Esther Pittroff Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen
GABLER RESEARCH
Esther Pittroff
Whistle-Blowing-S...
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Esther Pittroff Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen
GABLER RESEARCH
Esther Pittroff
Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen Eine Untersuchung zur Wahrnehmung und Implementierung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Matthias Schmidt
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Leipzig, 2011
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Jutta Hinrichsen Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2995-2
V
Geleitwort Whistle Blowing ist ein organisatorisches Phänomen. Mitarbeiter nehmen Missstände innerhalb einer Organisation wahr und melden sie weiter, sei es an übergeordnete Stellen oder auch an Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsorgane, Behörden oder gar die Medien. Spektakuläre Fälle von Whistle Blowing erreichen zum Teil erhebliche mediale Aufmerksamkeit. Es gibt keine direkte deutsche Übersetzung für das Phänomen. „Alarm geben“ ist nur eine von vielen, eher unbeholfenen, Versuchen der Umschreibung. Der Grund ist offensichtlich, dass es in Deutschland schwer fällt, dem eigentlichen Akt des Whistle Blowing eine positive Konnotation beizumessen. „Verpfeifen“ ist dem Begriff im Wortsinne sehr nahe, und genau hier zeigt sich die hohe Ambivalenz des Phänomens: zwischen der Alarmierung über Missstände und dem Denunzieren von Kollegen oder Vorgesetzten ist die Grenze fließend. Gleichwohl lassen sich eine Vielzahl von guten Gründen finden, Whistle Blowing als ein Werkzeug der sog. Corporate Governance zu begreifen. In anglo-amerikanischen Unternehmen ist das Einrichten von Whistle-Blowing-Systemen, die Mitarbeitern die Weitergabe wahrgenommener Missstände ermöglichen, nicht nur üblich, sondern teilweise gesetzlich geboten. Auch die Wissenschaft befasst sich, überwiegend in anglo-amerikanischen Ländern, seit etwa 30 Jahren ausgiebig mit dem Phänomen. (Organisations-)psychologen, Wirtschaftsethiker aber auch Rechtswissenschaftler sowie Betriebswirte aus den Bereichen Corporate Finance/Governance oder Accounting haben sich in zahlreichen Studien dem Phänomen angenähert. Kern vieler Studien sind Fragen nach den Auslösern für das Phänomen, der Persönlichkeit der Whistle Blower („Who blows the whistle and why?“) oder der Wirkung rechtlicher und sonstiger institutioneller Rahmenbedingungen. Auch die Frage nach der „Wünschbarkeit“ per se ist Gegenstand zahlreicher positiv wie normativ ausgerichteter Studien. Kaum bestritten erscheint, dass Whistle Blowing einen positiven Nutzen besitzen kann, sofern bestimmte organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen bestehen. Die erwähnte Ambivalenz des Phänomens bleibt aber bestehen. Hierbei erscheint kaum etwas naheliegender, als die kulturellen Hintergründe zum Gegenstand weiterer Forschung zu erheben und viele der vorhandenen Ergebnisse als „settingabhängig“ zu betrachten. Gerade in Deutschland ist der Stand der Forschung zu dem Phänomen überschaubar. Eine Übertragbarkeit der großen Zahl von Studien aus dem anglo-amerikanischen Raum erscheint eher fraglich. In kaum einem anderen Land ist die historische Erfahrung mit dem Phänomen des gegenseitigen Überwachens und „Meldens“ von Mitmenschen negativer belegt. Aus theoretisch-normativer Sicht sind mithin viele der aus den Studien abgeleiteten „Best-Practice“-Regeln mit Vorsicht zu genießen, da sie nicht zwingend vor dem speziellen kulturell-historischen Hintergrund deutscher Unternehmen funktionieren müssen. Besonders fraglich erscheint, die im anglo-amerikanischen Raum gültige gesetzliche Regulierung unreflektiert auf Deutschland übertragen zu wollen. Derzeitige Überlegungen des deutschen
VI Gesetzgebers zur Regelung von Whistle Blowing sind angesichts überschaubarer wissenschaftlicher Erkenntnisse für Deutschland zurückhaltend zu beurteilen. Interessanterweise sind Whistle-Blowing-Systeme aber in einigen deutschen Unternehmen trotz (noch?) fehlender vergleichbarer Regulierung bereits Teil der Organisationskultur. Ungeachtet dessen fallen einige Unternehmen durch eine Börsennotierung in den USA unter die Regeln des sog. Sarbanes-Oxley-Act (SOX) und damit unter eine ausländische gesetzliche Pflicht zur Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen. Es ist daher zu begrüßen, dass sich die Verfasserin in ihrer Forschungsarbeit mit dem Phänomen aus deutscher Sicht theoretisch, vor allem empirisch weiter beschäftigen und das vorhandene Wissen zu dem Thema vor dem Hintergrund deutscher Verhältnisse ausbauen will. Hierbei geht es nicht nur um den spezifischen nationalen Anwendungsbezug, sondern um die aus wissenschaftlicher Sicht entscheidende Frage, wie kulturelle Faktoren unsere bisherigen Erkenntnisse über das Phänomen beeinflussen. Letztlich fehlt nach wie vor eine umfassende Theorie zu dem Phänomen, zu deren Entwicklung Analysen deutscher Unternehmen einen Beitrag leisten können. Die wissenschaftliche Relevanz des Themas ist folglich sehr hoch. Angesichts spektakulärer Fälle von Whistle Blowing in der jüngeren und mittleren Vergangenheit sowie dem in Deutschland derzeit viel diskutierten Aspekt der Vermeidung von Korruptionsfällen und ähnlichen Regelbrüchen hat die Themenstellung zudem einen besonders hohen Aktualitätsbezug. Die Praxisrelevanz gewinnt das Thema zusätzlich durch die zunehmende rechtliche Betroffenheit deutscher Unternehmen mit ausländischer Börsennotierung. Politische Relevanz erhält das Thema durch jüngste Überlegungen des Gesetzgebers, Whistle Blowing in Deutschland zu regulieren. Vor diesem Hintergrund bin ich zuversichtlich, dass die Arbeit eine weite Verbreitung erfahren wird.
Prof. Dr. Matthias Schmidt
VII Vorwort Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit an der Universität Leipzig als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Unternehmensrechnung, Finanzierung und Besteuerung. Im Februar 2011 wurde sie von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig als Dissertation angenommen. Ich möchte mich im Folgenden bei all jenen bedanken, die mich während der Erstellung der Arbeit unterstützt haben. Ganz besonderer Dank gilt meinem betreuenden Hochschullehrer, Prof. Dr. Matthias Schmidt, der mir die Promotion an seiner Professur ermöglichte. Seine Anregungen, die intensiven Diskussionen sowie die großzügig gewährten Freiräume haben maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Außerdem möchte ich Prof. Dr. Manfred Röber für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie Prof. Dr. Harald Jansen für die Leitung der Promotionskommission danken. Des Weiteren danke ich meinen Institutskollegen für ihre Unterstützung. Besonderer Dank gilt dabei Dr. Helfried Labrenz, Dr. Hans-Christian Gröger und Peer Schmidt für den intensiven fachlichen Austausch, die Durchsicht von Teilen des Manuskripts und die sehr hilfreichen kritischen Anmerkungen. Außerdem danke ich Dr. Astrid Sperling, Bettina Krause und Thomas Hilbig für die moralische Unterstützung und die aufmunternden Worte, die vor allem kurz vor Abschluss der Arbeit hilfreich waren. Ferner möchte ich mich bei Johannes Labrenz für die Durchsicht des Manuskripts bedanken. Ein besonderes Dankeschön gilt meinen Eltern, die mir den Weg zur Promotion ermöglichten und mir insbesondere während der schulischen Ausbildung, des Studiums sowie bei der Erstellung der Dissertation zur Seite standen. Außerdem danke ich meinem Vater für die Durchsicht des Manuskripts. Mein herzlichster Dank gilt meinem Freund, Marco Speerschneider, der sich geduldig in die Probleme eines fremden Fachgebietes eingedacht hat und mich liebevoll in allen Phasen der Promotion unterstützt hat.
Esther Pittroff
IX
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis
XIX
Symbolverzeichnis
XXI
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
1. Einleitung
1
1.1. Problemstellung
1
1.2. Zielsetzung der Arbeit
4
1.3. Abgrenzung der Arbeit von bestehender Literatur
5
1.4. Gang der Untersuchung
6
2. Annäherung an das Phänomen Whistle Blowing: Begriffsbestimmung und theoretische Einordnung 2.1. Der Begriff „Whistle Blowing“ 2.1.1. Ansätze zur Definition von Whistle Blowing 2.1.2. Abgrenzung zur juristischen Definition
9 9 9 11
2.1.3. Denunzieren statt Whistle Blowing – die kulturelle und historische Entwicklung der Haltung gegenüber Whistle Blowern in Deutschland 2.1.4. Unterscheidung verschiedener Arten von Whistle Blowing 2.2. Whistle Blowing aus Sicht der Neuen Institutionenökonomik
12 14 17
2.2.1. Begründung der Anwendung der Neuen Institutionenökonomik für das betrachtete Problem
17
2.2.2. Zentrale Ansätze der Neuen Institutionenökonomik und deren Verhaltensannahmen
18
2.3. Handlungsalternativen bei Wahrnehmung eines organisatorischen Missstands – Whistle Blowing aus transaktionskostentheoretischer Sicht
20
2.3.1. Das Auftreten von Missständen in Organisationen
20
2.3.2. Einflussfaktoren auf die Wahl einer Handlung bei einem wahrgenommenen Missstand
21
2.3.2.1. Macht des Individuums innerhalb der Organisation
21
2.3.2.2. Loyalität eines Individuums und das moralische Dilemma 23
X 2.3.3. Einordnung von Whistle Blowing in die Handlungsalternativen eines Individuums 2.3.4. Gegenüberstellung der Handlungsoptionen 2.4. Zum Begriff „Whistle-Blowing-System“ 3. Zur Vorteilhaftigkeit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems
25 28 31 33
3.1. Anwendung der Prinzipal-Agenten-Theorie zur Ableitung des Nutzens eines Whistle-Blowing-Systems
33
3.1.1. Einordnung der Thematik in die Prinzipal-Agenten-Theorie
33
3.1.2. Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte als Voraussetzung für Fehlverhalten
35
3.1.3. Differenzierung der Kosten des Vertragsverhältnisses (AgencyKosten)
37
3.1.4. Einordnung des Whistle-Blowing-Systems in die Lösungsmöglichkeiten zur Überwindung von Agency-Problemen
39
3.1.4.1. Grenzen der vor- und nachvertraglichen Lösungsmöglichkeiten
39
3.1.4.2. Einbezug von Vertrauen in die Prinzipal-AgentenBeziehung zur Lösung des Agency-Problems
43
3.1.5. Senkung von Agency-Kosten mit der Institution „Whistle-BlowingSystem“ innerhalb einer Organisation
44
3.2. Ableitung einzelner Nutzenaspekte eines Whistle-Blowing-Systems: Verbindung von Agency-Theorie und Shareholder-Value-Ansatz
48
3.2.1. Die Orientierung am Shareholder-Value-Konzept als Grundlage für die Beurteilung der Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen
48
3.2.1.1. Grundlagen und Rechtfertigung des Shareholder-ValueAnsatzes 3.2.1.2. Bestandteile des Shareholder-Values
48 51
3.2.2. Unternehmensinterne Wirkungen eines Whistle-Blowing-Systems 55 3.2.2.1. Risikoabbau und Risikokommunikation aufgrund eingerichteter Whistle-Blowing-Systeme
55
3.2.2.2. Abschreckungswirkung von Whistle-Blowing-Systemen zur Verhinderung von Fehlverhalten
56
XI 3.2.2.3. Mögliche Auswirkungen der Einrichtung des WhistleBlowing-Systems auf das Mitarbeiterverhalten
59
3.2.2.3.1. Positive Effekte für die Mitarbeiter aufgrund einer veränderten Unternehmenskultur
59
3.2.2.3.2. Negative Wirkungen auf die Mitarbeiter des Unternehmens
61
3.2.2.4. Die Implementierungs- und Kommunikationskosten des Whistle-Blowing-Systems
63
3.2.3. Unternehmensexterne Wirkungen eines Whistle-BlowingSystems
64
3.2.3.1. Mögliche Reputationsverbesserung durch Signalling
64
3.2.3.2. Mögliche Erhöhung des Cashflows durch Umsatzsteigerung
67
3.2.3.3. Mögliche Erhöhung des Cashflows aufgrund einer Verbesserung der Lieferantenbeziehungen
67
3.2.3.4. Mögliche Steigerung des Cashflows durch Senkung der Versicherungsprämien 3.2.3.5. Mögliche Auswirkungen auf die Kapitalkosten 3.2.3.5.1. Bestandteile der Kapitalkosten
68 69 69
3.2.3.5.2. Für die Eigenkapitalkosten zu berücksichtigende Risikozuschläge
70
3.2.3.5.3. Der Einfluss eines eingerichteten WhistleBlowing-Systems auf das unsystematische Risiko
74
3.2.3.5.4. Die Senkung der Eigenkapitalkosten aufgrund einer Senkung des systematisches Risikos
78
3.2.3.5.5. Die Senkung der Fremdkapitalkosten als Folge eingerichteter Whistle-Blowing-Systeme 80 3.3. Ableitung einer Forschungsfrage für die empirische Untersuchung
81
4. Eigenschaften und Voraussetzungen eines effektiven Whistle-BlowingSystems
82
4.1. Erläuterung der weiteren Vorgehensweise
82
XII 4.2. Einflussfaktoren auf die Effektivität von Whistle Blowing im transaktionskostentheoretischen Kontext
83
4.2.1. Einflussfaktoren auf die Effektivität des Whistle Blowings
83
4.2.2. Einfluss der Regulierung von Whistle Blowing auf die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems
87
4.2.2.1. Unzureichende Anreize gesetzlicher Whistle-BlowingRegulierungen 4.2.2.2. Vor- und Nachteile der Selbstregulierung 4.3. Zur Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems
87 91 95
4.3.1. Ableitung der Anforderungen an ein effektives Whistle-BlowingSystem
95
4.3.2. Kodifizierung der Unternehmenskultur, der Werte und Ziele des Unternehmens
98
4.3.3. Schutz- und Anreizmechanismen zur Motivation des Whistle Blowers
100
4.3.3.1. Schutz des Whistle Blowers
100
4.3.3.2. Vor- und Nachteile von Anreizinstrumenten
101
4.3.4. Effektive Organisation einer Whistle-Blowing-Stelle
103
4.3.4.1. Glaubwürdigkeit und Einflussnahmemöglichkeiten als Anforderungen an eine effektive Whistle-Blowing-Stelle 4.3.4.2. Varianten der Einrichtung von Whistle-Blowing-Stellen
103 104
4.3.4.2.1. Unternehmensinterne Whistle-Blowing-Stellen 104 4.3.4.2.2. Die Eignung des Betriebsrats als Ansprechpartner für Hinweise zu innerbetrieblichen Missständen
107
4.3.4.2.3. Unternehmensexterne Whistle-BlowingStellen
108
4.3.4.2.4. Sicherung der Effektivität der Whistle-BlowingStelle über eine Aufsichtsorganisation
111
4.3.4.3. Arten der Kommunikation und der Informationsoffenlegung bei der Whistle-Blowing-Stelle
112
4.3.5. Integration der Whistle-Blowing-Stelle und des gesamten Whistle-Blowing-Systems in das Unternehmen
115
XIII 4.3.6. Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems
117
4.3.6.1. Unternehmensexterne Kommunikation über das eingerichtete Whistle-Blowing-System zur Verhinderung adverser Selektion
117
4.3.6.2. Kommunikation der Vorgehensweise und Effektivität des Whistle-Blowing-Systems an potenzielle Whistle Blower 119 4.3.6.3. Einbeziehung unternehmensfremder Personen in den Kreis der möglichen Whistle Blower
120
4.3.7. Enforcement und Überwachung des Whistle-Blowing-Systems
121
4.3.8. Rechtliche Anforderungen an ein Whistle-Blowing-System
122
4.3.8.1. Arbeitsrechtliche Anforderungen
122
4.3.8.2. Datenschutzrechtliche Anforderungen
123
4.4. Ableitung von Forschungsfragen für die empirische Untersuchung
125
5. Empirische Untersuchung zur Wahrnehmung von Whistle Blowing in Deutschland
126
5.1. Bezug zu Deutschland und Bedeutung der Wahrnehmung
126
5.2. Analyse der Umsetzung der Anforderungen an effektive WhistleBlowing-Systeme in den DAX-30-Unternehmen anhand eines ScoringModells
127
5.2.1. Ziel und Vorgehensweise der Untersuchung
127
5.2.2. Ergebnisse aus dem Scoring-Modell
132
5.3. Untersuchung der Wahrnehmung der Effizienz und der Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems seitens der Unternehmen
136
5.3.1. Ziel der Untersuchung
136
5.3.2. Hypothesenbildung
136
5.3.2.1. Hypothesen 1a-d: Motivation zur Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen
136
5.3.2.2. Hypothesen 2a-e: Effektivität des Whistle-BlowingSystems in Abhängigkeit von der Art der eingerichteten Whistle-Blowing-Stelle
138
5.3.2.3. Hypothesen 3a-d: Eigenschaften des Unternehmens im Zusammenhang mit der Einrichtung von WhistleBlowing-Systemen
140
XIV 5.3.2.4. Hypothesen 4a-b: Gesetzliche Verpflichtung versus freiwillige Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen 5.3.3. Untersuchungsmethode
141 141
5.3.3.1. Vorgehensweise der Untersuchung
141
5.3.3.2. Abhängige Variablen
142
5.3.3.3. Unabhängige Variablen
143
5.3.4. Auswertung und Überprüfung der Variablen 5.3.4.1. Deskriptive Auswertung der Variablen
145 145
5.3.4.2. Validierung des hypothetischen Konstrukts der Hypothesen 1a-d mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse
149
5.3.5. Überprüfung der Hypothesen
155
5.3.5.1. Überprüfung der Hypothesen 1a-d: Einfluss der Wahrnehmung von Kosten und Nutzen auf die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems
155
5.3.5.1.1. Logistische Regression
155
5.3.5.1.1.1. Kurze Beschreibung der Analysemethodik und deren Anforderungen
155
5.3.5.1.1.2. Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse 5.3.5.1.1.3. Test auf Multikollinearität 5.3.5.1.2. Diskriminanzanalyse
157 160 162
5.3.5.1.2.1. Kurze Einführung zur Methodik und deren Anforderungen
162
5.3.5.1.2.2. Ergebnisse der Diskriminanzanalyse
163
5.3.5.2. Überprüfung der Hypothesen 2a-e: Art des WhistleBlowing-Systems und Ausgestaltungseigenschaften
167
5.3.5.3. Überprüfung der Hypothesen 3a-d: Unternehmensspezifische Eigenschaften als erklärende Variablen für die Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen
169
XV 5.3.5.4. Überprüfung der Hypothesen 4a-b: Gesetzliche Verpflichtung versus freiwillige Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems
172
5.3.5.5. Zusammenfassung der Ergebnisse
174
5.3.5.6. Diskussion der Ergebnisse
176
5.3.6. Weitere deskriptive Auswertungen aus der Umfrage
178
5.3.6.1. Bekanntheit und Auffassungen zum Whistle Blowing
178
5.3.6.2. Zu den Arten eingerichteter Whistle-Blowing-Systeme
181
5.3.6.3. Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems
184
5.3.6.4. Beurteilung von Schutz- und Anreizmechanismen
186
5.3.6.5. Diskussion der weiteren Ergebnisse der Umfrage
188
6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
189
Anlagenverzeichnis
195
Literaturverzeichnis
219
XVII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Whistle-Blowing-Prozess
28
Abbildung 2: Arten der Entdeckungswege der Delikte in Deutschland
42
Abbildung 3: Abhängigkeit der Monitoring-Kosten von einem Whistle-BlowingSystem und den Monitoring-Aktivitäten
46
Abbildung 4: Senkung der Agency-Kosten durch das Whistle-Blowing-System
47
Abbildung 5: Kosten und Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems
54
Abbildung 6: Handlungsalternativen und damit verbundene Auszahlungen des potenziellen Betrügers und des Whistle Blowers
57
Abbildung 7: Handlungsalternativen und Auszahlungen des potenziellen Betrügers und Whistle Blowings ohne Sanktionen
59
Abbildung 8: Einschätzung der indirekten Schäden
65
Abbildung 9: Senkung der Risikozuschläge durch ein Whistle-Blowing-System
77
Abbildung 10: Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems
97
Abbildung 11: Das Enterprise Risk Management des COSO
117
Abbildung 12: Häufigkeit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems und verschiedene Arten der Einrichtung
146
Abbildung 13: grafische Darstellung des hypothetischen Konstrukts
151
Abbildung 14: Zuordnung interne/externe Stelle
180
Abbildung 15: Arten eingerichteter Whistle-Blowing-Stellen
182
Abbildung 16: Einordnung des Whistle-Blowing-Systems in die Hierarchieebenen
183
Abbildung 17: Anonymität
184
Abbildung 18: Angabe der Information über das Whistle-Blowing-System
185
Abbildung 19: Art der Information über das Whistle-Blowing-System
186
Abbildung 20: Bewertung von Anreizmechanismen in einem Whistle-BlowingSystem (Belohnungen zur Hinweisgabe)
188
XIX
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Handlungsoptionen des potenziellen Whistle Blowers
27
Tabelle 2: unternehmensinterne und -externe Auswirkungen des WhistleBlowing-Systems
54
Tabelle 3: Auswirkung des Bürokratisierungsgrads auf die Effektivität des Whistle Blowings
86
Tabelle 4: Aufbau Scoring-Modell
131
Tabelle 5: Erreichte Scoring-Punkte der DAX 30
133
Tabelle 6: Punkteverteilung Scoring-Modell
134
Tabelle 7: Mittelwerte der Scoring-Werte der zwei Gruppen des DAX
135
Tabelle 8: t-Test für Scoring-Werte
135
Tabelle 9: unabhängige Variablen Hypothesen 1a-d
144
Tabelle 10: unabhängige Variablen der Hypothesen 2a-e
145
Tabelle 11: deskriptive Auswertung Vor-/Nachteile und Ausgestaltungseigenschaften
147
Tabelle 12: Branche der antwortenden Unternehmen
148
Tabelle 13: Unternehmensgröße
148
Tabelle 14: Unternehmensalter
149
Tabelle 15: Aktienindizes
149
Tabelle 16: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse
152
Tabelle 17: Gütekriterien der konfirmatorischen Faktorenanalyse
153
Tabelle 18: logistische Regression Hypothesen 1a-d Einschluss
157
Tabelle 19: Gütekriterien des logistischen Regressionsmodells
159
Tabelle 20: Klassifizierungstabelle der logistischen Regression Hypothesen 1ad Einschluss
160
Tabelle 21: Test auf Multikollinearität der Vor-/Nachteile
161
Tabelle 22: Box-M-Test Diskriminanzanalyse Hypothesen 1a-d
163
XX Tabelle 23: univariater F-Test der Diskriminanzanalyse Hypothesen 1a-d Einschluss
164
Tabelle 24: Gruppenzentroide Diskriminanfunktion Hypothesen 1a-d
164
Tabelle 25: standardisierte kanonische Koeffizienten und Strukturkorrelationen der Diskriminanzfunktion Hypothesen 1a-d
165
Tabelle 26: kanonische Korrelation und Wilks Lambda Hypothesen 1a-d
166
Tabelle 27: Klassifikationsmatrix Diskriminanzfunktion Hypothesen 1a-d
166
Tabelle 28: Mann-Whitney-U-Test für die Ausgestaltungseigenschaften
168
Tabelle 29: Kreuztabelle Whistle-Blowing-System und Branche
169
Tabelle 30: Unternehmensgröße und Whistle-Blowing-System eingerichtet
170
Tabelle 31: Kreuztabelle Größe und Branche
170
Tabelle 32: Mann-Whitney-U-Test für Größe, Index und Alter
171
Tabelle 33: Spearman Rho Korrelationen Alter, Index, Größe
172
Tabelle 34: SOX-Einfluss auf Vor- und Nachteile sowie Effektivität
174
Tabelle 35: Übersicht zur Unterstützung der Hypothesen
175
Tabelle 36: Whistle-Blowing-Übersetzung
179
Tabelle 37: Bewertung vorgeschlagener Schutzmaßnahmen
187
XXI
Symbolverzeichnis AK
Agency-Kosten
ȕ
Beta-Faktor
b0
konstantes Glied
bj
Regressionskoeffizienten
BA
Bonding-Aktivitäten
BK
Bonding-Kosten
e
2,71828183 (Eulersche Zahl)
E(…)
Erwartungswert
EK
Eigenkapital
FB
First Best
FCF
free Cashflow
FK
Fremdkapital
G
Gewinn
GK
Gesamtkapital
i
risikofreier Zinssatz
J
Anzahl der Beobachtungsfälle
k
Kapitalkosten
kEK
Eigenkapitalkosten
kFK
Fremdkapitalkosten
kWACC
gewichtete Kapitalkosten
K
Kosten
K1
Kosten des Managers 1
K2
Kosten des Managers 2
μM
Marktrendite
MA
Monitoring-Aktivitäten
MK
Monitoring-Kosten
MW
Marktwert
n
Beobachtungsfälle
p
Eintrittswahrscheinlichkeit
p1
Eintrittswahrscheinlichkeit für Strafe S Manager 1
p2
Eintrittswahrscheinlichkeit für Strafe S Manager 2
XXII RV
Residualverlust
s
Eintrittswahrscheinlichkeit einer Sanktion für Whistle Blower
S
Strafe
SB
Second Best
SV
Shareholder-Value
t
laufende Periode
T
Perioden
un
Störgröße
UW
Unternehmenswert
WBS
Whistle-Blowing-System
WBSopt
optimales Whistle-Blowing-System
xjn
unabhängige Variable
y
Ereignis
zi
informationsbedingter Risikozuschlag
zv
verhaltensbedingter Risikozuschlag
XXIII
Abkürzungsverzeichnis AG
Aktiengesellschaft
AGFI
Adjusted-Goodness-of-Fit-Index
AktG
Aktiengesetz
BAG
Bundesarbeitsgericht
BDA
Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
BIMSchG
Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge
BSE
Bovine spongiforme Enzephalopathie (Rinderwahn)
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CFI
Comparative-Fit-Index
COSO
Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission
c.p.
ceteris paribus
CSR
Corporate Social Responsibility
D&O
Directors and Officers
DAX
Deutscher Aktienindex
DCGK
Deutscher Corporate Governance Kodex
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
d.h.
das heißt
ed.
editor
edn.
edition
eds.
editors
et al.
et alii (und andere)
FCA
False Claims Act
GewO
Gewerbeordnung
XXIV GFI
Goodness-of-Fit-Index
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
i.H.v.
in Höhe von
IT
Informationstechnik (bzw. Information Technology)
KPMG
Klynveld, Peat, Marwick, Goerdeler
MoMiG
Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
NFI
Normed-Fit-Index
NYSE
New York Stock Exchange
PIDA
Public Interest Disclosure Act
pp.
pages
PwC
Price Waterhouse Coopers
RMSEA
Root-Mean-Square-Error-of-Approximation
Rz.
Randziffer
S.
Seite
Sec.
Section
sog.
sogenannt
SOX
Sarbanes-Oxley Act of 2002
USA
United States of America
U.S.C.
United States Code
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Vgl.
Vergleiche
VIF
Variance Inflation Factor
Vol.
