstabilisi~rtnd~ Funktion~n ~rw~i~n sich dadurch als di~ zw~i ~it~n d~~lb~n M~daill~.
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Über die Gruppe1 derjenigen, die ihre Hoheit als Partizipation an dem Gott, der als König über allem thront, ~anden, erfahren wir also in Kapitel 12 weiter, daß sie sich in der Welt der Polis zu Hause fühlten, in ihren politischen Kategorien dachten und der gesellschaftlichen Ordnung zustimmten. Diese Zustimmung ging soweit, daß sie dazu neigten, die gesellschaftHche Rangordnung auf die gemeindliche zu übertragen und die erforderliche Distanz zur Gesellschaft nicht einzuhalten2• Wie ihre Argumentation, wie sie hinter I Kor 6, 12-20 und 8, 1-13 zu erkennen ist, zeigt, hatten auch sie DistanzgeruhJe. Sie fühlten sich der Gesellschaft überlegen3• Ihr Gott galt ihnen als derjenige, der sie überlegen machte4 • Und sie begaben sich in diese Welt wie die Angehörigen des höchsten Königs ohne Furcht und mit dem Gefühl, alles gehöre ihnen.
Modell 2: Hoheit als Heiligkeit Die Menschen, die ihre Hoheit als Partizipation an dem helligen Gott, der der Gesellschaft gegenüber steht und sich als Angehörige seiner Welt ~ehen, orientieren sich an neuen, spezifisch innergemeindlichen Statuskriterien. Diese Menschen haben ihr Lebenszentrum im Gottesdienst. Sie grenzen sich scharf wn der Gesellschaft ab und Zu ihrer Vorst~llungsw~lt paßt das V~rhalt~n. das Paulus in I Kor II, 17-34 kritisi~rt. Wohlhab~nd~ in d~ren Häu~m das H~rrenmahl g~f~i~rt wurd~. g~taltd~n ~ wi~ das Gastmahl ~in~s Patrons, d~r b~i d~r ~rtung und d~r Ausd~hnung d~s F~t~ Unt~rschi~d~ macht~ und sich dab~i am sozial~n Status s~in~r Gäst~ ori~nti~rt~. Vgl. Th~iß~n. lnt~gration, S. 290-317. Daß ~ in d~n Kapit~ln 5 und 6 um di~ Einhaltung d~r Grenz~n zur G~~llschaft g~ht, hat M~~ks. Urchrist~ntum, S. 211, h~rvorg~hob~n. Das ist auch in d~r Götz~nopf~rfl~ischd~batt~ das Th~ma und z~igt sich an d~r Aufford~rung ~-. Vgl. Conz~lmann, I. Korinth~rbri~f. S. I 35. 2 Es ist zu üb~rl~g~n. ob di~~ Grupp~ sich in b~ond~rer W~~ d~m Kyrios -vtrbund~n sah, d~m ~ j~doch k~in~ wichtig~ Roll~ zug~tand. Dafür könnt~n di~ folg~nd~n B~obachtung~n sprech~n: ln d~r Argum~ntation d~n Götz~nop~rfl~isch~ss~m g~g~nüb~r spi~lt d~r G~ist k~in~ Roll~. Mit d~r Ltibm~taph~r in I Kor 12,12-30 wird das ~ ~rst durch V~rs I 3 Ob~r di~ Taufund Ab~ndmahlsvorst~llung -vtrbund~n. Vos, I. Kor 12,1-3, l~gt dar, daß ~ schon in I Kor 12,1-3 wi~ auch in V~rs I 3 darum g~h~. d~n Wirkun~reich d~ G~ist~ als d~ckungsgl~ich mit d~m H~rrschaftsb~reich d~ Kyrios zu b~haupt~n. Es ~i das Anli~g~n d~ T~xt~ zu ~rw~is~n. daß ~ k~in~ Wirkung d~ G~ist~ gäb~. die nicht unt~r di~ H~rrschaft J~su g~höre, ~b~nsow~nig wi~ ~s möglich s~i. unt~r d~r H~rrschaft J~su zu l~b~n. ohn~ vom G~ist inspiri~rt zu s~in (~bd., S. 268). ln Kapit~l 14 s~i b~ständig vom G~ist, a~r ~rst in v~rs 37f wi~~r vom Kyrios di~ R~d~. so daß zu -vtrmut~n ist, daß ~ di~ Zung~nredn~r waren, d~n~n Paulus "Vtrmitt~ln möcht~. daß ~in~~its d~r G~ist auch unt~r d~n Christ~n wirksam s~i. di~ nicht in Zung~n redd~n. und and~rers~its, daß auch si~ d~m Kyrios unt~rstOnd~n. d~~n H~rrschaftsb~reich di~ ganz~ Schöpfung umfass~ und d~ren R~g~ln l~gitimi~re (I Kor 14,40). 1 1n I Kor 7,14 b~zi~ht sich Paulus auf di~ Üb~rz~ugung von d~r .off~nsi'Vtn R~inh~it•. Vgl. B~rg~r. Pharisä~r. S. 240f. Conz~lmann, I. Korinth~rbri~f. S. 147, paraphrasi~rt di~ Aussag~ so: .Im Zusamm~nl~b~n mit d~r W~lt sind di~ .H~ilig~n· d~r stärk~re T~il.. Paulus b~gründ~t damit s~in~ An~rk~nnung von Misch~h~n. Das b~d~ut~t (a), daß di~ Üb~rz~ugung in Karinth b~kannt ist und (b) daß ~s sich ~i di~s~r Konz~ption nicht um ~in~n .Kronz~ug~n· d~r s~xu~ll~n Ask~t~n hand~lt~. Sollt~n di~ Bord~llb~uch~r und Götz~nop~rfl~isch~ss~r si~ ab~r g~t~ilt und g~trag~n hab~n. würd~ das ihrer Haltung zusätzlich~ Plausibilität -vtrl~ih~n. 4 Das läßt sich m.E. aus I Kor 10,22 ~rschli~ß~n. Paulus st~llt dort di~ rh~torisch~ Frag~. ob sich di~ Korinth~r. di~ Götz~nopf~rfl~ich ~~n. stärk~r fühl~n als Christus. Di~ ~rwart~t~ Antwort laut~t: natürlich nicht. Unmitt~lbar zuvor hatt~ Paulus das V~rhältnis von Christus und d~n Götz~n. bzw. Dämon~n b~hand~lt. lhn~n g~g~nüb~r fühlt~n si~ sich üb~rl~g~n. 1
G~m~ind~mitgli~d~r.
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\eStehen sich als "rein". Das zeigt sich an ihrem Verzicht auf sexueße Beziehungen und auf Aeischgenuß. Positiv halten sie die Glossolalie für ein Anzeichen eines hohen Status. versetzt es sie doch in die Gemeinschaft der den himmlischen Gottesdienst triemden Engel. Der Geistbesitz ist das Konstitutivum für ihren hohen Status. Diese Statuskriterien führen aus der Gesellschaft heraus. Gesellschaftlicher und gemeindlicher Status werden zu Antipoden. Sexuelle Askese: Hoheit als Reinheit und Heiligkeit
ln Kapitel 7 nimmt Paulus zu einer korinthischen Aussage1 Stellung, die die Hochschätzung der sexuellen M.ese2 erkennen läßt: "KrJ)Dv ~ ?tMUICO; #JffJ ä7T't"EO&:L" 0 Kor 7,1 ). Sexueße M.ese wird vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Bewertungen als Konzeption von Erhöhung erkennbar: (1) Zeitweise sexuelle Enthaltsamkeit ist im paganen3 und im jüdischen4 Berrich die Bedingung ffir kultische Reinheit Bei Apononius von Thyana findet sich lebenslange sexuelle Enthaltsamkeit um der Reinheit willen als Verschärfung der pythagoreischen Forderung nach ehelicher Treue5 • (2) Zölibatäres Leben kann als Förderung der Konzentration auf die Spiritualität und somit als Ausdruck spiritueller Reife betrachtet werden6 • Diese Vorstellung findet sich in der phiionischen DaJStellung der Therapeuten7 • Für die Kyniker 91lt die Ehe als Hindernis daffir, frei zu leben8 • (3) Die Kontrolle des sexuellen Triebes kann als Ausdruck der ~"TEra.- Kennzeichen des stoischen Weisen und politisch kompetenten Bürgm - gelten9 • Diese VoJStellung beginnt sich in der Oberschicht der paganen Gesellschaft des 1. Jahrhunderts zu verbreiten10 • 1 Vgl. Schragr, I. Korinthrrbrirf II, S. 53, mit drr Angabr writrrrr Grwährslrutr. z,i\.1r'Tfa&,, strht ruphrmistisch für drn Grschlrchtsvtrkrhr. Vgl. Schragr, 1. Korinthrrbrirf II, S. 59,
mit alttrstam~ntlichrn, jüdischrn und pagan~n B~l~gstrll~n. Vgl. Strathmann, Art. Ask~r I, Sp. 749-758; Drlling, Art. Grschlrchtsvtrkrhr, Sp. 812ff, und Schragr, 1. Korinthrrbrirf II, S. 54f. \tgl. Strathmann, rbd., S. 749f; Schragr, 1. Korinthrrbrirf II, S. 56f. \tgl. Philostr, VitAp I, 1.1 J. 'arown, Body, S. JJf, wrist darauf hin, daß in alttrstarnrntlich-jüdischrr Tradition das .nrur" rinfältigr und ungrtriltr - Hrrz Symbol für dir Hrilszrit ist. Bis dahin sri rs zwischrn drm gutrn und drm bösrn Trirb hin- und hrrgrrissrn. Das ungrtriltr Hrrz sri für d~n Willrn Gottrs transparrnt. Virllricht strht das auch hintrr drr korinthischrn ldrr vom Dirnst mit ungrtriltrm Hrrzrn. 7 Philo, VitCont 18.68. 1 Epict, Diss 111,67f. 'Sir sri rin .Ztichrn mrnschlichrr Würdr" und bri Epiktrt .rinr Sachr drr Srlbstachtung". Vgl. Chadwick, Art. Enkrat~ia, Sp. J44f. •llygJ. Veynr. Römischrs Rrich, S. 57f. Vgl. Martin, Body, S. 200ff. Martin brtrachtrt I Kor 7,1 als rinrn Slogan drr .Starkrn" und drutrt rs vor drm Hintrrgrund of .a morr grnrral upprr-class. Grrco-Roman idrology of thr body· (S. 207), nach drr Srlbstbrhrrrschung gut und zu häuflgrr Grschlrchtsvtrkrhr grsundhritsschädlich und schwächrnd sri. Er führt dafür an, daß Paulus sowohl mit d~m Slogan aus 8,1 wir mit drm aus 7,1 korinthischr Aussagrn zitirrr, und das auf dirsrlbr
223 Alle drei Vorstellungen finden sid1 in I Kor 7 wieder: 7,34b ~indet die He~ligkeit nfj ~ Kai nfj ~ mit der sexuellen M..ese und spielt damit auf die Vorstellung von der kultischen Reinheit an. 7,32f greift mit dem Motiv vom "ungeteilten Herzen" die Vorstellung vom zölibatären Leben als Hilßmittel - wenn nidlt als Bedingung - ffir die Konzentration auf Gott auf. ln 7,5.9 gesteht Paulus sexuelle (ehelidle) Beziehungen ffir den Fall zu, daß die e"q,a.Taa. fiir die sexuelle Mc.ese nidlt hinreidle. Die ersten beiden Vorstellungen begegnen als Argumente für sexuelle M..ese. Es gtbt deutlidle Hinweise darauf, daß diese Vorstellungen die Überzeugungen der korinthischen Ouisten und Olristinnen wiedergeben. ( 1) Sexuelle Askese als Becnngung und Ausdrude für l-leJ7igkeit Sexueße M.ese kann als Vorwegnahme der eschatologischen, engelgleidlen Existenz gegolten haben •. Die pauHnische Argumentation in I Kor 7 weist darauf hin, daß es häufig Frauen 2 waren, die sexuell enthaltsam in ihren Ehen lebten (7,3-5), Ehen, um enthaltsam leben zu können, beendeten (7, 10) oder Ehen nicht mehr oder gar nidlt erst eingingen (7,8.25t)1 • Diese Menschen, besonders die Frauen unter ihnen, haben ihre Verhalten an der kommenden Auflösung der Geschledltsroßen ausgeridltet: 1 Kor 11,5 bezeugt, daß in Korinth Prophetinnen im Gottesdienst wirkten und dabei Verhaltensanforderungen ihrer Geschledltsrolle nicht beamteten•. Im Gottesdienst waren Engel als anwesend vorgesteßt 1n 1Kor 11,10 spielt Paulus auf die Spekulationen um Gen 6,2, das Mythologumenon vom Engelfall\ an. Es wird deutHd1, daß die Engel sexuell ~hrbar und die Frauen mit ihrem Grupp~ hinw~~. Zud~m argu~nti~~
Askdm g~g~nüb~r g~nauso wi~ Rücksicht auf di~ Schwach~n. di~ zur ~lbstb~h~nschung nicht in d~r Lag~ s~i~n. um di~ V~run~inigung d~r Gesamtg~m~ind~ zu ~rm~id~n (S. 228). Martin ~rk~nnt also hint~r I Kor 7 nur das Motiv d~r S~lbstb~h~nschung. G~g~n s~in~ Position ist ~inzuw~nd~n. daß (a) ~in~ Argu~nt~ für di~ B6timmung von I Kor 7, 1 als Slogan d~r ~Stark~n~ (S. 205) s~hr schwach sind, (b) daß ~r di~ Hinw~~. di~ ~in~n hoh~n Frau~nant~il unt~r d~n Ask~t~n wahrsch~inlich mach~n. nicht zur K~nntnis nimmt und (c) b~i d~r B~hauptung, di~ pagan~n m~dizinisch~n T~t~ s~i~n di~ Grundlag~ für di~ Haltung d~r Ask~t~n. nicht hinlänglich unt~rsch~id~t zwisch~n ~xu~ll~r Enthaltsamk~it und ~u~ll~r Zurückhaltung sowi~ k~in~ Hinw~is~ für di~ V~rb~itung di~r m~dizinisch~n Üb~rz~ugung~n gibt, so daß di~ Th~~. 1 Kor 7,1 s~i ausschli~ßlich Ausdruck d~~lb(n Position~n. di~ sich in manch~n m~dizinisch~n Schrift~n flnd~n. w~nig üb~rz~ug~n kann. 1 With~rington, Conflict, S. 17 5, kann k~in~n Zusamm~nhang zwisch~n ~xu~ll~r Ask~ und Zung~n~d~ ~rk~nn~n. M.E. ist di~ Eng~lvorst~llung das ~~hl~nd~~ Gli~d und das b(id~n g~gmüb~r d~n Stark~n
in
Paulus
d~n ~xu~ll~n
d~r Götz~nop~rfl~ischd~batt~:
Er
ford~~
V~rhalt~nsw~is~n zugrund~li~g~nd~ ~lbsl'.'trständnis. 2
D~r Satz I Kor 7,1 ist all~rdings für das Wrhalt~n von Männ~m formuli~rt; ·uA~ ist zwar
Erwähnung d~r Frau macht j~doch d~utlich, daß an Männ~r ziti~rt wird, kann vor di~~m Hint~rgrund di~ Funktion hab~n. s~u~ll~ Zudringlichk~it~n d~r Männ~r abzuw~h~n. b~i Männ~m für das Konz~pt d~r ~xu~ll~n .\sk~s~ zu w~~n od~r d~r Ausdruck dafür ~in, daß nicht nur Frau~n. sond~m auch Männ~r nicht
g~schl~chtssp~ziflsch. Di~
g~dacht
ist.
D~r
Satz,
d~r
in 7,1
~~xu~ll ~nthaltsam l~bt~n.
"Vgl. Wi~. Proph~ts, S. 82-90.
~gl Th~i~n. Asp~kt~. S. 178f und S. 279, wo ~r darauf hinw~ist, daß zu ~kstatlsch~n Phäno~n~n di~
Auflösung d~r G6chl~chtsid~ntität g~hö~n kann. ln d~n Bacch~n d6 Euripid6 wird Frau ~rkl~id~t. ln d~r jüdisch~n Tradition st~ht di~ Vorst~llung in ähnlich~r Funktion Sünd~nfall~rzählung von G~n J.
Ptnth~us
~ls
wl~
di~
224 Verhalten darur mit\eantwortlich sind. Daß Paulus das mit nur wenigen Worten andeutet, weist darauf hin, daß die Vorstellungen in Karinth bekannt waren 1• Wenn nun Frauen im Wissen um die Anwesenheit der Engel unveiSChleiert beteten und prophezeiten, so wäre das dann wide15pTUchsfrei, wenn sie mit ihrem Verhalten die Aufgabe der Geschledltenolle "Verbunden und ihre Gerneinschaft mit den Engeln folgtich als unproblematisch angesehen hätten. Die Aufgabe der Geschlechtsrolle könnte als Vorwegnahme der eschatologischen, engelgleichen Existenz \6Standen und dtm:h sexuelle M..ese gegenwärtig vollzogen worden seml. Diese Vermutung wird unterstützt dtm:h 1 Kor 7,31, wo deutlich wird, daß die Korinther die Auflösung der Geschlechtsrollen erwarteten. Das ~ die gesellschaftlichen Rollen und ihre sinntich wahrnehmbaren Merkmale, gehören zu dieser Weltzeit und werden mit ihr ~ehen. Dazu zählen explizit auch die Rollen von Ehemann und Ehefrau. Als UJSächtich rur diese Erhöhung zu den Engeln galt der Geist 0 Kor 14, 1), der m.E. sowohl bei denen, die in Zungen redeten, als auch bei denen, die prophezeiten, als übermächtig und der willenttichen Steuerung entzogen erlebt wurde 0 Kor 14,32). (2) Sexuelle Askese als Bedingung und Ausdruck fiir die Konzentration auf Gott Die Vorstellung vom dtm:h Sorge fUr den andem getet1ten Herzen weist deswegen auf korinthische Herkunft, Wet1 Paulus mit dem Verb ~ PositM5 "Verbindet. ln 1 Kor 12,25 empfiehlt er die Gemeindemitglieder der gegenseitigen Sorge, in 11 Kor 11,28 und Phfl 2,20 Q11t die Sorge fUr die Gemeinde als das Kennzeichen der apostolischen Arbdr. Hier dagegen Q11t die Sorge rur Mitmenschen als Konkurrenz zum Dienst an Gott. Das erinnert an die "wandercharismatische" Aufforderung, seine Famflie zu ~assen, um rur charismatische Dienste zur VerfUgung zu stehen (Mk 10,28-32; 1J< 9,57-62). Die Vorstellung, daß man entweder dem ~ oder dem Ehepartner gefallen kann, läßt darauf schließen, daß die Erwartungen, die Ehepartner aneinander stellten, also die Geschlechtsrollen, nicht dem Willen Gottes entsprechen. Paulus argumentiert in 1Kor 11, 116 ganz anders. Da ist die Geschlechtsrolle der Frau Ausdruck des Willens Gottes. Hier, in 1 Kor 7, ~indert sie es. den Willen Gottes zu erffillen. Ouisten und Olristinnen in Korinth haben ihr zölibatäres Leben als Hflfe zur Konzentration auf die ~ehe des Herm"4 angesehen. Paulus schließt das Thema "Ehe und sexuelle M<ese" damit ab, daß er seinen eigenen "Geistbesitz" herausstellt. um seinen Ansichten Autorität zu ~eihen. Damit grenzt er sich von dem korinthischen Satz, der in 7,1 zitiert wird, ab und bestätigt die Verbindlichkeit der Ehe sowie die Erlaubnis rur sexuelle Beziehungen. Das unterstützt die
1 Vgl. Theißen, Aspekte, S. 289. 1>ie Rneuen LiederR im himmlischen Gottesdienst verstehen nach Apk 14,3 nur diejenigen, die sexuell enthaltsam gelebt haben. Im TesUob sind die Töchter des Hiob, die in Zungen reden, unverheiratet. Vgl. Wire, Prophets, S. 93, die vermutet, daß es die urchristlichen Prophetinnen waren, von denen in I Kor II ,5 die Rede ist, die sich den Rollenerwartungen an Frauen nicht mehr beugten und sexuell enthaltsam lebten. 1 Phil 4,6 dagegen weist das Sorgen zurück. Als Objekt ist aber ~ genannt, also etwas Unpersönliches. Paulus empfiehlt die Sorge füreinander und lehnt die um die Dinge des täglichen Bedarfs ab. 4Der Ausdruck TCi TOÜ KllfJiOII begegnet bei Paulus nur hier.
225
Vermutung, daß die Forderung nach sexueller M:.ese mit dem Geistbesitz begründet WUTde. (3} ~'1St:~
Die Vorstellung wn der ~'Tal da~egen scheint mir paulinisch zu sein1• Sie wird aufMännerund Frauen (7,5.9) bezogen . Paulus ~det sie, um die Erlaubnis fiir 'Lukas fasst in Act 24,25 di~ paulinisch~ ~igt mit drei Stichwort~n zusamm~n: ll1mt~, und K,Oi,ul; di~ Vorst~llung von d~r i'rK,OCi.n1a. hat also, zumal Lukas das Wort sonst nicht w:rMnd~t. das Paulusbild g~prägt. W.rt, Proph~ts, S. 84, w:rmut~t. daß ~ Fra~n nicht an f'rK,OCi.n1a. mang~lt~. sond~m nur Männ~m. Si~ schli~ßt das daraus, daß in 7,39f, wo nur von d~n Witw~n di~ R~d~ ist, die Vorst~llung, ~s könne ihn~n an i'}'ICPCi.n1a. mangeln, f~hlt und Paulus in Kapit~l 7 ~in~ .~galitärt Rh~tonk· w:rwend~. di~ d~utlich mach~. daß ~r um Zustimmung b~i d~n Frau~n ~rb~. Folg~nd~ Argu~nt~ sprech~n m.E. dag~g~n: (1) ln 1 Kor 7,6.9 spricht Paulus eind~utig Männ~r und Frau~n an. Di~ B~z~ichnung Ä?'Gf&O• in V~rs 9 läßt sich w~g~n d~r V~rMndung in I Kor 7,11 nicht ausschließlich auf Männ~r bczi~h~n. Di~ ~ond~re H~rvorh~bung d~r Witw~n läßt sich m.E. am b~t~n daraus ~rklärcn, daß ~ nur für Witw~n möglich war, mit g~llschaftlich an~rkannt~n Gründ~n auf ~in~ n~u~ Eh~chli~ßung zu w:rzicht~n. Ihre Eh~losigk~it konnt~ als ~hrenvoll und vorbildlich g~lt~n. Dadurch unt~rschi~d~n sie sich von ledig~n und g~hi~d~n~n Frau~n. ln I Kor 7,5.9 sind w:rh~irat~t~ und l~dig~ bzw. g~schi~d~n~ Frau~n und Männ~r sowie Witw~n ang~proch~n. Das Argument ~ sil~ntio im Blick auf I Kor 7,39f reicht nicht hin zu b~haupt~n. daß Paulus nur b~i Männ~m f~hl~nd~ ~lbstb~h~rrschung konstati~re. zumal ~ dort ~b~n um di~ Grupp~ d~r Witwen geht, für di~ Ehelosigk~it auch ~in g~sellschaftlich~ Ideal war. (2) Di~ Vorstellung, daß Frau~n ~h~r dazu b~reit sei~n. auf sexu~ll~ Bczi~hung~n zu Männ~m zu vtrzicht~n. und darunt~r w~nig~r als Männ~r od~r gar nicht litt~n - was die Argum~ntation von Wire unausg~proch~n voraussetzt, indem si~ aus d~m Sch~ig~n auf das F~hl~n schli~ßt und di~sen Schluß für plausibel hält -, kann auch ein Klisch~~ s~in. Unter id~ologi~kritisch~m Asp~kt ist ~s kaum möglich zu ~ntsch~id~n. ob die Zuschreibung von sexu~ll~r Tri~bstärk~ d~r Frau~nb~frtiung od~r d~r Frauenunt~rdrückung di~nt~. Ein~rseits kann di~ f~hl~nd~ Fähigk~it d~r Frau~n zur ~lbstb~h~rrschung als d~r Grund dafür g~nannt w~rd~n. daß si~ von Männ~m .b~wacht• und in ihrer Freizügigk~it ~ing~hränkt w~rd~n müssen; zuw~il~n sind si~ sogar Proj~ktionsfläch~ für di~ Tri~bstärk~ d~r Männ~r. w~nn si~ als Wrführerinn~n darg~t~llt w~rd~n. Hi~r di~nt di~ Vorst~llung von d~r fehl~nd~n Enkrat~ia d~r Frauen dazu, si~ zu unt~rdrück~n. And~rerseits ist ~ das ld~al d~r K~uschh~it, durch das Frau~n b~ond~rs d~r Ob~rschicht - sich s~lbst ~inschränkt~n und d~n 1nt~ressen d~r Männ~r di~nt~n. Auch K~uschh~it kann zur Frau~nunt~rdrückung di~n~n. Umg~k~hrt find~t sich in d~r Lysistrat~ von Aristophan~s die Vorst~llung, daß di~ Fähigk~it d~r Frau~n. auf ~xualität zu w:rzicht~n. ihre Macht ausmach~. Hi~r di~nt K~uschh~it d~r Frau~nb~frtiung und ist di~ Form ihrer politisch~n Einflußnahm~. ln d~r Komödi~ ab~r z~igt sich zugl~ich, daß di~ Frau~n zu tri~bstark sind, um das Programm d~r sexu~llen Enthaltsamk~it durchhalt~n zu könn~n. Lysistrat~ muß zu Zwangsmaßnahm~n greif~n. um si~ aufrtchtzu~rhalt~n. Schon dab~i d~ut~t sich an, daß sexu~ll~ Enthaltsamk~it, auch w~nn si~ mit gut~n Gründ~n von Frau~n g~ford~rt wird, zu d~ren Unt~rdrückung g~rat~n kann; zud~m ~rsch~in~n di~ Frau~n in ihrer Tri~bstärk~ d~n Männ~m als gl~ich. F~hl~nd~ Bereitschaft zur K~uschh~it ist hi~r nicht d~r Ausdruck w~iblich~r Schwäch~. sond~m d~r Gl~ichh~it von Mann und Frau. K~uschh~it und s~xu~ll~ B~reitschaft könn~n auch als Ausdruck d~r Stärk~ von Frau~n g~lt~n. Di~r polyval~nt~ Befund st~llt m.E. di~ ld~ntifizi~rung ~on sexu~ll~r Ask~se mit Frau~nstärk~ in d~n V~rdacht, ~in Klisch« zu reproduzi~ren. (J) Es ~r sch~int mir notw~ndig zu bcrücksichtig~n. daß im 1. Jahrhund~rt di~ ~xualität d~r Männ~r m~hr als die d~r Frau~n G~g~nstand d~r g~llschaftlich~n Auseinand~rs~tzung war. D~r Mann Apollonius l~bt~ sexu~ll ~nthaltsam. Epikt~t gab dem ~h~losen Leb~n d~n Vorzug (Diss 111,67-76). ln jüdisch~n und christlich~n Kr~is~n wurd~ üb~r männlich~ ~xualität d~batti~rt. Vgl. D~ming, Mark 9.4210.12, S. IJ0-141. Vor di~m Hint~rgrund halt~ Ich ~ für voreilig, di~ Grupp~ d~r s~xu~ll~n Ask~t~n ausschli~ßlich od~r üb~rwi~g~nd mit w~iblich~n Mitgli~d~m zu ~etz~n. Männ~r konnt~n ~n1a.
226 sexuelle Beziehungen plausibel zu machen, indem er eine dritte Alterna~ ablehnt, nämlich die übermäßige und destru~ Beschäftigung mit dem Thema (rn.pOo,uu) sowie die ~ Neben der ausschließlichen Verwendung als Argument für sexuelle Beziehungen, spricht für paulinische und nicht-korinthische Herkunft auch, daß die Korinther Meten und Asketinnen ihr Hoheitsbewußtsein und ihre Erhöhungserlebnisse als Zurücktreten der "Ich-Kontrolle", als nicht beher&hbare Ereignisse in Zungenrede und Prophetie erlebten. Da ist es unwahrscheinlich, daß sie die Bedingung dafür mit einem Konzept beschrieben haben, das eine Stärkung der "Ich-Kontrolle" verlangt und zum Schlüssel macht1• Die Parole in 1 Kor 7,1 beansprucht allgemeine Gültigkeit. Sexuelle Askese wird mit höherem Rang munden. Die sexuellen Asketen betrachten sich als die Mitte der Gemeinde 0Kor 7,34). Ob der Satz offensiv zu \eStehen ist - also andere ffir die Praxis der sexuellen Askese gewinnen wm - oder Ausdruck einer defensi\en Haltung ist - also die eigene Enthaltsamkeit gegen Versuche, sie zu unterbinden, \ffieidigen will-, ist m.E. nicht entscheidbar. Argumente und Traditionen, die hinter der sexuellen Askese sichtbar werden, sind m.E. stark und von großer Legitimationskraft Glossolalie: Hoheit als Erfülltsein mit göttlicher Macht schli~ßlich
Vorbild für ~in~n ~u~ll ask~tisch~n I.Lb~nsstil find~n. und in d~n wir auch Männ~r. di~ s~u~ll ask~tisch l~bt~n. 1 Das ist s~lbsMrständlich nicht ausg~schlo~n. Di~ Sclbstb~h~rrschung könnt~ als B~dingung für d~n KontroiMrzicht b~i Proph~ti~ und Eksta~ g~lt~n. Dag~g~n spricht m.E. vor all~m di~ ~rschi~d~n~ Struktur d~r Vorst~llung~n. Scxu~ll~ R~inh~it ~rw~ig~rt di~ lnt~gration ~in~ &reichs. Sexualität wird d~m Ich nicht unt~rst~llt, sond~m wird von ihm abg~l~hnt und ~~rbannt~. Si~ wird d~sw~g~n nicht regl~~nti~rt. sond~m ausg~chloss~n. Si~ wird dadurch auch dämonisi~rt - wi~ all~ Kräft~. di~ nicht int~gri~rt w~rd~n kön~n - und kann d~w~g~n als Sünd~ g~lt~n (I Kor 7,36). Sclbstb~h~rrschung dag~g~n zi~lt auf di~ lnt~gration und R~gl~m~nti~rung d~r Sexualität; si~ wird d~r H~rrschaft d~ Ich unt~rst~llt und ihrer Eig~ng~tzlichk~it ~ntkl~id~t. Daß Enkrat~ia di~ s~xu~ll~ Ask~ b~z~ichn~t. ist ung~wöhnlich; di~ Ausw~itung darauf durchbricht nämlich m.E. di~ Struktur d~r Vorst~llung von d~r Sclbst~h~rrschung. Chadwick, Art. Enkrat~ia, Sp. 346, ~rw~ist auf Philostr, VitAp 1,20; dort b~z~ichn~t in d~r Brück~nan~kdot~ A.pollonius di~ Enkrat~ia zwar als Tug~nd, n~nnt si~ a~r nicht an ~rst~r St~ll~ und ~rbind~t si~ üb~rdi~ nicht mit d~r s~xu~ll~n Ask~~. Di~ ~' n~nnt ~r zusätzlich. ln I, I 3, wo Apollonius das pythagoreisch~ G~bot d~r ~h~lich~n Treu~ für sich radikalisi~rt. ist ~ d~r komm~nti~rend~ Philostrat, d~r das in V~rbindung mit d~m Wort d~s Sophokl~ bringt, nach d~m d~r ält~r g~word~n~ Dicht~r mit d~r Sexualität ~in~r ~spotin ~ntkomm~n s~i. Ab~r auch dort ist von d~r i"((CpO.Tf,a. nicht di~ R~d~. ln 11,7 g~st~ht A.pollonius ~in~n Jüng~m zu, ~nig~r ask~tisch als ~r ~lbst zu l~b~n. Di~~ Erlaubnis wird nicht direkt auf di~ s~xu~ll~ Ask~~ b~zog~n. Das Th~ma d~s Abschnitts ist d~r W~ing~nuß. S~xu~ll~ Ask~~ wird auch b~i A.pollonius nicht mit i"ffCpO.Tf,a. b~gründ~t od~r id~ntiflzi~rt. W~nn in I Kor 7 mit d~r i"(Kp0.Tfla. ~rstmals - od~r zumind~st in ung~wöhnlich~r W~is~ - mit s~xu~ll~r Ask~~ in V~rbindung g~bracht wird, dann wird man frag~n müs~n. w~r an di~~r ung~wöhnlich~n V~rw~ndung ~in lnt~resss~ hab~n konnt~. Auch Paulus b~z~ichn~t di~ s~xu~ll~ Ask~~ nicht als t'tKPATfla., sond~m ~rknüpft di~ N~gation d~ V~rbs i,-~epa.Tfiv {7 ,9) und das Substantiv ciJ~ePQ#i;a. mit ~h~lich~n s~u~ll~n &zi~hung~n; indirekt wird dadurch di~ i"f1Cp0.Tfla. zur B~chreibung d~r Haltung d~r s~xu~ll~n Ask~t~n. Im j~tzigm Zusamm~nhang di~nt ~s d~r Zi~ls~tzung d~ Paulus, di~ ~xu~ll~ Ask~~ hochzuschätz~n und zurückzudräng~n. Hinzu kommt, daß ~ wahrsch~inlich~r Ist, in Paulus
~lbst ~in
apokryph~n A.post~lakt~n find~n
227 Nach 1 Kor 12 - 14 gab es in der Korinther Gemeinde Gruppenmitglieder, die Überlegenheit über die übrigen Gemeindeglieder beanspruchten und das über ein bestimmtes religiöses Verhalten pneumatisch begründeten . Paulus nennt in drei Listen solche Verhaltensweisen 0 Kor 12,8-10.28-30; 13, 1-3). Dabei wird deutlich, daß die Zungenrede eine besondere Hochschätzung erfuhr und als die größte Gabe galt. ln Kapitel 14 wird erkennbar, daß es eine Gruppe von Zungenrednern und -rednerinnen gab3 • Von den Zungenrednern und-rednerinnen läßt sidt \emUten4, daß sie sidt dun:h die Begabung mit der Zungenrede, die als Engelspradte galt5, in die himmlische Welt einordneten und im "himmlischen Gottesdienst.. das Zentrum ihres Lebens hatten. Die Kommunikation und der Kontakt mit den Engeln war ihnen wichtiger als der mit der irdischen Welt, die nidtt-glossolalen Gemeindeglieder eingeschlossen. Von ihnen \6Standen zu werden, bedeutete ihnen nicht viel. Ebensowenig störte es sie, wenn Außenstehende sie für wahnsinnig 0 Kor 14,18: ~)hielten. Diese Geringschätzung erstreckte sidt audt auf die Regeln der menschlidten Gemeinschaft6 • Sie orientierten sich an der himmlischen WiTklichkeit und erlebten ihre Begabung als unkontrollierbar. Von außen betTamtet erg~bt sidt ein anderes Bild: Tatsädtlidt verweigerten die Zungenredner und -rednerinnen - religiös legitimiert - die Unterordnung unter gemeinschaftliche Regeln und ihre Hüter; so übten sie eine religiöse "Gegenmadtt.. aus. Paulus bezeidtnet dieses Verhalten als ~ 0 Kor 14,33)7, mit einem Begriff, der für den negativ daß eher Paulus die Autorität hat, das Wort mit einem neuem Inhalt zu versehen und in einer kontrovc~en Diskussion zur Geltung zu bringen, als die sexuellen Asketen und Asketinnen. 1 Vgl. 1 Kor 12,1: Die Betroffenen nennen diese Verhaltensweisen 7M\f.CATIKA und vtrdeutlichen damit, daß sie sie für geistgewirkt halten und vermutlich als Aus~is des Geistbesitzes be~rten. 1 Das Stichwort ,ui~~~ begegnet in 1 Kor 12,31; 13, 13; 14,5. Die ersten beiden Belege beziehen sich auf die Gaben, 14,5 auf die Ptrsonen, die sie Oben. Das deutet auf eine Konku~nzsituation auch der sie übenden Menschen. I Kor 13, I stellt die Zungenrede an erste Stelle; das weist zusammen mit der paulinischen Argumentation in Kapitel 14 darauf hin, daß sie bcsonde~ wertgeschätzt wurde. Darauf, daß es Paulus dabei vor allem auf die Relativierung der Zungenrede ankam, zeigt, daß er die Usten abbricht, sobald er die Zungenrede genannt hat. Das hebt Theißen, Aspekte, S. ~26, hervor. ln I Kor 11 ,4f erfahren wir von Gruppenmitgliedern, die prophetisch redeten. Von diesen erfahren wir wenig. Es ist zu vermuten, daß diejenigen, die in Zungen beteten, auch prophetisch redeten. Callan, Prophecy, S. 136, nimmt den Vorschlag Bornkamms und Engelsens auf, wonach die Korinther zwischen Prophetie und Zungenrede nicht scharf unterschieden hätten, sondern beide für inspirierte Rede, die mit Trance einher geht, gehalten hätten. 4 Theißen, Aspekte, S. 276-291, unte~cheldet drei Traditionen, die auf das korinthische Zungenreden eingewirkt haben und seine Bedeutung verdeutlichen: (a) den bacchantischen Rausch mit der sozialen Funktion der Kanalisierung kreativtr und dcstruktivtr Triebkräfte, (b) die platonische lnspirationslehre, die das ~lbstvcrständnis der Glossolalen beschreibe, und (c) die ppokalyptische Himmelssprache, die eine Verbindung zur jüdischen Symbol~lt schaffe. 'Vgl. Michl, Engel II, Sp. 69; Theißen, Aspekte, S. 271.289, und Witherington, Conflict, S. 258. 6 "Eine charakteristische Erfahrung beim Beginn der Trance ist beispielsweise der Wegfall von Hemmungen - es wäre also durchaus möglich, daß das ... Verhalten, mit den strukturierten Formen der Macht kollidierte·. Meeks, Urchristentum, S. 250f. 7 lm direkten Anschluß hat ein späterer Herausgeber der Paulusbrie~ ('VQI. Conzelmann, 1. Kor, S. 290; 'VQI. Schnelle, Einleitung, S. 86) den Abschnitt eingefügt, in dem den Frauen eine öffentliche Rolle im Gottesdienst ganz untersagt wird. ln 14,40 fordert Paulus die in Zungen redenden Gemeindemitglieder dazu auf, ta:t:"',.,.O~ zu leben, sich also an die gesellschaftlichen
228 bewerteten Positionswechsel steht. Deutlich wird: Die Gemeindemitglieder, die in Zungen reden, unterwerfen sich nicht den gemeinschaft:Hchen Regeln, Roßenerwartungen und damit ~undenen Hierarchisierungen, die die christHche Gemeinde mit der paganen Gesellsdlaft: tetlte. Die Orientierung an der himmlischen Welt bewirkte die Umkehrung der Ordnung in der irdischen Welt und dies insofern ..subvetsfv", als diese irdische Ordnung zwar gestört, aber nicht neugestaltet wurde1• Mögticherweise hat die Geringschätzung des vriit;2 zum Selbstverständnis der Zungenredner und -rednerinnen gehört'. Darauf könnte 1 Kor 14,20 deuten. Dort werden Roll~n~rwartung~n
zu halt~n. so daß d~r Einschub in 14,3Jb-J5 ~in~ lnt~ntion des Paulus auf~ift und ~rstärkt. 1 Brown n~nnt das Runartikuli~rt~ Machtw. Ziti~rt b~i M~~ks. Urchrist~ntum, S. 250. Th~iß~n. Asp~kt~. S. 281, ~rmut~t. daß das glossolal~ Urchrist~ntum di~ sozial~ Funktion des- inzwisch~n ~rbürg~rlicht~n - Dionysoskultes ü~mahm, nämlich di~ Kanalisi~rung destruktMr Tri~bkräft~. l>as läßt sich aufgrund des paulinisch~n Urt~ils, di~ Zung~n~d~ lass~ d~n ~ ä.K~ (I Kor 14, 14), ~rmut~n. Vgl. With~rington, Contlict, S. 281. )Martin, Tongues, S. 569f, ~rmutd das ~b~nfalls, ordn~t es ab~r in ~in~n and~~n Zusamm~nhang ~in und kommt zum g~g~nt~ilig~n Erg~bnis. Das Entschwind~n d~s ~ s~i d~n Zung~n~dn~m - in d~r Aufnah~ d~r platonisch-philonisch~n Tradition - di~ ~dingung für d~n Einzug d~r göttlich~n Inspiration (vgl. schon Th~iß~n. Asp~kt~. S. 287t1. Damit hätt~n si~ ~in~ Ob~rschichtstradition aufg~nomm~n. si~ ~i~n mithin als O~rschichtsmitgli~d~r anzusp~ch~n. Folg~ndes ist ab~r zu b~ d~nk~n: (1) D~r Schluß von d~r Schichtzug~hörigk~it d~r V~rt~t~r d~r lnspirationsl~h~ auf d~n d~r wM~di~n· ist fragwürdig. Platon führt im Phaidros (244a-b) di~ Pythia, di~ Sibylk und di~ Pri~st~rinn~n von Dodona an. All~ G~nannt~n sind Frau~n. di~ Pythia und di~ Sibyll~ g~hö~n nicht zur Ob~rschicht. Di~ Pythia, di~ das Amt zur Zeit Plutarchs versah, hatt~ ~in~n g~ring~n Sozialstatus inn~; si~ war di~ Tocht~r ~ines Kl~inbau~m (Dodds, Irrational~. S. 45). W~nn di~ korinthisch~n Zung~n~dn~r und -~dn~rinn~n sich also an d~r platonisch-philonisch~n Tradition ori~nti~rt~n. läßt das darauf schli~ß~n. daß es in d~r G~~ind~ M~nsch~n - vi~ll~icht auch nur Gäst~ und Wand~rp~dig~r - gab, di~ dies~ Tradition w~it~rgab~n; di~ müss~n üb~r Bildung ~rfügt hab~n. d~r Schluß auf d~n Sozialstatus d~r .M~di~nR ist nicht zulässig. (2) Martin läßt zw~i ~obachtung~n nicht in ~in~ Einschätzung ~ing~h~n: (a) Di~ korinthisch~ Eksta~ war ~in Grupp~nphäno~n. (b) D~ ~ligionsgeschichtlich~n Parall~l~n w~i~n vi~l~ Frau~n als Ekstatik~rinn~n aus, und auch für di~ korinthisch~ G~~ind~ gibt ~s lndizi~n dafür, daß unt~r d~n~n. di~ in Zung~n ~d~t~n. vi~l~ Frau~n wa~n. Di~ ~rst~ B~obachtung ~rford~rt ~in~ Ergänzung d~r Abl~itung aus d~m Schamanismus und d~r platonisch-philonisch~n Tradition. ~id~ Tradition~n sind Mod~ll~ für ~inz~ln~. nicht für Grup~n. Di~ zw~it~ ~obachtung w~ist darauf hin, daß di~ Eksta~ nicht in d~r Mitt~ d~r G~llschaft ang~si~d~lt ist. Frau~n st~h~n nicht für virtus, nicht für di~ ~wußt~ id~ologisch~ Macht d~r Ob~rschicht; di~ Pythia und di~ Sibyll~ stützt~n dies~ Macht und wa~n von ihr zugl~ich g~fürcht~t. Das d~ut~t auf ~in~ and~~ und vi~lschichtig~~ Funktion auch d~r platonisch-philonisch~n Konz~ption hin. (3) Die Vorst~llung, daß der m~nschlich~ ~ auszi~h~n mü~. damit d~r göttlich~ ~inzi~h~. z~igt diestlb~ Struktur wi~ di~ ritu~ll~ S~lbst~mi~drigung d~s Königs im JHWH-Kri~g. Es ist di~ kogniti~ Variant~ d~s~lb~n Phänom~ns. das im übrig~n auch mit ~kstatisch~n V~rhalt~nsw~i~n ~rbund~n war. Das könnt~ darauf hind~ut~n. daß di~ Glossolal~n ihr V~rhalt~n durchaus als fr~iwillig~ ~lbst~mi~drigung g~d~ut~t hab~n - ~in~ V~rmutung, di~ d~n folg~nd~n Vorschlag, di~ ~z~ichnung RKindR als ~lbstb~z~ichnung aufzufas~n. unt~rstützt. ~r Statu~rzicht ~tzt ~in g~wisses Maß an Bildung bzw. ~in~ g~wiss~ B~d~utung d~s ~ - für das ~lbsMrständnis voraus, sonst macht d~r V~rzicht auf ihn w~nig~r Sinn. Bildung als Statusm~rkmal tind~n wir nicht ~lt~n b~i Frau~n und ~i Männ~m. d~~n Sozialstatus in and~~n Hinsicht~n ~h~r ni~drig ist, wi~ Philosoph~n. Hausl~h~m. di~ Skla~n od~r (kl~in~) Kli~nt~n wa~n. Üb~r di~ Bildung d~s Claudius dageg~n konnt~ man sich lustig mach~n (z.B. ~n. Apokolocyntosis 4,4); si~ ist nicht das Status~rkmal d~s M~nschen, d~r in d~r Mltt~ d~r Geselischaft st~ht.
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sie ermahnt, sich als Kinder nicht hinsichtlich des Vemehens. sondern hinsichtlich des moralischen Verhaltens zu betrachten. Dabei stehen nai) und ~ parallel. Beide Begriffe sind in der Jesustradition positiv besetzt. Gerade der Begriff ~ bezieht sich auch tatsächHch auf die kogniti\el Fähigkeiten bzw. auf den Grad der Bildung. Die Bezeichnung ..Kleine" wiTd in der synoptischen Tradition auf die Wandercharismatiker, die ehelos lebten, übertragen. Die Zungenrtdner und -rtdnerinnen könnten \UQieichbare Bezeichnungen ebenfalls für sich ~det und sich als ..Kinder" vemanden haben •. Dazu würde weiterhin passen, daß in pythagoreischer Tradition, die anscheinend ohnehin ffir die Gruppe der sexuellen Meten von Bedeutung war, Kinder als asexuell gelten konnten 2• Schließlich bietet auch die alttestamentliche Tradition eine zusätzliche Verbindung. ln Ps 8,3 (LXX) ist das Gotteslob mit den Kindern ~unden; Mt 21,16 nimmt das auf. Art dieser Stelle wiTd das Stichwort ~ ebenfalls mit dem Gegensatz zur ..strukturierten Macht" ~üpft. Das sind natürlich nicht mehr als Hinweise. Die Zusammengehörigkeit der Gruppen der sexuell asketisch Lebenden und der glossolalen Gemeindeglieder
Daß sexuelle Askese und Glossolalie zusammengehören, darauf weisen hinsichtlich des Selbstvemändn~ die Engelvorstellung und hinsichtlich der Haltung zur Gesellschaft das Distanzbedürfnis3 • Daß die sexuellen Asketen auch auf Opferfleisch ~chteten, läßt sich nicht mit stichhaltigen Argumenten beweisen. Über die Position der ..Schwachen" in der Götzenopferfleischdebatte erfahren wir zu wenig, um darüber Aussagen zu machen. Es gibt allenfalls einen Hinweis darauf, daß eine solche Verbindung denkbar ist. Paulus beschre~bt die nega~ Folge des Verzehrs von Götzenopferfleisch ffir die ..Schwachen" mit dem Verb ~ womit die Vertß53chung kultischer Unreinheit bezeichnet wird. Paulus lokalisiert diese Unreinheit im Gewissen der Betroffenen. Diese Zusammenstellung ist ungewöhnlich4 und \mllUtlich bereits eine Modifikation, die er mit seiner Argumentation einffihrt. Aber auch das Verb begegnet bei Paulus nur hier, was ein Hinweis darauf sein könnte, daß es das Empfinden der ,.Schwachen" aus der Götzenopferfleischdebatte wiedergtbt. Sie befiirchteten durch den Genuß von Götzenopferfleisch, ihre kultische Reinheit zu ~eren5 • Das erinnert an die sexuellen Meten, fiir deren Hoheitsbewußtsein ihre Reinheit konstitutiv war. Vgl. Grant, Uk~ Childr~n. S. 71. Conz~lmann, I. Korinth~rbrid, S. 284, flnd~t di~n Vorschlag
1
abw~gig. Th~iß~n. Asp~kt~. S. 312f, b~stimmt glossolal~ Wrhalt~n als ~g~iv und h~bt h~rvor, Jaß ~ di~ M~rkmal~ kindlich~n Sprachvtrhalt~ns z~ig~; das vtrbind~t ~r mit d~r paulinisch~n
Einschätzung in I Kor 14,20 und I 3, II. 2 Jambl, Vit Pyth 10,51. Als gottnah galt~n Kind~r in d~r g~mt~n pagan~n Tradition. Vgl. Wi~d~mann, Adults, S. 176ff. \gl. Th~iß~n. Asp~kt~. S. 300. 4 0ion Hai, Tue lud 8,3, spricht davon, daß ~ möglich ~i. ..,uo.illflll ni11 cWroü ITII'IIfi.ll" Vgl. Eckst~in, Syn~id~is, S. 56f und 240f. Vgl. Schrag~. I. Korinth~rbri~f II, S. 258.
230 Das Verhältnis zur Gemeinde
Zur Gesel1schaft stand die Gruppe derjenigen, die ihre Hoheit als Partizipation am Gott \mtanden, in großer Distanz; aber audl das Verhältnis zur Gemeinde könnte wn Distanzgefijhlen geprägt worden sein. Darauf weist 1Kor 12, 4-11 a. ln diesem Abschnitt Hegt der Akzent darauf, die Vielfalt auf ein einheitsstiftendes Prinzip zurückzufuhren. Dieses einheitsstiftende Prinzip ist der Geist1• Er kann nidlt fur wenige Verhaltensweisen reklamiert werden, sondern wird als in der gesamten Gemeinde wilksam herausgestellt Die Menge der Gesamtgemeinde, all derjenigen, die Jesus als Herrn bekennen, ist deckungsgleidl mit der Menge der vom Geist Inspirierten. Der Geist taugt also nadl der Überzeugung des Paulus nidlt dazu, Rangunterschiede zu begründen2 oder eine Gruppe als "eigentHdle Mitte" hervorzuheben. Das könnte sidl gegen die Vmstellungen der sexuellen Asketen und Asketinnen sowie der Zungenredner und rednerinnen wenden, so daß sidl der etSte Te~1 des 12. Kapitels an die He~ligen richten würde und deren Abspaltungswünsche neutraHsieren wollte3, der zweite dagegen auf die Ordnung der Gruppe zielte und die Besonderheit dieser Gruppe im Gegenüber zur Gesellschaft festhielte und sich an die ..Starken" ridlten würde. he~ligen
Zusammenfassung Fssen und Sexualität gehören als die beiden grundlegenden körpertimen Bedürfnisse zusammen4 und thematisieren das Verhältnis des Menschen zu seinem Körper als gemeinschaftstiftende Verhaltensweisen zur Gesellschaft und zum Kosmoss. Für die beiden Formen wn Hoheitsbewußtsein in Karinth würde dieser Zusammenhang das folgende Bild ergeben: Eine Gruppe wn Asketen und Asketinnen ~dltete auf Aeisctlgenuß' und sexuelle Beziehungen. Damit verband sie den Anspruch auf Reinheit und Helligkeit. Eine zweite Gruppe hielt den Aeischgenuß und sexuelle Beziehungen für ertaubt. So, wie sie den Aeisctlgenuß dabei nicht auf Aeisch einschränkten, das nach jüdischen Regeln ertaubt war, so beschränkten sie auch ihre sexuellen Beziehungen nicht auf die nadl jüdischer
1 Vgl. Walt~r. Lrib, S. 51. \lgl. Th~iß~n. Asp~kt~. S. 204. J26f, d~r vorschlägt, di~ ~Stimmung d~r Zung~n~d~ als Z~ich~n für di~ Gläubig~n als Krit~rium für di~ Grupp~nzug~hörigk~it zu ~rst~h~n. Vgl. auch Walt~r. Lrib, s. 33. )B~rg~r. Th~ologi~g~chicht~. S. 517f, st~llt di~ ~ng~ Zusammm~ng~hörigk~it d~r Vorst~llung~n von H~iligk~it, T~nd~nz zur Absond~rung und ~ist h~raus. Er b~gründ~t di~ V~rbindung di~~r
Vorst~llung~n umfa~nd ~ligionsg~chichtlich.
Vgl. z.B. Philo, VitMos 11,68. sMartin, Body, S. 139, macht das Wrhältnis ~in~ M~nsch~n zu ~in~m Körp~r zum Ausgangs- und Zi~lpunkt ~in~r Unt~rsuchung d~ I Korinth~rbri~f~. Er unt~rsch~id~t zw~i Th~ori~n von Krankh~it, di~ .m~dizinisch~ Balanttth~on~· und di~ .~ligiö~ lnvasionsth~on~·. wob~i di~ ~rst~ in d~r Ob~r-, ~i~ zw~it~ in d~r Unt~rschicht V~rbr~itung g~fund~n hätt~. Daß ~s nicht nur um d~n V~rzicht auf Götz~nopf~rfl~isch, sond~m auf d~n auf A~ischg~nuß üb~rhaupt g~h~n könnt~. darauf w~ist vi~ll~icht I Kor 8,1 J hin: Paulus s~i b~~it, um d~r Schwach~n will~n so w~it zu g~h~n. auf A~ischg~nuß (ICPfa.) üb~rhaupt zu vtrzicht~n.
231 Überzeugung ertaubten ehelichen. Damit \ebanden sie das Bewußtsein, durch ihre Zugehörigkeit zu dem einzigen Gott allen anderen Mächten überlegen zu sein.
Exkurs: Hinweise auf den Sozialstatus der Angehörigen beider Gruppen Die soziale Schichtung in der korinthischen Gemeinde' Ausgehend wn 1 Kor 1,26 ist. entgegen dem ..älreren R>~ngskonsens" - der das Urchristentum als Bewegung der Untmchichtm beschrieb2 - behauptet worden, daß in der korinthischen Gemeinde alle gesellschaftlichen Gruppen. auch Ober5chichtsmitgfleder vertreten ~ seien und die soziale Schichtung in der Gemeinde der in der Gesellschaft entsprochen hätte . Dem wurde entgegengehalten, daß die prosapographischen Belege für die korinthische Gemeinde - Erastos vielleicht ausgenommen - keine Obmchicht5mitglieder ettennen ~. die Dekurionen, Ritter oder Senatoren waren Die Obmchicht im eigentlichen Sinne war also nicht Yertreten, allenfalls Gruppen mit gehobenem Sozialstatus unterhalb der Obmchich{ Es scheint zudem so, als sei auch die unterste Schicht der 7mi1)JJi nicht vertreten ~~. Theißen ist in seiner Untmuchung zur sozialen Schichtung der korinthischen Gemeinde' zu dem Ergebnis gekormlen, daß die Gemeinde Mitglieder aus mehreren Schichten umfaßte und diejenigen mit gehobenem Status das Gesellehen in der Gemeinde überproportional stark beeinflußten Meelcs stimmt dem "neuen Konsens" zu: Zu den paulin~ Gemeinden gehören Menschen aller Schichten, die höchste und die niedrigste ausgenommen . Er ergänzt aber, .daß die aktivsten und prominentesten Mitglieder _ jeweils Leute mit hoher Statusinkonsistenz (niedriger Statusbistallisation) waren,... W. und E. Stegemann haben dagegen wieder stärker herau5gestellt. daß die paulinischen Gemeinden und Paulus Siebst - Untmchichtsmitglieder waren, und möchten dabei aber .nicht alBidlließen", daß .einige Gemeindemitglieder in der Funktion wn Patronen für ihre Glaubensgenossen tätig waren und zu wohl~benden Kreisen gehörten, vielleicht auch zur lokalen Obmchicht unterhalb des Dekurionenadel('. Ich habe für meine Untersuchung die Position wn Meelcs als besonders hilfreich empfunden, zumal die besondere Situation Korinths' 0 als einerde facto neu gegründeten Stadt mit großer wirtschaftlicher Dynamik und besiedelt von Veteranen und Freigelassenen von vomherein Modelle fordert, die die Mobilität ihrer Gesellschaft beschreiben können.
Hinweise auf den Sozialstatus der Gruppen 1 Vgl. hi~rzu d~n forschungsg~schichtlich~n Üb~rblick b~i St~g~mann, Sozialg~hicht~. S. 249-251. l>~issmann, Urchrist~ntum und d~rs., Paulus. 'so d~nk~n Malh~rb~. Social Asp~cts, S. 29ff, und Judg~. Socialld~ntity, S. 201-217. 4 Zur Ob~rschicht g~hört~n di~ V~rt~t~r d~r d~i Ständ~. in aufst~ig~nd~r R~ih~nfolg~ d~r
~kurion~n-, d~r Ritt~r-
nicht zur
und d~r ~nato~nad~l. W~r nicht zu ~in~m di~~r Ständ~ g~hört~. zählt~ auch w~nn ~r üb~r ~achtlich~n R~ichtum und g~ho~n~ Bildung ~rfügt~. sch~ibt man ~in~n "g~ho~n~n Sozialstatus" zu, um si~ von d~n ärTTl(~n und
O~rschicht,
Solch~n M~nsch~n
ung~bild~t~~n Mitgli~d~m d~r Unt~rschicht abzuh~~n.
~Martin, Body, S. XVII, ~rtritt d~n "n~u~n Ko~ns", l~gt d~n Akz~nt ab~r ganz auf d~n wirtschaftlich~n As~kt:
vtho to a grut
"What
~ ha~
~xt~nt controll~d th~ir
'Th~ilkn, Sozial~ Schichtung. 7
in th~ Corinthian church, th~n. is a division bdw~~n own ~conomic d~stiny and tho~ who did not."
thos~.
Ebd., S, 155. Ebd., S. 157. So auch With~rington, Conflict, S. 2Jf. Kritisch dazu: Schöllg~n. Sozialstruktur d~r ~aulinisch~n G~~ind~n. S. 71-82. St~g~mann, Sozialg~schicht~. S. 260. '"vgl. With~rington, Conflict, S. 5-35, und Savag~. Po~r. S. J5-5J. 1
232 Theißen hat vorgeschlagen1, die .Star1cen" der GötzenopferfleS:hdebatte für die Gemeindeglieder mit gehobenem Sozialstatus zu halten. Er verweist dafür auf schichtspezifische Emähru~nheiten (Fieischgenuß) und Geselligkeitsformen (Geschäftsessen) sowie Besondettleiten der Legitimation (~ und die Vergleichbarkeit mit einigen gnostischen Kreisen des 2. .Jahrrunderts. wo sich ebenfalls ein gehobener Sozialstatus mit der Berei~ft Götzenoprerfleisch zu essen und der Hochschätzung der Gnosis ~nden hätte. Meggitt hat dem;Jegenüber eingewandt daß der Aeischgenuß kein schichtspezifisches Verhalten ist die Unterschichten jn den Garicüchen regelmäßig - wenn auch qualitativ minderwertiges - Aeisch Yerldlrt hätten3 . ME. bleibt die These vom gehobenen Sozialstatus der Götzenoprerfle~ wegen der Plausibilitä~ des Hinweises auf die schichtspezifischen Geselligkeitsformen von diesem Einwand unmchüttert . Gerade wenn man beim Essen von Götzenopferfleisch an seine Bedeutung für die Sozialkontakte denkt. wird man sehen, daß die Gartdichen für die Gemeindemitglieder mit niedrigem Sozialstatus einen ganz anderen Stellenwert haben rrußten als df . Tempelrestaurants" oder die priwten Einladungen für die Ouisten mit gehobenem SozialstatuS . (1) Das~ in der GartWehe di')te nicht der Pflege von sozialen Beziehungen; diese Funktion hatten die Gastmähler des PatronS . (2) ~der GartWehen waren von zweifelhaftem Ru(. Gaststätten waren häufig gleichzeitig Bordelle . M den Besuch von Garicüchen und .Kneipen" zu ~ten. bedeutete die Trennung von .Unzüchtigen" (I Kor 5,9f!) und .Räubern" und konnte als Konsequenz eint5 elitären Bewußtseins vollzogen werden. Wirtmattlichen Schaden oder einen Statusverlust erlitt man dadurch nicht Die Gruppe derjenigen, die nichteheliche Sexualkontakte hatten, ~ sich zwar mit Männem, jedoch nur sehr vage mit solchen eines bestimmten Sozialstatus identifizieren. Sexuelle Kontakte mit Prostituierten galten nicht als statusmindernd; in der Obe&hicht allerdings begann sich im ersten Jahrhundert eine verschärfte Ehemo~ durchzusetzen, die eheliche Treue und die Regulierung der SexualiWf auch für Männer forderte , so daß zu vermuten ist, daß sie nicht zur Ober5chicht zählten oder sich die .neuen" Wertehaltungen der Obmchicht nicht angeeignet hatten. Man 1 Thei~n.