Volume
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WBS
Whistle-Blowing-System
WHG
Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
1
1. Einleitung 1.1. Problemstellung Über 50 % der deutschen Großunternehmen wurden zwischen 2005 und 2009 Opfer von Wirtschaftskriminalität.1 Dieses meist opportunistisch motivierte Fehlverhalten verursacht negative Wohlfahrtseffekte. Zu den Betroffenen gehören hauptsächlich die Anteilseigner und teilweise auch die gesamte Öffentlichkeit, die z.B. infolge eintretender Umweltschäden mit externen Kosten belastet wird. Der Verursacher hingegen erleidet nur bei Aufdeckung des Fehlverhaltens Schäden in Form von Haftungsklagen und Reputationsverlusten. Diese Abschreckungswirkung zur Vermeidung von Fehlverhalten ist jedoch oft nicht wirksam, da sowohl unternehmensinterne als auch extern angesiedelte Kontrollinstitutionen keine ausreichende Aufdeckung von Missständen garantieren können. Folglich werden kriminelle Handlungen nicht erfolgreich verhindert. Häufig sind es die Mitarbeiter, die auf Missstände im Unternehmen aufmerksam machen. Dabei informieren sie Institutionen, die das beobachtete Fehlverhalten unterbinden sollen.2 Diese Hinweisgebung wird als Whistle Blowing bezeichnet.3 Das Unternehmen kann von diesen Meldungen profitieren, da erhebliche Schäden, wie z.B. Schadenersatzklagen, Strafzahlungen und Reputationsverluste, möglicherweise vermieden werden.4 Trotz dieser offensichtlichen Vorteile birgt das Whistle Blowing auch potenziell negative Konsequenzen. Es besteht für das Unternehmen die Gefahr, dass vertrauliche Informationen an Unternehmensexterne gelangen.5 Ungeachtet dessen, ob sich der Verdacht eines Fehlverhaltens bewahrheitet oder nicht, führt das möglicherweise für das Unternehmen zu einem Reputationsschaden.6 Auch dem Whistle Blower können aufgrund der Meldung negative Konsequenzen drohen. Nicht selten hat er mit Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen.7 Die Lösung dieses Problems wird in der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems im Unternehmen gesehen.8 Hierbei wird den Mitarbeitern die Möglichkeit zur Hinweisgabe außerhalb des normalen Dienstwegs, jedoch innerhalb der Strukturen des 1 2 3
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Vgl. Bussmann et al. (2009), S. 11. Gemäß einer Studie ist dies der häufigste Entdeckungsweg, vgl. Bussmann et al. (2009), S. 51. Vgl. Near / Miceli (1985), S. 4. Ausführlicher wird in Kapitel zwei auf den Begriff „Whistle Blowing“ eingegangen. Siehe z.B. Lombardi (1988), S. 155; Miceli / Near (1992), S. 11 – 13; Callahan et al. (2002), S. 195 – 196; Moberly (2006). Vgl. z.B. Dunfee (1990), S. 132. Siehe z.B. auch Dworkin / Near (1987), S. 242. Vgl. Parmerlee / Near / Jensen (1982); Miceli et al. (1999); Mesmer-Magnus / Viswesvaran (2005). Siehe etwa Dunfee (1990); Moberly (2006); Miceli / Near (1992); Callahan et al. (2002); Hofmann (2006); Leisinger (2003).
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2 Unternehmens eingeräumt, womit negative Folgen für den Hinweisgeber ausgeschlossen sein sollten. Der mit dem Whistle-Blowing-System verbundene Nutzen besteht in der effizienten Kontrolle der Aktivitäten im Unternehmen, wodurch Reputationsschäden und erwartete Wohlfahrtsverluste vermieden werden.9 Deshalb besteht auch ein öffentliches Interesse an erfolgreich implementierten Whistle-BlowingSystemen. Allerdings gilt es hierbei zu beachten, dass die systemimmanenten Kosten dessen Nutzen nicht übersteigen sollten.10 Unklar ist bisher, ob die Unternehmensleitung die in der Literatur angesprochenen Kosten- und Nutzenaspekte eines Whistle-Blowing-Systems überhaupt wahrnimmt und welche dieser Aspekte die Entscheidung für oder gegen ein Whistle-Blowing-System beeinflussen. Die Gewichtung der Kosten und des Nutzens eines Whistle-Blowing-Systems durch die Unternehmensleitungen ist in Deutschland insbesondere deshalb relevant, weil historische Einflüsse eine gewisse Skepsis gegenüber Whistle Blowing begründen. Dies könnte zu einer Übergewichtung der Kosten eines Whistle-Blowing-Systems gegenüber dessen Nutzen führen. Nicht selten wird Whistle Blowing mit dem Verpfeifen von Kollegen oder anderen Beteiligten in Verbindung gebracht, weil es an Bespitzelungen im Nationalsozialismus sowie in der Deutschen Demokratischen Republik erinnert.11 Auch die bisherige deutsche Rechtsprechung scheint von dieser Grundhaltung geprägt zu sein. Die Interessen des Arbeitgebers werden schützenswerter eingeschätzt als die des Whistle Blowers.12 Für einen Mitarbeiter besteht deshalb bisher kaum ein Anreiz zur Hinweisgabe, weil die Folgen dieser Meldung risikobehaftet sind. Aktuelle Unternehmensskandale, insbesondere die sog. Fleischskandale13, gaben dem deutschen Gesetzgeber zwar Anlass, sich mit einem gesetzlich kodifizierten Whistle-Blower-Schutz zu befassen.14 Der jetzige Gesetzesentwurf wird aber noch stark kritisiert.15 Um mit einem Whistle-Blowing-System einen Nutzen generieren zu können, muss es effektiv ausgestaltet sein. Die Herausforderung besteht für die Unternehmen dabei vor allem in der Überzeugung der Mitarbeiter, dass ihre Hinweise erwünscht sind.16 Bestehen Unsicherheiten bezüglich der Nutzung des Systems, bleibt das System ineffektiv. In der Praxis sind verschiedene Ausgestaltungsvarianten für WhistleBlowing-Systeme zu finden; eine Best Practice hat sich noch nicht durchgesetzt.17 Für die Einrichtung ist unter anderem wesentlich, ob der Adressat der Hinweise in9
Vgl. Moberly (2006), S. 1115. Siehe Berndt / Hoppler (2005), S. 2627. Vgl. Rauhofer (2007), S. 367. 12 Ähnlich dazu Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571. 13 Zu den Fleischskandalen siehe z.B. http://www.focus.de/panorama/jahresrueckblick/topthemen/gammelfleisch/gammelfleisch_did_14038.html; oder http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article892665/Die-Fleischskandale-im-Ueber-blick.html (eingesehen am 24.08.2010). 14 Vgl. Bundestag (2008). 15 Vgl. dazu insbesondere die Stellungnahmen von Deiseroth (2008) und Schuster (2008). 16 Vgl. Miceli / Near (1992), S. 296, und Miceli / Near (1994), S. 70. 17 Siehe z.B. Breinlinger / Krader (2006), S. 61; Hassink / de Vries / Bollen (2007); Buchert (2008). 10 11
3 nerhalb oder außerhalb des Unternehmens angesiedelt werden sollte. Während eine interne Stelle aufgrund der besseren Kenntnis des Unternehmens z.B. für eine schnellere Aufklärung sorgen könnte, erscheint eine externe Stelle unabhängiger.18 Es ist bisher noch unklar, welche Eigenschaften eines Whistle-Blowing-Systems maßgeblich für eine interne oder externe Ansiedlung des Hinweisadressaten sind. Die Frage ist deshalb von Bedeutung, weil die Studien zur Effektivität primär in den USA19 entstanden sind. Wegen des oben angesprochenen historisch bedingten Unterschieds in der Auffassung des Whistle Blowing ist eine veränderte Wahrnehmung der Anforderungen an effektive Whistle-Blowing-Systeme in Deutschland zu erwarten. Die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen könnte auch gesetzlich motiviert werden. Hierzu sind international deutliche Unterschiede festzustellen. Während in Deutschland noch keine speziellen Regelungen getroffen wurden, ist dieses Thema in der Gesetzgebung anderer Länder weitaus gängiger. In den USA existieren z.B. seit vielen Jahren gesetzliche Whistle-Blower-Schutzregelungen. Seit dem Sarbanes-Oxley Act of 2002 (SOX) müssen Unternehmen, die ihre Wertpapiere an einer US-Börse handeln, Whistle-Blowing-Systeme einrichten.20 Dies betrifft auch deutsche Unternehmen, die in den USA gelistet sind.21 Doch nicht nur durch gesetzliche Regelungen verpflichtete Unternehmen richten Whistle-Blowing-Systeme ein. Viele andere Unternehmen haben ebenfalls bereits derartige Systeme implementiert. Ob die gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung dazu führt, dass Kosten und Nutzen des Whistle-Blowing-Systems anders gewichtet werden als bei freiwilliger Einrichtung, ist bisher noch unklar. Die individuelle Wahrnehmung des Nutzens von Whistle-Blowing-Systemen kann die Effektivität der Systeme beeinflussen. Die Gefahr einer verpflichtenden Einrichtung besteht darin, dass es Lippenbekenntnisse bleiben.22 Meist wird in diesen Unternehmen dann eher eine Kultur gelebt, die Whistle Blowing weiterhin nicht als erwünscht ansieht. Bisherige staatliche Anreiz- und Sanktionsmechanismen in den USA und Großbritannien konnten diesem als „Window Dressing“23 bezeichneten Verhalten nicht effektiv entgegenwirken.24 Eine mögliche Lösung könnte deshalb in der Selbstregulierung zu finden sein. Die Vorteile dieser freiwilligen Regulierung, die seitens der Unternehmen erfolgt, liegen vor allem in der Flexibilität und den geringeren Kosten.25 Außerdem können Signalling-Vorteile generiert werden, wenn sich ein Unternehmen von anderen abhebt.
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Siehe Breinlinger / Krader (2006), S. 61, und Pauthner-Seidel / Stephan (2010), Rz. 116. Vgl. dazu etwa die Studien von Near / Jensen (1983); Perry (1992); Miceli / Near (2002). Siehe Sec. 301 SOX. Vgl. von Zimmermann (2007). Siehe dazu auch Schmidt (2005), S. 159. Zu diesem Begriff siehe Krawiec (2003), S. 491. Vgl. dazu insbesondere die Arbeiten von Schmidt (2005); Dworkin (2007); Moberly (2008). Vgl. dazu Schwarz (2005) und Moberly (2006).
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1.2. Zielsetzung der Arbeit Wie bereits herausgestellt wurde, sind die ökonomischen Vorteile eines WhistleBlowing-Systems aus Sicht der Literatur relativ unbestritten. Außerdem wurden wesentliche Einflussfaktoren auf die Effektivität von Whistle Blowing bereits untersucht, aus denen Anforderungen an die optimale Ausgestaltung eines Whistle-BlowingSystems abgeleitet werden können. Es wird gezeigt, dass insbesondere die Neue Institutionenökonomik einen geeigneten Hintergrund bietet, um Lösungsansätze für die optimale Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems zu generieren. Deshalb erfolgt zunächst die theoretische Einordnung des Whistle Blowings und der WhistleBlowing-Systeme in die Neue Institutionenökonomik. Der Umgang mit diesem Thema ist jedoch insbesondere in Deutschland noch recht sensibel. Deshalb ist zu beachten, dass bisherige Forschungsergebnisse maßgeblich vor einem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund entstanden und dahingehend zu interpretieren sind. Bisherige Erkenntnisse über das Phänomen Whistle Blowing können aus diesem Grund nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragen werden. Da die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems durch eine Entscheidung des Managements erfolgt, wird insbesondere dessen Wahrnehmung zu dem Thema untersucht. Fraglich ist, ob die in der Literatur angesprochenen Kosten- und Nutzenaspekte eines Whistle-Blowing-Systems von den Managern auch tatsächlich so wahrgenommen werden. Sofern dies befürwortet wird, ist zu ermitteln, wie Vor- und Nachteile gewichtet werden. Das Ziel der Arbeit besteht damit vor allem in der empirischen Überprüfung, ob die Einrichtung oder Nichteinrichtung eines Whistle-BlowingSystems durch die Gewichtung der mit dem System verbundenen Kosten und dem damit verbundenden Nutzen prognostiziert werden kann. Darüber hinaus existiert bezüglich der Einflussfaktoren auf die Effektivität von Whistle-Blowing-Systemen Forschungsbedarf. Insbesondere sind die Ursachen für die unternehmensinterne oder -externe Ansiedlung des Hinweisadressaten unbestimmt. Ein weiteres Ziel der Arbeit besteht deshalb in der empirischen Untersuchung der für die interne oder externe Implementierung ausschlaggebenden Faktoren. Zuletzt soll empirisch untersucht werden, ob die Verpflichtung zur Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen die Wahrnehmung des Nutzens und der effektiven Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems beeinflusst, und wenn ja, inwiefern. Sofern freiwillige und verpflichtete Implementierer unterschiedliche Wahrnehmungen zur Vorteilhaftigkeit und Effektivität der Whistle-Blowing-Systeme haben, würde dies die in der Literatur angesprochenen Bedenken zur gesetzlichen Verpflichtung der Implementierung bekräftigen. Aus den Ergebnissen der empirischen Untersuchung sind geeignete Anreizmechanismen für das Management ableitbar, die für eine optimale Ausgestaltung der Gesetzgebung zum Whistle Blowing erforderlich sind.
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1.3. Abgrenzung der Arbeit von bestehender Literatur Die bisherige Literatur zum Whistle Blowing entstand vor allem in den USA. Hierbei wurde das Thema hauptsächlich aus psychologischer, unternehmensethischer, organisationstheoretischer und rechtswissenschaftlicher Sicht betrachtet.26 Bisherige deutsche Arbeiten zum Whistle Blowing nähern sich dem Thema zum großen Teil auf rechtlicher Ebene.27 In einer der ersten deutschen nicht-juristischen Arbeiten wird Whistle Blowing aus der unternehmensethischen Sicht betrachtet. Hierbei wird ein aktives Corporate Reputation Management gefordert, das im Rahmen einer offenen Unternehmenskultur Whistle Blowing vermeiden kann.28 In weiteren deutschen Beiträgen werden Überlegungen zur Verbindung zwischen Whistle Blowing und dem Enforcement von Rechnungslegungsregeln29 sowie zur Notwendigkeit eines Whistle-Blowing-Systems für eine effektive Corporate Governance angestellt30. Der Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems aus institutionenökonomischer Perspektive und die effektive Ausgestaltung von Whistle-Blowing-Systemen sind Gegenstand der jüngsten deutschen Arbeiten auf diesem Gebiet.31 Hierbei wird der Nutzen zum einen aus Unternehmenssicht analysiert,32 zum anderen werden Anreize angesprochen, die das Kalkül des Unternehmens zur Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen ansprechen könnten.33 Diese Arbeiten verwenden bereits Ansätze der Neuen Institutionenökonomik für die theoretische Einordnung von Whistle Blowing. Einerseits wird für die Erläuterung des bisherigen unternehmensinternen Umgangs mit Whistle Blowing die Transaktionskostentheorie angesprochen;34 andererseits findet bereits die Ableitung des Nutzens eines Whistle-Blowing-Systems unter Anwendung der Prinzipal-Agenten-Theorie statt.35 Ausgehend von diesen Erkenntnissen wird die theoretische Einordnung des Themas in dieser Arbeit vorgenommen, um daraus anschließend Hypothesen für die empirische Untersuchung abzuleiten.
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Siehe hierzu insbesondere alle Arbeiten von Janet P. Near und Marcia P. Miceli. Einen Literaturüberblick liefern Near / Miceli (2008) und Hersh (2002). Für die Zulässigkeit von Whistle Blowing nach deutschem Recht siehe Schmitt (2003). Graser (2000) stellt einen Vergleich der gesetzlichen Regelungen nach deutschem und USamerikanischem Recht an. Ledergerber (2005) nimmt vor allem Bezug zur rechtlichen Situation in der Schweiz, während Hartung (2006) einen Vergleich zwischen deutschem und englischem Recht anstellt. Düsel (2008) stellt in seiner Arbeit die Regelungen des deutschen, englischen und französischen Rechts gegenüber. Siehe Leisinger (2003). Vgl. Schmidt (2005). Siehe hierzu Berndt / Hoppler (2005). Vgl. Briegel (2009) und Donato (2009). Siehe Donato (2009). Siehe dazu eher Briegel (2009). Vgl. Briegel (2009). Siehe Donato (2009).
6 Eine der ersten empirischen Analysen zu dem Thema in Deutschland stellt Whistle Blowing als Mittel zur Korruptionsprävention in Krankenhäusern vor.36 Hierbei findet eine Auswertung von Interviews unter Ärzten in deutschen Krankenhäusern statt. Insgesamt sind empirische Arbeiten zum Whistle Blowing in Deutschland jedoch recht spärlich zu finden. Vor dem unterschiedlichen kulturellen und historischen Hintergrund zwischen Deutschland und anglo-amerikanischen Ländern ist die Wahrnehmung des Phänomens Whistle Blowing in den Unternehmen jedoch durchaus relevant. Hieraus lässt sich erkennen, ob die hauptsächlich anglo-amerikanisch geprägte Sichtweise des Nutzens und der Effektivität von Whistle-Blowing-Systemen auf Deutschland übertragen werden kann. Dies sollte auch Ausstrahlungswirkung auf die Gesetzgebung zum Whistle Blowing haben, da die in diesen Ländern bereits gesammelten Erfahrungen mit der Regulierung möglicherweise nicht uneingeschränkt übertragbar sind.
1.4. Gang der Untersuchung Um die in der Zielstellung dieser Arbeit genannte Wahrnehmung der deutschen Unternehmen zu analysieren, wurde eine Umfrage unter deutschen Unternehmen vorgenommen und in dieser Arbeit ausgewertet. Die dafür untersuchten Hypothesen benötigen ein theoretisches Fundament, welches aus dem bereits vorhandenen Forschungsstand zum Whistle Blowing abgeleitet werden soll. Gegenstand der folgenden drei Kapitel (Kapitel zwei bis vier) soll die theoretische Einordnung von WhistleBlowing-Systemen sein. In Kapitel zwei wird die Verhaltensweise von Whistle Blowern genauer untersucht, da dies sowohl für die Kosten- und Nutzenanalyse als auch für die Anforderungen an die Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems notwendig ist. Zuerst erfolgt eine Klärung des Begriffs „Whistle Blowing“ (Unterkapitel 2.1). Hier wird bereits erläutert, dass die positive oder negative Wahrnehmung der Handlung eines Whistle Blowers durch kulturelle Hintergründe beeinflusst werden kann. Außerdem wird gezeigt, dass es verschiedene Arten des Whistle Blowings gibt, die eine genauere Untersuchung der Einflussfaktoren erfordern. Als Analyserahmen bietet sich die Einordnung von Whistle Blowing in die Neue Institutionenökonomik (Unterkapitel 2.2) an. Zwei zentrale Ansätze der Neuen Institutionenökonomik sind die Transaktionskostentheorie und die Prinzipal-Agenten-Theorie. Jeder der beiden Ansätze bietet sich für einen bestimmten Zweck der Untersuchung an. Während die Transaktionskostentheorie für die Erklärung des Verhaltensmusters „Whistle Blowing“ in Unterkapitel 2.3 verwendet wird, findet die Prinzipal-Agenten-Theorie bei der Untersuchung der Vorteilhaftigkeit eines Whistle-Blowing-Systems in Kapitel drei Anwendung. In Unterkapitel 2.3 wird herausgestellt, dass Whistle Blowing nur eine von mehreren Handlungsoptionen eines Individuums im Fall der Wahrnehmung von Missständen in 36
Vgl. Lehne (2009).
7 einer Organisation ist. Bestimmte Einflussfaktoren sind für das Auftreten von Whistle Blowing verantwortlich. Da es verschiedene Arten des Whistle Blowings gibt, wird außerdem gezeigt, wann Whistle Blowing zu negativen Konsequenzen führt. Das Aufstellen von Regeln zum Whistle Blowing, d.h. die Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems, kann diese Nachteile vermeiden. Die Schlussfolgerungen sind zum einen relevant für das folgende Kapitel drei, in dem die Vorteilhaftigkeit von Whistle-Blowing-Systemen untersucht wird; zum anderen werden die Erkenntnisse zu den Einflussfaktoren auf Whistle Blowing für die Ableitung von Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System verwendet. Dies ist Ziel des vierten Kapitels. Das dritte Kapitel widmet sich der Vorteilhaftigkeit eines Whistle-Blowing-Systems. Anhand der Prinzipal-Agenten-Theorie wird das Whistle-Blowing-System als Institution eingeordnet, welche Unsicherheiten zwischen dem Manager und dem Eigner eines Unternehmens verringern und damit zu einer besseren Vertragsbeziehung zwischen den beiden Akteuren führen kann. Anhand der Agency-Kosten wird gezeigt, dass bisherige Mechanismen zur Lösung des Konflikts unzureichend sind. Das Whistle-Blowing-System kann die Agency-Kosten minimieren, indem es einerseits als zusätzliches Kontrollinstrument dient und andererseits vertrauenswürdiges Verhalten signalisieren kann. Da die Senkung der Agency-Kosten mit der Einrichtung Whistle Blowing fördernder Strukturen zu einem höheren Ergebnis aus der Vertragsbeziehung führen soll, wird in Unterkapitel 3.2 der Shareholder-Value als Beurteilungsmaßstab für den Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems herangezogen. Der Shareholder-Value weist im Gegensatz zu anderen Maßstäben bestimmte Vorteile auf, die an dieser Stelle aufgezeigt werden und letztendlich für dessen Anwendung sprechen. Die möglichen Wirkungen eines Whistle-Blowing-Systems auf den Shareholder-Value werden in unternehmensinterne und unternehmensexterne Wirkungen unterschieden. Während intern sowohl die Kosten der Einrichtung als auch der Nutzen aus verhindertem Fehlverhalten eine Rolle spielen, sind extern Reputationsvorteile festzustellen. Letztlich sollte die Reputationsverbesserung auch zu einer Erhöhung des Shareholder-Values führen. Kapitel drei schließt mit einer Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse zu den Kosten und dem Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems, woraus Forschungsfragen für die empirische Untersuchung entwickelt werden. Der Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems kann allerdings nur entstehen, sofern das System effektiv gestaltet wird. Gegenstand des vierten Kapitels ist deshalb die Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems. An dieser Stelle erfolgen die Ausführungen nicht mehr aus Sicht der Vertragsbeziehung zwischen Anteilseigner und Manager, sondern es wird eine Ebene tiefer angesetzt: Es werden Maßnahmen erörtert, die das Management ergreifen kann, um potenzielle Whistle Blower zur Hinweisgabe zu ermutigen und somit die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems zu fördern. Für diese Betrachtung werden die in Unterkapitel 2.3 erläuterten Einflussfaktoren auf das Whistle Blowing wieder aufgegriffen, um daraus abzuleiten, wie diese zur Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems beitragen können (Unterkapitel 4.2).
8 Da sowohl die Implementierung als auch die jeweilige Ausgestaltung eines WhistleBlowing-Systems durch gesetzliche Anreiz- und Sanktionsmechanismen beeinflusst werden könnten, werden an dieser Stelle Vor- und Nachteile ausgewählter gesetzlicher Regulierungen zu dem Thema erörtert. Es wird herausgestellt, dass bisherige Regulierungsmethoden die Einrichtung effektiver Systeme nicht garantieren können. Deshalb wird die Selbstregulierung als Alternative zur gesetzlichen Regulierung vorgestellt. Aus den Erfolgen und Misserfolgen der gesetzlichen Regulierung lässt sich ableiten, ob bestimmte Mechanismen zur Motivation eines Whistle Blowers möglicherweise auf Unternehmensebene implementiert werden könnten, um die Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems zu erhöhen. In Unterkapitel 4.3 werden die Erkenntnisse des vorigen Unterkapitels dazu verwendet, Anforderungen an die Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems abzuleiten. Diese Anforderungen lassen erkennen, dass die Förderung des Whistle Blowings im Unternehmen mehr als nur die Benennung eines Whistle-BlowingAdressaten betrifft, sondern das ganze Unternehmen einbezieht. Wesentlich für die Effektivität ist auch die Lokalisation der Whistle-Blowing-Stelle. Die Alternativen, interne und externe Ansiedlung, werden deshalb genauer untersucht. Auch die Notwendigkeit der Kommunikation über ein eingerichtetes Whistle-Blowing-System, nicht nur intern, sondern auch extern, wird hervorgehoben. Zum Abschluss des vierten Kapitels werden Schlussfolgerungen zur Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems gezogen und daraus Forschungsfragen für die anschließende empirische Untersuchung abgeleitet. Im fünften Kapitel werden die in den vorigen Kapiteln abgeleiteten Forschungsfragen empirisch untersucht. Zuerst erfolgt eine deskriptive Untersuchung der Ausgestaltung von Whistle-Blowing-Systemen in Deutschland (Unterkapitel 5.2). Hieran soll ein erster Eindruck zur bisherigen Umsetzung der in Unterkapitel 4.3 entwickelten Anforderungen an ein Whistle-Blowing-System vermittelt werden. Für die Bewertung der Umsetzung wird ein Scoring-Modell entwickelt, das Grundlage für ein Ranking der 30 DAX-Unternehmen wird. Ein weiteres Ziel der empirischen Untersuchung besteht in einer Analyse des von Managern wahrgenommenen Nutzens des Whistle-Blowing-Systems und dessen effektiver Ausgestaltung (Unterkapitel 5.3). Anhand der in den vorigen Kapiteln abgeleiteten Forschungsfragen werden für die empirische Untersuchung konkrete Hypothesen formuliert, die mittels einer Umfrage unter deutschen Unternehmen überprüft werden sollen. Anschließend wird gezeigt, aus welchen Antworten der teilnehmenden Unternehmen die auszuwertenden Variablen resultieren. Nach einer deskriptiven Auswertung werden einige der Variablen mit einer konfirmatorischen Faktorenanalyse validiert. Die Überprüfung der Hypothesen erfolgt mittels logistischer Regression, Diskriminanzanalyse und Mann-Whitney-U-Test. Nach der Analyse erfolgt eine Zusammenfassung sowie eine Diskussion der Ergebnisse.
9 Neben den für die Überprüfung der Hypothesen relevanten Fragen wurden den Teilnehmern noch weitere Fragen gestellt, die für einige der aufgeworfenen Forschungsfragen aufschlussreich sind. Im letzten Teil des fünften Kapitels wird eine deskriptive Auswertung und Diskussion dieser weiteren Fragen vorgenommen. Dem sechsten Kapitel sind die Zusammenfassung der Arbeit sowie Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der empirischen Untersuchung zu entnehmen.
2. Annäherung an das Phänomen Whistle Blowing: Begriffsbestimmung und theoretische Einordnung 2.1. Der Begriff „Whistle Blowing“ 2.1.1. Ansätze zur Definition von Whistle Blowing Wo der Ursprung der Bezeichnung Whistle Blowing liegt, ist unklar. Eine Deutung des Begriffes wird mit den Ausdrücken „die (Triller-)Pfeife blasen“37 oder „die Alarmglocke läuten“38 versucht. Die wörtliche Übersetzung ist jedoch schwer möglich und auch nicht zielführend, wenn die dahinterstehende Handlung beschrieben werden soll. Ursprünglich kam die Bezeichnung Whistle Blowing zur Anwendung, wenn der Schiedsrichter ein Spiel (z.B. Footballspiel) abgepfiffen hatte.39 Auch das Alarmpfeifen der Polizisten wird oft mit Whistle Blowing in Verbindung gebracht.40 Whistle Blower werden auch teilweise als ethische Dissidenten bezeichnet, da sie aus rein gemeinnützigen Motiven auf ein Fehlverhalten aufmerksam machen, ohne auf nachteilige persönliche Konsequenzen zu achten.41 Mit Whistle Blowing werden deshalb auch die institutionenökonomischen Bezeichnungen der Handlungen „Voice“42 und „Schmutzige Hände“43 in Verbindung gebracht, auf die in Abschnitt 2.3.3 genauer eingegangen wird. Am bekanntesten ist die Definition von Near und Miceli aus dem Jahr 1985, die an dieser Stelle Verwendung finden soll: Sie verstehen Whistle Blowing als Offenlegung von illegalem, unmoralischem oder illegitimem Verhalten, die innerhalb des Kontrollbereichs des Arbeitgebers liegen. Die Hinweise werden von gegenwärtigen oder ehemaligen Organisationsmitgliedern gegenüber Personen oder Organisationen übermittelt, die diese Verhaltensweisen möglicherweise beeinflussen können.44
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Geißler (2006), S. 13. Deiseroth (2001b), S. 108. Vgl. Miceli / Near (1992), S. 15. Siehe dazu Graser (2000), S. 5. Mit Whistle Blowing ist also ursprünglich nichts Negatives assoziiert worden. Die Übersetzung als Verpfeifen scheint vielmehr kulturelle Hintergründe zu haben, siehe auch Abschnitt 2.1.3. Vgl. Deiseroth (2004), S. 125. Siehe zu dem Begriff Hirschman (1970). Vgl. dazu ursprünglich Sartre (1948), sowie Söllner (2000) und Schmidt (2005). Vgl. Near / Miceli (1985), S. 4.
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
10 Eine Voraussetzung für Whistle Blowing ist das Vorliegen eines Fehlverhaltens, welches entweder illegal, illegitim oder unmoralisch ist, wobei zwischen illegitim und unmoralisch kein inhaltlicher Unterschied besteht.45 Verstoßen Handlungen gegen bestimmte Wertvorstellungen, so ist dies nicht unbedingt als illegal, wohl aber eher als illegitim zu bezeichnen. Die Grenzen zwischen illegal und illegitim sind zum Teil nur mit Hilfe juristischer Fachkenntnisse zu beurteilen. Von einem Whistle Blower kann deshalb auch nicht erwartet werden, den Unterschied im Einzelfall beurteilen zu können.46 Deshalb sollte Whistle Blowing auch für gemeldetes illegitimes Verhalten zulässig sein. Dies ist insbesondere für die Ausgestaltung von Verhaltenskodizes wichtig. Whistle Blowing ist jedoch abzugrenzen von der Verbreitung von Gerüchten und Intrigen sowie vom sog. Mobbing und von „Rufmord“, da dies nicht unter schutzwürdige Verhaltensweisen zu zählen ist. Trotzdem wird Whistle Blowing oft mit Denunzieren in Verbindung gebracht. Vor allem in Deutschland ist die skeptische Haltung gegenüber Whistle Blowern weit verbreitet. Dies ist maßgeblich dem historischen und kulturellen Hintergrund geschuldet.47 Die Wahrnehmung der Handlung Whistle Blowing ist deshalb essentiell für den Umgang mit Hinweisgebern innerhalb eines Unternehmens. Darauf ist insbesondere auch bei der Ausgestaltung des Whistle-BlowingSystems und der Formulierung von Kodizes und Gesetzen zum Whistle Blowing zu achten, damit die Vermeidung der Förderung einer Denunziantenkultur vermieden wird.48 In der Definition von Miceli und Near wird Whistle Blowing auf die Organisationsmitglieder bzw. ehemalige Organisationsmitglieder beschränkt. In den meisten Fällen ist das Fehlverhalten auch nur einigen bestimmten Mitarbeitern des Unternehmens bekannt. Es gibt aber durchaus auch Beispiele, in denen Lieferanten bzw. Kunden auf Fehlverhalten aufmerksam geworden sind,49 da sie z.B. Bestechungszahlungen erhalten haben. Auch von dieser Seite gelangen Hinweise an die Unternehmensleitung. Diese potenziellen Whistle Blower sollten deshalb insbesondere bei der Ausgestaltung von Whistle-Blowing-Systemen Berücksichtigung finden. Eine weitere Voraussetzung für Whistle Blowing nach der oben genannten Definition ist, dass der Hinweis an eine Person oder Organisation gegeben wird, die in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen und das Fehlverhalten zu beseitigen. Deshalb wird eine Unterhaltung mit einem Kollegen über das Thema, ohne dass von ihm eine Tat erwartet wird, ebenso nicht als Whistle Blowing verstanden, wie das zu Rate ziehen der Familie.50 Auch der Weg zum Vorgesetzten ist nicht als Whistle Blowing einzu45
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Vgl. Leisinger (2003), S. 60. Gemäß Leisinger unterliegt die Moralpflicht vielmehr dem Handlungskriterium der Legitimität. Siehe dazu Berndt / Hoppler (2005), S. 2624. Vgl. Rauhofer (2007) und ausführlicher dazu auch Abschnitt 2.1.3. Siehe dazu auch Leisinger (2003), S. 34 – 37, und Berndt / Hoppler (2005), S. 2624. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2624. Siehe Miceli / Near (1992), S. 16.
11 stufen, da es sich hierbei um den normalen Dienstweg handelt.51 Erst die Umgehung dieses Dienstwegs an andere unternehmensinterne oder -externe Stellen definiert eine Handlung als Whistle Blowing. 2.1.2. Abgrenzung zur juristischen Definition In der vorliegenden Arbeit ist eine ökonomische Bedeutung des Whistle Blowings wesentlich.52 Von einer rechtlichen Deutung des Begriffs wird weitestgehend abstrahiert. Deshalb soll an dieser Stelle eine kurze Abgrenzung von der juristischen Auslegung des Whistle Blowing vorgenommen werden. Aus der deutschen Gesetzgebung ergibt sich keine explizite Definition des Begriffs Whistle Blowing. In der Rechtsprechung ist jedoch erkennbar, dass in WhistleBlowing-Fällen darauf abgestellt wird, ob eine schützenswerte Beschwerde53, Arbeitnehmeranzeige oder kritische Äußerung vorliegt.54 Die relativ weitgehende obengenannte Whistle-Blowing-Definition ist in der deutschen Rechtsprechung weder bekannt noch ergeben sich aus der Rechtsprechung irgendwelcher Schutzregelungen für den Whistle Blower. Im Gegensatz dazu findet der Begriff Whistle Blowing Verwendung im USamerikanischen und britischen Recht, da in diesen Ländern Schutzregelungen für Whistle Blower oder sogar Anreizschemata zum Whistle Blowing zu finden sind.55 Meistens greifen diese Schutzregelungen in diesen Ländern lediglich bei Meldungen von illegalem Verhalten. Nur wenige schützen auch bei Verhaltensweisen, die gegen den Code of Ethics verstoßen.56 Unmoralische Verhaltensweisen sind überhaupt nicht mit inbegriffen. Ferner bestehen gesetzliche Regelungen nur bei bestimmten Sachverhalten. So schützt der Safe Drinking Water Act nur beim Melden von Verstößen gegen die Trinkwasserschutzregulierungen, der False Claims Act schützt lediglich bei Meldungen gegen einen Betrug bezüglich der Verwendung öffentlicher Mittel.57 Letztlich ist es aus juristischer Sicht erheblich, an wen der Hinweis gemeldet wurde. Eine Beschwerde gegenüber dem Betriebsrat ist z.B. nur gerechtfertigt, wenn der 51 52
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Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2624, und Leisinger (2003), S. 28. Für eine rechtliche Analyse sei auf die Arbeiten von Graser (2000); Schmitt (2003); Düsel (2008) verwiesen. Auch die Arbeit von Korte (2009) beschäftigt sich teilweise mit dem Thema Whistle Blowing. Zu einer genaueren Beschreibung einer schützenswerten Beschwerde und der Eignung des Betriebsrats als Whistle-Blowing-Stelle vgl. Unterabschnitt 4.3.4.2.2. Gemäß Graser (2000), S. 4, wird Whistle Blowing als kritische Äußerung, Beschwerde und Anzeige von Arbeitnehmern über Fehlverhalten und Missstände im Unternehmen oder in der Behörde definiert. Beispielweise seien hier der False Claims Act in den USA oder der Public Interest Disclosure Act in Großbritannien genannt. Vgl. Dworkin / Near (1997), S. 2. Siehe hierzu auch Dworkin / Near (1997), S. 2, sowie Graser (2000), S. 88 und S. 90.
12 Arbeitnehmer persönlich vom Fehlverhalten betroffen ist. Beim britischen Public Interest Disclosure Act (PIDA) werden Schutzregelungen dahingehend differenziert, ob interne Meldewege bereits benutzt wurden. Erst dann fällt der Whistle Blower unter den Schutz des PIDA.58 In Deutschland wird ein Gesetzesentwurf diskutiert, der es Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, Hinweise an unternehmensexterne Institutionen zu geben, ohne sich vorher an unternehmensinterne Stellen gewendet zu haben.59 Eine genaue Bezeichnung der Verstöße, bei der eine schützenswerte Meldung vorliegen würde, erfolgte bislang nicht. Es ist deshalb nur von einem Schutz des Whistle Blowers in Bezug auf die Meldung illegaler Handlungen auszugehen. 2.1.3. Denunzieren statt Whistle Blowing – die kulturelle und historische Entwicklung der Haltung gegenüber Whistle Blowern in Deutschland Die bisher fehlende gesetzliche Regulierung des Themas Whistle Blowing in Deutschland ist zum Teil kulturellen Hintergründen geschuldet. Kulturelle Unterschiede können die Wahrnehmung des Whistle Blowings wesentlich beeinflussen.60 In Abschnitt 2.1.1 wurde Whistle Blowing hauptsächlich als positive Handlung übersetzt. Es kann jedoch auch als illoyale Handlung verstanden und mit „Denunzieren“ assoziiert werden.61 Während Whistle Blower z.B. in den USA als Helden gefeiert und geschützt werden, steht man in Deutschland dem Thema teilweise noch sehr skeptisch gegenüber.62 Nicht nur der fehlende gesetzliche Schutz von Whistle Blowern reflektiert diese Ansicht. Auch die deutsche Rechtsprechung spiegelt in ihren Urteilen eine Haltung wider, die Whistle Blower als „Nestbeschmutzer“ darstellt. Die Interessen des Beschuldigten scheinen schutzwürdiger als die des Whistle Blowers zu sein.63 Hinweise an Unternehmensexterne stellen deshalb grundsätzlich eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht dar und berechtigen damit zur Kündigung.64 Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2001 hat zwar die Position von Hinweisgebern gestärkt, indem festgelegt wurde, dass die Wahrung staatsbürgerlicher Rechte Priorität vor der arbeitsvertraglichen Rücksichtspflicht hat und folglich nicht zu einer Kündigung führen darf.65 Dies gilt allerdings nur, sofern nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Aussagen gemacht wurden.66 Die 58 59 60
61 62 63 64 65 66
Vgl. zu einem Überblick über die Regelungen des PIDA z.B. Schmidt (2005), S. 155. Siehe dazu Bundestag (2008). Vgl. z.B. Rashid / Ho (2003); Tavakoli / Keenan / Cranjak-Karanovic (2003); Park / Rehg / Lee (2005). Vgl. Müller (2002), S. 425. Vgl. z.B. Müller (2002), S. 424 – 425. Siehe Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571, mit weiteren Verweisen. Siehe auch Müller (2002), S. 429, und Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571. Vgl. BVerfG, 2.7.2001, AP Nr. 170 zu § 626 BGB. Vgl. Müller (2002), S. 434, und Maschmann (2007), Rz. 143.
13 Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2003 schränkte die Zulässigkeit einer Strafanzeige allerdings weiter ein.67 Die Strafanzeige dürfe nicht als unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers zu sehen sein. Besteht der Verdacht, die Anzeige könne aus Rache am Arbeitgeber erfolgt sein, ist sie unzulässig.68 Hieraus wird deutlich, dass immer der Einzelfall ausschlaggebend ist und somit keine Rechtssicherheit besteht. Dies erschwert die Entscheidung zur Hinweisgabe zusätzlich. Wie heikel das Thema Whistle Blowing immer noch diskutiert wird, zeigt der Gesetzesentwurf zur Einführung eines Informantenschutzes im BGB.69 Während einige die Schutzregelung uneingeschränkt begrüßen70, wehren sich insbesondere Arbeitgeberverbände dagegen, da sie die Förderung von Denunziantentum befürchten.71 Bei Betrachtung vergangener Strukturen, die in Deutschland bestanden haben, ist zu erkennen, wie sich diese Ansicht gebildet hat. Sowohl im Dritten Reich als auch in der Deutschen Demokratischen Republik wurden Menschen als Informanten für das Regime benutzt. Angetrieben aus Angst um die eigene Existenz oder Reputation bespitzelten sie Verwandte, Nachbarn oder andere Bekannte.72 Hinweisgeber werden daher oft undifferenziert als Denunzianten oder „Nestbeschmutzer“ bezeichnet, und der Schutz ihrer Handlungen wird meist missverstanden.73 In der empirischen Untersuchung wurden deshalb bewusst deutsche Unternehmen zur Wahrnehmung von Whistle Blowing befragt. Die Auffassung zu dem Thema hat einen wesentlichen Einfluss auf den subjektiv erwarteten Nutzen eines WhistleBlowing-Systems im Vergleich zu den damit verbundenen Kosten. Werden Whistle Blower als Denunzianten angesehen, könnte der erwartete Nutzen unter den Kosten der Einrichtung liegen. Dies strahlt auch auf die tatsächliche Effektivität eingerichteter Systeme aus. Letztendlich hat dies auch Relevanz für den Gesetzgeber, denn die Einschätzung der Unternehmen gibt Aufschluss darüber, inwiefern sie zur Einrichtung effektiver Whistle-Blowing-Systeme motiviert werden könnten. Die negative Beurteilung des Whistle Blowings richtet sich dabei hauptsächlich auf Hinweise an Personen oder Organisationen außerhalb des Unternehmens. Für eine weitere Analyse von Whistle Blowing ist es daher notwendig, verschiedene Arten von Whistle Blowing und deren Konsequenzen zu unterscheiden.
67 68 69 70 71 72 73
Vgl. BAG, 3.7.2003 – 2 AZR 235/02. Vgl. Stein (2004), S. 1962. Siehe dazu Bundestag (2008). Vgl. z.B. Waas (2008), und DGB (2008). Siehe BDA (2008). Vgl. Rauhofer (2007), S. 367 – 368. Siehe auch Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1570 – 1571.
14 2.1.4. Unterscheidung verschiedener Arten von Whistle Blowing Um die Vorteilhaftigkeit von Whistle Blowing zu untersuchen, ist es notwendig, die verschiedenen Möglichkeiten der Hinweisgabe zu unterscheiden. Per se kann keine allgemeingültige Wertung über die Meldung von Fehlverhalten getroffen werden, da beispielsweise eine Meldung an den direkten Vorgesetzten in ihrer Wirkungsreichweite völlig anders zu betrachten ist als die Information gegenüber der Presse.74 Deshalb ist zwischen den einzelnen Whistle-Blowing-Arten zu differenzieren. Wegen der unterschiedlichen Wirkungen wird Whistle Blowing grundsätzlich nach den Adressaten der Meldung unterteilt. Wendet sich der Mitarbeiter an eine Person oder Abteilung innerhalb des Unternehmens, spricht man von internem Whistle Blowing; geht die Meldung an eine unternehmensexterne Institution, ist externes Whistle Blowing gemeint.75 Gemäß obiger Definition von Whistle Blowing muss der Hinweis an Ansprechpartner gerichtet sein, die größere Einflussmöglichkeiten haben, das Fehlverhalten zu unterbinden, als der Whistle Blower selbst. Meistens wird deshalb beim internen Whistle Blowing in der Hierarchiestufe nach oben gegangen. Das Ansprechen des Vorgesetzten zählt allerdings nicht dazu, da er den Ansprechpartner auf dem normalen Dienstweg darstellt. Whistle Blowing sind Hinweise außerhalb des normalen Dienstwegs.76 Der das Fehlverhalten beobachtende Mitarbeiter kann sich aus verschiedenen Gründen gegen eine Meldung an den Vorgesetzten entscheiden. Z.B. könnte dieser selbst in das Fehlverhalten involviert sein, oder er besitzt nicht die Autorität, gegen das Fehlverhalten vorzugehen.77 Der Mitarbeiter wird nur eine Stelle ansprechen, die seiner Einschätzung nach über ausreichend Einflussmöglichkeiten verfügt. Die Meldung kann dabei bis zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung weitergetragen werden, sofern vorher keine Reaktion auf die Meldung erfolgte.78 Zu den Adressaten des externen Whistle Blowing gehören neben den Medien und der Presse auch Behörden, die Staatsanwaltschaft oder die Polizei.79 Der Whistle Blower wird sich normalerweise nicht zuerst an die Medien oder die Staatsanwaltschaft wenden. Üblicherweise wird er im ersten Schritt versuchen, sich jemandem in der Firma anzuvertrauen, von dem er sich ausreichend Einfluss und keine Sanktionen erhofft. Nur wenn er eine solche Person im Unternehmen nicht findet oder diese nicht seiner Zufriedenheit entsprechend handelt, ist die Wahrscheinlichkeit groß,
74 75
76 77 78 79
Siehe Leisinger (2003), S. 67. Vgl. zu dieser Unterteilung z.B. Miceli / Near (1992), S. 25; Dworkin / Baucus (1998), S. 1281; Callahan et al. (2002), S. 178 – 179. Siehe dazu Berndt / Hoppler (2005), S. 2624, und Leisinger (2003), S. 28. Vgl. Miceli / Near (1992), S. 15. Vgl. Leisinger (2003), S. 70. Zu diesen Beispielen siehe Berndt / Hoppler (2005), S. 2628.
15 dass er sich an unternehmensexterne Personen oder Institutionen wendet, die seiner Meinung nach in der Lage sind, gegen das Fehlverhalten vorzugehen.80 Die Meldung über das Fehlverhalten an eine der oben genannten externen Stellen kann allerdings zu negativen Folgen für das Unternehmen führen, da es z.B. die Reputation schädigen könnte.81 Aus diesem Grund werden bei der Einrichtung von Whistle-Blowing-Strukturen oftmals unternehmenszugewandte externe Institutionen eingerichtet. Beispielsweise könnten das externe Rechtsanwälte oder andere Institutionen sein, die vom Unternehmen beauftragt wurden, Hinweise entgegen zu nehmen.82 Häufig dienen externe Call-Center dazu, Hinweise anonym entgegenzunehmen und an das Unternehmen weiterzuleiten, weil dies aufgrund der Erreichbarkeit und sprachlicher Kapazitäten nicht vom Unternehmen allein geleistet werden kann.83 Die Abgrenzung zwischen internem und externem Whistle Blowing ist jedoch nicht immer widerspruchsfrei möglich. Z.B. kann der Aufsichtsrat nicht selbstverständlich als interner Adressat angesehen werden. Des Weiteren werden Organisationen, die das Unternehmen beauftragt hat, Hinweise entgegenzunehmen, nicht immer als extern wahrgenommen. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung deuten auch auf unterschiedliche Ansichten diesbezüglich hin.84 Es kommt wohl darauf an, was als Bezugspunkt für intern und extern angesehen wird. Üblicherweise ist davon auszugehen, dass „intern“ als Synonym für „unternehmensintern“ zu verstehen ist.85 Bei einer rechtlichen Abgrenzung eines Unternehmens von Dritten wäre ein Aufsichtsrat klar als interne Institution anzusehen86, eine beauftragte Organisation wäre extern. Ein Mitarbeiter nimmt den Aufsichtsrat jedoch möglicherweise anders wahr, da er nicht direkt mit ihm konfrontiert wird. Der Aufsichtsrat könnte deshalb als extern anzusehen sein. Die beauftragte dritte Organisation wäre dieser Sichtweise folgend auf jeden Fall extern. Wird sie hingegen als eine vertraglich mit dem Unternehmen verbundene Institution gesehen, die das Ziel hat, für das Unternehmen Hinweise anzunehmen, wäre durchaus die Wahrnehmung als interne Institution gerechtfertigt. „Intern“ würde, dieser Interpretation folgend, mit „systemintern“ gleichgesetzt, also eine Meldung innerhalb des Whistle-Blowing-Systems. Externe Meldungen wären nur noch an nicht in das System eingebundene Stellen, wie z.B. die Presse oder die Staatsanwaltschaft. Einige Autoren verstehen unter Whistle Blowing nur die Meldung an eine unternehmensexterne Stelle.87 In dieser Arbeit wird dieser Meinung allerdings nicht gefolgt, 80 81
82 83 84 85 86 87
Vgl. Miceli / Near (1994), S. 68. So ähnlich siehe z.B. Miceli / Near (1992), S. 11 – 13, und Callahan et al. (2002), S. 195 – 196. Die Vor- und Nachteile von den Whistle-Blowing-Arten werden in Abschnitt 2.3.4 ausführlicher erläutert. Vgl. dazu ausführlicher Unterabschnitt 4.3.4.2. Siehe dazu Rohde-Liebenau (2008) und Annuscheit (2009). Vgl. auch die Ergebnisse aus der Umfrage in Unterabschnitt 5.3.6.1. Siehe z.B. De George (2006), S. 300. Vgl. auch Lentfer (2005), S. 26. Siehe Lombardi (1988), S. 145; Jubb (1999), S. 78; Dandekar (1990), S. 91, mit Bezug auf Davis (1988).
16 sondern beide Formen werden als Whistle Blowing verstanden, weil vergleichbare Muster bei beiden Verhaltensweisen vorhanden sind. Erstens erfolgt eine Meldung aufgrund der gleichen Motivation der Hinweisgeber, das wahrgenommene Fehlverhalten beenden zu wollen; zweitens gehen beide einen ähnlichen Weg, indem Sie Ihre Stimme erheben („Voice“-Option), anstatt zu schweigen („Silence“) oder das Unternehmen zu verlassen („Exit“-Option).88 De George unterscheidet noch weitere Formen des Whistle Blowings, die in der Arbeit jedoch nicht weiter betrachtet werden. Hinweise über ein Fehlverhalten, von dem man nur persönlich betroffen ist, bezeichnet er als „Personal Whistle Blowing“. Als Beispiel kann sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz genannt werden. Von „Impersonal Whistle Blowing“89 ist hingegen die Rede, wenn das Fehlverhalten andere bzw. das Unternehmen betrifft. Geben Regierungsangehörige einen Hinweis an Außenstehende bezüglich eines Fehlverhaltens in der Behörde, so kann dieses Verhalten als „Governmental Whistle Blowing“ 90 definiert werden. Dies ist von „Nongovernmental Whistle Blowing“91 deshalb abzugrenzen, da sich der Whistle Blower nicht nur als Arbeitnehmer über Praktiken des Arbeitgebers beschwert, sondern auch als Bürger. Das Fehlverhalten betrifft also nicht nur das jeweilige Unternehmen, sondern in dem Fall die Regierung und im Zweifel das gesamte Land. Diese Unterscheidung wird in der Arbeit jedoch nicht weiter vorgenommen, da auch „Nongovernmental Whistle Blowing“ Auswirkungen außerhalb des Unternehmens hervorrufen kann, die im Zweifel eine landesweite Ausdehnung besitzen. Whistle Blowing mit dem Ziel der Vermeidung von Umweltschäden kann hier als Beispiel genannt werden. Die weitere Unterteilung von De George erscheint aus den oben genannten Gründen nicht zweckmäßig und wird auch in sonstiger Literatur nicht weiter thematisiert. In dieser Arbeit wird daher lediglich zwischen internem und externem Whistle Blowing differenziert, da diese Unterscheidung, wie noch gezeigt wird, vor allem für die Kosten-Nutzen-Betrachtung von Whistle-Blowing-Systemen sowie für dessen Effektivität wesentlich ist. Für diese Betrachtung ist allerdings eine theoretische Einordnung von Whistle Blowing erforderlich. Der theoretische Rahmen ermöglicht eine Abgrenzung der Handlung Whistle Blowing von anderen Handlungsoptionen und verdeutlicht die Notwendigkeit der Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen. Im folgenden Unterkapitel soll deshalb eine Einordnung der Thematik in die Neue Institutionenökonomik erfolgen.
88
89 90 91
Vgl. zu diesen und weiteren Argumenten Near / Miceli (1987), S. 327 – 328, und Miceli / Near (1992), S. 25 – 27. Zu den Handlungsoptionen Voice, Silence und Exit siehe Hirschman (1970). Abschnitt 2.3.3 geht näher auf die Handlungsalternativen ein. De George (2006), S. 300. De George (2006), S. 301. De George (2006), S. 301.
17
2.2. Whistle Blowing aus Sicht der Neuen Institutionenökonomik 2.2.1. Begründung der Anwendung der Neuen Institutionenökonomik für das betrachtete Problem Zur Untersuchung der Vorteilhaftigkeit und der Effektivität eines Whistle-BlowingSystems für ein Unternehmen ist zunächst die Klarstellung erforderlich, in welchem institutionellen Rahmen Whistle Blowing überhaupt auftreten kann. Das Phänomen Whistle Blowing kann mithin nur bei Transaktionen auftreten, die unter unvollständigen Informationen getätigt werden. Aus diesen unvollständigen Informationen resultieren Unsicherheiten zwischen den Akteuren.92 Die Neue Institutionenökonomik trägt diesen Problemen Rechnung.93 Im Gegensatz zur Neoklassik, bei welcher der institutionelle Rahmen für Tauschprozesse unter strengen Grundannahmen94 als gegeben gilt, untersucht die Neue Institutionenökonomik, wie dieser Rahmen entsteht und bestmöglich zu gestalten ist.95 Im Mittelpunkt stehen dabei Institutionen, die als Lösung von Problemen bei Transaktionen eingesetzt werden. Institutionen sind als Spielregeln zu verstehen, die Anreize zu bestimmten Handlungen geben, um Unsicherheiten bei Transaktionen zu reduzieren.96 Unternehmen stellen mithin ein Netzwerk von Institutionen dar und werden deshalb als Organisationen bezeichnet.97 Werden in einer Organisation Regeln zum Whistle Blowing aufgestellt, so kann dieses Whistle-Blowing-System als Institution innerhalb der Organisation aufgefasst werden.98 Im Rahmen der Neoklassik wird davon ausgegangen, dass die Akteure jederzeit über alle entscheidungsrelevanten Informationen verfügen und somit kostenlose Transaktionen durchführen, da keine Informationen beschafft und verarbeitet werden müssen.99 In dieser Modellwelt wäre Whistle Blowing gar nicht notwendig, da alle Informationen bekannt sind und Fehlverhalten mithin nicht entstehen kann. Um eine realistischere Darstellung vornehmen zu können, gelten diese restriktiven Annahmen in der Neuen Institutionenökonomik nicht mehr. In der Neuen Institutionenökonomik stehen den Akteuren keine kostenlosen und vollständigen Informationen zur Verfügung,100 sodass individuelles Handeln durch Unsicherheiten beeinflusst wird, die 92
Vgl. Göbel (2002), S. 30, und Richter / Furubotn (2003), S. 4 i.V.m. S. 7. Auch Donato (2009) stellt diesen institutionellen Rahmen zur Erklärung der Entstehung von Whistle Blowing vor. 93 Zu den Begründern der Neuen Institutionenökonomik zählt vor allem Coase (1937). Eine Weiterentwicklung dessen fand insbesondere durch Arrow (1969); Williamson (1967); Jensen / Meckling (1976) statt. 94 Vgl. zu den Annahmen der Neoklassik z.B. Göbel (2002), S. 28 – 29, und Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 43 – 46. 95 Siehe ähnlich auch Göbel (2002), S. 31. 96 Vgl. North (1990), S. 3; Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 22; Richter / Furubotn (2003), S. 7 – 8. 97 Siehe North (1990), S. 5. 98 Vgl. so auch Donato (2009), S. 91. 99 Siehe hierzu z.B. Göbel (2002), S. 28 – 29, und Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 43 – 46. 100 Vgl. Göbel (2002), S. 29 – 30.