Starke und Schwache, S. 272-289. Ihm schließt sich Martin, Body, S. 69, an. Meggit, Meat Consumption, S. 137-141. Selbst im 4. Jahrhundert, in dem die wirtschaftlichen Verhältnisse schlechter wa~n als im ersten, kann Ammianus, Rtrum Gestarum XXVlll, 4,28f, die römische pltbs durch ihre F~ßgitr und Atischgier charakterisit~n. Er ~rwtist auf die römischen Unterschichtsnarntn, die auf das Eß~rhalten anspielten, wie Lucanicus (Räucherwurst) und Porclaca (Schweinebauch), und besch~ibt ih~ Aufmerksamkeit für das Ga~n eines Aeischstücks (tbd., XXVII1,4,34). Garnsey, Mass Ditt , S. 100, bestätigt dagegen, daß für die relativ armen Unterschichtsangehörigen Atisch~rzthr ungewöhnlich war und nicht zur alltäglichen Ernährung zählte. 1 0rig, Cels 1,24 und 5,41. Vgl. Ftldman, Jews, S. 336f; Latte, Religion, S. 345.353, und Nilsson, Geschichte II, S. 546f. Vgl. I Kor 8,8. Die Starken könnten mit ih~r Praxis die Erwartung eines wirtschaftlichen und sozialen Vorteils ~rknüpft haben. 5 Ho~ll. Sodal Ethos, S. 108, unterstützt die ThtSt vom gehobenen Sozialstatus der Götzenopftrfltischtsstr gegen die Einwände von Meggit und Gooch, der darauf hingewiesen hatte, daß auch Mitglieder der Unterschicht von den TtmptlrtStaurants Gebrauch gemacht hätten (~ftritrt bei Ho~ll. Sodal Ethos, S. 107), mit dem Hinweis darauf, daß (a) für die nitdrige~n Mitglieder der Unterschicht, die Armtn und die Skla~n. solche Einladungen ins TtmptlrtStaurant nicht möglich gewtsen seien und daß solche Einladungen auch nur für Unttrschichtsmitglitdtr mit gehobenem Sozialstatus von ("gtsellschaftlichtm") lnttrtSse gewesen seien. "Vgl. Iuv, Sat 5. Bti den Gastmählern des Patrons konnte auch Atisch ge~icht werden, wenngleich sich l~nal bitter über die schlechte Verpflegung beklagt. Die Götzenopftrfltlschfrage kann sich also für die christlichen Klienten heidnischer Patrone bei dt~n Mählern gestellt haben. Sollten sie ~ich bei ditsen Geltgenhtittn zum Atischgenuß mit schlechtem Gewissen haben drängen lassen? Vgl. Iuv, Sat 8,173. \tgt. Kirchhoff, Sünde, S. 45. 'vgt. Veyne, Römisches Reich, S. 47f. '\igt. Kirchhoff, Sünde, S. 100-102. 2
233 kann für sie einen eher gehobenen Sozialstal'JS vermrten, wenn man an das Verhältnis denkt, das für sie zur Gesellschaft postuliert worden ist und das in I Kor)2,12-31 durchschimmert Wer an seiner Position in der Gesel&ilaft festhält und seine religiöse lhrzeugung eher dazu YmYendet, sich mit neuem Sebstbewußtsein in sie hineinzubegeben, wird eher einen gehobenen Sozialstatus innehaben oder aufstiegsorientiert und -bereit sein. Solche Leute in Karinth anzutreffen, das seinen Bewohnern überdurchschnittliche Mobitität gewährte und die 1\ufstiegschancen der römischen Kultur mit ihrer großzügigen Vergabe des römischen Bürgerrechts an ~ und ~nen mit der wirnmaftlichen ~mik einer .,de facto" neu gegründeten Hande~dt verband", war nicht unwahrscheinlich. Die .,niedrige Herkunft" der neuen gehobenen Schicht in Karinth könnte zudem er1dären, warum sich StrömJngen, die sich in der alten römischen Obmchicht durchzusetzen begannen - wie eine vmchärfte Sexualmoral für Männer - hier noch nicht finden. Die Gruppe derjenigen, die asketisch lebten, sich ihrer Geistesgaben rühmten und ihren Statusanspruch mit ihrer Reinheit begründeten, waren schlecht in ihre sozialen Kontexte integriert Sklaven und Sklavinnen heidnischer Herren sind \6'1llutlich nicht darunter gewesen, weil sie keine Verfügungsgewalt über ihren Körper hatten und auch über Eheschließung und -5Cheidung nicht frei entscheiden konnten. Nicht zu heiraten, sich scheiden zu ~ oder sich in der Ehe sexuell zu entziehen, setzt für Frauen eine beachtliche Selbständigkeit voraus. Solche Frauen mußten in der Lage sein, fiir ihren Lebensunterhalt selbständig aufkommen zu können. Das bifft auf Frauen mit gehobenem Sozialstatus zu. Sie konnten fiir ihren Lebensunterhalt auf ihr eigenes Vermögen zurückgreifen. Nach Scheidungen oder dem Tod des Ehemannes keine neuen Ehen einzugehen, war für Obmchichtsfrauen nicht ganz ungewöhnlich. Frauen aus der Unterschicht konnten dann sexuell asketisch leben, wenn sie einen Beruf wie Handwerkerin oder Händlerin ausübten, der ihren Lebensunterhalt sicherte, ohne von ihnen sexuelle Dienstleistungen zu erwarten, wie es bei Gastwirtinnen, Kellnerinnen und natürtich Prostituierten der Fall war. Die Trennung wn der Gesellschaft war für sie jedoch nur mit Einschränkungen erreichbar; ihr Beruf erforderte Kontakte zu Heiden. Daß junge Mädchen auf die Ehe verzichteten, ist eigendich nur bei Sklavinnen oder Töchtern aus christlichen Häusern vorstellbar. Wegen des Frauenmangels in antiken Gesellschaften war der Druck zu heiraten fiir Frauen besonders groß; damit verbunden hatten sie aber auch größere Olancen, durch Heirat eine Sta~ng zu erzielen, als Männer. Es ist wahrscheinlich, daß Frauen, die dem Druck und der Olance gleichermaßen widerstanden, selbst einen bereits gehobenen Sozialstatus innehatten und sich durch eine Heirat keine Verbesserung ihrer Lebenssituation ~ Das könnte besonders auf Frauen zutreffen, die Kennzeichen dt:J Statusinkonstistenz aufwiesen und an die Grenzen ihrer Aufstiegschancen gestoßen waren . Männer, die sexuell asketisch lebten, distanzierten sich einerseits noch stärker von der Gesellschaft als Frauen, weil Keuschheit nicht als männliches, !OOdem als weibliches ldentitätsrr~erkmal galt Andermeits aber standen sie damit mit dem .avantgardistischen" Verhalten wn Männem aus der Obe&hicht und Männem mit einem .alternativen" hohen Statusanspruch wie Epiktet und Apollonius in Einklang. 1\uf ihren Sozialstatus haben wir keine Hin~ Die Begabung zum Zungenreden weist einerYits eher auf einen niedrigen sozialen Status hin , kann aber auch fiir 'Auch die Fonnutirrung in I Kor 6,19 ..oiltc im icwniiv- hat Parallrlrn im politischrn Brrrich (Aristot, Pol 8.1.2); vgl. Mitchell, Rrconciliation, S. 121. Ein weiterrr Hinwris darauf, daß dir !Bordrllbesucher- für politische Trrminologir offrn warrn und in drr Polis ihrr Hrimat hattrn. -vgl. Sawgr, Powrr, S. 35-44 und Ben Withrrington, Conflict, S. 5-12. \Vrissrnriedrr vertritt in ihrrr drrzeit im Entstrhrn brfindlichrn Dissrrtation, Frau und Körprr im lukanischrn Dopprlwrrk und in drn Apokryphrn Aktrn, im Blick auf dir Rrzrptionsgeschichtr drr Texte in den apokryphrn Apostrlaktrn dir Auffassung, daß dir sexurllrn Asketinnen rinrn gehobrnrn Status hattrn, allrrdings ihrrn Sklavinnrn rbrnfalls rin askrtischrs Lebrn rrmöglichten. Daß Fraurn besondrrs häufig rkstatisches Vrrhaltrn zrigtrn, vermutet wrgrn drr religionsgrschichtlichrn Parallrlrn Thrißrn, Aspektr, S. 301. 4 Um in Zungrn zu rrdrn, brdarf es krinrr drr Voraussetzungrn, dir nur rin grhobrner Status birtrt: Zungrnrrdrn kann man ohnr Vrrmögrn, ohnr Bildung, ohnr Ansrhrn. Vgl. Thrißrn, Asprktr, S. 300; drm widrrspricht Martin, Tongues. Esotrrischr Rrdr zählr in vormodrmrn Grsrllschaftrn zu den 1ndikatorrn rinrs hohrn Status. Dir Vermutung, es handelr sich um dir Audrucksform von Mrnschrn mit nirdrigem Sozialstatus, sri nur in drn modrmen
234 Menschen mit Statusinkonstistenz wegen des ,.dBioziativen Ertebens des Geistbesitzes"1 attraktiv sein Die Ermutigung durt:h Paulus. die Position des .Kindes" aufzugeben (I Kor 14,19f) und die des Lehrers behutsam einzuüben. spricht ebenfalls ü einen niedrjp1 Sozialstatus. wie ihn Kinder eben innehatten, oder ist Anzeichen eines bewußt geübten Sta~~ Zungenredner und rednerinnen suchten sich eine neue Welt in der sie sich~; sie suchten ihren Standort .rationalistischen· Gesellschaften ausgeformt und von ihr abhängig. Die städtischen römisch-hellenistischen Gesellschaften seien vormodern, und es sei deswegen zu erwarten, daß auch in ihnen esoterische Rede Anzeichen eines hohen Status sei. 'Martin findet dann in der Ana~ von I Kor 12 und 14 ~itere Anzeichen dafür, daß die Zungenredner einen hohen Sozialstatus innehatten. Bei der Untersuchung von I Kor 12,12-27 hebt er hervor, daß Paulus die ko~ntionell konservativen Interessen dienende Metapher vom ~ und in den Dienst seiner Überzeugung vom .reversal of status· (S. 569) stelle. I Kor 14 fordere er, daß der statusniedrigere 110~ mit dem statushöheren ~zusammenarbeite und damit - die Analogie zwischen .Ich" und Gesellschaft vorausgesetzt von den statushöheren Gemeindegliedern die Zusammenarbeit mit den statusniedrigeren ~rlange (S. 576). Folgendes möchte ich einwenden: (1) Bereits bei der Darstellung der Beispiele für die Verbindung vom esoterischer Rede und hohem Sozialstatus in vormodernen Gesellschaften fällt auf, daß relativ viele Frauen genannt werden (S. 551 f; 554; 556). Frauen fehlt in all diesen Gesellschaften aber ein wichtiges Merkmal einer zentralen Position: das richtige Geschlecht. Mit der Pythia und der Sibylle läßt sich das Phänomen auch in der griechisch-römischen Antike belegen, mit den Töchtern des Hiob im TesUob für den jüdisch-hellenistischen Bereich. Diese wie auch die Beispiele, die er aus der Neuzeit anführt, könnten sich als Beispiele für Menschen mit geringer Statuskristallisation entpuppen. Wiedemann, Adults, S. 176, hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Zuschreibung besonderer Gottesnähe bei Frauen ein Indikator für deren Marginalität sei. (2) Indem Martin durch die Wahl des Terminus .esoterische Rede" ~der zwischen der Schamanistischen und der inspiratorischen Form (Callan, Prophecy, S. 126; vgl. Dodds, Griechen, S. 44) unterscheidet, noch sich der Signifikanz des Phänomens der Trance (Callan, ebd.) stellt, ~rlieren die religionsgeschichtlichen Parallelen an Aussagekraft. Ob darüber hinaus die esoterische Rede von Schamanen in Stammesgesellschaften wie südamerikanischen Indianerstämmen oder grönländischen Eskimogruppen tatsächlich den glossolalen Christen und Christinnen in der römisch-hellenistischen Großstadt Korinth ~rgleichbar sind, erscheint mir fragwürdig. Allein, daß beide Gesellschaften vormodern sind (S. 558), stellt noch nicht Vergleichbarkeit her. Dodds, Griechen, S. 39, weist darauf hin, daß schon Herodot zwischen übernatürlich ~rursachten und durch Krankheit ~rursachten Formen des Wahnsinns zu unterscheiden wisse und damit zeige, wie weit er von der .gemeinsamen Überzeugung primiti~r Völker· (S. 39) entfernt sei, die alle Arten von Wahnsinn für übernatürlich ~rursacht hielten. Bereits die klassisch griechische Gesellschaft ähnelte also in ihrer Einschätzung des Wahnsinns, also auch der Ekstase, nicht mehr primitiven Gesellschaften. (3) Die .Mania· kann auch kritisch gesehen und für schändlich gehalten werden. Vgl. Platon, Phädr 244b; Uv 39, 1. Auf einen hohen Sozialstatus weist sie dann eben nicht hin. (4) Der Auslegung Martins von I Kor 12,12-27 stimme ich zu. Unklar bleibt in seinem Aufsatz allerdings, woraus er folgert, daß sich der Abschnitt an die Zungenredner richtet und als Indikator ihres Status zu gelten hat. (5) Martin berücksichtigt m.E. nicht hinlänglich, daß es Paulus mit seiner Kritik an der Geringschätzung des 110~ darum geht, daß diejenigen, die auf ihn ~rzichten, die menschliche Gemeinschaft und ihre (innergemeindlichen und die gesellschaftlichen) Regeln geringachten und sabotieren - und das nicht programmatisch, sondern aufgrund des FehJens von Selbstkontrolle. Die Hochschätzung der Selbstkontrolle ist ein Oberschichtswert. Paulus mahnt, den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen (I Kor 14,40). Er kritisiert an den Zungenrednern das Fehlen von einem an überschichtswerten orientiertem Verhalten. (6) Glossolalie und Prophetie trugen in der Gemeind~rsammung offensichtlich nicht - so wie es in den Vergleichstexten ist - den Charakter von Orakeln und Einzelworten, sondern traten neben- und durcheinander auf. Das läßt daran zweifeln, ob die apollinische Form tatsächlich die maßgebende griechisch-römische religionsgeschichtliche Parallele ist; Thelßen, Aspekte, S. 280f, ~rweist wegen des kollektiven Charakters und des Regel~rstoßes auf dionysische Parallelen. Dionysos war eher ein Unterschichtsgott als Apoll (vgl. Dodds, Irrationales, S. 48). 1 Meeks, Urchristentum, S. 252.
235 außerhalb, nicht innerhalb der Gesellschaft Das könnte darauf hinweisen, daß sie innerhalb der Gesellschaft keinen Platz fanden, der sie zufrieden stellte. ln der Oumrangemeinde finden wir Hoheitsbewußtsein ausgedrückt durch die Karegone der Reinheit und Heiligkeit sowie in Formen, die sexuelle ~ vorsahen. Auch dort fanden wir die l.krzeugung. daß Gott in .der Welt" nicht witt5am sei, und die Bereitschaft sich - wie Gott auch - wn ihr zy distanzieren Diese Züge finden wir auch bei den sexuellen Asketen in Korinth. Wenn sich die Ahnlichkeit auch auf die soziale Zugehörigkeit ersbeckte, hätten wir bei den A5keten und A5ketinnen mit Mers:hen zu rech'Vl, die durch die Gesellschaft eine Zurückweisung erfahren und einen Statusveriust ertitten hätten , und mit solchen, die einen niedrigen Status innehatten. ~ der anderen Seite öffnete sich die Gesellschaft des ersten Jahrhunderts für .Aufsteigef. Das betrifft die Sklaven und ~ der familia r:apans, aber auch die vieler anderer Herren und Herrinnen mit gehobenem oder hohem Sozialsta'h7 Es betrifft auch die Provinzialen aus der Oberschicht Die ,.Fleischesser und Bordellbesucher" könnten ähnlich wie diese~ meinen, mit ihrer Sta~ng durch die Zugehörigkeit zum einzigen Gott in die Gesellschaft hinein gefijhrt zu werden. Ihr Glaube an Ouistus würde ihnen die Souveränität und Unabhängigkeit geben, die als Bedingungen für den Aufstieg und für~ Aufrechterhaltung notwendig sind.
Die Positionen des Paulus Da, wo Menschen oder Gruppen innerhalb der Gemeinde miteinander um den höheren Rang streiten, steht Paulus vor der Herausforderung, einerseits das Hoheitsbewußtsein der Gemeindemitglieder nicht zu zerstören, andererseits aber die destruktMn Kräfte des Rangstreits zu bändigen. Neben dieser Integration ~iedener Gruppen in der Gemeinde geht es ihm auch darum, die Gemeinde in die Gesellschaft zu integrieren, sie dabei weder mit ihr zu ~melzen noch von ihr abzuspalten. Paulus versucht diese Ziele zu erreichen, indem er (1) das Erhöhungsbewußtsein der Korinther stärkt, (2) indem er sich für die Gemeindegfieder, die innerhalb der Gemeinde eine Leitungsfunktion innehaben, zum Vorbild macht: Wie er selbst sollen sie sich den Schutz und die Erhöhung der in ihren Kategorien rangniedrigen Mitgfieder besonders vornehmen. Wie er können sie damit Autorität, also einen erneuten Statusgewinn, erreichen. (3) Denjenigen, die dazu neigen, sich von der Gesellschaft und der Gemeinde zu isolieren, zeigt er Wege. wie sie in der Gemeinschaft der Menschen ihren Platz finden und sich Achtung erwerben können.
Die Stärkung von Hoheitsbewußtsein Mit den Erhöhungszusagen aus der Anfangsverkündung, die mit Taufe. Herrenmahl und Geistbegabung für die korinthische Gemeinde Wirklichkeit geworden sind, begründet Paulus auch Ermahnungen. Dabei zielt er darauf, ein dem neuen, hohen Status angemessenes Verhalten zu ermutigen.
'Diese Vennutung würde zudem plausibel machen, wieso die Bordellbesucher und Götzenopferfleischesser in die Defensivt geraten konnten. Bei wMännem mit Aufsteigermentalitätw werden die Einwände wheiliger Frauenw mehr Eindruck machen, wenn diese auch Merkmale eines hohen gesellschaftlichen Status aufweisen, als wenn es sich nur um das Unvtrständnis einfacher Männer und Frauen handelte. lygl. Thebert, Sklavt, S. 158-199, bes. 179-183.
236 ln Konfliktfällen ermutigt Paulus die Korinther zu dem erwünschten Verhalten, indem er ihr Hoheitsbewußtsein stärkt und modifiziert Das soll an den beiden Fällen in I Kor 6 aufgezeigt werden 1• Beide Fäße, die Tatsache, daß Christen ihre Rechtsstreitigkeiten vor paganen Gerichten austragen. und die Gewohnheit. nichteheHche sexuelle Kontakte zu pflegen, stehen im Zusammenhang der Flage nach der Abgrenzung der Gemeinde nach außen.
Rechtsstreitigkeiten Im ersten Faß geht es darum, daß Christen ihre Streitigkeiten wr den Gerichten der Stadt oder der Provinz austrugen2 • Paulus qua6ftziert dieses Vorhaben mit dem Verb ~. das hier mit "ihr schämt euch nicht", "ihr erdreistet euch" übersetzt wird3 • Durch ihr Verhalten verlassen die Korinther nach paulinischer Überzeugung ihren Platz. Er beurteilt das kritisierte Verhalten wr dem Hintergrund ihrer zukünftigen Richterwürde. Diese besondere Würde fordert bereits in der Gegenwart ein statusangemessenes Verhalten4 • Die GemeindegHeder sollen ihre Richterfunktion in der Gemeinde schon wrwegnehmens. Indem sie sich den paganen Gerichten unterwerfen, geraten sie zu dieser besonderen Würde in Widerspruch. Sie erniedrigen sich und geben ihren hohen Rang auf. Paulus fragt: ~wt rotE Kpl.npi.wv EJ.aximwv;"(6,2). 1
Bekanntlich wird für beide Abschnitte erwogen, ob sie Bestandteile des .Vorbriefes" gewesen seien. Ich halte den jetzigen Zusammenhalt der Abschnitte 5,1-6,20 für zu eng, als daß es plausibel sein könnte, ihn zu zerreißen. Thema ist die Abgrenzung der Gemeinde. ln Kapitel 5 geht es um einen .Einbruch" der .Welt" in die Gemeinde: etwas muß .herausgeschafft werden". ln Kapitel 6 geht es um .Ausbrüche" von Gemeindegliedern in die .Welt", genauer um Beibehaltung paganen Verhaltens, und das an zwei Themen, die traditionellerweise als die beiden wichtigsten Bereiche der Identität jüdischer Diasporagemeinden galten: das Recht, die jüdische Gemeinde nach eigenen Gesetzen zu leiten und zu verwalten, und ein sexuelles Verhalten, das sich von dem angeblich .typischen" unzüchtigen Verhalten der Heiden deutlich unterschied. Etwas muß in die Gemeinde .integriert" werden: die Rechtssprechung und das crW,.&a.. Sollte es anders sein und die beiden Abschnitte zum Vorbrief gehören, stellte sich der Prozeß, in dem Paulus das Positionswechselaxiom thematisiert, noch ein wenig differenzierter dar. Kapitel 6 gehörte dann in eine Phase, in der Paulus noch ungebrochener Erhöhung zusagte, als er das später, in der Götzenopfertleischfrage oder im Zusammenhang der Glossolalie, erst recht aber in den Kapiteln 1-4, tat. \tennutlich ist an die städtische Gerichtsbarkeit und nicht an die provinziale gedacht. Darauf deutet das tomouc; Ka8i(ttE, das voraussetzt, daß nicht ständige Richter einen Fall übernehmen, sondern ~rsonen erst als Richter eingesetzt werden - und das trifft auf die städtischen Beamten zu, die Richterfunktionen bei Bedarf übernahmen. Vgl. Miliar, Städte, S. 87. 1Fascher, 1. Korintherbrief, S. 169. • ... so, daß sie [die Kirche] ihre eschatologische Souveränität in der Welt praktiziert." Conzelmann, I. Korintherbrief, S. 125. s ln welchem Umfang und in welchen Bereichen, auch über welche Menschen, war offensichtlich nicht eindeutig geregelt: Die Aussagen im ersten Korintherbrief stehen zueinander in Spannung. ln 2, I 5 gilt der Pneumatiker als deljenige, der alles beurteilt, selbst aber nicht beurteilt werden kann. ln 4,1-5 relativiert Paulus alles Richten durch das Warten auf das Gericht durch den Kyrios. ln den Kapiteln 5 und 6 wird gefordert, daß gerade innerhalb der Gemeinde zu richten ist. ln 14,24 werden interessierte Besucher durch alle Gemeindemitglieder gerichtet. Immer vorausgesetzt ist aber, daß Christen Richterfunktionen wahrnehmen können und sollen und daß dies ein Ausdruck ihrer Erhöhung ist.
237 Er spridlt zur Beschämung der Korinther: "npO; fl.rtponi)v ~i.v >.Eyw " (6,5a). Sie nehmen einen niedrigeren Rang ein als den, der ihnen angemessen ist1• Fs ist nidlt nur so, daß die Korinther sidl fälsdllidl erniedrigen, sie erhöhen audl noch die Ridlter: Sie untersteHen sidl dem Urte.1 derer, die im Urte.1 der Gemeinde "verndltet" sind (to\x; ~u; w tfl 8ocA.rpt{t 6.4f. Die Träger der staatlidlen Hoheitsfunktionen - seien es nun städtische Beamte oder die Vertreter der Provinzverwaltung - wenJen in der Gemeinde geringgesdlätzt. Der hohe gesellschaftlidle Rang zählt in der Gemeinde nidlt. Nadl Paulus haben die Korinther, indem sie sidl paganen Geridlten unterworfen haben, einen negativ zu bewertenden Positionswechsel vollzogen. Paulus argumentiert für eine Verhaltensänderung, indem er an vorhandenes Hoheitsbewußtsein anknüpft und es \eiStärkt Das gewinnt sdn besonderes Profil dadurch, daß er eine andere widltige urchristlidle Tradition nidlt in gleidler Weise zur Geltung bringt. Allein der VetSUdl, sidl sdn Redlt zu ve&haffen, steht in Spannung zu den Forderungen nadl Redltsverzidlt. Paulus kennt sie: ln Vers 7 spielt er auf sie an3• Dabei wendet er sidl an ditjenigen, denen Unred1t getan by shaming th~m. Paul wants to l~ad th~m to an n~w position and to ~licit a chang~ in th~ir and/or b~haviour: Mitch~ll. Rich and Poor, S. 565. Er b~tont di~ B~d~utung d~r Frag~ in I Kor 6,5: .Habt ihr nicht ~in~n W~is~n unt~r ~uch?" und ~rmut~t. daß Paulus hi~rmit an das ~lbsMrständnis d~r G~m~ind~gli~d~r mit hoh~m Sozialstatus anknüp~ (S. 567). Das wäll: ~in w~it~ll:r Hinw~is darauf, daß Paulus vorhand~n~s Hoh~itsb~wußt~in als Motivationshint~rgrund für s~in~ Argum~ntation nutzt. W~nn di~ Frag~ nicht an I Kor 1,26, also an di~ W~ish~it als M~rkmal vorchristlich~n hoh~n Status - wi~ Mitch~ll ~rmut~t - , sond~m an I Kor 2,6ff und damit an di~ W~ish~it als M~rkmal ~in~s inn~rg~m~indlich~n hoh~n Status anschlöss~. spi~lt~ Paulus auf das Hoh~itsb~wußts~in d~r Korinth~r als Christ~n an. 2 Di~ Ausl~gung d~ V~rs~ ist umstritt~n. V~rs 4 kann als Frag~. als (kritisch~) Aussag~ od~r als (ironisch g~m~int~r) lmp~rativ ~rstand~n ~rd~n; im l~tzt~n Fall wäll:n mit d~n V~racht~t~n di~ G~m~ind~gli~d~r mit ni~drig~m Sozialstatus g~m~int. Ich schli~ß~ mich d~r Ausl~gung Schrag~s. 1. Korinth~rbri~f I, S. 412, an, d~r d~n Satz als Aussag~ ~rst~ht und di~ V~racht~t~n mit d~n pagan~n 1
••••
b~li~~
Richt~m id~ntifizi~rt.
)Es ist möglich, daß ~r sich nicht auf Tradition~n d~r Logi~nqu~ll~ b~zi~ht, sond~m auf sokratisch~
Im Kriton wird im Zusamm~nhang d~ Th~mas .Rucht aus d~m zu ~rzicht~n. Im Gorgias wird d~r Satz .Es ist b~r. Unll:cht zu ~rl~id~n. als Unrecht zu tun" im Zusam~nhang d~r ~d~utung d~r Rh~torik b~proch~n. ln Gorg 469b wird ~rhand~lt, ob di~ Tyrann~n zu b~n~id~n s~i~n. Sokrat~ ~m~int das: Di~j~nig~n. di~ ihll: Macht zum Unll:chttun ~rw~nd~n. ~i~n sogar zu ~da~m; di~j~nig~n. di~ ihll: G~walt r~chtmäßig g~brauch~n. ~i~n auch nicht zu b~n~id~n; w~il nun Sokrat~ das Unll:chttun als das größt~ d~r Üb~l gilt, will ~r ~h~r Unll:cht l~id~n als w~lch~s tun; ~rwünscht ist ihm ab~r k~in~ von b~id~n. Di~ R~chtspfl~g~. b~ond~rs di~ ~trafung d~r Ung~ll:cht~n. gl~ich~ d~r H~ilkunst und b~fll:i~ von Ung~ll:chtigk~it. B~i Sokrat~ g~ht ~ also nicht um di~ Ford~rung ~in~ R~ch~rzichts, sond~m um di~ nach ~in~r R«htspfl~g~. di~ sich nicht - wi~ ~r ~ d~n Rh~torik~m vorwirft - am Sch~in d~ R~chts ori~nti~re. sond~m G~ll:chtigk~it such~. Vgl. w~it~r Epict, Diss IV,5,10. s~n~ca Ep ::15,52: .in~rius ~t noc~re quam la~di". ~n~ca argum~nti~rt vom stoisch~n G~dank~n d~r V~rbund~nh~it und V~rwandtschaft all~r M~nsch~n h~r. Unmitt~lbar zuvor ~~nd~t ~r das Bild vom Ltib und ~in~n Gli~d~m. Auch Paulus ~rstärkt s~in~ Abl~hnung d~ Proz~si~rens damit, daß ~s um di~ B~zi~hung~n von Brüd~m g~h~ (6,5f.8). Das Bild vom Lrib ~rw~nd~t ~r ab~r hi~r ~~n nicht. Für ~n~ca ist ~ zwar ~mi~drig~nd (mis~rius) zu schad~n; sich schad~n zu la~n. ist a~r ~b~nfalls ~rbärmlich. Di~ Aufford~rung~n zum R~ch~rzicht in d~r Logi~nqu~ll~ sind d~s~g~n m.E. di~ näh~re Parall~l~. G~g~n Schrag~. 1. Korinth~rbri~f I, S. 415, d~r - ~b~n w~il Paulus di~ Tradition nicht mit m~hr G~wicht ~inbring~- ~rmut~t. daß Paulus pagan~ Ethik ll:Zipi~re. und
stoisch~ Tradition~n.
G~fängnis" g~ford~rt. aufWrg~ltung
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worden ist. Das bestätigt VetS 7c. VetS 8 nun nimmt die beiden Verben aus VetS 7 auf (ti.&lreiV und t.i.~). wemseit aber die Adressaten: Paulus wendet sich an die "Täter", nicht mehr wie in VetS 7 an die "Opfer'1 • Rechßverlicht und Selbsterniedrigung sind 1 Möglich~rw~~
will Paulus sag~n. daß man, ind~m man nicht auf s~in R~cht verzicht~t. vom Op~r wird. So legt Mitch~ll. Rich and Poor, S. 567, es aus. All~in dadurch, daß di~ Kläg~r ihr R~cht ~inford~rt~n und vor G~richt zogc:n, s~tzt~n si~ sich ins Un~cht und würd~n zu Tät~m. Er g~ht also davon aus, daß di~ Ad~sat~n in V~rs 7b und V~rs 8 di~lben sind. W~nn er damit recht hätte, würd~ Paulus die Tradition vom StatUSvtrzicht als R~chtsverzicht zwar höher schätzen und ihr mehr Raum ~inräum~n. als w~nn sich V~rs 8 an and~re Adressant~n richt~t als v~rs 7, d~nnoch ab~r würd~ ~r. ind~m ~r vorschlägt, inn~rg~~indlich~ .Schlicht~r· ~inzus~tz~n. die Tradition vom R~chtsverzicht ~rh~blich veränd~m und verharmlos~n. so daß auch dann von ~in~r Gl~ichg~wichtigk~it d~r Ford~rung nach StatUSvtrzicht als R~chtsvtrzicht und der Aufford~rung, sich hoh~itsb~wußt zu verhalt~n. nicht di~ R~d~ ~in könnte. Die paulinisch~ Lösung g~winnt w~it~r an Profil, w~nn man d~n Sozialstatus von Kläg~m und B~klagt~n zu ~rmitt~ln versucht. Mitch~ll. Rich and Poor, argum~nti~rt dafür, daß di~ Kläg~r ~in~n höh~~n Sozialstatus innehatt~n als di~ Beklagt~n. Di~ Ford~rung zum R~chtsverzicht si~ht er an die R~ich~n und Vom~hm~n d~r G~m~ind~ g~richt~t. Dafür führt ~r di~ folg~nd~n Argum~nt~ an (S. 575): (I) Di~ lroni~ d~r Frag~ in 6,5 hab~ nur di~ G~bild~t~n treff~n könn~n. (2) Si~ g~ri~t~n mit ih~m V~rhalt~n zud~m in Spannung zu d~m pagan~n ld~al d~s W~~n. das R~chtsverzicht ford~~- (3) Nur ihn~n g~g~nüber ~i di~ Drohung d~r Beschämung wirkungsvoll, w~il nur für si~ di~ Kat~gorie d~r Eh~ von B~d~utung s~i. Mitch~ll unt~rstützt s~in~ Argu~ntation mit d~r B~obachtung, daß es in d~r antik~n Ges~llschaft ~h~r di~ M~nsch~n mit hoh~m Sozialstatus wa~n. di~ vor Gericht zog~n. und si~ auch di~ b~sse~n Chanc~n hatt~n. ih~ lnt~ress~n zur G~ltung bring~n. als di~ Ni~drig~n (S. 575ft1. Dafür, daß di~ B~klagt~n ~in~n ni~drig~n Sozialstatus hatt~n. führt er di~ folg~nd~n Argum~nt~ an (S. 582f): (1) Paulus ~rhalt~ di~ Information Ob~r di~ Prozes~ von .d~n Leut~n d~r Chlo~·. also Ni~drig~n. (2) D~r Ausdruck ßuAJTIIcti ~i~ auf Eig~ntumsst~itigk~it~n hin. (3) Paulus such~ wi~ in I Kor 8 ~in~ Lösung, di~ di~ lnt~~~n d~r Schwach~n wahre. Vgl. Wint~r. Civil Utigation, S. 559-572. Wint~r tritt auch dafür ~in, daß di~ Vom~hm~n d~r Gemeind~ di~ Kläger ~i~n. Schärf~r wird ~in Urt~il dadurch, daß ~r di~ pagan~ R~chtsordnung als Un~chtsordnung charakt~risi~rt. in d~r di~ Ni~drig~n ohn~hin k~in~ Chan~ hatt~n. ihr R~cht zur G~ltung zu bringen. S~ine Argum~ntation hat ~in~ Schwäch~ darin, daß ~r di~ Vom~hm~n d~r G~m~ind~ d~r Ob~rschicht zuzu~chn~n sch~int. Nur Oberschichtsmitgli~d~r hatt~n an d~n Privilegi~n. die Wint~r anführt, Ant~il. Zur Ob~rschicht g~hört~n ab~r auch di~ Vom~hm~n der G~m~ind~ - Erastus möglich~rw~~ ausg~nom~n - nicht. Vgl. Th~iß~n. Sozial~ Schichtung, S. 231-271. Mitch~lls Argum~ntation kann nur dann üb~rz~ugen, w~nn die El~m~nt~. mit d~n~n ~r das Hoh~itsbewußts~in d~r Kläg~r beschr~ibt, sich auf ~inen hoh~n g~s~llschaftlich~n Sozialstatus gründ~n. Es ist ab~r auch möglich, daß damit das Erhöhungsbewußtsein d~r G~tauft~n beschri~ben wird. ~ reklami~rt~n ja nicht nur di~ w~nig~n G~bildet~n. sond~m all~ G~meind~gli~d~r. die nach d~r verborg~~n W~ish~it fragt~n. R~chtsverzicht war nicht nur Bestandt~il d~r Standes~thik d~r Vom~h~n. sond~m auch d~r d~r Jesusnachfolg~r in d~r synoptisch~n Tradition. Einen hoh~n Status und ih~ Eh~ hatt~n nunmehr nicht nur di~ Vom~hm~n. sond~m all~ .H~ilig~n· zu verli~~n. Dafür, daß Paulus an d~n durch Bek~hrung und Tauf~ erlangt~n Status d~nkt, spricht di~ Erinn~rung an di~ Üb~mahm~ des ~schatologisch~n Richteramts in 6,2f. Dies~ Üb~mahme ist das Hauptargum~nt des Paulus und b~zi~ht sich ~ind~utig nicht auf d~n Sozialstatus d~r Vom~hmen. Eschatologisch~ Richt~r sind all~ G~m~ind~gli~d~r. Di~ Analogi~n zwisch~n christlich~m und pagan~m Hoh~itsbewußts~in, di~ Mitch~ll dazu veranlass~n. es für dasj~nig~ d~r Vom~hmen zu halt~n. sind k~in Zufall, sond~m Programm. Im Urchrist~ntum w~rd~n W~rt~ d~r Ob~rschicht in di~ Unt~rschicht~n trans~ri~rt. Vgl. Th~ißen, W~rtrevolution, S. 343-360. Di~ Argument~. di~ Mitch~ll dann für d~n ni~drig~n Sozialstatus d~r B~klagt~n anführt, sind ~ig~nständig nicht ~hr aussag~kräftig. Daß ~r di~ Information von .d~n Leut~n d~r Chloe" ~rhalt~n hab~. setzt die umstritt~n~ Zusamm~ng~hörigk~it d~r Kapit~l 1-4 und 5ff voraus und bl~ibt im übrig~n spekulativ. Daß d~r Ausdruck ß~eAJTr~eri. auf A~inand~rs~tzung~n um mat~ri~ll~ Güt~r weise, sagt nichts darüb~r aus, ~m si~ ~ntzog~n wurd~n. Schli~ßlich kann Paulus die lnt~~sen der Ni~drigen auch zum
Tät~r
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damit kein Thema mehr. Die Frage von 7b ble~bt unbeantwortet. Es geht jetzt um den Verzicht auf Unrechttun - und das nimmt dann Vers 9f mit dem Lasterkatalog auch auf. Für diese Täter ist das Entscheidende. daß sie durth die Taufe abgewaschen. gehe~ligt und gerechtfertigt sind - Vers 11 zitiert eine Tauftradition. Paulus bringt zwar die Aufforderung zum Status\eZicht in der Form des Rech~chts ins Spiel, ~e1"ht ihr aber kein Gewicht1• Sie gerät dun:h die Betonung der Hoheit der Gemeindeglieder in den Hintergruncr. Nicht eheliche Sexualkontakte
Paulus bezieht sich in seiner Argumentation, die auf eine Verhaltensänderung abzielt, gleich dreimal auf die Hoheit der Korinther: (1) ln 6, 15 und 6, 19 erinnert er an die Hoheit der Christen als Tempel und als Leib Onisti. (2) Paulus weist die Parole "mivta IJOL ~LV" nicht zurück. Er lehnt ein solches Hoheitsbewußtsein nicht ab und ~acht es auch nicht3• (3) Er nimmt die Parole vielmehr auf und fUhrt sie genauso weiter, wie das auch Dio 0n)50stomos tut: Große Freiheit fordert große Selbstbeherrschung, damit sie Freiheit ble~bt. Wer nicht selbstbeherrscht ist, wird zum Gefangenen seiner Triebe und Affekte. Das and~rt W~is~ wahrtn, als Mitch~ll das ~rmut~t. W~iß, 1. Korinth~rbri~f. S. 52, ~rmut~t hint~r d~n Vrrb~n ~11ciw und ä:rrrffiTfpiw ~in~ Anspi~lung auf Dtn 24,14 und Ltv 19,1 J. Btid~ St~ll~n th~matisi~rtn di~ lohnzurückhaltung. (Di~ LXX üb~rs~tzt 'm zwar mit ~ und nicht mit
auf
ä.TrOtTTtpiw, das ~rli~rt ab~r an B~d~utung, w~il di~ LXX das V~rb ä.TrOtTTtpiw gar nicht ~rw~ndrt. Wriß ~rmut~t. daß Paulus auf ~in~ and~rt Ü~~tzung zurückgrgri~n hab~.) Sollt~ W~iß R~cht hab~n. wärtn di~ Vom~h~n dl~ B~klagt~n und di~ Ni~drig~n di~ Kläg~r. Dann wärt di~ Entsch~idung drs Paulus, d~r Tradition vom R~ch~rzicht ~in~n g~ring~n Raum zu grb~n. darin b~gründ~t. di~ lnt~rtSS~n d~r Ni~drig~n zu wahrtn. Von ~in~m Adrtssat~n~ch~l zwisch~n Vrrs 7 und V~rs 8 wärt dann nicht auszug~h~n. 'Das b~obacht~t auch B~rgrr, Th~ologi~grschicht~. S. 489, ~tracht~t rs ab~r als ~ispirl für d~n Pragmatismus drs Paulus, d~r ihn ~rschi~d~ntlich von ~in~n ld~alvorst~llung~n abw~ich~n las~. Virl~ d~r Fäll~. di~ ~r als Kompromiß ~z~ich~t (vgl. di~ Ust~. ~bd., S. 490), ~rst~h~ ich als ~ig~nständiges, w~nn auch nachranglgrs Programm; Kompromißcharakt~r hat das insof~m. als sich Paulus üb~r di~ ~inand~r wid~rsprtch~nd~n Elrm~nt~ ~i~r ~id~n ld~alvorst~llung~n k~in~ Rrchrnschaft gibt. 2 Schrag~. 1. Korinth~rbrirf I, S. 418f, g~wicht~t and~rs. Er ~int, daß di~ Ford~rung nach R~ch~rzicht im Vord~rgrund st~hr. Er g~ht wi~ Mitch~ll davon aus, daß ~in R~cht zur G~ltung bring~n. Unrtchttun b~d~ut~t. und m~lnt, daß auch di~ Frag~form von Vrrs 7b nicht dagrg~n sprtch~. daß Paulus hi~rauf das ~ig~ntlichr Schw~rg~wicht l~g~. Cart~r. ~rvant Ethic, S. 54f, grht noch w~it~r. ind~m sir ~int, daß VS ironisch zu ~rst~hrn ~I und di~ v~~ 6f mit d~r Ford~rung~n nach R~ch~rzicht d~n ~ig~ntlich~n und ~inzig~n Will~n drs Paulus formuli~rt~n. Di~ Th~~n la~n sich m.E. nicht aufrtcht~rhalt~n. Auch 6, 1-6 b~rtit~n di~ Ei~tzung von inn~rg~m~indlich~n Schlicht~m vor und nicht di~ Ford~rung nach R~ch~rzicht. Vrrs 7a ~rläut~rt m.E. di~ V~rs~ 1-6 und nicht di~ Frag~ von 7b. Daß Christ~n ihrtn Status g~ringacht~n und vor paga~n G~richt~n rrschrinrn, das ist ~in~ Ni~d~rlag~. nicht, daß k~in Rrcht~rzicht g~lrist~t wurdr. Dirsr Möglichk~it tritt ~rst mit 7b in drn Blick. Ganz ohn~ Argumrnt~ w~ist Schrag~. 1. Korinth~rbrirf I, S. 416, di~ Vrrmutung von W~iß, Un::hrist~ntum, S. 441, zurück, daß mit d~m Prozmi~rtn d~r ..Adrl christlich~r ~rsönlichk~it~n· auf drm Spirl st~h~. Ich mrinr: G~nau das ist d~r Fall. 1 Möglichrrw~is~ grht di~ Parol~ auf Paulus srlbst zurück. Vgl. Lütg~rt. Frtihritsprtdigt, S. J6ff. Grg~n Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 18, drr darauf brstrht, daß dir Parol~ mit I Kor 3,21 nicht ~~ch~lbar ~i.
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begegnet in der stoischen Moral häufig. Genauso argumentiert Paulus in 6,12: ..Oix E-yW ~oo~L im6 tu.~QC;." Paulus behandelt die Korinther wie Könige und empfiehlt ihnen dasselbe, das damals Königen empfohlen wurde. Festzuhalten ist. daß die HeM>rhebung der Erhöhung an Kontexte gebunden ist. die die Abgrenzung der Gemeinde nach außen thematisieren. Erhöhung geschieht, indem ein Mensch sich bekehrt, eine Gemeinde entsteht Sie wird erneut virulent, wenn die Grenze zur paganen Gesellschaft durchlöchert zu werden droht1• Die paulinische Konzeption von Hoheit Das Verhältnis zur Gesellschaff
Für Paulus sind die Gemeinden der Ort der Anwesenheit Gottes in der Gesellschaft. Heiden sollen, wenn sie in Kontakt mit der Gemeinde kommen, auf ihr Angesicht fallen ..Gott anbeten und bekennen, daß Gott wahrhaftig unte(' ihnen sei 0 Kor 14,25). Die faktische Ambivalenz der Gesellschaft vorausgesetzt, muß die Gemeinde einerseits eine AlternatM zur Gesellschaft sein und andererseits ihre besten Seiten spiegeln. Den Statuskriterien der ..Starken" und der ..Helligen" pflichtet Paulus deswegen durchaus bei. Beide Gruppen können sich mit Recht auf ihn berufen. Dem Umgang der Gruppen 1 Daß die Probleme, die in den Kapiteln 5 und 6 ~rhandelt werden, die Identität der Gemeinde und ihre Abgttnzung nach außen betreffen, hat Meeks, Urchristentum, S. 211, herausgestellt. Es gehe darum, die Grenzen der Gemeinde aufrechtzuerhalten. Vgl. Mitchell, Rich and Poor, S. 563f. I Kor 6,20 könnte als Einwand gegen meine Auslegung gelten. Dort beschreibt Paulus die Bekehrung und den Eintritt in die Gemeinde mit dem Bild des Ankaufs eines Skla~n. 'A~w bezeichnet nicht den Freikauf eines Skla~n - wie es Deissmann vorgeschlagen hatte, bedeutet also keine Statuserhöhung durch Freilassung - sondern dessen WeiteMrkauf. Vgl. Schrage, I. Korintherbrief II, S.35, Anm. 373. Die Glaubenden bleiben also auch als Christen Skla~n; das könnte meine Auslegung, die die Freiheit und königsgleiche Würde der Gemeindemitglieder hervorhebt, in Frage stellen. Es sind jedoch zwei Beobachtungen zu berücksichtigen: (I) Martin, Sla~ry. S. 62f, hat gezeigt, daß mit der Vorstellung, von einem Herrn an den andern ~rkauft zu werden, eine Statusverbesserung ~rbunden war, wenn der neue Herr gut und wohltätig, der vorige dagegen grausam war und der neue Herr selber einen höheren Sozialstatus hatte als der alte. Beides sei beim Kauf durch Gott oder Christus der Fall. Zu seinem ol~e~ zu gehören, war auch für seinen Skla~n ein Statusgewinn. (2) I Kor 6,20 wird in I Kor 7,23 wiederholt. Dort will Paulus erreichen, daß christliche Skla~n ihren Skla~nstatus beibehalten und nicht die Freilassung zu erreichen versuchen. Diese Erwartung macht Paulus dadurch plausibel, daß er den tatsächlichen Status durch den neuen Status im oT~e~ Gottes relativiert. Vgl. Martin, Sla~ry. S. 64f. Paulus ist davon überzeugt, daß der Status, der einem Menschen in der familia Gottes zukommt, allein maßgebend ist. Der Sozialstatus .draußen· wird dadurch nicht nur relativiert, sondern bedeutungslos (vgl. I Kor 6,4 vom hohem Status). Wer nun seinen Sozialstatus verändern will, wird dieser neuen Wirklichkeit nicht gerecht, weil er ihm noch Bedeutung beimißt Wer das tut, wechselt die vorherrschende Bezugsgröße und macht sich erneut zum .Skl~n von Menschen· (7 ,2Jb), ~rschlechtert also seinen Status. Als Skla~ oder gar als Freigelassener zur familia dei, des größten ~. zu gehören, ist also keineswegs ein Widerspruch dazu, ein königliches Selbstbewußtsein zu haben, ~ondern gerade die Folge davon. "Vgl. Meeks, Urchristentum, S. 341, der .diese Ambiguität hinsichtlich der Grenzen Ihrer Gemeinschaft• zu den wichtigsten .Hinterlassenschaften des paulinischen Urchristentums· zählt.
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miteinander steht er kritisch gegenüber. Er leitet sie zu einem anderen Verhalten an, wiederum mit Hilfezweier strukturell ve&hiedener Ansätze: mit der Wertschätzung der "Einheit.., einem Wert. der gesellschaftskonform ist. und mit der Aufforderung zum Sta~cht, einem Wert, der apostolisch begründet wird und innergemeindHche Geltung hat; dabei leitet er tendenziell die Starken.. zum Sta~cht, die "Hetligen.. zur Wertschätzung der Einheit an. Die Distanz zur Gesellschaft und ihre Begründung in zentralen christlichen Überzeugungen Paulus fordert für die Gemeinde "Reinheit"'. Den Gemeindeausschluß des Mannes, der seine Stiefmutter geheiratet hat, begründet er mit der Anforderung der Reinheit. Diese Anforderung wiederum ist für ihn die Folge des Ouistusgeschehens, das er als Opferung des Passalamrns 0 Kor 5. 7) deutet; sie ist also in einer zentralen christlichen Überzeugung ....m~nkert. Diese Reinheit bewährt sich an den beiden traditionellen Grenzmarken jüdischer Identität: am Verhältnis zum Götzendienst und zur Sexualität. Paulus fordert in beiden Bereichen dazu auf, von gesellschaftHchen Praktiken Distanz zu halten 0 Kor 6, 18; 10, 14). Die Verbindung mit Christus schHeßt Bindungen innerhalb der Gesellschaft aus, die das Wesen des Menschen beschlagnahmen. Paulus hält den mit einer Mahlzeit ~undenen Besuch im heidnischen Tempel und die sexuelle Beziehung zu anderen Frauen als der eigenen Ehefrau für solche mit der Christusgemeinschaft u~nbaren Bindungen 0 Kor 6, 15f; 10,21). Dabei ~eutlicht er die AusschHeßHchkeit der Christusbeziehung in beiden Bereichen mit der Metapher des "einen Leibes" 0 Kor 6, 13.15; 10, 16tJ und \63nkert sie in den sakramentalen Handlungen von Taufe1 und Herrenmahl, also in zentralen Handlungen der Gemeinde. Aus diesen fundamentalen Argumentationsgängen des Paulus läßt sich nicht ersehen, warum der sexuelle Kontakt mit dem Ehepartner und der Verzehr von Götzenopferfleisch bei privaten Einladungen oder Zuhause nicht ebenfalls in Konkurrenz mit der Christusbeziehung stehen. Von diesen Argumenten her erscheint der, der in der Mitte der Gemeinde steht, in großer Distanz zur Gesellschaft; Zentralität in der Gemeinde und Marginalität in der Gesellschaft korrespondieren einander. Die Verbindung zur Gesellschaft und ihre Begründung in peripheren christlichen Überzeugungen 'Meeks, Urchristentum, S. 268f. Martin, Body, S. 174, sieht in der Vorstellung vom Leib Christi das Motiv für die Ablehnung von außerehelichen Sexualkontakten und der Teilnahme an Kultfeiem. Dabei versteht Martin die paulinische Vorstellung vom Leib Christi als Ausdruck einer ontisch-mystischen Einheit im Rahmen eines eher dualistischen Weltbildes, so daß für Paulus mit dem Verhalten der Bordellbesucher und :Jötzenopfertleischesser die Reinheit und Unversehrtheil des Leibes Christi auf dem Spiel gestanden habe. Er beschreibt die paulinische Abscheu, die durch die nopllfia. ausgelöst wird drastisch u.a. "as monstrously conjoining the body of Christ to the body of the cosmos" (ebd., S. 179). Ebenso deutet er die Furcht. die die Teilnahme an paganen Kultmählern bei Paulus hervorruft; vgl. ebd., S. I 88. M.E. wird diese Deutung der Leib Christi Vorstellung der Beobachtung, daß sie als ekklesiologische Metapher aus dem politisch-soziologischen Kontext stammt und bei Paulus keine zentrale Rolle lpielt, nicht gerecht. Vgl. Undemann, Kirche, S. 155-159. Kirchhoff, Sünde, S. 172ff. 1
242 Paulus erwartet von den Gemeindegliedern die Übernahme der gesellschaftlichen Rollenerwartungen. Sie sollen sich ~· betragen. Das bringt er den sexuell asketisdl lebenden Gemeindegliedern und den Zungenrednern gegenüber zur Geltung 0 Kor 7,35; 14,30). Beide Verhaltensweisen stehen in der Gefahr, nicht ..anständig" zu sdn und die Verhaltensanforderungen der Gesellschaft zu durchbrechen. Da mit dem Modell der familia die staatliche Gewalt und die gesellschaftliche Ordnung legitimiert wurde und zudem aus der Fruchtbarkeit der Familien Roms Stärke emporwu~ gerieten Menschen, die Ehe und Fruchtbarkeit \6Weigerten, in einen fundamentalen Gegensatz zur Gesellschaft. Eh~gerung galt als Dekadenz 1 • Bei der Zungenrede beffirchtete Paulus, daß sie als Zeichen des Wahnsinns ~)angesehen werden könnte 0 Kor 14,23)). Indem Paulus Männer und besonders Frauen dazu auffordert, ihre Ehen sogar mit heidnischen Partnern aufrechtzuerhalten 0 Kor 7, 12-16) und ihre gesellschaftlichen Rollen weiter auszuffillen 0 Kor 7, 17-24; 11 ,2-16), bindet er sie an die gesellschaftliche Ordnung. Die Begründungen ffir die Aufrechterhaltung dieser Bindungen sind vielfältiger und weniger zentral als die, die er "den Starken" gegenüber ~det4 • (1) Er kann sich auf ·~~~ b~z~ichn~t im pagan~n und christlich~n G~brauch di~ sittlich ~inwandfrti~ Haltung. Wi~ in Röm 13, 13 b~d~ut~t Paulus mit d~m Wort s~in~ (w~nigst~ns parti~lld Zustimmung zu d~n g~~llschaftlich~n Norrntn und Roll~n~rwartung~n. Vgl. Grt~n. Art. ~. S. 768f. ln I Kor 7,35 folgt d~r Aufford~rung zum .Anstand· di~ Ermutigung, d~m H~rm ung~t~ilt zu di~n~n. Vgl. Schrag~. 1. Korinth~rbri~f II, S. 181 f. Vi~ll~icht ordn~t Paulus hi~r absichtlich n~~n~inand~r. was ~~n Korinth~r Ask~t~n und Ask~tinn~n als Alt~mativt ~rschi~n. Di~ Erwartung, ~in~ Eh~ ~inzug~h~n. wartn von Augustus durch s~in~ Eh~g~~tz~ ~m~ut formuli~rt word~n. Zugl~ich wartn di~ Klag~n üb~r di~ ~rfall~nd~ Eh~moral und di~ Frtizügigk~it un~rh~irat~t~r Frau~n laut. Vgl. z.B. Iuv, Sat 6. Di~ Eh~losigk~it d~ Apollonius von Thyana war in ähnlich~r W~~ als Vorwand für ~in~n allzu frtizügig~n ~b~nwsand~l ~rdächtigt word~n. Vgl. Philostr, VitAp I, 13. )Durch ~in~ solch~ Einschätzung könnt~ di~ G~m~ind~ in di~ Näh~ d~s dionysisch~n Kult~ g~rückt w~rd~n. D~r dionysisch~ Wahn wird durch Tanz und W~ing~nuß ausg~löst. W~ing~nuß b~i Frau~n galt b~rtits als d~r ~rst~ Schritt zum Eh~bruch. Auch d~r Tanz galt als unschicklich (Sallust, Catalina 25). Möglich~~i~ hab~n Paulus auch rtligionspolitisch~ Üb~rl~gung~n b~w~gt. Ein Kult, d~r auch nur ~ntf~mt an dionysisch~ ~ond~rh~it~n ~rinn~rt~. konnt~ b~stimmt nicht auf Sympathi~ durch di~ römisch~n Bthörd~n rtchn~n. Mithridat~ war als N~os Dionysos in d~n gri~chisch~n Städt~n b~grüßt word~n. Antonius stand als Dionysos n~b~n Kl~opatra; ~r war im Ost~n stark. Di~ Schlacht zwisch~n ihm und Oktavian fand in Actium statt - in Gri~ch~nland. ln Rom hatt~ d~r Bacchanali~nskandal zu (~rg~blich~n) V~rsuch~n. d~n Kult zurückzudräng~n. g~führt. Dionysisch gdärbt~ Kult~ w~rd~n ~h~r als romftindlich und staatsg~fährd~nd g~golt~n hab~n d~nn als harmlos·. 'o~m wid~rspricht Btrg~r. Th~ologi~g~hicht~. S. 493f, mit s~in~m V~rständnis von I Kor 11,2-16: Paulus g~h~ ~ hi~r um di~ .Hi~rarchi~ d~r Ehrt·, di~ als .g~rad~zu bibliodramatisch~ lnszmi~rung von ~n 1r (~bd., S. 494) zu g~lt~n hab~ und ihr Zi~l in nichts and~rtm als d~r Ehrt d~s Erst~n. Gott~ hab~. Das ist ~in~ b~t~ch~nd~ Vorst~llung, di~ vi~ll~icht ~rklärt, wi~o das Argu~nt für Paulus plausi~l war. Folg~nd~ Punkt~ all~rdings b~rücksicht di~ Th~s~ m.E. nicht hinrtich~nd: (a) di~ Eng~l sind nicht nur di~ Anwält~ d~r Rangordnung d~r Schöpfung, sond~m auch Straftät~r an ihr: si~ woll~n Adam nicht ~hrtn (VitAda~ 14t) und b~g~hrtn di~ M~nsch~nfrau~n (G~n 6, 1-4; äthH~n 7); Rücksicht muß also vi~ll~icht nicht nur auf di~ Stärk~. sond~m auch auf di~ Schwäch~ d~r Eng~l g~nomm~n w~rd~n. (b) Di~ schöpfungsth~ologisch~ Argum~ntation d~nkt an Frau~n als di~ (Ehdfrau~n von Männ~m; Frau~n und Männ~r sind ~inand~r zug~ordn~t. und in di~~m V~r hältnis läßt sich ~in~ Ehrhi~rarchi~ vorst~ll~n; di~ Frau~n. an di~ sich Paulus hi~r w~nd~t. sind aber vi~l~icht S(Xu~JJ~ Ask~tinn~n. d~n~n Paulus in I Kor 7,34 durchaus b~sond~rt H~iligk~it zug~t~ht.
243
seine apostolische Autorität berufen 0 Kor 7,17) und den Gehor5am Gott gegenüber als eigentlich statusrelevantes Kriterium herwrheben 0 Kor 7,19); (2) er kann auf die Schöpfungsonlnung ~eisen und den Konsens der Gemeinden 0 Kor 11,2-16) und damit auf ..allgemeine Werte" rekurrieren; (3) er kann den Reinheitsbegriff, der durch ,.Absage" und "Distanz" strukturiert ist, "offensiv" umformen: Berührung macht nicht unrein, sondern hetlig'. Dabei wird deutlich, daß seine Haltung den traditionellen Rollen gegenüber ambivalent ist. Sosehr er daran festhält, daß sie aufrechterhalten werden soßen, sosehr zeigt er die Neigung, sie zugleich zu relativieren. Sie sind nicht eigentlich statusrelevant; der Status wr Gott folgt dem Ausmaß des Gehor5ams 0 Kor 7, 19) und der Erlösung 0 Kor 7,22t). Die gesellschaftlichen Rollen sind \el'gänglich und werden nicht mehr wirklich "bewohnt" 0 Kor 7,29-31)2 ; sie stehen duTthaus zur Disposition 0 Kor 7, 15). Status vor der Welt und wr Gott können sogar umgekehrt werden 0 Kor 7,22). Vergleicht man nun noch den Lebensstil des Paulus selbst mit seiner Ehelosigkeit und Armut, wird deutlich, daß der Schwerpunkt seines Denkens bei der Position der "Helligen" liegt Um so bemerkenswerter ist es. daß er ihnen nicht zustimmt. M.E. Qlbt es dafür zwei Gründe: (1) Eine wllige Distanzierung ist gar nicht möglich. Christen können aus dem Kosmos nicht hinausgehen 0 Kor 5, (2) Gott ist der Schöpfer und Neuschöpfer sowie der Herr über den Kosmos 0 Kor 8,6; 10,26). Die Gemeindegründungen zielen auf die Gesamtgesellschaft und müssen deswegen mit ihr ~unden bleiben.
10r.
Der Umgang mit der Konkurrenzsituation in der Gemeinde Die Erwartungen an "die Starken"
Paulus entlarvt den Größenanspruch der Starken als 'vmneintlich und kontrastiert ihrem Anspruch sein Konzept wirklicher Größe durth Uebe 0 Kor 8, 1). Das ist einerseits eine deutliche Zurückweisung', andermeits istjedoch festzuhalten, daß Paulus nicht ihren Größenanspruch kritisiert, sondern dessen Begründung und Gestaltung. Er weist sie nicht zurück, ohne ihnen sein eigenes Leitungskonzept anzubieten. Bereits im ersten Satz skizziert er "wahre Größe.. - ~m'J oiKO&,ui'' 0 Kor 8,1 b). Für S(XUtll~ Askttinntn ~tschaff~n sind, nicht.
gibt ts abtr den Mann, an dtsS(n
I Kor 7, I 4. Daß Paulus nicht sitht, daß
Eh~
~btn dits~r G~dank~
sit
partizipit~n
und für dtn sit
von dtn Bordtllbtsuchtm und könntt, um ihr V~rhalt~n zu ~chtftrtigtn, ztigt, daß dit Eht für Paulus ~in nicht hinttrfragba~r Wtrt ist. D~utlich wird dadurch auch noch tinmal, daß Paulus di~ H~ilig~n ~rmutigt, sich in dit Gtstllschaft hintinzubtg~btn. Otn Stark~n dag~g~n schärft tr tin, daß ih~ Stärk~ nicht offtnsiv ist, sondtm nur in ~in~m btg~nzttn Raum gilt; stark sind si~ nur in d~r Christusb~zithung, nicht in dtr Erktnntnis. Martin, Body, S. 218, bthand~lt di~ Sttllt, di~ in Spannung st~ht zu S(in~r Darsttllung dts Paulus als tints M~nschtn, d~r di~ V~run~inigung fürcht~t. st~llt sich ihr abtr nicht, sond~m b~trt~t sit nur als wtitt~n ~Mis dafür, daß dit Kat~gori~n .~in und un~in" für Paulus btdtutsam S(itn. ZygJ. Withtrington, Conftict, S. 179, Anm. 36. \tgl. Mttks, Urchristtntum, S. 267. Vgl. Schragt, 1. Korinthtrbrid 11, S. 230; Ho~n. Sodal Ethos, S. ISSf. Götztnopf~rfltisch~sstm aufg~grifftn wtrd~n
244 f)je Zurückweisung der falschen Begründung wn Hoheit
Paulus reagiert auf beide Grundsätze der Starken, daß alle die Erkenntnis haben und daß es nur einen Gott Qlbt, zuerst mit Zustimmung 0 Kor 8, 1.4)'. Dann aber bringt er seine Relativierungen zur Geltung. So stimmt Paulus der Überzeugung zu, daß es fiir Onisten nur einen Gott Qlbt. präzisiert jedoch dann die Bedingungen. Vers 5 setzt die faktische Existenz wn Göttern und Herren wraus; Vers 6a spricht ihnen indes die Macht ffir Olristen ab. Damit bindet Paulus die Erkenntnis der Einzigkeit Gottes an die ausschließlidle Beziehung zu Gott und bereitet so seine Argumentation in Kapitel 10 wr. Stark sind die Starken nidlt aufgrund ihrer Erkenntn~ die sie mit sidl tragen, wohin sie audl gehen - und sei es in den heidnisdlen Tempel -, stark sind sie nur in der Olristusbeziehung, und die ist störbar, vielleidlt sogar ~erbar 0 Kor 10, 1-13). Ebenso stimmt Paulus dem Inhalt der Gnosis zu, präzisiert aber ihre Reidlweite auf der Seite des erkennenden Subjekts. ln Vers 7a bestreitet er, daß alle diese Gnosis haben. Damit wendet er sidl gegen die Strategie der Götzenopferfleisdlesser, mit der Berufung auf ein ffir die Gemeindezugehörigkeit konstitutives - Bekenntnis ihre Praxis zu rechtfertigen. Natürlich spridlt Paulus mit Vers 7a "den Sdlwachen" nidlt den Glauben an den einen Gott ab2• Er ffihrt mit dem Gewissen eine neue lnstanz ein und unterscheidet dadurch zwischen \mChiedenen Graden der Aneignung wn Gnosis. Die Erkenntnis ist damit in ihrer argumenta~ Kraft beschnitten: Sie wird wm Respekt wr dem Gewissen des an dem begrenzr. 'Vgl. Schragr, 1. Korinthrrbrid II, S. 229. \'gl. Schragr, 1. Korintherbrid II, S. 254. 1 Dirsrs argumrnta~ Vorgrhrn läßt sich mit drr Kommunikationsform .Ja, abrr" odrr mit drr .Ja, untrr drr Brdingung daß" kennzrichnrn. Dir .Ja, abrr" -Form akzrptirrt dir Autorität drr Grsprächspartnrr an drr Obrrtlächr, widrrspricht ihnrn abrr dr facto. Es kommt zu krinrm ausdrücklichrn Widerspruch, dir Vorschlägr drs andrm wrrdrn abrr durch dir Einwändr nrutralisirrt. Dir .Ja, untrr drr Bedingung, daß" -Form ist rinr konstruktM Variante, Zustimmung und Modifikation rinzubringrn. Dir Zustimmung zur Autorität strht im Vordrrgrund und wird von rinrr Position drr Stärkr aus grwährt. Dir grwünschtrn Modifikationrn wrrdrn grnannt und in drn Ansatz drs Grsprächspartnrrs intrgrirrt. Brim Thrma "rs gibt krinr Göttrr" übrrwirgt m.E. dir .Ja, abrr" Struktur. Drr paulinischr Einwand in Vrrs 5 ist massiv, wird abrr in Vrrs 6 nicht aufgrnommrn; das grschirht rrst in 10,14-22 . Dort wird das .Ja" von I Kor 8,4b.6 zum .Nrin". Paulus lrhnt dort auch dir Praxis, an Mählrm trilzunrhrnrn, bri drnrn Trankopfrr grbracht wrrdrn, ab. Vgl. Söding, Starkr, S. 78, drr mrint, daß Paulus drn Starkrn hinsichtlich drs Inhalts ihrrr Gnosis ganz zustimmr und rs rinrn Dissrns nur hinischtlich drr rthischrn Normrn gäbr. ßrim Thrma .allr habrn Gnosis" ührrwirgt dir .Ja, untrr drr Brdingung, daß"-Struktur. Paulus nrnnt drn Einwand und bringt ihn sofort in srinr Empfrhlung rin. Srinr Position ist schon in 8, 1J grnannt; in Kapitrl 9 rrhärtrt Paulus srinrn Rat an srinrm rigrnrn Srispirl. Dir Wirdrraufnahrnr in 10,12-11, 1 fügt drm inhaltlich nichts writrr hinzu. Dirsrs Vorgrhrn kann darauf hinwrisrn, daß Paulus daran lirgt, dir Autorität drr Götunopfrrflrisch~r nicht offrn anzugrrifrn. Das könntr darin brgründet srin, daß rr sich ihnrn grgenübrr ~rpflichtrt fühlt. Virllricht handrlt rs sich bri drn Götzrnopfrrflrisch~m um Grmrindrmitglirdrr, bri drnrn rr zu Gast war und von drrrn Häusrm und Vrrmögrn rr Grbrauch machrn konntr. Es könntr abrr auch darin brgründrt srin, daß rr dir Autorität drr Götzrnopftrflrisch~r. dir sich aus I Kor 8, 10 rrschlirßrn läßt, innrrhalb drr Grrnrindr nicht rrschüttrm wolltr. Ihr Vrrhaltrn hattr Vorbildcharaktrr. Solltrn dir Götzrnopfrrtlrischrssrr zu drn wohlhabrndrn Mrnschrn drr Grrnrindr zählrn und Patronatsaufgabrn für sir wahrgrnomrnrn
245
Die Aufforderung zum Status\erZicht
Paulus fordert die Götzenopferfleischesser zum Sta~cht auf. Sie soßen von ihrer keinen Gebrauch machen, also auf die Nutzung ihl't'5 hohen Status verzichten. Um das plausibel zu machen, greift er auf das Repräsentations- und auf das Imitationsmotiv zurück'. ln I Kor 8,12 gtlt die Verletzung des Gewissens eines Schwachen als Sünde an Onistus. Paulus stellt sich diese Repräsentation nicht so vor, wie wir es z.R in Mk 9,37 gefunden haben. Die Sünde an Christus besteht nach I Kor 8, 11 darin, daß die Heilswirkung des Todes Jesu durch das Verhalten der Götzenopferfleischesser aufgehoben wird. Funktional aber ble1bt es dabei, daß ein Verhalten gegen Menschen eines gegen Christus sein kand. Das Imitationsmotiv benennt Paulus in 1 Kor 11,1 ausdrücklich. Dabei wird deutHch, daß sich Paulus als Zwischenglied versteht. Er fordert die Götzenopferfleischesser auf, ihn und, ~ittelt über ihn, auch Christus nachzuahmen1• So wie das Repräsentationsmotiv sich von den synoptischen Varianten unte&heidet, so \6'1agert Paulus auch beim Imitationsmotiv den Akzent wn der Nachahmung des Verhaltens Gottes oder Jesu den Armen gegenüber zu einer des rettenden Handeins Christi gegenüber den Menschen überhaupt. Der Status\eZicht hat das Ziel "ii.v. rnufJ/ixnv.. 0 Kor 10,33~. ln der Darlegung seines eigenen Beispiels hat er das weiter ausgefiihrt 0Kor 9, 19-22t. Hier bestätigt sich, daß fiir Paulus der Sta~cht die Teilhabe am rettenden Handeln Gottes in Christus ist. Der Sta~cht bezieht sich dabei nicht wmehmlich auf die in der Gesellschaft statusrelevanten Kriterien -wie Reichtum oder Ansehens -,sondern ~
haben, wäre auch das verständlich. Dafür könnte weiterhin sprechen, daß Paulus in Vers 12 für das Verhalten der Starken den Schwachen gegenüber das Verb -Mmu verwendet. Das Wort beschreibt in Lk 12,45 parr das Verhalten der schlechten Verwalter, also derjenigen, denen in der Gemeinde Leitungsaufgaben übertragen worden waren. Daß Paulus die Metapher des oiKo~ für gemeindeleitende Aufgaben kennt, zeigen I Kor 4, If und 9, 17. Gegen die These, die Gemeindeleiter hätten einen gehobenen Sozialstatus inne, wendet sich Hore II, Social Ethos, S. 157, mit der Beobachtung, daß das nie ausgesprochen wird und zudem Paulus in 16,17f Unterordnung dem Haus des Stephanas gegenüber fordert, also auch rangniedrigere Mitglieder eingeschlossen wären. Dieses Argument übersieht jedoch, daß auch abhängige Mitglieder eines ranghohen Hauses am Rang ihres pater familias partizipierten und rangniedrigeren Freien durchaus übergeordnet sein konnten. 'Daneben gibt es auch eine Warnung hinsichtlich des Hoheitsbewußtseins der Starken. So wie Paulus ihren Größenanspruch als .aufgeblasen" entlaMn kann (I Kor 8,1), so kann er sie auch vor einem möglichen Fall (I Kor 10,12) und vor verderblicher Hybris (I Kor 10,22) warnen. Gegen Conzelmann, I. Korintherbrief, S. 199 und 206, der beide Verse auf die ganze korinthische Gemeinde bezieht. \tgl. Conzelmann, I. Korintherbrief, S. 177, und Witherington, Conflict, S. 200. 1Auch das Repräsentationsmotiv kann Paulus auf sich selbst beziehen: Philemon soll Onesimus :.ufnehmen, als sei es Paulus selbst (Phm 17). Dort ist das Repräsentationsmotiv mit der Bereitschaft des Paulus verknüpft, die Schulden des Onesimus zu übernehmen (Phm 18); das könnte darauf hindeuten, daß Repräsentationsmotiv und Stellvertretungsvorstellung als zusammengehörig verstanden wurden. ''vgl. Conzelmann, 1. Korintherbrief, S. 212; die Aufforderung zur Imitation beziehe sich auf die Selbsterniedrigung Christi wie in Phil 2,6ff. Vgl. auch Witherington, Conflict, S. 229. ;Gleichwohl kann der Verzicht auf sie gefordert sein, wenn die Rücksicht auf die Schwachen ihn als Folge gebietet; vgl. Horell, Social Ethos. S. 156.