18 aufgrund der unvollständigen Informationen entstehen.101 Die Konsequenzen von Handlungen können nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Außerdem führt unvollständige Information dazu, dass Akteure opportunistisch handeln können.102 Die Einführung des opportunistischen Verhaltens ist zentraler Bestandteil der hier behandelten Thematik; denn es wird sich zeigen, dass dies Whistle Blowing überhaupt erst notwendig macht. Opportunistisches Handeln innerhalb einer Organisation entsteht aufgrund der Annahme, dass die Individuen ihre eigenen Nutzenfunktionen verfolgen, auch wenn sie innerhalb einer Organisation handeln. Diesem Prinzip des methodologischen Individualismus folgend, werden nicht der Organisation Ziele und Verhaltensweisen zugeschrieben, sondern den Individuen innerhalb der Organisation.103 Es ist wesentlich, dass das opportunistische Verhalten infolge unvollständiger Informationen von den anderen Akteuren nicht beobachtet werden kann. Institutionen, wie z.B. ein Whistle-Blowing-System, dienen in diesem Kontext dazu, Informationsasymmetrien abzubauen und damit opportunistische Handlungsspielräume zu verringern. Letztendlich soll damit Fehlverhalten aufgedeckt und auch verhindert werden. 2.2.2. Zentrale Ansätze der Neuen Institutionenökonomik und deren Verhaltensannahmen Für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit institutioneller Arrangements stehen in der Neuen Institutionenökonomik drei zentrale Ansätze zur Verfügung: der PropertyRights-Ansatz, der Transaktionskostenansatz und der Prinzipal-Agenten-Ansatz.104 Der Property-Rights-Ansatz soll in dieser Arbeit jedoch nicht weiter betrachtet werden. Der Transaktionskostenansatz kann als übergeordneter Ansatz innerhalb der Neuen Institutionenökonomik verstanden werden,105 da hier auf Transaktionen im Allgemeinen abgestellt wird. Der Prinzipal-Agenten-Ansatz betrachtet eine ganz spezielle Beziehung, und zwar die Vertragsbeziehung.106 Beide Ansätze bieten sich für die in dieser Arbeit betrachtete Thematik an. Der Transaktionskostenansatz stellt auf einzelne Transaktionen ab und wird in den fol101
Siehe auch Göbel (2002), S. 30, und Richter / Furubotn (2003), S. 4 i.V.m. S. 7. Vgl. Göbel (2002), S. 30. Vgl. North (1990), S. 27; Söllner (2000), S. 35; Göbel (2002), S. 24 – 25; Richter / Furubotn (2003), S. 3. 104 Die Einordnung des Property-Rights-Ansatzes ist jedoch nicht eindeutig. Einerseits wird er als dritter Ansatz ergänzt, so z.B. bei Schoppe et al. (1995), S. 137, und Göbel (2002), S. 60. Andererseits kann der Property-Rights-Ansatz auch als übergeordneter Ansatz angesehen werden, wie z.B. bei Richter / Furubotn (2003). 105 Siehe z.B. Erlei / Leschke / Sauerland (2007). Ursprünglich zur Transaktionskostentheorie vgl. Arrow (1969) und Williamson (1985). 106 Die Prinzipal-Agenten-Theorie geht im Wesentlichen auf die Arbeit von Jensen / Meckling (1976) zurück. 102 103
19 genden Ausführungen dieses Kapitels dazu verwendet, die Entstehung sowie die Einflussfaktoren von Whistle Blowing zu erklären und von anderen Handlungsalternativen abzugrenzen. Die Perspektive liegt hierbei auf dem Verhalten von Individuen innerhalb der Organisation. Die Erkenntnisse dienen dazu, die aus Sicht der Organisation erwünschten Handlungen der Individuen von unerwünschten abzugrenzen. Anschließend wird daraus abgeleitet, inwiefern die Organisation die Einflussfaktoren der Handlungen beeinflussen kann, sodass die Transaktionskosten erwünschter Handlungen sinken und die von unerwünschten Handlungen steigen.107 Es wird herausgestellt, dass dies mittels eines Whistle-Blowing-Systems möglich ist. Die effektive Ausgestaltung des Systems wird in Kapitel vier erläutert. Das Ziel des Prinzipal-Agenten-Ansatzes ist die Optimierung langfristiger Vertragsbeziehungen.108 Dieser Ansatz kann deshalb als eine spezielle Anwendung des Transaktionskostenansatzes angesehen werden, da es auch um möglichst effiziente Transaktionen geht, die allerdings im Rahmen langfristiger Austauschbeziehungen durch optimale Vertragsgestaltung zu erreichen sind.109 Die Beziehung zwischen Manager und Eigner ist als langfristige Vertragsbeziehung zu charakterisieren. Bei Betrachtung der Vorteilhaftigkeit eines Whistle-Blowing-Systems in Kapitel drei ist die Optimierung der Vertragsgestaltung entscheidend. Deshalb wird an dieser Stelle der Prinzipal-Agenten-Ansatz angewendet. Die Besonderheit langfristiger Verträge ist die hohe Abhängigkeit der Vertragspartner, wodurch eine große Gefahr opportunistischen Handelns entsteht.110 Hinzu kommt die Residualstellung der Anleger, wenn sie ihre Ansprüche geltend machen wollen. Dies bedingt die Notwendigkeit des Schutzes vor opportunistischen Handlungen des Managers im besonderen Maße. Da für dieses komplexe Vertretungsverhältnis kein vollkommener Vertrag geschlossen werden kann, sind Anreiz- und Kontrollmechanismen notwendig, um die Beziehung zwischen den beiden Transaktionspartnern zu optimieren. Genau dieser Problematik widmet sich die Prinzipal-Agenten-Theorie.111 Für die Darstellung des Whistle Blowings als Handlungsoption von Individuen ist die Transaktionskostentheorie allerdings besser geeignet, da es nicht um die Optimierung einer speziellen Vertragsbeziehung geht, sondern um die Erklärung des Verhaltens innerhalb von Organisationen. Hinsichtlich der Verhaltensannahmen der Akteure sind der Transaktionskostenansatz und der Prinzipal-Agenten-Ansatz ziemlich identisch. Beide gehen vom Menschenbild des Homo Oeconomicus aus, d.h., die Beteiligten verfolgen ihr eigenes Interesse. Zur Verfolgung des eigenen Interesses kann durchaus betrügerisches Verhalten zu Hilfe genommen werden, das als opportunistisches Verhalten bezeichnet wird.112 107 108 109 110 111 112
Siehe ähnlich auch Kirchner (1997), S. 169. Vgl. zu dieser Ansicht auch Wöhe / Döring (2008), S. 31. Siehe auch Göbel (2002), S. 134. Vgl. Göbel (2002), S. 133. Dieser Argumentation folgt auch Donato (2009), S. 110. Vgl. Williamson (1985), S. 47.
20 Bei beiden Ansätzen wird von begrenzter Rationalität der beteiligten Akteure ausgegangen, d.h., vollkommen rationale Entscheidungen können nicht getroffen werden, weil dies durch die Möglichkeiten der Informationsaufnahme, -speicherung und verarbeitung begrenzt wird.113 Ein großer Unterschied zwischen den beiden Ansätzen besteht allerdings darin, dass die Informationsasymmetrie beim Prinzipal-Agenten-Ansatz als einzige Ursache für Transaktionsprobleme angesehen wird, während der Transaktionskostenansatz auch in der Spezifität der eingesetzten Faktoren ein gravierendes Problem feststellt.114 Spezifität wird als eingeschränkte Möglichkeit verstanden, die für die Durchführung der Transaktion eingesetzten Ressourcen in anderen Transaktionen einzusetzen.115 Wettbewerbssituationen können durch die Spezifität einer Leistung dadurch gekennzeichnet sein, dass nur eine geringe Anzahl potenzieller Transaktionspartner zur Verfügung steht. Dies wird als „Small Numbers Situation“ bezeichnet.116 Wichtig ist hierbei, dass diese Situation nicht nur vor dem Abschluss der Verhandlungen bestehen kann, sondern auch ex post. Eine Situation, die vor Vertragsabschluss durch eine „Large Numbers Situation“ gekennzeichnet ist, muss deshalb nach Vertragsabschluss nicht zwingend so bleiben. Spezifische Investitionen, die die Transaktion ex post begleiten, können mithin zum Wechsel zu einer „Small Numbers Situation“ führen. Dieser Vorgang wird als „fundamentale Transformation“ bezeichnet.117 Die Verhandlungssituation ändert sich nach den spezifischen Investitionen, weil der Wechsel des Transaktionspartners dazu führen würde, dass diese spezifischen Werte verlorengehen.118 Im folgenden Unterkapitel wird gezeigt, dass das Spezifitätsproblem einen wesentlichen Einfluss auf die Handlungsoptionen der Individuen innerhalb einer Organisation haben kann. Diese Handlungen der Individuen werden jedoch erst durch Missstände in der Organisation notwendig. Es ist deshalb vorab zu erläutern, woraus diese Missstände resultieren.
2.3. Handlungsalternativen bei Wahrnehmung eines organisatorischen Missstands – Whistle Blowing aus transaktionskostentheoretischer Sicht 2.3.1. Das Auftreten von Missständen in Organisationen Whistle Blowing entsteht aufgrund der Wahrnehmung eines Missstandes innerhalb einer Organisation. Diese wahrgenommenen Missstände existieren innerhalb einer 113
114 115 116 117 118
Siehe Williamson (1985), S. 45. Beim normativen Ansatz der Agency-Theorie wird allerdings von vollkommener Rationalität ausgegangen, siehe Göbel (2002), S. 133. Vgl. für diese Gegenüberstellung Göbel (2002), S. 133 – 134. Siehe dazu Williamson (1985), S. 52 – 56. Zu diesem Begriff siehe Williamson (1975), S. 28 – 29. Siehe dazu Williamson (1985), S. 61 – 63. Vgl. auch Söllner (2000), S. 158.
21 Organisation, weil Individuen ihre eigenen Nutzenfunktionen verfolgen. Jedoch wird nicht das individuelle Verhalten als Ursache des Missstandes angesehen, sondern die Veränderung von situativen Rahmenbedingungen. Aufgrund dieser neuen Bedingungen werden bestehende Strukturen innerhalb von Organisationen ineffizient. Ein Missstand besteht mithin in dem Unterschied zwischen der tatsächlichen (ineffizienten) Struktur einer Organisation und der effizienten Struktur.119 Damit die tatsächliche Struktur innerhalb einer Organisation wieder in eine effiziente Struktur überführt wird, bedarf es eines Wandels innerhalb der Organisation. Dies wird als institutioneller Wandel bezeichnet.120 Weil dieser Wandel jedoch mit Kosten verbunden ist, kann es für die innerhalb der Organisation handelnden Individuen unvorteilhaft sein, diesen Wandel zu vollziehen.121 Das bedeutet, dass nicht die Ursache für den Missstand im individuellen Handeln zu suchen ist, sondern die fehlende Beseitigung des Missstands, um wieder eine effiziente Struktur in der Organisation herzustellen.122 Das Unterlassen der Beseitigung von Missständen wird in den folgenden Ausführungen als Fehlverhalten interpretiert, welches durch Whistle Blowing verhindert bzw. aufgedeckt werden soll. Vor allem in Kapitel drei spielt die Beseitigung von Fehlverhalten als wesentlicher Nutzenbestandteil eines Whistle-Blowing-Systems eine zentrale Rolle. Nicht jedes Mitglied einer Organisation zieht Whistle Blowing als Handlungsoption in Erwägung. Dies hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab, die im Folgenden erläutert werden. Whistle Blowing kann als letzter Schritt in einem Entscheidungsprozess angesehen werden, welcher auch als Whistle-Blowing-Prozess bezeichnet wird.123 Die Beschreibung der Einflussfaktoren erfolgt im nächsten Abschnitt auf Grundlage der transaktionskostentheoretischen Annahmen. 2.3.2. Einflussfaktoren auf die Wahl einer Handlung bei einem wahrgenommenen Missstand 2.3.2.1. Macht des Individuums innerhalb der Organisation Ausgangspunkt für die Analyse der Handlungsoptionen ist die Wahrnehmung eines Missstands.124 Dieser Missstand wird im Whistle-Blowing-Prozess auch als „Triggering Event“ 125 bezeichnet. Ob ein Missstand anschließend zu Handlungsbedarf für ein Individuum führt, hängt von den Auswirkungen des Missstands auf das einzelne Individuum ab. Nicht jeder Missstand führt auch für das Individuum zu nega119 120 121 122 123
124 125
Vgl. Söllner (2000), S. 135. Siehe North (1990), S. 78. Vgl. Söllner (2000), S. 136. Siehe Söllner (2000), S. 36, mit Bezug auf North (1990). Siehe zu diesem Prozess ausführlich Near / Miceli (1987) und Miceli / Near (1992), S. 51 – 89. Hierbei wurde jedoch keine transaktionskostentheoretische Einordnung des Prozesses vorgenommen. Siehe Söllner (2000), S. 155 – 156, und Hirschman (1970), S. 10 – 14. Miceli / Near (1992), S. 53.
22 tiven Konsequenzen, sodass dann auch kein Handlungsbedarf besteht. Im Extremfall kann sich ein Missstand sogar positiv auf das Individuum auswirken. Nur wenn der Missstand auch zu Einbußen beim Individuum führt, besteht Handlungsbedarf.126 Die Behebung eines Missstands verursacht außerdem Kosten, die mit der Umstellung von der alten Struktur in die effiziente neue Struktur verbunden sind. Diese Kosten des institutionellen Wandels werden von den Individuen innerhalb der Organisation getragen.127 Auch Vergeltungsmaßnahmen, die beim Individuum entstehen könnten, weil andere Individuen am Fortbestand des Missstands interessiert sind, beeinflussen die Kosten.128 Ob das Individuum allerdings bereit ist, diese Kosten zu tragen, hängt davon ab, wie hoch die Kosten im Vergleich zum möglichen Nutzen sind. Die individuellen Kosten hängen maßgeblich davon ab, wie hoch die Verhandlungsmacht des Individuums ist. Bei schwach ausgeprägter Verhandlungsmacht steigen die individuellen Kosten. Aus der Verhandlungsmacht kann abgeleitet werden, ob langwierige Verhandlungen mit anderen Individuen innerhalb der Organisation geführt werden müssen und ob bestimmte Aufgaben delegiert werden können. Die individuelle Verhandlungsmacht wird demnach durch die Beziehung zwischen dem Individuum und der Organisation bestimmt. Zur Erklärung des Einflusses der Individuen in dieser Beziehung wird unterschieden, ob die Beziehung durch eine sog. „Small Numbers Situation“ oder eine sog. „Large Numbers Situation“ charakterisiert ist.129 Ursprünglich wurden die Begriffe „Small“ und „Large Numbers Situation“ zur Beschreibung von Wettbewerbssituationen verwendet.130 Doch diese Situationen können auch auf die Verhandlungsmacht von Individuen innerhalb der Organisation übertragen werden. Mitarbeiter sind aus verschiedenen Gründen an ihre Organisation gebunden. Zum Beispiel erwerben sie spezifisches Wissen, das nur in der Organisation nutzen stiftet, in der sie es erworben haben.131 Auch persönliche Bindungen und soziale Einbettung sind hier einzubeziehen.132 Diese Gründe verursachen hohe Wechselkosten für das einzelne Individuum, die die Abwanderungsoption aus einer
126 127 128 129 130 131
132
Dies ist ausführlich bei Söllner (2000), S. 138 – 147, beschrieben. Vgl. Söllner (2000), S. 155. Vgl. Miceli / Near (1992), S. 60 – 61. Vgl. zu diesem Zusammenhang Söllner (2000), S. 156. Siehe Williamson (1975), S. 28 – 29, und auch Abschnitt 2.2.2. Das Abwerben anderer Konkurrenten zum Erwerb dieses spezifischen Wissens sollte hierbei ausgeklammert werden, vgl. Söllner (2000), S. 158. Zum Einfluss des sozialen Umfelds auf potenzielles Whistle Blowing siehe auch Near / Miceli (1996).
23 Organisation maßgeblich beeinflussen.133 Dies führt dazu, dass sich die Individuen in einer „Small Numbers Situation“ befinden.134 Da jedoch auch die Organisation von dem Individuum abhängig sein kann, weil z.B. spezifisches Wissen erst wieder anderen Individuen beigebracht werden müsste, kann es zu wechselseitigen Abhängigkeiten führen. Beide Seiten befinden sich deshalb in einer „Small Numbers Situation“. Diese symmetrische „Small Numbers Situation“ führt in einer Verhandlung letztendlich zum gleichen Ergebnis wie eine „Large Numbers Situation“.135 Im Vergleich mit der „Small Numbers Situation“ ist der Versuch, Veränderungen im Unternehmen zu bewirken, für Individuen in einer „Large Numbers Situation“ bzw. einer symmetrischen „Small Numbers Situation“ wesentlich einfacher und kostengünstiger.136 2.3.2.2. Loyalität eines Individuums und das moralische Dilemma Neben der Verhandlungsmacht eines Individuums spielt dessen Loyalität eine ebenso große Rolle im Umgang mit wahrgenommenen Missständen. Die Loyalität ist als Bereitschaft zu verstehen, die Kosten zum Abbau von Missständen zu tragen.137 Im vorigen Unterabschnitt wurde klargestellt, dass nicht jeder Missstand innerhalb der Organisation auch den vertraglichen Nutzen der Individuen beeinträchtigt. Das Erreichen der Organisationsziele kann jedoch trotzdem einen Wert für das Individuum darstellen. Dies ist abhängig von dem Grad der Eigennutzorientierung. Hierbei wird vom Loyalitätsgrad eines Individuums gesprochen. Dieser reicht von opportunistischen Handlungen bis hin zur Identifikation mit den Zielen der Organisation. Bei Vorliegen eines hohen Loyalitätsgrads stiftet die Beseitigung von Missständen einen eigenen Nutzen für das Individuum, auch wenn persönliche Betroffenheit gar nicht vorgelegen hat.138 Die Loyalität eines Individuums wird jedoch oft auch mit der rechtlichen und moralischen Loyalitätspflicht eines Mitarbeiters gegenüber dem Unternehmen gleichge-
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Dies folgt aus den Ausführungen von Söllner (2000), S. 158 – 159. Auch aus den Studien von Near / Miceli (1996); Masser / Brown (1996); Rothschild / Miethe (1999); Park / Blenkinsopp (2009) lässt sich der Einfluss der Macht des potenziellen Whistle Blowers ableiten. Auf die Entstehung einer „Small Numbers Situation“ fließen auch bestimmte Unternehmensmerkmale ein, wie z.B. die Unternehmenskultur, -struktur, und die erwarteten Reaktionen auf eine Handlung, vgl. Parmerlee / Near / Jensen (1982). Vgl. Söllner (2000), S. 160 – 161. Siehe Söllner (2000), S. 161. Zum Einfluss der Charakteristik eines Whistle Blowers siehe auch folgende Studien: Near / Miceli (1996); Masser / Brown (1996); Rothschild / Miethe (1999); Park / Blenkinsopp (2009). Vgl. Söllner (2000), S. 156. Im Folgenden wird die symmetrische „Small Numbers Situation“ immer als „Large Numbers Situation“ aufgefasst, da eine Unterteilung keinen weiteren Nutzen für die in dieser Arbeit zugrunde gelegte Problemstellung hat. Unter einer „Small Numbers Situation“ ist deshalb im Folgenden immer die einseitige „Small Numbers Situation“ zu verstehen. Siehe Hirschman (1970), S. 77, und Söllner (2000), S. 156.
24 stellt.139 Der Mitarbeiter befindet sich deshalb in einem Trade Off, welcher in der Literatur als moralisches Dilemma beschrieben wird.140 Einerseits haben Mitarbeiter das Recht darauf oder sogar die Pflicht, die Öffentlichkeit über die Missstände zu informieren.141 Sie sehen sich praktisch in der Verantwortung, Schäden zu vermeiden, die durch Produkte oder Handlungen des Arbeitgebers verursacht werden.142 Andererseits besteht die rechtliche Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber, die den Mitarbeiter vom Whistle Blowing abhält.143 Mit Eingehen des Arbeitsverhältnisses geht der Arbeitnehmer insbesondere die Verpflichtung zu Gehorsamkeit und Vertraulichkeit ein, die vor allem externes Whistle Blowing unzulässig erscheinen lässt.144 Die Existenz dieser Loyalitätspflicht gegenüber dem Unternehmen wird zwar z.T. bestritten, da davon ausgegangen werden könne, dass es eine Loyalität nur gegenüber Individuen gäbe und nicht gegenüber Unternehmen.145 Das moralische Dilemma existiere mithin nicht. Diesem Argument ist jedoch allein schon deswegen zu widersprechen, da Unternehmen aus institutionenökonomischer Sicht als Organisationen aufzufassen sind und diese einen Zusammenschluss von Individuen darstellen.146 Dass der Mitarbeiter jedoch ein solches moralisches Dilemma wahrnimmt, kann durch entsprechende Loyalitätsdefinition seitens der Organisation verhindert werden. Anstelle der Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber sollte dem Mitarbeiter vermittelt werden, dass das Objekt der Loyalität die Ziele, Werte und Verhaltenskodizes des Unternehmens darstellen.147 Jede Situation, die gegen bestimmte Ziele oder Verhaltensregeln, d.h. gegen die anders definierte Loyalität, verstößt, verlangt vom Mitarbeiter mithin die Hinweisgabe. Loyalität und Whistle Blowing stehen, dieser Definition folgend, beide im Interesse der gesamten Organisation. Folglich sollte sie auch an Hinweisen interessiert sein, wenn gegen die eigenen Ziele und Verhaltensregeln verstoßen wird. Im Folgenden wird dargestellt, inwiefern die beiden vorgestellten Einflussfaktoren, Verhandlungsmacht und Loyalitätsgrad eines Individuums, das Auftreten der Handlungsoptionen eines Individuums beeinflussen.
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Vgl. Beauchamp / Bowie (1988), S. 262, und De George (2006), S. 305. Mit Bezug auf das deutsche Recht vgl. Müller (2002), S. 427, und Herbert / Oberrath (2005), S. 195. Siehe hierzu z.B. Bok (1988), S. 293; Lombardi (1988), S. 145; Lindblom (2007). Vgl. z.B. Lombardi (1988), S. 149 – 151; Sunstein (2003), S. 96 – 110, insbesondere S. 98; De George (2006), S. 306. Siehe dazu Lombardi (1988), S. 149. Vgl. Beauchamp / Bowie (1988), S. 262, und De George (2006), S. 305. Mit Bezug auf das deutsche Recht vgl. Müller (2002), S. 427, Herbert / Oberrath (2005), S. 195. Vgl. Lombardi (1988), S. 145 – 149. Lombardi definiert unter Whistle Blowing nur Hinweise an externe Adressaten. Interne Hinweise über Risiken können gegeben werden, jedoch müssen die Entscheidungen des Managements akzeptiert werden, Vgl. Lombardi (1988), S. 149. Vgl. Duska (1988). Vgl. zu diesem Argument Corvino (2002), S. 180, und Vandekerckhove / Commers (2004), S. 227. Zur Definition einer Organisation siehe North (1990), S. 5. Vgl. Vandekerckhove / Commers (2004), S. 229. Die Autoren bezeichnen dies als rationale Loyalität.
25 2.3.3. Einordnung von Whistle Blowing in die Handlungsalternativen eines Individuums Bei Wahrnehmung eines Missstandes wird traditionell nur von der Abwanderungsoption oder auch „Exit“-Option eines Individuums ausgegangen.148 Dabei wird davon ausgegangen, dass ein wahrgenommener Missstand zu einer Preiserhöhung der Mitgliedschaft in einer Organisation führt. Dementsprechend sinkt die Nachfrage nach dieser Mitgliedschaft, weil sich der Nutzen für Mitglieder dieser Organisation vermindert hat. Folglich bleibt diesen nur die Kündigung, also die „Exit“-Option.149 Hirschman untersuchte in diesem Zusammenhang eine weitere Handlungsoption, nämlich die des Widerspruchs, die sog. „Voice“-Option. Das Auftreten beider Handlungsalternativen steht dabei im Zusammenhang mit dem Loyalitätsgrad des Mitarbeiters.150 Da eine hohe Loyalität die Identifikation mit den Zielen der Organisation bedeutet, bringt die Beseitigung eines Missstands dem loyalen Mitglied einer Organisation einen höheren Nutzen als dem weniger loyalen Mitglied. Dieser Nutzen trägt dazu bei, die Kosten des Widerspruchs auszugleichen. Folglich wählen loyale Mitarbeiter eher die „Voice“-Option als die „Exit“-Option.151 Whistle Blowing kann in diesem Zusammenhang als „Voice“-Option interpretiert werden, da hier bestimmten Handlungen bzw. Zuständen widersprochen wird.152 Söllner stellte fest, dass die „Exit“- und „Voice“-Option jedoch nur in einer „Large Numbers Situation“ auftreten können. Befindet sich das Individuum hingegen in einer „Small Numbers Situation“, erscheinen beide Optionen nicht mehr vorteilhaft. Die „Exit“-Option wäre für das Individuum mit hohen Wechselkosten verbunden, die aus der Abhängigkeit von der Organisation resultieren. Ein Widerspruch wäre wegen hoher Verhandlungskosten ebenso unvorteilhaft, weil damit nur eine geringe Aussicht auf Beseitigung des Missstands besteht.153 Es sind also weitere Handlungsoptionen in Betracht zu ziehen. Im Falle einer „Small Numbers Situation“ stehen dem Individuum nur noch die Optionen des Schweigens („Silence“-Option), die Option der „Schmutzigen Hände“ sowie die „Opportunismus-Option“ offen. Das Auftreten dieser drei Optionen hängt wiederum von dem Loyalitätsgrad des Individuums ab. Ist der Loyalitätsgrad weder besonders hoch oder niedrig, wäre „Silence“ zu erwarten. Entweder ist das Kosten-Nutzen-Kalkül des Mitarbeiters von dem Missstand nicht betroffen, sodass keine Handlung erforderlich ist, oder der Nutzen wird zwar reduziert, 148
149 150 151
152 153
Die „Exit“-Option gilt als logische Konsequenz aus Williamsons Marktmechanismus, so Söllner (2000), S. 166. Vgl. ausführlich zur „Exit“-Option Hirschman (1970), S. 21 – 29. Siehe Söllner (2000), S. 166 – 167. Siehe hierzu Hirschman (1970), insbesondere S. 76 – 105. Vgl. Söllner (2000), S. 9. Zu den unterschiedlichen Handlungsoptionen beim Umgang mit der Kenntnis über das Fehlverhalten vgl. auch Nielsen (1987), der aber keinen Bezug zur Loyalität des Mitarbeiters genommen hat. Auch empirische Studien unterstützen den Zusammenhang zwischen Loyalität und Whistle Blowing, siehe z.B. Jos / Tompkins / Hays (1989). Für einen Überblick über diese Studien siehe auch Dworkin / Callahan (1991), S. 301 – 303, und Dworkin / Near (1997). Vgl. auch Miceli / Near (1992), S. 16, und Schmidt (2005), S. 150. Siehe Söllner (2000), S. 173.
26 aber es stehen keine Möglichkeiten zur Beseitigung des Missstands zur Verfügung.154 Liegt hingegen ein so geringer Loyalitätsgrad beim Mitarbeiter vor, dass schon von einer opportunistischen Einstellung zu sprechen ist, kann das Vorliegen eines Missstands das Verhaltensmuster des „Opportunismus“ begünstigen.155 Eine opportunistische Einstellung ist jedoch abzugrenzen von opportunistischem Verhalten. Ein opportunistisch eingestellter Mensch wird sich nur zu opportunistischem Verhalten entscheiden, wenn sich dieses für ihn lohnt.156 Führt ein Missstand zu negativen Auswirkungen für ein wenig loyales Individuum, welches sich in einer „Small Numbers Situation“ befindet, kann dieser seinen Nutzen nur durch opportunistisches Verhalten erhöhen. Im Gegensatz zu einer „Large Numbers Situation“ kann die „Exit“-Option in der „Small Numbers Situation“ aufgrund der Abhängigkeit nicht gewählt werden, sodass nur opportunistisches Verhalten zur Verfügung steht.157 Die letzte der von Söllner genannten Optionen stellt die Option der „Schmutzigen Hände“ dar.158 Damit ist die Handlung einer loyalen Person gemeint, die die bestehenden Regeln innerhalb seiner Organisation bricht, um Ziele zu erreichen, die nicht nur ihn persönlich betreffen.159 Söllner stellte noch keinen Bezug zum Begriff des Whistle Blowings her. Gleichwohl lassen sich die Zusammenhänge auf dieses Phänomen übertragen. Während internes Whistle Blowing als „Voice“ zu interpretieren ist, kann externes Whistle Blowing als Form der „Schmutzigen Hände“ angesehen werden.160 Gleichwohl ist nicht jede „Voice“- oder „Schmutzige Hände“-Option als Whistle Blowing zu verstehen, da Widersprüche und „Schmutzige Hände“ nicht immer gegen illegales oder unmoralisches Verhalten gerichtet sein müssen. Die Definition von Whistle Blowing setzt aber eben diese Eigenschaften voraus. Mithin ist der Begriff des Whistle Blowings enger definiert als die Optionen „Voice“ und „Schmutzige Hände“.161 Befindet sich eine Person in einer schlechten Verhandlungssituation, also der „Small Numbers Situation“, wäre die Wahl der „Voice“-Option ungeeignet, da infolge der Abhängigkeit keine Aussicht auf Änderung besteht.162 In diesem Fall begeht die Per154 155 156 157 158
159 160
161 162
Vgl. Söllner (2000), S. 175. Siehe Söllner (2000), S. 177. Zu dieser Ansicht siehe Söllner (2000), S. 178. Vgl. Söllner (2000), S. 178. Ausführlich dazu Söllner (2000). Seine Untersuchung basiert auf der Arbeit von Sartre (1948), in welcher allerdings keine ökonomische Untersuchung dieses Phänomens vorgenommen wurde. Vgl. Söllner (2000), S. 66 – 67. Vgl. zu diesem Zusammenhang ausführlich Schmidt (2005), S. 150. Auch Hofmann (2006) beschreibt Whistle Blowing als Voice-Funktion, unterscheidet dabei aber nicht zwischen internem und externem Whistle Blowing. Einen Überblick zu den Handlungsalternativen ist auch bei Miceli / Near (1992), S. 32 – 35, zu finden. Bei Nielsen (1987) ist anstelle der „Voice“-Option die „Protest“-Option zu finden. Whistle Blowing stellt für ihn generell die Hinweisgebung an externe Adressaten dar, vgl. Nielsen (1987), S. 313 und S. 314 – 315. Siehe Schmidt (2005), S. 150. Vgl. Söllner (2000), S. 171.
27 son deshalb einen Weg, der von den normalen Regeln abweicht. Deshalb wird der Sachverhalt an unternehmensexterne Institutionen gemeldet. Keinesfalls ist das Verhalten als opportunistisch einzustufen, denn die Person hat im Gegensatz zu einem opportunistisch eingestellten Menschen einen hohen Loyalitätsgrad.163 Sie verfolgt nämlich mit der Meldung das Ziel, eine Änderung im Unternehmen zu bewirken. Dies kommt im Endeffekt allen Anspruchsgruppen des Unternehmens, auch der meldenden Person, zugute. Die folgende Abbildung systematisiert die Handlungsalternativen eines Mitarbeiters: Vorliegen einer Small Numbers Situation? ja
Loyalität?
niedrig (opportunistische Einstellung)
Opportunismus
mittel
Silence
hoch (Identifikation mit Zielen)
Schmutzige Hände (externes Whistle Blowing)
nein Exit
Voice (internes Whistle Blowing)
Tabelle 1: Handlungsoptionen des potenziellen Whistle Blowers164
Eine gewählte Handlung des Mitarbeiters stellt noch nicht unbedingt das Ende des sog. Whistle-Blowing-Prozesses165 dar. Vielmehr werden nach der Handlung das Ergebnis sowie die Reaktionen eingeschätzt und eventuell weitere Handlungen in Betracht gezogen. Beispielweise könnte ein loyaler Hinweisgeber seine Macht vor dem Hinweis höher eingeschätzt haben, als sie tatsächlich ist. Auf ein internes Whistle Blowing könnte deshalb eine externe Meldung folgen.166 Der Prozess gestaltet sich mithin folgendermaßen:
163
164 165
166
Vgl. zum opportunistischen Verhalten Söllner (2000), S. 177 – 179. Sofern dem Whistle Blower Anreize zur Hinweisgabe offeriert werden, kommen jedoch auch opportunistische Motive in Betracht. Ausführlicher wird darauf in Unterabschnitt 3.2.2.3.2. Bezug genommen. In Anlehnung an Söllner (2000), S. 165, und Schmidt (2005), S. 150 – 152. Es ist zu beachten, dass der Whistle-Blowing-Prozess nicht zwingend Whistle Blowing zur Folge haben muss, denn auch Schweigen oder Abwandern können das Resultat des Entscheidungsprozesses sein. Vgl. Miceli / Near (1992), S. 54 – 55. Vgl. Miceli / Near (1994), S. 68, und Near / Miceli (1996).
28 Phase I wahrgenommener Missstand
Phase II Entscheidungsprozess
Phase III Wahl einer Handlungsoption
Phase IV Reaktionen
Phase V Prozessende/-neubeginn
Abbildung 1: Whistle-Blowing-Prozess167
Die fünf Handlungsalternativen eines potenziellen Whistle Blowers haben verschiedene Auswirkungen. Im folgenden Abschnitt sollen diese gegenübergestellt werden und insbesondere aus Sicht der Organisation beurteilt werden. 2.3.4. Gegenüberstellung der Handlungsoptionen Bei Wahrnehmung eines Missstandes stehen einem Mitarbeiter in einem Unternehmen, wie in Tabelle 1 dargestellt, fünf Handlungsoptionen offen. Aus Sicht des Unternehmens besteht das Ziel in der Beseitigung eines Missstands, damit wieder effiziente Strukturen hergestellt werden. Hier wird deutlich, dass nur die Optionen „Voice“ und „Schmutzige Hände“, d.h. internes und externes Whistle Blowing, diesem Ziel gerecht werden können. „Opportunismus“, „Silence“ und „Exit“ sind zur Erreichung der Organisationsziele nicht zweckmäßig. Das Unternehmen und gegebenenfalls auch die Öffentlichkeit profitieren nur von den internen und externen Meldungen, da schädliche Folgen eines Missstands vermieden werden können. Folglich unter-
167
In Anlehnung an Miceli / Near (1992), S. 54 – 55, und Donato (2009), S. 204.
29 stützen nur loyale Mitarbeiter die Organisationsziele. In diesem Sinne ist Whistle Blowing als Ressource zu verstehen.168 Doch nicht jedes Whistle Blowing ist als positiver Prozess anzusehen. Die Auswirkungen sind vielmehr ambivalent.169 Externes Whistle Blowing wird aufgrund vieler Nachteile häufig kategorisch abgelehnt. Die Nachteile für das Unternehmen sind offensichtlich: Dem Unternehmen wird keine Möglichkeit gegeben, die Missstände selbst zu beseitigen.170 Die Veröffentlichung der Missstände kann deshalb mit rechtlichen Folgen und daraus resultierenden Strafzahlungen verbunden sein. Zudem ist mit einem Reputationsschaden zu rechnen, der einen finanziellen Schaden verursachen kann, weil die Informationen über wahrgenommenes Fehlverhalten an die Öffentlichkeit gelangen.171 Unter Umständen werden sogar falsche172 oder nicht nachweisbare Hinweise gegeben, die das Unternehmen unberechtigterweise in eine schwierige Situation manövrieren. Aus diesem Grund ist es auch verständlich, dass Unternehmen insbesondere externes Whistle Blowing vermeiden wollen.173 Der Reputationsschaden ist zudem eine besondere Gefahr für alle Mitarbeiter, da sie als Arbeitnehmer durch den finanziellen Schaden des Unternehmens mit dem Problem des Personalabbaus konfrontiert werden könnten.174 Auch Anleger, Kunden und Lieferanten sehen sich dem Problem ausgesetzt, durch die Krise des Unternehmens einen Verlust zu erleiden.175 Für den Whistle Blower selbst ist die externe Meldung mit hohen persönlichen Risiken verbunden. In vielen Ländern ist der Whistle Blower bei einer externen Meldung nicht geschützt. Nicht selten enden diese Fälle dann mit einer Kündigung176, schlimmstenfalls mit weiteren persönlichen Risiken.177
168 169 170 171 172
173 174 175 176
177
Vgl. Deiseroth (2004), S. 129. Siehe auch Göbel (2010), S. 204. Siehe hierzu Dworkin / Near (1987), S. 242. Vgl. Lombardi (1988), S. 155; Dunfee (1990), S. 132; Schmidt (2005), S. 150. Auch wenn diese falschen Hinweise nicht vorsätzlich, sondern im guten Glauben gegeben wurden, sind die Folgen für das Unternehmen die gleichen, als wenn die Hinweisgebung beabsichtigt geschehen ist. Vgl. Dunfee (1990), S. 131. Vgl. Bürkle (2004), S. 2159. Siehe dazu Göbel (2010), S. 204. Zu nennen wäre hier stellvertretend für zahlreiche andere Beispiele der Fall der Tierärztin Dr. Margarethe Herbst, die fristlos entlassen wurde, als sie sich nach erfolglosen internen Meldungen mit dem Vorwurf an die Öffentlichkeit wandte, dass möglicherweise BSE-verseuchte Rinder ohne hinreichende Prüfung in die Nahrungskette gelangten. Vgl. Deiseroth (2001a). Vgl. Parmerlee / Near / Jensen (1982), und De George (2006), S. 304. Als tragisches Beispiel ist die Technikerin Karen Silkwood zu nennen, die über die Verletzung der Sicherheitsvorschriften ihres Arbeitgebers vor einer Behörde aussagte. Auf dem Weg zu einem Interview, in dem sie Beweise vorlegen wollte, kam sie bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht ums Leben. Vermutungen über einen Auftragsmord konnten dabei jedoch nie bewiesen werden.
30 Offensichtlich erscheint internes Whistle Blowing vorteilhafter.178 Das Problem unternehmensinterner Hinweise ist hingegen die mangelnde Aussicht auf Erfolg bei vorliegender „Small Numbers Situation“.179 In zahlreichen Fällen wurden die Hinweise blockiert, um das Unternehmen vor einer Aufdeckung zu bewahren.180 Die meisten externen Whistle Blower haben sich erst nach einer oder mehreren erfolglosen internen Meldungen an unternehmensexterne Stellen gewandt.181 Nur dadurch sind diese Fehlverhalten überhaupt aufgedeckt worden. Deshalb hat beispielsweise der USamerikanische Gesetzgeber mit dem False Claims Act bewusst Anreize gesetzt, Hinweise an unternehmensexterne Stellen zu geben.182 Festzuhalten ist demnach: Beide Whistle-Blowing-Arten sind den Optionen „Silence“, „Exit“- und „Opportunismus“ überlegen, da sie dazu dienen, die Performance des Unternehmens zu verbessern, indem Missstände beseitigt werden.183 Internes Whistle Blowing erscheint durchaus vorteilhafter für alle Beteiligten, jedoch aus Gründen der Wirksamkeit und mangelnder Aussicht auf Erfolg („Small Numbers Situation“) ist häufig der Weg des externen Whistle Blowing nötig. Dieses kann jedoch mit negativen Folgen verbunden sein. Die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems kann dazu beitragen, dass eine „Small Numbers Situation“ vermieden wird. Folglich sollten „Schmutzige Hände“ nicht mehr notwendig sein, weil diese Mitarbeiter künftig die „Voice“-Option wählen. Dadurch werden die Vorteile von Whistle Blowing genutzt und gleichzeitig die Nachteile unkontrollierter externer Meldungen vermieden. Wie das Whistle-Blowing-System auszugestalten ist, damit alle Mitarbeiter „Voice“ anstelle der anderen vier Handlungsoptionen wählen, ist Gegenstand des vierten Kapitels. Bevor jedoch die Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems erläutert wird, soll der Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems aus institutionenökonomischer Sicht beurteilt werden. Oben wurde schon angesprochen, dass das Whistle-Blowing178 179
180 181
182
183
Vgl. Dunfee (1990), S. 132. Siehe hierfür die Studien zur Effektivität des Whistle Blowings: Near / Jensen (1983); Perry (1992); Miceli / Near (2002). Vgl. hierzu Moberly (2006), S. 1120 – 1124, mit weitere Verweisen. Vgl. Miceli / Near (1994), S. 68, und Near / Miceli (1996). Als bekanntester Fall ist die ehemalige Enron-Mitarbeiterin Sherron Watkins zu nennen, die sich nach erfolglosen Meldungen über die Bilanzfälschungen an den Chief Executive Officer schließlich an den Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen gewandt hat. Zwar war auch diese Meldung erfolglos, sie sah ihre Möglichkeiten allerdings als ausgeschöpft an. Den letzten Schritt zu den Justizbehörden ist sie nicht gegangen. Vgl. z.B. Hofmann (2006), S. 122. Eine Beschreibung und Beurteilung des False Claims Act ist z.B. Callahan / Dworkin (1992) zu entnehmen. Die Anreize zum Whistle Blowing können jedoch auch unerwünschtes Verhalten erzeugen, wie z.B. Opportunismus. Vgl. u.a. Schmidt (2005), S. 157 – 158. Dieser Nachteil ist allerdings nicht nur dem externen Whistle Blowing zuzuordnen, sondern entsteht bei entsprechender Gestaltung eines internen Anreizsystems auch innerhalb des Unternehmens. Ausführlicher wird darauf in Unterabschnitt 3.2.2.3.2. Bezug genommen. Vgl. Söllner (2000), S. 182. Beschränkt wird der Nutzen aus den „Schmutzigen Händen“ durch den Schaden, den der Missstand im Unternehmen auslöst. Möglicherweise ist der Schaden so unwesentlich, dass der Nutzen aus der Meldung sehr gering ist, und möglicherweise von den Kosten, die aus der regelwidrigen Meldung entstehen, überstiegen werden. Als Kosten der Meldung wäre z.B. Reputationsverlust denkbar.
31 System als Institution aufzufassen ist, welches Unsicherheiten bei Transaktionen verringern soll. Was genau unter dem Begriff „Whistle-Blowing-System“ zu verstehen ist und wo dieses System im Unternehmen einzuordnen ist, wird im folgenden Unterkapitel erläutert.
2.4. Zum Begriff „Whistle-Blowing-System“ Da der Begriff „Whistle-Blowing-System“ in dieser Arbeit eine zentrale Rolle spielt, soll an dieser Stelle eine genauere Erläuterung darüber erfolgen. Das WhistleBlowing-System bezeichnet die Institutionalisierung von Whistle Blowing in einem Unternehmen.184 Häufig wird auch der Begriff einer Whistle-Blowing-Struktur verwendet.185 Gibt ein Unternehmen vor, an welche Stelle und in welcher Form sich ein Mitarbeiter an die jeweilige Stelle im Unternehmen zu wenden hat, kann von einem systematisierten Vorgehen gesprochen werden.186 Im institutionenökonomischen Sinn stellt das Whistle-Blowing-System deshalb eine Institution dar, da es Regeln zur Verhaltenssteuerung innerhalb einer Organisation vorgibt.187 Die Systematisierung von Hinweisgaben wird oft im Zusammenhang mit der Errichtung von Compliance-Systemen vorgenommen.188 Unter Compliance ist vorrangig die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu verstehen.189 Außerdem können die Beachtung ethischer Verpflichtungen und Anforderungen der Aufsichtsbehörden darunter gefasst werden.190 Corporate Compliance bezieht sich dementsprechend explizit auf das Unternehmen und dessen organisatorische Maßnahmen zur Einhaltung der Regeln.191 Um die Einhaltung der Regeln sicherzustellen und zu kontrollieren, organisieren Unternehmen häufig sog. Compliance-Programme oder -systeme.192 Es wird freilich nicht für jedes Unternehmen eine extra Abteilung notwendig sein, um für Compliance zu sorgen. Dies ist insbesondere von unternehmensspezifischen Faktoren abhängig, wie z.B. Branche, Größe oder Börsennotierung.193 Einige Grundelemente sollten jedoch überall gewährleistet sein. Dazu gehört vor allem auch eine Möglichkeit für Mit-
184
185 186 187 188 189 190
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Siehe z.B. Dunfee (1990), S. 135 – 137, und Hofmann (2006), S. 124 – 126. Hofmann verfolgt in der weiteren Beschreibung den Begriff des Incident-Management-Systems, der als Synonym für ein Whistle-Blowing-System verwendet wird. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628, und Moberly (2006). Siehe auch Vandekerckhove / Commers (2004), S. 226. Diese Einordnung nimmt auch Donato (2009), S. 91, vor. Vgl. Lampert (2010), Rz. 35. Siehe dazu Cauers et al. (2008), S. 2727. Zu einer Systematisierung der verschiedenen Verwendungen des Begriffs „Compliance“ vgl. Küting / Busch (2009), S. 1364 – 1365. Vgl. Bürkle (2005), S. 565. Siehe dazu Bürkle (2005), S. 565, und Dieners (2007), Rz. 83. Vgl. Bürkle (2005), S. 565, und Spindler (2008), Rz. 36.
32 arbeiter, Hinweise über Fehlverhalten abgeben zu können,194 womit die Einrichtung von Whistle-Blowing-Strukturen gemeint ist. Eine rechtliche Verpflichtung zur Einrichtung von Compliance-Systemen oder gar zur Implementierung von Whistle-Blowing-Systemen existiert in Deutschland bislang noch nicht. Zwar lassen sich Compliance-Anforderungen aus § 91 Abs. 2 AktG ableiten, der den Vorstand verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die den Fortbestand des Unternehmens gefährdenden Entwicklungen zu vermeiden.195 Hinsichtlich einer Gestaltung der Umsetzung besteht für den Vorstand aber ein Ermessensspielraum und damit keine Pflicht zur Implementierung eines ComplianceSystems.196 Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) in der Fassung vom 18. Juni 2009 beauftragt den Vorstand lediglich, für die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, d.h. für Compliance, zu sorgen.197 Wie dies sichergestellt wird, bleibt wiederum offen. Insbesondere wird die Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems dabei nicht thematisiert. Da in Deutschland keine rechtliche Verpflichtung zur Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems besteht,198 werden sich Unternehmen nur zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems entscheiden, wenn der erwartete Nutzen die Kosten des Systems übersteigt. Der aus dem Whistle-Blowing-System zu erwartende Nutzen sowie eine Aufzählung der möglichen Kosten des Systems sind deshalb Gegenstand des dritten Kapitels. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die individuelle Wahrnehmung der Handlung Whistle Blowing Voraussetzung dafür ist, ob überhaupt ein Nutzen aus dem Whistle-Blowing-System erwartet wird und wenn ja, wie hoch er gewichtet wird. Aus diesem Grund ist die Wahrnehmung der Unternehmen bezüglich dieser Aspekte Gegenstand der empirischen Untersuchung in Kapitel fünf. Die oben angesprochene Assoziation von Whistle Blowing mit Denunzieren würde wohl nicht zu einer hohen Gewichtung des Nutzens beitragen, womit die Investition als unvorteilhaft angesehen werden könnte. Werden Whistle Blower als Helden angesehen, wie es teilweise in den USA der Fall ist,199 wäre die Gewichtung des Nutzens wohl wesentlich höher. Da Whistle Blowing in Deutschland vor einem anderen kulturellen Hintergrund zu betrachten ist als z.B. in den USA, spielt die Wahrnehmung der im 194 195
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Siehe hierzu Bürkle (2004), S. 2160; Bürkle (2005), S. 566; Dieners (2007), Rz. 93. Bei einer Verletzung der Sorgfaltspflicht wird der Vorstand gemäß § 93 Abs. 2 AktG zur Haftung herangezogen. Zur Vorstandshaftung aufgrund mangelnder Compliance vgl. Meier-Greve (2009). Vgl. Spindler (2008), Rz. 36. Der Ermessensspielraum des Vorstands ergibt sich aus § 93 Abs. 1 AktG. Vgl. Spindler (2008), Rz. 37. Spindler zitiert hier eine ältere Version des DCGK. Die Rz. 4.1.3 des DCGK ist in der aktuellen Fassung allerdings unverändert. Eine Verpflichtung zur Einrichtung kann sich für deutsche Unternehmen jedoch ergeben, wenn sie in den USA notiert sind. Gemäß SOX haben US-börsennotierte Unternehmen zwingend die Einrichtung Whistle Blowing fördernder Strukturen vorzunehmen. Z.B. wählte das Time Magazin im Jahr 2002 drei Whistle Blower zu den „Persons of the Year“: Cynthia Cooper (WorldCom), Coleen Rowley (FBI) und Sherron Watkins (Enron).
33 nächsten Kapitel dargestellten Kosten- und Nutzenaspekte eine sehr große Rolle für die Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems.
3. Zur Vorteilhaftigkeit der Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems 3.1. Anwendung der Prinzipal-Agenten-Theorie zur Ableitung des Nutzens eines Whistle-Blowing-Systems 3.1.1. Einordnung der Thematik in die Prinzipal-Agenten-Theorie Im vorigen Kapitel wurde deutlich, dass Whistle Blowing für die Ziele einer Organisation vorteilhafter sein kann als alternative Handlungsoptionen eines Mitarbeiters („Exit“, „Silence“, „Opportunismus“). Trotzdem besteht die Gefahr, dass Hinweise durch externes Whistle Blowing an die Öffentlichkeit gelangen und zu einem Reputationsschaden führen können. Die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems kann bei effektiver Einrichtung dafür sorgen, dass insbesondere externes Whistle Blowing („Schmutzige Hände“) vermieden wird. Auch die „Exit“-, „Silence“- und „Opportunismus“-Optionen können bei entsprechender Gestaltung des Systems verhindert werden. Für die folgende Ableitung des Nutzens eines Whistle-Blowing-Systems wird die Effektivität des Systems als gegeben angenommen. Kapitel vier widmet sich anschließend den Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System. Der Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems soll, wie schon in Abschnitt 2.2.2 angesprochen, anhand der Prinzipal-Agenten-Theorie ermittelt werden. Dieser institutionenökonomische Ansatz eignet sich, weil der Nutzen des Systems in der Verbesserung der langfristigen Vertragsbeziehung zwischen Eigner und Manager besteht. Die optimale Gestaltung dieser Beziehung ist Gegenstand des PrinzipalAgenten-Ansatzes.200 Im Rahmen der Prinzipal-Agenten-Theorie geht es um die Bewältigung von Vertragsproblemen zwischen einem Auftraggeber, dem Prinzipal, und einem Auftragnehmer, dem Agenten. Der Agent handelt im Auftrag des Prinzipals und erhält dafür eine Entlohnung. Prinzipal-Agenten-Beziehungen können bei unterschiedlichen Sachverhalten betrachtet werden, so auch bei der dieser Arbeit zugrundeliegenden Problematik. Der Anteilseigner eines Unternehmens agiert als Prinzipal, der einen Manager (Agent) beauftragt, das Unternehmen zu führen. Weil dem Agenten mehr Informationen über das Unternehmen zur Verfügung stehen, ist diese Delegationsbeziehung erforderlich.201 Die Informationsasymmetrie begründet aber auch den ei200
201
Vgl. grundlegend zur Prinzipal-Agenten-Theorie Jensen / Meckling (1976) sowie Berle / Means (1932). Einen Überblick bieten z.B. Schoppe et al. (1995), S. 180 – 233, und Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 540 – 556. Gründe für die Trennung von Eigentum und Kontrolle sind bei Spremann (2002), S. 674 – 680, und Kräkel (2007), S. 117 – 118, zu finden.
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
34 gentlichen Konflikt zwischen dem Manager und dem Anteilseigner.202 Der Agent kann seinen Informationsvorsprung auf Kosten des Prinzipals nutzen und seinen eigenen Nutzen maximieren, mithin also opportunistisch handeln.203 In Abschnitt 2.3.1 wurde bereits erläutert, dass es aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, dem sog. institutionellen Wandel, zu Missständen in Organisationen kommen kann. Aus agencytheoretischer Sicht steht die Beseitigung dieser Missstände im Interesse des Prinzipals. Wegen seines Informationsnachteils hat er darüber jedoch keine Kenntnis. Für den Manager hingegen kann die Beseitigung des Missstands nachteilig sein. Aufgrund seines Wissensvorsprungs hat er die Möglichkeit, einen Vorteil aus den Missständen zu ziehen, d.h., die „Opportunismus“-Option zu wählen. Die anderen in Abschnitt 2.3.4 angesprochenen Handlungsoptionen können nicht ohne Weiteres auf den Manager übertragen werden, da er eine besondere Stellung in dem Unternehmen hat. Whistle Blowing ist für ihn keine Option, da gerade er die Macht besitzt, Missstände zu beseitigen. Im Grunde gibt es niemanden, dem er den Missstand mitteilen und der Maßnahmen ergreifen könnte. „Exit“ ist für den Manager u.U. auch nicht vorteilhaft, da dies mit hohen Wechselkosten verbunden sein könnte. Folglich bleiben ihm nur die Optionen, den Missstand zu beseitigen, die Situation opportunistisch auszunutzen oder gar nichts zu unternehmen („Silence“). Die beiden letzten Optionen führen zu einem Fortbestehen des Missstands und entsprechen letztlich dem Fehlverhalten, dem ein Whistle-Blowing-System entgegenwirken soll. Fehlverhalten kann jedoch nicht nur durch den Manager eines Unternehmens entstehen. Der Manager agiert innerhalb des Unternehmens selbst als Prinzipal, der weitere Agenten (Mitarbeiter) beauftragt, Aufgaben innerhalb des Unternehmens zu übernehmen. Diese können wiederum Vorgesetzte (Prinzipale) weiterer Mitarbeiter (Agenten) sein. Es entstehen mithin mehrere Delegationsbeziehungen unterhalb der Manager-Eigner-Beziehung. Da die Mitarbeiter einen Wissensvorsprung gegenüber dem Manager haben, muss dieser nicht über die Ineffizienzen innerhalb des Unternehmens informiert sein. Bei Einrichtung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems sollten die Mitarbeiter des Unternehmens Missstände innerhalb des Unternehmens melden. Folglich muss in diesem Kapitel erläutert werden, welchen Anreiz der Manager haben sollte, ein Whistle-Blowing-System einzurichten. Dies ist deshalb nicht einfach zu beantworten, weil der Manager durch die Einrichtung des Systems auch seine eigenen Möglichkeiten zum opportunistischen Ausnutzen des Informationsvorsprungs verringert. Um den Nutzen für den Manager zu erläutern, ist vorab ausführlich auf die Ursachen für das fehlerhafte Verhalten einzugehen. Deshalb wird im nächsten Abschnitt auf die Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte zwischen Manager und Eigner ein202
203
Einen agencytheoretische Betrachtung der Corporate Governance ist u.a. bei Shleifer / Vishny (1997), S. 740 – 748; Lentfer (2005), S. 32 – 38; Damken (2007), S. 15 – 20, zu finden. Beispiele, wie Manager die Kontrolle ausnutzen, sind u.a. bei Shleifer / Vishny (1997), S. 742; Kuhner (2005), S. 148; Laux (2006), S. 6, zu finden.
35 gegangen. Darauf aufbauend werden die Probleme bestehender Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, anhand derer die Notwendigkeit eines Whistle-Blowing-Systems abzuleiten ist. Das Whistle-Blowing-System dient letztendlich dazu, dass Ergebnis der Vertragsbeziehung zu erhöhen. Da das Vertragsergebnis auch als ShareholderValue interpretiert werden kann,204 wird dieser als Beurteilungsmaßstab für die Vorteilhaftigkeit herangezogen. Anhand des Shareholder-Values werden die Kostenund Nutzenaspekte eines Whistle-Blowing-Systems erläutert. 3.1.2. Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte als Voraussetzung für Fehlverhalten Informationsasymmetrien können vor oder nach dem Vertragsabschluss bestehen. Vor dem Vertragsabschluss kann der Prinzipal einerseits über die eigentliche Qualifikation des Agenten hinweggetäuscht werden (hidden characteristics), andererseits sind die Absichten des Agenten nicht beobachtbar (hidden intentions).205 Beides führt zum Problem der adversen Selektion.206 Als Beispiel wird hier oft der sog. „Lemons Market“ aufgeführt.207 Der Grundgedanke des „Lemons Market“ ist, dass Anbieter auf einem Markt über die Qualität ihrer Güter Bescheid wissen, die Nachfrager hingegen aufgrund bestehender Informationsasymmetrien nicht. Die Nachfrager nehmen eine Durchschnittsqualität an und sind auch nur bereit, einen durchschnittlichen Preis zu zahlen. Anbieter mit guter Qualität (Cherries) erzielen keinen angemessenen Preis für ihre Güter und ziehen sich aus dem Markt zurück, während die Anbieter von Gütern mit schlechter Qualität (Lemons) im Markt bleiben.208 Der Agent hat nach Vertragsabschluss die Möglichkeit, den Prinzipal hinsichtlich der tatsächlichen Unternehmenslage (hidden information) oder hinsichtlich alternativer Aktionsmöglichkeiten (hidden action) zu täuschen.209 Das Ausnutzen dieses Informationsvorsprungs nach dem Vertragsabschluss wird auch als Moral Hazard bezeichnet.210 Die Informationsasymmetrien allein führen allerdings nicht zu fehlerhaftem Verhalten. Dies wird erst durch das Ausnutzen des Informationsvorsprungs für eigene Interessen verursacht. Bei Delegationsbeziehungen entstehen Interessenkonflikte, weil Prinzipal und Agent jeweils eigene Nutzenfunktionen haben und ihre eigenen Wohlstandspositionen maximieren wollen. Den Annahmen der Neuen Institutionenökono204 205 206 207 208 209
210
Siehe Göbel (2002), S. 114 und S. 307. Vgl. Göbel (2002), S. 103. Siehe z.B. Richter / Furubotn (2003), S. 159, und Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 148. Vgl. Akerlof (1970). Siehe dazu auch Richter / Furubotn (2003), S. 258. Vgl. Horváth (2009), S. 117, Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 541 und S. 546, wobei letztere nicht zwischen hidden information und hidden characteristics unterscheiden und beide Verhaltensweisen vor dem Vertragsabschluss einstufen. Vgl. Spremann (2002), S. 702 – 704; Horváth (2009), S. 118; Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 546.