246 auf die ~. die sich aus dem Status als Olristen allererst ergeben, wie Stärke und Erkenntnis. Für Paulus gehören deswegen cV,U.'"" worunter er das erwählende Handeln Gottes \mteht', und Statusverzicht eng zusammen. In Kapitel 13 finden sich Gedanken aus der Götzenopferfleischdebatte wieder. Eine zweite Folge aus der engen Verbindung wn Statusverzicht und der Errettung durch Gott zdgt sich am Begriff der rÄ~ Paulus verwendet die Metapher für das rettende Handeln Gottes. Fs ist Bezeichnung des apostolischen Wirkens 01 Kor lO,Bt. In I Kor 3,9 bezieht er es auf den Bau des neuen Tempels). Aufbauen beldehnet also die Mitwirkung an der (eschatologischen} Erhöhung der Gemeindeglieder. Statusverzicht dient als Gestalt des rettenden Handeins Gottes. der Erhöhung der Glaubenden. In I Kor 8, 11 wirft Paulus den Götzenopferfleischessern wr, die Schwachen, statt sie aufzuerbauen, also zu erhöhen, zu zerstören (0.~); auf Bildebene ~endet er also den Gegenbegriff zu ..aufbauen", aufSachebene meint er mithin "erniedrigen". Diese Vermutung wird bestätigt durch die Beschmbung desselben Sachverhalts in Vers 12 mit -Mrrw, was ebenfalls ein erniedrigendes Verhalten bezeichnet. Paulus fordert die Götzenopferfleischesser also dazu auf, di~enigen, die sie unter ihrem eigenen Status \60rten, zu erhöhen•. Das findet sich in I Kor 12,12-27 wieder. Dort ermutigt er mit der lelb-Olristi-Metapher die ..Starken" dazu, den Isolationswünschen einzelner Gruppenmitglieder nicht nachzugeben und die Rangordnung der Gesellschaft mit ihrer Unte&heidung wn ehrenhaft und schändlich nicht auf die Gemeinde anzuwenden. Er Qlbt. indem er die "demokratische Variante" der Metapher wählt. in der das Verhältnis der Glieder untereinander thematisiert wird und das Haupt keine besondere Rolle hat. einer demokratischen Verfassung der christlichen Gemeinde den Vorzugs. Mit der Aufforderung, die Niedrigen zu erhöhen 0 Kor 12,23ft, '1 Kor 8,3; vgl. Schrag~. I. Korinth~rbri~f II, S. 2J4f. Art. oTK~ KTA., S. 142. )Ebd., S. 143. 4 Mitch~ll. R~conciliation, S. 127, b~haupt~t. di~ lnt~~ssen d~r Schwach~n zu acht~n und für si~ ~inzut~t~n. sei ~in .commonplac~· politisch~n D~nk~ns g~w~~n. Für di~ V~rb~itung im jüdischh~ll~nistisch~n D~nk~n ziti~rt si~ Philo, Abr 216, d~n Statu~rzicht Abrahams zugunst~n von Lot. Es ist m.E. unang~bracht, di~sen G~dank~n als Allg~m~ingut zu k~nnz~ichn~n. (I) Philo b~chr~ibt das V~rhalt~n Abrahams als singulär, obwohl ~r sich in s~in~r Schild~rung von Mos~ als d~s id~al~n H~rrsch~rs auf ~in~n pagan-jüdisch~n Konsens für das ld~al b~ruf~n kann, so daß also Singularität für ihn nicht ~infach Ausdruck von ld~alität ist. Philo m~int also, was ~r sagt, w~nn ~r Abrahams V~rhalt~n als singulär schild~rt; ~r ziti~rt damit k~in~n .commonplac~·. (2) Di~ B~l~g~. di~ Mitch~ll anführt, b~z~ug~n di~ politisch~ Klugh~it d~r H~rrsch~nd~n. (a) Di~ Ausb~utung d~r Sozialschwach~n schad~t d~r Einh~it und damit d~r Stärk~ d~ G~m~inw~~ns; dadurch wird d~ssen Position im V~rgl~ich mit and~~n G~m~inw~sen g~mind~rt. Di~ H~rrsch~nd~n schad~n sich also s~lbst, w~nn si~ di~ Schwach~n üb~rmäßig ausb~ut~n. (b) Ein~ solch~ üb~rmäßig~ Ausb~utung d~r Schwach~n bind~t zud~m di~ Kräft~ d~r Stark~n nach inn~n und zi~ht si~ aus d~r Rivalität mit and~~n G~m~inw~sen ab. Di~ Stark~n ~rli~~n Kräft~. w~nn si~ di~ Schwach~n .b~kämpf~n·, statt si~ zu int~gri~~n. Es g~ht da~i nicht um ~in~ Erhöhung d~r Schwach~n. sond~m um di~ ~tabilisi~rung und St~ig~rung d~r Position d~r Stark~n. Und~mann, Kirch~. S. 164. Vgl. Th~iß~n. Asp~kt~. S. 327. 'vgl. With~rington, Conflict, S. 254: .H~ urg~s th~ strong ... to gM mo~ honor and ~sp~ct to th~ w~ak, and so ~ase th~ir faction ~haviour". Martin, Tongu~ S. 567f, st~llt h~raus, daß di~ M~taph~r b~i Paulus ~b~n nicht ~rw~nd~t wird, um Statusunt~rschi~d~ zu l~gitimi~~n. sond~m 2 Mich~l.
247 \ffiritt er innerhalb dieser demolaatischen Struktur die Option für die Niedrigen. Niedrige zu erhöhen, ist ein Kennzeichen der christHchen Gemeinde. Diese Aufforderung richtet sich
an die Menschen mit einem gehobenen Sozialstatus'. Die Erwartungen an "die Heiligen" Die Ausblendung der Konkurrenz Zuerst fällt auf, daß Paulus sich an die HeiNgen hinsichtlich ihres Konkurren~ltens ausdrücklich nur in Kapitel 14 wendet. Dort geht es aber wr allem um die Konkurrenz zwischen der Gruppe, die die Zungenrede hochschätzt, und der, die der prophetischen Rede den Vorzug Q1bt, also um eine Konkurrenz innerhalb der Gruppe der He'lligen3• Für I Kor 12,1-11 läßt sich die Gruppe der He~ligen als wmehmliche Adressatin \eTTluten; die Gruppe der "Gnostikef könnte das Gegenüber sein. Fs ble1bt aber unausgesprochen. ln I Kor 7 läßt sich ein Streit mit denen, die nicht asketisch leben wollen, wohl auch \eTTluten), um si~ auszugl~ich~n. Vgl. Walt~r. Leib, S. 61 : .D~r Grund für di~ b~ond~re H~rvorh~bung d~r schwächeren Gli~d~r wird darin zu ~h~n ~in, daß Paulus die Ori~nti~rung zu d~n Ni~drig~n (T1111'fl~) nicht nur für sich ~lbst g~l~bt hat, sond~rn auch von d~r G~m~ind~ ford~rt~ (Röm 12, 16): 'Söding, Stark~. S. 85-90, h~bt h~rvor, daß 1 Kor 8, II di~ paulinisch~ Kritik an d~r Gnosis d~r Starken und di~ Bevorzugung d~r Agape christologisch b~gründ~. Söding si~ht d~mnach di~ Aufford~rung zur imitatio Christi, di~ in 1 Kor 8, II b~reits ankling~. bevor si~ in II, I ausg~sproch~n w~rd~. üb~r di~ Agape ~rmittelt. Di~~r B~fund st~h~ in ~in~m größ~ren Rahm~n: Paulus l~g~ auch b~i d~r Ausl~gung d~r Sühn~traditon d~n Akzent auf dl~ Agap~ J~u (~bd., S. 86, Anm. 71) und mach~ für di~ Ethik di~ Agap~ zu d~r rnenschlich~n Antwort auf .di~ T~ilhab~ am ~schatologisch~n H~il- (~bd., S. 89). Es ist das Anli~g~n dies~r A~it, zu z~ig~n. daß ~ n~b~n d~r Aufford~rung zur Agap~ in der n~ut~tam~ntlich~n Ethik mit gl~ich~r Wichtigk~it (ohn~ dadurch ~in~n Rangstreit auslös~n zu woll~n) di~ Aufford~rung zum Statu~rzicht gibt. Ein solch~r li~gt hi~r vor. Darauf w~i~n in I Kor 8, II di~ Wahl d~r Wort~ cimiM&.,u, das im Kontrast zu oiK~w di~ Erniedrigung, d~n Abbau m~int, und von TlinTw, das an sechs (von si~b~n) Bel~gst~ll~n ~rni~drig~nd~n Charakt~r hat. Darauf w~ist auch, daß Paulus in Kapit~l 9 auf ~in~n Statu~rzicht als V~rzicht auf i{outria. und ~ine Solidarisi~rung mit d~n Ni~drig~n (I Kor 9,22 ist Zi~l und Klimax d~r R~ih~ in den Vtrsen 20-22; das ist an d~r .Th~- in Vtrs 19 ~rk~nnbar) abh~bt und nicht auf di~ Agape. Di~ Agape hat El~m~nte d~s Statu~rzichts aufg~nomrnen. I Kor IJ,4-7 ~rbi~t~t. auf ~in~ H~rausford~rung so zu reagi~ren, wi~ es ~ine Schamkultur ford~rt (vgl. Malina, W~lt, S. 45t), und ~rlangt damit, ~in~ D~mOtigung in Kauf zu nehm~n. Dennoch förd~rt ~in~ vorschn~ll~ Gl~ich~tzung von Status~rzicht und Agape - wi~ Söding si~ vornimmt - ~~n nicht di~ Schäm d~r Wahrn~hmung, sond~rn ~tumpft si~ durch di~ B~hauptung ~in~r .theologischen Monoth~matik. ab. "Wire, Proph~ts, S. 140, ~rmut~t. daß di~lb~n Subj~kt~ (Frau~n) proph~z~it~n und in Zung~n ~t~t~n. wob~i di~ Zung~nred~ als Beglaubigungsz~ichen für di~ Proph~ti~ g~golt~n habe. With~rington, Conflict, S. 279f, wend~t dageg~n ~in, daß ~ k~in~ Anz~ich~n dafür gäbe, daß di~ Korinth~r nicht zwisch~n Zung~nred~ und Proph~tl~ zu trenn~n g~wußt hätt~n. Wire, Proph~ts, S. 72-79, ~rmut~t sogar, daß Paulus die Ask~tinn~n. an di~ ~r sich in Kapit~l 7 wend~t. für di~ Unzucht d~r Bord~ll~uch~r in Kapit~l 6 ~rantwortlich mach~n will. Darin kann ich nicht folg~n. (I) Im Fall d~r ill~gitim~n Eh~schli~ßung, von d~r in Kapit~l 5 b~richt~t wird, b~fiehlt Paulus ~in~ Lösung, die völlig unabhängig vom ~xu~ll~n v~rhalt~n d~r ask~tisch l~b~nd~n Frauen ist. Der ~troff~ne Mann soll ausg~chloss~n w~rd~n. Di~ V~rantwortung d~r Gesamtgem~ind~ erford~rt ~in~n Ausschluß und ~rstreckt sich nicht auf das Zustand~komrnen d~ kritisiert~n V~rhalt~ns; di~ V~rantwortung der Gem~ind~ und die d~ B~troff~n~n konkurri~ren nicht miteinand~r und las~n sich nicht g~g~~inand~r aufrechn~n. (2) Daß in I Kor 6, 1- II ~in Fall
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aber audl dort ~eidet es Paulus geradezu, diese Leute zu benennen. Er erweckt den Anschein, als sei das Verhältnis der Helligen zu ihrer eigenen Sexualität das Thema. Es scheint so, als ob er sidl weigere, die Konkurrenz der Hetligen mit andem zur Kenntnis zu nehmen. Das könnte seinen Grund im Selb~ändnis der Hetligen haben oder darin, daß sie aufgrund ihres niedrigeren Ranges oder aufgrund ihres Gesdllechts für "die Starken" keine Konkurrenten sein konnten•. M.E. versudlt Paulus durchaus, sie stärker in die Gemeinde zu integrieren und sie dazu zu bewegen, einen gewissen Pluralismus innerhalb der Gemeinde zu akzeptieren, z.B. indem er diesen Pluralismus als Wrrkung des Geistes deutet und dadurch "Einheit" herstellt. Daß er ihre Ablehnung anderer Gestaltungen dlristtidlen Lebens nidlt unter dem Thema Konkurrenz betrachtet, wohl aber deren "interne" Auseinandersetzung um Zungenrede und Prophetie, ist dann am besten erklärbar, wenn die Hetligen nidlt ..satisfaktionsfähig" waren. Die Argumentation in I Kor 14
Paulus Qlbt der prophetischen Rede den Vorzug vor der Zungenrede, wetl sie -rn liDi erfolgt und der Gemeinde nützt 0 Kor 14,6.19). Derjenige, der prophetisch redet, ~ient den höheren Status f#u~ I Kor 14,5). Die Metapher vom oiKo&p.iiv spielt in diesem Kapitel eine besonders widltige Rolle. Paulus \mVendet den Ausdruck sechsmal. Dabei ist dreimal die i~ 0 Kor 14,4f.12) Objekt, einmal sind es "die Menschen" im Gegenüber zu Gott, und einmal begegnet es ohne Objekt, bezieht sidl aber deutlidl auf die Gesamtheit. Nur in 14, 16f ist es ein einzelner, der erbaut werden soll und es dun:h die Zungenrede nidlt wird. Dieser einzelne ist ein ~. ln 14,23f steht dieser Unkundige parallel zum Ungläubigen und ~rhandelt
wird, in dem es um Sexualdelikte ging, kann ich nicht sehen. Kapitel 5 und 6 werden durch das Motiv des .Richtens" miteinander ~rbunden. (3) ln I Kor 6, 12-20 ist von der Gesamt~rantwortung der Gemeinde nicht die Rede. n~i4 betrifft das Verhältnis des einzelnen in seiner leiblichen Existenz zu Christus und nicht das Verhältnis der Gemeinde zu Christus; die Lösung, die Paulus vorschlägt, betrifft das Verhalten des sexuell aktiven Mannes; er soll sich distanzieren. Die Individualisierung der ursprünglich auf die Gemeinde bezogenen Vorstellung vom Leib als Tempel ~rweist sogar darauf, daß es eben nicht um die Gesamtgemeinde, sondern um den einzelnen geht. Vgl. Conzelmann, I. Korintherbrief, S. 136. Die Parallelen, die Mitchell, Reconciliation, S. 121, anführt (besonders Aristot, Pol. 8.1.2), zielen darauf, die Verantwortung des einzelnen für die Gemeinschaft herauszustellen und nicht etwa die der Gemeinschaft für den einzelnen. Schließlich ~rweist die Losung in I Kor 6,12 nicht darauf hin, daß die korinthischen Bordellgänger die Verweigerung ihrer Ehefrauen als Grund für ihr Verhalten angaben. Sie handelten aus dem Bewußtsein der Freiheit und nicht aus dem einer Notlage oder eines Zwanges. 1 Konkurrenz setzt einen ~rgleichbaren Sozialstatus voraus. Der Niedrige kann nicht den Angesehenen, die Frau nicht den Mann herausfordern. Das halte ich für die wahrscheinlichere Erklärung, denn das SelbsMrständnis der Heiligen ließe dann keine Konkurrenz zu, wenn ihr eigener Anspruch sie (a) entweder völlig von den übrigen isolieren würde oder (b) sie ihren eigene Status als so hoch einschätzen würden, daß sie über jede Konkurrenz erhaben sind. Daß Paulus die zweite Möglichkeit akzeptieren würde, halte ich für ausgeschlossen. Aus seiner Haltung den Starken gegenüber wissen wir, daß er .Verachtung· innerhalb der Gemeinde nicht akzeptiert. Daß eine gewisse Isolation zum SelbsMrständnis der Heiligen gehört, halte ich für wahrscheinlich. Andererseits scheinen sie sich aber an der Normendiskussion 0 Kor 7,1; 13,1-3) beteiligt zu haben, und es scheint nicht so, als ob sie sich innerhalb der Gemeinde völlig zurückgezogen hätten (I Kor 5,10).
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repräsentiert in der Gemeinde die .Außenwahmehmung" der Gruppe. Für die Außenwahrnehmung sind die Zungenredner und -rednerinnen also ein besonderes Problem 1• Es handelt sidl also um jemanden, der an den Rand der Gemeinde gehört und in der Gemeinde. besonders in den Augen der "Hetligen", einen geringen Status innehar. Für diesen überträgt Paulus der Gruppe der Zungenredner und -rednerinnen Verantwortung hinsidltHdl dessen Erbauung und Erhöhung. Der Schwerpunkt der paulinischen Verwendung des Wortes oi~ liegt also in Kapitel 14 darauf, die Gruppe der Hetligen an ihre Verantwortung für die gesamte Gemeinde zu erinnern und sie erneut in sie zu integrieren). Nidlt der himmlische Gottesdienst, sondern der irdische soll der primäre Bezugsrahmen für sie sein. Verantwortung ffir die Erhöhung eines einzelnen ernalten sie nur da. wo dessen Status deutlidl unter dem ihren liegt. Den Rangvertust, den Paulus der Gruppe der Zungenredner und -rednerinnen zumutet, federt er sehr umsidltig ab: (1) Paulus betont seine Hochschätzung der Zungenrede. Er wünscht sidl, daß alle diese Gabe hätten (14,5); er erinnert an seine eigene Fähigkeit zur Zungenrede (14,18) und verwendet das Identifikation anzeigende paradigmatische ldl, um ihre Grenzen zu benennen (14, 14t). Am Ende ~ietet er ausdrücklidl die Unterdrückung der Zungenrede und damit sidler audl derer, die sie üben (14,39). Er bezweifelt audl nidlt die erhöhende Funktion der Zungenrede. Ja, sie baut auf - aber nur den einzelnen. Sie ist nodl kleiner, als sie es sein könnte. wenn sie audl den andem im Blick hätte. Paulus wirft: den Hetligen nidlt Aufgeblasenheit wr und audl nidlt die Mißhandlung anderer wie den Götzenopferfleischessern. (2) Paulus zeigt einen Weg auf, wie die Zungenredner und - rednerinnen den Status ihrer Gabe aufbessern und der prophetischen Rede gleichstellen können: sie sollen sie audl auslegen lernen (14,5.13). (3) Audl in Kapitel 14 madlt sidl Paulus zum Vorb~d des Verzidlts. Er will Heber ffinf Worte mit Verstand sagen als 10 000 in Zungen. Audl hier ist das nel der Nutzen aller. Dennoch sind die Untersmiede zu I Kor 8, 13 deutlidl. Mit dem Verhalten der Zungenredner steht hier nidlt das Hetl wn Gemeindemitgliedern auf dem Spiel. Der Status\e'zidlt ist folglidl audl nidlt eine Nadlahmung des rettenden Handeins Olristi. Paulus fordert hier vielmehr dazu auf, eine individualistische Verhaltensweise zugunsten 1 Witherington, Conflict, S. 275, weist darauf hin, daß die Gemeindevtrsammlungen an die Prototypen ungeordneter Gesellschaften erinnerten und Paulus das Ideal einer geordneten Gesellschaft vorschwebe, das er mit den großen Rheto~n teile. lygl. Conzelmann, 1. Korintherbrief, S. 282. Theißen, Aspekte, S. 294, schlägt vor, sich die Gemeindezugehörigkeit in Korinth als einen Weg vorzustellen, den man schrittweise zu begehen ~abe. Laien gehörten dann als Gläubige, die bereits mit einem .Amen" auf Gebete antworteten und so ih~ Zugehörigkeit zeigten, zur Gemeinde, aber an ih~n Rand, insofern sie noch nicht am Geist Anteil hätten, was sich an ihrer fehlenden Fähigkeit, die Zungenrede zu vtrstehen, zeige. Vgl. auch Witherington, Conflict, S. 283. JAristid, Or 24,38-39, vergleicht die Uneinigkeit in der Gemeinschaft mit den Frauen, die in dionysischer Ekstase den Körper des ~ntheus zerreilkn. Das könnte darauf hindeuten, daß Politiker und Rhetoriker um die destruktivtn Kräfte ekstatischer Bewegungen auch auf politischer Ebene wußten.
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einer sozialen aufzugeben und eine inationale durdl eine rationale abzulösen. Wegen des geringeren Gefahrenpotentials des Verhaltens spricht Paulus auch komparativisch. 1n 1 Kor 8, 13 hatte er den Verzicht sogar noch vemärkt, indem er behauptete. sogar der gänzliche Verzicht auf Aeischgenuß wäre angemessen; hier geht es um die größere Dichte und Gewichtigkeit der fünf Worte mit Vetstand. Die Roße. die Paulus zur Übernahme empfiehlt, ist die des Lehrers'; im folgenden Vm fordert er die Zungenredner und rednerinnen dazu auf, die Roße des Kindes aufzugeben. Er empfiehlt ihnen also einen Roßenwechsel: aus Kindern soßen Lehrer werden, aus Menschen, die ihren Vmtand "nicht" benutzen, solche. die darin vollkommen sindl. Es muß Paulus klar gewesen sein, daß das nicht ein Vorhaben für einen kurzen Zeitlaum ist; allein das macht deutlich, daß es ihm mit Vm 19 nicht so sehr um die n3ndern" und um die Gemeinde geht, sondern vornehmlich um die Zungenredner und -rednerinnen. Sie will er in die Gemeinde integrieren, und bei jedem und jeder von ihnen will er die 1ntegration ihrer Vmtandeskräfte in ihre religiöse PmönHchkeit erreichen]. Die Argumentation in 1Kor 7 Die Argumentation des Paulus ist schwer einzuschätzen. Er ~indet in diesem Kapitel die Hochschätzung der sexuellen Mese•, die er nirgends zurücknimmt, mit dem Ziel, sie zurückzudrängen. Ehen, auch solche mit einem heidnischen Partner, sollen nicht geschieden werden, innereheliche sexuelle Abstinenz wird eingegrenzt, die Weigerung junger Frauen, Ehen einzugehen, wird nicht akzeptiert. Hinzu kommt, daß Pau1us in diesem Kapitel aufF.illig egalitär sprichts. Zu vielen Fragen nimmt er für die Position des Mannes und für die der Frau Stellung. Dennoch ist 1Kor 7,1 für Männer formuliert- und das schließt m.E. aus, daß es sich bei den sexuellen Meten nur um Frauen gehandelt hat. Paulus zieht die sexuelle Mese vor 0 Kor 7,8.37.40r und behandelt die Ehe sowie den Geschlechtsverkehr als ein Zugeständnis 0Kor 7,6.38.40). Er benennt als Gründe für dieses Zugeständnis die begrenzte Fähigkeit mancher Christen, ihre SexuaHtät zu behenschen. Paulus wm zwei Konsequenzen dieser mangelnden Behenschung ausschließen: die 'Paulus vtrw~nd~t Ka.~w. das b~i ihm als T~nninus T~chnikus für di~ Tätigk~it d6 urchristlich~n gilt. Vgl. Gal 6,6. Vgl. Conz~lmann, I. Korinth~rbri~f. S. 283, und Beytr, Art. Ka.'T"J'l:tiw,S. 639. l Als Zi~l fonnuli~rt Paulus, daß ~ und ~ mit~inand~r b~t~n soll~n (I Kor 14, 15). Th~iß~n. Asp~kt~. S, 331, hat h~rausg~arb~it~t. daß dadurch das ~nschlich~ Subj~kt ~in~ höh~re W~rtschätzung ~rfährt: .D~r M~nsch ist nicht lnstrum~nt Gott~ sond~m Gott~s G~ist Promotor m~nschlich~n Ausdrucksvtrlang~ns: (Ebd., S. 331). Di~ platonisch-philonisch~ lnspirationsl~hre hatt~ sich als kognitivt Variant~ d~r ritu~ll~n ~lbst~mi~drigung im JHWH-Kri~g bnchreib~n las~n. W~nn Paulus nun di~ lnspirationsl~hre in di~r Struktur korrigi~rt. ~rs~tzt ~r di~ ritu~ll~ ~lbst~mi~drigung als B~dingung für di~ Zuw~ndung Gott~s durch ~in~ Konz~ption, in d~r di~ Erhöhung d~s M~nsch~n durch das ~ Gott6, d~r B~reitschaft zum Statusvtrzicht vorausg~ht. lygJ. Th~i~n. Asp~kt~. S. 320, d~r di~ lnt~gration d6 Unb~wußt~n in das B~wußt~ zusätzlich b~n~nnt und modifizi~rt: .Di~ V~rwandlung regressivtr En~rgi~ in ~in~ positivt T~nd~nz g~schi~ht durch D~utung d~r Glossolali~, durch ihre lnt~gration in di~ symbolisch~ W~lt d~r G~m~ind~: \tgJ. Conz~lmann, I. Korinth~rbri~f. S. 140.159. \lgJ. Wire, Proph~ts, S. 79, und ~relts Conz~lmann, I. Korinth~rbri~f. S. 139, Anm.IO und S. 141. 'vgl. Conz~lmann, 1. Korinth~rbri~f. S. 140: .Ein~ positivt B~gründung d~r Eh~ wird nicht g~g~b~n ... -: Er kontrasti~rt das mit d~r Hochschätzung d~r Eh~ b~i Musonius. ~hrers
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Unzucht 0 Kor 7,2) und die übermäßige Beschäftigung mit der Sexualität 0 Kor 7,9). Dazu könnte er auch den ungeregelten sexueßen Übergriff des Bräutigams auf seine Braut zählen 0 Kor 7,36)'. Um die pauHnische Haltung zu vemehen, sind zwei Fragen wichtig: (1) An wen wendet sich Paulus mit seinem Zugeständnis der Ehe? An die sexuell asketisch lebenden Männer und Frauen oder an deren Ehepartner? (2) An wen wendet er sich mit seinem Konzept von der geringen ~'T'EG als Grund ffir das Zugeständnis? Will er damit die sexueßen Asketen dawn überzeugen, sexueße Kontakte zuzulassen, oder ist es als Schamargument an die gerichtet, die sexueße Kontakte haben möchten? Dann ließe sich seine Argumentation so umschreiben: Wer sexuelle Kontakte braucht, darf sie haben aber um den Preis, damit eine unzureichende Selbstbehenschung und fehlende EljJwia. zu erkennen zu geben1 • Paulus vermutet eine zu geringe Selbstbehenschung nicht nur bei den Ehepartnern der asketisch lebenden Gemeindeglieder. Wie in 1Kor 8,10 könnte er dawn ausgehen, daß einzelne Olristen oder Olristinnen asketisch leben, ohne sich diese ~ wirklich angeeignet zu haben. Daß die Argumentation mit der ~'T'EG als Schamargument an di~enigen gerichtet ist, die sexueße Kontakte woßen, ist dann plausibe~ wenn der ~~n Begriff nicht aus dem Selbst\mtändnis der asketisch lebenden Gemeindeglieder stammt, sondern von Paulus eingeführt worden ist. Ich halte das ffir wah&heinHch. Er nimmt damit die sexuelle Askese aus dem Bereich der kultischen Reinheit heraus und bringt ihn in Zusammenhang mit einer philosophischen Oberschichtstugend. Dabei radikalisiert er ihn: Selbstbehenschung bezeichnet nicht nur die Begrenzung des sexuellen 1 0i~
LXX btz~ichn~t di~ V~rg~waltigung Olnas als ~~. Schändlich für ~in~ Frau ist d~r auß~rhalb d~r Eh~. lnn~rhalb d~r Eh~ war wohl d~r (i~schl~chtsvtrk~hr durch R~inh~itsvorschrift~n ~gl~m~nti~rt. nicht ab~r abhängig von d~r Zustimmung d~r Frau. Ganz im (i~g~nsatz zu un~~m Empflnd~n. könnt~ ~ sich also um ~in~ Schutz~g~l für di~ Frau~n hand~ln. 1 M.E. unt~rsch~id~t Paulus zwisch~n d~m v~rhalt~n von Eh~l~ut~n und UrMrh~irat~t~n. Eh~l~ut~ sind ~inand~r zur ~xu~ll~n B~zi~hung grundsätzlich ~rpflicht~t. Mit ~in~r Ko~nmg~lung (I Kor 7,5) ~rmöglicht ~r (~h~)individu~ll~ lösung~n. B~i UrMrh~irat~t~n ~rwart~t ~r das V~rb~ib~n in d~r Eh~losigk~it. W~r daran nicht f~thält, ~rl~id~t durch di~ Eh~chli~ßung ~in~n StatUsvtrlust. F~hl~nd~ Enkrat~ia ~mi~drigt: ;m ~'ti.Kpa.vi~ iP')'OV Ka.i ~ ä»..ou im TÖ lf~v lo!i4 M'J7CTI~tv" <Muson, 66,20t). Di~r StatUsvtrlust ~rgibt sich schon aus I Kor 7,34f. W~r h~irat~t. ~ntftmt sich aus d~r Mitt~ d~r (i~~lnd~. Mit d~m Vorwurf d~r g~rlng~n f'YJCpA'nta. sagt Paulus di~s~n Statusvtrlust a~r in ~in~r Kat~ori~ aus, di~ für M~nsch~n. di~ in d~r (i~Jischaft stand~n und st~h~n wollt~n. status~lcv.mt war. Dag~gm Ii~~ sich ~in~nd~n. daß Paulus in I Kor 7, 7 di~ Eh~losigk~it und ~xu~ll~ Ask~~ als Charisma b~z~ichn~t: Das ~hl~n ~in~ Charismas kön~ ni~mand~m zum Vorwurf g~macht w~rd~n. So argum~nti~rt Schrag~. I. Korinth~rbri~f II, S. 12. Zw~i~rl~i ist all~rdings zu b~rücksichtig~n: ( 1) D~r Charlsmab~griff l~gitimi~rt nicht das Faktisch~. ·Ni~ z.B. un~r~ Vorst~llung von d~r .g~ndisch~n D~t~rmini~rung". Charlsm~n könn~n ~rst~bt 0 Kor 14, 1.12t) und vi~ll~icht sogar ~rl~mt (I Kor 14,39) ~rd~n. (2) 'H'Yf(pciTfta. gilt sonst als Tug~nd (vgl. Conz~lmann, I. Korinth~rbri~f. S. 144, Anm. 12). Auch ~in~ Tug~nd wird d~nnoch nicht von j~d~rmann ~micht - s~lbst nicht von Philosoph~nschOI~m (vgl. Philostr, VitAp 11,7). Si~ inn~zuhab~n. ist ab~r M~rkmal ~in~s ~sond~rs hoh~n Status. All~in aus d~r Tatsach~ also, daß Paulus di~ s~u~ll~ Ask~ als Charisma b~uichn~t. kann nicht g~hlo~n ~rd~n. daß Paulus sie in di~ B~li~bigk~it d~ ~inz~ln~n st~ll~ od~r sie d~r Eh~ für g~ich~rtig schätz~. Es ist auch k~ln Argum~nt dafür, daß ~i~ Eh~schli~ßung k~in~n Statusvtrzicht ~d~ut~. B~ischlaf
252 Triebes auf eheliche Beziehungen, sondern beschre~bt überhaupt die Fähigkeit, seine Sexualität zu behenschen, bis hin zum zeitweisen oder völligen Verzicht. Die Begrenzung auf den ehelichen Geschlech~ehr ist für Paulus die Vermeidung -wn Unzucht und nicht das Anzeichen besonderer Selbstbehenschung, die Norm, nicht Auszeichnung, das, was -wn allen zu erwarten ist, und nicht Merlonal einer besonderen Leistung und eines besonders hohen Status'. Paulus erwartet also -wn den Ehepartnern, die in der Ehe sexuell asketisch leben wollten oder ihre Ehe um der M<ese wißen aufgeben wollten, den Verzicht auf die Enthaltsamkeit als statusrelevantes Merkmar. Er fordert -wn ihnen Stat:usverzicht, ohne ihnen dafür, wie in I Kor 11, 1 oder I Kor 14, 1. 19f, einen Weg anzubieten, der ihnen eine neue, bessere Größe bringen würde. Dafür fehlt aber - ebenfalls anders als in I Kor 8, 11 der Aufweis der Verantwortung für den Ehepartner. Das läßt sich m.E. nur -wr dem Hintergrund der Hochschätzung der Ehe als Schöpfungsordnung und der gleichzeitigen Relativierung dieser Ordnung durch das kommende Ende 0 Kor 7,29) erklären. Dabei ble.bt die Forderung nach Sta~cht aufgrund der Schöpfungsordnung und das Ausbleiben einer altema~ Größenkonzeption ein eigentümlicher und besonderer Zug im paulinischen Ethos1 • Von denen, die urMI'heiratet sind, erwartet Paulus den Verzicht auf die Ehe. Denen, die ihn nicht aufgrund des Konzepts "kultische Reinheit" erbringen wollen, bietet er eine neue Motivation an: Selbstbehenschung. Für die, die den Verzicht auf die Ehe nicht erbringen wollen, sieht er einen Sta~ust - sie entfernen sich -wn der Mitte der Gemeinde-, ble.ben aber in ihren Grenzen, anders als Menschen, die außerhalb ihrer Ehen sexuelle Beziehungen unterhalten. Deswegen ist die Ehe -wrzuziehen, auch wenn damit ein Sta~ust ~unden ist•. Zusammenfassung
Den Starken, den Gemeindemitgliedern, die \mnutlich einen gehobenen Sozialstatus haben und wahrscheinlich auch in der Gemeinde einflußreich sind, bietet Paulus sein Moden -wn Autorität an: Sie können ihren Status in der Gemeinde verbessern, indem sie 'oas hätte er auch denjenigen entgegenhalten können, die be~it wa~n. sich auf eheliche Kontakte zu beschränken und dafür ('YICPÄ~•a. reklamie~n wollten. z Carter, xrvant-Ethic, S. 55f, meint, daß die Forderung, auf Enthaltsamkeit zu verzichten, als Aufforderung, einander zu dienen und die Wünsche des ande~n zu ~ektie~n. zu verstehen sei. Damit wird sie aber m.E. der komplizierten Argumentation in I. Kor 7 nicht ge~cht. Zumindest wä~ zu fragen, warum nicht umgekehrt die nicht asketischen Ehepartner die Enthaltsamkeitsl'/Ünsche der Asket(inn)en zu ~spektie~n haben. "Vgl. Martin, Body, S. 198: NYet Paul surprises us all; for he suddenly drops his strategy of status ~~rsal when dealing with ... women: Martin nennt als Grund für dieses überraschende Verhalten des Paulus, daß diestr die römisch-hellenistische Nphysiology of gender· (ebd., S. 199) unkritisch übernommen habt. 4 1nsofern zeigt Paulus hier asketische Züge, auch wenn sie bei ihm eschatologisch motiviert sind. Gegen Witherington, Conflict, S. 17 5f, der die paulinische Hochschätzung der Ehe übermäßig betont.
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auf ihre Rechte verzichten und fiir die Erhöhung der .,schwachen", der statusniedrigen Gemeindeglieder, Verantwortung übernehmen. Sie gewinnen Autorität, indem sie sich mit ihren Statuskriterien von der Gesellschaft entfernen •. Die Heiligen \eSUcht Paulus in die Gemeinde zu integrieren und ihnen ein Modell fiir einen gehobenen Status innerhalb - nicht oberhalb - der Gemeinde anzubieten, indem sie ihre Gabe fiir die Gesamtheit nützlich und nutzbar machen oder eine andere Fähigkeit, die des Leh~ erwerben. Er geht dabei sehr behutsam vor und betont seine Wertschätzung des Merkmals, das er zurückdrängt Sie gewinnen an Sta~ indem sie sich mit ihren Statuskriterien an die Werte der Gesellschaft annähern. Den Männern und Frauen, die innerhalb der Ehe enthaltsam leben wollten, mutet Paulus den Verzicht auf dieses erhöhende Merkmal zu, ohne ihnen daffir eine Altema~ anzubieten.
15.2. Die Bedeutung des Positionswechselaxioms für das apostolische Selbstverständnis des Paulus Paulus übernimmt als Gemeindegründer die Roße des Ouistus. Er erniedrigt sich selbst, indem er (a) in der Gesellschaft auf seinen sozialen Status und (b) in der Gemeinde auf einen hohen religiös-philosophischen Status \m:ichtet. Seine Erniedrigung gilt ihm als die Bedingung ffir die Erhöhung der Gemeinde. die durch die Annahme des Ev.mgeliurns geschieht. Als Apostel und Gemeindegründer beansprucht Paulus die größte Autorität und das höchste Amt des Urchristenturns1 • Mit dem apostolischen SelbsM'rständnis des Paulus 1 Horell, Social Ethos, S. 160, hebt hervor, daß Paulus innerhalb der Ge~inde die in der Gesellschaft üblichen Statusmerkmale auf den Kopf stelle: .ln the alternati~ symbolic order Paul is (re)constructing, the wluations are completely the ~rse of those gMn to people in the dominant social order: the gospel counterbafance the differences in wordly status. • Vgl. ebd., S. 160: Paulus reagiere auf die sozial mitverursachten Konflikte in Korlnth, .by presenting Christian symbolic resources in such a way as to in~rt the wlues and status-hierarchy of the dominant social order. • Horen wendet sich mit diesen Ftststellungen gegen die These vom .Liebespatrlarchalismus·; zwar ließen sich bei Paulus Ansätze beobachten, die gesellschaftliche Ordnung zu legitimieren - er ~rweist auf I Kor 7, 17.20.24 und I Kor II ,J -9 - dabei handele es sich jedoch eher um die Ausnahmen seiner Regel, die gesellschaftliche Ordnung in der Gemeinde umzukehren. Das stimmt einerseits zu meinen Beobachtungen, nach denen Paulus den Leitungsanspruch mit der Bereitschaft zum Statusverzicht und zur Erhöhung der anderen ~rbindet und dabei Distanz von der gesellschaftlichen Ordnung fordert, sowie dem Ergebnis, daß Paulus die Forderung, gesellschaftliche Rollen und Normen zu akzeptieren, mit peripheren christlichen Überzeugungen begründet; andererseits aber berücksichtigt Horell m.E. zu wenig, daß Paulus von den Gemeindemitgliedern mit niedrigem Sozialstatus eine Annäherung an die gesellschaftlichen Rollen und No~n fordert und daß Indizien dafür sprechen, daß die Leitung in der Gemeinde von Menschen wahrgenommen wurde, die eher einen gehobenen Sozialstatus hatten, so daß die Legitimierung einer gemeindlichen .Hierarchie· Menschen betraf, die auch in der Gesellschaft einen gehobenen Sozialstatus innehatten. Zwar wird Leitung anders begründet, sie wird aber nicht von anderen wahrgenommen, zwar wird die Gemeinde als eine AlternatM zur Gesellschaft und im Kontrast zu ihr ~rstanden, bei einigen grundlegenden Werten (Ratio, Selbstbeherrschung, Frauenrolle) weiß sich Paulus aber auch im Konsens mit ihr. 1 Callan, Perspecti~. S. 16-50, arbeitet heraus, daß Paulus dem Thema Konkurrenz und Statussteigerung gegenüber ambivalent bleibt. Obwohl er den Versuch, seinen Status zu steigern,
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werden die Themen, welche Gestalt Henschaft hat. wie Hoheitsroßen ausgeffillt werden sollen und wie sie legitimiert werden können, \e'handelt Die Position des Paulus soß in ihren Grundzügen nachgezeichnet werden. Paulus \etieft die Bestimmung seiner apostolischen Roße in Auseinandersetzung mit anderen Konzeptionen und Begründungen von Hoheit Das geschieht besonders in den Kapiteln 14 des Ersten Korintherbriefes und im Zweiten Korintherbrief. Diese alternativen Konzeptionen soßen in einem zweiten Abschnitt skizziert werden. Im KontTast dazu läßt sich anschließend die Konzeption des Paulus diffeter •zieren und präzisieren.
Einleitung: Die Konzeption des Paulus in ihren Grundzügen Die Deutung des Christusgeschehens durch das Positionswechselaxiom. Im 8. Kapitel des Zweiten Korintherbriefes. im Kollektenbrief, faßt Paulus die Vomellung des Philipperhymnus mit eigenen Worten zusammen •: "yu.~E'tE yap tl]v XcXpLV toü Kq>lou i}IWv 1rpol> XpLOtoü, ÖtL ö1.' ~ EmcJxEOOEV nAoixno; wv, 'tvn 4JE-~ tfl ecelvou mwxe~ n~." Der Reichtum Christi trägt keinen eigenen Akzent. beschreibt aber den Ausgangspunkt. von dem aus Sta~cht em: möglich wird 2 • Seine Verarmung kann mit Verweis auf Gal 4,4 auf die Geburt, mit Rücksicht auf das ÖL' ~ auf den Kreuzestod bezogen werden1 oder als Beschreibung des ganzen irdischen Lebens Jesu als "von Niedrigkeit und Verzicht gekennzeichnet"4 gelten. Dem Status\.e'Zicht s~ines Glaub~ns an di~ R~chtf~rtigung als Gab~ abl~hn~. z~ig~ ~r auch als Christ, zuweil~n. ohn~ sich dess~n bewußt zu s~in, Konku~nzverhalt~n. Callan b~z~ichn~t Paulus als .man in contlict - a contlict b~tw«n his faith and his basic ~rsonality" (~bd., S. 35); ~r ~i s~lbst .th~ sort of p~rson, that h~ most vigorously criticiz~d. i.~. a s~lf-~liant and s~lf-promoting ~rson· (~bd., S. 36). Mit V~rw~is auf Malina, W~lt, h~bt ~r h~rwr, daß di~ konku~nzb~tont~n Ant~il~ im V~rhalt~n des Paulus kultursp~zifisch ~i~n und also s~in Stat~rzicht und nicht s~in St~b~n nach Statusst~ig~rung ~rklärungsbedürftig ~i (~bd., S. 36t). Oi~ Analys~ \IOn Callan ist üb~rz~ug~nd. lnd~m Paulus auf Status vtrzicht~t. vtrzicht~t ~r nicht auf Autorität, ind~m ~r sich als Sklavt d~r G~m~ind~ beuichn~t. gibt ~r nicht ~in~n Ltitungsanspruch auf, sond~m drückt ihn darin aus. Ergänzt man di~ psychoanalytisch~ D~utung Callans mit Hil~ des ld~ntitätsb~griffs \IOn E.H. Erikson durch ~in~ kognitiv psychologisch~ mit Hilf~ des Positionsw~ch~laxioms, so ~rsch~int di~ ambival~nt~ Haltung des Paulus nicht nur als Konflikt zwisch~n b~wußt~n und unb~wußt~n Ant~il~n. sond~m auch als d~r V~rsuch ~ines M~nsch~n. sich in ~in~ n~u und diam~tral and~rs g~d~utd~ W~lt hin~inzub~g~b~n; das unbewußt~ Konkurr~nzverhalt~n ~rsch~int dann w~nig~r als .Wi~d~rk~hr des V~rdrängt~n· od~r .Sabotag~akt des Unb~wußt~n·, sond~m kann als wichtiges
aufgrund
Hilfsmitt~l vtrstand~n w~rd~n. um di~ n~u~ - konku~nzarrn~ und di~nstori~nti~rt~ - Ordnung zur zu bring~n. Vgl. Th~iß~n. As~kt~. S. 43. Di~ Anschauung ~rlaubt ~s. das V~rhalt~n d~s Paulus so zu d~ut~n. daß ~r s~lbst sich nicht .üb~rführt" und .beschämt", sond~m vtrstand~n fühl~n könnt~; das ist m.E. ~in wichtiges El~m~nt d~s V~rst~h~ns auf ~in historisches G~g~nüb~r G~ltung
b~zog~n.
1 Hab~rrnann,
Prä~xist~nz, S. 140, z~igt, daß sich II Kor 8,9 nicht als tradition~ll~ christologisch~ läßt, paulinisch~n Ursprungs ist und d~m Philipp~rhymnus nah~st~ht. Vgl. auch Ba~tt. ~cond Corinthians, S. 224. 2 Hab~rrnann, ~bd., und Ba~tt. ~bd., -vtrrnut~n. daß Prä~xist~nZ\IOrst~llung~n zugrund~lieg~n. 1 Hab~rrnann, ~bd.; Ba~tt. ~bd .. 4 Wolff, Wrzicht, S. 185. Fo~l ~rw~i~n
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korrespondiert keine Erhöhung des Erniedrigten. Die Erhöhung wird vielmehr an der Gemeinde wllzogen. Der Status\6Zicht Jesu ist die Bedingung und der Grund ffir die Erhöhung der Gemeinde. Christi Erniedrigung und die Erhöhung wird mit den statusrelevanten Kategorien wn Armut und Reichtum ausgesagt. Paulus begründet damit den Reichtum der Korinther, den er im unmittelbaren Kontext (8,7) erwähnt und auch an anderer Stelle als besonderes Merkmal der korinthischen Gemeinde nennt 0 Kor 1,5-7). .,Reichtum" beschmbt die Selbst- und Fremdwahrnehmung der Gemeinde'. Das hat sie nach Paulus dem Status\6Zicht Jesu Christi zu danken. Der Philipperhymnus zeigt darüber hinaus, daß im Denken des Paulus die Erhöhung der Gemeinde di~enige Jesu Christi nicht metzt, sondern nachvollzieht und ihrer Erhöhung die Unterordnung unter Christus als Herrn korrespondiert. Ist in n Kor 8,9 die Partizipation am Reichtum Christi, ja dessen Übernahme durch die Gemeinde das Aussageziel, so ist es hier die Aufforderung, an seinem Weg in die Niedrigkeit zu partizipieren und selbst Status\6Zicht zu üben 2•
Die apostolische Selbsterniedrigung Als Apostel und Missionar übt Paulus Statl5venicht. Dieser Sta~cht hat drei Aspekte: (1) Paulus leidet Verfolgungen, Mißhandlungen und Gefahren 1 • Er nimmt die Erniedrigung und Stigmatisierung durch seine Umwelt an. (2) Er arbeitet ffir seinen Unterhalt, greift nicht auf die finanzielle Unterstützung der Gemeinde zurück und leidet deswegen zuwe~len Not4 • (3) Er ~chtet auf eine rhetorisch glänzend gestaltete Aufbereitung seiner Verkündigung und Unterweisung und damit auf die Ehre eines anerkannten Lehrers oder Philosophen~. Durch die beiden letzten Punkte ~chtet er freiwillig auf den Status als angesehener ..philosophischer' Lehrer, der sich in finanzieller Anerkennung und ..ansehnHchem Lehrerfolg" zeigen würde. Alle drei Aspekte sind breit
'1 Kor 1,5-7 zeigt, daß Paulus den geistlichen Reichtum der Gemeinde wahrnimmt und schätzt. Die Argumentation in II Kor 8 packt die Gemeinde an ihrer Ehre. Das geschieht, indem sie in ein Konkurrenzvtrhältnis zu den makedonischen Christen gestellt und an ihren Hoheitsanspruch erinnert wird. Reichtum gehört also auch zum SclbsMrständnis der korinthischen Gemeinde. Vgl. Betz, 2. Kor 8 und 9, S. 117: II Kor 8,9 sei der erste ~weis von drei ~weisen in der RprobatioR und begründe eine Aufforderung mit der Anforderung, das Ehrenhafte zu tun. II Kor 8,9 kann Rals Beispiel für den rhetorischen ~griff des Ehrenhaften interpretiert werdenR. 2 8alz, Art. Philipperbrief, S. 511. 1 1 Kor 15,32; II Kor 1,5f. 8-10; 11,23-27. Vgl. Wolff, Verzicht, S. 189. 4 1 Kor 9,15.18; II Kor 11,7-9; 12,14; vgl. Phil 4,10-15. Vgl. Wengst, Demut bei Paulus, S. 431. 'Nengst spricht sich mit Verweis auf Hock dafür aus, daß Paulus ererbter Sozialstatus höher war als der eines Handwerkers, so daß bereits die Übernahme einer Handarbeit ein Stat~rzicht gewesen sei. Handarbeit gelte ihm als Versklavung (I Kor 9,19). Dagegen spricht aber, daß Paulus selbst den Erwerb seines Ltbensunterhalts durch A~it damit begründet, daß er sich vom Verdacht der Habsucht, d.i. der Vermutung, er wolle durch seine Lthrtätigkeit Geld verdienen, freihalten wolle (I Thess 2,5; II Kor 2,17). Die Alternative für Paulus ist immer die Finanzierung durch die Gemeinde, nie die Verwendung eines eigenen Vermögens. Folglich hatte er keines. Vgl. Wolff, Verzicht, S. 184. ~I Kor 2,1-5; II Kor 10,10; 11,6.
256 bezeugt und finden sich schon im 1Thess•. Mit aßen drei ~kten geht es Paulus um die angemessene Verkündigung des Evangeliums. Sein Status\6Zicht ist die direkte Folge und die Bedingung seines apostolischen Auftrags: Die Verfolgungen erleidet er aufgrund seiner Onistus\efkündigung 01 Kor 6,8); er deutet sie als Teilhabe an den Leiden Onisti 01 Kor 1,5; 4,10). Seine Handarbeit ermöglicht es ihm, sich von den umherziehenden Philosophen und Lehrern zu unte&heiden, die sich ihre Unterweisungen honorieren ließen2• Das ist ihm in zwei Hinsichten wichtig: (A) Seine persönlichen Bedürfnisse und sein Aufhag müssen getrennt bleiben. Sein Aufhag dient nicht zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse. (B) Sein Auftrag dient den Gemeinden und darf sie nicht belasten (I Thess 2,9; nKor 12, 14). Damit ist unmittelbar sein SelbsMrständnis als Vater der Gemeinde, als Gemeindegründer, \efbunden. Väter machen die Kinder reich und nicht die Kinder die Väter 01 Kor 12, 14). Menschliche und göttliche Größe stehen ffir Paulus in Konkurrenz zueinander. Deswegen ~chtet er auf eine rhetorisch bnllante DaTStellung seiner Lehre. 1m Kontrast zur rhetorischen Bnllanz stehen für Paulus ~ ~ und ~ 0 Kor 2,4f; 4,19; 11 Kor 10,11). Gott wirlct nicht durch glanzvolle DaTStellung, sondern nur durch den, der auf sie \6Zichtet. Alle drei Aspekte des Status\erzichts sind Konstitutiv.l ffir das Apostelamt, beschreiben also die Gestalt von Leitung und "Henschaft" in der Gemeinde. Dem entspricht, daß Paulus mit dem Verweis auf seinen Stat\JS\6zicht seine Autorität zur Geltung bringt und Unterordnung fordert'. Die "Erhöhung" des Apostels erfolgt durch die Anerkennung seines Leitungsanspruchs in der Gemeinde, aber ohne daß dadurdl die Merkmale der Niedrigkeit verloren gingen. Eine Erhöhung, die auch die der Leitungsposition zugehörigen Merkmale betriffl und die der Niedrigkeit etSetzt, erwartet Paulus eTSt im Eschaton aufgrund seiner apostolischen Tätigkeit und seines missionarischen Erfolgs. Seine apostolische Identität beruht auf den Gemeindegründungen 0 Kor 9,3; 11 Kor 3, 1t), auf sie baut er seinen eschatologischen Status: Die Gemeinden sind der "Ruhm" des Apostels (11 Kor 1,14; 11,10). Paulus gesteht zu, daß sich seine Konzeption des Apostelamtes von der anderer Apostel unte&heiden kann. Das betriffl den Verzicht auf die finanzielle Unterstützung durdl die 1 Thtss 2,2: Mißhandlung~n in Philippi; 2,9: anst~ng~nd~ Arb~it für d~n ~b~nsunt~rhalt; 2,5: auf Schm~ich~l~d~n. Vgl. Sumney, Paul"s W~akn~ss. S. 71-91. Sumney w~ist nach, daß schon im 1 Thm V~rfolgungsl~id~n und Handarb~it zum ~lbstvtrständnis d~s Apost~ls zähl~n und ~r dits~n ~b~nsstil als T~il s~in~r V~rkündigung auffaßt. Sumney unt~rsch~id~t nicht zwisch~n ~rschi~d~n~n Form~n dts .Statu~rzichts" dts Paulus. Als konstitutiv ~rw~ist ~r nur das V~rfolgungsl~id~n und di~ Arb~it zum ~~nsunt~rhalt. Auch komm~nti~rt ~r nicht, daß d~r Stamm ~ in 1 Thm nur ~inmal ~g~gn~t. Paulus btseh~ibt damit nicht sich stlbst, sond~m di~j~nigtn in d~r G~m~ind~. dit d~r b6ondt~n Fürsorg~ b~dürftn. Di~ Schwach~n st~htn parall~l zu d~n c'in&«TTt und d~n tiN~. Paulus ford~rt dazu auf, si~ zu unt~rstütz~n (cimxw). Schwachh~it ~rsch~int in 1 Thtss noch nicht als Konstitutivum paulinisch~n Apostolats und btsch~ibt thtr tin D~fizit als ~in~n Vorzug. lygl. Sumney, Paul"s W~akn~ss. b~ S. 72-79. Jl Kor 4,7-21. Paulus b~sch~ibt ~in~ Ni~drigk~it, um dann im Schlußt~il d~s Bri~ft~ils ~in~ Autorität als .Vat~r d~r G~~ind~". als G~m~ind~gründ~r. zur Geltung zu bring~n und d~n~n. di~ sich ihm nicht unt~rordn~n woll~n. zu droh~n (4, ISt). Vgl. 11 Kor 10,1-8. Paulus b~tont, daß ~iner Ni~drigk~it ~b~n nicht ~in Autoritätsdefizit ~ntspricht, sond~m s~in~ von Gott geg~b~n~ Vollmacht, aufzubau~n und zu z~rstö~n. 1
V~rzicht
251 Gemeinde 0 Kor 9,4-6)'. Sein zusätzlicher Status\ezicht ist in der besonderen Berufung und Beauftragung durch Gott begründet 0 Kor 9, 15t). Die Besonderheit besteht darin, daß der ehemalige Verfolger "der Gemeinden Gottes" 0 Kor 15,9) zum Apostel wurde. Deswegen kommt ihm der geringste Rang innerhalb der Gruppe der Apostel zu; die Beanspruchung des Titels ..Apostel" ist bereits eine Erhöhung (I Kor 15,9). Als Folge dieser besonderen "erhöhenden" Berufung ist sein extensM5 Engagement zu ~tehen 0 Kor 15, 10). Der Übernahme der letzten Position in der Gruppe der Apostel entspricht die Behauptung des ersten Platzes hinsichtlich der geleisteten Arbeit 0 Kor 15, 10), der Bereitschaft zum weitestgehenden StatusveTzicht 0 Kor 9, 16.19) der Aufweis des größten m~onarischen Erfolges 0 Kor 9, 19; Röm 15, 16-21). Zu den anderen Aposteln steht er in einem Konkurre~ältnis. Paulus übernimmt freiwillig den letzten Platz und beansprucht damit einen gleichwertigen, vielleicht sogar den ersten Rang 0 Kor 9,2J-25t.
Positionswechsel: Die Erhöhung der Gemeinde als Folge der apostolischen Selbsterniedrigung Es ist also zuerst die Situation der Gemeindegründung bzw. der Bekehrung des einzelnen und der Aufrechterhaltung der Grenzen zur paganen Gesellschaft, in der der Status\6zicht des Paulus und die Erhöhung der Gemeinde zu einem zusammengehörigen Paar werden. Der Selbsterniedrigung des Paulus korrespondiert die Erhöhung der Gemeinde. ln zwei Aussagen fonnuliert Paulus diese Beziehung explizit: 1n 11 Kor 11,7 bezeichnet Paulus seinen Verzicht auf Unterhalt als Selbsterniedrigung und kontrastiert dem die Erhöhung der korinthischen Gemeinde. Die Beschre~bung bezieht sich auf den Gründungsaufenthalt'. 1n I Kor 9,19 spricht Paulus in einem Kontext, der den Unterhalts\ei'Zicht thematisiert, von seiner Selb~lavung mit dem Ziel der Gemeindegründung. ln 11 Kor 6,10 beschreibt Paulus am Ende eines Peristasenkatalogs seine Tätigkeit folgendermaßen: .~ mwxo\ iTOll.oUc; & nAooti.(ovtf<;". Es ist die selbstgewählte Armut, durch die er seine Gemeinde reich macht. 1n 11 Kor 4,5 übernimmt
1 Zu ~rschi~d~n~n T~n urchristlich~r Missiona~. -vgl. Th~i~n. Ltgitimation, S. 201-230. lygl. Schrag~. 1. Korinth~rbrid II, S. 364f, d~r sich darum müht, di~ Aussag~ in I Kor 9,24, daß im W~ttlauf nur ~in~r si~g~n könn~. in d~n Hint~rgrund zu dräng~n und stattdrss~n di~ Anst~ngung d~s Läuf~rs zu b~ton~n. Noch massMr ist das Bild vom Boxkampf. Zwar macht Paulus in I Kor 9,27 s~in~n ~ig~n~n Lc=ib zum Kampfg(gn~r. das setzt a~r V~rs 26 noch nicht voraus (Schrag~. I. Korinth~rbri~f II, S. 368f). ln di~~m Bild sind di~ and~m nicht nur Konkurr~nt~n. sond~m G~gn~r. di~ ni~d~rg~chlag~n w~rd~n müssen. An w~n Paulus d~nkt, ist nicht ~rk~nnbar. ln I Kor 9,1-23 hatt~ Paulus sein Apost~lamt g~g~n and~~ Konz~ption~n ~rt~idigt, das könnt~ darauf hind~ut~n. Jaß di~ G~gn~r im W~ttkampf and~~ Apost~l sind (g~g~n Martin, Sla~ry. S. 140f, d~r I Kor 9 vordringlich in d~n Kont~xt von I Kor 8-10 st~llt und das Hauptg~wlcht darauf l~gt, daß Paulus s~in Mod~ll von H~rrschaft für di~ Stark~n in Korinth zum Mod~ll mach~). ln I Kor 9,24.25b w~nd~t ~r sich an di~ korinthisch~ G~~ind~. so daß sich di~ ..Agg~ion" möglich~rw~is~ g~g~n s~in~ Kritik~r aus Korinth richt~t. Daß Paulus g(Walttätig~ B~ch~ibung~n für sein Wrhältnis zu d(n G~m~ind~n g~brauch~n kann, b~l~g~n I Kor 4,21 und II Kor 10,4f. 1 Zu ~ginn d~ Abschnitts in 11,2 spricht Paulus von d~r Gründung d~r G~m~ind~ als d~r V~rlobung ~in~r jung~n Frau, di~ ~r vorg~nomm~n hab~.