36 mik folgend, handeln Individuen trotzdem gemäß ihrer Zielfunktionen, auch wenn sie in einer vertraglichen Verpflichtung stehen, die Interessen des Auftraggebers zu verfolgen.211 Wenn sich dementsprechend die Gelegenheit zum opportunistischen Handeln ergibt, wird der Agent diese Gelegenheit ausnutzen, da es seinen Nutzen erhöht. Auf Grundlage der bestehenden Informationsasymmetrien gelingt es dem Agenten, ungestraft seinen eigenen Nutzen maximieren zu können und sich aus dem Ergebnis seines unternehmerischen Handelns private Vorteile zu verschaffen. Es gibt durchaus Interessenkonflikte zwischen Anteilseigner und Management, die noch tolerierbar und höchstwahrscheinlich nicht vermeidbar sind, z.B. dass Angestellte nicht die gleiche Arbeitsleistung aufwenden wie Selbständige212 oder der Erwerb nicht angemessener Arbeitsmittel, wie Dienstwagen oder Büroausstattung. Andererseits gibt es Interessenkonflikte, die nicht tolerierbar sind,213 wie z.B. die komplette Inanspruchnahme des Ergebnisses der unternehmerischen Tätigkeit durch das Management214 oder Bilanzmanipulationen, um gewisse Erwartungen des Kapitalmarkts zu (über-)treffen. Gemäß einer aktuellen Studie gehören Vermögensdelikte, Diebstahl von Daten, Verstöße gegen Patent- und Markenrechte, Industriespionage, Produktpiraterie, Korruption, Geldwäsche und Falschbilanzierung zu den häufigeren Deliktarten.215 Das Vertrauen der Investoren wird nur dann zu erhalten sein, wenn es Systeme gibt, die diese Möglichkeiten des Managements zum Ausnutzen des Insiderwissens unterbinden.216 Schmiergeldzahlungen sind hinsichtlich der Einstufung als Interessenkonflikt differenziert zu betrachten. Werden diese geleistet, um bestimmte Aufträge zu erhalten, kann behauptet werden, dies erfolge im Sinne des Prinzipals, sofern der Gewinn aus dem Auftrag den Schmiergeldbetrag übersteigt. Trotzdem ist es eine illegale Handlung, die der Entdeckungsgefahr unterliegt. In den zu erwartenden Erfolg sind deshalb auch die Kosten des zu erwartenden Schadens einzukalkulieren. Der Schaden kann Geld- oder Haftstrafen sowie Schadensersatzleistungen umfassen oder in Form eines Ausschlusses des involvierten Unternehmens von öffentlichen Ausschreibungen in Erscheinung treten. Ferner sieht sich der Prinzipal einer längerfristigen Schädigung infolge einer Verletzung des Images ausgesetzt.217 Ein Beispiel für eine negative Publicity nach der Schmiergeldaffäre stellt der Siemens-Skandal dar.218 Zudem ist bei diesem Beispiel noch festzuhalten, dass der Ertrag dieser zusätzlichen Aufträge nicht größer war als bei fair vergebenen Aufträgen. Die Kosten des Korruptions211 212 213 214 215 216 217 218
Vgl. Rappaport (1999), S. 3, und Kuhner (2005), S. 142. Zu diesem Beispiel siehe auch Kuhner (2005), S. 144, mit Verweis auf Smith (1976), S. 741. Vgl. Kuhner (2005), S. 144 – 146. Siehe dazu Wackerbarth (2005), S. 704. Vgl. Bussmann et al. (2009), S. 11 – 12. Siehe hierzu Wackerbarth (2005), S. 704. Vgl. zu den möglichen Schäden einer Schmiergeldzahlung Petersen (2004), S. 166. Trotzdem hat dies der Aktienkursentwicklung von Siemens nicht geschadet, da die zukünftige Entwicklung des Konzerns nicht beeinträchtigt scheint. Der eingetretene Imageschaden ist irrelevant. Vgl. Luther (2007).
37 kartells standen den Erlösen aus dem Auftrag letztendlich unverhältnismäßig hoch gegenüber.219 Für den betreffenden Mitarbeiter kann die Schmiergeldzahlung unter Umständen trotzdem vorteilhaft sein, da er die langfristigen Folgen aus dem Imageschaden des Unternehmens nicht zu tragen hat. Vielmehr hat er persönlich einen zusätzlichen Nutzen aus der Zahlung und dem erhaltenen Auftrag, weil er dadurch sein Ansehen verbessern kann. Auch wenn es zu einer Aufdeckung der Korruption kommt, kann sich das Verhalten deshalb dennoch für ihn lohnen, da er möglicherweise bereits eine neue Arbeitsstelle gefunden hat.220 Hinsichtlich der gesamten Vertragsbeziehung ist dies jedoch kein optimales Ergebnis. Der Prinzipal hat in diesem Fall Kosten zu tragen, die durch die Delegationsbeziehung entstanden sind. Mit der Einrichtung bestimmter Institutionen können solche Kosten zwar gesenkt werden, da sie Fehlverhalten vermeiden. Die Einrichtung selbst führt jedoch wiederum zu bestimmten Kosten. Eine optimale Gestaltung des Vertragsverhältnisses sollte die insgesamt entstehenden Kosten minimieren. Der nächste Abschnitt stellt die verschiedenen Kosten der Delegationsbeziehung und ihre Wechselwirkungen ausführlicher dar. 3.1.3. Differenzierung der Kosten des Vertragsverhältnisses (Agency-Kosten) Wie schon erwähnt wurde, hat der Prinzipal einen Informationsnachteil. Außerdem kann er den Agenten nur begrenzt kontrollieren. Der Prinzipal hat deshalb nicht die Möglichkeit, das gleiche Resultat zu erzielen, welches er bei Informationssymmetrie und ohne Delegationsbeziehung hätte (die sog. „First Best Solution“). Da diese optimale Lösung bei unterschiedlichen Informationsständen nicht erreicht werden kann, muss der Prinzipal einen Vertrag abschließen, der unter diesen Umständen optimal ist („Second Best Solution“). Die Differenz zwischen der „First Best“ und der „Second Best Solution“ sind die Agency-Kosten, die letztendlich den Preis definieren, den der Prinzipal für die Delegationsbeziehung zahlt. Inhaltlich stellen die Agency-Kosten die Kosten für die Informationseinholung sowie für die Anreiz-, Kontroll- und Entlohnungsmechanismen dar, die im Informationssymmetriefall nicht anfallen.221 Die Agency-Kosten setzen sich aus drei Bestandteilen zusammen:222 MonitoringKosten, die dem Prinzipal zur Kontrolle des Agenten entstehen; Bonding-Kosten, die aus der Bindung des Agenten an den Prinzipal resultieren; und ein Residualverlust, der die restliche Nutzeneinbuße des Prinzipals darstellt, die durch die Ausnutzung eingeräumter Handlungsspielräume entstehen. 219 220 221 222
Siehe Luther (2007). Vgl. zu einem Korruptionsmodell und dem Wert der Bestechung Petersen (2004). Siehe Schoppe et al. (1995), S. 182 – 184. Diese Dreiteilung wurde erstmals von Jensen / Meckling (1976), S. 308, vorgenommen. Siehe ebenfalls Göbel (2002), S. 125, oder Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 75 – 76.
38 Monitoring-Kosten sind Kontroll- oder Überwachungskosten über die Tätigkeit der Geschäftsführung. Der Prinzipal, hier also der Anteilseigner, kann seinen Informationsnachteil dadurch verringern, dass er die Handlungen des Agenten kontrolliert oder für ihn relevante Informationen einholt. Ein Beispiel besteht in den Kosten der Auswertung von Geschäftsberichten.223 Bonding-Kosten stellen hingegen freiwillige Kosten des Agenten dar, die aus seiner Einschränkung der Verfügungsmacht resultieren. Er überlässt dem Prinzipal etwa Mitspracherechte in bestimmten Entscheidungssituationen, wodurch für den Agenten nunmehr kein nutzenmaximierendes Ergebnis aus der Nichtbeobachtbarkeit erreichbar ist. Trotzdem wird der Verzicht für den Agenten vorteilhaft sein, da der Prinzipal durch die erhöhte Sicherheit seine eigenen Anstrengungen zur Überwachung einschränken kann. Dies hat sinkende Agency-Kosten zur Folge und erhöht den Nutzen des Agenten.224 Unter die Bonding-Kosten lassen sich auch Signalisierungskosten des Agenten subsummieren. Mit Hilfe dieser Signale vermittelt der Agent seine eigenen Fähigkeiten an den Prinzipal225 und erhöht auch seine Vertrauenswürdigkeit.226 Ein Beispiel für Bonding-Kosten sind die mit einer aktiven Informationspolitik verbundenen Berichterstattungskosten oder die Gebühren im Zusammenhang mit der Initiierung eines Ratings.227 Der Residualverlust bezeichnet die Nutzendifferenz zwischen der First-Best- und der Second-Best-Lösung, die nicht mehr durch Monitoring- und Bonding-Handlungen verringert werden kann. Dieser Wohlfahrtsverlust entsteht durch die Möglichkeit des Agenten, Aktionen zu wählen, die von der First-Best-Lösung abweichen.228 Die ersten beiden Arten der Agency-Kosten sind folglich Ergebnis der Anstrengungen von Prinzipal und Agent, um letztendlich den Residualverlust zu reduzieren.229 Dieser wiederum stellt den restlichen Verlust dar, der mit der Delegation der Kontrolle über das Unternehmen an den Agenten entsteht. Wer diesen entstandenen Verlust zu tragen hat, ist abhängig von der jeweiligen Vertragsgestaltung.230 223 224 225 226 227 228
229
230
Vgl. Raskop (2004), S. 36. Siehe Schoppe et al. (1995), S. 200. Unterabschnitt 3.1.4.2 wird diesen Aspekt genauer erläutern. Vgl. Picot / Dietl / Franck (2008), S. 73. Vgl. Raskop (2004), S. 36. Die Beispiele sind entnommen aus Raskop (2004), S. 36. Vgl. Jensen / Meckling (1976), S. 308; Kuhner (2005), S. 143; Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 550. Die bestehenden Unsicherheiten über die Folgen einer Entscheidung erschweren jedoch die Bemessung des Residual Loss und führen dazu, dass die Höhe der Agency-Kosten praktisch nicht bestimmbar ist, so Schneider (1987), S. 483. Die genaue Quantifizierung des Residual Loss ist jedoch nicht die Aufgabe der Prinzipal-Agenten-Theorie. Vielmehr soll eine theoretische Erklärung für die Delegation der Entscheidungsgewalt und die damit verbundenen Einbußen zur theoretischen First-Best-Lösung das Ziel der Prinzipal-Agenten-Theorie darstellen, vgl. Schmidt (1987), S. 506 – 507. Vgl. Schoppe et al. (1995), S. 201. Demnach trägt der Agent den Residual Loss, wenn der Prinzipal den Vertrag formuliert hat und der Agent dann nur über die Annahme oder Ablehnung des Vertrags entscheiden kann. Bei einer anderen Art der Vertragsgestaltung wäre demgemäß eine abweichende Verteilung möglich.
39 Die Einschränkung der Agency-Konflikte kann mit Hilfe verschiedener Institutionen erreicht werden. Zwar führt die Einrichtung dieser Systeme wiederum selbst zu Agency-Kosten, die das Ergebnis verringern. Gleichfalls senken sie aber auch Agency-Kosten, da die Möglichkeiten zum Fehlverhalten verringert werden, d.h., der Residualverlust sinkt. Deshalb ist auf eine effiziente Gestaltung der Lösungsmöglichkeiten der Agency-Konflikte zu achten. Ein Whistle-Blowing-System kann einen Beitrag zu einer effizienten Lösung leisten. Vor allem aufgrund der Nähe zu den jeweiligen Tätern haben Mitarbeiter einen Informationsvorteil im Gegensatz zu anderen Kontrollinstitutionen und damit einen hohen Nutzen für die Aufdeckung von Fehlverhalten. Der folgende Abschnitt geht auf diesen Aspekt ausführlicher ein. 3.1.4. Einordnung des Whistle-Blowing-Systems in die Lösungsmöglichkeiten zur Überwindung von Agency-Problemen 3.1.4.1. Grenzen der vor- und nachvertraglichen Lösungsmöglichkeiten Um die negativen Folgen der Agency-Konflikte für den Anteilseigner zu verringern oder sogar bestenfalls zu vermeiden, sind zum einen die Lösungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, die die nach Vertragsabschluss auftretende Moral-HazardGefahr betreffen. Zum anderen kann mit bestimmten Methoden der vorvertraglich auftretenden adversen Selektion begegnet werden. Letztendlich wird mit allen Lösungsmöglichkeiten versucht, Agency-Kosten zu verringern.231 Zur Vermeidung adverser Selektion zählen insbesondere die Möglichkeiten des Managements, seine Qualität zu signalisieren (Signalling)232, sowie das Bestreben des Anteilseigners, die Eigenschaften des Agenten aufzudecken (Screening)233. Insbesondere das Signalling muss kritisch betrachtet werden, da die Glaubwürdigkeit der Signale oft schwer einschätzbar ist. Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit ist die Gestaltung eines Signals, das für schlechte Agenten zu teuer ist, um imitiert zu werden.234 Ist dies nicht der Fall, besteht das Problem, dass sich die guten Manager nicht mehr von den schlechten abheben können. In diesem Zusammenhang wird auch oft vom sog. „Cheap-Talk-Problem“ gesprochen.235 In Bezug auf die Einrichtung 231
232
233
234 235
Hier ist letztendlich die Verringerung des Residual Loss gemeint, da die Kosten der Lösungssysteme selbst auch als Agency-Kosten klassifiziert werden. Agency-Probleme existieren bei vollkommener Information nicht, folglich würden die Kosten der Lösungssysteme nicht anfallen. Vgl. hierzu auch Abschnitt 3.1.5. Vgl. zum Signalling z.B. Göbel (2002), S. 111 und S. 294 – 295, sowie Picot / Dietl / Franck (2008), S. 78. Das traditionelle Beispiel für einen Signalling-Mechanismus ist der Arbeitsmarkt. Der besser informierte Bewerber versucht seine Qualität mittels Arbeitszeugnissen und sonstigen Leistungsnachweisen zu signalisieren, um sich von den restlichen Bewerbern abzuheben. Siehe dazu Spence (1973) sowie darauf aufbauend Molho (1997), S. 63 – 80, und Roth (2001), S. 372 – 375. Vgl. zum Screening Jost (2001), S. 28 – 29; Göbel (2002), S. 110 – 111 und S. 293 – 294; Kräkel (2007), S. 28 und S. 32 – 34; Picot / Dietl / Franck (2008), S. 78. Siehe Göbel (2002), S. 111. Vgl. Kräkel (2007), 31; Raskop (2004), S. 162; Picot / Dietl / Franck (2008), S. 78. Im Zusammenhang mit der Umsetzung von Corporate-Governance-Richtlinien vgl. Pellens / Hillebrandt / Ulmer (2001), S. 1244.
40 eines Whistle-Blowing-Systems bedeutet dies, dass nur dessen effektive Gestaltung Agency-Probleme vermeidet, sonst wird mit dem System lediglich „Window Dressing“ betrieben, was einem Lippenbekenntnis gleichkäme.236 Zu den nachvertraglichen Lösungsmöglichkeiten zählen insbesondere Anreiz- und Kontrollsysteme zur Motivation und Überwachung des Managements. Anreizsysteme schaffen positive Handlungsmotivationen, die den Manager zu einem hohen Arbeitseinsatz bewegen sollen. Anreize allein führen allerdings dazu, dass der Manager nur seine eigenen Interessen verfolgt. Je nachdem, woran der Arbeitseinsatz gemessen wird, versucht der Manager diese Größe zu erhöhen, und sein Arbeitsleid dabei gering zu halten.237 Häufig hängen Bonuszahlungen vom Gewinn des Unternehmens ab.238 Damit sind jedoch zwei Probleme verbunden. Erstens ist es für den Anteilseigner nicht beobachtbar, wie diese Größe erhöht wurde. Oftmals wird gar nicht erkannt, ob die Steigerung aus bilanzpolitischen Gründen entstanden ist239 und sich im Rahmen der Legalität befindet. Zweitens ist dieser Anreiz kritisch zu sehen, da das Kalkül des Managers unter Umständen relativ kurzfristig ausgerichtet sein kann, nämlich bis zum Ende des Vertrages im betreffenden Unternehmen. Investitionen, deren Auswirkungen erst langfristig einen Nutzen bringen, könnten deshalb nicht getätigt werden. Beispielsweise können Whistle-Blowing- oder Compliance-Systemen zwar Kosten zugeordnet werden, Erfolge sind hingegen nicht in monetären Größen messbar.240 Die Reduzierung der Investitionen in derartige Abteilungen könnte die Folge sein.241 Die kurzfristige Gewinnmaximierung könnte auch mit Investitionen verfolgt werden, deren negative Auswirkungen erst viel später bekanntwerden, wie z.B. bei dem Verschweigen schwerwiegender Nebenwirkungen bei Arzneimitteln.242 Insgesamt erscheint der Gewinn deshalb keine gute Bemessungsgröße darzustellen. Doch auch andere alternative Bemessungsgrößen sind mit ähnlich kritischen Anreizen verbunden.243 Anreizsysteme allein führen demgemäß nicht zwingend zu korrektem Verhalten. Deshalb sind Kontrollen244 einzuführen, die Fehlentscheidungen aufdecken und korrigierend eingreifen können. Die Kosten der Kontrollen sollten durch Anreizsysteme
236 237 238 239 240 241
242 243
244
Siehe ähnlich auch Donato (2009), S. 121. Vgl. Jost (2001), S. 17. Vgl. Lazar (2007), S. 38. Siehe dazu die Ergebnisse von Sloan (1996). Vgl. Göbel (2010), S. 177 – 178. Vgl. Leisinger (2003), S. 239 – 240. Des Weiteren siehe auch Buderath / Langer (2007), S. 133 – 134, die diesen Zusammenhang bezüglich der internen Revision feststellten. Vgl. Göbel (2010), S. 161, die hier beispielhaft die Ereignisse um das Rheumamittel Vioxx nennt. Z.B. das Abstellen auf den Aktienkurs und Aktienoptionspläne führt ebenso zu einer kurzfristig orientierten Betrachtungsweise, vgl. Witt (2003), S. 21 – 22. Der Unternehmenswert wäre hingegen ein richtiger Anreiz für den Manager, vgl. Rappaport (1983), S. 37; Elschen (1991), S. 211; Rappaport (1999), S. 141 – 144. Der Unternehmenswert ist aber wenig objektivierbar und damit als Beurteilungsmaßstab nicht geeignet, vgl. Ewert / Wagenhofer (2008). Vgl. zu einer Übersicht von Kontrollinstitutionen Kräkel (2007), S. 290 – 332.
41 gesenkt werden; jedoch werden Kontrollen durch Anreizsysteme nicht ersetzt.245 Möglicherweise kann durch die Kontrollen offenbart werden, dass der Manager gar nicht in der Lage ist, die gegebenen Anforderungen zu erfüllen, sei es aus qualitativer oder quantitativer Hinsicht.246 Kontrollinstitutionen können innerhalb des Unternehmens angesiedelt sein, wie z.B. der Aufsichtsrat247 und der Betriebsrat248. Externe Kontrollen erfolgen z.B. durch den Wirtschaftsprüfer249 oder durch den Wettbewerb auf dem Managermarkt. Letztendlich werden die Effektivität und die Effizienz dieser Kontrollsysteme maßgeblich durch die bestehenden Informationsasymmetrien zwischen Kontrolleinheit und zu kontrollierender Stelle beeinträchtigt. Aufgrund dieses Informationsproblems wird der besser informierten Seite die Möglichkeit gegeben, Fehlverhalten zu verbergen. Dieses Informationsproblem haben nicht nur die externen Kontrollinstanzen, sondern auch die internen verfügen aufgrund ihrer unterschiedlichen Aufgabengebiete über weniger Informationen. Die wenigen Informationen, die die Kontrollorgane erhalten, sind oft gefiltert und verzerrt, im schlimmsten Fall sind sie sogar falsch dargestellt. Nur den Mitarbeitern stehen ungefilterte Informationen über das Verhalten der Täter zur Verfügung, sodass deren Möglichkeit der Hinweisgabe an einen geeigneten Adressaten eine sinnvolle Ergänzung darstellt, die Risiken aus einem Fehlverhalten zu verringern. Mitarbeiter fungieren mithin als Überwachungsorgane.250 Die folgende Abbildung verdeutlicht die Relevanz von Hinweisen der Mitarbeiter zur Aufdeckung von Fehlverhalten im Vergleich zu anderen Kontrollinstitutionen.
245 246 247
248 249
250
Vgl. Laux (2006), S. 34. Vgl. Laux (2006), S. 12. Siehe z.B. Tirole (1986), S. 182. Zu den Problemen des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan vgl. ausführlich Lentfer (2005), sowie auch Kräkel (2007), S. 295 – 302. Siehe z.B. Kräkel (2007), S. 306. Vgl. Kräkel (2007), S. 310. Die Aussagekraft des Urteils eines Abschlussprüfers wird aufgrund der gefährdeten Unabhängigkeit oft kritisiert. Einen Überblick darüber vermittelt z.B. Marten et al. (2007), S. 157 – 159. Vgl. zu diesen Schlussfolgerungen Moberly (2006), S. 1112 – 1116.
42
Hinweisgebersystem
3
Kontrollen
Interne Revision
13
Ermittlung der Polizei/Staatsanwaltschaft
8
Unternehmenssicherheit
1
Risikomanagement
1
Personal- oder Aufgabenwechsel
1
Zufall
Interner Hinweis
41
Externer Hinweis
21
Durch Zufall
5
Andere
6 0
10
20
30
40
50
% der berichteten Delikte - nur Erstentdeckung Abbildung 2: Arten der Entdeckungswege der Delikte in Deutschland251
Aus der Abbildung wird deutlich, dass die meisten Delikte durch interne oder externe Hinweise (41 % und 21 %) aufgedeckt werden. Interne Kontrollsysteme machen nicht mal 20 % der Entdeckungswege aus. Aus der Abbildung wird auch offensichtlich, dass bereits einige der an der Studie teilnehmenden Unternehmen Hinweisgebersysteme eingerichtet haben, die aber noch keinen relevanten Beitrag zur Aufdeckung von Fehlverhalten leisten (3 %). Die zufälligen Hinweise tragen weitaus mehr dazu bei. Damit scheinen Hinweisgebersysteme bis jetzt noch nicht effektiv eingerichtet zu sein, um Fehlverhalten aufzudecken.252 Die Effektivität ist jedoch Voraussetzung für die Effizienz des Systems. Im Rahmen der in diesem Kapitel besprochenen Kosten-Nutzen-Analyse des Whistle-Blowing-Systems wird die Effektivität der Systeme vorerst vorausgesetzt. Im anschließenden Kapitel vier wird die Frage beantwortet, wann ein Whistle-Blowing-System effektiv ist. Bei Effektivität des Systems sollten keine zufälligen Hinweise mehr entstehen, vielmehr sollte dies die Anzahl der berichteten Delikte in der Kategorie „Hinweisgebersystem“ erhöhen.
251 252
Vgl. Bussmann et al. (2009), S. 51. Aus den Ergebnissen der Studie ist nicht erkennbar, ob die zufälligen Hinweise in Unternehmen mit Hinweisgebersystemen gegeben wurden.
43 3.1.4.2. Einbezug von Vertrauen in die Prinzipal-Agenten-Beziehung zur Lösung des Agency-Problems Zusätzlich zu den im vorigen Unterabschnitt genannten Lösungsmöglichkeiten zur Senkung von Agency-Kosten spielt das Vertrauen des Prinzipals eine wesentliche Rolle.253 Bei Einbezug von Vertrauen in das Prinzipal-Agenten-Verhältnis wird die Annahme in Frage gestellt, dass der Agent jede Möglichkeit opportunistischen Verhaltens ausnutzen wird. Die Zielharmonisierung zwischen Agent und Prinzipal kann sich für den Agenten nämlich auch dann auszahlen, wenn er nicht direkt am Ergebnis beteiligt ist. Dazu muss der Nutzen aus dem vertrauenswürdigen Verhalten größer sein als aus opportunistischem Verhalten.254 Die Prämie für das Vertrauen liegt in der Reputation des Agenten. Da sich die Reputation sowohl für das Bestehen des bisherigen Vertrags als auch für das Eingehen neuer Verträge auszahlen kann, ist die Zufriedenstellung des Prinzipals durchaus im Interesse des Agenten.255 Die Reputation ist demnach zum einen ein sehr starkes und schlecht verfälschbares Signal, das vorvertraglich eingesetzt werden kann; zum anderen kann die Reputation des Agenten nach dem Vertragsabschluss für ihn positiv sein, da es im bestehenden Vertragsverhältnis der Karriere förderlich sein kann. Außerdem werden dem Agenten Handlungsspielräume eröffnet, die ohne Vertrauen in den Agenten nicht gegeben wären.256 Da sich der Prinzipal des Verhaltensrisikos des Agenten bewusst ist, kann er einerseits Sicherungsmaßnahmen ergreifen, oder er verzichtet darauf und vertraut auf ein nicht opportunistisches Verhalten des Agenten. Vertrauen verhält sich dementsprechend komplementär zu den anderen Lösungsmöglichkeiten der AgencyProbleme.257 Wird Whistle Blowing im Unternehmen gefördert und dies auch noch kommuniziert, kann es das Vertrauen der Anleger erhöhen und damit insgesamt Agency-Kosten senken. Dieser Vertrauensvorschuss258 führt wiederum dazu, dass weniger Anstrengungen von Agent und Prinzipal in dieser Vertragsbeziehung unternommen werden müssen. Konkret gesagt, senken vertrauensbildende Handlungen nicht nur Kontroll- und Anreizaktivitäten des Prinzipals, sondern auch Signallingmaßnahmen des Agenten.259 Die Entscheidung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems trifft der Manager eines Unternehmens, also der Agent in der Vertragsbeziehung. Mit der Einordnung des Whistle-Blowing-Systems als vertrauensbildende Maßnahme kann eine Einrichtung des Systems auch für den Manager als vorteilhaft eingestuft werden. Dies ist 253
254 255 256 257 258
259
Vgl. Göbel (2002), S. 118 – 125, und Richter / Furubotn (2003), S. 64 – 65 (in Bezug auf Transaktionskosten), S. 282. Vgl. dazu Schäfer / Ott (2005), S. 510 – 513, sowie S. 522. Siehe Göbel (2002), S. 116 – 117. Siehe Göbel (2002), S. 119. Vgl. Göbel (2002), S. 119. Zur Definition von Reputation und dem Begriff des Vertrauensvorschusses vgl. Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 252. Vgl. auch Donato (2009), S. 126.
44 essentiell für die weitere Argumentation, da in den folgenden Ausführungen gezeigt wird, dass das Whistle-Blowing-System zur Erhöhung des Ergebnisses der Vertragsbeziehung beitragen kann. Ohne Einbezug des Vertrauens in das Vertragsverhältnis wäre die Maximierung des Ergebnisses nur im Rahmen einer Ergebnisbeteiligung interessant für den Manager. Dass diese Art Anreizmechanismus jedoch problematisch sein kann, wurde bereits im vorigen Unterabschnitt festgehalten. Die Fokussierung auf die Reputation des Managers zeigt, dass die Betrachtung der Ergebnisbeteiligung vernachlässigt werden kann, denn das Handeln im Interesse des Anteilseigners ist allein schon aufgrund der Erhöhung des Vertrauens vorteilhaft. 3.1.5. Senkung von Agency-Kosten mit der Institution „Whistle-BlowingSystem“ innerhalb einer Organisation Im vorigen Abschnitt wurde bereits angedeutet, dass sich das Whistle-BlowingSystem in die Lösungsansätze der Agency-Konflikte zwischen Anteilseignern und Management einordnen lässt. Die Institution „Whistle-Blowing-System“ trägt einerseits zur Verringerung der Moral-Hazard-Gefahr bei, indem Informationen über Fehlverhalten schneller an zuständige Stellen gelangen.260 Andererseits werden auch vorvertragliche Informationsasymmetrien abgebaut (adverse Selektion), wenn über das Whistle-Blowing-System berichtet wird. Damit fungiert das Whistle-BlowingSystem auch als Signalisierungsmaßnahme, welches geringere Kosten der Informationseinholung des Anteilseigners zur Folge haben kann, weil das Risiko im Unternehmen und damit die Managerqualität besser eingeschätzt werden können.261 Des Weiteren ist festzustellen, dass die Implementierung des Whistle-Blowing-Systems das Vertrauen in die Handlungen des Managements erhöht, womit dessen Reputation verbessert werden kann. Dieser Vertrauensvorschuss wirkt sich letztendlich komplementär zu anderen vor- und nachvertraglichen Lösungsmechanismen aus, da diese bei hohem Vertrauen gesenkt werden können. Damit das System effizient ist, muss es für den Manager günstiger sein, wenn er das Signal gestaltet, als wenn sich die Anteilseigner diese Informationen einholen müssen. Die Signalkosten sollten mithin geringer sein als die Screening-Kosten der Anteilseigner, wenn kein Signal vom Manager erfolgt.262 Das Signal „Whistle-BlowingSystem“ muss außerdem so ausgestaltet sein, dass die Produktionskosten des Signals bei schlechten Managern höher sind als der damit verbundene Nutzen. Sonst imitiert ein schlechter Manager dieses Signal und weist vor, ein guter Manager zu sein, obwohl er möglicherweise nicht den Zielen der Anteilseigner folgt. Die Folge ist, 260
261
262
Vgl. Blumberg (1971), S. 306; Callahan et al. (2002), S. 189; Moberly (2006), S. 1115. In diesem Zusammenhang kann das Whistle-Blowing-System auch als Institution verstanden werden, welches Einkommensunsicherheiten des Prinzipals verringert. Siehe zu Einkommensunsicherheiten Schneider (1995), S. 14. Auch Donato (2009), S. 129 – 135, weist bereits auf diese beiden Vorteile eines Whistle-BlowingSystems hin. Raskop (2004) beschrieb den Zusammenhang bei der Einführung eines Ratings, vgl. Raskop (2004), S. 185.
45 dass sich die guten Manager nicht mehr von den schlechten abheben können, womit das Signal aufgrund des „Cheap Talk“ unwirksam wird.263 Es ist deshalb notwendig, eine Ausgestaltung des Signals, also des Whistle-Blowing-Systems, zu finden, die nur von den tatsächlich guten Managern erbracht werden kann. Nur dann kann auch das „Lemons-Problem“ vermieden werden. Aufgrund der Verringerung der Moral-Hazard-Gefahr und der adversen Selektion können die Agency-Kosten gesenkt werden. Erstens sollte der Residualverlust sinken, weil das Management und alle anderen Mitarbeiter weniger opportunistisch agieren. Damit erfolgt eine Annäherung an das First-Best-Ergebnis. Eine weitere Verringerung der Agency-Kosten resultiert aus dem Rückgang der Überwachungsaktivitäten (Monitoring-Kosten) seitens der Anteilseigner, da das Risiko zum Fehlverhalten gesenkt wird.264 Sofern die Kosten des Systems (Bonding-Kosten) nicht die eingesparten Monitoring-Kosten und den gesenkten Residualverlust übersteigen, sind im Endeffekt niedrigere Agency-Kosten zu konstatieren. In diesem Fall ist das Whistle-Blowing-System effizient. Ein Whistle-Blowing-System sollte mithin folgende Agency-Kosten-Funktion minimieren:265 ܭܣൌ ܭܯሺܣܯǡ ܹܵܤሻ ܭܤሺܣܤǡ ܹܵܤሻ ܴܸሺܣܯǡ ܣܤǡ ܹܵܤሻ ௐௌ
Mit: ܭܣ ܭܯ ܣܯ ܭܤ ܣܤ ܴܸ ܹܵܤ
= = = = = = =
Agency-Kosten Monitoring-Kosten Monitoring-Aktivitäten Bonding-Kosten Bonding-Aktivitäten Residualverlust Whistle-Blowing-System
Die einzelnen Bestandteile der Agency-Kosten sind von den jeweiligen Aktivitäten des Prinzipals (Monitoring-Aktivitäten)266 und des Agenten (Bonding-Aktivitäten)267 sowie von dem eingerichteten Whistle-Blowing-System abhängig.268 Der Residual263
264
265 266
267
268
Vgl. Kräkel (2007), 31; Raskop (2004), S. 162; Picot / Dietl / Franck (2008), S. 78. Im Zusammenhang mit der Umsetzung von Corporate-Governance-Richtlinien vgl. Pellens / Hillebrandt / Ulmer (2001), S. 1244. Der Einfluss einer verbesserten Corporate Governance des Unternehmens auf dessen MonitoringKosten und den Residualverlust wurde schon bei Beiner (2005), S. 45 – 52, und Zöllner (2007), S. 52 – 54, gezeigt. Die folgenden Ausführungen sind angelehnt an Beiner (2005), S. 47 – 52. Unter die Aktivitäten des Prinzipals sind auch die Anstrengungen des Screenings zu fassen. Für die Argumentation ist es allerdings ausreichend, diese mit unter die Monitoring-Aktivitäten zu fassen. Hierunter fallen auch die Signalling-Aktivitäten. Mithin lässt sich die folgende Argumentation auch auf die für die Anteilseigner bereitgestellten Informationen zum Whistle-Blowing-System übertragen. Die Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems ist durchaus auch als Bonding-Aktivität anzusehen. Hier wird es trotzdem als eigenständige Variable aufgeführt, um eine Hervorhebung von den anderen Bonding-Aktivitäten zu gewährleisten.
46 verlust bestimmt sich nach der Höhe der Monitoring- und Bonding-Aktivitäten sowie der Effektivität des Whistle-Blowing-Systems. Folgende Annahmen sind dieser Funktion zugrunde zu legen: డெ డெ
Ͳ;
డெ డௐௌ
൏ Ͳ;
డ మ ெ డெడௐௌ
൏Ͳ
Die Monitoring-Kosten steigen mit Erhöhung der Monitoring-Aktivitäten und sinken mit steigender Whistle-Blowing-System-Variable. Bei Erhöhung der Whistle-BlowingSystem-Variable sinken die Monitoring-Kosten mit steigenden MonitorringAktivitäten. Die folgende Abbildung verdeutlicht diesen Zusammenhang: MonitoringͲKosten
ȴ (WBS)>0
MonitoringͲAktivitäten MonitoringͲKostenohneWBS
MonitoringͲKostenmitWBS
Abbildung 3: Abhängigkeit der Monitoring-Kosten von einem Whistle-Blowing-System und den Monitoring-Aktivitäten
Des Weiteren müssen folgende Annahmen erfüllt sein: డ డ డோ డெ
Ͳ;
൏ Ͳ;
డோ డ
డ డௐௌ
൏ Ͳ;
Ͳ డோ
డௐௌ
൏Ͳ
Die Bonding-Kosten des Prinzipals steigen mit vermehrten Bonding-Aktivitäten sowie mit steigender Whistle-Blowing-System-Variable. Der Residualverlust sinkt mit steigenden Monitoring-Aktivitäten, steigenden Bonding-Aktivitäten und steigender Whistle-Blowing-System-Variable.269 Für ein optimales Whistle-Blowing-System muss als notwendige Bedingung erfüllt sein, dass die erste Ableitung der Agency-Kosten-Funktion nach dem WhistleBlowing-System gleich null ist: ߲ܭܯ ߲ܭܤ ߲ܴܸ ߲ܭܣ ൌ ൌͲ ߲ܹ ܵܤܹ߲ ܵܤ௧ ߲ܹ ܵܤ௧ ߲ܹ ܵܤ௧
269
Die Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems kann als Bonding-Aktivität angesehen werden.
47 Ein Minimum liegt nur dann vor, wenn die zweite Ableitung größer als null ist: ߲ ଶ ܭܣ ߲ ଶ ܭܯ ߲ ଶ ܭܤ ߲ ଶ ܴܸ ൌ Ͳ ߲ܹ ܵܤଶ ߲ܹ ܵܤଶ ߲ܹ ܵܤଶ ߲ܹ ܵܤଶ Beispielhaft sei anhand der folgenden Grafik die Einwirkung eines Whistle-BlowingSystems auf die Agency-Kosten gezeigt:
Abbildung 4: Senkung der Agency-Kosten durch das Whistle-Blowing-System
Die Agency-Kosten-Funktion ist die Summe aus den Monitoring-Kosten, den Bonding-Kosten und dem Residualverlust. Zu erkennen ist, dass die Agency-Kosten bis zu einem bestimmten Punkt sinken. Ab diesem Punkt steigt die Funktion wieder an, da die Bonding-Kosten mit zunehmender Effektivität des Whistle-BlowingSystems weiter ansteigen. Das Minimum der Agency-Kosten-Funktion stellt also auch die optimale Ausgestaltung des Whistle-Blowing-Systems dar, da es hier nicht nur effektiv ist, sondern auch effizient arbeitet.270 Anders gesagt befindet sich das Minimum dort, wo die Grenzkosten betragsmäßig dem Grenznutzen aus der Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems entsprechen271: ߲ܴܸ ߲ܭܤ ߲ܭܯ ൌെ ߲ܹ ܵܤ௧ ߲ܹ ܵܤ௧ ߲ܹ ܵܤ௧ Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Whistle-Blowing-System zur Senkung von Agency-Kosten beitragen kann. Wie oben schon festgehalten wurde, liegt dies daran, dass es einen entscheidenden Vorteil gegenüber den anderen Kontroll270
271
Die Annahmen sind beispielsweise bei der Funktion ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିȉௐௌ ݁ ȉௐௌ ݁ ିȉௐௌ erfüllt. Im Anhang wird das Minimum für diese Funktion berechnet. Die abgebildete Grafik hat die Funktion ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିଵȉௐௌ ݁ ǡȉௐௌ െ ͳ ݁ ିଵȉௐௌ . Das Minimum liegt in diesem Fall bei 0,3133, die Berechnung ist Anlage 1 zu entnehmen. Zur Minimierung der Gesamt-Agency-Kosten siehe auch Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 89 – 91.
48 systemen hat. Dieser besteht in dem Informationsvorteil der Mitarbeiter gegenüber anderen Überwachungsinstitutionen. Die Überwindung dieses Informationsproblems allein führt aber nicht zur Eliminierung der Agency-Kosten. Es ist auch zu beachten, dass die Kosten der Implementierung dieses Whistle-Blowing-Systems zu einer Erhöhung der Agency-Kosten führen. Die Ausgestaltung des Whistle-Blowing-Systems muss notwendigerweise auch effizient sein, um die Agency-Kosten zu minimieren. Das Minimum der Agency-Kosten-Funktion in Abbildung 4 zeigt mithin die effiziente Ausgestaltung des Whistle-Blowing-Systems. Zu den genauen Anforderungen an die Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems sei auf die Ausführungen in Unterkapitel 4.3 verwiesen. Die Senkung der Agency-Kosten führt letztendlich zu einer Erhöhung des (SecondBest-)Ergebnisses. Bisher wurde dieses Ergebnis nicht genauer betrachtet. Für eine intensive Analyse der Vor- und Nachteile des Whistle-Blowing-Systems ist es allerdings unabdingbar, die Wirkungen auf die einzelnen Bestandteile des Ergebnisses zu betrachten. Da für Entscheidungen zur Investition häufig die Erhöhung des Unternehmenswertes bzw. des Shareholder-Values als Maßstab herangezogen wird,272 soll die Beurteilung der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems ebenfalls anhand dieses Maßstabs erfolgen. Dabei fließen die Ergebnisse dieses Abschnitts mit ein.273
3.2. Ableitung einzelner Nutzenaspekte eines Whistle-BlowingSystems: Verbindung von Agency-Theorie und ShareholderValue-Ansatz 3.2.1. Die Orientierung am Shareholder-Value-Konzept als Grundlage für die Beurteilung der Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen 3.2.1.1. Grundlagen und Rechtfertigung des Shareholder-Value-Ansatzes Um die Vorteilhaftigkeit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems zu quantifizieren, ist ein Bewertungsmaßstab nötig, der die mit der Einrichtung verbundenen Vor- und Nachteile entsprechend berücksichtigt. Häufig wird für die Beurteilung von Investitionen das von Rappaport entwickelte Shareholder-Value-Konzept verwendet.274 Nach diesem Konzept sollten unternehmenspolitische Entscheidungen darauf ausgerichtet sein, dass sie die Anteilswerte der Unternehmenseigner erhöhen können. Oft wurde dieses Konzept mit Restrukturierungen, Personalabbau oder dem eigennützigen Verhalten von Managern in Verbindung gebracht.275 Diese kurzfristige Sichtweise, die nur den Blick auf den derzeitigen Aktienkurs unterstellt, ist jedoch mit
272 273
274
275
Vgl. Busse von Colbe (1997), S. 273. Die Auswirkung einer Senkung der Agency-Kosten auf den Unternehmenswert wurde bereits bei Zöllner (2007), S. 86 – 87, beschrieben. Vgl. ausführlich zum Shareholder-Value-Konzept Rappaport (1999), für einen Überblick z.B. Busse von Colbe (1997). Vgl. Rappaport (1999), S. 3.
49 der Orientierung am Shareholder-Value nicht gleichzusetzen.276 Vielmehr ist mit diesem Konzept eine langfristige Steigerung des Unternehmenswertes verbunden, die nur durch nachhaltige Investitionen erreicht werden kann.277 Aus diesem Grund steht die Shareholder-Value-Maximierung durchaus auch mit einer ethischen Betrachtungsweise im Einklang.278 Die Rechtfertigung des Shareholder-Value-Ansatzes liegt darin begründet, dass der Anteilseigner bezüglich seiner Ansprüche eine Residualstellung hat.279 Das Kapital wird vom Eigner zur Verfügung gestellt, damit Investitionen mit unterschiedlichen Risiken durchgeführt werden. Die Ansprüche des Anteilseigners werden jedoch erst nach allen anderen Anspruchsgruppen, insbesondere nach den Gläubigern, befriedigt. Somit trägt der Anteilseigner letztendlich das unternehmerische Risiko, wofür er eine entsprechende Rendite fordert, die wiederum abhängig vom Risiko ist. Der Barwert seiner erwarteten Rückflüsse, also sein monetärer Nutzen aus der Investition, entspricht dem Shareholder-Value, den es zu maximieren gilt.280 Fehlverhalten im Unternehmen kann diese Rückflüsse beeinträchtigen. Eine Aufdeckung dessen kann allerdings auch wertvernichtend sein, wenn unkontrolliertes Whistle Blowing zu einem Reputationsschaden führt. Die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems hat hingegen den Vorteil, die Risiken aus unentdecktem Fehlverhalten zu verringern, ohne dass das Ansehen des Unternehmens beeinträchtigt wird. Deshalb führt die Verbesserung des Schutzes der Ansprüche und Rechte der Kapitalgeber in einem Unternehmen zu einer höheren Bewertung des Unternehmens.281 Letztendlich erhöht dies den Shareholder-Value. Teilweise wird kritisiert, dass das Shareholder-Value-Konzept die getroffenen Entscheidungen nur an den Interessen einer Anspruchsgruppe am Unternehmen bemisst. Eine andere Sichtweise sieht das Ziel des Unternehmens darin, die Interessen aller am Geschäftsprozess des Unternehmens beteiligten Gruppen beim Entscheidungsprozess zu berücksichtigen. Dieses sog. Stakeholder-Konzept orientiert sich dementsprechend nicht nur an den Zielen der Anteilseigner, sondern auch an denen der Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten.282 Hinsichtlich der Interessen der verschiedenen Gruppen bestehen durchaus Divergenzen283, woraus die Schwierigkeit resultiert, verschiedene Investitionen hinsichtlich der Maximierung des Unternehmenszwecks zu beurteilen und zu vergleichen. Eine Restrukturierungs276
Siehe dazu Volkart (1998), S. 36. Vgl. Unzeitig / Köthner (1995), S. 17, und Volkart (1998), S. 34. Zu einer genaueren Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten an der Shareholder-Value Orientierung vgl. Matthes (2000), S. 12 – 17. 278 Vgl. Albach (2005), S. 21. 279 Siehe auch Rauschenberger (2002), S. 21. Vgl. zur Residualstellung z.B. Franke / Hax (2009), S. 4 – 5, und Pellens et al. (2008), S. 4. 280 Vgl. Rauschenberger (2002), S. 21. 281 Siehe hierzu das Modell von La Porta et al. (2002). 282 Vgl. Matthes (2000), S. 7. 283 Vgl. zu den verschiedenen Adressaten und ihren Informationsansprüchen z.B. Thommen / Achleitner (2009), S. 57 – 58. 277
50 maßnahme vermag beispielsweise langfristig die Einzahlungsüberschüsse erhöhen, ist jedoch kurz- und mittelfristig mit Einsparungen im Personalbereich verbunden. Hinsichtlich der Shareholder-Value-Orientierung hätte sich das Unternehmen aufgrund der Marktwerterhöhung des Eigenkapitals für die Restrukturierungsmaßnahme entschieden, während aus Stakeholdersicht unter Umständen eine andere Entscheidung gefallen wäre.284 Genau hier liegt der Unterschied zwischen den beiden Konzeptionen: kurz- und mittelfristig gibt es Zielkonflikte, langfristig gesehen ist die Orientierung am ShareholderValue jedoch für alle Stakeholder, also auch für die Arbeitnehmer, vorteilhaft. Ohne die Restrukturierung und die Einsparungen im Personalbereich wäre unter Umständen eine Vernichtung des Shareholder-Values oder schlimmstenfalls des ganzen Unternehmens die Folge.285 In Deutschland wird bei der Ausrichtung der Unternehmensziele oft eine Stakeholder-Orientierung unterstellt.286 Der DCGK spricht sogar direkt die Ausrichtung der Unternehmensziele auf die Interessen aller Stakeholder an. Hingegen wird den USA eher eine Shareholder-Value-Orientierung zugesprochen.287 Die Stakeholdersicht in Deutschland resultiert vor allem daraus, dass der Einfluss von Banken und Gewerkschaften eine wesentlich bedeutendere Rolle bei der Entscheidungsfindung im Unternehmen spielt als in den USA.288 Des Weiteren gewährt die gesetzliche Regulierung der Unternehmensverfassung in Deutschland den Arbeitnehmern weitaus mehr Mitbestimmungsrechte.289 Daraus könnte zu schlussfolgern sein, dass die Überlegungen von einem eher kapitalmarktorientierten System nicht ohne Weiteres auf ein von Gläubigern geprägtes System zu übertragen sind. Wie oben jedoch schon festgehalten wurde, ist eine langfristige Steigerung des Shareholder-Values für alle Stakeholder vorteilhaft. Z.B. ist es gerade auch für Banken von Vorteil, ein langfristiges Wachstum des Marktwerts des Eigenkapitals zu haben, welches ein geringes Ausfallrisiko reflektiert. Außerdem erscheint die Investition in die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems nicht zu einem solchen Zielkonflikt zu führen wie bei der erwähnten Restrukturierung.
284
285 286
287 288
289
Aus diesen Zielkonflikten können auch die sog. Über- und Unterinvestitionsprobleme resultieren, siehe z.B. Wagenhofer / Ewert (2007), S. 191 – 198, insbesondere S. 195 und S. 196. Vgl. Volkart (1998), S. 38. Vgl. Matthes (2000), und Drobetz (2006), S. 181. Tendenziell wächst aber in Deutschland die Bedeutung der Finanzierung über den Kapitalmarkt, womit eine Fokussierung der Unternehmensziele auf die Interessen von Eigenkapitalgebern verbunden ist. Die offensichtlich starke Einflussnahme der Banken auf deutsche Unternehmen scheint nicht mehr in so hohem Maße gegeben und der Shareholder-Value rückt damit auch bei deutschen Unternehmen weiter in den Vordergrund, vgl. Matthes (2000), S. 38 – 44. Kuhner vertritt die Meinung, dass eine eindeutige Zuordnung deutscher Unternehmen bezüglich eine Shareholder- oder Stakeholder-Ausrichtung nicht erkennbar ist, vgl. dazu Kuhner (2004), S. 273. Vgl. Rz. 4.1.1 des DCGK und Kuhner (2004), S. 274. Deshalb wird auch von bankorientierten und marktorientierten Finanzsystemen gesprochen. Vgl. Drobetz (2006), S. 181. Vgl. Matthes (2000), S. 20 – 21.
51 Zusammenfassend ist es für die Analyse demnach irrelevant, ob eine Shareholderoder Stakeholderorientierung zugrunde gelegt wird, da in beiden Fällen eine Unternehmenswertmaximierung verfolgt wird. Diese Unternehmenswertmaximierung geht mit der Verringerung von Agency-Konflikten, letztendlich also den Agency-Kosten, einher.290 Die im vorigen Abschnitt gewonnenen Erkenntnisse über den Einfluss des Whistle-Blowing-Systems auf die Agency-Kosten sind deshalb auf das ShareholderValue-Konzept übertragbar.291 3.2.1.2. Bestandteile des Shareholder-Values Da die Anteilseigner als Inhaber der Unternehmung an einer langfristigen Steigerung ihrer Anteile am Unternehmen interessiert sind,292 steht die Maximierung des Marktwerts der Anteile der Eigner als vordergründiges Ziel der Unternehmung. Der Marktwert der Aktien bildet zusammen mit dem Marktwert des Fremdkapitals den Unternehmenswert. Der Shareholder-Value bezeichnet den Anteil des Eigenkapitals am Unternehmenswert.293 Sämtliche Investitionen werden beim Shareholder-ValueAnsatz dahingehend beurteilt, ob sie in der Lage sind, den Shareholder-Value und damit den Unternehmenswert zu maximieren.294 Folglich wird auch die Entscheidung zur Investition in ein Whistle-Blowing-System unter diesen Aspekten zu betrachten sein. Für diese Analyse ist zu erörtern, welche Faktoren Einfluss auf den Shareholder-Value bzw. den Unternehmenswert haben und inwiefern das Whistle-BlowingSystem auf diese Faktoren einwirken kann. Der Shareholder-Value gibt den Marktwert des Eigenkapitals an und ergibt sich als Differenz zwischen dem Unternehmenswert und dem Marktwert des Fremdkapitals:295 ܸܵ௧ ൌ ܭܧܹܯ௧ ൌ ܷܹ௧ െ ܭܨܹܯ௧ Mit: ܸܵ ܹܯ ܷܹ ܭܧǡ ܭܨ
290 291
292 293 294 295
= = = =
Shareholder-Value Marktwert Unternehmenswert Eigen-, Fremdkapital
Vgl. Zöllner (2007), S. 86 und S. 87. Auch Campos Nave / Vogel (2009), S. 2548, sehen bei der Einrichtung von Compliance-Systemen den vorrangigen Zweck in der nachhaltigen Wertschöpfung im Interesse der Eigner des Unternehmens. Siehe ähnlich auch Laux (2006), S. 5 und S. 7; Witt (2001), S. 87; Schoppe et al. (1995), S. 223. Vgl. Rappaport (1999), S. 39. Siehe dazu Busse von Colbe (1997), S. 273. Ursprünglich Rappaport (1999), S. 40. Hier wird die Berechnung nach der sog. Bruttomethode (Entity-Ansatz) vorgenommen. Die Ermittlung des Marktwerts des Eigenkapitals erfolgt hierbei in zwei Schritten: Zuerst wird der Unternehmensgesamtwert ermittelt und anschließend das Fremdkapital abgezogen. Bei der Nettomethode (Equity-Ansatz) wird hingegen direkt der Marktwert des Eigenkapitals berechnet. Vgl. Baetge et al. (2009), S. 344, und Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 222 – 225.
52 Während der Marktwert des Fremdkapitals relativ leicht zu ermitteln ist, erweist sich die Bemessung des Unternehmenswerts als komplexe Aufgabe. Grundsätzlich werden dafür die erwarteten Cashflows296 einer Prognoseperiode diskontiert. Zusätzlich ist ein Residualwert zu addieren, der den Barwert für die Geschäfte nach der Prognoseperiode wiedergibt:297 ்
ܷܹ௧ ൌ ୀ௧ାଵ
Mit: ܧሺܨܥሻ ܶ ݇
= = =
ܧ൫ܨܥ ൯ ܧሺ்ܨܥାଵ ሻ ሺͳ ݇ሻ ݇ ȉ ሺͳ ݇ሻ்
Erwartungswert der Cashflows Prognoseperiode Kapitalkosten
Bei der Entscheidung zur Investition in ein Whistle-Blowing-System sind dem erwarteten Nutzen die entstehenden Kosten gegenüberzustellen. Hinsichtlich eines Beitrags zum Shareholder-Value stehen den Kosten der Einrichtung und Erhaltung des Systems zahlreiche Vorteile gegenüber. Zu diesen Vorteilen gehören zum einen die Veränderung des Cashflows und zum anderen die gesunkenen Kapitalkosten infolge eines veränderten Risikos. Letztendlich sollte der positive Effekt überwiegen, woraus für die Einrichtung dieses Systems ein ökonomischer Nutzen im Sinne einer Unternehmenswertsteigerung resultiert. Herausgestellt wurde bereits, dass durch die verminderte Moral-Hazard-Gefahr und die Signalling-Effekte eine Senkung der Monitoring-Kosten des Prinzipals und des Residualverlusts folgt und die Bonding-Kosten des Managers wegen der mit dem System verbundenen Kosten steigen. In den Cashflows wirkt sich zum einen eine Änderung der Bonding-Kosten aus, da die Implementierungs-, Kommunikations-, Überwachungs- und Erhaltungskosten des Whistle-Blowing-Systems als Auszahlungen direkten Einfluss auf den Cashflow haben. Zum anderen hat eine Veränderung des Residualverlustes Auswirkungen auf den Cashflow, da er die monetäre Nutzeneinbuße wiedergibt, die aufgrund der Delegation der Unternehmensführung an den Manager erfolgt. Das Whistle-Blowing-System senkt diesen Residualverlust. Folglich sollten sich die zukünftigen Cashflows mit einem eingerichteten Whistle-BlowingSystem verändern. Der dritte Bestandteil der Agency-Kosten sind die Monitoring-Kosten des Anteilseigners. Die Kosten beeinflussen direkt die Renditeerwartungen der Anteilseigner, wo296
297
Unter Cashflows werden in dieser Arbeit immer freie Cashflows verstanden. Ein freier Cashflow spiegelt den Cashflow wider, der sowohl zur Bedienung des Fremdkapitals als auch des Eigenkapitals zur Verfügung steht, d.h. er umfasst keine finanzierungsbezogenen Zahlungen, vgl. Copeland et al. (2002), S. 174. Vgl. Rappaport (1999), S. 40, und Copeland et al. (2002), S. 176. Zur nachfolgenden Formel vgl. Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 223.
53 durch sie einen Einfluss auf die Kapitalkosten des Unternehmens haben.298 Der FirstBest-Unternehmenswert wird in der Delegationsbeziehung folglich durch die AgencyKosten gesenkt. Der Second-Best-Unternehmenswert setzt sich dann aus den Cashflows abzüglich der Bonding-Kosten und dem Residualverlust dividiert durch die um die Monitoring-Kosten erhöhten Kapitalkosten zusammen: ܷܹ௧ௌ ൌ ܷܹ௧ி െ ܭܣሺܭܯǡ ܭܤǡ ܴܸሻ௧ ்
ൌ ୀ௧ାଵ
Mit: ܤܨ ܵܤ
= =
ܧ൫ܨܥி െ ܭܤ െ ܴܸ ൯ ൫ͳ
݇ி
ܭܯ ൯
ܧሺ்ܨܥାଵ െ ்ܭܤାଵ െ ்ܴܸାଵ ሻ ݇ ȉ ሺͳ ݇ி ்ܭܯାଵ ሻ்
First Best Second Best
Die bisherigen Erkenntnisse zur Wirkung eines Whistle-Blowing-Systems berechtigen zu der Hypothese, dass das Whistle-Blowing-System den Unternehmenswert erhöhen kann.299 Zwar werden die Bonding-Kosten steigen, jedoch sinken der Residualverlust und die Monitoring-Kosten, wodurch die Agency-Kosten insgesamt sinken und eine Erhöhung des Unternehmenswertes die Folge sein sollte: ܭܣሺܹܵܤሻ௧ ൏ ܭܣ௧ ܷܹሺܹܵܤሻ௧ௌ ܷܹ௧ௌ Wäre das nicht der Fall, ist die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems für das Unternehmen nicht vorteilhaft, da es offensichtlich nicht effizient ist. Die folgende Abbildung stellt Kosten und Nutzen des Whistle-Blowing-Systems und damit den Beitrag zum Shareholder-Value gegenüber:
298
299
Vgl. z.B. Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 56, oder Beiner (2005), S. A-7 – A-8, mit Bezug auf das Modell von Lombardo (2000). Siehe auch Campos Nave / Vogel (2009), S. 2548, in Bezug auf Compliance-Systeme im Allgemeinen.