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Paulus wie in 1 Kor 9,19-23 die Position eines~ der Gemeinde• (nicht etwa Gottes) und bezieht das auf seine Verkündigungstätigkeit a1s Gemeindegründer und Gemeindeleitef. Was wir in der ~Jen Variante des jesuanischen Positionswechsellegions Vgl. Cart~r. ~rvant-Ethic, S. 59. Es gibt zwti Ansätz~. di~ zu ~rldä~n b~anspruch~n. wi~ Paulus durch ~in~ ~lbstversklavung Autorität g~wonn~n hat und inwid~m di~ ~lbst~z~ichnung als mi.VTWv ~ Ausdruck s~in~s ~itungsanspruchs ~in kann: ( 1) Mödritz~r. ~lbststigmatisi~rung, ~sch~ibt das Wrhalt~n d~ Paulus als Variant~ d~r ~lbststigmatisi~rung. Charismatisch~ Füh~r. M~nsch~n. d~n~n ~ g~lingt, .n~u~ W~rt~ zu setz~n und sozial~n Einfluß (frti von institution~ll~r An~rk~nnung) g~lt~nd zu mach~n· (S. 7), könn~n di~~ Macht dadurch g~winn~n. daß si~ sich zuvor ~lbst stigmatisi~rt hab~n. ind~m si~ frtiwillig 1
1
di~ Roll~ ~in~ g~s~llschaftlich~n Auß~n~it~rs ü~momrMn, abw~ich~nd~ V~rhalt~n d~monstrativ g~z~igt und di~ g~llschaftlich~ Agg~sion für di~ Abw~ichung auf sich g~nomm~n hab~n. Mödritz~r z~igt, daß di~~ .Strat~gi~" d~r ~lbststigmatisi~rung b~i wichtig~n urchristlich~n Figu~n. b~i Johann~ d~m Täuf~r. b~i J~us, b~i Paulus und b~i lgnatius von Antiochi~n. zum
Charismag~winn b~ig~trag~n hab~n. D~ paulinisch~ ~lbstversklavung und di~ Üb~mahm~ ~in~r marginal~n Roll~ vtrst~ht ~r
als
Form~n ~b~n di~r ~lbststigmatisi~rung
durch
di~ ~r
sich
Charismag~winn ~rhofft hab~: .Hi~r si~ht man, wi~ Paulus di~ Strat~gi~ d~r ~lbststigmatisi~rung für s~in~ Missionspraxis g~rad~zu funktionalisi~rt· (S. 186 zu 1 Kor 9, 19). (2) Martin, Slavtry, vtrsucht di~ B~z~ichnung als Ausdruck d~ Anspruchs auf Autorität vor d~m Hint~rgrund d~ Topos vom populistisch~n H~rrsch~r zu vtrst~h~n. Martin unt~rsch~id~t zw~i Mod~ll~ von H~rrschaft: das .patriarchalisch~ Mod~ll", das d~n H~rrsch~r als wohlwoll~nd~n und tätig~n Patron und Vat~r z~ichn~ (S. 88-91 ), und das .populistisch~ Mod~ll". Di~s~ populistisch~ Mod~ll s~i
nur in
m~hr od~r mind~r pol~misch~n Tradition~n üb~rli~f~rt
und
müss~ d~w~g~n ~r
schlos~n w~rd~n. Es g~hö~ in di~ D~magog~nd~batt~. D~r populistisch~ Füh~r w~rd~ als (a) üb~rmäßig anpassungswillig und schm~ichl~risch g~schild~rt. (b) ihm w~rd~ vorg~womn, c:r ~mi~drig~ sich und (c) such~ s~in~n ~ig~n~n G~winn (S. 92). Zum Topos g~hö~ di~ B~uichnung d~s populistisch~n Füh~rs als .Sklavtn d~r Mass~n· (S. 87). Odys~us g~lt~ als Mod~ll (S. 86f). An ~inig~n St~ll~n schimm~~ das positivt Bild, also das ~lbstverständnis d~r populistisch~n Füh~r. durch. Dort gält~n (a) di~ Anpassung an di~ Wrhältniss~. (b) di~ Solidarität mit d~n Ni~drig~n auch hinsichtlich d~s ~b~nstils und (c) di~ Absicht, di~ lnt~~s~n d~r kl~in~n ~ut~ zu wah~n als di~ original~n K~nnz~ich~n d~ Mod~lls (S. 100ff). Paulus ha~ di~s~ - d~m patriarchalisch~m Mod~ll konkurri~~nd~ - populistisch~ Mod~ll aufg~nomrMn und b~anspruch~ also auch dann Autorität und ~itung, wtnn ~r b~haupt~. sich alkn g~g~nü~r vtrsklavt zu hab~n (S. 1J2f). Di~ b~id~n Erklärungsmod~ll~ sind w~d~r nur Alt~matMn noch nur Ko~latM. Si~ sind insof~m Alt~matMn, als Mödritz~r ~haupt~t. Paulus g~winn~ Autorität, ind~m ~r abw~ich~nd~s V~rhalt~n z~ig~ und ~~n nicht auf ~in b~t~h~nd~s Mod~ll zurückg~if~. wi~ Martin ~ vtrmut~t. Si~ ko~li~~n insofern, als das populistisch~ Mod~ll. da wo ~ von d~r Pol~mik d~r Anhäng~r d~s .patriarchalisch~n Mod~lls"
also nicht d~n lnt~~~n und d~m (Martin hat mich nicht davon üb~rz~ug~n könn~n. daß ~s das gab), als .abw~ich~nd~ V~rhalt~n· in d~r pagan~n Wc:rt~w~lt g~golt~n hab~n muß. M~in ~ig~n~r Erldärungsvtrsuch vtrw~ist für das paulinisch~ V~rhalt~n und R~d~n auf das Positionsw~ch~laxiom und damit auf d~n ~tandt~il ~in~r g~d~ut~t~n W~lt und nicht auf ~in kulturüb~rg~if~nd g~lt~nd~s g~llschaftwis~nschaftlich~ .G~tz" wi~ b~i Mödri:z~r. Es g~ht mir darum, wi~ Paulus ~lbst und di~ Korinth~r ~in~n Stat~rzicht ~h~n und was si~ in d~r Folg~ davon ~rwart~n konnt~n. And~rs als Martin greif~ ich dafür auf sp~zifisch urchristlich~ V~rhalt~ns und D~ut~mod~ll~ zurück. Das schli~ßt nicht aus, daß Paulus pagan~ Tradition~n vtrw~nd~t hat di~ Angriff~ d~r G~gn~r in II Kor 10-1 J la~n sich mit Hilf~ d~ .D~magog~n- Topos" plausib~l mach~n -, b~tont ab~r in ~inc:m w~itaus größtr~n Maß~. als Martin das ~inräumt (S. 145), di~ ~ng~ Wrbindung di~~r ~ut~mod~ll~ mit .th~ologisch~n· MotMn. Martin st~llt mit R~cht h~raus, daß Paulus zu d~n Korinth~m als h~ll~nisi~rt~n und romanisi~rt~n Städt~m spricht (S. XIX). Dab~i unterschätzt er j~doch m.E. d~n kultu~ll~n Bruch, d~n d~r G~m~ind~~intritt für di~s~ hell~nisi~rt~n und romanisi~rt~n Städt~r ~d~ut~t~ oder - nach d~r M~inung d~ Paulus - bc:dc:utc:n sollt~. Das ist wirklich nicht
g~troff~n wurd~.
Machtwill~n d~s Füh~rs. sond~m d~n Ni~drig~n di~nt~
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auf ein einziges Subjekt bezogen fanden, Erniedrigung und Erhöhung, ist nun auf den Apostel und die Gemeinde 'wme1lt: Der Apostel erniedrigt sidl, damit die Gemeinde erhöht wird. Dabei erinnert die Struktur - und in nKor 4,5 und 6,10 audl die Wortwahl - an die paulinische Deutung des Onistusgeschehens durth den Positionswechsel. Wie Jesus hat Paulus auf seinen Status verzidltet und sidl selbst erniedrigt, wie Jesus hat er sidl zum ~ gemamt, wie bei Jesus hat diese Selbsterniedrigung das Ziel, die Gemeinde reidl zu machen, sie also zu erhöhen. Die paulinisdle Mission folgt demselben Muster wie das Olristusgeschehen: Paulus übernimmt die Rolle Olristi'.
Niedrigkeit als Autoritätsmerkmal: Ein Dissens zwischen Paulus und den Korinthern Es ist Paulus nimt gelungen, seine Konzeption in der korinthisdlen Gemeinde zur Geltung zu bringen und für sie Anerkennung zu erlangen,. Der Konflikt um die legitime Gestalt des Apostelamts zeigt sim bereits in I Kor 9, begegnet in I Kor 1-4 in ~ärfter Grund dafür, daß Martin altt~tam~ntlich~n Tradition~n ~in~ zu g~ring~ B~d~utung Damit wird ~r nicht nur d~n Forsch~m nicht g~~cht, di~ di~ ~ng~ Verbindung d~s Paulus mit der jüdisch~n Kultur beton~n. sondern auch nicht d~n Stellen in den paulinischen Brieftn, in denen ersichtlich wird, daß Paulus sei~ Gemeinden in jüdische Traditionen stellt hinsichtlich ih~r Lebensführung (z.B. I Kor 6,9), ih~r Deutemodelle (I Kor 10,1-IJ; 11,7-10) und seinem Anspruch, ~üdische Traditionen zu ~flektie~n (z.B. Ga I 3, 7ff; 4,21 ff) . •The Gospel which he [Paul] p~aches is being worked out in his lif~. He is being transformed into th~ likeness of Jesus Christ, ... which ... comcs to expression p~-~minently in self giving service.Die Demut des Paulus zeige sich .in his willingnru to submit to suffering and in his service to others: Savage, Power, S. 153. Brown, l~rsion of Social Roles, S. 305-309, "Vtrtritt, daß Paulus der Überzeugung sei, er - und alle Gläubigen - würden der Rechtfertigung teilhaftig, indem sie wie Christus leiden und sozial deklassierte Rollen übernähmen. Dabei konk~tisie~ sich die Bekehrung in der Umkehrung der Rolle. So wie Paulus wm Verfolger zum Verfolgten würde, müsse auch der Weise zum Narr (S. 313t) werden. Dawn seien auch die Rol~n wm ~ind und Verbündeten (S. 316), wm Soldaten und neurekrutierten Deserteur, Sklaven und ~dervtrsklavten Freigelassenen (S. 31St) sowi~ wm Kaufmann und Bankrott~ur betroffen. Brown umfaßt mit diesen Thesen weite und zentrale Bereiche paulinischer Theologie. Zudem "Vtrbindet er theologische und soziale Kat~gorien eng miteinander. Di~ breite Textbasis (alle Paulinen bis hin zu den Dcuteropaulinen) und der Verzicht auf Hinweise zur Gliederung und Teilung wn Briefen erschwe~n es, zu seinem Aufsatz im einzelnen Stellung zu nehmen. Ich stimme mit ihm darin übe~in, daß Paulus, indem er auf Status "Vtrzichtet, die Rolle Christi übernimmt, beziehe aber anders als Brown diesen Statusverzicht primär auf seine Rolle als Verkündiger und nicht auf die als Gcrtchtfertigter, also als Typos des Gemeindeglieds. Dadurch erscheint mir auch der postulierte enge Zusammenhang zum Thema der Rechtfertigung als zweifelhaft. ~ebell, Gehorsam, hat vorgeschlagen, den Konflikt zwischen Paulus und den Korinthern als .Double-Bind· zu b~timmen. Paulus verlange der Gemeinde einerseits Mündigkeit und ~elbständigkeit ab, wolle aber ande~rseits ih~ Autorität bleiben. Er faßt die widersprüchliche Anweisung mit dem Satz ~i unabhängig, aber bleibe unter meiner Leitung· (S. 146) zusammen. Der Vorschlag hat eine Schwäche darin, daß sich die Aufforderung zur Mündigkeit nur schwer bel~gen läßt (S. 114). ~timmt man das .Double-Bind· mit der Kategorie wn Erhöhung und StatUS"Vtrzicht und formuli~rt ~ als .sei erhaben, aber respektiere meine Niedrigkeit·, lassen sich beide Aufforderung~n ~ser belegen. Der Erkenntnisfortschritt durch die Anwendung des .DoubleBind· Modells bleibt erhalten, wird aber stärker an die kultu~llen Btsonderheiten der antiken Ge~llschaft ang~paßt; widersprüchlich ist di~ Aufforderung ~onders in einer Schamg~llschaft. auch
d~r
~inräumt.
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Fonn wieder', erreidlt in 11 Kor 1G-13 seinen Höhepunkt und prägt nodlll Kor 2-72 • Der Anlaß der Auseinandersetzungen ble1bt dabei identisdl: Es ist die Niedrigkeit des Paulus und deren Bedeutung für die Gemeinde. Diese Auseinandersetzung um die apostolische Niedrigkeit ist vielschidltig. ln 1 Kor 9 gerät Paulus in den Verdadlt. nidlt ..niedrig genug" zu sein. Er greife für seinen Lebensunterhalt otfensidltlidl auf eigene Mittel zurück und entsprädle nidlt dem Gebot des Besimerzidlts. Paulus begegnet diesem Vorwurf, indem er seine Arbeit als besonders weitreidlenden Status\m:idlt und den ..dlarismatisdlen Bettel" als Unterhaltsrecht deuter. ln 1Kor 1-4 und 11 Kor 1o-13 dagegen geht es um den fieiwtlHgen Verzidlt des Paulus auf rhetorische Bnllanz sowie philosophische und religiöse Hoheitsansprüdle. Kritisiert wird sein Status\m:idlt innerhalb eines ~ltema~". religiösphilosophischen Deuternhmens. Paulus behauptet. sein Verzidlt sei Bedingung für das erhöhende Wirken Gottes an der Gemeinde, für die Kritiker dagegen ist es gerade aufgrund · dieses Status\m:idlts des Paulus fraglidl, ob Paulus die Gemeinden zur Vollendung führen kann. Deutlidl erkennbar wird der Dissens zwischen Paulus und der Gemeinde an I Kor 4,613. Mit diesem Abschnitt greift Paulus auf den Eingangstell seines Briefes zurück. 4, 7 nimmt das Thema ..Rühmen" wieder auf; davon hatte er in 1,29 gesprochen; die Kontraste, die er in 4,10 ausleudltet, nehmen die aus 1,26f auf, wo er Gottes Erwählung der Niedrigen und seine Distanz den Angesehenen und ihren Werten gegenüber bekräftigt hatte: Niedrigkeit und Apostelamt gehören nadl Gottes Willen zusammen. ln 1,29 hatte Paulus dabei die alttestamentlidle Tradition wn der Erwählung der Niedrigen aufgenommen: Es soll sidl keiner wr Gott rühmen können•. Hier erinnert er daran, daß es nur einen Grund Qlbt. sidl zu rühmen: nämHdl das Handeln Gottes und nicht die wn den Lehrern empfangene Weisheits. ln 1,26 hatte Paulus die Korinther zu diesen Erwählten gezählt. Jetzt kontrastiert er sidl als Apostel mit ihnen. Das gesdlieht in den Versen 8 und 10. Der Rückgriff auf 1,25-29 madlt klar, daß Paulus damit seine Autorität zur Geltung bringt und seine Erwählung durch Gott bekräftigt. Das zeigt audl der unmittelbar folgende Text in 4,14-21, wo Paulus die Korinther diese Autorität spüren läßt und zu Beginn des Abschnitts sogar eigens die Vermutung zurückweist. er habe sie ..beschämen" wollen, sie also erniedrigt (4, 14). Paulus rückt in 4,7-13 Apostel und Gemeinde ins rechte Verhältnis. Was ist das rechte Verhältnis, und wie will Paulus die Zustimmung der Gemeinde erreidlen? 'Es sch~int mir wahrsch~inlich zu s~in, daß di~ Kapit~l 1-4 nach d~m sog~nannt~n .Th~m~nbri~f' ~ntstand~n
sind.
~it vi~l~n Ex~gd~n halt~ ich II Kor 10-1 3 für ~in~n Bri~ft~il, d~r auf d~m Höh~punkt d~s Konflikts
II Kor 1-7 di~ spät~r ~rfolgt~ V~rsöhnung Vgl. St~ck~r. ~gitimität, S. 566, d~r an d~r ld~ntifizi~rung mit d~m Tränenbrid f~sthält und auf di~ Position~n von Bomkamm, Schmithals und B~tz vc:rw~ist. Ba~tt. ~cond Corinthians, S. 23, vc:rtritt wi~ Windisch, 2. Korinth~rbrid, S. 17f, di~ M~inung, daß di~ Kapit~l 1013 ~in~ spät~~ Phas~ d~r Kommunikation doku~nti~~n als di~ Kapit~l 1-9. \lgl. Th~i~n. ~itimation, S. 216. 4 Zur Wichtigk~it d~ Th~mas für di~ paullnisch~ Th~ologi~ vgl. B~rg~r. Th~ologi~grschicht~. S. 491 f. \tgl. Haf~mann, ~lf-Comm~ndation, b~. S. 80-83. mit
d~n Korinth~m g~chri~b~n wurd~. wäh~nd
vorauss~tzt.
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Paulus skizziert das korinthische ~ndnis. ln Vers 8 beschre~bt er es mit Verben: Sie meinen, sdlon satt und reich zu sein und als Könige zu henschen•. Jn Vers 10 fährt er mit seiner Beschreibung fort; jetzt benutzt er M~. Die Bestimmung des ersten Glieds dun:h iv )(,o«miJ weist darauf hin, daß alle Bestimmungen spiritualisiert sind und im übertragenen Sinn ~anden werden wollen. Paulus wendet sich also nicht nur an die Gemeindeglieder mit einem hohen Sozialstatus. Die Korinther halten sich fiir ~. io:KJ.poi und MogN. Sie meinen, in einem religiösen Deuterahmen einen hohen Status erreicht zu haben. Es ist ein sdlwieriges Unterfangen abzuwägen, in welchem Sinn und Maß Paulus ironisch spricht. Daß er es tut, ist unzweifelhaft. Daß er es im Vollsinne tut, ist ausgeschlossen 2• Paulus wtll nicht sagen, daß das Selbst\eständnis der Korinther falsch ist und das Gegenteil zutrifft. Das i)r} zeigt, daß Paulus ihren nelen zustimmt. Christen werden satt, reich und königlich sein. ln Vers Sb erklärt er, daß auch er das für wünschenswert hält: Hätten sie doch recht- hätte er doch daran Ante1l! Er läßt auch nicht erkennen, daß er der Meinung sei, daß Menschen "in dieser Zeit.. diesen Königsstatus prinzipiell nicht erreichen könnten1 • Ihren Reichtum lobt er an Stellen, die der Ironie nicht ~ächtig sind, wie I Kor 1,5 und II Kor 8,7.9. Und sd1HeßHch spricht gegen eine direkt ironische Redeweise, daß er seinen eigenen Status realistisch, wenn auch in starken Farben beschreibt. Und doch ist deutlich, daß Paulus das korinthische Hoheitsbewußtsein kritisiert. Jn welchem Sinn ist die Beschre~bung ironisch? Bisher hat er an den Korinthern vor allem die Partelbildung kritisiert. Konkurrenzgebaren ist nach Paulus Meinung das Hindernis auf dem Weg zur Vollkommenheit 0 Kor J,Jt). I Kor 4,7 erinnert an I Kor 3,21(. Dort kritisiert Paulus. daß die Korinther sich ihrer Lehrer rühmen. Ihnen meinen sie ihren hohen Status zu ~anken. Das hält Paulus für eine falsche Einschätzung von Lehrern. Lehrer stehen nicht über den Glaubenden, sondern unter ihnen; die Glaubenden sind direkt Christus unterstellt. I Kor 4,7 weist darauf hin, daß er in diesem Verhalten auch den Grund dafiir sieht, daß die Korinther nicht den hohen Status erreicht haben, den sie beanspruchen. Was 1
Vgl. Dan 7,18. Schrag~. 1. Korinth~rbri~f I, S. 338f. 1 G~g~n Schrag~. 1. Korinth~rbri~f I, S. 333 und 340, d~r m~int, daß Paulus di~ Ant~ilhab~ an d~r Basil~ia nur für zukünftig möglich hi~lt~. Paulus spricht auch in Röm 5,17 davon, daß di~ Glaub~nd~n als König~ h~rrsch~n w~rd~n. Di~ Vorst~llung ist also nicht nur korinthisch, sond~m auch paulinisch. Von d~r Üb~mah~ di6~r Königsh~rrschaft spricht Paulus im Futur. Di~ Wrbindung mit d~m Aorist in V~rs 15 (mpiiTtmlfTfV) läßt ~s sogar als möglich ~rsch~in~n. daß 6 sich um ~in logisch6 Futur hand~lt. (Wilck~ns. Röm~r I, S. 325, Anm. 1089, w~ist das zurück und b~stimmt 6 als ~schatologisch6 Futur). Di~ Gnad~ hat ih~ H~rrschaft im~rhin b~~its ang~t~t~n. Daß als Folg~ davon di~ Königsh~rrschaft d~r Christ~n b~gonn~n hab~n könnt~. ist k~in ab~gig~r G~dank Di~ Aussag~n von Paulus sind s~lbst hi~r. nachd~m ihn di~ Aus~inand~rs~tzung~n mit d~n '
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Paulus also an dem korinthischen Selbstvemändnis kritisiert. ist nicht ihr Hoheitsbewußtsein, sondern dessen Begründung durch die Berufung auf Lehrer•, es ist nicht ihr Anspruch, einsichtig zu sein und als Könige zu henschen, sondern daß sie ihm nicht gerecht werden und statt dessen miteinander konkurrieren 3• Wie haben die Korinther sich selbst gesehen? Die Tatsachen, auf die Paulus in I Kor 1,26 -..mveist, werden ihnen ja nicht unbekannt gewesen sein. Auch werden sie die Tradition von der Erwählung der Niedrigen gekannt und anerkannt haben. Nur deshalb kann Paulus auf sie als Grundlage seiner Argumentation zurückgreifen. Sie haben diese Traditionen aber anders gedeutet: nämlich als jetzt unerheblich gewordene Vergangenheit. Dafür spricht auch, daß Paulus in I Kor 7,17-24 erkennen läßt, daß in der Gemeinde versucht wurde, den Sozialstatus. den jemand vor seinem Eintritt in die Gemeinde innehatte, zu n~lieren. Wir hören dawn, daß Frauen ihre traditionelle Rolle als Ehefrauen nicht mehr wahrnehmen wollten 0Kor 7,3f.10) und sich nicht mehr an den Erwartungen, die an Frauen gestellt wurden, orientierten 0 Kor 11,5). Sollte ein Satz wie Gal 3,28 zur Anfan~ündigung des Paulus gehört haben, wäre das auch plausibel. Die sozialen Unterschiede und der soziale Status "in der Welt" sollten in der Gemeinde keine Geltung mehr haben. Als Aufgabe galt den Korinthern, innerhalb des neuen Rahmens Statusmerkmale zu finden. Geistlicher Reichtum, geistliche Stärke und Ansehen in den Gemeinden waren solche Kriterien. Dem korinthischen Selbstverständnis kontrastiert Paulus seinen Status. Indem er seine Niedrigkeit beschretbt, gewinnt er seine Autorität zurück. Das setzt voraus. daß es Konsens ist, daß Niedrigkeit zur Rolle des Apostels gehört. Und es setzt voraus. daß er in diesem Abschnitt die korinthische Vorstellung von dieser Rolle korrigiert. ln welchen Punkten beruft er sich auf einen Konsens, und an welchen Stellen korrigiert er die Konzeption der Korinther? ln Vers 9 reklamiert er den letzten Platz für sich. Um diesen letzten Platz zu beschretben, benutzt er die Metapher vom Theater. ln dieser Metapher bindet er die folgenden MotNe zusammen: - Die stoische Vorstellung vom theatrum mundi. Damit klingt die Überzeugung vom statusunabhängigen Wert des Menschen an. Im Theater kommt es darauf an, seine Rolle gut zu spielen, gleich ob es die des Königs oder die des Bettlers ist. - Die ebenfalls stoische Vorsteßung vom Kampf des Weisen mit den Begierden. Damit erinnert er an seine Standhaftigkeit im Ertragen der Wechseltalle des Lebens. Das Motiv Vgl. M(rkh~in, 1. Kor 1-4, S. J 11. Callan, Ptrsp(ctMs, S. 27f, Z(igt, daß di( ambival(nt( Haltung d(s Paulus d(m Thema .Konkurrenz" g(g(nÜb(r (in( Ursach( für di( Einst(llung d(r Korinth(r g(WCS(n S(in könnt(. Paulus unt(rsagt (So sich zu rühm(n und sich mit and(T(n zu ~rgl(ich(n; di(S( Ü~rzeugung ist in d(m V(rständnis d(r R(chtf(rtigung als Gab( ~rankert und somit z(ntral begründ(t ((bd., S. 18). Zugl(ich aber fährt (r damit fort, konkurrenz~tont(S V(rhalt(n zu uig(n; t(ilweis( l(gitimi(rt (r (S T(ligiös als .Rühm(n im H(rm" ((bd., S. 18; 25), teilw(is( sch(int (r sich S(in(S Wrhalt(ns und S(in(r lnkonsist(nz nicht ~wußt zu sein ((bd., S. 18; 24t). Callan, (bd., S. 28, ~rmut(t, daß di( Korinth(r sich m(hr am ß(ispi(l d(S W(it(rhln Konkurren~rhalt(n Z(ig(nd(n Paulus 01·i(ntiert hab(n könnt(n als an S(in(r \.thf(. 1
2
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begegnet bei Paulus audl an anderer Stelle (z.B. Phfl 4, 11 t). Damit klingt die Überzeugung von der Überlegenheit dessen an, der auf die ko~tioneßen Güter ~dltef. - Mit der Erwähnung der Engel erweitert Paulus die Metapher vom theatrum mundi um eine apokalyptische Dimension: Die Metapher gewinnt dadurdl eschatologische Relevanz. insofern die Engel beim Endgeridlt mitwirken. - Er verbindet das mit dem römischen Theater, in dem die Verurteilten unter dem Schein eines Kampfes hingeridltet wurden. Die letzten beiden Aspekte lassen die Verfolgungssituation anklingen. Die Rolle des Todgeweihten übernimmt der Apostel, wefl er als Verkündiger von den Heiden verfolgt winf. Durdl die ersten beiden Assoziationen ist die Überlegenheit der Pmon aum in einer niedrigen Rolle betont worden, in den letzten beiden ist ergänzt worden, daß dieses Geschehen ins apokalyptische Drama gehört und \mllutlim mit dem Märtyrertod des Apostels enden wird. ln den Vmen 11-13 nimmt Paulus das mit dem Pmstasenkatalog wieder auf. Er knüpft damit an einen breiten paganen und jüdischen Überlieferungsstrom an': Die Verfolgung des Gerechten ist Ausweis seiner Erwählung und seiner inneren Größe. M.E. sind es diese Überzeugungen, die Paulus zum Konsens zählt. Indem er sim als Verfolgten beschreibt und seinen Verzimt auf Heimat und Besitz bekundet, gewinnt er seine Autorität bei der Gemeinde zurück. ln Vers 10 jedom ergänzt er qualitativ andere Gedanken. Er beschreibt sim4 als töridlt, schwam und ehrlos~ durdl Onistus. Durdl die Kontrastierung mit dem Hoheitsbewußtsein der Korinther kennzeimnet er seinen niedrigen Status innerhalb der urdlristlidlen Wertegemeinsdlaft. Es ist geistlimer Reimturn und das Ansehen innerhalb der Urchristenheit gemeint. Audl innerhalb dieses Wert~ems ~mtet Paulus auf einen hohen Status. Hierin korrigiert er die Erwartungen der Korinther: Das zeigt sim aum in der Kontrastierung. Die Verse 8 und 1113 stellen den Apostel in Kontrast mit der paganen Gesellschaft. ln Vers 10 dagegen ~leimt er sidl mit der "mristlimen Gesellschaft': Paulus und die Korinther stimmen darin überein, daß ein Kennzeimen der Apostelrolle der niedrige Status in der "Welt", konzentriert in den Verfolgungen, ist'. Die Korinther hatten gemeint, dieser Vorzug des niedrigen Status sei auf den sozialen Deuterahmen beschränkt. ln einem religiösen dagegen, in dem Weisheit, Einsimt, Anerkennung in der urdlristlimen Öffentlimkeit und geistlimer Reimturn zählen, sei ein hoher Status Autoritätsmerkmal. Dabei stand fiir sie 'Di~s~n Kampf ~z~ichn~t S~n~ca. Provid 2,8, als ~ctaculum. Vgl. Epict, Oiss 111,22,58. IV Makk 17, ll-16f macht von
di~s~r Vorst~llung ~b~nfalls G~brauch. Si~
ist also auch im
h~ll~nistisch~n
Jud~ntum ~kannt.
\tgl. I Kor 15,32, wo Paulus auf ~in~n T~rkampf in Eph~us anspi~lt. ~i ~ daß ~r tatsächlich zum Tod ~rurt~ilt word~n war, ~i ~ daß ~r auch dort m~taphorisch spricht und ~in~ Au~inand~rs~tzung~n mit d~n H~id~n m~int; d~utlich ist, daß TI~rkampf und V~rfolgung zusamm~ng~hör~n.
'vgl. Fitzg~rald, Cracks, S. 203, und Kl~inkn~cht, G~~chtf~rtigt~r. S. 324-334. 0b Paulus nur an sich od~r auch an and~~ Apost~l d~nkt, kann off~nbl~ib~n. ~Damit ist di~ Eh~ vor d~n M~nsch~n g~m~int. Vgl. Schrag~. I. Korinth~rbri~f I, S. 344. 6 G~g~n M~rkl~in, I. Kor 1-4, S. 3 12, d~r ~rmut~t. daß ihm ~in~ Ni~drigk~it vorg~omn word~n 4
s~i.
264 auf dem Spiel, ob der Apostel in der tage sein könne, ihnen diesen hohen Status im religiösen Deuterahmen zu ~affen. Das korrigiert Paulus. Einem ~e1igiösen Deuterahmen, durch den innerhalb der Gemeinde Status ~eilt würde und durch den die Gemeinde zu einer "Parallelgesellschaft:" würde, lehnt er ab. Paulus verbindet seinen Status'-6zicht. der audl fiir den hohen religiösen Status gllt. mit der Fähigkeit. andere zu erhöhen'. Die Korinther haben ein ausgeprägtes Hoheitsbewußtsein und \m\Jchen, ihren Anteil an Onistus weiter auszubauen. Sie darin anzuleiten, trauen sie Paulus wegen dessen Verzicht auf einen hohen religiösen und philosophischen Status nicht zu. Dieser Dissens ist die Voraussetzung dafiir, daß Apostel mit einer anderen Konzeption des Apostelamtes in der korinthischen Gemeinde Aufnahme fanden. Sie boten den Korinthern an, was diese suchten.
Alternative Deutungen des Leitungsamtes Sein eigent1iches Profil gewinnt die paulinische Konzeption vor dem Hintergrund anderer Konzeptionen des Leitungs- und Apostelamts. die in den urchristlichen Gemeinden begegnen. ln der Gemeinde in Korinth triffi der paulinische Entwurf auf die Überzeugungen, die bei den korinthischen Gemeindegliedern verbreitet waren und von den Missionaren ~ten wurden, die nach der Abreise des Paulus in der Gemeinde Aufnahme fanden. Auch diese altemarM Konzeption war mit Hilfe des Positionswechselaxioms strukturiert.
Vorfragen Die Positionen der Korinther und die der Gegner des Paulus aus den paulinischen Texten zu ersch1ießen, ist bekanntlidl nicht unproblematisch 2• Das Problem wird dadurch ~ärft:, daß der Konflikt mit den Korinthern nach dem I Kor eskalierte. Es läßt sidl nicht ausschließen, daß die Korinther sidl von Paulus nidlt \e~Standen ffihlten. Das madlt den Rückschluß auf die Positionen der Korinther und der Gegner nodl schwerer. Zugleidl aber läßt sidl beobachten, daß dieser Konflikt unter dem Aspekt. der hier interessiert. sidl nidlt diffus ausweitet. sondern sich zuspitzt. so daß die zugrundeliegende Frage immer klarer erkennbar wird. Das weist darauf hin, daß man nidlt aneinander vorbei geredet und einander mi~anden hat. sondern daß Konzeptionen aufeinander trafen, deren sad11id1er Ausgleich mühsam war. Nun hat die Forschung zum 11 Kor keine eindeutigen Ergebnisse über das Ende des Konfliktes zwischen Paulus und den Korinthern erbracht. Wenn 11 Kor 1~ 13 nicht mit dem "Tränenbrief' von 2,4 identisch ist, sondern den Abschluß der Korrespondenz daJStellt. läßt sich ~uten, daß keine 1 An di~ Überlegung ließe sich die Bedeutungen wn mpt~ und mpit/trJIA4 als .Opfer· im Sinne des .Sündenbockmechanismus· anschließen, ohne daß damit ein ganz neuer Gedanke aufgenommen würde. Paulus übernimmt mit seinem umfassenden Stat\.15\'trzicht die Rolle des Christus und dient so der Erhöhung der Menschen. Vgl. Merklein, 1. Kor 1-4, S. J 16. lygl. Berger, Gegner.
265 Verständigung erzielt worden ist. Ich gehe im folgenden dawn aus. daß die Kapitel 1G-13 nicht den Abschluß, sondern nur eine Phase der Kommunikation betreffm, daß der Brieftell 2,14-7,4 jünger ist und daß es zu einer Versöhnung zwischen Paulus und der korinthischen Gemeinde gekommen ist. Dafür sprechen der spätere Aufenthalt des Paulus in Karinth, während dessen er den Römerbrief verfaßte, und die Aussagen des I Oern, die weder die Korinther noch Paulus als Gegner oder Außenseiter behandeln. Schließtich sei auf die Beobachtung hingewiesen, daß sich die Überzeugungen zum Positionswechsel, die sich für die korinthische Gemeinde erschließen lassen, in modifizierter und "~armloster-' Form im Kolosser- und Epheserbrief wiederfinden. Das deutet darauf hin, daß diese Vorstellungen in der "urchristlichen ÖffmtHchkeit" der nächsten Generation als akzeptabel und zudem als pauHnisch galten, was eher daffir spricht, daß Paulus und die Korinther schHeßlich einen Konsens gefunden haben. Die korinthische Gemeinde hatte schon länger Kontakt mit anderen Leiterpersönlichkeiten, die sie mit Paulus verglich und denen gegenüber sich Paulus behaupten mußte. Darauf weisen I Kor 9, 1-6, 1, 12 und 4,5 gefolgt von 4,6b. Die Gegner von 11 Kor 1o-1 3 werden namentlich nicht genannt. 11 Kor 3,1 deutet darauf hin, daß sie die Gemeinde wieder ~assen. ihren Einfluß aber nicht ~oren haben. Die Konzeptionen, mit denen sidl Paulus in 11 Kor 2, 14-7,16 auseinandmetzt, sind noch die der Gegner von 11 Kor 1o-1 3. Daffir spricht, daß Paulus ihnen mit der gleichen Taktik begegnet und sich mit den gleichen Vorwürfen auseinandersetzt Die korinthische Gemeinde hatte also \mllutlich Kontakt zu ~iedenen Lehrern und Aposteln. Dabei erwies sich Paulus als Außenseiter. Ich gehe davon aus. daß diese Apostel (a) korinthischen Erwartungen hinsichtlich des Leiteramts eher entsprachen als Paulus• und daß sie (b) christliche Missionare waren 2• 1 0i~ G~m~ind~ ~rsch~int mir nicht wi~ ~in~ unmündig~ und l~icht vtrführbare H~rd~. W~nn si~ sich für di~ Lehren und Konz~ption~n and~rer Apost~l und Lehrer g~öffn~t hat, ist di~ ~dingung dafür in ihr~m als d~fizitär ~mpfund~n~n V~rhältnis zu ihrem G~m~ind~gründ~r zu such~n. Konflikt~ zwisch~n d~r G~meind~ und Paulus g~h~n d~r Aufnahm~ and~rer Apost~l voraus, di~ Art di~~r Konflikt~ nimmt b~stimm~nd~n Einfluß auf di~ .Typ~n· d~r aufg~nomm~n~n Apost~l und Lehrer. Di~ Machtmitt~l d~r G~m~ind~n sind ihre finanzi~ll~n Mitt~l. mit d~n~n sit Apost~l und Lehrer unt~rstütz~n könn~n. und ihre B~reitschaft, si~ anzu~rk~nn~n. ihre R~putation zu stärk~n od~r zu schwäch~n. 2 Di~ Einordnung
d~r G~gn~r im II Kor st~ht in Zusamm~nhang mit üb~rgreif~nd~n Th~~n zur Entwicklung d~ Urchrist~ntums. Baur hatt~ di~ G~gn~r d~r paulinisch~n Th~ologi~ als Judaist~n vtrstand~n und in d~r Entst~hung d~r frühkatholisch~n Kirch~ d~n Ausgl~ich zwisch~n di~~n b~id~n antagonistisch~n Strömung~n g~h~n. Lüd~mann vtrtritt h~ut~ ~in~ modifzi~rt~ Form di~s~r Judaist~nth~~. ind~m ~r zwisch~n ~in~m radikal~n und ~in~m g~mäßigt~n judaistisch~n Flüg~l unt~rsch~id~t und si~ mit d~n vtrschi~d~n~n Gruppi~rung~n d~s Apost~lkonzils in V~r ~indung bringt. Di~ ~g~r. di~ Paulus in Korinth angreif~n. hält ~r für V~rtret~r d~r g~mäßigt~n. p~trinisch~n Richtung (H~id~napost~l. S. 142f). Schmithals, Paulus (vgl. d~rs.. Korinth und d~rs., Gnosis), vtrtritt ~btnfalls di~ Auffassung, daß all~ G~gn~r d~r paulinisch~n Th~ologi~ ~in~r Richtung zug~hör~n. und id~ntifizi~rt si~ als Gnostik~r. Zwisch~nposition~n vtrtret~n z.B. Lütg~rt. Fr~ih~itspredigt, mit ~in~r Zw~i-Front~n-Th~ori~. wonach Paulus sich auß~r g~g~n Gnostik~r auch g~g~n Pn~umatik~r - wi~ in Korinth - zur W~hr zu s~tz~n hab~. und G~orgi, G~gn~r. d~r vtrmut~t. daß di~ G~gn~r im II Kor judaistisch~ und pn~umatisch~ El~ment~ vtrbund~n hätt~n. Di~ sozialg~chichtlich~ Forschung versucht d~n Konflikt zwisch~n Paulus und ~in~n G~gn~m zu
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Legitimierungsstrategien Die Missionare, mit denen sidl Paulus im II Kor auseinandersetzt, begründen ihre Henschaft so, wie das in der antiken Welt üblidl war. Mit der Verwurzelung in einer ehrwürdigen Tradition und ihrer Anerkennung duni1 die Öffentlidlkeit. Darüber hinaus begründen sie ihren Ansprudl mit ihrer besonderen. manifesten Gottesnähe. Ihre Konzeption \6rlidltet sidl in der Gestalt des Mose. Sie leben als wandemde und besitzlose Missionare •. ln dieser Lebensform. die an die der kynischen Wanderphilosophen erinnert haben muß, üben sie ihre Autorität aus. Hier ist in ihren Entwurf wn Henschaft der Positionswechsel \60rtet: Unter der Larve wn Armut und Heimatlosigkeit begegnen das Alt-Ehrwürdige und die Gottesnähe. Tradition als Legitimationsgrundlage
ln II Kor 11,22 nennt Paulus die Angaben der Gegner zu ihrer Herkunft. Fs sind ehrenwlle Bezeidlnungen. Das weist darauf hin. daß es sidl tatsädllich um "Zitate" handelt. die das SelbsM~Ständnis der Gegner widmpiegeln, und zeigt außerdem, daß die Gegner sidl ihrer Herkunft als einer Ehre bewußt waren. Sie spielt also für ihre Legitimierung eine Rolle. Die drei Herkunftsbezeidlnungen besdlreiben die Apostel als Hebräer, Israeliten und Abrahamssamen. "Hebräer" meint palästinische Herkunft oder aramäische Muttmpradle2• Damit wird die regionale und kulturelle Verwurzelung hervorgehoben. "Israeliten" knüpft an den Erwählungsgedanken an'. Betont ist die mit der ethnischen Zugehörigkeit gegebene Gottverbundenheit und Überlegenheit über die anderen Völker. ~rahamssamen" behauptet das ehrwürdige Alter der jüdischen Tradition und knüpft an eine Gestalt an. die in den universalistischen Strömungen der jüdischen Kultur eine widltige Rolle spielt. Abraham gilt als der erste Missionar• und als der Typos des Proselyten~. Zwar \651:anden sidl die Korinther als Gemeinde des Neuen Bundes'. sahen aber ebenso wie Paulus ihre Legitimationsgrundlage im Alten Testament. wie die mit großer Sel~tändlidlkeit auf den Pentateudl rekurrierenden Argumentationen in I Kor 10 und I Kor 11,8f zeigen. Fs ist deswegen plausibel. daß die Legitimierung der Apostel durch ihre jüdische Herkunft die Korinther überzeugt hat. ~rst~h~n. ind~m si~ Typ~n
von Missionartn
unt~rsch~id~t. di~
sich auf
vrrschi~d~n~ urchristlich~
Üb~rli~f~rung~n und v~rhalt~nsmust~r b~zog~n ha~n nn~iß~n. Ltgitimation), od~r d~ut~t d~n
Konflikt als Austinand~~tzung um pagan~ V~rhalt~nsmust~r. wi~ d~r Frtundschaftskon~ntion, di~ Paulus ~rl~tzt hab~n könnt~ (Marshall), od~r ~rklärtn d~n Konflikt aus d~r agonistisch~n ~truktur d~s Ltb~ns in d~r gri~chisch~n Stadt Korinth (Sawgd. Vgl. Th~iß~ns Vorschlag, Ltgitimation, S. 215.221.225, zwisch~n d~r charismatisch-traditon~ll~n Ltgitimation d~r Missionart und d~r funktional~n d~s Paulus zu unt~rsch~id~n. 2 Aramäisch~ Sprach~: Windisch, 2. Korinth~rbri~f. S. 35; Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 230. Palästinisch~ H~rkunft: Bultmann, 2. Korinth~rbri~f. S. 21 5; Th~iß~n. Ltgitimation, S. 222. ~olff, 2. Korinth~rbri~f. S. 231. Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 231. sPhilo, Virt 212f. 6 1 Kor 11,25. Vgl. Th~i~n. Asp~kt~. S. 136.
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Die Apostel bieten die Zugehörigkeit zur großen, alten und ehTWÜTdigen jüdischen Tli1dition an, und zwar, ohne als Bedingung für diese Zugehörigkeit Taraobservanz zu fordern. Daß Paulus davon geschwiegen hätte, ist angesichts seiner Argumentation im Galaterbrief unwtStellbar. Die Merkmale, an denen sich diese Zugehörigkeit zeigen sollte, müssen also andere gewesen sein. Öffentliche Anerkennung als Legitimationsgrundlage
Das Stirnwort ~ begegnet in 10,18 und bezeichnet den Zweck und den Ertrag der Empfehlungsschreiben. Paulus zitiert nicht seine Gegner; dennod1 ist es wahrscheinlich, daß das Wort zu ihrer Konzeption gehört. Dafür sprechen die folgenden Argumente: (1) Als~ erweisen die Empfehlungsschreiben; diese sind ein Spezifikum der Gegner und werden wn Paulus abgelehnt. (2) ln 13,5f nimmt Paulus in einem apologetisdlen Zusammenhang das Wort wieder auf. Er weist den Vorwurf, ~ zu sein, zutück, spielt ihn ~chsweise den Korinthern zu (13,5) und übernimmt ihn schließlid1 freiwillig selbst (13,7). Das deutet darauf hin, daß das Wort in der Debatte eine Rolle spielte. (3) ln ß Kor 2,16 und 3,4 \mYendet Paulus im Zusammenhang der Empfehlungsschreiben das Wort Uawt);. Möglicherweise ersetzt er ~ durt:h einen Begriff, der seiner Konzeption entgegenkommt•. ~ bezeichnet die Tüd1tigkeit, wie sie sich in der öffentlichen Anerkennung zeigf. Die öffentliche Anerkennung ist ein Legitimierungselement. Henschaft braucht die Anerkennung der Behenschten. Sie wird um so stabiler, um so mehr und um so wichtigere Menschen ihr zustimmenJ. Die Apostel 1 Haf~mann, ~lf-Comm~ndation, S. 80-87, arb~it~t h~raus, daß Paulus auf d~n g~gn~risch~n Vorwurf rtagi~rt. ind~m ~r sich d~s g~~ind~gründ~nd~n Hand~ln Gott~ durch s~in~ apostolisch~ Tätigk~it und somit wim H~rmw rühm~. Eb~n di~ Akz~ntvtrschi~bung st~ht hint~r d~r Ers~tzung von ~~"''~ durch iKa.~. ln Haf~manns Aufsatz komm~n di~ Apost~l nur als di~ G~gn~r in d~n Blick, und so wid~rfährt ihrtm Konz~pt k~in~ G~rtchtigk~it. Si~ b~ruftn sich in ihrtr Tätigk~it auf di~ An~rk~nnung durch di~ urchristlich~ Öff~ntlichk~it, auf di~ sich ~in~ so urnstritt~n~ G~talt wi~ Paulus nicht b~zi~h~n konnt~. Di~~ öff~ntlich~ An~rk~nnung wird für si~ nicht im Kontrast zur göttlich~n Zustimmung und An~rk~nnung g~stand~n hab~n. Vgl. Haf~mann, Spirit, S. 98f, und d~rs.. Paul, Mos~ S. 86. Haf~mann ~rmut~t. daß Paulus auf di~ ~rufung d~ Mos~ in Ex 4, 10 LXX anspi~lt, wo Mo~ sagt: w...ciox iKa.~ fi,u ... wund sich also mit Mo~ parall~lisi~rt. 2Als t~rminus t~chnicus b~z~ichn~t ~s gültig~ Münz~n. Vgl. Haarb~ck, Art. ~iw, S. 115. Münz~n wartn in d~r Antik~ Propagandam~di~n. durch di~ H~rrsch~r ihrt Ptrson und ihr wProgrammw ~röff~ntlicht~n. Vgl. Charl~worth, Tug~nd~n. ~r Zusamm~nhang mit d~n Empf~hlungsschrti~n ist also nicht zufällig: ~~~ ist d~r. d~n Tüchtigk~it öff~ntlich an~rkannt ist und d~r das dokum~nti~rtn kann, z.B. durch Empfthlungsschrtib~n. Empf~hlungsbri~f~ mitzug~b~n. war sowohl in d~r pagan~n als auch in d~r rabbinisch~n Kultur üblich, ~rlaubt~ das R~~n und ?.~währt~ Aufnah~. Vgl. Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 58. Im römisch~n ~nat wurd~ di~ Zustimmung oft durch Akklamation ausg~drückt . Vgl. Miliar, Rom, S. 27, zur Macht d~ wVolk~w. Erinn~rt ~I auch an di~ Roll~ d~ H~~rtS. d~r Prätorian~rgard~ und d~r Pl~bs b~i Ka~rtrh~bung~n. Im isrxlitisch~n Königsritual hatt~ di~ Akklamation ~~nfalls ihrtn Platz. Vgl. Zimmtrli, Th~ologi~. S. 74f. ~i Sirach gilt Mo~ als wg~litbt von Gott und d~n M~nsch~nw, d~r b~i wall~m Fl~ischw G~fall~n find~t. Sir 45, I. Philo wb~~istw di~ Richtigk~it d~r Tora mit ihrtr An~rk~nnung durch wall~ W~ltw: W'" sondtm noch wund~rbartr sch~int ~s zu s~in, daß nicht nur Jud~n. sond~m auch fast all~ übrig~n und vor all~m di~. di~ b~sond~rts G~wicht auf
268 verweisen auf ihre Anerkennung in der Öffentlichkeit des Urchristentums. wie sie sich in ihren Empfehlungsbriefen dokumentiert, und fordern damit die Achtung ihrer Autorität ein.
Religiöse Vorstellungen als Legitimationsgrundlage
Die religiöse Legitimierung hat zwei Stränge. Die Apostel begründen ihren Leitungsanspruch durch ihre Fähigkeit. Christi ~ zu ~itteln und durch die Verfolgungen, die sie als "Diener Christi" erleiden. {A) Die Vermittlung der~ Christi Die Apostel behaupten, mit der ~ Christi in besonderer Verbindung zu stehen. Das zeigt sich inhaltlich daran, daß sie beanspruchen, über besonderes Wissen zu ~gen, eine besondere Macht zu haben; äußerlich wird es an ihrem Auftreten erkennbar.
Das besondere Wissen: oTTTani~ Ka.i tiTroKaJ..{Jl/,'Er~ ln 11 Kor 12,1 nennt Paulus seine ~ 1«11 ti~~t;". Das sind Stichworte der Gegner'. Dafür spricht. (1) daß der Doppelausdruck sonst bei Paulus nicht begegnet und (2) daß Paulus selbst den Begriff Omu.oia. nicht. den Begriff ti~ dagegen anders ~dd. Was die Gegner damit meinen, ist umstritten. Der Genitiv ~ kann als Genitivus Objectivus ~tanden werden; dann ist Christus der Gegenstand der YJSion 1• Oder der Genitiv wurde als subjectivus gedeutet; dann g1lt Ouistus als der Urheber der VISionen und Offenbarungen, ohne daß über ihren Inhalt etwas ausgesagt ist. So hat es Paulus verstanden•. Daß die Gegner des Paulus sich selbst als Apostel bezeichnen (11 Kor Tug~nd l~g~n.
sich für ih~ (d~r G~tz~) Hochschätzung und v~~hrung g~h~iligt hab~n~. VitMos II, 17; ü~~tzung Cohn, Bd. I, S. 302. 'Vgl. Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 242; Ba~tt. ~cond Corinthians. S. 306; Bultmann, 2. Korinth~rbri~f. S. 220, g~g~n Windisch, 2. Korinth~rbri~f. S. 368f. 2 Paulus ~z~ich~t mit &1r0~~ das ~chatologisch~ G~richt (I Kor 1,7; Röm 2,5; 8,19), d~n Inhalt ~in~r V~rkündigung (Röm 16,25; Ga I 1, 12.16) od~r b~nd~~ Off~nbarung~n. di~ ab~r nicht auf Apost~l ~ing~hränkt sind und sich möglich~rwt~ auf di~ ~rsönlich~ Lrb~nsführung b~ zi~h~n (I Kor 14,6.26; Gal 2,2; Phil 3,15). I Kor 14,6.26 d~ut~n darauf hin, daß di~ korinthisch~ G~~ind~ ÄTrOK~t~ kannt~ und d~n B~riff ~b~n auch and~rs ~rwtnd~t~. als ~ in II Kor 12, 1 d~r Fall ist, so daß di~ V~rw~ndung sp~zifisch für di~ and~~ Apost~l ~in muß. 1 Di~ Ersch~inung d~ Au~rstand~n~n ist ~in Konstitutivum für das Apost~lamt. Vgl. I Kor 9,1, wo Paulus als V~rb ~ ~rw~nd~t. Schon b~i ~in~m ~rst~n V~rgl~ich mit and~~n Apost~ln sah sich Paulus g~nötigt, auf s~in~ Christu~rsch~inung hinzuw~~n. D~r Plural in II Kor 12,1 schli~ßt .i~doch aus, daß nach d~r ~rufungs~rsch~inung g~fragt word~n war. 'Windisch, 2. Korinth~rbri~f. S. 368; Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 242, und Ba~tt. ~cond Corinthians, S. 306, mcin~n. b~id~ li~ß~ sich nicht wirklich unt~rsch~id~n. und g~h~n davon aus. daß di~ G~gn~r sich auf Vision~n b~ri~~n. d~~n Inhalt Christus war. Morray-Jon~. Paradis~ Revisit~d. S. 283ff, ~rsucht nachzuw~i~n. daß Paulus in d~r Tradition d~r jüdisch~n M~rkabah Mystik, ~in~n .aSttnt to th~ h~a~nly t~mpl~ and an mcrkaba vision of th~ ~nthron~d and 'glorifi~d Chrisf"(S. 283) b~ch~ib~. Er g~ht also von ~in~r Vision aus, d~~n G~g~nstand Christus ist.
269 11,5.13) und Paulus sich durch die von ihnen beeinflußte Gemeinde gedrängt sieht, seine Vtsion preiszugeben, ohne daß sie selbst sich auf VISionen und Offenbarungen berufen haben, ist schwer voTStellbar. Dann hätte es Paulus bei dem Hinw~ soldle VISionen seien
offenbar nidlt konstitutiv, belassen können. Daß er sidl dazu drängen läßt, von seiner VISion zu beridlten, deutet darauf hin, daß die Apostel auf soldle VISionen 'Vei'Wiesen. Paulus beläßt es bei der Erwähnung der Entrückung; er 91bt die Worte, die er hörte, eben nicht weiter (12,4f. Das könnte bei den Aposteln andm gewesen sein. &oterisches Wissen ist ein Madltmittel, das bei Menschen, die nach ~rgenen Weisheiten suchen 0 Kor 2,7), seine Wirkung breit entfalten kann.
Die besondere Macht: tT'rJIJ.iia. Toii t.brOOToAou ln 11 Kor 12, 12 erinnert Paulus daran, daß die D'r}#Jfn mi 0.~ in Korinth geschehen seien. Er konkretisiert das als trrJ~.U'ia.. 'Tipa:ru. und ~·~· ~ia. 'TTJii 0.~ g1lt als fester Terminusz. Paulus benutzt den Ausdruck sonst nicht. ~ ~endet er sonst spezifisch and~ und zwar wie 0.~ als Bezeichnung von Olarismen 0 Kor 12,28t). Mit TF,oara. benennt er in Röm 15, 19 ein Element seiner Arbeit Ob damit .,Wunder" oder sein missionarischer Erfolg gemeint sind, ist umstritten'. Daß .,Wundertaten" in einigen Strömungen des Urchristentums als Apostelzeichen galten, läßt sich der Apostelgeschidlte entnehmen. Neunmal werden den Aposteln trfi#IEÜ und Tipa:ra. (Act 2,22.43; 4,30; 5, 12; 6,8; 7,36; 14,3; 15, 12) oder nur trfJ#.UÜ (Act 8,6.13) zugeschrieben. Dabei entfallen nur zwei Belege (14,3; 15, 12) auf Paulus und Bamabas. so daß die ,.Zeichen und Wunder" auch in der Apostelgeschichte als Besonderheit der anderen Apostel etScheinen und fiir Paulus allein gar nicht vorkommen. Auch hier 91lt wieder, daß die Apostel ffir sich die Apostelzeichen behauptet haben müssen, wenn plausibel sein soll, daß Paulus sich dazu drängen ließ, auf seine zu ~eisen. Die Apostel haben ~dlert, über ein besonderes Wissen und besondere Fähigkeiten zu ~gen, zu denen die Gemeinde ohne sie keinen Zugang erhalten könne, und haben diese Besonderheiten als Ausweis ihrer Apostolizität gekennzeichnet Daß beides einem Bedürfnis der korinthischen Gemeinde entgegenkam, war ffir die Suche nadl ..besonderem Wissen" schon erwähnt worden; daß es auch ffir das ..besondere Tun" gelten könnte, läßt sich mit Verwds auf 1 Kor 1,22 wahrscheinlich madlen. Paulus kontrastiert dort seine Verkündigung, die sich auf das Kreuz beschränkt, mit Forderungen von .Juden und Griechen" nach OTJ.&{ta und oocpi.a. Das entspricht dem besonderen Tun und dem besonderen Wissen. fs wäre nun nicht ungewöhnlich, wenn sich hinter der 1 8rtz, Sokratischr Tradition, S. 84, nimmt das als rinrn Hinwris darauf, daß Paulus dir Himmrlsrrisr parodirrr und sir damit ihrrr lrgitimirrrndrn Funktion cntklridrn wollr. \vindisch, 2. Korinthrrbricf, S. 397; Bultmann, 2. Korinthcrbricf, S. 233; Barrrtt, ~cond Corinthians, S. 321. 'wolff, 2. Korinthcrbrirf, S. 251f; Windisch, 2. Korinthrrbricf, S. 397, und Jcrvtll, Charismatikcr, S. 190, ~rtrrtcn, daß Paulus tatsächlich Wundcrtatrn mrint. Käsrmann, Lcgitimiät, S. 511, lrhnt das
ab.
270 Polemik gegen die Anforderungen wn Juden und Griechen die Sehnsüchte der Korinther verbergen würden, die Paulus rüOOichtsvollerweise nicht als ihre Sehnsüchte, sondern als ..anderer Leute.. Vorstellungen zurückweist. Die Apostel behaupten, daß sich die besondere Verbindung mit Onistus an ihrem Auftreten sinnlich wahmehi'Tim läßt, und zwar sichtbar und hörbar.
Das besondere Auftreten: 1ra.powio. TOv uW,J.a.T~ ~ ln 10,10 zitiert Paulus die Vorwürfe seiner Gegner'. Man wirft ihm ein schwaches Auftreten wr. Was darunter zu ~ehen ist, ist umstritten. Folgende vier Deutungen werden erwogen: (1) Es sei seine fehlende rhetorische Begabung gemeine. (2) Es sei an eine Erkrankung zu denken1• (3) Sein Aussehen sei banausenhaft und häßlich gewesen, so wie es in den Actae Thedae beschrieben ist•. (4) Ihm seien pneumatische Defizite wrgeworfen worden5• Die erste Deutung \mteht die TZrJptXJtTio. -rOO ~ ä.o&vr}t; wm zweiten Satzglied der Erwähnung der "~chtlichen Redeweise" her. Dafür spricht, daß Vers 1oa die Briefe erwähnt, die einen gewichtigen Eindruck machen, so daß auch TrrlpOUtTia. -rOO ~TO) a.o&vr1; auf die rhetorischen Fähigkeiten bezogen werden kann. Dann handelt es sich allerdings um eine Doppelung. Die vierte Deutung erg1bt sich aus der Bestimmung der Gegner als Gnostiker oder Pneumatiker. Die zweite und die dritte Deutung sehen unansehnliches und ~chtliches Äußeres beschrieben und unterscheiden sich nur hinsichtlich der ~uteten Ursache. Wenn man bedenkt, daß der Erfolg eines Lehrenden und die Bn11anz seines Redens nicht nur wn dem Aufbau seiner Rede, der Trefflichkeil seiner Argumente usw., sondern auch wn seinem Aussehen, der Schönheit und Mächtigkeit seiner Stimme abhing, dann läßt sich auch die erste Deutung mit den beiden folgenden in Einklang bringen. Der Zusammenhang mit den rhetorischen Fähigkeiten bliebe gewahrt, ohne daß die beiden Vorwürfe aus 10,10 deckungsgleich würden'. Es Qlbt einige weitere Hinweise darauf, daß für die Apostel Aussehen und Auftreten als Ausdruck apostolischer Legitimität galten. (1) ln 11, 13-15 polemisiert Paulus gegen die 'B~tz. Sokratisch~ Tradition, S. 45, ~rmut~t. ~in Zitat aus d~r Anklag~schrift in ~in~m formal~n V~rfahr~n w~g~n d~r Anklag~ d6 Go~t~ntums wr sich zu hab~n. Dag~g~n ist ~ing~wandt word~n. daß 6 k~in~ stichhaltig~n Hinw~ist auf das Vorli~g~n ~in~r formal~n Anklag~ und ~in6 ProzmtS gibt (vgl. Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 192). Daß Aussag~n d~r G~gn~r ziti~rt od~r witd~rg~g~~n w~rd~n. ~rt~t~n Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 202; Windisch, 2. Korinth~rbri~f. S. 305, und Bultmann, 2. Korinth~rbrid, S. 192.
8ultmann, 2. Korinth~rbri~f. S. 192. J~~ll. Charismatik~r. S. 191 ff. Vgl. auch H~ck~l. Dom, S. 91. 4 Acta Th~cla~ 3. Windisch, 2. Korinth~rbrid, S. 306, und B~tz, Sokratisch~ Tradition, S. 47f . B~tz 1 1
b~zi~ht d~n Vorwurf auf das «rri~AA d~s Paulus. also auf s~in Auss~h~n und s~int .Sflbstdarst~llung·. Er g~langt zu di~r ~utung, ind~m ~r 10,1 b als paulinisch~ Aufnahm~ und
Modifikation dies6 Vorwurf6 ~rst~ht: di~ -mm~ s~i ~in Topos aus d~r Diskussion um di~ G6talt d6 wah~n Philosoph~n s~it Sokrat6. 5Schmithals nach R~f~rat wn ~tz, Sokratisch~ Tradition, S. 47; Vgl. Güttg~manns, Apost~l. S. 96. 'Bultmann, 2. Korinth~rbri~f. S. 192.
271 Apostel und behauptet, sie würde ihr ~ \erändern, um statt als Diener des Satans als Diener Christi bzw. der Gertehtigkeit zu erscheinen. ~ bezeichnet die äußere, sichtbare Gestalt, die den sozialen Status und die gesellschaftliche Roße wiedeTQJbt'. Das oriuz, des kynischen Phßosophen meint deren Tracht: Mantel, Stab und Beutel1• Paulus behauptet, daß das Aussehen und Auftreten seiner Gegner etwas wrspiegele. (2) ln II Kor 3-5 kehrt der Begriff~ häufig wieder•. Er meint dort immer konkret "Gesicht", ..Aus5ehen"~. ln II Kor 5, 12 spielt Paulus auf die Gegner an und bezeichnet sie als Menschen, die sich des~ rühmen'. Paulus steHt dem als seinen Ruhmesgrund die ~ also eine innerliche und unsichtbare Größe, entgegen. Die Apostel haben ihr Auftreten, ihr ,.Styling" in Aussehen und Gestus als Hinweis für ihre Apostolizität und ihren hohen Rang eingebracht. Das ist natürlich kein eigenständiges ~timationselement. Ein unpassendes Äußeres kann aber als Hinweis auf fehlende Apostolizität gedeutet werden. Sie stehen damit im Einklang mit den paganen und den jüdisch hellenistischen Vorsteßungen, wie wir sie im Roman Joseph und Aseneth" und in Philos Mosedarstellung gefunden haben.
Das besondere Auftreten:
o~ i9Ju&~
ln 10,10 folgt der Kritik am A1.5Sehen des Paulus die an seiner Art zu reden. Paulus räumt das ein7 , wehrt sich aber gegen den Rückschluß auf seine Erkenntnisfcihigkeit. Das deutet darauf hin, daß die Apostel rhetorische Bn11anz und Einsichtsfähigkeit ~unden haben. Auch hier ist die rhetorische Brillanz nicht der Beweis ffir die Wahrheit einer Aussage. Das Fehlen einer angemessenen Darbietung kann aber als Hinweis dafür gegolten haben, daß es dem Redner an Ptlsönlichkeit mangele. Daß die Briefe des Paulus
'" Schn~id~r. Art. ~114 HTA., S. 955. \lgl. Malh~rb~. Antisth~n~ S. 156. 1 Paulus ford~rt in 10,7 di~ Korinth~r auf, mni ~ zu blick~n; di~ D~utung ist umstritt~n; zum~ist wird ~rmut~t. rs hand~l~ sich um ~in~n ApJ)(II an d~n .grsund~n M~nsch~n~rstand" (Windisch, 2. Korinth~rbri~f. S. 300). Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 200, dag~g~n favorisi~rt dl~ D~utung von 1b h~r: .'Ang~blich bin ich b~i ~uch im~r kl~in und häßlich; a~r b~d~nkt, wi~ di~ Ding~ wirklich li~g~n.'" Bultmann, 2. Korinth~rbri~f S. 189, gibt d~r D~utung als vorwurfsvoll~ Frag~: .Ihr blickt auf das, was äulkrlich zu ~h~n ist" d~n Vorzug. Ang~nomm~n. Paulus m~int hi~r s~in Auss~h~n. dann b~d~ut~t di~ Fo~tzung - durchaus sinnvoll: nicht das Auss~h~n ist das Krit~rium für Christuszug~hörigk~it, sond~m di~ Christuszug~hörigk~it, di~ Paulus für sich b~hauptd, ~rw~ist s~in Aussth~n als damit ~rträglich. Di~~ D~utung wird abg~khnt mit d~m Hinw~is, daß rs um das Auft~t~n. nicht um di~ Grstalt drs Paulus ging~ und di~ G~~r nicht auf ihr ~ig~nrs gdällig~rrs Äuß~~s hing~wi~n hätt~n. Vgl. Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 203. •n Kor 2,10; 3,7.18; 4,6. ~indisch ~rw~ist auf di~ V~rw~ndung b~i Epiktd in d~r ~d~utung Roll~. Vgl. Loh~. Art. ~~~. S. 770. Das ist auch für dl~n Zusamm~nhang mitg~acht. Paulus b~ch~lbt ~in Ltb~n auch sonst mithilft drs Roll~n~griffs (I Kor 4,9t); ~ ~int ~b~n nicht nur das A~h~n unt~r ästh~tisch~m G~sichtspunkt, sond~m ~rbind~t rs mit Status und WOrd~ sowi~ ~i~r ~rs~llschaftlich~n Roll~. Auf di~ St~ll~ ~rw~ist 7
auch Bultmann, 2. Korinth~rbrl~f. S. 189. 11,6: lhLwt'fK t~ AOVtt>. Vgl. Kä~mann, Ltgitimität, S. 477; ~tz, Sokratisch~ Tradition, S. 59.
272 rhetorisdl geformt sind, hat diese Deutung der Stelle fragwürdig gemacht'. M.E. bezieht sich der Vorwurf nicht so sehr auf die inhaltHche rhetorisdle Gestaltung, sondern auf die Darbietunif. Sie spielte in der Antike eine große Rolle. Im Unterricht lernte man deklamieren, die Stimme wurde ausgebildet Es sei nur daran erinnert, welcher Spott über Oaudius ausgegossen wurde, wetl er stotterte, hinkte und häßlich war. Man hat das als Zeichen seiner fehlenden Intelligenz und seiner mangelnden Begabung zum Kaiseramt gewertet. (B) Die Legjdmation als Diener Ouisti Diesen komentionellen legitimierungsstrategien fUgen die Apostel den Hinweis auf ihre besondere Lebensform hinzu, womit sie den Anspruch, den Ehrentitel ..Diener Christi" zu fUhren, \6binden. Die Apostel bezeichnen sich selbst als Diener Onisti 01 Kor 11,23). Was ist mit dem Titel ~unden?' Paulus beansprucht hinsichtlich des ..Diener Christi" - Seins Überlegenheit und belegt das mit dem Peristasenkatalog 11 ,23-29. Auch die Apostel \6knüpfen mit diesem Titel Peristasen4 • Daffir sprechen die folgenden Gründe: (1) Paulus Qlbt keine Hinweise darauf, daß er mit &~ XpMTTrii etwas anderes meint als seine Gegner. Er grenzt seinen Wortgebrauch nicht von dem der Gegner ab. ln II Kor 13,3f tut er das. Wenn er es hier dagegen unterläßt, deutet das darauf hin, daß seine Gegner mit dem Titel d~lbe ~inden wie er. (2) Paulus benutzt Kompara~ bei der Darstellung seiner Verfolgungsleiden: zweimal nq>LOOOt~ und das komparativisch zu ~ehende ~t.x;. Er hat einen größeren Anspruch auf den Titel ..Diener Christi", we~l er häufiger \ffiolgt worden ist. Das läßt sich am plaUSibelsten dadurch erklären, daß auch die Apostel mit der Verwendung des Titels ..Diener Christi.. Verfolgungen \e'bunden haben. Die Peristasen l~n sich in drei Hauptgruppen unterte~len: ln den Vmen 24 und 25 nennt Paulus Verfolgungserlebnisse: Er zählt die Strafen auf, die er erleiden mußte aufgrund seiner missionarisdlen Tätigkeit. ln Vers 26 nennt er die Gefahren, die aufgrund eines heimatlosen Wanderlebens entstehen. ln Vers 27 bezieht er sich auf die Entbehrungen, die in der Folge der Allnut sein Leben belastet haben. Alle drei Hauptgruppen: Verfolgung, Reise und Airnut l~n sich im Leben von Wandermissionaren einordnens. Wir wissen von den Aposteln, daß sie Unterhalt durch die Gemeinden in Anspruch genommen haben und daß sie dort keinen ständigen Aufenthaltsort genommen haben, sondern weitergezogen sind. Sie lebten (wenigstens zeitweise) wie heimat- und besitzlose Wandermissionare.
'kästmann Lrgitimität, S. 477; B~tz, Sokratisch~ Tradition, S. 58; Windisch, 2. korinth~rbri~f. S. }32. 'vgl. Windisch, 2. korinth~rbri~f. S. 332. \lgl. dazu Collins, Diaconos, passim. Vgl. Windisch, 2. korinth~rbri~f. s. 352, und And~ws. Too w~ak, s. 274, b~. Anm. 47, g~g~n V/olff, 2. korinth~rbri~f. S. 229f. "Th~i~n. Lrgitimation, bcs. S. 216f.
273
(3) ln der kynisdlen Stoa wird der wandemde philosophische Lehrer als ~ &w bezeichnet'. Zum stoisch-kynischen Weisen gehört es, mannigfaltige leiden ertragen zu können, ohne dadurch in seiner inneren Ruhe aufgestört zu werdenz. Unabhängig von der urchristlichen Prägung also, hat man mit diesem Trtel das Leben besitz- und heimatloser Lehrer und deren leiden durch Ablehnung und Armut \e'bunden. Dagegen wird eingewandt, Peristasen stünden mit dem SelbsMrständnis der Gegner in Spannun~. Das ist m.E. nicht der Faß. Selbst ein ~ tW.p wie Apollonius von Thyana lebte besitz- und heimatlos und wurde unter Domitian ~olgt. Anders wäre das zu beurte~len. wenn der Peristasenkatalog als Explikation der tio6aEra. gälte und damit bewiesen wäre, daß auch die Gegner Pmstasen als Ausdruck von tio6aE~a. werten würden. Daß sie so gedacht haben, ist unwahiSCheinlich. Peristasen zu ertragen, galt als Zeichen der Stärke·, Schwäche dagegen wäre das Eingeständnis, dazu nicht imstande zu sein~. Paulus selbst bringt seine tio6aEra. mit den Peristasen differenziert in Zusammenhang. (1) ln 11,29 bestätigt er seine Solidarität mit den Schwachen in der Gemeinde'. Einerseits zählen die Belastungen, die Paulus durch seine Verbindung mit den Gemeinden entstehen, zu den Peristasen7, andererseits beschmbt Paulus sich selbst dabei nicht als den Weisen, der von dieser last unberührt bliebe, sondern als einen, der davon mitbetroffen wird'und sich den Unterlegenen und nicht den So\.MTcinen zuordnet. (2) ln 11,30 greift Paulus auf das Thema Rühmen aus 11, 16ff zurück. Seiner Peristasen rühmte er sich ironisch gebrochen (11,21 ); nun kommt er zum eigentlichen Inhalt seines Rühmens: seiner ~ra. (n,3o}. Ironisch gebrochen ist das nur hinsichtlich der WortwahL Mit dem Stichwort ci.o&Eta. nimmt er den Vorwurf der Gegner auf, er könne sich nicht rühmen, habe keine Hoheit und sei deswegen ffir die Leitungsaufgabe in Karinth nicht geeignet. Er entkräftet ihn und kehrt ihn vom Einwand gegen seine Autorität zu ihrer Begründung: Zuvor hatte sich Paulus seines missionarischen Erfolges gerühmt und dies "Rühmen im Herrn" als angemessen gekennzeichnet. Es ist zu erwarten, daß er nun seine tio6aEra. in Zusammenhang mit seinem missionarischen Erfolg bringt. Paulus steht vor der Hmusforderung, seine tio6aE~a. in seine Konzeption von Hoheit zu integrieren. Das geschieht in II Kor 11,30-12,10. Seine Schwachheit konkretisiert sich an zwei Punkten: an der Damaskusepisode und an seinem körperlichen Defizit. ln Damaskus hat sich Paulus einerseits als "Feigling" erwiesen, als jemand, der zu schwach war, sidl der Verfolgung und 'Epict, Diss 111,24,64f. 26,28; IV,7 ,20. ~gl. Fitzgerald, Cracks, S. 203. 1Wolff, 2. Korintherbrief, S. 232; Bultmann, 2. Korintherbrief, S. 217. 4 Fitzgerald, Cracks, S. 205. \Fitzgerald, Cracks, S. 205, betont, daß es zum Ertragen der Peristasen immer der~~ bedürfe. Diese Kraft könne als die eigene, die der Philosophie oder die Gottes ~rstanden und gerühmt werden. Paulus führe die Kraft auf Gott zurück. Wie in I Kor 1,29 wird auch hier erkennbar, daß für Paulus göttliche und menschliche Größe miteinander konkurrieren und einander ausschließen. Er knüpft damit an die Tradition an, die die Vorstellung vom JHWH-Krieg mitgestaltet hat: Statuspnd ~Krafultrzicht~ ist die Voraussetzung für die Wirksamkeit Gottes. Andrews, Too Weak, S. 270f. 7Vgl. Black, Paul, S. 143. Der Ausdruck sei eine ~expression of Paul's Iove~. •nup«., kann nicht als Ausdruck der Q.mJJia. gelten.
274 Bestrafung zu stellen. Die Damaskusepisode gehört in die Anfangsphase seiner Tätigkeit•. Seine Audit damals war andermeits die Bedingung fiir seine spätere erfolgreime missionarische Tätigkeit und damit für seinen Ruhm. Wie Od}5seus. der sich als Bettler ~eidet nadl Troia hineinschHdl und so den Sieg ermögHdlte. so ermögtichte das Hinausschleimen aus Damaskus das siegreime Auftreten des Paulus als Missionar 01 Kor 10.3-St. Seine Schwädle in Damaskus war die Voraussetzung fiir seine Hoheit als "erfolgreidlef' Missionar. ln 12, 1-9b erweist Paulus seine körpertime Schwäche als gottgegeben und als Bedingung für die Wirlcsamkeit wn Gottes ~ (12,9a). Sein körpertidles Defizit ist nidlt eine Einschränkung, sondern eine Bedingung dafür, daß Gott in ihm wirkt, er sidl rühmen kann und Hoheit und Leitung - im Herrn - beansprudlen kann. Die Peristasen, denen er sidl in 11 ,23bff nodl ironisch rühmte. kann er sidl jetzt direkt rühmen. Es ist nun erwiesen, daß sie zu seiner ti.o6Ema. nidlt in Widerspruch stehen, sondern sie wraussetzen. Die Verbindung wn tio6Ema. und Peristasen ist also 1ypisch paulinisch und steht im Widersprudl zum Konzept der anderen Apostel, für die zwar die Peristasen, nidlt aber die ti.o6BE10, zum Diener-Ouisti-Sein gehörten.
Zusammenfassung Die Apostel haben in Karinth auf die "klassischen" Legitimationsstrategien für ihren Leitungsansprudl zurückgegriffen: Sie legitimierten ihren Ansprudl durch das hohe Alter und die große Würde der Tradition, in der sie stehen, sowie durch die Anerkennung dieses Ansprudls in der Öffentlidlkeit. Im Zentrum ihrer Legitimationsstrategie aber steht die Behauptung, die Gottheit zu repräsentieren und den Zugang zu ihr zu ermöglichen. Diese "gemeinantiken" Strategien sind unter das Positionswechselaxiom gestellt, indem die Missionare diese Hensdlaft in "niedern Hüllen" als anne, heimatlose und \6folgte Diener ihres Gottes ausüben. Damit konnten sie an der kynischen Tradition anknüpfen1 •
Das Verhältnis Apostel -Gemeinde Weldle Rolle wollten die Apostel für die Gemeindemitglieder übernehmen? ln II Kor 1Q-13 und in 11 Kor 3 finden sidl Hinweise darauf, daß sie sich als Mittler- und Henschergestalten in der Maserolle \omtanden haben. Sie beanspruchten, den MitgHedern der Gemeinde den Zugang zur Doxa Gottes zu eröffnen.
I
Vgl. Taylor, Ethnarch, S. 719-728. Educational Aims, S. 32-45, kontrastirrt das Vrrhaltrn drs Paulus bri drr Flt:cht drm rrstrn Erstrigrn drr Maurr durch rinrn Soldatrn bri drr Erobrrung rinrr Stadt, das durch dir corona muralis brlohnt und grrühmt wurdr. Paulus zrigt das umgrkrhrtr, also rin brsondrrs schmählichrs Vrrhaltrn. Zuglrich schildrrt sich Paulus in II Kor 10,3-5 als rrfolgrrichrn Frldhrrm. Malhrrbr, Antisthrnrs, S. 152, vtrwrist auf drn Dialog zwischrn Aias und Odyssrus bri Antisthrnrs. Aias wirft Odyssrus Frighrit vor. Odyssrus abrr strllt drm rntgrgrn, daß nicht Aias mit srinrr .Kraft·, sondrm rr mit srinrr Brrritschaft, sich zu vtrklridrn und zu emirdrigrn, drn Fall Troias hrrbrigrführt habr. lygl. Thrißrn, lrgitimation, passim. 1Judgr,
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Ein e&er Hinweis erg1bt sich daraus. daß Paulus und die Apostel sich als erbitterte Konkulrenten verstehen. Die Position, die die Apostel fiir die korinthische Gemeinde übernehmen wollen, läßt sich weder unterhalb noch neben der paulinischen ansiedeln 1• Paulus und die Apostel beanspruchen beide, fiir die Mitglieder der Gemeinde dieselbe Funktion zu übernehmen; ihre Konzeptionen schließen einander jedoch aus. Ein zweiter Hinweis läßt sich ll Kor 11, 1-6 entnehmen. Paulus ~leicht sich mit dem Vater eines Mädchens, der sich dafiir ~ntwortlich fiihlt, eine vereinbarte Hochzeit durchzufiihren. Das Mädchen ~leicht er mit der Gemeinde und den Bräutigam mit Ouistus. Den gegnerischen Aposteln schmbt er die Rolle der Paradiesesschlange zu, die Eva \er'fiihrte1 • Was verbindet sich mit dieser Rolle? Als der Vater eines unmündigen Kindes hat Paulus sich auch schon in I Kor 3, 1-4 geschildert und damit das Anliegen der korinthischen Gemeinde, "fortzuschreiten" und in "die Geheimnisse" eingeweiht zu werden, zurückgewiesen. Schon damals war ersichtlich geworden, daß die korinthischen Olristen von ihren Lehrern erwarteten, Anteil an einem besonderen Wissen zu erhalten, und bereit waren, sich ihnen dafiir als Anhänger unterzuordnen 0 Kor 1, 12). Paulus wies die Vennutung, es sei von Bedeutung, welche "Lehrer" und "Täufd' man habe, zurück 0 Kor 1, 13; 3,21) und ordnet die Lehrer den Gläubigen unter 0 Kor 3,22). Dieses Anliegen der Korinther könnte in ll Kor 11,1-6 wiederkehren: ln II Kor 11 ,5f sieht sich Paulus erneut dazu genötigt zu bestätigen, daß es ihm keineswegs an Erkenntnis fehle. Möglicherweise also hatten die Mitglieder der Korinther Gemeinde geargwöhnt, Paulus könne ihnen nicht die Erkenntnisse ~itteln, die zur Olristusbegegnung fUhren. Die Apostel könnten den Bedürfnissen der Korinther hierin entgegengekommen sein und die Vennittlung von Erkenntnis angeboten haben. Diese Vennutung wird dadurch bestätigt, daß die Paradiesesschlange mit der der Wunsch des Menschen nach Unsterblichkeit und Einsicht verbunden ist: Philo identifiziert sie mit der~ (AIIII,73). Die He1lung des Schadens, den
I
Di~ Apost~l n~hm~n dks~lb~n nt~l in Anspruch wi~ Paulus und hint~rfr.lg~n di~ R~chtmäßigk~it
d~ G~brauchs di~~r nt~l dun::h Paulus. Das z~igt ~~its ~in~n Anspruch auf Üb~rl~g~nh~it an. B~tz (Sokratisch~ Tradition, r~chtf~rtig~n. auch w~nn ~r
S. 41) ~rmut~t. daß Paulus d~r Proz~ß g~macht wurd~. Er muß sich das nicht ~ing~t~ht (II Kor 12,19, ~tz, Sokratisch~ Tradition, S. 18). ~in~ B~drängnis z~igt sich auch daran, daß ~r sich d~n ~md~n Kat~gori~n st~JJ~n muß und s~in~ Vision~n und Off~nbarung~n. ~in~ Apost~lz~ich~n und ~in~ V~rfolgungsl~id~n b~l~g~n muß. Di~ Apost~l "Vtrhalt~n sich wi~ Konkumnt~n. di~ Paulus "Vtrdräng~n od~r unt~~mn woll~n. Paulus und di~ Apost~l konkurri~~n um Zuständigk~itsb~~ich~. Paulus "Vtrst~ht sich ~it d~m Apost~lkonzil als H~id~nmissionar und all~in zuständig für di~ ..Auß~nmission". Er wirft d~n Apost~ln vor, un~chtmäßig in s~in~m G~bi~t tätig zu ~rd~n (II Kor 10,1-6). Vgl. Wolff, 2. Korinth~rbri(f, S. 205f; Th~i~n. Ltgitimation, S. 224, B~rg~r. Th~ologitg~chicht~. S. 505. Di~ Apost~l hing~g~n wa~n mit ih~m Ltb~nsstil auf di~ Aufnahm~ dun::h schon b~t~h~nd~ G~m~ind~n ang~wi~~n. Vgl. Th~iß~n. Ltgitimation, S. 212f. 1Mit V~rs 4 ~rläßt Paulus das Bild und b~n~nnt d~n Inhalt d~r .V~rführung": ~in~n and~m J~us, ~in~n and~m G~ist, ~in and~~ Evang~lium und ~in~ and~~ ld~ntität, ~in~ and~~ g~meindegründ~nd~ V~rkündigung. Di~ Funktion d~r Apost~l wird nicht ganz d~utlich. Vi~llcicht m~int Paulus, daß si~ d~n Bräutigam ~~tz~n woll~n. Vgl. Windisch, 2. Korinth~rbrid, S. 323, mit V~rw~is auf IV Makk 18,8. Dag~g~n spricht, daß in V~rs 3 .~in and~~r J~us· genannt wird. Di~ Einwänd~ bei Wolff, 2. Korinth~rbri~f. S. 213. Vi~ll~icht konkurri~~n si~ auch mit d~m Vat~r. ind~m si~ die G~m~ind~ zum Ung~horsam ~rl~it~n.
276
sie angeridltet hat und immer neu anridltet. erfolgt durch den~~... der durch eine neue Schlange, die Schlange des Mose, symbolisiert wird'. Möglidlerweise läßt sidl hinter der paulinischen Polemik also mit einer Überlieferung wie in All II das Selbstverständnis der Apostel erkennen. Sie hätten sidl als besonders besonnene Menschen mit einer besonders engen Gottesbeziehung in der "Nachfolge des Mose" dargestellt. die beansprudlten, den Gemeinden den Weg zu Gott zu weisen und zu ermöglichen Ein weiterer Hinweis erg1bt sidl aus der Schlußmahnung wn II. Kor 1G-13: II Kor 13,3-5 läßt darauf schließen, daß die Apostel den Korinthern als Mittler galten. Die Korinther hatten wn Paulus den Beweis (~) gefordert, daß Onistus in ihm rede (NWill). Paulus spridlt in II Kor 2, 17 und 12, 19 zwar dawn, daß er in Olristus redet. nie jedodl dawn, daß Olristus in ihm rede. VermutHdl gehört die V01stellung zu den Aposteln. ln seiner "Replik" weist Paulus die Korinther auf die Unselbständigkeit hin, in die sie durch ihr Vertrauen auf die Apostel geraten sind. Sie sind sidler, daß Olristus in den Aposteln spridlt. und wollen nun wissen, ob Paulus das audl kann. Dabei ist in den Hintergrund getreten, wie Olristus in ihnen selbst gegenwärtig ist. Sie sind keineswegs erwachsen, sondern vielmehr "unmündig" und abhängig geworden. Paulus zeigt ihnen auf, daß sie sidl zu den Ski~ wn bösen Herren gemadlt haben 01 Kor 11 ,20). Fs zeidlnet sidl ab, daß Paulus und die Apostel sidl in \mChiedener Weise als "Mittlergestalten" \6Standen. Paulus sah seine Aufgabe darin, eine unmittelbare Olristusbeziehung zu stiften. ln räumlidlen Kategorien ausgedrückt: Er stellte sich unter die Menschen und madlt sidl zum Wericzeug ihrer Erhöhung. Die Apostel bezogen Position zwischen Olristus und den Glaubenden. Sie stellten sidl über sie.
Das Mittleramt: Mose ln II Kor 3 setzt sidl Paulus mit einer Moseübertieferung auseinander, die Mose als Träger und Vermittler wn göttlicher clOg.r. dalStellt. Theißen hat dargelegt, daß in dieser Mosedarstellung drei Semente konstitutiv warenz: (A) Ein gradualistisches Stufenschema: Die Herrtimkeil des Mose ist n3bgestuft". ln der Öffentlidlkeit muß sie \6hüllt werden; vor Gott ist sie unverborgen.) Mose gilt als Vermittler der wahren esoterischen Gottesschau. (B) Durch sie wird Mose \mVandelt und vergottet. (C) Darin ist Mose Modell. Wer ihm folgt. zählt zu den Eingeweihten, wer sidl dem \mehließt. zu den Verstockten. Alle drei Semente finden sidl im Moseblld des Phllo wieder•. Theißen hat die Umdeutung dieser Mosetradition in II Kor 3 als Auseinandersetzung des Paulus mit seinem eigenen vorchristlidlen Moseblld gedeutet und den Vorschlag, sie fiir eine Korrektur des ' (All n,79l: .n~ tAA. ')'i'lltTfll ;1161, TOÜ ~: önr.v rn~ ~., mTa61C~ nf! ~ ~ mvri~. o ~ ~. • Most ist wtgcn stincr besonderen Gottesbeziehung und seiner b~ondercn ~in der Lage, diese Schlange herzustellen (AIII1,79). ;,;eilkn, Aspekte, S. 137-142. )Theilkn, Aspekte, S. 138. •Theilkn, Aspekte. Eine Übersicht findet sich aufS. 141. Vgl. Meeks, Prophet King, S. 100-145.
277 Mosebildes seiner Gegner zu halten, abgelehnt'. Ich möchte dafür argumentieren, daß die gegnerischen Apostel die Rolle des Mose als Henscher aufgenommen und die Konzeption ihrer leUung an ihrem Mosebild orientiert haben1, das dem des Philo nahestand. Die Moseüberliefmmg, die Paulus in n Kor 3,7-18 korrigiert, spiegelt die Auffassung der anderrn Apostel wider. Daffir spricht: (1) Die Auseinandersetzung mit dem Mosebild steht im apologetischen Zusammenhang. Thema ist die Empfehlung, mithin die Anerkennung durch die Öffentfichkeit. ln II Kor 3, 1-3 reagiert Paulus auf die Forderung, Empfehlungsbriefe wrzulegen, mit dem Hinweis, daß die Gemeinde sein Empfehlungsbrief sei. Die Empfehlungsbriefe sind unzweifelhaft ein Medium der gegnerischen Apostel. ln II Kor 4,2 kommt Paulus auf das Stichwort "empfehlen" zurück und erklärt, daß er sich durch seine Verkündigung dem Gewissen der Menschen empfehle. Die Stellung wn II Kor 3,4-18 in einem Zusammenhang, in dem es darum geht, wie die Empfehlung des Paulus im Gegenüber zu der Empfehlung der Apostel aussieht, weist darauf hin, daß das Mosebild Bestandteil der Argumentation der Gegner ist. (2) ln II Kor 4,2 grenzt sich Paulus mit seiner Art der Empfehlung wn denen ab, die "ni ~ -rij; ~.. betreiben, die .kv ~" leben und das Wort verfälschen (&Niw)1 • Alle drei Verhaltensweisen lassen sich auf die Umdeutung der Moseüberlieferung durch Paulus beziehen. So wie Paulus es deutet, \ffi)irgt Mose etwas Schändliches, nämlich das Vergehen der ~ und er täuscht seine Mitmenschen darüber. Vielleicht meint Paulus sogar, daß Mose "das Wort Gottes verfälscht" hat. Die Decke, durch die er die Menschen hinsichtlich seiner ~ täuscht, liegt ja nach der Meinung des Paulus auch auf den "Worten des Mose" (3, 14). Seine Wiedergabe des Wortes Gottes \ffi)irgt etwas und täuscht den Menschen etwas wr. Gibt Paulus also Vorwürfe, die gegen ihn erhoben worden sind, indirekt an die Gegner zurück, indem er zeigt: Diese Vorwürfe treffen Mose, auf den sich die Gegner berufen? (3) Die Moseüberlieferung, die wir bei Philo finden, legitimiert Mose als den idealen Herrscher durch seine Gottesschau. Mose schaut Gott und wird dadurch verwandelt. Er strahlt einen sonnenartigen Glanz aus (VitMos 11,70). Philo erläutert damit Ex 24. Diese Verwandlung kann Philo auch als Vergottung beschreiben4 • Die Gottesschau geht einher mit seiner Instruktion als Priester (VitMos 11,71). Die Verwandlung ist das sichtbare Zeichen seiner priesterlichen Qualifikation, durch die er die Forderung Gottes an das Volk \mllittelt und die der zweite Bestandtetl seines Henscheramtes ist (VitMos 11,5). Daß er wm ganzen Volk .ßE~ Kai~.. genannt wird, ist die Folge seiner engen Verbindung zu Gott, die 1 Theißen, Aspekte, S. I 36. \lgt. Meeks, Mose, S. 354-371. Meeks zeigt, daß Mose in der frühjüdischen Uteratur als König und Vizeherrscher Gottes dargestellt worden ist. Der Doxaschein galt dabei einerseits als Symbol seiner Herrschaft, als .light crown·, andererseits wurde s~ mit imago dei Vorstellungen und der Adamsspekulation ~rknüpft. \lgl. Wolff, 2. Korintherbrief, S. 84. Damit sind auch die Vorwürfe bezeichnet, die Paulus ~egenüber erhoben worden sind . •Transmutatur in divinum, ita ut fiat deo cognatus ~reque divinus·. Quaestin Ex II, 29.
278 sich dar.m zeigt. daß er als Freund Gottes Qllt (VitMos I, 156) und in "'tOv ~. &&. ~ o BEOs-" wrdringen darf. Daß er "Freund Gottes" ist , macht ihn zum Eigentümer aller Dinge (verpflichtet ihn dabei zur Besdleidenheit wegen der imitatio der Bedürfnislosigkeit Gottes - VitMos I, 156t) und unterwirft ihm die materielle Welt. Daß er gesehen hat, was sterblichen Augen sonst ~rgen bletbt, macht ihn zum Modell für alle Menschen. Das Herrscheramt ist in der philonischen Darstellung die Folge der engen Gottesverbindung wn Mose. Durch diese enge Gottesverbindung erwirbt er sich als Henscher ein Recht an den materiellen Gütern aller. Durch sie wird er zum Mittler des idealen Menschseins. indem seine Anhänger dadurch, daß sie ihn nachahmen, in Einklang kommen mit der höchsten Wirklichkeit. Die Apostellegitimieren ihr Amt also so, wie Philo das des Mose begründete': - Durr:h die Tradition: Mose ist der siebte Nadlkomme Abrahams, des Gründers des Jüdischen Volkes, und der Sohn besonders edler Menschen (VitMos 1,7). Abraham Qllt hier wie bei den Aposteln als Gründerfigur. - Durr:h die öffentliche Meinung: Philo hat sidl wrgenommen, Mose als den besten und wllkommensten Menschen herauszustellen und damit die Anerkennung, die die Tara bei allen gebildeten Menschen findet, auch auf seine Person auszuweiten 2 • Innerhalb seines Volkes ist er als Gott und König anerkannt. - Durr:h die religiöse Legitimation: Daß Mose wegen seiner besonderen Gottesnähe als Herrscher besonders geeignet war, zeigt VitMos I, 156f. Henscheramt, Ansprudl auf Unterhalt, glanzwlles Auftreten, öffentliche Anerkennung, Unterwerfung der materiellen Welt und der Anspruch, Mittler esoterischer Einsichten zu sein, sind hier gebündelt. - Durr:h Schönheit und Rede: Schönheit und rhetorische Begabung erwähnt Philo in seiner Mosedarstellung eigens1 • Auch für Philo ist die Mosegestalt mit ,,Zeidlen und Wundem" verbunden4 • ~ra. dagegen ist mit seiner Gestalt unvereinbar. Die Legitimierung als Diener Olristi dagegen läßt sidl nidlt aus dem phiionischen Mosebild ableiten. Zwar ist Mose in der palästinischen Moseüberlieferung als "'CP geschildert', nicht jedoch bei Philo. Hinzu kommt dk moralisch~ ~gitimation, di~ sich m.E. auch für di~ Apost~l nachw~is~n läßt. Auch Mo~ gilt als d~r Träg~r all~r Tug~nd~n (VitMos 1,1 54), dazu g~hö~n auch ~ia. CVitMos 1,4), ~ und ~IKtuOfTliv.r). S~in~ ~lbstb~h~rrschung w~ist ihn als d~n g~bo~n~n H~rrsch~r aus und läßt frag~n. ob ~r BE~ s~i (VitMos 1,25-27). \titMos II, 17. VitMos I, 1-4. VitMos I, 18. B~i Philo ~rhält Mo~ - in Spannung zur Tradition von Ex 4 - di~ r~n~risch~ B~gabung in ih~r voll~n G~talt: wi,ulü ,Gp irr~~ ~· wci.VT!l Ka.i ~i lf~ TÖ 1
"..iTpiO'II,
~ ~
m fiJo~j~~ ~i'll
~'II
Ka.i
Atiov ci.WÖ
K~ 7!'l)')'ik TÖ
TrLIII
>.D,wv IIG,.,.a.."
(VitMos 1,84: "... d~nn durch m~in~ Huld w~rd~n all~ laut~ zur d~utlich~n Sprach~ w~rd~n und in ~b~nmäßig~ R~d~ sich ~rwand~ln, so daß ohn~ j~d~ Hind~mis fortan schn~JI und glatt als ~in~r Qu~JI~ d~r Strom d~in~r Wort~ fli~ß~n wird." Cohn, Bd. I, S.24) Um d~ Zusamm~nhangs von ~dn~risch~r B~gabung und Mittl~rschaft will~n modifizi~rt Philo sogar biblisch~ Tradition, was auf di~ B~d~utung d~r Rh~torik für di~ philonisch~ Konz~ption d~ H~rrsch~ramts schli~ß~n läßt. 4 Vgl. VitMos 1,80.90.217. D~r G~brauch d~r T~rmini wCM)jl.fia. Ka.i Tfpa.TG." ~g~gn~t in d~r lJO( b~ond~rs als Ü~~tzung von C'rf?b1 N"NI, ~in~m Ausdruck, d~r im Dtn b~ond~rs häufig b~~n~t und sich zum~ist auf das Exodusg~ch~h~n ~zi~ht. Vgl. R~ndtorff, Art. CMIII.fiO'II KTA., S. 214. sPhilo, Virt 167; AII111,1J4.
279 Theißen hat gegen die Verbindung des Mosebilds mit den Gegnern eingewandt, daß eine so gewaltsame Auslegung ihres Haupttextes die Korinther nicht hätte überzeugen können. Zudem sei es unwahJSCheintich, daß sich die korinthische Gemeinde mit ihrem SelbsMrständnis als eine Gemeinde des neuen Bundes auf Mose berufen hätte2 • Dagegen möchte ich zwei Überlegungen zur Geltung bringen: (1) Nicht die Korinther, sondern die Apostel haben sich auf Mose ben.Jkn. Die Korinther haben sie damit vorerst überzeugen können. Paulus steßt nun seine Auslegung des Textes gegen die seiner Gegner und wirbt um die Zustimmung der Gemeinde. (2) Im SelbsNerständnis der korinthischen Gemeinde war allem Anschein nach das Verhältnis zum Alten Testament diffus. Einerseits stand die Diskontinuität im Vordergrund. Die korinthische Gemeinde ~and sich als Gemeinde des neuen Bundes. Andererseits jedoch fiihlte man sich in Kontinuität mit der jüdischen Tradition. Das wird schon daran deutlich, daß die Korinther die Legitimierung der Apostel durch Tradition offensichtlich überzeugend gefunden haben. Es zeigt sich auch daran, daß Paulus sie ganz selbmeständlich mit einem Midrasch wie 1 Kor 10 unterweist', daß er mit alttestamenttichen Aussagen argumentiert 0 Kor 11, 12) und jüdische Ethik weiterg1bt 0 Kor 6,9). Möglicherweise macht sich Paulus diese Uneindeutigkeit zunutze und ~iebt die Mosegestalt von der Seite der Kontinuität auf die der Diskontinuität, indem er sie mit dem ..alten Bund", dem Buchstaben und den Gesetzestafeln, verbindet statt - wie es vermutlich die Apostel taten - mit der Gottesschau. Die Apostel haben die Maserolle in einer Gestalt, wie wir sie auch bei Philo finden, als Henscherrolle aufgenommen. Zusammenfassend läßt sich das im Bild vom "König in den niedem Hüllen" aussagen: die Niedrigkeit ble1bt "Kleid", ble1bt ganz und gar äußerlich. Betrachtet man die Auseinandersetzung in n Kor 1~ 13 als eine um das Henscheramt, gewinnen die Vorwürfe gegen Paulus neue Einheitlichkeit. Sie lassen sich in der Debatte um den Demagogen ~rten und ~uchen, Paulus als Vertreter des. "populistischen Modells" zu diffamieren•. Martin bezeichnet als Typos dieses Henschers Od}5seus~ und 'J~~mias, Art. M~. S. 857. ~~iß~n. Asp~kt~. S. I 36. Jln di~~m Midrasch wird Mos~ von d~r G~talt d~ Christus h~r wahrg~nom~n und s~in V~rhältnis lsra~l d~m Christi zu d~r G~m~ind~ ang~näh~rt. w~nn davon di~ R~d~ ist, daß di~ Vät~r auf Mo~ g~tauft word~n wa~n (I Kor 10,2). Di~ G~talt d~ Mo~ konnt~ also durchaus als positi~ G~talt in ~in~r christlich~n Ausl~gung d~s Exodusg~ch~h~ns b~g~gn~n. Das g~chi~ht in ~in~m Zusamm~nhang, in d~m ~ um di~ Partizipation am H~il g~ht. Di~ altt~sta~ntlich~ Tradition wird durchaus auch g~altsam von urchristlich~r Tradition h~r umg~prägt. Di~ Mo~g~talt kann als H~ilsmittl~r darg~t~llt w~rd~n. Vgl. Sand~rs, J~sus, S. 443. Es kommt hinzu, daß I Kor I, I 3-15 ~rmut~n läßt, daß in d~r korinthlsch~n G~m~ind~ zwisch~n d~m B~gründ~r und d~m Vollzi~h~r di~~r H~ilsvtrmittlung in d~r Tauf~ nicht ganz scharf g~t~nnt wurd~. so daß di~ Ptrson d~ Tauf~nd~n B~d~utung ~rlang~n konnt~ in d~m Sinn, daß d~r G~tauft~ am H~il Ant~il hatt~ Ob~r di~
zu
Partizipation an d~r Ptrson d~ Tauf~nd~n. Paulus w~ist das zurück. Di~ Apost~l dag~g~n konnt~n mit ih~r Konz~ption daran anknüpf~n. Vgl. Martin, Sla~ry. S. 88. ~Malh~rb~ hat schon in ~in~m Aufsatz ..Antisth~~s and Odyss~us and Paul at War" von 1983 g~z~igt, daß di~ G~talt d~ Od~s~us mit d~r d~ Paulus ~rglich~n wird. Malh~rb~ hat d~n V~rgl~ich vor d~m Hint~rgrund d~r philosophisch~n ~batt~ zwisch~n Stoik~m. mod~rat~n und rigoristisch~n Kynik~m vorg~nom~n. Das ~rd~utlicht, daß Odys~us ~in~ G~talt ist, di~ di~
280 benennt übermäßige Anpassung, Selbsterniedrigung und geheimes Gewinnstreben als die topischen Vorwürfe'. Die Apostel, die ihren l.eitungsan;pruch trnditioneß unter Aufnahme kynischer Traditionen legitimiert haben, haben Paulus wrgeworfen, ein Demagoge zu sein. Wie Od}5seus sei er mWtr,xmrx; Oateinisch: dolosus; 11 Kor 4,2), wie~ der sich als Bettler ~eidet habe. erniedrige er sich selbst und arbeite als Handwerker wie ..alle Demagogen"\ und dabei suche er doch nur seinen eigenen Gewinn3 01 Kor 12, 16f; 2,7).
Die Tiefenstruktur der Position des Paulus Paulus ~eft seine Konzeption der Apostelrolle in Auseinandersetzung mit seinen Gegnern. Dabei wird erneut deutlich, daß Paulus das Positionswechselaxiom in anderer Weise auf die Apostelrolle anwendet als sie. Das betrifft das Verhältnis wn Hoheit und Niedrigkeit in seiner eigenen Pelson und die Vertetlung wn Erhöhung und Erniedrigung auf Apostel und Gemeinde. ln der Auseinandersetzung mit den Gegnern lassen sich drei Strntegien unterscheiden: (1) Paulus behauptet - bei ~iedener Ansicht über die Wichtigkeit der 'Kategorien Gleichrangigkeit mit den Aposteln. Das betrifft die traditioneHe und die religiöse Legitimierung. Er ist Jude wie sie 01 Kor 1,22), er ist Diener Christi wie sie 01 Kor 11,23), er hat VISionen wie sie 01 Kor 12, 1-4) und Zeichen gewirkt wie sie 01 Kor 12, 12). ln diesen 'Kategorien kann er sogar eine quantita~ Überlegenheit behaupten. Er hat mehr Peristasen erlitten, und er ist bis in den dritten Himmel entrückt worden. (2) Paulus spielt den Vmwurf zurück: Die moralische l.egitmierung der Gegner bezweifelt er, so wie die Gegner seine in Frage gestellt haben. Er wirft ihnen Habsucht und Betrug wr 01 Kor 2, 17; 4,2; 11,20). (3) Paulus stellt seine Konzeption gegen die seiner Gegner und beansprucht eine qualitatM, strukturelle Überlegenheit4 • Das betrifft seine Niedrigkeit und seine Fähigkeit, die Gemeinde zu erhöhen.
Die Niedrigkeit des Paulus Paulus legitimiert seine Niedrigkeit, indem er das Repräsentationsmotiv mit dem Imitationsmotiv verschmilzt: 1. ln II Kor 12,7 stellt er sich als paradoxe Repräsentation der ~ Gottes in Schwachheit dar. Er verbindet seine ~ niw Q.~" mit seiner ~~a. in der Weise, daß letztere zum Ausweis der ersteren wird. Die ~ta. hat die Funktion, Hybris wegen der Erhöhung dult'h die Offenbarungen zu \6hindern. Sie ist wm Makel zum philosophisch~n Asp~kt~ d~r A~inand~rsctzung, wi~ si~
Setz. Sokratisch~ Tradition, aufg~z~igt hat, mit d~n politisch~n. wi~ si~ Martin h~rausaf'b(lt~t. ~rbindd. 'Martin, Sla~ry. S.92. ~d., s. 93.96f. Ebd., s. 99. 4 Callan, Pt~ctMs, S. 29. 33, af'b(it~t h~raus, daß Paulus im II Korinth~rbri~f Ra n~w und~rstanding of boasting in th~ Lord" (S. 33) ~ntwickl~. wob~i ~r - ind~m ~r di~ Schwäch~ und das V~rsag~n zum G~g~nstand dts Rüh~ns mach~ - .th~ ordinary idu of boastingR Rupsid~ down" (~bd.) k~h~.
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Vorzug umgewertet und zum sichtbaren Zeichen seiner reHgiösen Hoheit geworden. Dabei \m\Jcht Paulus nicht, diese Schwachheit direkt auf Gott ZUTÜckzuführen. Als Verursadler gibt er den Engel Satans an. Das spiegelt sich darin, daß Paulus darum bittet, wn ihr befreit zu werden. Auch für ihn selbst ist sie eine last. Seine Schwachheit ist in seiner unmittelbaren Selbstwahrnehmung und in einer unmittelbaren Deutung nicht gottgewollt, sondern Ausdruck der Gottesferne. lndirekt aber entspricht diese Schwachheit dem Willen Gottes. Es ist seine Absicht, einerseits Paulus wr der Hybris zu bewahren•und andererseits die Bedingung dafür zu schaffen. daß seine ~ in ihrer Vollendung wirksam werden kann. Nicht nur, was die Offenbarungen angeht, auch was die ~ betrifft. ist die ao8Mta. des Paulus sichtbares Zeichen für die Gottesnähe des Apostels. Paulus hat seine ao8M~a. religiös legitimiert. Für Paulus gehören Oo6Ema. des Menschen und ~ Gottes zusammen. Gott wird repräsentiert durch einen schwachen Menschen. Philo hatte in seiner Schilderung wn Ex 3 den brennenden Dombusch als Symbol für das Ergehen lsraels gedeutet und darin die Botschaft gefunden: "n>~L,.uiw~irrrrv" (VitMos 1,69). Dieser Satz verwirtdicht sich in der Darstellung bei Philo so, daß Gott dem niedrigen und erniedrigten Volk den Sieg ~eiht durch Mose, der der Mittler der ~ Gottes ist und alle Zeichen der Hoheit und Stärke, aber keines der Schwäche zeigt. Paulus verändert die Verbindung wn Eigenschaften und Rollen. i\o6&m. ist nicht Eigenschaft des Volk~ sondern Merkmal der Hoheitsrolle und Kennzeichen des Mittlers, ~ sind dagegen die Korinther, "das Volk". ~ wird zum spezifischen Merkmal des Mittlers. 2. ln 11 Kor 13, 1-4 bestimmt Paulus das Verhältnis wn seiner Oo6Ema. und ~ erneut in Beziehung zum Onistusgeschehen. Zur Debatte steht, ob Christus in ihm spricht, also ob er in der Lage ist, Christus zu repräsentieren. Seine ~re machte das für die Korinther fraglich. Sie erwarteten Kongruenz zwischen dem erhöhten Christus und seinem Verkündiger. Paulus nun parallelisiert seine ~~a. mit der des gekreuzigten Christus und beansprucht wie der Erhöhte und ~ittelt durch ihn Anteil an der~ Gottes (13,4). Dabei ist die Parallelisierung auf der Seite der ~ stärker. Nur in zwei Punkten unterscheidet sich Paulus wn Christus: die Wirkung seiner Verbindung mit der ~. dem Leben, ist zukünftig, und sein Ante~l daran ist ~ittelt. Auf der Seite der ~ ist die Beziehung diffuser. Er ~rtet seine ~Ja. im Geltungs- und Wirkungsbereich deljenigen ao8Mra., die bei der Kreuzigung Christi wirkmächtig war. Paulus geht damit einen Schritt weiter auf dem Weg, die ~ mit Gott in Verbindung zu bringen. Einerseits ist sie auch hier nicht direkt mit Gott \6bunden. ln 13,4a stehen zwar ~ a.o8aEi~ und hc ~ parallel, wobei ersteres die Kreuzigung Christi, letzteres seine Erhöhung begründen, unmittelbar auf Gott bezogen ist aber nur das zweite Glied. Paulus wagt es nicht, wn der ao8Mta. Gottes zu sprechen. AndereJSeits ist die ~ mit dem Kreuzesgeschehen \6bunden und damit als Ausdruck des hellschaffenden Wirkens Gottes durch Christus erwiesen. Der gekreuzigte Christus hält Oo6Ema. und Gott zusammen. Wenn er nun seine ~ta. mit der des gekreuzigten Christus in Verbindung bringt, ohne sie streng zu parallelisieren, wagt er ~ wrerst gebrochen und wrsichtig, sie als Ausdruck der ··~ist Passivum Divinum.
282 imitatio Gottes zu behaupten. Damit versucht er die Integration seiner ~ra. in die Hoheitsrolle und ihre Legitimierung zusätzlich über das lmitationsmotiv. 3. n Kor 4,7-15 dokumentiert, daß Paulus diesen Weg zu Ende gegangen ist. Er legitimiert seine ~ jetzt auch über das lmitationsmotiv', indem er es mit dem Repräsentationsmotiv verschmilzt: Die imitatio Christi wird zu dessen Epiphanie. Die Schwachheit des Paulus ist Ausdruck der Übernahme der Rolle des Gekreuzigten. ln ß Kor 3,4-4,6 hatte Paulus für seinen Dienst~ reklamiert. Von 11 Kor 4,7 an ist die Niedrigkeit des Apostels Thema. ln 4,7-15 formuliert er seine Position. ln 4, 16-18 und 5,1-10 expliziert er sie im HinbHck auf die Vomellungen wm ..äußeren und inneren Menschen" in philosophisdlen Kategorien und hinsichtHch der Vomellung wm irdischen und himmlisdlen Gewand in apokalyptisdlen Kategorien1 • 4,7 formuliert das Paradoxon. Die Hülle der ~ ist ein ~ m<Eixx;". Zerbrechlichkeit1 und ~ sowie Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit werden zueinander in Beziehung gesetzt. Als causa finalis gilt der Ausschluß der Konkurrenz wn göttHcher und menschHcher Größe. Nur wenn Gottes ~ in niedrigen Menschen wirksam ist, ist diese Konkurrenz \mnieden. Paulus greift die alte Forderung nach der Selbsterniedrigung der Mächtigen bzw. die Überlieferung wn der Erhöhung der Demütigen auf. Die Verse 8- 11 erläutern, was das für die Person des Apostels bedeutet. Die Verse 8f erläutern das Bild wm ..zerbrechHchen Getaß" mit einem Peristasenkatalog. Die Verse 10 und 11 sind parallel. Sie beziehen diese Peristasen, mithin die Niedrigkeit des Apostels christologisch und geben in ihren zweiten Satzgliedern die causa finalis für den leidenden Apostel an: Es geht um das Offenbarwerden des Lebens Jesu an seinem empirischen l..elb. Die Verse 1215 führen aus, was das für das Verhältnis wn Apostel und Gemeinde bedeutet Vers 12 zieht die Folgerung aus den Versen 10f. Der Apostel gehört auf die Seite des Todes, die Gemeinde auf die Seite des Lebens. Die Verse 13-15 konkretisieren das in der Verkündigung. Die Schilderung der Pmstasen bleiben allgemein. Das zeigt sich schon an dem wrangestellten J.v TffWf1": Paulus beschreibt nicht die konkreten Gefahren und Lasten seines Lebens. sondern charakterisiert das apostolisdle Leben als eines, das wn Lebensangst und Lebensgefahr bedroht ist und dennoch bewahrt winr. Vers 10 und Vers 11 deuten diese "apostolisdle Ohnmacht': Beide Sätze beginnen mit ~llgemeinernden Partikeln, charakterisieren also wie der Peristasenkatalog das apostolische Leben als solches. Paulus \ei"Steht sich als einer, der die Rolle des sterbenden Christus aufnimmt und weiterträgt. Vers 10 bezeichnet mit ~ nxi 'l'l'}t7txl- den Vorgang des Sterbens des lrdisdlen, Vers 11 zitiert das Kreuzesgeschehen mit "~.. erneut. Mit der Vgl. Cartc:r, ~rv.mt-Ethic, S. 68-72. i>amit grc:ift c:r ~rmutlich Modtllt auf, die: in korinth gc:läufig warc:n. Vgl. Hc:ckc:l, Mc:nsch, S. 1
108ff.
8amtt, ~cond Corinthians, S. 1J7f, c:rgänzt, daß so auch das Billige: und Wc:rtlo~ bc:zc:ichntt wc:rdt. 4 Andc:rs als in TtsUos 1 wirkt das Handtin Gottc:s nicht trhöhtnd. Es wird nur die: drohtndt Vc:michtung nicht zugc:las~n. 1
283
Rollenaufnahme repräsentiert Paulus Qnistus. er imitiert ihn aber audl. Sein Leben als andauerndes Sterben bildet das Kreuzesgeschehen ab. Die beiden ~Sätze halten daran fest. daß Paulus selbst Ante'll am Leben Jesu hat und es an ihm offenbart wird. Diese Ba.Sätze korrespondieren den Q).M...Sätzen des Pmstasenkatalogs. Indern Paulus bewahrt wird, wird das Leben Jesu an ihm offenbar. Dabei geht es um die letblidle Existenz des Apostels. Vers 12 nennt das Ziel dieses Sterbeprozesses mit Offenbarungscharakter: Es ist die Emöhung der Gemeinde als Folge der Verkündigung des ..sterbenden" Apostels. Im Mosebild des Philo repräsentierte Mose als idealer Henscher fUr die Niedrigen Gott, indem er sich um ihre Belange kümmerte und damit Gott nadlahmte. Es ist die Henscherrolle, in der Repräsentation und Imitation Gottes zusammenkommen. Paulus nun repräsentiert den sterbenden Dlristus und ahmt ihn nadl, indem dun:h seine Niedrigkeit das Leben an der Gemeinde wirl<sam wird. Paulus deutet seine Niedrigkeit dlristologisch und soteriologisch. Sie ist Aufnahme der Christusrolle und dient damit der Emöhung der Gemeinde•. Die Erhöhung der Gemeinde durch Paulus 1. Wie Paulus die Emöhung der Gemeinde vermittelt, beschreibt er in 11 Kor 3,7-4,7 in Gegenübersteßung zu einem Konzept, für das die Mosefigur in phiionischer Darstellung steht. Dort hatte Mose als Hierophant gegolten, dessen Mittlerposition dun:h die ~ auf seinem Angesicht kenntlidl war und der Modell fUr die wurde, die zu Gott aufSteigen wollten. Paulus grenzt sich in dm Hinsidlten wn dieser Konzeption ab. (1) Er madlt Mose wm Hierophanten zum Vertreter des alten Bundes und reklamiert für den neuen Bund eine Überbietung des alten Bundes. (2) Er findet diese Überbietung darin, daß die Herrlichkeit, die der neue Bund verletnt, u~änglich ist. Das ist eine Folgerung daraus, daß der neue Bund den alten überboten har. Die Vergänglichkeit der ~ des Mose bezieht er nun audl auf die, die auf seinem Gesicht lag. Das ~ wird zum Symbol der mißlingenden Vermittlung. Paulus wriiert das: Die Decke liegt auf Mose, auf dem Alten Testament und auf dem Herzen der Leser. Mose taugt nicht zum Modell - eben deswegen, wetl er seinen durch die Gottesbegegnung erzielten hohen Status schützen will und die Vergänglidlkeit seiner ~ \6birgt. M.E. spricht Paulus mit Anspruch auf Grundsätzlichkeit und mit Blick auf seine Gegner: Wer die Zerl>rechlidlkeit und Vergänglichkeit seiner irdischen Existenz nicht eingesteht, taugt nicht zum Mittler und wird zum Betrüger. (3) Paulus deutet das Bild neu. Mose ist der Typos der Glaubenden, nicht des Apostels. Und auch darin ist er ein Vorgänger und nidlt ein Modell. Die Glaubenden sehen den Kyrios, wie Mose ihn gesehen hat, und werden in sein Bild verwandelt, dabei erhalten sie blet"bende ~ Die Dlristusbegegnung, die die Glaubenden erhöht und sie dem gleichstellt, dessen Gotteserkenntnis als unüberbietbar galt, und die sie gar dem Kyrios selbst gleichgestaltet, erfolgt ohne rnenschlidlen Mittler. ln der Bilderwelt SaVclgt, Powtr, S. 164-182, kommt zu ähnlichtn Ergtbnisstn.
1
\lgt. Haftmann, Paul, MostS, S. 333: R•" at tht bast of Paul's argumtnt is tht contrast bttwttn -rO
~ea.~11 and TCi ".bool in 3, II ... R, was auf dlt Zwti-Äontn-~h~ zurOckwtise.
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von Ex 34: Die Glaubenden gehen selbst in das Zelt der Gottesbegegnung hinein. Sie brauchen keinen, der ihnen die Kunde von Gott nach draußen brächte. ln II Kor 4,1-7 beschmbt er die Funktion des Apostels in diesem Prozeß. Die Apostel, die sich zum Mittler machen, ~ndigen sich selbst. Das M Paulus eben nicht: Er ~digt den Herrn und übernimmt die Roße des ~ der Gemeinde (4,5). ln Vers 6 greift Paulus auf sein Bekehrungserlebnis zurück, um zu skizzieren, wie er diese Roße ausffillt. ln seinem Herzen leuchtete der lichtglanz der Gottesbegegnung auf. Paulus trägt also den Widerschein seiner Ouistusbegegnung und -erkenntnis nicht auf dem Angesicht, sondern innerlich im Herzen. Dabei ist das Aufleudlten dieses lidltglanzes der Sdlöpfung vergleichbar. Das Herz des Paulus ist bereits "Neuschöpfung". Und dieses Herz madlt er in seiner Verkündigung öffentlidl 01 Kor 3,2). Die sidltbare Hülle, seine le~blidl-seelische Existenz, steht noch unter der Henschaft des Tod~ wie er in II Kor 4,7-11 ausfUhrt. 2. ln II Kor 2, 14 \6\Yendet Paulus die zwei Metaphern wm Triumphzug und wm Wohlgerudl, um seine Rolle zu beschl"eeben. Die Einleitung dllll'h eine Danksagung an Gott zeigt, daß diese Rollenübernahme gottgewollt und wn der Zustimmung des Paulus getragen ist. Der Zusammenhang der beiden Metaphern ist eng: Fs handelt sich formal um zwei Partizipien, die die einleitende Danksagung explizieren; inhaltlidl beschreibt die erste Metapher das Verhältnis wn Apostel und Gott, die zweite ergänzt die Beziehung des Apostels zu den Menschen. Die erste Metapher bestimmt Paulus als einen Gefangenen im Triumphzug'. Das Wort bedeutet ~ls Gefangener im Triumphzug mitgeführt werdenoü. MaJ5haß 1 hat dargelegt, daß ~ zur Metapher für "bloßstellen, beschämen, vorführen" gebraudlt wird, und argumentiert dafür, daß Paulus sidl im Blick auf seine Erfahrungen in Karinth und auf die Reaktion der Menschen auf seine t:i.o6Bea. vorsätzlidl in eine schändlidle und beschämende Rolle fügt. Er stehe zu seiner Niedrigkeit und betrachte die damit ~undene Beschämung als gottgewollt Er halte damit daran fest, daß Gott siegreim durdl ihn ist, obschon er eine sozial deklassierte Rolle innehabe•. Die Übernahme der Rolle des Gefangenen im Triumphzug erinnert an zwei andere Rollenübernahmen: (1) Paulus übernimmt den letzten Platz in der Re~lle der Apostel, we1l er die iKKJ.apia. Gottes verfolgt habe 0 Kor 15,9). Er ist der überwundene Feind im 'Das Vrrb Bpt~ brdrutrt .als Grfangrnrr im Triumphzug mitgrführt wrrdrn·. Di~ Brdrutung ist als unzurtichrnd und als drn Absichtrn d~ Paulus zuwidrrlauftnd rmpfundrn wordrn. Es gibt d~wrgrn rinr Rrihr von Vorschlägrn, das Vrrb andrrs zu drutrn. Mit Rücksicht auf dir Absicht d~ Paulus, srinr apostolischr Vollmacht zu brhauptrn, wird vrrtrttrn, Paulus vrrglrichr sich mit rinrm mitzirhrndrn Soldatm (Barrttt, Stcond Corinthians, S. 98), rinrm Hrrold im Zug (Windisch, 2. Korinthrrbrirf, S. 97), odrr rr wollr nur srinr rngr Vrrbindung mit Gott aussagrn (Wolff, 2. Korinthrrbrirf, S. 54f). Bultmann, 2. Korinthrrbrirf, S. 66ff, spricht sich dafür aus, dir .abgrgrifftnr· Brdrutung .öffrntlich rinhrrführtn, brkanntmachrn· zu untrrlrgrn, brtont dabri abrr, daß Paulus sich als Übrrwundrnrr srhr. \tgl. dir ausführtlehr Übrrprüfung bri Haftmann, Spirit, S. 29-39, bn. 34. JMarshall, 8PIAMBHTHIN, S. 304. 4 Marshall, rbd., S. 315f. Di~ [)(utung findrt wrnig Zustimmung. Wolff, 2. Korinthrrbrirf, S. 54f, wrist sir (im w~ntlichrn ) dadurch zurück, daß rr brhauptrt, Paulus brabsichtigr, .srinr hrrausragrndr Funktion als Vrrkündigrr· zu brtonrn. [)(r Asprkt drr Grfangrnschaft sri nicht wichtig, und ~ grhr ~ntlich um dir öffrntlichr Rollr und di~ Abhängigkrit von Gott.
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Siegeszug Gottes'. (2) Paulus übernimmt die Roße des Todgeweihten in der Arena und betrachtet sie als gottgegeben 0 Kor 4,9f. Dieses Ende drohte den Gefangenen im Triumphzug. Paulus übernimmt in dem Geschehen, durrh das Gott seine Henschaft öffentlich demonstriert und durchsetzt, die niedrigste der wrgesehenen Roßen, dun:h die er beschämt wird und die seinen Tod wahrscheinlich macht Die zweite Metapher sieht Paulus in der Funktion eines Mittlers oder Mediums1 der Offenbarung (~) und beschmbt ihn als Träger-..Substanz" des Wohlgeruchs. der wn Onistus ausgeht Er kann Leichengeruch sein oder lebenshauch, kann Tod oder Leben wirken. Mit der Metapher wm Wohlgeruch Onisti steht ffir die Menschen mit ihrer Haltung zum Apostel ihr eschatologisches He.1 auf dem Spier. Scottsund Duffhaben die Metapher wm Triumphzug auf die Triumphzüge der Gottheit bezogen, in deren Verlauf die Gottheit epiphan wird, und sie mit der Mittlerfunktion des Apostels in der zweiten Metapher ~unden. Scott wm den Einfluß der jüdischen Merl
286 Funktion zu. Paulus übernehme wie Mose die Rolle des Mittlers der göttHchen Heilsgabe, \'erStehe sich dabei aber - anders als Mose - nicht als Triumphator. sondern als Gefangener. Scott gelingt es dadurt:h, die "Mosepen'kope" in II Kor 3,7-18 mit II Kor 2,14 zu \6binden und sie als zusammengehörig zu erweisen. Die Übernahme der niedrigen Rolle des Gefangenen durt:h Paulus wild dadurch aber keineswegs plaUSlbler. Duff \erWeist auf den ~t/Jo) paganer Götter', besonders des Dia~ der lsis und des Serapis. ln ihren "Triumphzügen" werden die Anhänger der Gottheit mitgeführt. Dieses Mitziehen ist nicht deklassierend. Duff sieht in dem Motiv der Prozession ein Gliederungselement wn 11 Kor 2,14-7,4 und findet es in n Kor 4,7-10; 6,13 und 7,2 wieder. ln II Kor 4,10 schildere sich Paulus als denjenigen, der das Sterben Ouisti umhertrage (~). wie man in der Prozession das Kultbild des Gottes umhergetragen habe1 • Darüber hinaus \mllutet Duff, Paulus habe die Vieldeutigkeit der Metapher wm Triumphzug dazu \e~Wendet, den Vorwurf der Korinther, er sei ein wn Gott gestrafter Mensch, was sich in seiner Schwachheit äußere, mit der Vorstellung des militärischen Triumphzuges und seiner Rollenübernahme des Gefangenen aufzugreifen, um dann die Rolle des Offenbarungsmediums im Triumphzug der Gottheit zu übernehmen und dabei die Assoziation zur Metapher des Triumphzugs als eines Epiphaniezugs der Gottheit aufzurufen. Duff gelingt es mit dieser Auslegung, die beiden Metaphern in 11 Kor 2, 14 als zusammengehörig zu erweisen, ihre prominente Stellung am Brief- oder Abschnittsanfang zu erklären und sie in die Auseinandersetzung mit den Korinthern zu integrieren. Unzulänglich erscheint mir nur der Versuch, dieses Vorgehen als rhetorische Strategie zu \'erStehen'. Daß Paulus sich als Gefangener im militärischen Triumphzug \'erSteht und eine niedrige Rolle übernimmt, hat nicht nur die Aufgabe, die Ablehnung der Korinther zu bündeln und dann zu überwinden, sondern entspricht dem paulinischen SelbsM1ständnis. Das Qllt auch für 11 Kor 4, 10. Denn wenn Paulus mit II Kor 4,10 das Verb ~ näher bestimmt -wie Duff mit guten Gründen behauptet•, - ist damit auch die besondere Art des göttHchen Triumphes bezeichnet. Gott triumphiert im sterbenden Christus - dieses Geschehen repräsentiert der todgeweihte und sterbende Paulus. Paulus ist in seiner beschämenden und niedrigen Rolle Medium des Kreuzesgeschehens. Er transportiert als überwundener und zum Tod bestimmter Gefangener den Gekreuzigten "überallhin". Dieser wirkt unter den Menschen dann Leben oder Tod~. Das Mittleramt des Paulus ist dienend; es hat kein eigenes Gewicht. E's dient dazu, die Menschen mit dem Gekreuzigten in unmittelbaren Kontakt zu bringen'. Das geschieht, indem der hintälHge, stammelnde 'Duff, M~taphor, Motif and Mraning, S. 8Jff. Ebd., S. 88. Di~ Vorst~llung b~g~gn~t a~r auch b~i Epict, Diss 11,8,12-14. W~il Gott im M~nsch~n wohn~. trag~ ~r ihn h~rum (mp•~Pflll). Auch hi~r ist d~r M~nsch schon zum Kultbild d~r Gotth~it 1
?.~word~n.
Ebd., S. 92. Ebd., 90. \'gl. Murphy O'Connor, Th~ology, S. JO. 'Schröt~r. V~rsöhnrr, kommt zu ~in~m ähnlich~n Erg~bnis. Er b~tont di~ Wichtigkrit drs Apost~ls für das H~ilsg~sch~h~n und b~z~ichn~t Paulus als ~in "M~dium Gottrs" (S. 282), m~int ab~r. daß Paulus ~h~r zwisch~n Glaub~nd~n und Christus st~h~. Vgl. Haf~mann, Spirit, S. 220. Paulus s~i als
4
s.
287 und unansehnliche Apostel das Kreuz und die Erhöhung Quisti ~ündigt. sie so der Wirkung der neues Leben schaffenden und in Herrlichkeit \mYandelnden Kraft Gottes aussetzt, die als Uchtschein' in seinem Inneren leuchtet
16. Kapitel: Die weitere Entwicklung bei Paulus und in den paulinischen Briefen 16.1. Im Römer-, Philipper- und Galaterbrief Im Philipperbrief und im Römerbrief entwickelt Paulus die Forderung nach Status\erzicht an die ranghöheren Mitglieder der Gemeinde zu einer neuen Fonn der "Gegenseitigkei~nbarung" weiter. Die Ennahnung zum Sta~cht wird zur Aufforderung an alle Gemeindemitglieder - unabhängig von ihrem sozialen Status und ihrer Position in der Gemeinde-, den anderen "höher zu schätzen" als sich selbst. Es entsteht ein Gegenentwurf zur agonistischen antiken Gesellschaft: Das Streben nach Statusgewinn wird abgelöst durch die Hochschätzung des Sta~chts. Aufforderungen zur Demut kommen nur als solche Gegenseitigkeitsvereinbarungen vor. Dadurch, daß alle gleichermaßen dazu aufgefordert werden, haben (a) alle Gerneindemitgtieder dieselben Olancen, durch Sta~cht innergemeindtich Autorität zu erlangen, und wird (b) e&hwert, daß der Status\erzicht einseitig ble~bt und damit Nachtelle und Ausbeutung in Kauf genommen werden müssen. Im Römerbrief und im Philipperbrief ist die Forderung nach der gegenseitigen Höhe&hätzung dem Wert der Einheit der Gemeinde untergeordnet'. Die Aufforderung zur Demut dient nicht der Stabilisierung von Herrschaft. sondern wird zum Prinzip eines "henschaftsannen" egalitären Gemeinwesens. Im Philipperbrief wird die Demutsforderung unmittelbar christologisch begründet; diese Begründung setzt mit dem Philipperhymnus an zentraler Stelle an. Die Demut steht mit der Menschwerdung und dem Kreuzestod Olristi in unmittelbarer Verbindung. Demut ist die Imitation des heilsgeschichtlich relevanten Geschehens. Eine gewichtigere Begründung ist schwertich denkbar. Paulus tritt dabei als Medium zurück. Die Gemeinde wird unmittelbar auf die Jmitatio Olristi \6Wiesen; weil Paulus mit seinem Tod rechnet, ist das eine logische Fortentwicklung. Für die Gemeinde in Rom kommt Paulus - weil er ja nicht der Gemeindegründer ist - ohnehin nicht als Medium in Betracht. Die Aufforderung zur .spirit-gi~r· Mittltr zwischtn Gott und Christus auf dtr tintn und dtr Kircht auf dtr andt~n Stitt. Darin glticht tr tintrstits MoSt: Er ~rmittlt dtn Gtist, wit Most dit Tora ~rmitttlt habt. Andt~rstits abtr unttrschtidt tr sich von Most, wtil dit Kircht andtrs als lsratl, dit Gotttsbtzithung nicht b~cht und Gott trktnnt. Vgl. Otrs., Paul, Mosts, S. 43 I und 450. 'Savagt, Powtr, S. 111-127, trktnnt in dtr Konztption dts Jtsajabuchs (LXX) das Vorbild für dit r.aulinischt Konztption: Das Ucht Gottts sti nur dtntn trktnnbar, dit ih~n Stolz abgttan habtn. Röm 12,16; Phil 2,3. Vgl. Eph 4,2; Kol 3,1 3; I Pttr 5,5. 1 Röm 12,1-8 vtrwtndtt dit Mttaphtr vom Ltib und zititrt damit dit Vorsttllung, dit Einhtit in Vtr5chltdtnhtit wahmthmbar machtn will. Phil 2,2 ist dit Elnhtit dtr Gtmtindt ausdrücklich als Zittvorsttllung gtnannt.
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Demut als Gegenseitigkei~nbarung findet sidl also in Situationen, in denen Paulus als Apostel und Autorität zurücktritt'. Eine zweite Beobachtung ist zu ergänzen: Da, wo zu gegenseitiger Demut aufgefordert wird, wird audl zu gegenseitiger liebe ermahnt (Röm 12,9f; Phil 2,1 f; Gal 5, 13), und da, wo diese Aufforderung fehlt, wird audl das Gebot der Bruderliebe nidlt herausgestellr. Diese Feststellung lädt dazu ein, im Gebot der gegenseitigen Bruderliebe das "missing tink" zwischen dem Sta~dlt als Merkmal von Leitenollen (besonders der Apostelrolle) und der Gegenseitigk~nbarung zu finden. Diese Vermutung läßt sidl durdl Beobadltungen am Galaterbrief untermauern: (1) 1m Galaterbrief fehlen Aufforderungen zur Demut ln Gal 5,23 und 6, 1 ermahnt Paulus zur ~. nidlt jedodl zur Demut Allerdings ermahnt er die Galater dazu, einander zu dienen (~ ~ - 5, 13). Diesen gegenseitigen Dienst erläutert er durch den Zusatz &0. i'ij) cV,i71'r}). (2) Die sozialen Beziehungen der galatischen Quisten ersdleinen Paulus als von Konkunm~alten bestimmt ln Gal 5, 16 \ergleidlt er ihr Vemalten dem von Jäger und Beute in der Tierwelt, in 5,26 zeidlnet er eine agonistische Gesellschaftsstruktur nadl. Dieses Konkurrenzverhalten steht im Zusammenhang mit einem Wandel nadl dem Aeisch und dem Gesetz, das die Beschneidung fordert Es steht im Widersprudl zum Wandel im Geist und dem Gesetz, das die Bruderliebe fordert'. Dabei wird der Status des Menschen im Bereidl von Aeisch und Beschneidungsgesetz als von &chia., der im Bereidl von Geist und Uebesgebot als von Freiheit bestimmt ~anden. Paulus hat also eine Umwertung vorgenommen: im Gegensatz zur Bewertung in der paganen Gesellschaft ist Konkurren~alten nidlt Merlemal des hodlrangigen Menschen, sondern Kennzeidlen für den niedrigen Sozialstatus des Ski~: "lmmer vorzustreben vor andern", ist sldavisch. Das Vemalten des Freien dagegen ist von der Uebe bestimmt. Warum nennt Paulus die Uebe und nidlt den Status\ezidlt und die Demut als Vemaltensmerkmale des Freien? (3) Paulus geht mit der Vmste11ung von der Unterordnung unter andere Menschen im Galaterbrief sehr behutsam um. Worte des Stammes~· sind nur beim ersten (Gal 1, 10) und beim letzten Vorkommen (Gal 5, 13) positiv bewertet; die sieben Vorkommen dazwischen besdlreiben das SkiCMSein als einen Status, der zu der in Christus 'Im Galaterbrief kann Paulus die Aufforderung, sich seiner ~rson unterzuordnen, nicht einbringen, weil er hier den Akzent auf die Freiheit der Christen legt. Vgl. Gal 1,8 als Aufforderung zum Ungehorsam selbst Paulus gegenüber für den Fall, daß er diese Freiheit aufhöbe. Auch im Galaterbrief steht Paulus also vor einer Situation, in der er seine pet5önliche Autorität nicht einbringen kann. 2 1n I Kor I J wird die Uebe zwar als die größte Geistesgabe beschrieben und allen empfohlen ( 14, I), Paulus fordert aber nicht direkt dazu auf, einander zu lieben. Durch die Hypostasierung der Uebe und die Beziehung auf Gott und Mitmensch bleibt die Empfehlung ein wenig diffus. Alle anderen Belege für ci-ramiw im I Kor beziehen sich nicht auf die gegenseitige Bruderliebe. I Kor 8, 1 ist von I Kor 8,J her deutlich als Bestimmung der Gottesbeziehung zu ~~Stehen. Im II Kor haben vier von vierzehn Belegen das Verhalten der Christen untereinander zum Gegenstand. Drei davon finden sich im Kollektenbrief II Kor 8, der vierte bezieht sich auf das Verhalten der Gemeinde gegenüber demjenigen, der Paulus beleidigt hatte. Die Aufforderung zur gegenseitiger Uebe bleibt also auch hier eher blaß. 1 Es ist nicht möglich, die Verhältnisbcstimmung, die Paulus zwischen dem G~tz und dem höchsten Gebot vornimmt, oder die Frage nach der Bedeutung der Tora hier zu besprechen.
289 überwundenen Vergangenheit gehört (Gal 4,7; 5, 1) '. Paulus setzt alles daran, das Hoheitsbewußtsein der Galater zu stärken, und fordert sie dazu auf, sich als Söhne und Freie zu \mtehen, die weder Menschen noch Mächten untertan sind (Gal 3,28; 4,9). Deswegen bestimmt er auch als konstitutives Merkmal seines eigenen Skl~atus Christus gegenüber die Freiheit anderen Menschen gegenüber (Gal 1, 10). Daß Paulus die Uebe und nicht Demut und Sta~cht als Kennzeichen des neuen Verhaltens bestimmt, das dem sklavischen Kon~alten entgegengesetzt ist, und daß er die Aufforderung, einander zu dienen, dun:h die Uebe näherbestimmt, ist m.E. eben darin begründet: Der Sta~cht Menschen gegenüber steht - sofern es sich nicht um ein Merkmal von Leitenollen handelt - in Spannung zur Erhöhung der Glaubenden in die Rolle von Söhnen und Freien und könnte das Hoheitsbewußtsein gerade jener GemeindegHeder bedrohen, deren gesellschaft:Hcher oder innergemeindHcher (Heidenchristen-} Status niedrig ist. Die enge Verbindung mit dem Gebot der Geschwisterliebe schützt die Aufforderung zum Sta~cht als Gegenseitigkei~nbarung dawr, als Henschaftsinstrument mißbraucht und zur Bemäntelung wn Unsicherheit und MinderwertigkeitsgeruhJen eingesetzt zu werden.
16.2. ln der Paulusschule ln der Paulusschule finden wir bei den Deuteropaulinen die Erhöhungsaussagen stark betont; das betriffl die Onistologie und die Soteriologie. Die Verbindung der Herwrhebung der Selbsterniedrigung des Paulus mit seinem Anspruch auf Autorität wird beibehalten; das weist darauf hin, daß das pauHnische Konzept des Apostolats aneoomnt worden ist und als Typos reproduziert werden kann. Auf paränetischer Ebene wird einerseits an der Aufforderung zu gegenseitiger Demut festgehalten (Kol 3, 12; Eph 4,2}, andererseits die traditionelle Unterordnung wn Kindern, Frauen und Sklaven neu eingeprägt und begründet (Kol 3, 18-4, 1; Eph 5,21-6,9). Dabei entsteht der Eindruck, daß beide Forderung nicht als widersprüchlich, sondern als korrelativ \mtanden worden sind. Darauf deuten die Einleitung der Haustafel im Epheserorief mit der Mahnung zur gegenseitigen Unterordnung (Eph 5,21} und die Plazierung der Demut in einem Tugendkatalog, der die Funktion hat, die Bedingungen einer hierarchisch strukturierten Einheit (Eph 4,2 in Eph 4, 1-16) zu benennen. Allerdings findet sich in Eph 6,5 an die Skl~n die Aufforderung gerichtet, in der Beziehung zu ihrem Herrn eine furchtsame Gesinnung zu haben. Die Gesinnung soll die Beziehung zum Übergeordneten nicht relativieren, sondern stabilisieren, so wie es in der paganen Kultur die sklavische und demütige Gesinnung tat. ln den Pastoralbriefen findet sich der Typos der apostolischen Selbsterniedrigung wieder, allerdings ohne daß die in der Gemeinde bestehenden Ämter dadurch geprägt würden. Demut begegnet weder als (einseitige) Aufforderung an die Amtsträger noch als Gegenseitigkei~nbarung aller Gemeindeglieder. Der Stamm 'Im V~rgleich mit der Argu~ntation im Römerbrief fällt auf, daß Paulus auf die Bestimmung der Christen als &,~).o, lko~ verzichtet.
290 'T't.Ure~ fehlt. Es läßt sich vielmehr die Tendenz beobachten, Erhöhungsaussagen auf die Amtsträger zu beziehen und die Gemeindeglieder an die gesellschaftlich anerkannten Roßen und ihre Hierarchie zu binden. Allerdings wild an die Frauen, die in die Witwenliste der Gemeinde aufgenommen werden woßen, die Anforderung gestellt, den Heiligen die Füße zu waschen. Damit wird ein Verhalten, das soziale Demut ausdrückt, wn Menschen gefordert, die zurückgedrängt und untergeordnet werden soßen •. Mit dem Positionswechselaxiom ist auch die Kritik an der Gesellschaft und die Konzeption wn Gemeinde zurückgetreten, die sich als AltemalM zur Gesellschaft vetSteht, zugunsten eines Entwurfs, der die Gemeinde zur "besseren" Verwirldichung allgemeiner gesellschaftlicher Ideale macht.
17. Kapitel: Statusverzicht im Johannesevangelium Für das Johannesevangelium ist die VOTstellung wm Positionswechsel in christologischer und in paränetischer Hinsicht bedeutsam. Das geschieht in einer spezifisch johanneischen Weise: die typische Demutsterminologie fehlr. Bereits an Joh 1, 14 wird der spezifisch johanneische Akzent für die Beschmbung wn Hoheit und Niedrigkeit Jesu erl<ennbar. Die Aeischwerdung des Wortes ermöglicht den Glaubenden, die Hoheit (ö(f.a3) des Gottessohnes zu sehen. Das impliziert zwei Besonderheiten: (1) Was im Philipperhymnus als ein Nacheinander wn Hoheit und Niedrigkeit wrgestellt wird, ist hier als gleichzeitig gedacht: Die himmlische Doxa wird durch die Aeischwerdung nicht aufgegeben. Die Gestalt Jesu ist doppeldeutig: fll:ip. ist im Aeisch sichtbar, Hoheit wohnt in der Hülle der Niedrigkeit. Daß noch immer ungelöst ist, "ob das Bekenntnis zur Gottheit des Menschen Jesu oder zur Menschheit des göttlichen Logos die theologische Mitte des Joh sei"4 , könnte in der johanneischen Absicht liegen. Hoheit und Niedrigkeit Jesu werden Zu ~rwäg~n ist all~rdings, ob di~ Praxis d~ Fülkwasch~ns zum ~lbsMrständnis d~r Witw~n und ih~n Autoritätsanspruch - durch Statu~rzicht und Di~nst~~itschaft b~gründ~t -
1
g~hört~
aufz~igt~.
und rr~ f~hl~n ganz; i40w ~g~gn~t in Joh 3,14; 8,28; 12,32 und 12,34; auf J~us und ~in~n Tod od~r auf di~ Schlang~ d~ Mos~ b~zog~n. J Di~ n~u~t~ Unt~rsuchung zum B~riff Mea im Johann~~ng~lium von F~~ira, Eccl~iology, S. 138-165, ~rtritt di~ H~rl~itung aus altt~tam~ntlich~r Tradition und ~in~ Abhängigk~it von d~r V~rw~ndung d~ B~griffs in d~n Qumranschriftm, wob~i d~r johann~isch~ G~brauch sich durch di~ Eschatologi~ und di~ H~rvorh~bung d~ R~ttungs- anst~ll~ d~ G~richtshand~lns unt~rsch~id~. tl.OE,a st~h~ für das G~richts- und E~ttungshand~ln Gott~: .ln John, glory is a sot~riological conc~pt and not an ontological on~.· (F~rr~ira, Eccl~iology, S. 161). B~i d~r Unt~rsuchung w~rd~n di~ 8~1~~ ausg~klamrntrt, di~ d~n g~~llschaftlich~n Status, di~ Eh~ J~u bdrdf~n (S. 149). Das hat m. E. ~in~ Engführung zur Folg~. tl.~a ist in d~r Tat ~in ~zi~hungsb~griff, d~r di~ (kosmisch~ und g~~llschaftlich~) Hi~rarchi~. Ü~rordnung und Unt~rordnung b~nd~t. D~r Anspruch J~u auf Achtung und Zutrau~n zu s~in~m Wort wird durch s~in~n hoh~n ~ligiös~n Status, ~in~ ~ng~ Wrbindung zum Vat~r. b~ründ~t (5,37-45). Di~ Jüng~r an~rk~nn~n di~~n Anspruch, was ihn~n zum H~il di~nt, di~ Ungläubig~n hing~~n ~rw~rf~n ihn, ind~m si~ J~u V~rbindung mit d~m Vat~r l~ugn~n (8,48-55). lnsof~m st~ht d~r Mea-B~griff in d~r Tat für das G~richts- und Erlösungshand~ln Gott~. nicht ab~r in d~r W~~. daß damit k~in~ Aussag~n üb~r das S~in J~u. üb~r ~in~ Position zwisch~n M~nsch~n und Gott, g~macht w~rd~n soll~. 4 B~utl~r. M~thod~n. S. 209. 1
D~r Stämm~
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291 nicht als ein Nacheinander, sondern als ein ineinander gedacht•. (2) Mit V~ 14b begegnet im Evangelium ~als das "Wrt der Glaubenden. Die Geschichte des johanneischen Jesus ist eine Beziehungsgeschichte~. Seine Gestalt in Hoheit und Niedrigkeit sehen nur die Glaubenden wahrhaft, den Ungläubigen1 ~eint seine Hoheit als Hochmut, seine Doxa als falscher Schein und seine Niedrigkeit als Wehrlosigkeit Für die Glaubenden wird er im Evangelium zum Eingang ins ewige Leben, für die Ungläubigen der Ausgang in die Finsternis. !llip. ist ein Beziehungsbegriff. Die Paränese wird bei Johannes bekanntlich nicht konkret•. Der johanneische Jesus gebietet nur die Bruderliebe (13,34; 15,12) und die Bereitschaft zum gegenseitigen Statu~cht (13, 15). Beides wird christologisch begründet. Durch diese Reduzierung werden Olristologie. Ethik und Ekklesiologie sehr nahe aneinandergerückt Die Gestalt Jesu und das gemeinschaftliche Leben der Jünger orientieren sich an denselben wenigen Grundwerten: der Uebe und der Demut.
17 .1. Die Hoheit Jesu im Johannesevangelium Daß Johannes Jesus in Kapitel 13 als Skl3\61 seiner Jünger zeichnet, ist insofern besonders bemerkenswert, als Johannes großen Wert darauf legt, daß der Status Jesu dem aller anderen Menschen überlegen ist~. Die Überlegenheit Jesu über andere wird direkt thematisiert: Verbunden mit der Vorstellung, daß Jesus als Offenbarer vom Himmel herabgestiegen ist (KataPatvw), beansprucht der johanneische Jesus den höchsten Rang in der Gesellschaft'. Die Auseinandersetzung mit den Juden entzündet sich an Jesu Anspruch, eine höhere 1 Mit einem ~ligionsgeschichtlichen Bild könnte man sagen: Der johanneische Jesus ist ein Janus und insofern er die Tür ist, ist er ein Janusbogen. 2 Culpepper, A.natomy, S. 97, benennt als .plot• des Evangeliums .the conflict be~en belief and unbelief as responses to Jesus·; darüber hinaus aber ist dieser plot durch 1,14b eingeschlossen in die thematische Entwicklung des Evangeliums: •The effect of this narrati~ structu~. with ist prologue followed by episodic ~petition of the conflict between belief and unbelief, is to enclose the ~ader in the company of faith: (S. 98). Vgl. 20,30f. 1 Damit wird nicht behauptet, daß die Gegner des Johannesevangeliums so gedacht haben. 4 Schrage, Ethik, S. 302. ~ Damit ist die Kontro~rse zwischen Bultmann und Käsemann, die Christologie des Johannesevangeliums be~fknd, berührt. Bultmanns Betonung von 1,14a und 19,5b als Zielaussage heben auf die .Paradoxie des Offenbarungsgedankens· (Theologie, S. 403) ab und stellen die Menschwerdung Jesu, mithin eine .Niedrigkeitschristologie·, in die Mitte des Evangeliums; Käsemanns Bevorzugung von 1,14b läßt ihn bei Johannes einen .naiven Ooketismus· diagnostizie~n und macht ihn zum Vert~ter einer .Hoheitschristologie·. Neben dem locus classicus für die Niedrigkeit Jesu in 19,5b (vgl. Baum-Bodenbender, Hoheit, S. 284f) läßt sich auch Joh 13,1 -20 für die Intention des Joh, Jesu Niedrigkeit zu benennen, anfüh~n. Dieses Kapitel hofft einen Beitrag zu der Kontro~rse insofern zu leisten, als es ( 1) mit der Frage nach dem Status nach Jesu Position auch in der gesellschaftlichen Welt einen zusätzlichen Aspekt einbringt und (2) Joh 13,1 -20 als Variante des urchristlichen Positionswechselaxioms untersucht und nach dem spezifisch iohanneischen Profil fragt . ... •the net effect of the dialogue (John 3:31-36) was only and pu~ly to indicate his own superiority to the questioner - and to any 'earthly' person. That is p~cisely what is now said in vs. 31 : ·He who comes from ab~ is abo~ an:·. Meeks, Man from Hea~n. S. 56.
292
Autorität zu haben als Abraham (8,53.58) oder Mose (5,45t), als die Vaterfiguren der gemeinsamen jüdischen Kultur also. Als Garanten seiner Ehre benennt er Gott selbst (5,41ff; 8,49ff). Die Schrift, Mose und Abraham bilden mit Jesu Ausslgen über seinen eigenen Status ein Ehß)5tem, aus dem "die Juden.. sich selbst ausschließen, wenn sie Jesu Anspruch nicht anerkennen. Weil im Hintergrund von Kapitel 5 und Kapitel 8 das eTSte Gebot steht', bricht das Verhältnis zum einzigen Gott, wer Jesu Anspruch nicht anerkennt. Kapitel 5 und Kapitel 81 können als "chaßenge and response..- Kommunikationen ~1stmden weiden, in denen der Status Jesu und der seiner Gesprächspartner ausbalandert werden, bzw. in denen dieser Versuch scheitelf. Jesu Anspruch als himmlischer Offenbarer (5, 19; 8,23) steHt ihn also über alle Menschen und unter Gott. Jesus ist ein Vorbild religiöser Demut. Er tut, was Gott ihm aufQlbt, sagt, was er von ihm gehört hat (5,30; 8,28). Wer seinem Anspruch widerspricht, ~etzt das eiSte Gebot auch insofern, als er Gott gegenüber hochmütig wird (5,44). Jesus und "die Juden" werfen einander Hybris vor: Jesus maße sich an, Gott gleich zu sein (5, 18; 8,53) und ~chte ihr Urte1l, "die Juden" trer'lnten ihr Ehß)5tem von Gott und \6te1lten im Kontrast zu seinen Vmstellungen Ehre untereinander. Die soziologische Einsicht von dem Olarismagewinn, der der freiwilligen Selbststigmatisierung folgt4, wird hier umgekehrt: Die Beanspruchung von Olarisma fordert die Stigmatisierung heraus und hat sie zur Folge. Die Überzeugung von der Überlegenheit Jesu zeigt sich auch auf redaktioneller Ebenes in der Präsentation der Johannes - und Passionstradition: Daß Jesus von Johannes getauft worden ist, ist bereits für den Verfasser des Matthäusevangeliums ein Problem: Matthäus schaltet vor die Taufe Jesu einen Dialog zwischen Johannes und Jesus ein, der erklären soll, warum sich detjenige, der den höheren Rang innehat von dem, der ihm unterlegen ist, taufen läßt. Johannes greift stärker in diese Tradition ein: Er etzählt von der Taufe Jesu durch Johannes nicht meh~ und gestaltet diesen ganz zum Zeugen der Würde Jesu um (Joh 1,32-34). ln der Passionserzählung legt Johannes den Akzent darauf, daß Jesus während des gesamten Geschehens der Agierende ble1bt. Er wird nirgends zum Objekt des Handeins
I
Vgl. ~utltr, Hauptgtbot, S. 111-11 5. Vgl. Sttgtmann, Ehrwdtstrtit, S. J-5. 1 Der Vtrdacht, daß .dtr unsäglicht Vorwurf dtr T~uf~lkindschaft ... auch nach damalig~n Krittritn dit Grtnztn dts in tintm Eh~ttstrtit tol~ri~rt~n Vtrhalttns zu ü~rschrtittn· (Sttg~mann; Ehrwtttstrtit, S. 5) schtint, ist m. E. sthr ~rtchtigt. Der Abl~hnung d~ Anspruchs Jtsu (und stintr JOng~r) durch di~ jüdischt G~llschaft folgt di~ Absicht, di~~ .Emi~drigung· zu ~ntw~rttn: Dit Mtinung .dtr Jud~n· zählt nicht; sit gthörtn nicht zum rtlrvant~n Ehrsysttm. lnd~m si~ dtr Ttuftlskindschaft ~schuldigt wtrdtn, wird darObtr hinaus versucht, ihrt Ablthnung in tin positives Argumtnt .t contrano· umzudtuttn. Wtnn dtr G~gtnspi~l~r Gott~ ~mi~drigt, kommt das tintr Erhöhung b~i Gott gl~ich. 4 Vgl. Ebtrtz, Charisma; Mödritztr, Stlbststigmatisi~rung, S. 7. s Dab~i wird vorausg~tzt, daß Johannts die synoptisch~n Tradition~n kannte; ob ~ sich um ein~ literarische Abhängigkeit handelt, kann offen bl~iben. 6 Allerdings sttz~n di~ V 32-34 die Tauft J~u voraus; vgl. Schneid~r. Johannes, S. 71. 1
293
Mächtigerer'. Er ~nlaßt, daß der Satan in Judas fährt (13,27)z, er stellt sich den Soldaten bei der Gefangennahme freiwillig und aus eigener lnitiatM (Joh 18, 1- 12} und Qlbt sich mit E...,w ~4-LL zu erkennen, was an die Rekognitionsformeln erinnert. Die Soldaten faßen ihm auch folglich zu Füßen. Die synoptische Folterszene (Mk 14,65) ist zurückgenommen und zu einer Ohrfeige während der Verhandlung wr Hannas geworden (18,22t. Jesus trägt sein Kreuz selbst zum Hinrichtungsort (Joh 19, 17), noch am Kreuz handelt er, indem er seine Mutter der ~rge und Autorität des Ueblingsjüngers unteTStellt (Joh 19,26t). Das letzte Wort .Jesu, TerElamn (19,30), weist auf Gottes Handeln im Hintergrund, dessen Agent Jesus ist. Die Menschen, die Feinde .Jesu und Gottes und der Satan selbst werden zu unfreiwilligen Helfern. Die Überlieferung wm Kreuzestod, der als erniedrigend und entwürdigend galt, konnte und woßte Johannes nicht redaktionell \6ändern. Er findet fiir ihn eine andere Deutung, durch die Heilsbedeutung beibehalten, das erniedrigende Element aber umgedeutet wird: Das Kreuz bedeutet die Erhöhung und die Verhentichung Jesu und des Vaters (3, 14; 8,28; 12,23.28; 13,31 f; 17, 1.st. Vor dem Hintergrund dieses Jesusbildes' ist es um so \ei'Wllnderlicher, daß im 13. Kapitel mit der Fußwaschung wn einem Sta~cht .Jesu eTZählt wird.
17 .2. Die Fußwaschung in der antiken mediterranen Welf ln der jüdischen und in der paganen Antike finden sich Fußwaschungen sowohl im rituellen als auch im alltäglichen Kontext. ln Griedlenland' gehörte die Fußwaschung beim Betreten des Tempelbezirks zu den üblichen Verhaltensweisen'. Im jüdischen Bereich wird fiir die Priester eine Hand- und Fußwaschung wr dem Betreten des Heiligtums wrgeschrieben (Ex 30,17-21; 40,3Q-32)' 0 • Das scheint in neutestamentlicher Zeit in Geltung gestanden zu haben. Darüber hinaus Qlbt es Grund zur Vermutung, daß in neutestamentlicher Zeit die Anforderung, den 1
Vgl. W(ngst, Q(m(ind(, S. 195.
z V(rs 27 schild(rt das R(ich(n d(S Brotstück(S und das Einfahf'(n Satans als Koinzid(nz. Subjekt
d(S Satz(s ist Satan. D(nnoch ist (S das Hand(ln J(Su, das das Q(sCh(h(n zwar nicht ~rursacht, aber doch ~ranlaßt. Dab(i RfolgtR (r Ps 41 ; das ist ab(r Ausdruck S(in(r ~lbst~timmung und nicht d(J'(n Einschränkung. ) Vgl. Bultmann, Johannes, S. 493; Ulng, H(rr, S. 65. 4 Vgl. Bultmann, Johannes. S. 496. s Vgl. dazu di( kurz( Darst(llung d(S Diskusslonstand(S b(i Ni(mand, Fußwaschung, S. 172- 177 und F(mira, Eccl(siology, S. I 55f. ' Es darf j(doch nicht ~rschwi(g(n W(rd(n, daß d(r johann(isch( J(SUS auch an and(J'(n St(li(n als ~mi(drigt(r Q(Z(ichn(t wird; insb(Sond(J'( S(i auf Joh 18,40-19,5 ~rwieS(n. Vgl. zum Folg(nd(n Kötting, Art. Fußwaschung und Thomas, Footwashing, S. 26-60. Zur i=unktion \IOn Waschung(n im ritu(JI(n Kont(Xt vgl. Ni(mand, Fußwaschung, S. 269-319. 1 Für d(n römisch(n 8(J'(ich find(n sich nur W(nig( ß(l(g(. Vgl, Kötting, Art. Fußwaschung, Sp. 752, Thomas, Footwashing, S. 44. 9 Es wird (rwähnt, daß sich di( Pri(St(r d(S alt(n Ztush(iligtums in Dodona nicht di( Füß( wusch(n; ung(wasch(n( Füß( sind d(r Ausnahm(fall, d(r nach Erklärung(n ~rlangt. Vgl. Kötting, Art. Fußwaschung, Sp. 748 und Thomas, Footwashing, S. 43. 10 Di( Waschung(n von Händ(n und Fülkn (rgänz(n dab(i (in( (inmalig( GanzköfP(rwaschung zu 8(ginn d(S pri(St(rlich(n Di(nstes. Vgl. Thomas, S. 29 mit WfW(is auf Ex 29,4.
294 Tempelbezirk nur mit gewaschenen Füßen zu betreten, auf Laien ausgeweitet wurde (Philo, Quaest in Ex 1.2'; Jos, Ant Vlß, 2T; Mischna, BeTakot 9.5; POxy 84). Die Fußwaschung gehörte im gesamten mediterranen Raum zu der täglichen Hygiene1 und war nicht auf die Oberschicht beschränkt4 • Von Fußwaschungen durch andere hören wir innerhalb des Hauses von solchen an Ehemännern und Vätern durch Ehefrauen~ und Töchter oder Sklavinnen und Ski~ sowie von solchen an Gästen durch Ski<Mn und Sklavinnen vorzugsweise im Zusammenhang eines Gastmahls'. Innerhalb des Hauses scheinen Frauen für die Fußwaschung bewrzugt worden zu sein'. Außerhalb des Hauses wird im Talmud, also in späterer Zeit, von Fußwaschungen an Lehrern durch Schüler berichtet'. Die Fußwaschung galt als typischer Ski~ dienst, durt:h den der Waschende erniedrigt wird. Zur Fußwaschung werden überwundene Feinde gezwungen o-tdt. Hist VI, 19; vgl. Ps 60, 10); wer Freie dazu zwingt. erweist sich dadurch als unmenschlicher Unhold' (Skiron und Theseus); jüdische Ski~ sind von der Pflicht zur Fußwaschung befreit (Mekllta zu Ex 21,2~ wodurch deren Würde als Juden bewahrt wird' 0 • Die Fußwaschung durch Schüler, Ehefrauen und Kinder ist Ausdruck der Autorität des Lehrer.; und Hausvaters und Zeichen der Ehrerbietung durch Frauen, Kinder und Schüler. Die Fußwaschung ist immer Ausdruck eines Ranggetälles. Menschen mit niedrigerem Status waschen denen mit höherem die Füße''. ln der Erzählung vom Fußwaschbecken des Amasis o-tdt. Hist 11, 172) wird die Rangordnung der Menschen auf der Ebene der Dinge 1 " ••• according to th~ saying, onc: should not ~ntc:r with unwash~ f~c:t on thc: pa~mc:nt of th~ tc:mplc: of God." 1 ..And having fillc:d thc: sc:a with wat~r. h~ sc:t apart for his pri~ts to wash (vilrtuv) thc:ir hands and fc:~t in wh~n they c:ntc:rc:d thc: tc:mplc: and wc:rc: about to go up to thc: altar ... " 1 Im AT kann auf 2. Sam 11,8 (David zu Uria), 19,24 und Hld 5,3 ~rwi~n wc:rd~n. Zur Diskussion um 2. Sam 11,8 vgl. Thomas, Footwashing, S. 31f. 4 Vgl. Juv, Sat 3,271 ff und Luk, D~m 4: "You must not concc:M, how~r. that h~ rush~d into thc:sc: mattc:rs with unwashc:d fc:c:t, as thc: saying go~." ~ Im rabbinischc:n Judc:ntum find~n sich Anwc:isung~n. di~ di~ Fußwaschung nc:ben d~m Einschc:nkc:n d~ Bc:ch~rs und d~m Vorberc:itc:n dc:s B~tt~ zu den Aufgab~n d~r Ehdrau zähl~n. die: di~ nicht an ~in~ Sklavin dc:lc:g~rc:n kann O<~t 5.5; bK~t 61a). Es wäre: zu prüf~n. ob damit s~xu~ll~ B~zi~hung~n zwischc:n Sklavin und Eh~mann unt~rbund~n wc:rd~n soll~n; di~ Fußwaschung wird zwc:imal im Zusam~nhang mit s~xu~ll~n B~i~hungm ~rwähnt (2. Sam 11 ,8; Hld 5,3). ' Klinghardt, G~m~inschaftsmahl, S. 48, wc:ist darauf hin, daß im paganc:n Raum di~ Waschung d~r Händ~ wr d~m Mahl rituc:llc:n Charakt~r hab~n könnt~. Für di~ Fußwaschung ~rsch~int das nicht wahrsch~inlich; si~ hatt~ di~ praktisch~ Funktion, d~n Stra~nstaub zu mtf~m~n. b~r man sich zu Tisch l~gtc:. 7 Kötting, Art. Fußwaschung, Sp. 753. 1 Di~ Bc:l~~ sind (I) spät (aus d~m babylonischc:n Talmud; vgl. Kötting, S. 758) und (2) n~nn~n di~ Fußwaschung nicht ausdrücklich. ' Gaius habe s~in~ S~natorc:n g~~mütigt, ind~m ~r si~ nur mit d~m L~nd~ntuch bc:kl~id~t zu Füßc:n s~in~ Diwans stc:h~n li~ß; damit könnt~ ang~d~ut~t sc:in, daß c:r sie: zur Fußwaschung zwang; so ~rstc:ht ~ Schn~ll~. Schul~. S. 213. 10 Martin, J~wish Family, S. 116, hält di~ Untc:rschc:idung wn h~idnisch~n und jüdisch~n Skla~n in d~r Mischna für ~in Postulat und nicht für ~in~ Aussag~ üb~r di~ rc:al~n sozial~n Vc:rhältnis~. Dc:nnoch zc:igt sich an dc:r Aussag~. auch w~nn ~ sich um c:in Postulat hand~lt, daß Fußwaschung als Skla~ndi~nst und als c:mi~rig~nd galt. 11 Thomas, Footwashing, S. 42.
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abgebildet. Das Fußwaschbecken bekleidet in dieser Ordnung den niedrigsten Rang. Am anderen Ende der Skala befindet sich das Götterbild als Symbol für den höchsten denkbaren Rang'. Der umgekehrte Faß kommt nicht vo(. Das Qllt auch für die Fußwaschungen durch freie FTauen. Der VetSUch, dieses Tun duTth den Hinweis. es geschehe aus Uebe. aus dem Ranggefüge zu entfernen, ~ennt m. E. daß die liebe zwischen Mann und Flau dieses Ranggefäße nicht relativiert, sondern nachvollziehr. Gerade die Fußwaschung an Joseph durth Aseneth demonstriert das: Die hochmütige und männerfeindHche Aseneth wird durth die liebe bereit. sich ihrem (zukünftigen) Gatten unterzuordnen•. DeutHch ist, daß
Di~ Erzählung ~lativiert di(S~ Ordnung. Si~ l~gitimi~rt d~n Aufsti~g. indem si~ di~ Substanz höh~r schätzt als die Form, also g~wiss~nnaßen natumchtlich argumenti~rt. 1 Di~ Erzählun_g O~a 1,1, 1, 15 c 58) von d~r Mutt~r d(S Rabbis, die ih~m Sohn di~ Füße wasch~n will, ist als Ub~rordnung d(S Rabbi-Schül~r-V~rhältnisscs üb~r das Elt~m-Kind-V~rhältnis zu vtrst~h~n. Vgl. Kötting, Art. Fußwaschung, Sp. 758. Di~ Erzählung ist auß~rd~m aus spät~~r Zeit. 1 Da di~ Rangordnung zwischen Mann und Frau als natumchtlich begründ~t galt, di~ von Herrn und Sklavtn dag~g~n d~m positivtn R~cht zugcordn~t wurde, war di~ Unt~rordnung d~r Frau tieftr vtrankert als di~ d~r Sklavtn. Dtr Vtrsuch Ni~mands, Fußwaschung, S. 176-187, di~ Fußwaschung als Ausdruck bcsondmr Näh~ und Uebe zu d~ut~n. sch~it~rt m. E. vor all~m an d~r unzu~fftnd~n Meinung, d~ U~be schränk~ di~ Rangordnung ~in; das G~g~nt~il ist d~r Fall. Di~ U~b~ akz~pti~rt di~ .natürliche· Rangordnung frtiwillig. ln der Tat könn~n F~i~ und sogar Hochg(St~llt~ den Sklavtndi~nst d~r Fußwaschung üb~mehmen, ohn~ sich dadurch zu ~ntwürdig~n. Das gilt aber nur dann, w~nn d~rj~nig~. d~m si~ di~ Füße wasch~n. ~in~n höh~~n Rang inn~hat und dies~r Unt~rg~ordn~t~r d~n Di~nst an z.T. ~xzcption~ll hochrangig~n ~rson~n übt. Das läßt sich an all~n ang~führt~n B~ispiel~n aufz~ig~n: Eurykl~ia ist als Amm~ d~m Haus d~r ~n~lopr zug~hörig und sclbstvtrständlich wcisungsgebund~n. Dennoch wird d~utlich, daß di~ Fußwaschung an ~in~m Gast an sich ~in~ Zumutung ist. Möglich wird das nur dadurch, daß si~ b~~its ahnt, daß (5 sich um d~n König Odysscus hand~ln könnt~. Als Amm~ ist si~ dem König Odysscus j~denfalls d~utlich unt~rg~ordnet. Di~ Fußwaschung an Salomo durch ~in~n arm~n F~i~n gilt immerhin ~in~m König! Auch di~ Di~nst~ d~r F~und~. von d~nen Plutarch bericht~t. ~rd~n mit Pomp~ius ~in~m Mann mit ausgesproch~n hohem Ansch~n ~rbracht. Di~ Fußwaschung~n durch Schül~r parall~lisi~rt Ni~mand, Fußwaschung, S. 184, Anm. 58, d~n~n durch Kind~r und m~int sie d(SW~g~n in d~n B~~ich rangfrt~r U~be ~inordnen zu können; das vtrkcnnt di~ gesellschaftlich~ Einschätzung von Kindem in ~klatant~r W~is~! Der Status von unmündig~n Kind~m war d~n~n von Sklavtn durchaus vtrgl~ichbar! Si~ hatt~n k~ine Eh~! Das schli~ßt natürlich nicht aus, daß si~ g~li~bt wurd~n: di~ U~be galt ihnen aber in ähnllch~r W~isc wi~ Hausti~~n oder Sklavtnkind~m. Zuj~a I, I, 1, 15 c 58 s.o .. B~i d~r Bcsp~chung d~r Fußwaschung als Zcich~n eh~lich~r. ~rotisch~r U~be hätt~ d~m Autor auffall~n können, daß sie ausschl~ßlich von Frau~n Männ~m g~g~nüb~r ~rbracht od~r ang~bot~n wird! U~b~ unt~rwirft di~ Frau d~m Mann. Männ~r wasch~n Frau~n ni~ di~ Füß~. auch nicht aus U~b~! M~int Ni~mand also, daß J(SUS scin~n Jüng~m g~g~nüb~r agi~rt wie di~ vtrli~bt~ Frau ih~m Mann g~g~nüb~r od~r zi~ht er (5 vor, ~trus d~m Pompeius zu vtrgl~ich~n? Einzig d~r Bcl~g aus d~m Midrasch Rabba zu Exodus 25,6 spricht vom Di~nst d(S Höhe~n. Gott(S s~lbst nämlich, an cl~n Ni~drig~n. d~n M~nsch~n. Hier find~t sich tatsächlich di~ Üb~rz~ugung vom Positions~chscl zwisch~n Gott und M~nsch und belegt di~ gl~ichz~itig~ Entwicklung d~r Vorst~llung im rabbinisch~n Jud~ntum. Di(S~r Bcl~g ab~r z~igt unzw~id~utig, daß die Fußwaschung als Sklavtndi~nst vtrstand~n wird. Vgl. dazu Aristot, Pol 1260a und oben S. 25, Anm. 76. 4 Dab~i spi~lt auch ~in~ Roll~. daß dabei die H~idin d~n höh~~n Rang d(S Jud~n anerkennt. Vgl. oben S. 126. Als ~chtlosc und ni~drig~ Waise vtrtraut si~ sich Gott als d~m Vater an, und als Sklavin biet~t si~ sich d~m Mann Joscph an. So wi~ Gott sie zur Zufluchtsstadt für di~ Völk~r ~rhöht ( 15,6), so ~rhöht si~ Joscph zu scin~r R~cht~n. 1
296 die Fußwaschung ein der natürlichen Ordnung der damaligen Gesellschaft angemessenes Ranggefäße abbßdet. Wenn Jesus seinen Jüngern die Füße wäscht, übernimmt er für die Dauer dieser Handlung die Roße eines Ski&Mn, einer Frau oder eines Schülers'. Seine Jünger bringt er damit in die Position wn Lehrern oder Herren. Die Fußwaschung löst also einen zweiseitigen Positionswechsel aus. Jesus übernimmt die niedrige Position freiwillig; darin unterscheidet er sich wn Sld&Mn. Er übernimmt sie entgegen der natürlichen Ordnung; darin unterscheidet er sich wn Frauen. Er übernimmt sie als einer, der überlegenes Wissen hat; darin unterscheidet er sidl wm Schüler. Das Mahl, dem die WasdlUng allerdings gewöhnlidlerweise wrweggeht, ist zuwe1len mit dem Motiv des Positionswechsels oder der Aufhebung der Statusunterschiede verbunden3• An den Saturnalien hatten die Herren ihre Ski&Mn zu bedienen (Lukian, Satum 17), und wm nabatäischen Königshof wild beridltet, daß der König zuweilen seine Gäste bediente (Strabo XVI 4,26). Ob das für Joh 13, 1-20 wn Bedeutung ist, ist davon abhängig, ob man die Plazierung der Fußwaschung in das Mahlgeschehen hinein für den Versuch halten will, Traditionen, die zum Gastmahl gehören, auf dessen Vorbereitungshandlungen hin auszuweiten. Diese Verlegung findet in der Forschung keine auch nur annähernd befriedigende Erldärun~.
17 .3. Die Fußwaschung: der Statusverzicht Jesu und die Aufforderung an die Jünger Zur Gliederung Die Erzählung wn der Fußwaschung gliedert sidl wie folgt: V 1-3
Einleitung in den zweiten Te1l des Evangeliums und in die Erzählung wn der Fußwaschung. 1 - Zeitangabe und Jesu Wissen sowie dessen Folgen für das Verhalten den Jüngern gegenüber t - Angabe der Umstände der folgenden Handlungen (Fußwaschung, Verräterszene und Abschiedsrede) und deren Charakterisierung 3 - Bestätigung des Status Jesu
1 Dir Fußwaschung durch Schülrr ist für nrutrstarnrntlichr Ztit nicht brlrgt. Ein Hinwris dafür, daß sir wllricht drnkbar war, könntrn dir W 13f srin: Jrsus bntätigt das Ungrwöhnlichr srines Tuns dadurch, daß rr auf srinrn Status als uhrrr und Hrrr ~rwrist. V 14 nimmt das auf. Das könntr darauf hindrutrn, daß rr als Lehrer rbrn solehr Rrchtr innrhattr wir als Hrrr; dazu könntr drr Empfang von Fußwaschungrn zählrn. 2 Vgl. Klinghardt, Grmrinschaftsmahl, S. 167.195. 1 Virlr Auslrgrr äußrm sich gar nicht dazu; Thomas, Footwashing, S. 83, ~rrnutet, dir Verlegung dirne drr Hrraushrbung drr Handlung. 4 Orr Text von 13,2 ist an zwri Stellrn in Variantrn Obrrlirkrt. Vgl. Mrtzgrr, Commrntary, S. 240 und Culprpprr, Anatomy, S. 24.
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V 4.5
Fu~~un~an~ng
V 6-103
Dialog mit Petrus 6f- Umeständige Frage des Petrus und .Jesu Hinweis auf em späteres Vemändnis 8f- Petrus' Weigerung und .Jesu Hinweis auf die Konsequenzen 9f- Petrus' Bitte und Jesu "Waschungsregel"'
' Joh I3,10 ist uneinheitlich ü~rliefert. Die textkritische Entscheidung ist für die Auslegung von erheblicher Bedeutung. Im Vaticanus, in der Urschrift des Codex Ephraemi Rescriptus sowie im Freerianuns und Athous Laurensis ist Joh I3,10 mit dem folgenden Text überliefert: oUc: lxu XpEiav El 11~ tobe; 11~ v(ljlao8cu. Mit einer Abweichung im Vordersatz (o&i XPEiG.II ixr•) bieten sie auch der Kodex Regius, die Minuskelfamilie 13, die Minuskeln 157, 892 und 1071 sowie ein Text von zwei Vorkommen im Lektionar 253 und das Lektionar 547. Die Lesart wird unterstützt von wichtigen Zeugen der altlateinischen Überlieferung, der clementinischen Vulgata, der syrischen Harclensis und der palästinischen syrischen Übersetzung sowie dem bohairischen, sahidischen und subachimischen Zweig der koptischen Überlieferung. Diesen Text kommentierte Origenes; Kyrill, Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Speculum kannten ihn, zum Teil neben anderen Lesarten. ÜliK ixr• XPfiG.II ~; ,Jß} TO~ ~ ,.m..o" 11i~ lesen P ", der Kodex Koridethianus und mit geringfügigen Abweichungen die Minuskel 1424 und die andere der ~iden Vorkommen des Lektionars 253. Diese Variante wird unterstützt von der sinaitischen Handschrift der Vetus Syra und der Ptschitta, der protobohairischen Überlieferung der koptischen Übersetzungen und der georgischen Ü~rlieferung. Ambrosius und Quodvultdeus kennen diese Lesart und benutzen sie an einer von 6 bzw. von 2 Stellen. Chrysostomos und Se\lerian benutzen sie mit geringfügigen Änderungen. Das fi ,Jß} ersetzen durch ein ~ P '\ der Alexandrinus, die dritte Hand des Kodex Ephraemi Rescriptus, der Kodex Sangellensis, die Majuskeln 0141 und 0233 wie es scheint, die Minuskelfamilie I, die Minuskeln 28, 180, 205, 597, 700, 1006 und ergänzt 1010, 1241, 1243, 1292, 1342 und 1505; so lesen auch die byzantinische Koine und die Lektionare. otiK ixu xpdav vt1Jiao8cu lesen dagegen der Sinaiticus, die Minuskel 579, die jedoch das vtljlao&cu ausläßt und das Lektionar 1016, welches oUc: lxu XPEiav tobe; 11~ vtljlao&cu bietet. Die Version des Sinaiticus wird gestützt von altlateinischen Zeugen (aur und c), der Wordsworth-White und der Stuttgarter Ausgabe der Vulgata. Origenes, Tertullian dem Anschein nach, Optatus, Ambrosius, Chromatus, Hieronymus, Augustin und Quodvultdeus lesen (einige teilweise) diese Variante. Der Codex Cantabrigensis, ein altlateinischer Zeuge und Epiphanius lesen ® XPEia.11 ixr• T'!j11 Kf~.;,., llit/;a.a6a.l fi ,Jß} ~ ~ ,.,.011011. Die Lesarten von V IQa lassen sich auf einen Kurztext (oUc: fiEL XpEiav v(ljlao8cu) und einen Langtext (oUc: lxn XPELav d 11~ tobe; 11~ vtljJao8cu) ~rteilen. Es werden weiterhin sowohl die Bevorzugung des Kurztextes (zuletzt O'Neill, John 13:10) als auch die des Langtextes (zuletzt Niemand, Fußwaschung, S. 252-256) ~rtreten. Die äußere Bezeugung des Langtextes ist jedoch umfangreicher und breiter. Der Hauptzeuge des Kurztextes ist der Sinaiticus, der Hauptzeuge des Langtextes der Vaticanus. Die Version des Vaticanus wird jedoch darüber hinaus von P ", sowie der sahidischen, bohairischen, lateinischen (it j und syrischen Überlieferung bezeugt, wohingegen der Kurztext nur sehr ~reinzelt ü~rliefert wird. Die Bevorzugung des Kurztextes stützt sich denn auch auf innere Kriterien und sogar auf inhaltliche Postulate wie bei O'Neill (.We start with the largescale exegetical argument that no reading that refers to some previous ritual bathing other than the '>ne under consideration, namely footwashing, is likely to be original:, O'Neill, John 13:10, S. 69. Vgl. Culpepper, Hypodeigma, S. 140: "The shorter reading probably fits the narrati\oe flow of vv. 611 better:). M. E. ist der Langtext aufgrund der besseren äußeren Bezeugung und als lectio difficilior vorzuziehen. Gegen das erste Argument ist eingewandt worden, daß der Variantenreichtum, in dem der Langtext ü~rliefert ist, gegen dessen Ursprünglichkeit spricht und sich besser als ~rschiedenartige Erweiterungen eines ursprünglichen Kurztextes erklären läßt. Vgl. Lindar, John, S. 451; Lohse, Fußwaschung, S. 8; Schnackenburg, Johannes IJJ, S. 22, Anm. 50. Nach der Beobachtung, daß die Varianten des Langtextes eben die sind, die bei dessen Ursprünglichkeit
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V 10b.11
V 12a V 12b-15
V 16-20
Verräternotiz Beendung der Fußwaschungshandlung Belehrung der Jünger 12b - Jesu Frage nach dem Verständnis der Jünger 13 - Der Hintergrund der Handlung: Jesu Herr Sein - Konsens mit den Jüngern 14f- Gebot Überleitung zur Verräterbezeichnung
Zur Einheit der Erzählung von der Fußwaschung Die Einheitlichkeit der Perikope ist duTd1 drei' Beobachtungen in Frage geste11e: 1. Die Verse 1-3 gelten als überladen und im Stil unjohanneisch. 2. Vers 1oa (Langtext) nennt eine weitere Waschung, die in der Perikope nicht erwähnt wird. Die in Vers 8 als heUsnotwendig bezeichnete Fußwaschung wird hier nur noch konzediert oder als Ergänzung einer grundlegenden Waschung \erStanden. Zu Vers lOb hin findet sich außerdem ein Numerus- und ein Themenwechsel. 3. ln den Versen 6-l<>a und 12b-17 finden sich zwei Deutungen, die als Dubletten verstanden werden können. Gewichtiger ist noch, daß diese Deutungen durdl die Verse 7 (yvWaß & ~ taüta) und 12b (ru)(:OCE"tE tt oorotTJ
zu trwarttn stitn (Thomas. Footwashing, S. 20), ist auch htrvorzuhtbtn, daß bti der gtringtn Btztugung des Kurzttxtts auch wtnigtr Varianttn zu trwarttn sind. Einhtitlich ist abtr auch tr nicht übtrlitftrt: Otr zwtitt gritchiseht äugt, dit Minusktl 579 läßt vttjlao6cu aus, das Lcktionar 1016 fügt toLl; n6~ tin. Otr Kurzttxt wird also nicht tinmal von zwti gritchischen Zeugen in identischer Form geboten. Drti äugen lestn drti Varianten. Das Argument, der Kurztext sei vom Kontext gefordtrt (Culpepptr, Hypodtigma, S. 140), kann auch als Argument dafür gewertet wtrdtn, daß dtr Langtext als lectio difficilior vorzuzithtn ist. Vgl. Niemand, Fußwaschung, S. 254. Ditse Bewtrtung kann dadurch gestützt werden, daß der Langtext nicht als lectio absurda abgetan wtrdtn kann. Das gilt sowohl hinsichtlich des AnschiUSsts mit U.U.U (vgl. Mttzgtr, Commtntary, S. 240; Niemand, Fußwaschung, S. 208, bes. Anm. 56) als auch für die inhaltliche Vorstellung; Owanga-Wtlo, Footwashing, S. 241, hat auf Stn, Ep 86, 12 vtrwiestn, wo ein wöchentliches Vollbad zusammtn mit täglichen Teilwaschungen als rtpublikanische Sitte erwähnt wird. Für den Langttxt entscheidtn die neuesten Arbeiten zu Joh 13, Niemand, Fußwaschung, S. 255 und Thomas, Footwashing, S. 25. Vgl. auch Stgovia, John 13, S. 44, Anm. 33. ' Als vierte Stobachtung kann man noch die Spannung zwischtn V 2 und V 27 hinzuzähltn. V 2 erwähnt btrtits, daß der Ttufel Judas dtn Vtrrat eingegeben habe; V 27 erzählt, wie Satan, nachdem ihm Jesus dtn Bissen gerticht hat, in Judas einfährt. Ditst Spannung steht in Zusammenhang mit der textkritischtn Entscheidung. Barrttt, John, S. 439, hat vorgeschlagen, mit .the devil had alrtady made up his mind that Judas should betray him" zu f;bersetzen. Das unterstellt einen Stmitismus. Bultmann, Johannts, S. 353, Anm. 4, weist diese Erklärung zurück. Hinsichtlich der Textüberlieferung gibt er alltrdings dtr Lesart des D-Textes den Vorzug, was sicherlich nur schwer haltbar ist. Thomas, Footwashing, S. 82, weist darauf hin, daß unabhängig von diestr Übersetzungsvariante und der textkritischen Entscheidung, Johannes Judas mit seiner zunehmenden Abwendung von Jesus als Kontrast zum wachstnden Glauben dtr Jüngtr darsttllt. Dit zweimalige Erwähnung in V 2 und 27 sttllt zwti Staditn in diestr Entwicklung dar und müsst nicht als Dubltttt angtsprochen werden. 2 Vgl. Schnackenburg, Johannes 111, S. 7f; Stgovia, John, S. 36. ebd ..
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geraten: ~ tatmx bezieht sich auf die Zeit nach der Passion 1 ; in Vers 12 ist von diesem Vemehen (yLvWa!<:w) als einem gegenwärtigen Geschehen die Rede. Ad 1. Die Beobachtungen zu den einleitenden Versen las5en sich durch den Verweis auf ihre Funktion als Einleitungsverse sowohl ffir die Erzählung von der Fußwaschung als auch ffir den ganzen zweiten Evangeliente'll befriedigend erldären 1 • Daß an keiner anderen Stelle so dicht fonnuHert wird, hängt damit zusammen, daß zwischen den Kapiteln 12 und 13 der tiefste Einschnitt des EvangeHums liegt Ad 2. Der Numerus- und Themenwechsel zu VERSlOb hin läßt sich als Element der Verknüpfung der Verräterthematik mit der Fußwaschungserzählung ~ehen. Die Szene steht dadurch unter einer steigenden Spannung, die mit Vers JOf ihren Höhepunkt erreicht: Die Passion ist angebrochen. VetS 103 bezieht sich mit dem Verb >..ow nicht auf die Fußwaschunif. Die VetSUdle, die Verben >..o\x..> und vbrrw ffir synonym zu erklären\ können nicht überzeugens. Mit >..ow wird die Waschung des ganzen Körpers. mit vtmw eine Teilwaschung bezeichnet'. Fs ist entweder anzunehmen, daß wir mit Vers 103 auf eine andere titerarische Schiehe stoßen oder daß der Text bewußt auf eine Überlieferung außerhalb seiner \6Weist'. Allein, daß die Fußwaschung zwei Deutungen erfährt und die zweite sich an die Gesamtheit der Jünger richtet, wohingegen die etSte im Dialog mit Petrus entfaltet wird, gefährdet die These von der Einheit des Textes und die Zusammengehörigkeit der beiden Deutungen nicht. Kleinknecht hat auf die GHederung des Kapitels hingewiesen, die ihn dazu ~nlaßt zu fragen, ob man "in dem Nebeneinander nicht eher eine bewußt gewählte Darsteßungsfonn zu sehen habe, die die Fußwaschung unter zwei \mehiedenen, sich keineswegs ausschließenden Aspekten in den Blick bringen Will?"' Auch daß ein Dialog mit einem Jünger von einer Anrede an sie alle gefolgt wird, hat
1 Bultmann, Johannes, S. 351; 361, Anm. 8; Schnackenburg, Johannes 111, S. 7, Segovia, John, S. 42. 1 Culpepper, Hypodeigma, S. 135f; vgl. Kleinknecht, Johannes 13, S. 365. 1 Wenn man meint, A.ow beziehe sich auf die Fußwaschung, muß man (a) annehmen, daß für diese nun ein anderes, und zwar weniger geeignetes Wort verwendet wird und zudem (b) das für die Fußwaschung bisher verwendete Wort, vlntw, nun negativ bewertet wird. Vgl. Niemand, Fußwaschung, S. 233. Diese Bedeutungsvtränderung ware Oberdies im Text nicht gekennzeichnet. • Culpepper, Hypodeigma, S. 140, votiert fQr den Kurztext und bezieht A.oU.:oecu auf die Reinigung durch den Tod Jesu, der in der Fußwaschung im voraus abgebildet wird. Das ist sowohl wegen der Bevorzugung des Kurztextes als auch wegen der fthlenden Erklärung des Wechsels der Terminologie nicht überzeugend. s Philo, Som I, 148 und POxy 840 ~rden als Belege fQr die Synonymität der beiden Begriffe herangezogen. Thomas, Footwashing, S. 98f und Niemand, Fußwaschung, S. 198-202, zeigen, daß ~eide Stellen die Be~islast nicht tragen können. Vgl. Segovia, John 13, S. 44. Hinzu kommt, daß auch die Wahl des Partizips ~rfekt auf die Intention, ein vorzeitiges Geschehen zu bezeichnen, deutet. 6 Vgl. Oepke, Art. A.ow Kd.., S. 298ff. 7 So votierte zuletzt Niemand, Fußwaschung. 1 So deutet es Thomas, Footwashing, S. 100: Der Text erinnere die textinternen Hörer, die Jünger, an die Tauft und die Leser an den Tod Jesu (mit Verweis auf 1. Joh 1,7t}. ' Kleinknecht, Johannes 13, S. 368.
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Parnllelen •. Das Verhältnis wn Vers 7 mit der Ansage, die Fußwaschung werde mt nachöstertidl ~nden weiden und Vers 12 mit der FTage, ob die Jünger die Fußwaschung \mtanden hätten, stellt die Einheit der beiden Deutungen jedodl ernstlidl in Frage. Thom~ will sie aufrechterhalten, indem er darnuf hinweist, daß im Johannesev.mgelium alle heilsrelevanten Wahrheiten erst nadl der Passion und Ostern ~anden werden können, aber bereits zuvor schrittweise entfaltet und erklärt werden. Mit zwei Stufen des entstehenden Verstehens haben wir es bei der ersten und dann der zweiten Deutung zu tun; wllständig weiden sie den Sinn der Fußwaschung erst später erkennen. Culpeppe( nimmt die Spannung als einen logischen Brudl wahr, den er mit dem Hinweis auf~iedene Adressaten, die (textintemen) Jünger im Fall der ersten und die (textexternen) Leser im Fall der zweiten Deutung zu erklären \omudlt. Folgende Beobadltungen lindern die Spannung m. E. weiter: (1) Das Thema des Dialogs zwischen Jesus und Petrus ist deren Verhältnis; das zeigen die Skrupel, die Petrus hat, als Jesus ihm die Füße wasdlen will, und das läßt die Antwort Jesu in Vers 8 erkennen. Audl Vers 7läßt sidl als Aussage über das Verhältnis von Petrus und Jesus \erStehen: Zwar übernimmt Jesus jetzt die Rolle des Ski~. dabei aber bletbt er ihm überlegen. Er allein kennt den Sinn dieses Verhaltens, Petrus ist nidlt eingeweiht. (2) Daß ~ 'tlliml auf die Zeit nadl der Passion und der Auferstehung weist. halte idl für zweifelhaft•. Der Ausdruck bezieht sidl im Johannesevangelium ausschließlidl auf unmittelbar darnuf oder in näherer Zukunft stattfindende Geschehnisse~. Er verweist nidlt ein einziges Mal auf die Zeit nadl der Erhöhung. Zwar kennt das Johannesevangelium die Vorstellung, daß die Jünger mt nach der Erhöhung einzelne Züge des Verhaltens Jesu \erStehen; dieses Motiv begegnet aber explizit als Kommentar zum erzählten Geschehen' und nidlt in Jesu Mund innerhalb eines Gesprächs oder einer Erzählung. Ebenso trifft es zu, daß das Johannesev.mgelium zwischen der Situation der Jünger wr und nadl der Erhöhung klar unterscheidee. Dabei aber steht nidlt die Erkenntnisfähigkeit der Jünger in Flage. Themen sind der Tod und das Weggehen Jesu sowie die Reaktion der Jünger daTCiuf. Sdlließlidl wird auch die begrenzte Fähigkeit der Jünger, die Worte Jesu aufzunehmen, thematisiert'. Dabei aber spridlt Jesus dawn, daß er sein Reden deswegen einschränkt.
1
Z.B. Joh 14,S-8.9f.22-2S. Vgl. auch Joh 3,2-10 und 11-21. Otr dialogisch aufg~baut~n in d~n Kapit~ln 1Sf. Zu rabbinisch~n
Absch~dsred~ in Kapit~l 14 folgt~ ~in~ monologisch~ Parall~kn vgl. Dau~. Rabbinie Judaism, S. 182f. 1
Footwashing, S. 92. Hypod~igma, S. 141: .On th~ oth~r hand, th~ narrati~ logic may b~ak down b~caus~ th~ ~al audi~ntt for this instruction is not th~ discipl~ but th~ ~ad~rs of th~ narratMm who al~ady know pf J~us· d~ath and rtSSu~ction, though it has not ~t b«n ~port~d in th~ narratM. • G~g~n Bultmann, Johann~ S. 3SS, d~r ~int: -~ ~rst~ht sich von ~lbst, daß das nicht b~d~ut~t: ~nig~ Minut~n spät~r.. ." ~ 6 Joh 3,22; S,1; S,14; 6,1; 7,1; 19,38; 21,1. 7 Joh 2, 22; 12,16. Joh 16,22; 13,19; 13,36; 14,29. ' Joh 16, 12. Joh 8,26f spricht davon, daß .di~ Jud~n· di~ ~rson J~u nicht ...rrst~h~n und sich das, nachd~m si~ ihn g~k~uzigt hab~n wm~n. ~ränd~m wird. Hi~r g~ht ~ ~b~n nicht um das J
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Vers 7 kann also als ein Satz 'Je~Standen werden, der das Tun Jesu insofern deutet, als er Jesu Überlegenheit audl in seiner Rolle als Unterlegener herausstellt. Sein "esoterisches" W6sen Q1bt er mit dem Vers 12 beginnend weiter, nadldem er die Rolle des Skl3\en wieder ~assen hat (Vers 12a). Dabei beginnt er bezeidlnenderweise mit einer erneuten Herwrhebung seiner Überlegenheit als Lehrer und Herr (Vers 13). Trotz einiger Spannungen also kann die Erzählung wn der Fußwaschung als eine Einheit ~anden werden', wobei zu ~uten ist, daß sie nidlt aus einem Schmbrohr stammt, sondern eine längere Entstehungsgeschidlte hae.
Zur Abgrenzung der Fußwaschungserzählung Die Erzählung wn der Fußwasdlung ist eng mit der wn der Bezeidlnung des Verräters ~nüpft. Die Vme 16-20 markieren den Übergang. Vers 17 schließt gut an Vers 15 an, Vers 16 hat die Funktion, das Gebot in den W 14f zu begründen, und ist mit Vers 20 über einen Stirnwortanschluß (Apostel und Aussendenden1) verbunden; sein Zusammenhang mit den Vme 18f ist hingegen schwer einzusehen4 • Vers 20 formuliert den Grundsatz des Botenrechts. Der Satz ist positiv formuHert und erinnert damit an die Aufnahme der Jünger durch Gemeinden. Er kann als Aufforderung, Jünger aufzunehmen verstanden werden. Zwischen Vers 16 und Vers 20 ist dann ein Adressatenwechsel zu konstatieren~. Eine zweite Möglichkeit ist zu erwägen: Im Sinn der Sendungsekklesiologie' wird in den Vmen 16 und 20 bedadlt, daß die Jünger dasselbe Schicksll erleiden werden wie Jesus. Diese Aussagen rahmen die Verräternotiz, also das Verfolgungsmotiv. Die Verständnis der Jünger. Wenn die Jünger Jesus nicht ~rstehen, ~agiert er darauf mit einem weite~n Erklärung~rsuch; vgl. Joh 10,6. 1 Vgl. Themas, Footwashing, S. 125: •This ~ading suggests that what~r tradition lies behind the narrative, the pericope as it now stands has a cohe~nt meaning: Vgl. die Verweise auf die Beobachtungen von Daube und Undars bei Themas, S. 120. z Diese Einschätzung entspricht der Annäherung der Positionen in der Johannesforschung. Die Ve~ter des synchronen Ansatzes bejahen zunehmend ein allmähliches Wachstum des Textes (vgl. Moloney, Reading, S. 241) und die Vert~ter der diachronen Richtung gestehen zu, daß der Endtext mehr als die Summe seiner Schichten ist (vgl. Niemand, Fußwaschung, S. 5f). 1 Die nächste synoptische Parallele Mt 10,24 unterscheidet sich in zwei Hinsichten von Joh IJ, 16. (I) Mt besch~ibt das Verhältnis von Herr und Sklave mit der Präposition i.m(p; Joh ~rwendet I!EL{wv und stellt damit eine Verbindung zu den synoptischen Positionswechsellogien her. (2) Mt stellt zuerst Schüler und Leh~r und dann Skla~ und Herr einander gegenüber; Johannes ~rgleicht zuerst das Schicksal von Skla~ und Herr und dann das von Gesandtem und Sendendem. Das ist deswegen besonders aufcillig, weil V I J und V 16 einen Rahmen um das Gebot zum gegenseitigen Statusverzicht bilden. Seide Verse bezeichnen Jesus als den Übergeordneten und die Jünger als Untergeordnete. Die matthäisehen Paa~ entsp~chen der Wortwahl von IJ, I J exakt. Wenn Joh in V :6 eine ande~ Auswahl trifft, läßt sich das entweder damit erklä~n. daß er das Logion von Mt 10,24 nicht kannte oder damit, daß er es absichtlich ~ränderte. Für eine absichtliche Veränderung spricht die Wiederaufnahme des zweiten Paares von V 16 in V 20. 4 Vgl. Niemand, Fußwaschung, S. 138. Auch Culpepper, Hypodeigma, S. 144, konstatiert nur, .V. 20 ... seems un~lated to its context. • s Vgl. Bultmann, Johannes, S. 364, Anm. 6; Niemand, Fußwaschung, S. 147; beide betrachten die W 16.20 als .Anlagerungsgut•. 6 Fe~ira, Ecclesiology, S. 48. 202.
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Verklammerung soll zeigen: Auch die Jünger werden Verfolgung erleiden. Eine solche Vermutung kann weiter unterstützt werden, durch den Verweis auf 13,36 ff, wo wn dem jetzt unerffißbaren, später aber erffilltern Wunsch des Petrus gesprochen, "mit Jesus zu gehen", also ebenfalls das Verfolgungsschicksal zu erleiden. ln 15,20' folgt auf eine Pa131lele zu 13,16 ebenfalls eine an das Boteninstitut erinnernde FonnuHerung; hier ist dawn die Rede, daß die Jünger an der Verfolgung und an der Autorität ihres LehreiS teilhaben. So wie .Jesu Wirken Feindschaft und Aufnahme auslöst (1, 12}, so auch das Wirken der Jünger.
Zum Kontext Mit dem Kapitel 13 beginnt der zweite Te1l des JohannesevangeHu~. Kapitel 12 schließt das öffentliche Wirken .Jesu mit einem theologisch reflektierenden Schlußwort ab1 • So klar dieser Neuanfang einerseits markiert ist, so läßt sich der Übergang zwischen dem book of signs und dem book of glory• auch als Q13dueßes Geschehen ~tehen. Owanga-Welo hat wrgeschlagen, den Beginn des zweiten Ev.mgeliente1'1s bereits mit 11,55 und der ersten Erwähnung des kommenden Passafestes beginnen zu Iassens. Auf der anderen Seite befinden wir uns in Kapitel 13 auch noch in einem Zwischenstadium': Mit der Fußwaschung wird wn Jesu letzter "Handlung" erzählt, und mit der Person des Judas werden die Jesus ablehnende ÖffentHchkeit und sogar der Teufel selbst noch als anwesend gedacht. Erst 13,30 mit der No~ daß Judas die Gruppe verläßt und ins Dunkel entschwindet, ist der ÜbeTgang abgeschlossen, die Gruppe der Glaubenden unter sich und mit dem Ver13t des Judas die Passion in Gang gesetzt. Stehen im ersten Evangelientell die Jünger eher im Hintergrund, treten sie wn Kapitel 13- 17 ins Zentrum des Interesses. Die Rolle .Jesu wird auch neu akzentuiert: Er wird zum Sendenden (13,2o!Y. ln den ersten Evangelientell hinein ist die Erzählung wn der Fußwaschung über das Motiv der ~tunde .Jesu" mit dem Weinwunder wn Kana, das außerdem auch noch mit dem Thema Reinheit befaßt ist sowie die MotM Wasser und Wein anspricht', und mit den Reden, mit denen Jesus bei den Zuhörern auf massi\e Ablehnung stößt in Kapitel 7,30 o~r Aufbau von Kap I 5 ist parall~l zu Kapit~l I 3; vgl. unt~n. Bultmann, Johann~s, S. 348; Kl~inkn~cht, Johann~ I 3, S. 364; Thomas, Footwashing, S. 62; Schnack~nburg, Johann~ 111, S. I: "Schon ~in äuß~rlich gibt ~ k~in~n so stark marki~rt~n N~uansatz m~hr wie in I 3, I." J • Schnack~nburg, Johann~ II, S. 5 I 3. Brown, John, S. 241. ~ Owanga-W~Io, Footwashing, S. 123. Oag~g~n spricht vor all~m das "Schlußwort" in 12,43ff. Vgl. Thomas, Footwashing, S. 63, Anm. 4. 6 Vgl. w~nig~r d~utlich di~ ~z~ichnung b~i Thomas, Footwashing, S. 68, als "p~paration" d~r I
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Abschi~dsrtd~n.
Vgl. Owanga-W~Io, Footwashing, S. 170, d~r davon spricht, daß di~ Jüng~r zum koll~kti~n zum "Oonor and ~nd~r· w~rd~. 1 O~m W~inwund~r in Kana folgt di~ T~mp~l~inigung b~im ~rst~n d~r d~i Passaf~t~. di~ J~us in d~r üit s~in~ öff~ntlich~n Auftrtt~ns ~rl~bt~. Di~s~r folgt di~ ~rste Ansag~ ~in~ Tod~.
1
H~ld~n d~ zw~it~n T~ils w~rd~n. wohing~g~n J~us
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und 8,20, ~nüpft. An beiden Stellen wird das bewrstehende Weggehen Jesu erwähnt' und sein Status als überlegener Offenbarer besonders herausgestellr. Die Chronologie über die Erwähnung der Passateste stellt Verbindungen zur Ternpelreinigung, die wr dem ersten Passafest stattfand, und zur Brotrede, die wr dem zweiten Passafest gehalten wurde, her. Der Vorgang der Fußwaschung selbst ruft die Salbung Jesu dun:h Maria in Bethanien in Erinnerung (Joh 12,1 ff), die ebenfalls bei einem Mahl stattfand und mit dem BegTäbnis Jesu in Zusammenhang gebracht wird. Die Figur des Judas schlägt zwischen der Fußwaschung, der Brotrede und der Salbung dUTCh Maria eine weitere Brücke. Nach der Brotrede wird er erstmals als der künftige Verräter und als ein Teufel bezeichnet, in Bethanien tritt Judas als Kritiker an der Hochschätzung Jesu durch Maria auf. Petrus\ der Dialogpartner Jesu in den VeTSen 6-10, begegnet im Johannesevangelium erstmals bei seiner Berufung; er erhält den Ehrennamen Petrus. Zum nächsten Mal treffen wir ihn im Anschluß an die Brotrede als Sprecher des Zwölferkreises: Er begründet die Entscheidung der Zwölf bei Jesus zu bleiben und formuliert ein Bekenntnis (Joh 6,68tt. Direkt im Anschluß an die Erzählung wn der Fußwaschung ist es Petrus. der den UebHngsjünger dazu ermutigt, Jesus nach der Identität des Verräters zu fragen (Joh 13,24). Noch in derselben Szene beschwört Petrus seine Bereitschaft, Jesus mit seinem Leben zu schützen (Joh 13,28) und wird wn ihm korrigiert. Das wird in der Passionserzählung aufgenommen: Petrus wm .Jesus bei der Gefangennahme mit Gewalt verteidigen (Joh 18,10) und \eieugnet ihn anschließend (Joh 18,17.25-27). Am Ostermorgen e~len der lieblingsjünger und Petrus zusammen im Wettlauf zum leeren Grab (Joh 20,2-6). Im Nachtragskapitel stürzt sich Petrus in den See. um zu Jesus zu schwimmen und wird wn ihm mit dem Hirtenamt betraut, wobei ihm das Martyrium angesagt wird. Die Gestalt des Petrus begegnet also wr allem im zweiten Te1l des Evangeliu~ jedoch nicht in den Abschiedsreden. Sie ist in besonderer Weise mit der Passion Jesu und der scheiternden und reifenden Bereitschaft zur leidensnachfolge verbunden'. 'Joh 7,33f; 8,21f. Joh 7,28f; 8, 14.18f. 1 Kltinkntcht, Johannts I 3, S. 274, wtist zusätzlich auf dit paralltltn Satzstruktu~n und -inhaltt von Joh 6,53 und Joh I 3,8 hin. 4 Darauf, daß tS nicht zufällig ~trus ist, dtr sich gtgtn dit Fußwaschung wthrt, hat Thtißtn, Contlits, S. 214, aufmtrksam gtmacht. ~ Vg. Simon, Petrus, S. 17f. 6 Thtilkn, Contlits, S. 213, charakttrisitrt Petrus als Vtrt~ttr dts hitrarchisch ~rfassttn Amts : .Pit~ symbolist donc Ia hitrarchit, Ia conftSSion dt foi, lt sammtnt. II ~prktntt Ia communautt organish tn minist~~s. • Oi~ Einschätzung btgründtt tr mit dtr Einsttzung ins Hirttnamt in ~apittl 21, mit stintr Rollt als Sp~chtr dts &ktnntnissts (Joh 6,68f} und stintr positMn Haltung zum Sakramtnt, wit tS in dtr Brot~dt mit ih~n massMn Formulitrungtn (Joh 6,54) btStimmt wird. Von ditStr BtStimmung aus sitht Thtißtn, Conflits, S. 214f, in Joh 13,6-10 dnt Ko~ktur tints an Hitrarehit und Sakramtnt oritntitrttn Gtmtindtamts. Das ist tint btSttchtndt Th~. Sit wird j~doch m.E. tintr &obachtung nicht gt~cht: Dit PetrusgtStalt ist tng mit Passion und Martyrium ~rbundtn. Das bttrifft m.E. allt Sttlltn, an dmtn Petrus vorkamt. 6,68f folgt auf dit trstt Vtrrättransagt dtS Erzähltrs (6,65) und sttht vor dtr trsttn Vtrrittransagt Jtsu (Joh 6,70f}. Das V~rratsmotiv rahmt also das &ktnntnis und hat dit Funktion, dit glaubtndtn JOngtr - für dit 3
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Mit den Abschiedsreden ist die Erzählung über ihre Einleitung in den Versen 1-3 ~unden, in denen die widltigen Themen der folgenden Kapitel begegnen 1 : Auf die Passion wird mit der Erwähnung des unmittelbar bevoYStehenden Passafestes und der nun herbeigekommenen Stunde Jesti \6\Viesen. AJs inhaltlidle Schwerpunkte werden die Uebe Jesu zu den Seinen und der bevoYStehende Abschied wn ihnen herausgestellt. Das Mahl ist der gemeinsame Rahmen wn Fußwaschung, Verräterbezeichnung und Abschiedsreden. Die Fußwasdlung - die Hinwendung zu den Jüngern - und das Gebet Jesu fiir die Jünger rahmen die Abschiedsreden1 • ln Kapitel 13, 1-20 wendet sidl Jesus ganz den Jüngern zu, in Kapitel 17 ridltet er seine Worte an Gott. Kapitel 13 wird in Joh 15 aufgenommen. Das Blldwort wm Weinstock betont die Notwendigkeit der Verbindung mit Jesus ( wie in Joh 13,8)4 • Die Verse 9- 17 erklären die Bruderliebe als Ausdruck dieser Verbundenheit ( wie in 13, 14f.34)~. ln VeJS 15 wird dabei der Status der Jünger im Verhältnis zu Jesus erhöht (wie in 13,4f.12): Sie werden Freunde genannt und sind nidlt mehr Ski~. Der Grund fiir diese Erhöhung ist, daß Jesus ihnen all sein Wissen mitgete~lt hat. Joh 13, 16 hat in Joh 15,20 eine Parallele. Joh 15, 18-16, 11 beschäftigt sidl mit der Situation der Jünger in der Welt. ln einem eiSten Abschnitt geht es dabei um die Parallelität des Schicksals Jesu mit dem seiner Jünger'. Dieser Gedanke wird jenseits der Abschiedsreden bei der EtSCheinung wr den Zwölfen weitergefiihrt (20, 19-23). Joh 20,19 nimmt das Verfolgungsmotiv mit den 'Jei'Schlossenen P~trus hi~r spricht - als dl~ Erwählt~n zu k~nnuichn~n (Joh 6,65). ln 13,24 ist 6 ~trus. d~r d~n U~blingsjüng~r veranlasst nach d~r ld~ntität d~r V~rät~rs zu frag~n. 13,36f b~z~ugt ~trus Stin~ Martyriums~~itschaft; Joh 13,36 ist zud~m mit Joh 21,18f, d~r Ansag~ d~ Martyriums verbund~n. Bei d~r G~fang~nnahm~ versucht Pttrus J~su Passion aufzuhalt~n (Joh 18,11 ), di~ V~rl~ugnunssz~n~ kontrasti~rt di~ F~igh~it d6 Pttrus mit d~r Souveränität J~su und verw~ist zud~m auf Joh 18,10. Auch di~ Auffindung d6 ~~~~n Grab~s g~hört noch in d~n Passionszusam~nhang: ~trus (all~rdings in d~r gut~n und komp~t~nt~n G6~llschaft d6 U~blingsjüng~rs) kann das ~~~~ Grab nicht als Hinweis auf di~ Auf~rst~hung J~u ~rst~h~n. ln Joh 21 kündigt J~sus Pttrus das Martyrium an; auß~rd~m nimmt di~ Sz~n~ di~ ~inzig~ St~ll~ auf, an d~r ~trus ~rwähnt ist, ohn~ daß von Passion od~r Martytium di~ R~d~ ist: 1,42. Nicht dort, sond~m ~rst j~tzt ford~rt J6us ~trus zur Nachfolg~ auf. ~utlich wird: Nachfolg~ ist lrid~nsnachfolg~. mit d~m Amt wird ~traut, wtr l~id~~~it ist. ln di~Str Entwicklung d~s ~trus, d~r zum l~id~ns~~it~n Hirt~n hat Joh 13,6-8 ~in~ wichtig~ Funktion. Das ist m.E. d~r üb~rz~ug~nd~n Th~ Th~iß~ns b~izuordn~n.
s. 365: wDi~ in 13,1-3 ~nthalt~n~n Th~m~n laSStn sich durch das 13. und auch durch das 14. Kapit~l hindurch verfolg~nw. Das läßt sich m. E. auf di~ Kapit~l 15-17 auswtit~n: Di~ u~~ J6u zu d~n Jüng~m find~t sich auch 15,9.12. 17 und 17 ,23.24.26. Di~ R~d~ vom W~gg~h~n J6u b~g~gn~t auch in 16,5. 10.17. 2 Das Motiv d~r Stund~ hat für di~ th~ologisch~ Konz~ption d~s Joh ~in~ groß~ B~d~utung, \'gl. B~utl~r. Stund~. S. 321: wDi~ Stund~w J6u schli~ßt also nicht nur Stin~n Tod und Stin~ Auf~rst~hung, Stin~ Himlll(lfahrt und di~ G~istStndung ~in, sond~m sogar di~ Parusi~. di~ T~ilhab~ d~r Gläubig~n an d~r Gott6Schau.w 1 Vgl. Thomas, Footwashing, S. 70. 4 Nur in 13,10 und in 15,3 ist ~~ Johann~s von d~r R~inh~it di~ R~d~. ln I 3,10 folgt di~ Einschränkung unmitt~lbar; in Kapit~l 15 wird d~i Wrs~ spät~r ( 15,6) vom Abschn~id~n I
Kl~inkn~cht, Joh 13,
zum
T~il
rnfruchtba~r Zw~ig~ g~~d~t. 6
Bultmann, Johann6, S. 406. Vgl. Bultmann, Johann~s, S. 421.
305 Türen und der Angst wr den Juden auf. Mit dem Friedensgruß wird an Verse aus den Abschiedsreden (14,27; 16,33) angeknüpft, mit der Verleihung des Geistes an die Parakletsprüche erinnert, mit dem Zeigen der Wundmale erscheint das Versprechen der Überwindung des Kosmos (16,33) erffillt und wird die Möglichkeit, Verfolgungen standzuhalten 1, behauptet Mit der Passionserzählung ist Joh 13,1-17 neben der "Stunden-Ouonologie" über die Rede wn der Vollendung der Uebe (13,2; 19,30) und über das Motiv des WasseTS und des Blutes in 19,34 ~unden. Folgende Unien lassen sich also ziehen: (1) Die drei Passafeste markieren wichtige Stadien, die zunehmende Ablehnung Jesu betreffend: Im Anschluß an die Tempelreinigung spricht Jesus erstmals wn Tod und Auferstehung (2, 19t). Im Anschluß an die Brotrede wird wn einer m~ Ablehnung Jesu gesprochen (6,66); die folgenden Kapitel zeigen die zunehmende Entfremdung und Feindschaft an 2• Dem dritten Passafest geht der Todesbeschluß des Hohen Rats wraus (11,47-57). Dem entspricht das Auftreten der Judasfigur: Erstmals wird er nach der Brotrede als Verräter und Teufel bezeichnet. Zum zweiten Mal tritt er nach dem Todesbeschluß des Hohen Rats in Bethanien auf, wobei er sich wn der Jüngergruppe erstmals distanziert. ln Kapitel 13 schließlich trennt er sich wn der Jüngergruppe und geht in das L:lger der Feinde Jesu über. Die Gestalt des Teufels ~indet ihn mit "den Juden"1 (8,44) und macht ihn zu deren Repräsentanten. (2) Hinsichtlich der inneren Haltung der feindlichen Gruppe und der Jünger entspricht dieser Bewegung der zunehmende Unglaube der Gegner (5, 18 - 8,53 - 10,33) und der wachsende Glaube der Jünger (2, 11 - 6,68 - 16,3of). Ausgelöst werden Glaube und Unglaube durch Aussagen Jesu, in denen er scinen Anspruch fonnuliert. Befragt man Glaubende und Ungläubige auf ihre Haltungen zu Status und Sta~cht hin, werden klare Positionen deutlich: Glaubende erkennen an, daß Jesu Status höher ist als der aller Menschen und nur dem Status Gottes vergleichbar. Zudem akzeptieren sie, daß jemand, 1 Owanga-Wrlo, Footwashing, S. 248f b~zrichnrt dir Erzählung als .rnthronrmrnt• drr Jüngrr und sirht sir in rngrr Vrrbindung zu Kapitrl I 3 als drrrn .Qualifying Trst·. 2 Vgl. Culprpprr, Anatomy, S. 92f; Schnackrnburg, Johannrs II, S. 2. Das gilt, wrnn man dir Anordnung drr Kapitrl unverändrrt läßt: Mit Kapitrl 7 wird drr Unglaubr drr Judrn thrmatisirrt, Kapitrl 8 bringt dir Ausrinandrrsrtzung mit ihnrn auf rinrn polrmischrn Höhrpunkt. Nimmt man an, daß Kapitel 5 drr Brotrrde folgt, läßt sich sogar frststellrn, daß dir Feindschaft drr Judrn überhaupt rrst nach drr Brotrrdr thematisiert wird: Ihr rrstrr Tötungsbrschluß (5, 18) grht drr Brotrrdr dann nicht voraus. sondrm folgt ihr. 1 Wrngst, Grmrindr, S. 60-74, strllt hrraus. daß das Johannrsrvangrlium auch diffrrrnzirrtrr von drr jüdischrn &völkrrung sprrchrn kann; dabri rrschrinen "die Pharisärr" als die Gruppr, drrrn 9rziehung zu Jrsus "durchgängig nrgativ dargrstrllt" (S. 70) ist; rinr positive Brzirhung wird bri Trilrn "drr Mrngr" sichtbar (S. 69). Für dir Fragr nach drr Brdrutung drs Stat~rzichts ist dirsr Oiffrrenzirrung jrdoch nur von grringrr Brdrutung und wird drswrgrn nicht thrmatisirrt. 4 Dab~i läßt sich rinr Entwicklung skizzirren: ln 2, II rntstrht drr Glaubr als Rraktion auf dir Offrnbarung drr Hrrrlichkrit (~) Jrsu; in 6,68 haltrn dir Jüngrr trotz drr Ablrhnung ihrrs Hrrrn durch die Mrhrhrit daran frst; in 16,30 forrnulirrrn sir ihrrn Glaubrn nru, nachdrm sir drn brvorstrhrndrn Tod und Wrggang Jrsu sowir ihr rigrnrs zukünftigrs Ltidrnsschicksal akzrptirrt habrn.
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der diesen Status innehat, der menschlidlen Ehrgemeinschaft enthoben ist, sich seine Würde und Ehre also nidlt darin zeigt und daraus ergtbt, daß Menschen ihm diesen Status bestätigen. Die Ungläubigen dagegen bewerten diese Unabhängigkeit wn menschlidlen Ehrgemeinschaften als Anmaßung und weisen den Ansprudl auf einen hohen Status zurück. Judas gtbt sidl als Ungläubiger und Gegner zu erkennen als er die Hodladltung ausdrückende Geste der Maria kritisiert Mit dem Beginn der Passion muß sich erweisen, weldle Haltung fiir die Glaubenden angesidlts des Sta~dlts Jesu angemessen ist. Das wird in der Fußwaschungserzählung wrgesteßt: Petrus begegnet diesem Sta~dlt Jesu mit Ummtändnis und Ablehnung•. Mit 13,8 stellt Jesus heraus, daß die Akzeptanz dieses Sta~chts konstitutiv für die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft zwischen den Jüngern und ihm ist. Über die Haltung der Ungläubigen dem Sta~dlt Jesu gegenüber erfahren wir nidlts explizit Judas äußert sich in Kapitel 13 nidlt mehr selbst. Auffaßend ist aber, daß er die Gruppe danach verläßt. Dagegen, daß die Fußwaschungserzählung aus ganz anderen Gründen wrangesteßt ist, man daraus, daß Judas erst danadl geht, also keine Schlüsse ziehen könnte, spricht, daß sie dun:h Vers 2 und die Verse 10b.11 eng mit dem Verrätermotiv ~nüpft ist. Die Fußwaschungserzählung, der Status\e"Zicht Jesu löst also sowohl einen weiteren Reifungsschritt des Jüngerglaubens als audl die endgültige Abwendung des Ungläubigen aus.
(3) An der Gestalt des Petrus wird dieser Reifungsschritt greifbar: Er soll Jesu Sta~dlt als Ausdruck wn dessen Hoheit und Bedingung der Uebe zwischen ihnen ~ehen lernen. Mit der Beauftragung zum Hirtenamt in Kapitel 21 wird das Geschehen wn Joh 13, 6- 10 eingeholt. Der Uebe zu Jesus korrespondiert die Bereitschaft zu leiden und die Befähigung, andere zu leiten1 • (4) Mit 13,1 wird der Sta~cht Jesu unter die Überschrift der Uebe Jesu zu den Jüngern gestellt. Sta~cht ist eine der möglichen Ausdrucksformen für die Uebe. Mit Vers 2 wird ebenfalls mit dem Ausdruck {u; tE.l.o; der Tod Jesu zur Sprache gebracht. Sta~dlt und die Lebenshingabe sind Folgen der Uebe. Mit der Parallelität zu 13,34 wird die Aufforderung zum gegenseitigen Sta~dlt als Form der Geschwisterliebe gezeichnet Das wird auf die Bereitschaft zur Lebenshingabe für die Geschwister ausgewritet, wenn der zweiten Formulierung des Uebesgebots in 15, 12 die Sentenz. daß Freunde ihr Leben füreinander aufs Spiel setzen, folgt1 • Dabei ist die Reihenfolge zu beadlten: Jesu Bereitschaft, ..seine Stunde" anzunehmen, wird auf seine Uebe 1
Das (ntspricht g(nau d(r R(aktion dts synoptisch(n P(trus auf di( (r5t( ltid(nsankündigung
~(~~iß(n, Conflits, si(ht hint(r d(r Q(stalt d(S Pttrus di( ~(infach(n Gläubig(n~. hint(r d(r d(S
U(blingsjüng(rs di( johann(isCh(n ~umatik(r. Das Evang(lium ~rfolg( das Zi(l, b(id( Grup~n zu ~~in(n und (in(~its di( ~G(~ind(christ(n~ zu höh(~r Einsicht anzul(it(n, and(~rs(its di( johann(isch(n Pn(umatik(r zum öff(ntlich(n B(k(nntnis und zur B(~itschaft für ih~n Glau~n (inzust(h(n, zu (rmahn(n. 1 Vgl. Culp(pp(r, Hypod(igma, S. 142 mit d(m di( Hypoth~ stütz(nd(n Hinw(is darauf, daß imo6dypa in d(r LXX (II Makk 6,28.32; IV Makk 17,22f; Sir 44,16) sich auf di( vorbildhaft( 8(~itschaft zum Mä~rtod b(Zi(h(n kann.
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zurückgeffihrt. dem folgt der Sta~dlt (Lebenshingabe - Uebe - Status\erzidlt). Der Aufforderung zum gegenseitigen Status\erzidlt folgt dessen Deutung als Ausdruck der gegenseitigen Uebe und dann erst die Bereitschaft zur Lebenshingabe zugunsten der Freunde (Status\erzidlt - Uebe - Lebenshingabe). Als ethisch Handelnde, als Empfänger wn ethischer We&lng kommen die Jünger erst wn Kapitel 13 an in den BHck. Daß Jesus sie wie Lehrer behandelt, madlt sie zu den Lehrern der Zukunft und den Lehrern der Leser und l..eserinnen. (5) Aus der Zugehörigke;t zu ~ wie sie sidl in dessen Uebe zu den Jüngern manifestiert, gehört, daß ihr Tun und Erte;den dem seinen gle;dlen. Auf die Gemeinschaft der Jünger - nadl innen hin - bedeutet das die Orientierung an dem Gebot der Bruderliebe und des gegenseitigen Status\6zid1ts (13, 14f; 15, 12). Nadl außen, im Verhältnis zur Gesellschaft, bedeutet es die Verfolgung durch diese. Die feindHdle Gesellsdlaft wird in Kapitel 13 durch Judas repräsentiert, in Kapitel 15f werden die Gegner der johanneischen Ouisten ausdrücklidl genannt (16,1 ). ln Kapitel 20, 19ff werden die Jünger ermädltigt, der Feindschaft der Gesellsdlaft standzuhalten und missionarisch tätig zu sein, indem sie Zeugen des Sieges Jesu und mit dem Geist begabt werden. (6) Fußwaschungen an anderen gesdlahen in der Antike durch FTauen, SkiCMn und vielle;dlt audl durch Sdlüler. Diese Roßen sind im Johannesevangelium präsent und mit der Erzählung wn der Fußwaschung ~üpft: Die Fußwaschung Jesu erinnert an die Salbung durch Maria (Joh 12,3). Joh 13,16 behaftet die Jünger be; ihrem Status als SkiCMn; im 15. Kapitel wird das Logion aufgenommen (Joh 15, 15) und weitergeführt (Joh 15,20): die Jünger erfahren e;ne Statuserhöhung; sie soßen wn nun an Freunde sein. Die Rolle des Lehrm wird in Joh 13,1 3f ausdrückHdl genannt'. (7) Sd1Heßlid1 ist auf e;ne Unterströmung hinzuweisen: Die Fußwaschung steht an der Stelle, an der in der synoptisdlen Überlieferung der Abendmahlsberidlt steht. Die besondere Verbindung zum we;nwunder wn l
Synoptische Traditionen in Joh 13,1-20 Für die Fußwaschungserzählung wird die Bekanntschaft oder Verwandtschaft mit Lk 22,27 erwogen 1, für 13,16 die Abhängigke;t wn Mt 10,24 oder Lk 6,40 diskutiert'. Joh Vgl. Thtißtn, Conflits, S. 21 3f. Bultmann, Johannts, S. 525. Vgl. schon Bultmann, Johannts. S. 352, Anm. 2; zur Forschungsgtsehichtt für ditst sptzitllt Fragt vgl. Nitmand, Fußwaschung, S. 50-65. Kkinkntcht,. Johannts 13, S. 375, hält dit Btzithung dts Gtbots dtr Brudtrlitbt I 3,34f mit U 22,27 für wichtigtr. Möglich ist auch tint Vtrbindung mit 1
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308 13,20 könnte mit Versen wie Mk 9,37 oder Mt 10,40 ~unden sein. Die E17.ählung steht an der Steße, an der die synoptischen Berichte die Abendmahlstradition plazieren 2• (1) Im Vergleich mit U 22,24-27 fallen folgende Punkte auf: (1) Bei Lukas folgt das Logion wm Statusverzicht Jesu einem Rangstreit der Jünger und der folgenden Gemeinderegel als Begründung. (2) Bei Lukas ist nicht wn einem gegenseitigen Statusverzicht, sondern wn einer neuen Begrundung gemeindlicher Hierarchie die Rede: Den höchsten Rang ~ient, wer den anderen dient. (3) Lukas ~endet das Wort öUXKove1v, Johannes /xylxnäv. (4) Wie bei Johannes sind auch bei Lukas die Ankündigung des Venats und das Gespräch über Status und Statusverzicht verknüpft. Bei Lukas geht die Ankündigung des Verrats jedoch dem Gespräch wraus, wobei der Rangstreit als Folge der Frage nach der Identität des Verräters erscheint. Die Frage: ..Wer unter uns ist so gering oder schändlich, daß er Jesus \m'aten wird?" wird durch die Frage: ..Wer unter uns ist der Größte?" fortgeffihrt. Bei Johannes folgt die Ankündigung des Verrats der Fußwaschungserz.ählung. Die Aufforderung zum gegenseitigen Statusverzicht richtet sich damit an eine Jüngergemeinschaft, in deren Mitte (noch) Repräsentanten der feindlichen Welt sind, an eine Gemeinde, in deren Kreis Menschen sind, die sich wn ihr abwenden und sie Verfolgungen aussetzen können. Die Aufforderung zur gegenseitigen Uebe erfolgt in 13,34 erst nachdem Judas den Kreis der Jünger ~assen hat, wohingegen in der synoptischen Tradition das Gebot der Nächstenliebe die Feindesliebe explizit einschließt (U 6,27 par) bzw. auf dem Wege der Plazierung in die Streitgespräche der letzten Tage in Jerusalem sie implizit mitberüOOichtigt. Die Aufforderungen zum Statusverzicht hingegen sind an den Jüngerkreis gerichtet. (2) Joh 13, 16 weist im Vergleich mit der matthäisehen Version zwei Besonderheiten auf: (a) Joh ersetzt lm{p durchiJEi.{wv. (b) Johannes ~eicht das Schicksal wn Herr und Ski~ und Apostel und Sendendern anstelle dessen wn Schüler und Lehrer sowie Ski~ und Herr bei Matthäus.. Die zweite Veränderung ist in ihrer Funktion ffir die Gliederung des Kapitels begründet. Die erste Veränderung mag man als stilistische Verbesserung einschätzen; jedenfalls lassen sich die synoptischen Aussagen zum Rangstreit assoziieren, in denen iJEi.{wv häufig wrkommt. Innerhalb des Johannesev.mgeliums ist auf 14, 12 zu ~eisen. wo Jesus den Jüngern ankündigt, daß sie größere Taten als er tun werden. (3) Die Plazierung der Fußwaschungserzählung an der Stelle, an der die Synoptiker den Abendmahlsbericht bringen, kann darauf deuten, daß in den johanneischen Gemeinden die Funktion des Abendmah~ nämlich der Partizipation an Jesus und der Stiftung wn Gemeinschafe, durch die Erinnerung an den Status\4erzicht Jesu und die lk 12,37, wo wm TtSchdi~nst Jesu für d~n wachsam~n Sklaven im Eschaton di~ R~d~ ist. Auß~r d~m Motiv gibt es im V~rgl~ich zu Joh I 3 ab~r k~il'l( n~nn~rtSw~rt~n G~m~insamk~it~n. Zu ~rinn~m ist auch an lk 7, 36-50, wo di~ Fußwaschung ~~nfalls als Ausdruck d~r U~b~ g~d~ut~t wird. 1 Zur Forschung -vgl. Ni~mand, Fußwaschung, S. I 36-1 39. 2 Kl~inkn~cht, Johannes 13, S. 374, folg~rt aus ~in~m V~rgl~ich d~r johann~isch~n und d~r synoptisch~n Toc~qu~nz~n. daß ~in~ .Toctvera~itung· d~r synoptisch~n T~xt~ durch Johannes .nicht unwahrsch~inlich ist•, und Joh sowohl di~ matthäisch-markinisch~ als auch di~ lukanisch~ V~rsion g~kannt hat. ] I Kor 10, 16f. Vgi.Joh 6,53;
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Aufforderung zum gegenseitigen Statusverzimt übernommen worden ist Fs ble.bt offen, ob damit ein Ritus oder die ethisdle Maxime gemeint ist Damit ist nom einmal her.orgehoben, daß der Statusverzicht Jesu seinen Tod abbildet und ihn anzunehmen, heilsnotwendig ist und Ante.l an seiner Person ~ittelt (13,8); über die Namahmung dieses Sta~mts entsteht Gemeinde, so wie in anderen urdlristHmen Bereidlen durdl die gemeinsame Feier des Abendmahls.
17.4. Auswertung Die Erzählung von der Fußwaschung' und der urchristliche Wert des Statusverzichts Wie in der ~optisdlen Traditon und den pauHnisdlen Schriften ist der Sta~cht Jesu zeitliche und logische VoraUS5etzung für den Sta~mt der Christen und Christinnen. Die Voranstellung des Dialogs wr die Jüngerunterweisung spiegelt eine Überzeugung, die sim aum außerhalb der johanneisdlen Gemeinden findet. Wie in der ~optisdlen Tradition (Mk 10,45) und bei Paulus (Phfl 2,8) ist der Sta~mt Jesu mit seinem Tod verbunden. Daß die Fußwaschung den Tod Jesu wrwegnimmt (13,2.4), entsprimt urdlristlimer Überzeugung. Wie bei Paulus und den Synoptikern ist der Statusverzimt ein Kennzeichen wn Autorität und mit massivem Hoheitsbewußtsein verbunden. Daß Jesus sich erniedrigt. mindert seine Autorität nimt, sondern steigert sie. Daß die Jünger dazu aufgefordert werden, gegenseitigen Statusverzicht zu leisten, macht sie wie die Befolgung des Uebesgebots als Jesu Jünger kenntlich und ist innerhalb der urdlristlichen 1 Thomas, Footwashing, S. II. Thomas spricht von sieben Auslegungstypen der Fußwaschungserzählung. Er unterscheidet die folgenden Typen: Die Fußwaschung kann ~rstanden werden als (I) Beispiel für Demut (in der neueren Forschung z.B. Kleinknecht, Johannes I 3, S. 377). Er vtrmutet, .daß Joh den Fußwaschungsbericht bewußt an die Stelle der Abendmahlseinsetzung treten ließ·. Dabei gehe Johannes konsequenter als U (22,27) vor, indem er .Jesus den Skla~ndienst an den Jüngern, als der bei U das Abendmahl lediglich interpretiert wird, wirklich vollziehen· (S. 378) lie~. So auch Owanga-Welo, Footwashing), (2) Symbol für die Eucharistie, (3) Symbol für die Taufe, (4) Symbol für die Sündenvergebung, (5) eigenständiges Sakrament, (6) soteriologisches Zeichen (so z.B. Segovia, John 13, der redaktionskritisch arbeitet und die erste Deutung für die frühere hält, die durch die zweite Deutung ergänzt worden ist, die erste Deutung, I 3,6-10 betreffend. Culpepper, Hypodeigma, S. 147, der die Erzählung unter narrativem Aspekt analysiert und von ihrer Kohärenz ausgeht, ~rsteht die Fußwaschung als Prolepse des Todes Jesu und hebt dessen Modellfunktion für die Jünger in Verfolgungssituationen hervor.) und als (7) ~olemik gegen die Taufe oder andere sakramentale Handlungen. Er nimmt mit dieser Typisierung die Vorschläge Lohses und Richters auf, ~reinfacht sie jedoch. ln den Anmerkungen finden sich ausführliche Hinweise auf die Vertreter der entsprechenden Auslegungstypen. Sein eigener Ansatz kann zu Typ 5 gezählt werden: Er ~rsteht die Fußwaschung als Ritus, der in den johanneischen Gemeinden dem Abendmahl vorausging und mit der Sündenvergebung ~rbunden war (vgl. die Zusammenfassung, Thomas, Footwashing, S. 186fl. Niemand deutet in seiner überlieferungsgeschichtlichen Arbeit die früheste Fußwaschungserzählung als Ritus oder Symbol für die Aufnahme von Johannesjüngem in die Gemeinde (Niemand, Fußwaschung, S. 383fl.
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Wertegemeinschaft eine Auszeichnung. Im Aufbau des Johannesevangeliums zeigt sich das auch daran, daß die Fußwaschung die Abschiedsreden einleitet, in denen die Jünger zum wßmächtigen Leben zugerüstet werden. Wie bei Paulus (Gal 5, 13) ist die Aufforderung zum gegenseitigen Sta~cht mit dem Gebot der Bruderliebe ~unden. Wie bei Paulus (11 Kor 11,2Jffl ist die Bereitschaft zum Status\ezicht damit ~unden, Verfolgungen auf sich zu nehmen. Die enge Verlmüpfung mit der Verräterbezeichnung repräsentiert die bedrohHch nahe Feindschaft der Gesel1schaft und die Verfolgungen, die wn ihr ausgehen. Auch mit dieser Verknüpfung steht Johannes innerhalb der Erfahrungen des Urchristentums. Wie in der urchristHchen Tradition wird der Statusverzicht der Jünger mit dem Imitationsmotiv begründet'. Wer auf seinen Status ~chtet, handelt wie Jesus und hat dadurch Ante1l an seiner Autorität Anders als bei den Synoptikern fehlt das Repräsentationsmotiv: Das Johannesevangelium Q1bt die Vmsteßung, daß Menschen mit niedrigem Sozialstatus wie Kinder, Arme oder Verfolgte, Christus repräsentieren, nicht weiter. Das könnte die lsolation der johanneischen Gemeinde wn der Gesellschaft spiegeln. Anders als die Synoptiker und Paulus wird der einseitige Statusverzicht bei Johannes nicht zum Kennzeichen der innergemeindHchen und apostolischen Autorität. Die Aufforderung zum einseitigen Statusverzicht fehlt bei Johannes. Mit Hilfe wn Statusverzicht können in den johanneischen Gemeinden keine Einzelpersonen Autorität gewinnen. Aße Jünger sind dazu aufgefordert, zu tun wie ihr Herr tat; Amtsträger gehen ihnen darin nicht wran. Viel deutlicher noch als bei Mt wird bei Johannes ein egalitäres Gemeindekonzepr sichtbar. Anders als bei den Synoptikern und Paulus wird der Status\ezicht unter den Begriff der Uebe subsumiert. Das Q1lt christologisch und paränetisch: Jesu Sta~cht gilt als Ausdruck der Uebe zu den Seinen, und der gegenseitige Statusverzicht Q1lt als Form des Gebots der Bruderliebe. Johannes ~eidet im Unterschied zu den Synoptikern und Paulus die Beschmbung des Statusverzichts durch 6LmC~'iv oder öooAEUELv.
Der Statusverzicht in der johanneischen Theologie Schrage1 hat die Fußwaschungserzählung als Beispiel dafür angeführt, daß das johanneische Christusbild auch Züge aufweise, die der die Hoheit des Sohnes betonende Tendenz des Evangelium zuwiderliefen. Das ist zu präzisieren: Jesus übernimmt die Ski~- und Schülenolle. Aber auch in dieser Ro11e agiert er als der Überlegene. Yeß J Vgl. Cart~r. ~rvant-Ethic, S. 48. wDas b~ond~~ d~r johann~isch~n Entwicklungslini~ li~gt sich~r darin, daß Traditionsträg~r und G~m~ind~ ni~ wirklich austinand~rt~t~n. sond~m von Anfang bis End~ Christusunmitt~lbark~it und G~istb~gabung ~d~ ~inz~ln~n Gläubig~n p~inlich g~nau g~ahrt bl~ib~n. wKlauck, G~~ind~. S. 213. 1 Ethik, S. 303. 1
1
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hebt, bevor wr dem Rollentausch erzählt wird, die Überlegenheit Jesu deutHch heM>r. Im Dialog mit Petrus ist er der Lehrer, der den Jünger durch die gezielte Weitergabe bzw. Verweigerung wn Wissen unterrichtet und anleitet Mit Vers 8 erweist er sich auch in der SklcMmolle. klarer noch: im Vollzug des SkiCMndienstes als der Gebende; er verfUgt über die Güter des Lebens. über das Leben selbst. Die Würdelosigkeit der Sklaven aber zeigt sich genau darin, daß sie nichts zu geben haben, was ihrem Herrn nicht schon gehörte. Herren hingegen verfUgen über die Mittel des Lebens und geben anderen daran nach fre;em Willen Anteil: Jesus ist, indem er den Sklavendienst tut, der Herr. Mit Vers 13 wird das expHzit wiederholt. Diese Sicht entspricht dem Verständnis der Krruzigung als Erhöhung. Das Krruz bletbt Krruz, schmerzhaft und tödHch, so wie Jesus den Jüngern tatsächlich die Füße wäscht und anzusehen ist wie ein SkiCM. Dabei aber ist das Krruz Erhöhung, so wie · Jesus in der Position des Schülers und Sklaven Lehrer und Herr ist. Anders als bei Markus und Paulus. die eine Umwertung der Positionen wmehmen, werden die Dinge bei Johannes doppeldeutig. Die Rangordnung der Gesellschaft wird durchscheinend fiir eine dahinter liegende Wahrheit. Dabei aber wird die Oberfläche nicht als Schein entlarvt: Jesus wäscht den Jüngern wirkHch die Füße. er stirbt wirkHch, und er erwartet wn ihnen auch wirklich, daß sie wie er auf ihren Status ~chten bis hin zur Bereitschaft, fiir ihre Brüder und Schwestern zu sterben 1• Durch die Plazierung an der Stelle des synoptischen Abendmahlsberichtes und durch das Motiv des Ante~lgebens2 ist zu erwägen, ob der gegenseitige StatuMrzicht ffir die johanneischen Gemeinden die gleiche Funktion haben könnte wie das Abendmahl in den paulinischen 0 Kor 10, 16tl: die Konstitution und Befestigung wn Gemeinschaft. Was ist dabei unter Statusverzicht zu "Verstehen? Die Antwort ist abhängig (1) davon, wie man das Verhältnis wn Vers 14 und Vers 15 einschätzt, (2) wie man KllEÜ; '.mteht und (3) davon, wie man die Fußwaschung Jesu interpretiert. Wer Vers 15 Vers 14 unterordnet und Ka&:lc; eher mit "was.. als mit "wie.. übersetzt, wer also ~utet, daß Jesus dazu auffordert, gegenseitige Fußwaschungen wrzunehmen, wird der Fußwaschung einen tieferen Sinn, eine (quasi)sakramentale Bedeutunif zuweisen müssen; sonst wäre nicht \mtändHch, warum Johannes dieser .Ätiologie.. einen so großen Raum Qlbt und inwiefern das Geschehen gemeinschaftskonstitutiv sein kann. Ein solcher Ritus läßt sich nicht überzeugend nachweisen4 • Wer Vers 14 dem Vers 15 unterordnet und ~ korrekt mit "wie.. übersetzt, in der Fußwaschung also ein Beispiel ffir den demütigen Dienst Jesu an den Jüngern sieht, zu dem die Jünger aufgefordert werden, steht wr der Di~ Erwartung d~r Martyrium:sbt~itschaft z~igt übrig~ns, daß ~ sich b~i d~ Aufford~rung, auf Status zu vtrzicht~n. nicht um ~in ob~rflächlich~ Anpassungsvtrhalt~n. ~in~n Tarnanzug, hand~lt. t'arin unt~rsch~id~n sich di~ johann~isch~n G~m~ind~n off~nslchtlich d~utlich von d~n gnostisch~n G~m~inschaft~n d~ 2. Jahrhund~rts. Vgl. Kip~n~rg. Erlösungs~ligion~n. S. 417f. 2 Vgl. Joh 6,5J; Kl~inkn~cht, Johann~s lJ, S. 274. ) Wi~ Thomas, Footwashing, S. 110; S. 126ff. Er ~tracht~t di~ Fußwaschung als ~in das 1
Ab~ndmahl vorb~~it~nd~s .Sakram~nt•, d~n Aufgab~ di~ V~rg~bung d~r .postbaptizmal~n· Sünd~n s~i. 4
Talb~rt. R~z~nsion, S. 158. Hinzu kommt, daß Kll~ mit .wi~· zu ü~~tz~n Ist und nur
g~waltsam
als
Aufford~rung, di~
Fußwaschung zu
wi~d~rhol~n. vtrstand~n w~rd~n
kann.
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Herausforderung, diese Aufforderung inhaltlich zu ffillen und wm liebesgebot wenigstens ansatzweise zu unterscheiden. M. E. geben die Rollemmeilung in der Erzählung und die Plazierung der Fußwaschung daffir Hinweise: (1) .Jesus agiert, indem er den Jüngern die Füße wäscht, als Lehrer und insofern als Herr, als er Anten am Leben Qlbt. Das M er in der Rolle eines Schülers und Skl~n. Zu lehren und dabei Anteil am Leben zu geben, war auch die Aufgabe und Sendung der Gemeinde (Sendungsekklesiologie)'. Die missionarische Lehre und die katechetische Unterweisung innerhalb der Gemeinde sollen also demütig erfolgen; wer in der Gemeinde lehrt, soll die Rollen eines Schülers und Ski~ übernehmen1 • (2) Wie wir gesehen haben ist die Erzählung eng mit der Ankündigung des Verrats verbunden. 13, 14f unterscheiden sich wn 13,34f auch dadurdl, daß hier Judas noch anwesend und eingeschlossen, dort aber bereits ausgeschlossen ist. Diese Feststellung könnte wr dem Hintergrund zweier weiterer Beobachtungen weiterfuhren: (a) Die Grenzen der johanneischen Gemeinde könnten fließend gewesen sein: Es ist einerseits wn Anhängern zu hören, die sich nicht zur Gemeinde halten, wie Nikodemus. Andererseits zählt Judas als Teufel und Repräsentant der feindlichen Welt zu ihrem Kreis. Schließlich hat die Verkündigung Jesu zur Folge, daß sich Menschen, die bereits zu den Jüngern zählten, wn ihm abwenden (6,66; 8,31). ln Kapitel 8 hat diese Abwendung eine unüberbrückbare Distanz zwischen ihnen und .Jesus zur Folge, die sich im Vorwurf der Teufelskindschaft und dem Tötungsversuch zeigt. Im 1. Joh findet sich ein ähnliches Phänomen: Das Schisma wird "rückwirkend" gedeutet: Sie haben nie zu uns gehört (1. Joh 2,19). (b) Die johanneische Gemeinde befindet sich zur Zeit der Abfassung des Ev.mgeliums entweder im Prozeß der Auseinandersetzung mit dem synagogalen Judentum und erleidet durdl sie Verfolgungen) oder bearbeitet das Schisma und seine Folgen4 • ln beiden Fällen sieht sie sich in ihrer Identität gef.ihrdet. Die Lehrer der johanneischen Gemeinde mußten also damit rechnen, unter ihren Zuhörern und Schülern Menschen zu haben, die sich als Feinde erweisen und möglicherweise sogar Verfolgung und Todesgefahr über sie bringen könnten~. Wer wie .Jesus lehrt und dabei Anten am ewigen Leben Qlbt. der muß bereit sein, sein Leben daffir
'Vgl. Joh 20,21; s. Konttxtana~. Vgl. ~ntira, Eccltsiology, S. 202. Di~s~ Haltung könnt~ sich als K~nnz~ich~n dts .johann~isch~n StilsR wi~d~rfind~n: sowohl di~ häufig~n W~d~rholung~n wi~ auch di~ Gtspräch~l~~nt~. di~ sich als Ni~d~rschlag von Schuldiskussion~n ~rklärtn las~n (vgl. Schn~ll~. Schul~. S. 216), l~g~n di~ Wrmutung nah~. daß inn~rhalb d~r johann~isch~n G~m~ind~ Ko~ns gtsucht und autoritärt Unt~rw~isung abg~lthnt
1
wurd~.
Vgl. Wtngst, G~m~indt, S. 75f; di~ Einschätzung gilt als M~hrhtitsm~inung. Vgl. ~~ira, Eccltsiology, S. 29; so d~nkt auch F~ntlra s~lbst; vgl. tbd., S. 78. 4 Vgl. Schntll~. Einl~itung, S. 544f. ~ Dit Fußwaschung gtschi~ht inn~rhalb d~s Jüng~rkrtists. Vgl. Thomas, Footwashing, S. 109: •Thtrt is nothing in this to suggtst that footwashing ~ ~xttnd~d beyond th~ Iimits of tht disciplts (i.t. th~ btlie\'trs). • Zugl~ich ab~r ist ftstg~halttn, daß di~ G~~ind~ nicht di~ Schar d~rtr ist, di~ Gott ~rwählt hat; Judas ist anw~nd und wird von d~ Fußwaschung ~~n nicht ausg~schloss~n (17,12). l
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einzusetzen 1• Dazu fordert die Erzählung wn der Fußwaschung in ihrer Verbindung mit der Verräterbezeichnung und der Passion Jesu auf.
18. Kapitel: Die weitere Entwicklung der Forderung nach Statusverzicht im Neuen Testament und im Urchristentum: eine Skizze 18.1. Statusverzicht im Jakobusbrief. im Petrusbrief und in der Apokalypse ln allen drei Schriften wird die Wichtigkeit der Abgrenzung der Gemeinde nach außen, gegenüber der Gesellschaft:, besondm betont. Die Gemeinde, an die sich der eYSte Petrusbrief richtet, wird ~olgt, und ihre Mitglieder \6Stehen sich als "Fremde" 0 Petr 1,1 ); sie erleben sich als unzugehörig und ausgesetzt. Die Leser des Jakobusbriefes werden darauf ~flichtet, ihre Gottesbeziehung als Alterna~ zur Integration in die Gesellschaft: zu ~tehen (Jak 4,4). Das betrifft besonders die Zuerkennung wn Status; sie soll andm erfolgen als in der Gesellschaft:, indem Reichtum nicht als statusrelevant 0 Petr 2,1) oder als statusmindernd 0 Petr 2,5; 5,1-6) angesehen wird. Die Adressaten der Apokalypse werden dazu ermutigt und ermahnt, den Verfolgungen standzuhalten und zur Gesellschaft: Distanz zu halten; das betrifft besondm den Her&ilerkult. Alle drei Schriften fordern dazu auf, die gesellschaftliche Marginalisierung anzunehmen, und helfen dazu, indem sie sie mit Hoheit ~inden: Im eYSten Petrusbrief werden die Verfolgten aufgefordert, Christus in seinem Leiden nachzufolgen und dabei Sta~cht zu üben 0 Petr 2,2123); dem korrespondiert die Zusage königlicher und priesterlicher Hoheit 0 Petr 2,9). Im Jakobusbrief wird die Tradition wn der Erwählung der Armen und Niedrigen dun:h Gott (Jak 2,5) und die Verwerfung der Reichen (Jak 5,1-6) aufgenommen und mit der Aufforderung ~unden, die Armen in der Gemeinde zu achten (Jak 2,6). Die Apokalypse sagt denen, die jetzt bereit sind, Verfolgung zu erleiden, zukünftige Hoheit als Könige und Priester zu (Apk 5,10; 20,4-6; 22,5). Zwar findet sich im I Petrusbrief auch die Aufforderung zu gegenseitiger Demut 0 Petr 5,5)- bezogen auch auf das Verhältnis wn Leitungsämtern und Gemeindegliedern 0 Petr 5,3.5) -, und auch im Jakobusbrief wird zur Demut wr Gott gemahnt (Jak 4,6}, dennoch liegt der Akzent auf dem Sta~cht der Gesellschaft: gegenüber bzw. auf der Annahme der marginalisierten Position.
Vgl. Thtißtn, Conflits, S. 225f: "lr pntumatiqut app~nd qu"il nt saurait vivrt tn communion J(sus sans supporttr a~c lui Ia haint dt ct mondt ... l'tvangilt dt Jtan fait comp~nd~ ~ chacun: lt chtmin du ~tour au P(~ passt par Ia souffranct." 1
a~c
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18.2. Statusverzicht im ersten Clemensbrief und in den lgnatiusbriefen War bislang die Aufforderung zur Demut nach innen an die ranghöheren Gemeindeglieder und später an alle glcichermaßen gerichtet, so finden wir im eiSten Oemensbrief die Aufforderung zur Unterordnung unter die ranghöheren Gemeindeglieder, die Gemeindeleiter, als Ermahnung zur Demut (~). Demut wird zum herrschaftsstabilisierenden Wert. Das geschieht nicht direkt. Gerichtet wird die Mahnung zur Demut auch an die Gemeindeleiter 0 Oem 44,3; 48,6), und gefordert wird sie eher gegenüber Gott als gegenüber Menschen•. Demut QJlt sogar als statussteigerndes Verhalten; das wird mit der Erinnerung an Otristus und die "Väter" und ..Mütter" aufgezeigt; zu ihrer Nachahmung wird aufgefordert 0 Oem 16,1.17; 17,1; 19,1 ). Konkret äußert sie sich im GehoJSam gegenüber Gottes Wort 0 Oem 19,1) und der Vorordnung des Gemeinwohls 0 Oem 48,6). Die Verwalter des Wortes Gottes aber und die Garanten des Gemeinwohls sind die Ältesten, die wn Christus und Gott legitimiert sind 0 Oem 42,1 f.4); sich ihnen nicht unterzuordnen, ist der Hochmut, der bei Gott -..mverflich ist 0 Oem 57,1tl. UngehoJSam ihnen gegenüber ist Rebellion gegen Gott, Demut wr Gott fordert Unterordnung unter die Bischöfe. So wie die Forderung nach Sta~cht innerhalb der Gemeinde dazu -..mvendet wird, die innerkirchliche Hierarchie zu stabilisieren, so wird auch die Übernahme der marginalisierten Position in der Gesellschaft dazu genutzt, um kirthliche Leitungsämter aufzuwerten. Das läßt sich bei lgnatius beobachten. Er deutet das auf ihn zukommende Martyrium als Erhöhung und beansprucht bereits gegenwärtig als Bischof den dadurch zu erreichenden Autoritätsgewinn1 • Damit konnte er an Paulus anknüpfen. AndeTS als Paulus aber gehört die marginalisierte Position nicht zu seinem Habitus, sondern ist das Merkmal einer besonderen und einmaligen Situation. Deswegen reklamiert er einen Autoritätsgewinn für ein Leiden, das ihm allererst noch bewrstehr. Außerdem war mit der Selbsterniedrigung des Paulus in nachwllziehbarer Weise die Erhöhung der Gemeinde verbunden (Unterhal~cht und Evangeliu~ündigung). Das ist bei lgnatius nicht der Fall; er benennt zwar die stell\ertretende Bedeutung seiner Emiedrigung4 , kann damit aber keine konkreten Erhöhungszusagen ffir die Gemeinden verbinden. Durch diese beiden Unterschiede wird das Gewicht zuungunsten der Gemeinde und zugunsten des Amtes ~oben. Der Bischof reklamiert Autorität, ohne daffir bereits die sie begründende Erniedrigung durth die Gesellschaft erfahren zu haben - die Bekundung der Bereitschaft dazu reicht aus - und ohne. daß die Gemeinde dadurth Erhöhung erfährt. 1
Ausdrücklich ist von drr Drmut grgrnübrr drn Mrnschrn nur in 62,2, dir Rrdr; dort sind .allr Mrnschrn· grnannt, grdacht ist also wrdrr nur an Grmrindrglirdrr noch an solehr mit rinrm brstimmten Status. lygJ. Mödritzer, 5(1bststigmatisierung, S. 245ff. ] Ebd., S. 247. 4 Ebd., S. 248 mit Verweis auf lgnEph 21,1; JgnSm 10,2; lgnPol 2,3; 6,1 und lgnEph 8,1; 18,1 sowie lgnRöm 4,2.
315 Die Bereitsdlaft, in der Gesellschaft und in der Binnengruppe eine niedrige Position zu il>emehmen, war im Neuen Testament hemchaftskritisdl und hatte die Funktion, eine Altema~ zur Gesellschaft zu ermögtichen. 1m ersten Oemensbrief und in den lgnatiusbriefen dient sie der Stabilisierung innerkirchticher Henschaft.
19. Kapitel: Zusammenfassung des dritten Teils Die Untersuchung der synoptisdlen Tradition und der Korintherbriefe hat ergeben, daß im Urchristentum Demut als soziale Tugend aus der Deutung des Onistusgeschehens mit dem Positionswedlselaxiom entwickelt worden ist. Diese Deutung konnte an der Bedeutung, die das Positionswedlsellogion für die Verkündigung des historischen Jesus und die es eventuell für sein Verhalten den Kindem gegenüber hatte, ansetzen. Jesus sagt eine Umkehrung der VerhältnBie an; er selbst und seine Jünger übernehmen in der Gesellschaft eine niedrige Position und ~inden damit das Bewußtsein, in der Mitte der Welt Gottes zu stehen. ln den kleinen Einheiten der synoptisdlen Tradition wird das weiterentwickelt: Menschen mit hohem Sozialstatus. die in Kontakt mit Jesus treten wollen und Anteil erlangen wollen an dem Hell, das er \6'körpert. müssen ..sich selbst erniedrigen", indem sie die Position der Niedrigen übernehmen. Das betrifft die Selbsteinschätzung (Mk 7,28) und die tatsächlichen ~ältnBie (Mk 10,21). Menschen mit niedrigem Sozialstatus dagegen erfahren durch die Haltung Jesu ihnen gegenüber eine Aufwertung (Mk 10, 13- 16; 12,41-44). Jesus selbst wird dabei als der demütige König geschildert, der den Niedrigen gerecht wird, ihre Position te1lt und damit eine Altema~ zur römischen Henschaft \erkörpert. Bereits in den kleinen Einheiten ist die Deutung der Verkündigung und des Verhaltens Jesu mit einem paränetisdlen Impetus ~unden: Sta~cht ist eine Bedingung der Nachfolge, die Hochschätzung der "Kleinen" und die Fülsorge für sie eine Folge dawn; \mteht man die Passionsgeschichte als "Konftiktparänese" •, ermutigt sie dazu, im Konflikt mit Mächtigeren, sich nicht zu demütigen und am Bewußtsein der eigenen Hoheit festzuhalten. Auf redaktionsgeschichtlicher Ebene zeigt sich, daß alle drei Ev.mgelisten mit dem Positionswechselaxiom wichtige Anliegen ihrer Evangelien gestaltet haben. Für Mk Qllt das deswegen in besonders großem Maß, we1l er - anders als Mt und ll - die Gestalt Olristi der bestehenden Gesellschaft in ihrer jüdischen und römischen Gestalt durch das Positionswechselaxiom entgegensetzt Der mk Jesus steht im Gegensatz zur jüdischen Gesellschaft: Er legitimiert seine Position ausdrücklich nicht aus dem Recht der Väter und stellt dem Identitätsentwurf der Schriftgelehrten einen eigenen gegenüber, wodurch er ihre Feindschaft auf sich zieht. Symbolisch zeigt sich das daran, daß für Mk Gahläa und Jerusalem die Position wechseln: Gahläa wird zum neuen Zentrum, .Jerusalem rückt an den Rand. Der mk Jesus steht aber auch im Kontrast zur römischen Herrschaft: Mit seinem Auftreten beginnt die Aufrichtung eines menschenfreundtichen Reich~ das die römischen Macht ablösen wird. Jesus als Henscher dieser anderen Gesellschaft wird wn Mk mit Hilfe 1 Th~i~n.
Lokalkolorit, S. 210.
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des Positionswechselaxioms gezeichnet: Jesus richtet seine Henschaft auf, indem er seine Hoheit, die in der nicht-menschlichen Welt mannt wird, ~ed
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Weltbildes als in die Position wn Engeln in den himmlischen "HofStaat" erhöht und \el'band damit die Tendenz, sich aus der Gesellschaft zurückzuziehen, ihre Werte und Rollen abzulehnen zugunsten der neuen egalitären eschatologischen Strul
20. Kapitel: Zusammenfassung und Ertrag Die Entdeckung der Demut als sozialer Tugend im Urchristentum wr dem Hintergrund der paganen und der jüdischen Tradition zu erhellen und ihre Bedeutungen für das Urchristentum zu beschreiben, war das Vorhaben dieser Untersuchung. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf die Stol)5. Mo~ und Rollenangebote verwandt worden, durch die soziale Demut inszeniert werden konnte. Die antiken Gesellsdtaften waren Sdtamkulturen, in denen das Streben nach Ehre handlungsleitend war und ein geringer Status mit einer geringen Wertschätzung \erbunden wurde. Demut gegenüber Menschen galt als Anerkennung der eigenen Nidttswürdigkeit und Ausweis einer sklavischen Gesinnung. Die Bereitschaft zum Sta~dtt bedeutete deswegen, sich der Macht der anderen auszuliefern und ihre Geringschätzung zu akzeptieren. Den Verzicht auf den Versuch, seine Ehre zu steigern, finden wir als Ausdruck wn Resignation und Angst in den Unterschichten (Fabeln). Bevor aus dieser Haltung soziale Demut und die Bereitschaft, auf Status zu verzichten, entwickelt werden konnten, mußten (1) die Verbindung wn hohem gesellschaftlichem Status und dem Versudt, seine Ehre zu steigern, sowie die Koppelung wn niedrigem gesellschaftlichem Status und Geringschätzung gelöst und (2) Möglichkeiten erschlossen werden, die tatsächliche Ausbeutung und Unterdrückung der Niedrigen und derjenigen, die sidt selbst erniedrigten, zu begrenzen, zu kontrollieren und Selbsterniedrigung konstruktiv zu deuten.
20. 1. Die pagane Antike ln der paganen Antike fand sich in der griechischen Kultur mit den Rollen des Achill und des Od}sseus als Fremden und als Bettler die Vorstellung wm freiwilligen Stat\..15\erzicht mit Figuren ~unden, die Wertschätzung genossen und einen hohen Status beanspruchten. Die Wirkung dieser drei Rollenangebote blieb jedoch begrenzt, we~l die agonistische Kultur Griechenlands gegen die Bereitschaft, zugunsten der Einheit der Gruppe auf Status zu verzichten, die Überzeugung setzte, daß derjenige, der freiwillig
318 darauf verzichtet. seine Ehre zu steigern, ausgebeutet wird [Thuk)Uides): Wer nicht der erste zu sein \m\Jcht, der wird letzter. Freiwilliger Statusverzicht um der Einheit der Gruppe Willen muß zur Gegenseitigkeitsvereinbarung werden, wenn sie nicht zum selbstschädigenden Verhalten werden Will. Dieser Schritt ist in der griechischen Tradition nur begrenzt erfolgt. Zur Gegenseitigkeitsvereinbarung entwickelt wurde die Selbsterniedrigung in der Rolle des Od)5seus als Fremder. Sie errnögHchte es, zeitHch begrenzt auf Machtmittel zu verzichten, um zu reisen; diese Gegenseitigkeits\e'rinbarung blieb auf die Oberschicht beschränkt und förderte ihre Einheit und Stärl<e sowie den Status ihrer Mitglieder. ln der Rolle des Achill und in der Rolle des Od)5seus als Fremden erfolgt der Statusverzicht tatsächlich; Achill enthält sich des Gebrauchs seiner Machtmittel, Od}sseus als Fremder hat auf ihren Besitz zeitlich begrenzt verzichtet Od)5seus als Bettler hingegen Q1bt nur scheinbar und aus taktischen Gründen seine Machtmittel und Statusmerkmale auf. Seine Selbsterniedrigung ble.bt Verkleidung und hat das Ziel, seine Gegner zu erniedrigen und sich zu erhöhen. Diese Rolle galt als schändlich und wurde als demagogisch abgewertet. Daß sie zugleich auch als "populistisches Modell von Henschaft" positiv bewertet und gestaltet wurde, wird in der neueren Uteratur diskutiert. hat mich jedoch nicht überzeugt. Die römische Kultur forderte die Bereitschaft, die persönliche Ehre des einzelnen der Größe Roms unterzuordnen, und bot dafür die Partizipation an ihrer Größe an. Wegen dieser kollekti\en Ausrichtung wurde die Bereitschaft des einzelnen, auf Statussteigerung zu verzichten oder einen Sta~cht zu erbringen, nicht zum posi~n Wert. sondern als bloße Bedingung dafür veJStanden, (kollektive) Größe zu erlangen. Roms Größe wurde dabei mit den traditionellen Statuskriterien Geburt, Macht und Besitz bemessen; wenn auch das Modell der kollekti\en Größe es erforderte, innerhalb der römischen Gesellschaft - abhängig wm Status des Betroffenen natürlich - die Würde des Römers zu achten, so ermöglichte das Modell, nach außen den Konkurrenten und Unterlegenen gegenüber, eine besonders ausgeprägte Neigung zur skrupellosen Unterdrückung und Ausbeutung zu kultivieren. Mit dem Prinzipat war es gelungen, den Ehrgeiz einzelner mit diesem Modell kollektiver Größe zu ~nbaren. Das Henscheramt wurde mit Hilfe philosophischer, besonders stoischer Modelle legitimiert und stabilisiert sowie durdl die Forderung, höheren Mächten (Vernunft, Gesetze) zu gehort:hen, begrenzt und ans Allgemeinwohl gebunden. Diese Unterordnung konnte ausnahmsweise als Knechtschaft ~chnet und ~tanden werden (Antigonos Gonatas). Die pagane Antike kennt also Rollenangebote für Menschen mit hohem gesellschaftlichen Status mit der Rollenerwartung, auf EhTSteigerung und auf Status zu verzichten. Dabei kann ausnahmsweise wn Knechtschaft die Rede sein. Die zweite Bedingung für die Entstehung der Bereitschaft zum Sta~cht. die Begrenzung der Gefahr, unterdrückt und ausgebeutet zu werden, wurde mit der Gegenseitigkeitsvereinbarung unter Gastfreunden erfüllt Im Fall des zur Unterordnung unter die Gesetze bereiten Henschers erfolgte diese Gefahrenbegrenzung dadurt:h, daß dasselbe Modell, das die Unterordnung des Henschers forderte, seine Henschaft auch
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stabilisierte. Überdies war die Position des Henschers so starl<, daß seine Berritschaft zum begrenzten Status\6Zimt seine Stellung nimt gefährdete. ln der Philosophie, bei Sokrates und den Kynikern, wurde die Vorstellung vom statusunabhängigen Wert des Menschen entwickelt und somit der niedrige Sozialstatus von der Geringschätzung abgekoppelt Vernunft und Tugend ergänzten oder ersetzten die traditionellen Statuskriterien. Stand bei Sokrates die Kritik an der gesellschafttimen Vertetlung von Wertschätzung im Vordergrund, so entstand in der kynischen Bewegung ein alternaoo Entwurf zur Vertetlung dieser gesellschafttimen Wertschätzung: Kennzeimen des niedrigen Sozialstatus nam traditionellen Kriterien werden zum Merkmal des Ansprudts auf einen hohen Rang innerhalb der kynischen Wertewelt Die Merkmale eines hohen Sozialstatus nam traditionellen Kriterien werden als Hinweise fiir ein der Tugend und Vernunft entfi'emdetes Leben, also fiir einen niedrigen Rang innerhalb der kynischen Wertewelt verstanden. Die Roße des Od)sseus als Bettler wurde aufgenommen und hatte die Funktion, einen geringen gesellschafttimen Status als mit Hoheitsbewußtsein ~nbar erweisen. Vereinzelt findet sim bei Kynikern der Verzimt auf Statusmerkmale; sie tragen, Wetl es nur wenige Kyniker mit hohem Sozialstatus gab, bloß zeimenhaften Olarnkter. Ihre Leistung fiir die Entstehung von Demut ist darin zu sehen, daß im Kynismus ein niedriger Sozialstatus mit hoher Wertschätzung verbunden wird. Das betrifft vorerst aber nur ein marginalisiertes Gesellschaftssegrnent. Die tatsämlime Ausbeutung der Niedrigen und sim selbst Erniedrigenden wurde dun:h die Umwertung der Werte begrenzt. Geburt. Reimturn und Macht wurden geringgesdtätzt, wodurch die Gesellschaft ihre Machtmittel einbüßte. Der Preis fiir diese Unabhängigkeit war der Verzicht auf die Güter bis hin zur Berritschaft zum Freitod (Epiktet). ln der römischen Kultur entstand mit dem Prinzipat fiir die OberschichtsmitgHeder die Notwendigkeit, ihren Mamt- und Sta~ust zu akzeptieren. Seneca deutete mit Hilfe stoischer Vorstellungen Erniedrigungen und die Bereitschaft, sie hinzunehmen als Beweis von Hoheit Mit dem Versum, die Hoheit, die tatsächlime Größe des Menschen, unabhängig von den gesellschaftlimen Erniedrigungen (und Erhöhungen) zu machen, ~chtet er darnuf, seine Hoheitsmerkmale herauszustellen und sie zu gebrnumen. Die Vorstellung vom statusunabhängigen Wert des Menschen, die Bereitschaft, Erniedrigungen hinzunehmen und sie selbst zu initiieren, war in die Oberschimt, in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. Jn Geltung gesetzt wurden diese Rollen und Verhaltensmuster durch ihren religiösen Hintergrund. Die Vorstellung vom Positionswechsel, von der erhöhenden und erniedrigenden Macht der Götter, rief bei den Menschen der paganen Antike ganz überwiegend Angst heNOr. Die Perspektive detjenigen, die von der bestehenden Gesellschaftsordnung profitieren, ist ganz und gar vorhenschend. Ausnahmen mamen Hesiod mit seiner Überzeugung, daß Zeus das Recht der Unterdrückten gegen die überlegenen Gewalttäter garnntiert, und Herodot mit der Vorstellung von der Vorliebe der Götter fiir die armen und freien Griechen und ihre Abneigung gegen die reimen und dekadenten Persern. Religion hatte überwiegend die Aufgabe, die gesellschafttime
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Ordnung zu stabilisieren. Dementsprechend wurde die Verbindung wn hohem Status und Anspruch auf hohe Wertschätzung religiös begründet: Die Henschenden imitierten die Götter, indem sie - bei Interessengegensätzen - ihre Macht zu steigern zu suchten und Unterlegene unterdrückten oder ihnen wohltätig begegneten, wenn es darum ging, deren Eimeständnis zu ihrer Her&haft zu gewinnen oder zu befestigen. Die Aufforderung zum Status\6zicht wurde in der griechischen Kultur nur negativ begründet: Die Unterordnung unter die Vernunft und die Gesetze galt als Zeichen einer maßwllen Selbsteinschätzung und half, Hybris und somit göttliche Rache zu ~eiden. Status\m:icht ließ sich aber nicht positiv als Imitation der Gottheit oder durch deren Hochschätzung der Niedrigen begründen. Bei Sophokles wird sogar die Hinwendung zu den Niedrigen als Korrektur des göttlichen Handeins \mtanden. ln der römischen Kultur wurde die Henschaft als Gabe und Auftrag der Götter und der Verzicht auf Henschaft als Scheitern und UngehoTSam ihnen gegenüber \mtanden. Die henschenden Römer repräsentierten lupiter gegenüber den Behenschten, Statl.ls\6zicht dagegen wurde religiös negativ sanktioniert. Das Hoheitsbewußtsein der Niedrigen hingegen wurde religiös fundiert: Die Zeuskindschaft und die Anteilhabe am Logos konstituieren den Wert eines jeden Menschen; außerdem kann die Autarkie Gottes imitiert werden, wodurch der (zusätzliche) Status\ezicht der Kyniker religiös begründet wurde.
20.2. Das Judentum Die jüdische Kultur hatte mit der alttestamentlichen Tradition Überlieferungen zur Verfügung, die die Hochschätzung der Niedrigen und den Statusverzicht als Kennzeichen wn Hoheitsrollen kannten und beide Vorstellungen miteinander \efbanden. Die Hochschätzung der Niedrigen wird durch die Erwählung Gottes begründet: Gott hat das kleinste Volk erwählt (Dtn 7,6f) und fühlt sich innerhalb der Gesellschaft mit den Interessen der Niedrigen besonders verbunden (Amos. Jesaja, Ps 9; 10; 25; 31; 34). Der Status\ezicht als Merkmal wn Hoheitsrollen entwickelt sich aus der Forderung nach einem rituellen Statusverzicht des Heerführers im JHWH-Krieg (Ps 18). Dieser Statusverzicht drückt religiöse Demut aus und ~ößert den Abstand zwischen Gott und Mensch. Dieser rituellen Inszenierung religiöser Dernut folgt deren Habitualisierung durch den idealen König (Sach 9,9). Aus der religiösen Tugend wird eine soziale Dimension freigesetzt, indem die Selbsterniedrigung nicht mehr dem eigenen Sieg dient, sondern mit der FiiTbitte für die wn Gott bereits erniedrigten Gegner verbunden wird (Num 12); das wird \6Stärkt, wenn die Selbsterniedrigung aus der Gemeinschaft des Volkes ausschließt, ihm aber zugute kommt wie bei dem Gottesknecht (Jes 53). Der Positionswechsel als göttliches Handeln, daß Gott den Unterlegenen den Sieg Qlbt und die Mächtigen erniedrigt, ruft also nicht Angst herwr, sondern ist Gegenstand der Hoffnung. Beide Überzeugungen sind miteinander verbunden: Gott Qlbt dem unterlegenen Volk den Sieg, sofern seine Führer auf ihre Machtmittel ~chten; unterlassen sie es, ersetzt er die Führer durch die Niedrigen (Zeph 3, 12). Die alttestamentliche Trndition förderte die Entstehung wn Dernut als sozialer Tugend, indem in ihr die Wichtigkeit der religiösen Demut stärker
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her.orgehoben wurde und indem in ihr die Perspektive wn Menschen zur Spradle kam, die innerhalb der Gesellschaft oder im Kontakt mit anderen Völkern unterlegen waren; Unterlegenheit gegenüber Gott und den Menschen wurde somit aud1 wn den Oberschidltsangehörigen zum Gegenstand posi~ Deutung gemadlt und konnte zum Handlungsziel werden, die Niedrigen hingegen wurden in besonderer Weise mit Gott 'Jerbunden und hodlgeschätzt. ln der jüdischen Gesellschaft Palästinas wurde dieses Modeß am Rande der Gese11schaft aufgenommen, wohingegen in ihrer Mitte Demut gegenüber Menschen ven:lädltig büeb und die Erhaltung des eigenen Status das Ziel war (Sir; 1/11 Makk). Am Rand der Gesellschaft ~anden der Lehrer der Gerechtigkeit und seine Gemeinschaft Hoheitsbewußtsein aufgrund wn Erwählungsbewußtsein mit einer marginalisierten Position innerhalb der Gesellschaft und verknüpften mit ihrer freiwilligen Annahme dieser Position die Hoffnung auf Gottes helfendes Eingreifen und einen zukünftigen (gewaltsamen) Positionswechsel, wobei sie Traditionen wm JHWH-Krieg aufnahmen. Innerhalb der Gemeinschaft wurde die Demut gegenüber Mensdlen erwartet und gefordert. Darunter wurde eine Gesinnung ~anden, die die Würde des anderen als eines Erwählten amtete. Zum Sta~dlt wurde innerhalb der hierarchisch strukturierten Gemeinschaft nidlt aufgefordert. Demut wurde innerhalb der Gesinnungsgemeinschaft gefordert, in der sie als Tugend anerkannt war; zudem ~inderte die hierarchische Ordnung, daß die Demut zum selbstschädigenden Verhalten wurde. ln der Diaspora standen alle Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft vor der Herausforderung, den eigenen Hoheitsansprud1 als erwähltes Volk mit der tatsädllichen und zunehmenden Unterlegenheit und Unterdrückung zu ~nbaren. Die Juden waren in der heidnischen Welt in einer ähnlidlen Situation wie der Lehrer der Geredltigkeit in der jüdischen Gesellschaft. ln der Diaspora wird deswegen Demut als soziale Tugend nicht nur in Gesinnungsgemeinschaften am Rand der Gesellschaft 011erapeuten), sondern aud1 in ihrer Mitte (Philo) entwickelt. Wertschätzung beanspruchten die unterdrückten und geringgeschätzten Juden und Jüdinnen, indem sie den Konflikt zwischen paganer und jüdischer Kultur als Kampf zwischen Satan und Gott CfestJob) oder den Affekten und der Vernunft (IV Makk) deuteten und sid1 der Begleitung durch die Weisheit aud1 in die Erniedrigung hinein \midlerten (SapSal). Unterdrückung und Erniedrigung werden somit in ihrer Bedeutung begrenzt und als Zwischenphasen in einem Geschehen ve~Standen, das der jüdischen Kultur den Vorrang zukommen lassen wird. Auch hier wird der Positionswechsel zum erwünschten Geschehen. Soziale Demut wird im Testlos und im TesUob wn Mensdlen erwartet, die einen hohen Status innehaben und Wertschätzung beansprudlen. Im TestJas wird die Demut gegenüber den Brüdern, also Mitgliedern des eigenen Volkes als Gesinnung, nämlich die Würde der anderen höher als die eigene Geltung zu sdlätzen, erbradlt. Im Testlob wird Demut gegenüber den Niedrigen, deren ethnische Zugehörigkeit unbestimmt ble.bt, also aud1 Heiden einschließen könnte, als Wohltätigkeit und Dienstbereitschaft gefordert. Im Umgang mit den als überlegen und unterdrückerisch empfundenen Heiden wird in JosAs ein Modell entwickelt, in dem der Status\6'zicht der überlegenen Heidin zur hinreichenden Bedingung für die Aufnahme in
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die jüdische Gemeinde wird; dabei wird Demut vor Gott als religiöse Tugend mit der Demut wr Menschen als sozialer Tugend verbunden; zwar wird diese soziale Demut als Dienstbereitschaft und Statusverzimt wn einer Frau einem Mann gegenüber erbramt und somit wn der unterlegenen Position aus-, aber dodl aum wn der Vertreterin der überlegenen paganen Kultur gegenüber dem Vertreter der untenbückten jüdischen Kultur, so daß Demut als Vorwegnahme des eschatologischen Positionswedlsels aum Heiden Anteil am Hell \mehaffi:. Bei Phr7o wn Alexandrien schließlim wird die UnM1salisierung der Traditionen auf die ganze Menschheit weiter vorbereitet, insofern er die Vernunft mit der Tora eng verbindet. Alle \mlunftbegabten Menschen sind an die Niedrigen gewiesen und zur religiösen und sozialen Demut aufgefordert. Am Rande der Gesellschaft in Palästina und in der Mitte der jüdischen Diasporagesellschaft wird der ffirs Eschaton erwartete Positionswechsel inszeniert: Die Erniedrigten ~alten sim wie die wahren Großen und nehmen die sich erniedrigenden \6meintlimen Hohen auf. Zu ihrer Größe gehört die Demut.
20.3. Das Urchristentum Daran knüpfte das Urchristentum an. Fs ist wn der Überzeugung durchdrungen, daß der eschatologische Positionswechsel als Gottes Handeln begonnen hat und in den Gemeinden Wirldimkeit geworden ist. Indem es das Positionswechselaxiom auf das Olristusgeschehen bezieht (Phil 2,5-11; 2. Kor 8,9), bestimmt es die Bereitschaft zum Sta~mt als Bestandtell der Rolle des idealen Henschers, indem es daraus soteriologische Folgerungen zieht, deutet es die Erhöhung der Glaubenden als Folge und Ziel des Statusverzimts Christi 01 Kor 8,9; Mk 10,45). Damit konnte das Urchristentum am Verhalten und an der Lehre Jesu anknüpfen. Mit seiner Zuwendung zu den Außenseitern und Armen, den Menschen mit einem niedrigen Sozialstatus. sowie den Positionswechsellogien als Elementen seiner eschatologischen Verkündigung hat Jesus selbst den Positionswechsel als Bestandtell des eschatologischen Handeins Gottes. das mit seinem Auftreten beginnt, verstanden. So wie damit die Vorstellung wn der Erhöhung der Niedrigen jesuanisch sein kann, läßt sim aum die Verbindung wn Statusverzimt und Hoheitsbewußtsein bei Jesus selbst finden, wenn er seine freiwillige Übernahme devianter Lebensformen als Sta~cht und Selbsterniedrigung gedeutet und eben daran seinen Autoritätsanspruch gebunden hat. ln den kleinen Einheiten der synpotischen Tradition läßt sim beobachten, daß wn Menschen mit hohem Sozialstatus die Bereitschaft zum Sta~cht als Element der Nachfolge und Bedingung ffir die he~lwlle Zuwendung .Jesu gefordert wird; das Qllt auch ffir heidnisdle Menschen; wie in J~ ist die Bereitschaft der statushöheren Heiden, den eschatologischen Positionswechsel wrwegzunehmen, die Voraussetzung für ihre Anteilhabe am Heil (Syrophönizierin, Hauptmann wn Kaphernaum). Menschen mit niedrigem Sozialstatus hingegen erfahren durch die Begegnung mit Jesus eine Erhöhung: Sie werden ins Zentrum gestellt und als Vorbilder geschildert (Kinder, arme Witwe). Jesus selbst tritt als der Repräsentant eines anderen, gerechten und an den Belangen der
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Behenschten orientierten Reiches. das im Kontrast zur römischen Henschaft steht, auf. Die kleinen Einheiten schildern Jesus als den, durch dessen Handeln und Reden der eschatologische Positionswechsel in Gang gesetzt wird, durch den die ungerechten Machthaber entmachtet werden und die Beherrschten ihre Würde zurückgewinnen und an die Stelle der Mächtigen treten, die Hochgestellten und die Heiden aber Anteil am Reich Gottes erlangen können, wenn sie die Position der Niedrigen ideologisch oder tatsächHch freiwllHg übernehmen. ln der Konzeption des MarlcusevangeHums ist die Überzeugung wm Positionswechsel strukturgebend. Der Positionswechsel hat fiir Mk kosmische Dimensionen: Durch das Christusgeschehen sind Rand und Mitte der "Welt" \ffiauscht. Gott zeigt sich nicht mehr in der Mitte der Welt, sondern an ihrem Rand. Mit der Christusgestalt entwirft Mk einen Henscher, der seine Autorität im Kontrast zu den Herrschern der paganen Kultur begründet und ausfüllt: Er erweist sich als Henscher, indem er mit den alten, identitätsstiftenden Traditionen bricht und das Herkommen geringachtet und indem er in seinem Leiden als Sohn den ~rgenen Gott repräsentiert. Paränetisch ~indet er die Aufforderung zur Leidensnachfolge mit den Ermahnungen, in den Niedrigen die Repräsentanten Olristi zu erkennen, zu achten und sie als Vorbild anzuerkennen sowie im Verhältnis zur Gesellschaft selbst auf Statusmerkmale zu ~chten und innerhalb der Gemeinde die Roße des Skl~n zu übernehmen. Nur durch den Verzicht auf Geltungsstreben und die Bereitschaft, den Geringgeachteten Achtung zu erweisen, sowie durch die Bestimmung des eigenen Platzes als Diener der anderen und der eigenen Aufgabe als Dienst an ihnen kann Achtung und Autorität in der Gemeinde gewonnen werden. Mt stellt das Positionswechselaxiom in den Dienst seines an der Gerechtigkeit orientierten egaHtären Ethos. Er schildert Christus als den demütigen König und Lehrer, der durch seine lehren und Gesetze regiert und sich durch die Niedrigen repräsentieren läßt. Von den Gemeindemitgliedern ~angt Mt die bessere Gerechtigkeit, zu der die Demut als ein wichtiges Element zählt. Das Positionswechselaxiom wendet er kritisch gegen di~nigen Mitglieder 1sraels und der Kirche, die Gott diese Gerechtigkeit schuldig bleiben, und gegen difjenigen Autoritätspetsonen, die höhere Geltung als andere beanspruchen. Lk ~indet das Positionswechselaxiom, das in seiner Konzeption das eschatologische Handeln Gottes beschreibt, besondm mit den Mahlgemeinschaften Jesu, in denen sich seine Sendung als Helland der Verlorenen \63nschaulicht und konkretisiert. Jesus versteht sich selbst als TISchdiener sowohl bei den irdischen Mahlgemeinschaften als auch beim eschatologischen Mahl. Seine Jünger fordert er auf, dieselbe Position zu übernehmen; die reichen Gemeindeglieder ermutigt er, wie Gott selbst die Armen einzuladen, ihren Besitz zu te~len und ihre Macht zugunsten der Behenschten einzusetzen. Lk begründet diese ~rderungen wr allem eschatologisch. Vor allem also fiir die Gestaltung der gemeindlichen Leitungsrollen spielte das Positionswechselaxiom eine wichtige Rolle: Die Bereitschaft zum Sta~cht und zum Dienst an der Gemeinschaft wird zur Bedingung fiir Autorität und fiir die Übernahme wn Leitungsämtern in der Gemeinde. Auf welche Statusmerkmale jedoch verzichtet werden
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soll und ob darunter der VeTZicht auf den "ungerechten" Gebmuch z.B. wn Reichtum oder der auf seinen Besitz überhaupt zu \6Stehen sei, war innerhalb des Urchristentums umstritten. Das Markus- und das Matthäusevangelium spiegeln \lielleicht die Debatte um die Autoritätsansprüche wn Wandercharismatikern, die auf Besitz ~chteten, und Leitern der Ortsgemeinde. die Besitz zugunsten der Annen einsetzten, wider. Auch zwischen Paulus und seinen Gegnern, die in die korinthische Gemeinde eingedrungen waren, war diese Frage strittig. Die fremden Apostel übernahmen freiwillig eine niedrige gesellschaftliehe Position, beanspruchten innerhalb der Gemeinde aber einen hohen Rang und hoben ihre Statusmerkmale wie ihre Tugenden, ihre Fähigkeiten als Offenbarungsmittler und ihr wllmächtiges Auftreten herwr. Paulus dagegen übernahm zusätzlich zur niedrigen Position in der Gesellschaft auch innerhalb der Gemeinde die Rolle eines Skl3\en, indem er gleichermaßen auf die Kennzeichen eines angesehenen l..ehrers und religiösen Führers ~chtete. Mit seiner Bereitschaft zur Selbsterniedrigung, mit der er das Handeln Christi nachahmte, \ffi)and er die Emöhung der Gemeinde, die grundlegend durch die Selbsterniedrigung Ouisti erfolgt war und nun im VeThältnis wn Apostel und Glaubenden abgebildet wurde. Zum Korrelat des Sta~chts als Merkmal wn Hoheitsrollen wurde die Stärkung des Hoheitsbewußtseins bei den Gemeindegliedem. ln der korinthischen Gemeinde lassen sich zwei verschiedene Ausformungen wn Hoheitsbewußtsein wneinander abgrenzen: Eine Gruppe. der eher Menschen zugehörten, die in der Polis ihre Heimat hatten, ~anden sich als die Hausgenossen des Herm der Welt und tl3ten getl3gen wn einem königlichem Hoheitsbewußtsein - mit der Gesellschaft in Kontakt; eine andere Gruppe. der eher Menschen zugehörten, die sich wn der Gesellschaft zurückgestoßen ffihlten, ~anden sich als engelsgleich und distanzierten sich, wn einem priesterlichen Hoheitsbewußtsein motMert, wn der Gesellschaft. Die Konflikte innerhalb der korinthischen Gemeinde lassen sich auch als Folge eines unterschiedlichen Vem.ändnisses wn Hoheit und ihres Verhältnisses zur Gesellschaft ~tehen. Neben dieser Aufte~lung wn Erniedrigung und EThöhung auf Apostel und Gemeinde findet sich im Urchristentum auch die Vorstellung wn sozialer Demut als Gegenseitigkeitsvereinbarung. Bei Paulus begegnet sie in Verbindung mit dem Gebot zur Nächsten- und Bruderliebe. Im I Petrusbrief, dem Jakobusbrief und der Apokalypse ist sie Kennzeichen der Gemeinde als Kontrastgesellschaft. Soziale Demut wird im Urchristentum nicht wn den Unterlegenen den Überlegenen gegenüber gefordert. Das geschieht em. im I Oern, wird allerdings bereits im NT wrbereitet: ln Eph 6,5 wird wn den Skl3\en Furdlt gegenüber ihren Herren ~angt. und in I Tim 5,10 wird die Regelung festgelegt. daß ditjenigen, die in die Witwenliste aufgenommen werden wollen, den He~ligen die Füße waschen sollen. Im Urchristentum finden wir also ausgehend wn der Überzeugung, daß mit dem Ouistusgeschehen der mehnte eschatologische Positionswechsel stattgefunden hat, die Forderung nach Sta~cht an die Hohen und die Überzeugung wn der Hoheit der Niedrigen. Die Forderung nach Sta~cht wird an ditjenigen gerichtet, die Autorität und Leitung beanspruchen; Hoheitsbewußtsein und Anspruch auf Wertschätzung wird den Mitgliedern der Gemeinde ~ittelt, besonders denjenigen, die einen niedrigen
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Sozialstatus innehaben. Daneben wird soziale Demut als Verhalten innerhalb der Gemeinde im Sinne einer Gegenseitigkei~nbarung erwartet
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ZELLER,
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Indices Autoren (Auswahl) Brown. 25, 34, 211, 218. 222. A
228,259
Aber1Z I Westmnann. 99f Alfölä~65
Dschulnigg. 188, 198
Bultmann. 16Sf, 170.173, 176,185,192,207,266, 268-273, 284, 291, 293,
Alffildv, 36 Andreau, 22. 328 Andrews, 272f Annas, 78 Applebiun. 110
299,301-303,305, D
Burchard. 126f Burck. 61, 64 Burdchardt. 22. 34, 41 Buscmann.197
8 Balz.255 Barmt. 254, 28), 268f, 282, 284,299 Baurn-&dcnbmdcr, 291 Bdztn, 17,19
Bmcdict. 25 ~.
175-177,188,195, 200t, 205,209,214,221, 230, 239, 242, 28), 264, 275
~ 1Wckmann, 34 Berg~.
72, 73. 228. 234 O!Mr, 26, 32, 36
Bnn.73 8rustm,13
Adam,82f 1«,146
180,212
Bmram,106
!kM. 22. 36, 46, 49 &tz. 24, 51, 255, 28), 269-
28)
Camr, 239,252, 258, 282,311 Oladwidc. 56. 222, 226 0\arlcsworth, 267 Olcsnut,83 Coatts. 105 Collins, 126, 128, 272. 285 Conzmmn. 215-217,219, 221,227,229,236,245, 248-251 Cu~. 291, 296, 299f, 301f, 306f, 310
~.250
Dawc5. 93, 97, 100, 102f, 108,
11 1f
Böhl93 Bolkrstm.. 23, 31, 33, 45 Bomkamrrn, 260
Bovon. 2016. 207 ~.36.46
Era9nus YOfl Rotmdam. 10
Erlcson. 254 Et5icR.82 F ~.170,f
Faschcr, 236 Fatheuer, 31, 41' 46 ftars, 51
fddman, 214, 232 ftklmm, 170f Ftntn. 290, 302, 313 Atzgcrald, 263, 273 fomtcr,211
fouc:ault 39 Fowl, 176 Fuchs,62
D ~300.302
'iöch~.
Ebml.292 Edcstm,229 fngndl.97
Callan, 227, 234, 253f, 262.
Baltln', 290, 292. 305
8lack. 273
E
&nst. 171, 173-175,179,182
c
272. 275, 28)
~.71
Dodd5, 13, 23, 25, 33, 35, 43f,
118 Drissmann. 231,240 Ddling. 222
Ommg. 225 OiriJs. 173, 185 Dih~ 11f,15,26,41,49,50f, 103 Oilo1,60
G
Garrlr(. 232 (kigcr, 135, 138,f, 142, 146, 148 ~L265 Gmttr~gcr. 97,
~101
Gtstti lbo'gtt. 103 Gigon,55f Gilm, 10
103
Gm1ündm. v. 182f, 194 Gnilca, 173, 175, 178, 197 Goodcnough. 51, 90, 135, 139f, 141, 143f, 146,149, 152f
K Kasch,10
Käsmlann, 269, 271 f, 291 !Caso', 211
Luschnat. 51 L.ütgm.239 l.utho', 10, 12
Wz. 199,203
Ktm,186
6rant,229
Grctvm, 39, 66, 242 Grma~61
Grimm. 105 Grundmann, 11, 15, 96, 103, 171, 175,182,189,196, 197
Kcrmyi.19
Ma~.
Kmdgc.170
Ma~46,231,271,274,
Kiflan, 102
279 Malina. 13, 23, 28f, 35, 89,254
~bog.312
Kirl'hhoff, 23, 212, 215f, 218, 232,241
Gundcrt,54
Klmknmlt, 263, 300, 303f, H
M
Kcrmyi.19,28,32,63f,131
305, 308, 312
114,117
MarshaR. 266, 284 Martin, G.. 55, Martin, D. 198, 212f, 218, 220, 222, 228, ~233,
Klinghardt, 127,294,296
240f, 243, 246, 252, 257f,
Haarb«k, 267
l
279f,294
Habmnann, 254
Köskr, 129, 337 Köttilg. 127, 293, 294
Mauradl, 66-70
Kranz, 58
Medcs. 221, 227f, 231,234,
Kraus, 100, 180 Kuhncrt,31
~it,232
Hack«, 10 Hamchm, 178 Hafmlann, 2Q)f, 267, 283, 284-286
240f, 243, 276f Mmd,66,70
Hamadc.14 Htttcl. 270, 282 Hmgd.191
l
lamcdc.13
Hil,199 Hirsctlbogcr, 51, 55-57, 69 Hobbs,89
HolandO" I van d« Hout. 285 Hord, 218,232,243,245,253
Horn. 210, 212
l..anczlcow5ki. 11 0 ~293
~200
lattt, 49. 5«
lttlram. 106. 109 ~15,103
Howd, 200, 204
I.Sy,52f
Hübncr,211 liunzing«, 117f, 183
J
Ucglt,64 Undar,298
Undmlann, 212, 219f, 241, 246 I.Joyd .Joncs. 23, 25f, 28-33
Jcnn~92 ~
182, 189f, 279
.lcMI~269f
Martin-Achard, 103
Mdzgtr,296 Michaelis, 11
MIChd, D. 96, Michd. O. 210,246 Michl, 211,227 Milar,236 Mitchd~ M
219f, 233,237-
240, 246, 248
Mödritztr, 258, 292, 315 MoloMy,302 Mooav-~268
Mülkr, 106, 110 Münchow, 112f Murphy O'Connor, 285f
lohmcyer, 170-174,179,181, 197
N
~231,274
l..ohse, 271, 298
Jüfdlcr, 202
lorm.95 I.Dth, 57f, 171
Niml,31,33
lüdmlann, 265
Noth, 105
Wria,63
Nimland, 295, 298, 300. 302, 308,310
0 O'Neill, 298
Schcrlkt. 170, 178 Schildmbcrg(r, 97, 105 Schmidt. 191
Oepk~300
Schrnitha~ 113, 200, 265, 270
Olshausen, 61 f
Schnackmburg. 298f, 303,
Olyan.89
306 Schnddcr, 23
Oppcrmann, 62f ~11
Owanga-Wdo, 303, 306, 310
p
Schnelle. 227, 313 Schocck, 13, 29 ~ 185, 189f, 192,
198
Ptsch, 170.173, 175f, 178f, 191f ~.
102,179,180
Paldtcrt. 13 Pohlmz. 40, 67, 72, 74f Pokorny, 170.172,191 Päichl23, 29, 32, 34-36, 39 Powtll184f, 188-190,193, 196
Prdskcr, 81,203 Prtuß,96
R
Schottroff, 10 Sc:tvagr. 199.f. 204,211,214216,222.229,237, 239f, 242-244, 246, 251' 257, 261,263,291,311 Schrmcr, 110 Schrtnk,25 Schröter, 286 Schull. 185, 203 Schwmm,209 Sch~. 14,199,204,220 Scott.285 Scc:ord I Backman, 41 Sttlty, 79
Raaflaub,47, 50
Smcruaun, 192 ScgcMa. 299f, 310
Rad,"~
100f 180 Radl205-207 Radler, 12
T T~.51
Tamt312 Taylor,274
1hdlcrt. 235
1hdkn. 1a. 34, 170, 172f, 176, 177,191, 193, 198, 220f, 223. 224, 227-229,
230-234, 238, 246, 249f, 254, 257, 200, 266, 272, 274-277, 279, 304, 307, 316.
Thd3crl/ Mcrz. 168 1hidick~23
lhien, 12, 14 Thomas, 293f, 296, 298f, D>,-
303, 305,310, 312f 1h~26,38
Thy5man, 204 flll,32 V ~
23f, 27, 35f39, 88, 222,232
Vdlaucr, 200 Volcrnann. 81
Shdtan. 109
Rebrll259 ~tut. 10, 11, 15, 19,23,103
Rendtorff, 99, 278 RhoacXs I Michir. 184-186. 189, 190, 192,f Ritschl, 17 Rozdaar, 66f, 70,71
s
w
Simüls,89 ~l57,345
Söä11!J, 215, 219f, 244,247 SoggW1,99 Spanncut 75 ~I Opdt. 32. 39
Standhartingcr, 126 Stansdl,89
Stanton. 200, 345 Sttgcrnann. 114, 117, 292
Sandm, 187,204,214
Strmbcrgcr, 11 o
~ 231, 233, 259,266,
~119
283,287 Sctlalkwald. 49, 54 Schäftt-üchtcrUrgcr, 91 Schallcr, 123, 127
Strad1finann,214,222 Strtdctr, 211f, 200 Sumncy,256 Sundm,18f
Waltcr, 219.f, 230,247
Wtcdm, 189, 198 Wdnftld,119
WcWm.98 Wtß. 210, 239 ~.34,233
Wmgst. 11, 16, 23, 96. 107f,
110, 11 s. 255,293,306, 313 Wcstcrmann, 94, 99f Wlddows,38 W~n.229,234
Wlk:tms. 261 Wildbcrgcr, 94f, 97, 99, 101f
Wlldisdl, MiO. 266, 268-272, 275, 2(4
Winm',ZI
z
Wlthmlgtei~o 21 S. 223. 227f,
231,233,243,245-247, 249,252
Wrt. 223-225, 247, 250
Witt.64
w~.101
Wild, 51
Zdcr,45 ltngtr,100 Zi'nrntri, 97-99,267
~ 16f, 254f, 26&-273,
zur IW»llcn. 10
275,277,284
Bibelstellen (Auswahl) Gen 1.26f 95 Gen 1.28 192
l..rv23,27J2 103
IIRcg 22,14-20 99
l..rv27,1-7 89
IIRcg 4,1ff 99
Gcn5,3 35
tbn 103 Nool11.28f 105 Num 12,103-105 321 Num 13,3 105 Num 24,17 112 Noo126,53ff ~ Nool27,1-11 129 Num 27.21 99 tbn29,7 103 Num30,14 103 Dtn5,16 89 Dtn 7,1-11 94-96, 156.321
II Rcg 4,38 99
Gcn6,1-4 110,223,242 Gcn9.6 95 Gen 15,2-18 132
Gen 16,9 103 Gen 17,17 137 Gen 24,16 137 Gcn34.25 89 Gen 37,9 112 Gcn49,11 179 Gen 49,17 133 Ex3 281 Ex4,10 2fil
11Rcg9 178 II Rcg 9,13 178 Hi5,11 165 Hi34,19
~
Ps2,7 192 Ps 8
~. 95, 229
Ps9 96f,321 Ps 10 96f, 321 Ps17 96 Ps 18 100. 103f, 321 Ps20 100 Ps24 99
Ex 15,3 99
Dtn9.Sf 95 Dtn 24,14 239
Ex 15,20 99
Dtn 24,6-13 96
Ps31 97,321
Ex 17,8-16 105
Dtn 27,16 89
Ex 19.5 95 Ex20,12 89
Dtn28,13 110 .ldc 4,99 101
Ps 34 96f. 321 Ps37 96
Ps 25 96f, 321
P541 293
.ldc 5,99 112
P544 97
.ldc6,15 99
Ps 45 97, 103f,
1Sam2,7 165
Ps46 101
Ex23.27f 99
ISam 10 99
P547 95
Ex24 277
1Sam15 158
Ps48 101
Ex29,4 293
1Sam16,11f 99
PsSO 89
Ex 30,17-21 293
I Sam 17,26
Ex21,15-17 89 Ex22,16
~
Ex22,24-26 96
Ex33,12
~
~
Ps60 294
Ex34 284 Ex 40,30-32 293
ISam 18,10 158 I Sam 22 96, 100 11Sam7 180
Ps68 285 Ps71 ~
l..rv 16,29J 1 103
I Rcg 4,8 99
P574 96
l..rv 19,13 239
IRcg 12,7 104
Ps 76 101
l..rv 19,32 90
I Rcg 19,1f 159
l..rv 20,9 89
I Rcg 22,1 112
Ps80 204 Ps89 104
Ps72 97
P591 192
..k5~16
P5101,4 96
95 ..k565,25 38
P51~
..k566,2 104
90,103
Fürdos NT sind rur~ wic:htigstm Stellm in dm lndec aufgenomtnM
P5131 104
Jcr7,8 89
P5132 97
Jcr9,1 89
P5147 96, 103
Ez 17.23f 165,183,194
P5149 180 ProY3,34 104,121,165
Ez21,31 165 Ez 22,25.27 38
Mt 1,1.6.16 198 Mt 1,19 201
AtJgrgCboJ ~ ZUmrist dit Ptriopen
ProY 3,35 90
Ez31 194
Mt 3,13-17 199,201
ProY 4,8 90
Ez31,6 183
ProY8,18 90
Dan 10,12 112 Dan2,34 112
Mt4,1-11 11 Mt 7,12-23 201, 203f,
ProY 11.2 104 ProY 15,33 103, 105,108
Mt 8,17 199
Dan2,37 90
Mt 10,1~19 203f
ProY 16,2 104
Dan 4,9.17f 183
Mt 10,24 302, 308
ProY 18,12 103,105, 165
Dan4,24 113
Mt10,40 309
ProY 18.2 108
Dan8,10 112
Mt 10,42 169,175
ProY 19.26 89 ProY 22,4 103, 108
Dan8.25 112 Jod4,11 104
Mt 10.Sf 203 Mt 11.25-30 168, 189,200,
ProY 23,2U4f 89
Am2,14-16 96
ProY 25,6f 207
Am2,6.8 96
Mt 12,1-14 201
ProY 30,17 89 98,100,159,165
201
Am2,7 96
Mt 18,1-5 162,164,167,
..k52,~21
Am3,12 96
..k55,15 165 ..k55,1-7 204
Am4,1 96
201 Mt 18,6.10.14 175
Am5,11 96
Mt 18,23-35 203f
..k5 11,1-6 38, 96, 102
Am5,12 96
Mt 19,28 168, 180
..k514,32 96
Am 6.1.4-6 96 Zcph2,3 103
..k52S.4 96 ..k5 26.4-6 96, 102. 104 ..k5 30,1-3 99f
Zcph 3,12 102. 104, 321
Mt19,30 165,201f Mt 20.26f 166 Mt 20,1-16 163, 165f, 202.
..k531,1-3 99f
Zcph 3,12.14 102 Zcph 3,14 180
..k540,3 186
Zcph3,3 38
Mt 20.26-28 200 Mt 21,33-46 203f
..k541,8 95
Sach 12,10 190
Mt23,11f 164,166,201
..k542,1 95 ..k548,11 90
Sach 13,7 190
Mt23,8-10 167,169,201
Sach9 180
Mt 25,37.46 201
..k549,13 96
Sach9.9 102-104,157, 179f,
Mt 1,1-13 178,196
..k549,3 95 ..k552,13-53,12 105f,321 ..k555,1-5 94,156,180 ..k5 56,3-7 95 ..k5 56,4 95 ..k557,15 210 ..k557,7 89 ..k5 61,1
103
..k5 63,1 ff 99
190,321
204
Mt 1,13 196 Mt 1,14f 187 Mt2,13-17 168,189 Mt 4,15 193 Mt 5,1-20 193 Mk 6,30-44 189f, 198 Mt 6.7-13 168, 198 Mt 3,20f31-35 169, 187 Mt3,23-27 193
Mc4,30-32 182
Ut 13.30 163, 165f
~ 7,24-30
Ut 13,33 205
I Ko'3,1-4 261,275
Ut 14,7-14 164,207
1Ko'3,21f 239,261,275
Mc8,33 193
Ut 14,15-24 206
I Ko'4,6-13 256, 260f, 271,
Mc8,34ff 198
Ut 15,1-3 206
Mc9,14-29 168,193
Ut 16,15 207
Mc 9,33-41 168, 198, 201f,
Ut 18,9-14 164f
Mc 9,35 166-lES, 201
Ut 18,17 176
Mc 9,37 167, 197. 245, 309
Ut 19,1-10 205f
Mc 10,13-16 168f, 170,175,
Ut 22.7-23 206, D
168f, 171, 174f,
316
Ut 22,24-27 166-lES, 206,
201,316 Mc 10,17-27 lEB, 173,175,
236f, 240, 247f, 259, 279
..loh6,70f304
I Ko'7,10 262
10,45 167, 190,310,323
.loh 7.28f 303 .loh 12,1-11 304,DI
1Kor7,11 225
Mc 10,35-45 12.198,206
Mc 10,42-45 166-168,195,
Mc 10,46-52 196,172 Mc 11,1-11 178,180
Mc 12,38-40 189 12,41-44 170,176,316
Mk 14,26-31
190, 196, 198,
199 14,65 293
Mc 15,1-20 181 Mc 15,16-32 191 Mc 15,34 196 ~
241
I Ko' 5,9f 232, 243 I Ko'G,l-1 21Q-212, 217,
197f, 201
168, 224
Mc 10,31 165,202
~
200,285 ll
ll
Mc 10,28-31
~
285 I Ko'4,14-21 209,218, 256f,
.loh 1,14 290 .loh 1,32-34 292 .loh 3,14 290 .loh 6,53f 304,309, 312 .loh 6,68f 304
316
~
308-310
I Ko' 2,6-16 237, 269
15,41 195
Mk 16,1-6 196 Ut 1,29-32 205 Ut 1,46-56 10, 205 Ut 4,18-21 206f Ut 4,23-30 205 Ut 6,20-26 176, 205, 206
.loh 12,34-36 290, 301 .loh 13,1-20 206,290-314, .loh 14,12, 309 .loh 15,15 300 .loh 15,18-16,11 305, 308 .loh 18,1-12 293, 304 .loh 18,1725-27 304 .loh 18,40-19,5 293
287
Ut 7,36-50 168. 206, D
I Ko' l,lQ-17 212. 265, 275,
Ut 12,42-46 175,207,245
1Kor7,12-16 221,242f I Kor 7,17-24 162,240, 242f, 253,262 I Kor 7,29-31 218, 224, 243, 252 I Kor 7.32-34 223, 226, 242 I Kor 7,34f 242, 251 I Kor 7.36-38 250f I Kor 7,39f 225, 250
I Kor8.S 215,217,232
Röm 15.19 2m
Ut 12,37 D
250f,262,
Rllm 5,17 261 Röm 12,1-6 219,287 Röm 12,16 136,209,247,
Ut 7,1-10 172
Ut 9,57-62 187,224
I Ko'7,1-9 217,223,225,
1Kor8,1-13 214,221,230,
I.Jt6,40 D
Ut9,48 165
I Ko' 7,1 222f, 226, 248, 250
.loh 19.30 306 .loh 19,34 306, D .loh 20,19-23 305, 313 .loh 21 301,304,305
Röm 14,20 217 Röm 15,16-21 257
I.Jt6,27 309
221,233,239-241,
279 I Ko' 1,26-30 211,231,237, 28),273 I Ko' 2,1-5 255f, 285
243-247,249-252 1Kor8,1.7 214 I Kor 8.3 246, 288 1Kor9,1 268 I Kor9,1-23 257,265 I Kor9,4-6 257 1Kor9,15-18 255,257 I Kor9,19-23 167,245,247, 255,257f I Kor9.23-25 257 I Kor 9,27 257 I Kor 10,1-13 244f, 259,279 I Kor 10,12-11,1 244
IKor 10,14-22 212.215f, 219,221,241, 244f, :m.
RKor3,4-18 267,271,2n,
Gai1.S 288
286 II Kor 3,4-4,6 282f
Gal2.2 268 Gal3,7ff 259 Gal3,28 262. 289 Gal4,21ff 259 Gal4,4-7 254, 289 Gal4,9 289 Gal5,1 289 Gal5,13 288,311 Gal 5,16 288 Gal5,23 288 Gal6,1 288 Gal6,6 250 Eph4,1-16 287,289 Eph 5.21-6,9 162,289 Eph 6,5 289, 325 Phi12,1 f 287f Phil2,10f 171 Phil2,6-11 11, 16, 185,245, 287,310,323 Phil3,15 268 Phil4,10-15 215,255,263 Kol3,12f 287, 289 Kol3,18-4,1 162, 289 1htss 2.2 256 llhtss 2.5 255, 256 llhtss 2,9 256 llhm4.2f 216 1Tm2,13f 162 1Tm5,10 325 1Pttr1,1 314 1Pttr2,1-10 314 I Pttr 2.21-23 314 1Pttr5,1-6 287,314 1. .loh 1,7f 300 1. .1oh 2,19 313 Jak2.Sf 314 Jak4,4.6 314 Jak 5,1-6 314 Apk5,10 314 Apk20,4-6 314 Apk22.5 314
312 I Kor 1Q,23-11,1 214f, 217,
11Kor4,1-7 259,271,2n.
243, 245, 252 1Kor11,1-16 162,223f,227,
280. 282. 284 II Kor 4,10 256, 286
242f, 253, 259, 262, 279 IKor 11,17-34 212,219,
UKor4,16-18 282 11Kor4,7-12 284f UKor4,7-15 282
221,266 IKor 12.1-11 220f, 230, 247 I Kor 12,8-10 227 I Kor 12,12-27 162, 234, 246 IKor 12.12-31 212,221,233 I Kor 12.12-32 162,219, 220, 224, 227, 246 I Kor 12,28f 269 I Kor 13,1-13 227, 247f I Kor 14,1 224,252 1Kor14,1.12f 248.251 IKor 14.5 227,248 I Kor 14,6.19 248 I Kor 14,6.26 268 I Kor 14,14 228 IKor 14,15 250 I Kor 14,19f 228f, 234,252 IKor 14,23 242 IKor 14.25 240 I Kor 14,30 242 I Kor 14,32 224 I Kor 14,33 227 I Kor 14,39 251 1Kor14,40 221,234 I Kor 15,1-11 202, 257, 284f I Kor 15,32 255, 263 II Kor 1,14 256 II Kor 1.22 280 II Kor 1.5-7 255f, 285 II Kor 2,10 271 11Kor2,14-17 255,267,276,
200, 284-286 II Kor3 276 11 Kor 3,1-3 256. 255, 2n. 284 II Kor 3,18 210
II Kor 5,1-10 210,282 11Kor5,12 271 uKor 6,3-10 256f, 259 II Kor 8,7.9 254f, 261,323 11Kor10,1-6 275 I Kor 10,10f 255f
UKor10,15 202 11Kor10,18 267 UKor10,1-8 256 II Kor 10,3-5 274 II Kor 10,4f 257 II Kor 10,8 246 II Kor 11,1-6 275 UKor11,5.13 269 • Kor 11.Sf 255, 275
nKor 11,1-9 255. 257 11Kor11,10 256 UKor11,13 204 II Kor 11.20 210,276,280 II Kor 11.22 203, 266 uKor 11.23-27 202, 255, 272. 280. 311 Kor 11.28 224 Kor 11,30-12,10 273 Kor 12,1-4 268, 280 Kor 12,7 280 Kor 12,12 269, 280 Kor12,14 255,256 Kor 12,16f 280 Kor 12,19 275, 276 Kor 13,1-4 281 Kor 13.3-5 276 Kor 13.Sf 267 Gal1,10 288,289 Gal1,1216 268
Jüdische Schriften aus hellenistisch römischer Zeit AssNos 111f
I Malck 14,35.37 107
Sir 3.28 107 Sir4,7 108
äthHm 110-113,166,203,
nMakk 1.29
101 HMakk 5,21 107
Sir5,15 108 Sir 7,11 107f
II Makk 6,28.32 307
Sir 7,17 108
11Makk7,31 107
Sir7,7 109
II Makk 8,24 90
Sir8,1 108
Jdt8,7 101
II Makk8,35 107
Sir 10,7-21 107
Jdt9,1 101
11Makk12.14 90
Sir 10,14f 104, 107
242 IV Esr 110-112. 203
Jdt9,3.9.10 101
Sir 10,18f 107 IVMakk 121,124,158,263, 275, 307. 322
JosAs 322f
Sir 10.24f 107 Sir 10.28f 15, 1~. 157 Sir 11,1 107
JosAs 6.2 126 JosAs 6,8 125 JosAs 7,1 214
IVMakk 1,11 124 IVMakk6,10 124
Sir 12.5 104, 108 Sir 12,11 1~
JosAs 11,3 125
IVMakk 10,10 124
Sir 13,1-24 1<11
JosAs 13,13 126 JosAs 13,15 125
IVMakk12.11ff 124 IVMakk 12,12 124
Sir 15.8 107 Sir 18,21 1{11
JosAs 19,11 125
IVMakk 16,1 124
Sir20,11 107
JosAs 19.5 125 JosAs 20,4 125
IVMakk 17,12 124 tiMakk 17,15 124
Sir21,4 107
JosAs 20.5a 125 JosAs 20.5b 125 JosAs21,12.16.18.21 121
tiMakk 17.20 124
Sir23.B 107 Sir23,34 89
IVMakk 1,15f 124
tiMakk 17.22 124 tiMalck 18,3 125
JosAs 21.21 125
.Jub 1,16 110, 166 Jub23 175 .Jub10.5-11 110 IMalck 1.21.24 107 I Makk 1,3.40 107 I Makk 2.51 90 1Makk2.B 90 1Makk2.11 90 I Makk 7,34 107 IMakk 8,13 107 I Makk 10.24 107 IMakk 11,16.26 107 I Makk 12,36 107 1Makk12.1 107 I Makk 14,14
1~
Sir22.3f 90
Sir29.S 109 Sir33,12 107
PsPhok 119-121 122
Sir 38.25ff 109 Sir 44,16 307
SapSal 125,158,322 SapSal2,18 122 SapSal 3,15 122
Sir45,1 267 Sir45,4 108 Sir50,1-23 107f
SapSai3.S 121
SapSal B.9f 121 SapSal9,4 125
cmvan Schrifttn
SapSai9.Sf 121
1 <Ji Vl,25f 115
SapSal1 0.13f 126
1 <Ji\1~1-5 115
SapSal10,14 125
1 <Ji\11,12 116
1 <Ji Vl,22-24 115
1 <Ji\11,16-18 115 Sir 1.27 1<11 Sir 2.17 1<11 Sir 3,1-18 89, 1
1 <Ji W.20f 115 1<Ji Vll,26f 115 1 C».H5 116 1 C».4XI.13 116
1 OMXI,S 116
All R.73 275
Op69 135
10MXI,7 116
AHH,79 276
Op83 149
10MXIU5 116
Alllll.19 136
Op88 135
1 QMXIII,13f 116
AIIIU,134 136,141,278
Plant91f 140
1 QMX\1~7 116
Dccal4f 151
Op109ff 32
1 ~IX,lO 116
Dccal41 130
Op 148 150
1 ~XI,4-6 115
Dccal42 134
Op 165 148
1~XI,10
Dccal106ff 168. 187, 188
1 ~ Xll,3ff 116 1 OS 118, 157, 186
Dmll119 135
Post 46-48 136f Post 136f 136f
Aacc9-16 154
Praml54 140
1 OS 11.20 118
Aacc29 154,181
Pram!BB 192 Praml93 192 Praml98-107 153 Praml114 212
116
1 OS 11,24 119
Aacc 36-40 154,181
1 OS 11,25 119
Aacc72 182
1 OSIR.B 118
Aacc74-n.aJ 154
1 OSIV.J 118
Aacc84 182
1 OSM8 118
Aacc116 155
10SV.J 119
Aacc 121 154
1 OSV,9 118
Aacc 127 155
1 OSV,21
118
Aacc 147 155
10SV.22 118 10SV,23f 118
Aacc 150 154
1 OS V.24ff 119
Aacc 158-16> 155 Aacc170-175 155
1 OS VI.Jf 118
Aacc 151-153 155
Abr 144 140
Aacc 173 155 Aacc 1nt 155 Aacc 189 155 Aacc 191 182 Fuga 35ff 135F Fuga 212 138, 146 Ha' 26ff 132f, 136 Ha' 144ft' 139 Ha' 161 148 Ha' 162 138 Ha'268 136 LtgGai 50 140 LtgGai 78-113 140 l.cgGai 120 182
Abr 208-216 134
Mit 129 140
Abr214 134,156
LcgGai 298 152 LcgGai 315 152 Mit 155 137 Mrt230 139 Mrt232 139 Op47f 32
1 OSVI,19f 118
1 OSIX,7 118 1 OS IX,23 119 1 OSXI,l 119
Jos~phus
Bdl, 117 118
Ant Vlll27 294 Ant IXX.356ff 181 Philo Abr98 153
Abr216 134,156,158.246 Abr272 135
Agr 110 133 133 Alll68 136 Agr 112
Sped.cg 11,20 136 Sped.cg IJ,83ff 146 Sped.cg 1.123 146 Sped.cg 1,124 148 Sped.cg II,165 145 Sped.cg 1,167 145 Sped.cg 11,224ff 148, 187 Sped.cg 11,227 168 Sped.cg D,232 147 Sped.cg 1,237 135 Sped.cg l,239f 147 Sped.cg 111,83 142 Sped.cg 111,110..119 148 Sped.cg 111,137ff 146 Sped.cg Pt/,72-76 140, 143,
Virt86 150
VitCont 73f 214
Virt88 143
VitMos l1-4 278
Virt89 142
VitMosV 278
Vwt 90ff 140, 143f
VitMos l18. 278
Virt98 144
VitMos U1
140
Virt 100 143
VitMos U5ff 140, 278
Virt 103 145
VitMosU1
155
Virt1~
VitMos l51
141
144
Vrt 1~18) 149 Vwt 134 149
VitMos l58 140
Vrt154 150
VitMos l69 132, 156, 281
VitMos l8> 141
Vtrt 161 150
VitMos 1,84 278
Virt 163 151
VitMosU09-111
Vwt 167 141,278 Vwt 172 151 Vn 174 151
131,156
VitMos U48 140
145
VltMos l149 130 VltMos 1,151 140 VitMos 1,158 140
Sped.cg "'·121 146
Vwt189 146
VitMosl155 141
SpccUg Pt/,137 148
Vwt 199-223 152
Sped.cg Pt/,162-164 140
Vrt209 146
VltMos l156f 278 VitMos 1,162 140 VitMos 11.2-7 140 VltMos ll5 277 VitMos 11,17 268 VitMos ll65 135 VitMos ll68 230 VltMos ll70f 277 VltMos ll131 140 VltMos 11.238-242 129 VltMos IU41 129 VltMos 1,154 278 VltMos l156f 278
147
Sped.cg Pt/,84 140
Virt 181
SpccUg "'·164 140
Vwt212f 132,145. 266
Spm.cg "'·1n 140 Sped.cg Pt/,176 129
Vn219 145
Sped.r:g "'·178 145 Sped.r:g "'·179-181 130,
Vwt223 149
156,158
Sped.cg "'·188 140 SpccUg "',231 f 139 Vwt 5 144 Vwt8 141 Vwt51
135
Vwt81
149
Vwt 84 142, 143
Vwt220 149
VitCcnt 13-17 141 VitCont 14 142 VitCont 17 138 VitCont 18 222 VitCont 34f 214 VitCont 39 141 VltCont 67 141 VltCont 68 149, 222 VltContJOff 141,145
Antike Pagane Autoren Aristicks. 249 Aristoph;ws. 56f, 63, 171' 225,326 Ari5tottlc5, 23, 25, 27' 32, 34,
Epiktrt. 11 ' 25, 39, 66, 74-76, 00, 82, 124, 210, 222, 225, 237, 263, 273, 286 ~28,45,78
64,1Klf, 187,219,233,248,
Grtgor von Nyssa, 11
295
Hmxiot. 27, 31, 33, 47f, 294
<Md, 64, 326 Phädrus,38
Philastr, 251 Plndar, 49, 327 Platon, 11' 25, 38, 56, 72, 78, 83,234
Cacsar30
Hcsiod, 32, 46, 63
Plili.ls, 22, 39, 51, 183
Cicm>, 23-26, 34, 39, 40, 51'
Hcsiod,33
Plutardl, 25, 28, 30, 31' 34, 35,
~.
39, 60f, 78, 00, 82f, 211
64,00,83f, 129
Dcmosthcncs. 31' 81' 83 Dio Cassius, 71 ' 73 Diodoros Siculus 35 Diog~ 1..acrtios. 11, 40, 55, 56-58, 78, 82 Dion Olr,'50StDm05. 39, 46, 82, 216,239,298,326
Iias, 28, 29, 32f, 35,
42-45, 49, 64, 304 ~. Qdvsstt
28, 33, 44f,
49 lsolcraks, 36,81
luYCnal. 22, 32, 61, 214,232, 242,294 lMJs, 25, 35, &»f, 234
Dion Harlkamaß. 35. 229 Ennius, 61,326
Wlcan,64
Epikur,39
MarkAurd, 25,71-74
L.ukian, 37, 294, 296, 327
Smtta. 11, 22, 25, 39, 51' 6771, 79,81f,228,299
Sopholdts, 30f1' 33, 52-54, 84, 97 Strabo,29
Sudon, 30, 81' 194
NOVUM TESTAMENTUM ET ORBIS ANTIQUUS (NTOA)
Bd. 1
MAX KÜOiLER, Schweigen, Schmuck und Schleier. Drei neutestamentliche Vorschriften zur Verdrängung der Frauen auf dem Hintergrund einer frauenfeindlichen Exegese des Alten Testaments im antiken Judentum. XXII + 542 Seiten, 1 Abb. 1986. (vergriffen)
Bd. 2
MOSHE WEINFELD, The Organizational Pattern and the Penal Code of the Qumran Sect. A Camparisan with Guilds and Religious Associations of the Hellenistic-Roman Period. 104 Seiten. 1986.
Bd. 3
ROBERT WENNING, Die Nabatäer- Denkmäler und Geschichte. Eine Bestandesaufnahme des archäologischen Befundes. 364 Seiten, 50 Abb., 19 Karten. 1986. [vergriffen)
Bd. 4
RITA EGGER, Josephus Flavius und die Samaritaner. Eine terminologische Untersuchung zur Identitätsklärung der Samaritaner. 4 + 416 Seiten. 1986.
Bd. 5
EUGEN RUCKSTUHL, Die literarische Einheit des Johannesevangeliums. Der gegenwärtige Stand der einschlägigen Forschungen. Mit einem Vorwort von Martin Hengel. XXX+ 334 Seiten. 1987.
Bd. 6
MAX KÜOiLERICHRISTOPH UEHLINGER (Hrsg.), Jerusalem. Texte - Bilder Steine. Im Namen von Mitgliedern und Freunden des Biblischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz herausgegeben ... zum 100. Geburtstag von Hildi + Othmar Keel-Leu. 240 S., 62 Abb.; 4 Taf.; 2 Farbbilder. 1987.
Bd. 7
DIETER ZELLER (Hrsg.), Menschwerdung Gottes - Vergöttlichung von Menschen. 8 + 228 Seiten, 9 Abb., 1988.
Bd. 8
GERD THEISSEN. Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition. 10 + 338 Seiten. 1989.
Bd. 9
TAKASHI ONUKI, Gnosis und Stoa. Eine Untersuchung zum Apokryphen des Johannes. X + 198 Seiten. 1989.
Bd. 10
DAVID TROBISCH, Die Entstehung der Paulusbriefsammlung. Studien zu den Anfängen christlicher Publizistik. 10 + 166 Seiten. 1989.
Bd. 11
HELMUT SCHWIER, Tempel und Tempelzerstörung. Untersuchungen zu den theologischen und ideologischen Faktoren im ersten jüdisch-römischen Krieg (66-74 n. Chr.). XII+ 432 Seiten. 1989.
Bd. 12
DANIEL KOSCH, Die eschatologische Torades Menschensohnes. Untersuchungen zur Rezeption der Stellung Jesu zur Tora in Q. 514 Seiten. 1989.
Bd. 13
JEROME MURPHY-O'CONNOR. O.P., The Ecole Biblique and the New Testament: A Century of Schotarship (189~1990). With a Gontribution by Justin Taylor, S.M. VIII + 200 Seiten. 1990.
Bd. 14
PIETER W. VAN DER HORST, Essays on the Jewish World of Early Christianity. 260 Seiten. 1990.
Bd. 15
CATHERINE HEZSER, Lohnmetaphorik und Arbeitswelt in Mt 20,1-16. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg im Rahmen rabbinischer Lohngleichnisse. 346 Seiten. 1990.
Bd. 16
IRENE TAATZ, Frühjüdische Briefe. Die paulinischen Briefe im Rahmen der offiziellen religiösen Briefe des Frühjudentums. 132 Seiten. 1991.
Bd. 17
EUGEN RUCKSTUHUPETER DSCHULNIGG, Stilkritik und Verfasserfrage im Johannesevangelium. Die johanneischen Sprachmerkmale auf dem Hintergrund des Neuen Testaments und des zeitgenössischen hellenistischen Schrifttums. 284 Seiten. 1991.
Bd. 18
PETRA VON GEMÜNDEN, Vegetationsmetaphorik im Neuen Testament und seiner Umwelt. Eine Bildfelduntersuchung. XII+ 558 Seiten. 1991.
Bd. 19
MICHAEL LATTKE, Hymnus. Materialien zu einer Geschichte der antiken Hymnologie. XIV+ 510 Seiten. 1991.
Bd. 20
MAJELLA FRANZMANN, The Odes of Solomon. An Analysis of the Poetical Structure and Form. XXVIII+ 460 Seiten. 1991.
Bd. 21
LARRY P. HOGAN, Healing in the Second Temple Period. 356 Seiten. 1992.
Bd. 22
KUN-CHUN WONG, Interkulturelle Theologie und multikulturelle Gemeinde im Matthäusevangelium. Zum Verhältnis von Juden- und Heidenchristen im ersten Evangelium. 236 Seiten. 1992.
Bd. 23
JOHANNES THOMAS, Der jüdische Phokylides. Formgeschichtliche Zugänge zu Pseudo-Phokylides und Vergleich mit der neutestamentlichen Paränese XVIII + 538 Seiten. 1992.
Bd. 24
EBERHARD FAUST, Pax Christi et Pax Caesaris. Religionsgeschichtliche, traditionsgeschichtliche und sozialgeschichtliche Studien zum Epheserbrief. 536 Seiten. 1993.
Bd. 25
ANDREAS FELDTKELLER, Identitätssuche des syrischen Urchristentums. Mission, lnkulturation und Pluralität im ältesten Heidenchristentum. 284 Seiten. 1993.
Bd. 26
THEA VOGT, Angst und Identität im Markusevangelium. Ein textpsychologischer und sozialgeschichtlicher Beitrag. XIV+ 274 Seiten. 1993.
Bd. 27
ANDREAS I<ESSLERITHOMAS RICKUN/GREGOR WURST (Hrsg.). Peregrina Curiositas. Eine Reise durch den orbis antiquus. Zu Ehren von Dirk Van Damme. X + 322 Seiten. 1994.
Bd. 28
HELMUT MÖDRITZER, Stigma und Charisma im Neuen Testament und seiner Umwelt. Zur Soziologie des Urchristentums. 344 Seiten. 1994.
Bd. 29
HANS-JOSEF KLAUCK. Alte Welt und neuer Glaube. Beiträge zur Religionsgeschichte, Forschungsgeschichte und Theologie des Neuen Testaments. 320 Seiten. 1994.
Bd. 30
JARL E. FOSSUM, The Image of the invisible God. Essays on the influence of Jewish Mysticism on Early Christology. X+ 190 Seiten. 1995.
Bd. 31
DAVID TROBISCH, Die Endredaktion des Neuen Testamentes. Eine Untersuchung zur Entstehung der christlichen Bibel. IV+ 192 Seiten. 1996.
Bd. 32
FERDINAND ROHRHIRSCH. Wissenschaftstheorie und Qumran. Die Geltungsbegründungen von Aussagen in der Biblischen Archäologie am Beispiel von Chirbet Qumran und En Feschcha. XII + 416 Seiten. 1996.
Bd. 33
HUBERT MEISlNGER. Liebesgebot und Altruismusforschung. Ein exegetischer Beitrag zum Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft. XII + 328 Seiten. 1996.
Bd. 34
GERD THEISSEN I DAGMAR WINTER, Die Kriterienfrage in der Jesusforschung. Vom Differenzkriterium zum Plausibilitätskriterium. XII+ 356 Seiten. 1997.
Bd. 35
CAROUNE ARNOULD. Les arcs romains de J6rusalem. 368 pages, 36 Fig .. 23 Planches. 1997.
Bd. 36
LEO MILDENBERG. Vestigia Leonis. Studien zur antiken Numismatik Israels. Palästinas und der östlichen Mittelmeerwelt XXII+ 266 Seiten, Tafelteil144 Seiten. 1998.
Bd. 37
TAESEONG ROH. Die «familia dei• in den synoptischen Evangelien. Eine redaktionsund sozialgeschichtliche Untersuchung zu einem urchristlichen Bildfeld. ca. 272 Seiten. 1998. (in Vorbereitung)
Bd. 38
SABINE BIEBERSTEIN. Verschwiegene Jüngerinnen- vergessene Zeuginnen. Gebrochene Konzepte im Lukasevangelium. XII-324 Seiten. 1998.
Bd. 39
GUDRUN GUTTENDERGER ORTWEIN, Status und Statusverzicht, im Neuen Testament und seiner Umwelt. Vlll-372 Seiten. 1999.
UNIVERSITÄTSVERLAG FREIBURG SCHWEIZ VANDENHOECK & RUPRECHT GÖTTINGEN
Zum Buch: Der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die nach der Nächstenliebe zweite ethische Grundforderung des Neuen Testaments: der Statusverzicht In der antiken mediterranen Welt war das Zusammenleben von dem Versuch bestimmt. Ansehen und Macht zu steigern. In dieser agonistischen Gesellschaft entdeckte das Urchristentum (und das rabbinische Judentum) die Demut. d. h. die Bereitschaft, auf Status, Ansehen und Macht zu verzichten, als zentralen Wert Die Untersuchung geht den Bedingungen dieser Entdeckung in der griechisch-römischen Kultur sowie ihren Vorformen in der jüdischen Tradition nach und zeigt die Bedeutung und Akzentuierung des Statusverzichts für Christologie, Amtsverständnis und Paränese in den drei wichtigsten Traditionskreisen des Neuen Testaments, der synoptischen Überlieferung, dem Corpus Paulinum und den johanneischen Schriften, exemplarisch auf.
ISBN 3-7278-1221-4 (Universitätsverlag) ISBN 3-52 5-53939-8 (Vandenhoeck & Ruprecht)