54 Kosten des WhistleBlowing-Systems Unternehmenswert Ļ
Erhöhung Bonding-Kosten Implementierungskosten (Cashflow Ļ)
Nutzen des WhistleBlowing-Systems Unternehmenswert Ĺ
Senkung Residualverlust Fehlverhalten aufdecken Reputation (Cashflow Ĺ)
Senkung Monitoring-Kosten Risikoprämie reduzieren (Kapitalkosten Ļ)
Abbildung 5: Kosten und Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems
Abbildung 5 verdeutlicht die Auswirkungen des Whistle-Blowing-Systems auf den Unternehmenswert. Sie lassen sich in unternehmensinterne und -externe Effekte unterteilen. Interne Wirkungen resultieren einerseits aus der gesunkenen MoralHazard-Gefahr, die den Residualverlust vermindert. Andererseits sind intern auch die Kosten des Systems zu berücksichtigen. Externe Wirkungen erzielt das Unternehmen aufgrund einer verbesserten Reputation, die zu Signallingvorteilen führen kann. Dies kann sich nicht nur in einer Erhöhung der Umsätze niederschlagen, die aus der Senkung des Residualverlusts resultieren. Auch die Senkung der Monitoring-Kosten, die sich niedrigeren Kapitalkosten auswirken, ist auf eine verbesserte Reputation des Unternehmens zurückzuführen. Die folgende Tabelle systematisiert diese Auswirkungen: Unternehmensinterne Wirkungen auf den Unternehmenswert
Unternehmensexterne Wirkungen auf den Unternehmenswert
Erhöhung Bonding-Kosten durch Implementie- Senkung Residualverlust durch verbesserte rung: Cashflow Ļ Reputation: Cashflow Ĺ Senkung Residualverlust durch aufgedecktes Senkung Monitoring-Kosten durch reduzierte Fehlverhalten: Cashflow Ĺ Risikoprämie: Kapitalkosten Ļ Tabelle 2: unternehmensinterne und -externe Auswirkungen des Whistle-Blowing-Systems
In den folgenden Abschnitten werden die in Tabelle 2 genannten Wirkungen eines Whistle-Blowing-Systems innerhalb und außerhalb des Unternehmens ausführlich erläutert. Daraus lassen sich anschließend Forschungsfragen für die empirische Untersuchung ableiten.
55 3.2.2. Unternehmensinterne Wirkungen eines Whistle-Blowing-Systems 3.2.2.1. Risikoabbau und Risikokommunikation aufgrund eingerichteter Whistle-Blowing-Systeme Wie im vorigen Abschnitt bereits erläutert wurde, kann die Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems eine Erhöhung des Shareholder-Values hervorrufen. Bei den unmittelbaren Wirkungen innerhalb des Unternehmens wurde festgehalten, dass das Whistle-Blowing-System zu einer Vermeidung der Moral-Hazard-Gefahr führen kann. Mithin werden die Möglichkeiten des Managers und seiner Mitarbeiter verringert, den Informationsvorsprung zur Eigennutzmaximierung zu nutzen.300 In Abschnitt 3.1.2 wurden z.B. Vermögensdelikte, Korruption und Datendiebstahl als häufigste Vergehen genannt. Diese Handlungen können zukünftige negative Konsequenzen herbeiführen, wie z.B. zu leistende Bußgeld- oder Strafzahlungen.301 In den Jahren 2007 bis 2009 erlitten große Unternehmen einen durchschnittlichen finanziellen Verlust aufgrund von Wirtschaftsdelikten in Höhe von 4,29 Mio. Euro pro Unternehmen.302 Die Vermeidung bzw. frühzeitige Aufdeckung dieser Handlungen führt zu einer Senkung des Residualverlusts und damit zu einer Steigerung des Cashflows. In Abschnitt 2.3.4 wurde bereits angesprochen, dass das Bereitstellen einer Hinweisgeberadresse das Risiko unkontrollierter Meldungen an Unternehmensfremde, die sog. „Schmutzige Hände“-Option, und deren Folgen verringern kann.303 Zu den Folgen unkontrollierter Meldungen gehören nicht nur die Prozesskosten und Strafzahlungen304, sondern außerdem Reputationsschäden.305 Damit einher gehen Kursverluste, der Verlust von Kunden und Lieferanten, schlimmstenfalls kommt es zum Untergang des Unternehmens.306 Ein Whistle-Blowing-System stellt bei effektiver Nutzung sicher, dass diesen Meldungen erst intern nachgegangen wird, bevor sie an externe Stellen geraten. Des Weiteren ist diese Vorgehensweise dann vorteilhaft, wenn Mitarbeiter bestimmte Sachverhalte falsch einschätzen und im Nachhinein festgestellt wird, dass überhaupt kein Fehlverhalten vorlag. Eine externe Meldung hätte in diesem Fall gravierende Folgen für das Unternehmen.307
300
301 302 303 304
305
306 307
So argumentieren La Porta et al. (2002), S. 1147, bei einer verbesserten Corporate Governance des Unternehmens. Zu einer Aufzählung der Ausnutzungsmöglichkeiten durch den Manager siehe La Porta et al. (2000), S. 4. Siehe dazu Dworkin / Near (1997), S. 11; Lewis (2002), S. 202; Moberly (2006), S. 1148. Vgl. Bussmann et al. (2009), S. 13. Vgl. Barnett / Cochran / Taylor (1993), sowie Miceli / Near / Dworkin (2008). Vgl. Miceli / Near (1992), S. 13. Moberly fügt hierzu allerdings an, dass oftmals die Kosten des Unternehmens mit denen der Manager verwechselt werden. Das Unternehmen hat in solchen Fällen meist nur unter negativer Publicity zu leiden. Die Manager haften hingegen für das Fehlverhalten. Vgl. Moberly (2006), S. 1153, mit Verweis auf Painter (1995), S. 224. Zur Haftung eines Compliance-Verantwortlichen vgl. auch Campos Nave / Vogel (2009). Vgl. Dworkin / Near (1987), S. 242; Dunfee (1990), S. 134; Moberly (2006), S. 1148; Campos Nave / Vogel (2009). S. 2548. Siehe dazu Göbel (2010), S. 204. Vgl. Schmidt (2005), S. 151.
56 Nicht nur bewusstes Fehlverhalten kann durch ein Whistle-Blowing-System aufgedeckt werden; auch die Erkennung und Kommunikation von Risiken im Unternehmen kann verbessert werden, weil die Chance erhöht wird, dass Mitarbeiter über ein eventuell unbewusstes Fehlverhalten berichten und damit gegengesteuert werden kann. Meldungen über mögliche Unfälle oder gefährliche Situationen helfen, Schäden für die Öffentlichkeit und das Unternehmen sowie Katastrophen zu verhindern.308 Diese Art Risikofrühwarnmechanismus309 ermöglicht nicht nur effiziente Transaktionen, sondern verhindert auch Missmanagement. Probleme in den unteren Ebenen eines Unternehmens können besser „nach oben“ in die Topmanagement-Ebene gelangen und die gesamte Unternehmensleistung erhöhen.310 Häufig geben lediglich verantwortungsbewusste Insider Informationen über die Risikopotenziale bestimmter Abteilungen oder Projekte weiter, wie z.B. Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Hiervon profitiert auch das interne Kontrollsystem, da es darauf angewiesen ist, die Gefahren in bestimmten Geschäftsprozessen kennenzulernen.311 Um konkurrenzfähig zu bleiben, sollte daher Risikokommunikation mittels eines Whistle-BlowingSystems gefördert werden.312 Letztendlich ist mit einem effektiven Whistle-BlowingSystem für das Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil verbunden.313 Für Compliance-Beauftragte wird die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems sogar als erforderlich angesehen, um die Kontrollfunktion angemessen wahrzunehmen.314 Die Notwendigkeit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems ergibt sich dabei vor allem aus der Haftung des Compliance-Beauftragten bei Schäden gegenüber Dritten, die aus dem Fehlverhalten des Unternehmens resultieren.315 Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Compliance-Beauftragte von der Tat wusste. Unwissenheit oder gar Wegsehen könnten als Beihilfe zur Tat interpretiert werden.316 Für die angemessene Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion sollte der ComplianceBeauftragte deshalb Strukturen implementieren, die Whistle Blowing fördern. 3.2.2.2. Abschreckungswirkung von Whistle-Blowing-Systemen zur Verhinderung von Fehlverhalten In Abschnitt 2.3.2 wurde bereits genannt, dass die Entscheidung zum Whistle Blowing auch von den Kosten des Hinweisgebers abhängt. Insbesondere die Angst vor 308 309 310
311 312 313
314 315 316
Vgl. Callahan et al. (2002), S. 195. Vgl. Dworkin / Near (1987), S. 243, und Hofmann (2006), S. 126. Siehe Miceli / Near (1992), S. 12; Hofmann (2006), S. 126; Pauthner-Seidel / Stephan (2010), Rz. 137. Siehe dazu z.B. Schoberth / Servatius / Thees (2006), S. 2576. Vgl. Deiseroth (2004), S. 128. Vgl. Rohde-Liebenau (2005), S. 20 und S. 22, der in diesem Zusammenhang zwar nicht von Whistle-Blowing-Systemen sondern von Risikokommunikationssystemen spricht. Die Vorteile sind jedoch übertragbar auf die hier vorgestellte Thematik. Siehe Lampert (2010), Rz. 34. Dies ergibt sich aus dem Urteil des BGH vom 17.7.2009 – 5 StR 394/08. Vgl. dazu Wybitul (2009), S. 2591.
57 Repressalien und die mangelnde Aussicht auf Abhilfe halten Mitarbeiter von einer Hinweisgabe ab.317 Nicht nur der Whistle Blower berücksichtigt diese Aspekte in seinem Entscheidungsprozess, auch der potenzielle Betrüger kalkuliert in seinen Entscheidungsprozess ein, dass Mitwisser aus Angst vor den Folgen schweigen. Werden allerdings Schutzmaßnahmen installiert, die die Identität des Whistle Blowers geheim gehalten, sinkt die Gefahr vor negativen Folgen. Infolgedessen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Whistle Blowing. Dies verändert auch das Entscheidungskalkül des potenziellen Betrügers. Das System wirkt gewissermaßen „abschreckend“, sodass Fehlverhalten möglicherweise gar nicht erst entsteht.318 Ein Signalisierungseffekt liegt dementsprechend auch innerhalb des Unternehmens vor. Abbildung 6 zeigt den Entscheidungsbaum der beiden Akteure:319 Individuum A stellt hier den potenziellen Betrüger dar, der im ersten Schritt zu entscheiden hat, ob er den opportunistischen Handlungsspielraum nutzt. Nach begangenem Betrug entscheidet sich Individuum B, der potenzielle Whistle Blower, einen Hinweis zu geben oder nicht. Nachdem er einen Hinweis gegeben hat, könnte ihm jedoch eine Sanktion bzw. Repressalie drohen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Sanktion beträgt s. Individuum A (potenzieller Betrüger)
Individuum B (potenzieller Whistle Blower)
Voice Betrug Betrugsmöglichkeit
Exit/Silence kein Betrug
drohende Sanktion (s)
(0,0)
keine Sanktion (1-s)
(0,2) (3,1)
(2,2)
Abbildung 6: Handlungsalternativen und damit verbundene Auszahlungen des potenziellen Betrügers und des Whistle Blowers320
Es wird angenommen, die Auszahlung des potenziellen Betrügers beträgt 2, wenn er nicht betrügt, bzw. 3, wenn er betrügt. Bei erfolgtem Whistle Blowing wird seine Aus317 318
319
320
Siehe hierzu De George (2006), S. 304. In einem spieltheoretischen Modell zeigten Berentsen / Brügger / Lörtscher (2008), dass allein die Möglichkeit zum Whistle Blowing zu weniger betrügerischem Verhalten führt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Pies / Sass (2006), S. 354 – 355, sowie Suchanek (2004), S. 96 – 97. In Anlehnung an Pies / Sass (2006), S. 354, und Suchanek (2004), S. 97.
58 zahlung auf 0 festgelegt, da auch von Strafen ausgegangen werden muss. Der potenzielle Whistle Blower erhält normalerweise immer eine Auszahlung von 2, außer wenn er Repressalien bzw. eine Sanktion ertragen muss. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass sein persönliches Leiden, hier in Kosten ausgedrückt, seine normale Auszahlung aufzehrt (Auszahlung = 0). Für den Fall, dass er erst gar keinen Hinweis gibt, erhält er auch eine geringere Auszahlung, hier in Höhe von 1, da sein Rechtsbewusstsein verletzt wird.321 Auch andere Kosten sind für den potenziellen Whistle Blower an dieser Stelle denkbar, so könnte er z.B. auch von dem Betrug persönlich beeinträchtigt werden, evtl. über eine niedrigere Gewinnbeteiligung. Des Weiteren könnten sich für ihn Transaktions- und Opportunitätskosten ergeben, wenn er das Unternehmen verlässt („Exit“-Option). Der potenzielle Betrüger möchte selbstverständlich seine Auszahlung mittels Betrug maximieren. Sofern jedoch ein Hinweis gegeben wird, wäre er schlechter gestellt, als wenn er den Betrug nicht begangen hätte. Er antizipiert allerdings die Wahrscheinlichkeit des Whistle Blowings im Hinblick auf eine mögliche Sanktion des Whistle Blowers. Ist die Wahrscheinlichkeit einer Sanktion z.B. 70 % (s = 0,7), so ist die erwartete Auszahlung für den Whistle Blower nach einem Hinweis 0,6 (= 0,7 ȉ 0 + 0,3 ȉ 2). Diese ist niedriger als im Fall ohne Hinweisgabe (Auszahlung = 1). Der potenzielle Betrüger kann also davon ausgehen, dass in diesem Fall kein Hinweis erfolgt und wird betrügen.322 Werden Schutzmaßnahmen für den Whistle Blower eingerichtet, ändern sich die Wahrscheinlichkeiten für Repressalien. Angenommen die Wahrscheinlichkeiten sind umgekehrt als im oben beschriebenen Fall, erwartet der potenzielle Whistle Blower eine Auszahlung i.H.v. 1,4. Diese ist diesmal höher als im Fall ohne Hinweisgabe. Ist das System effektiv in das Unternehmen integriert, entfällt für den Whistle Blower bestenfalls gänzlich die Gefahr einer Sanktion. In diesem Szenario wird er im Betrugsfall nun einen Hinweis geben, da „Exit/Silence“ aufgrund der Verletzung seines Rechtbewusstseins oder wegen Transaktionskosten beim Ausscheiden zu einer geringeren Auszahlung führen würde. Der potenzielle Betrüger antizipiert diese Handlungsweise und wird folglich von vornherein die Handlungsoption „kein Betrug“ wählen. Der Entscheidungsbaum der Akteure reduziert sich in folgender Weise:
321 322
Vgl. auch Pies / Sass (2006), S. 355. Dies hängt selbstverständlich von seiner Risikoeinstellung ab. Bei Risikoaversion z.B. könnte er in dem Fall trotzdem dazu geneigt sein, nicht zu betrügen. Vgl. zu Risikonutzenfunktionen z.B. Laux (2007), S. 180 – 184.
59
Individuum A (potenzieller Betrüger)
Individuum B (potenzieller Whistle Blower
Voice
0,2
Exit/Silence
3,1
Betrug Betrugsmöglichkeit kein Betrug
2,2
Abbildung 7: Handlungsalternativen und Auszahlungen des potenziellen Betrügers und Whistle Blowings ohne Sanktionen
3.2.2.3. Mögliche Auswirkungen der Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems auf das Mitarbeiterverhalten 3.2.2.3.1. Positive Effekte für die Mitarbeiter aufgrund einer veränderten Unternehmenskultur Vorteile ergeben sich nicht nur für Kapitalgeber und für das Management eines Unternehmens, sondern vor allem auch für die Mitarbeiter. Ein Mitarbeiter, der ein Fehlverhalten bemerkt und dies an eine ihm nicht direkt übergeordnete Instanz weitergeben möchte, bewegt sich im deutschen Rechtssystem auf einem noch recht unsicheren Fundament.323 Vor allem verstößt er gegen seine Treue- und Verschwiegenheitspflicht, sofern die Meldung an einen externen Adressaten erfolgt.324 Der Sachverhalt gestaltet sich anders, wenn das Unternehmen ein Whistle-Blowing-System einrichtet. Dann sollten dem Whistle Blower keine rechtlichen Nachteile entstehen, sofern er sich an die vom Unternehmen vorgegebenen Vorschriften und die entsprechende Vorgehensweise hält.325 Somit stellt dieses System aus arbeitsrechtlicher Sicht einen Vorteil für den potenziellen Whistle Blower dar, da eine Kündigung aufgrund des Hinweises nicht erfolgen darf.326 323 324
325 326
Vgl. dazu ausführlich Abschnitt 2.1.3. Siehe §§ 241 Abs. 2 und 242 BGB. Ausführlich zur Verschwiegenheitspflicht und ihren Grenzen vgl. z.B. Maschmann (2007). Vgl. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571. Vgl. Hofmann (2006), S. 126, und Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571.
60 Dem Mitarbeiter wird mit dem Whistle-Blowing-System einen Weg eröffnet, seine Beobachtungen intern mitzuteilen, ohne mit rechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen. Im Gegensatz zu den Risiken eines Hinweises ohne ein bestehendes System sind die Hinweise bei der vorgegebenen Whistle-Blowing-Instanz anscheinend erwünscht. Dementsprechend wird den Mitarbeitern ein gewisses Mitspracherecht gestattet und ein demokratischer Entscheidungsfindungsprozess suggeriert.327 Das Unternehmen profitiert von dieser Einstellung wiederum, da erstens Hinweise auch dann erfolgen, wenn unter anderen Umständen aus Angst vor den Folgen keine Meldung erfolgt wäre.328 Zweitens wird eine Adresse festgelegt, an die die Meldung erfolgen soll und die dem Unternehmen die Möglichkeit gibt, dem Fehlverhalten intern nachzugehen. Als Folge vermittelt ein Whistle-Blowing-System bei den Mitarbeitern das Gefühl, etwas zur Verbesserung des Unternehmens beitragen zu können.329 Schließlich erhöht dies die Sicherheit und das Wohlergehen der Mitarbeiter im Unternehmen.330 Das implementierte Whistle-Blowing-System wirkt außerdem unterstützend für die Wahrnehmung und Handlung nach dem im Unternehmen verabschiedeten Verhaltenskodex.331 Nicht allein die Aufstellung, Bekanntmachung sowie das Unterschreiben von Verhaltenskodizes veranlasst Mitarbeiter, Verstöße gegen denselben zu melden. Erst mit der Unterstützung durch ein Whistle-Blowing-System kann der Kodex wirksam sein und Fehlverhalten korrigiert werden. Das Whistle-Blowing-System kann deshalb als Enforcement-System der Selbstregulierung durch den Verhaltenskodex angesehen werden.332 Auf dem Arbeitsmarkt könnte das Whistle-Blowing-System einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen darstellen, wenn es um das Rekrutieren von Mitarbeitern geht: Können Mitarbeiter ihr Wissen anonym an eine Abteilung übermitteln, die den Hinweisen nachgeht und Verstöße entsprechend ahndet und wird ihnen zusätzlich ein gewisser Schutz vermittelt, so werden Mitarbeiter Vertrauen zu dem System aufbauen. Eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit könnte die Folge sein, da weniger mit Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen ist als ohne die Möglichkeit, an ein entsprechend eingerichtetes System zu melden. Mithin wird ein Abwandern motivierter Mitarbeiter
327
328
329 330 331 332
In der Studie von Rothschild / Miethe (1999) wurde nachgewiesen, dass internes Whistle Blowing eher in Organisationen stattfindet, die einen demokratischen Weg der Entscheidungsfindung haben. Mitarbeiter haben dort eher das Gefühl, am Entscheidungsprozess teil zu nehmen. Externe Whistle Blower haben der Studie zufolge weitaus häufiger das Gefühl, den Entscheidungsprozess im Unternehmen nicht beeinflussen zu können. Der Einfluss der Angst vor möglichen Sanktionen auf die Entscheidung einen Hinweis zu geben, wurde in verschiedenen Studien untersucht. Masser / Brown (1996) fanden z.B. heraus, dass nur bei der Beobachtung von schwerwiegendem Fehlverhalten die Angst vor Bestrafung signifikant hoch ist. Für eine Übersicht über verschiedene Studien vgl. Miceli / Near (1992), S. 153. Vgl. Moberly (2006), S. 1149. Siehe dazu Miceli / Near (1992), S. 11 – 12, sowie Callahan et al. (2002), S. 196. Vgl. Miceli / Near (1992), S. 11 – 12. Siehe hierzu Moberly (2008), S. 1007 – 1012.
61 verhindert, was sich in der Produktivität und in einem erhöhten Ergebnis niederschlagen könnte.333 3.2.2.3.2. Negative Wirkungen auf die Mitarbeiter des Unternehmens Trotz der offensichtlichen Vorteile eines Whistle-Blowing-Systems für die Mitarbeiter wird Whistle Blowing häufig vor allem deshalb als kritisch angesehen, weil es die Unternehmenskultur negativ beeinflussen könnte.334 Dies führt zur eingeschränkten Nutzung des Systems, da sich Mitarbeiter nicht sicher sind, ob ihre Hinweise wirklich erwünscht sind und sie unentdeckt bleiben. Unterlassenes Whistle Blowing kann wiederum zu schadhaften Ereignissen für das Unternehmen und den ShareholderValue führen. In Abschnitt 2.1.3 wurde bereits angesprochen, dass Mitarbeiter nach dem Whistle Blowing oftmals nicht als Held, sondern als Denunziant bezeichnet werden.335 Das Konfliktpotenzial zwischen den Mitarbeitern könnte steigen und der Whistle Blower deshalb zum Außenseiter werden. Weiterhin könnte das Vertrauensverhältnis zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter gestört werden.336 Die Verhaltensweise eines Whistle Blowers wird daher meist als illoyal angesehen.337 Dies kann mit einer abnehmenden Moral einhergehen.338 Empirische Studien beweisen aber gerade das Gegenteil. Whistle Blower sind meistens loyale Mitarbeiter, die sich an den Zielen des Unternehmens orientieren.339 Die negative Auswirkung auf die Unternehmenskultur scheint mithin unbegründet. Nicht unerheblich bleibt trotzdem die Möglichkeit der Bestrafung eines Hinweisgebers, auch wenn er sich an die vom Unternehmen vorgegebene Stelle wendet. Bestrafungen und Sanktionen sind verbunden mit der negativen Einstellung der Mitarbeiter gegenüber Whistle Blowing. Zwar werden vor allem Meldungen an externe Stellen häufiger bestraft,340 doch auch bei internen Meldungen bleiben Repressalien nicht aus. Dies kann von noch relativ harmlosen Kritiken seitens der Kollegen über negative Arbeitszeugnisse bis hin zu Kündigungen reichen. Bei der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems sollte zwar davon ausgegangen werden, dass seitens des Unternehmens keine negativen Konsequenzen drohen 333 334 335
336 337 338 339
340
Vgl. Miceli / Near (1992), S. 11; Leisinger (2003), S. 243; Schmidt (2005), S. 151. Siehe Müller (2002), S. 425 – 426. Vgl. z.B. Dunfee (1990), S. 135; Müller (2002), S. 425; Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1570. Vgl. zu diesen Argumenten gegen Whistle Blowing Deiseroth (2004), S. 128. Vgl. Gobert / Punch (2000), S. 52. Siehe hierzu Moberly (2006), S. 1155. Vgl. z.B. Jos / Tompkins / Hays (1989), für einen Überblick über diese Studien siehe auch Dworkin / Callahan (1991), S. 301 – 303, und Dworkin / Near (1997). Siehe dazu Rothschild / Miethe (1999), S. 120. In ihrer Studie wurde herausgefunden, dass externe Whistle Blower zu 10 – 15 % häufiger mit Sanktionen zu rechnen hatten als interne Whistle Blower.
62 sollten, weil in diesem Fall meistens explizit Schutzmaßnahmen getroffen wurden.341 Die Gefahr besteht jedoch darin, dass das System die Anonymität der Whistle Blower nicht gewährleisten kann. Bleibt es für Manager oder die Kollegen des Whistle Blowers ersichtlich, wer das Fehlverhalten gemeldet hat, dann ist auch hier der Whistle Blower bestimmten Repressalien ausgesetzt. Gleiches gilt, wenn der Kreis derjenigen, die diese Information besitzen können, so klein ist, dass leicht auf den Whistle Blower geschlossen werden kann.342 Der Whistle Blower befindet sich dann in einem Trade Off, da er einerseits gegen das Fehlverhalten vorgehen möchte und dafür viele Informationen preisgeben sollte. Andererseits dürfen es nicht so viele Informationen sein, dass er als einziger Absender des Hinweises in Frage kommt. Sofern der Hinweisgeber unter bestimmten Schutzregelungen steht, die aufgrund des Gesetzes oder der besonderen Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems im Unternehmen bestehen, können opportunistische Motive für den Mitarbeiter in Betracht kommen, einen Hinweis zu geben.343 Diese opportunistischen Gründe sind z.B. für den Fall denkbar, dass Einsparungen im Personalbereich erwartet werden. Der Whistle Blower wird mit diesem Schutzstatus im Prinzip unantastbar, da er aufgrund des Hinweises nicht gekündigt werden darf.344 Ein weiterer Anlass für dieses Verhalten könnten bestimmte Belohnungen für Hinweise sein, die seitens des Arbeitgebers oder des Staates gewährt werden.345 Im Endeffekt führt opportunistisches Handeln eines Mitarbeiters zu Kosten des Unternehmens.346 Diese könnten aus der Lenkung der Ressourcen auf die Nachverfolgung unberechtigter Hinweise resultieren. Letztendlich sollte die Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems vermeintliche Nachteile des Whistle Blowings vermeiden. In Kapitel vier wird auf die Anforderungen an die Effektivität wiederum eingegangen. Dort werden die Problembereiche Anonymität und Anreize für den Whistle Blower noch ausführlich diskutiert. Doch auch bei effektiver Einrichtung scheint gegenüber Whistle Blowing in den Unternehmen eine gewisse Skepsis bestehen zu bleiben. Die Nachteile des Whistle 341 342 343
344
345
346
Vgl. Hassink / de Vries / Bollen (2007), S. 36. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2629. Vgl. Schmidt (2005), S. 157 – 158. Dies ist bei verschiedenen Whistle-Blowing-Fällen nachgewiesen, die unter die Schutzregelungen des PIDA fallen. Siehe z.B. Anechiarico / Jacobs (1996). Zu den internationalen Schutzregelungen vgl. ausführlich Unterabschnitt 4.2.2.1. In der Studie von Anechiarico / Jacobs (1996) wurde gezeigt, dass verschiedene Mitarbeiter aus Angst vor anstehenden Entlassungen sich selbst schützten, indem sie einen Hinweis gaben. Der Whistle-Blower-Status schützte die jeweilige Person vor Entlassungen. Vgl. dazu auch Gobert / Punch (2000), S. 32, und Schmidt (2005), S. 160. In den USA haben die Unternehmen seit dem False Claims Act gerichtlich festgelegte Zahlungen an den Whistle Blower zu leisten (sog. qui-tam-Zahlungen). Diese können bis zu 30 % der insgesamt nach einem Prozess festgelegten Strafzahlungen betragen. So hat eine Person von der USRegierung 126 Mio. US-Dollar für die Hinweise über seinen ehemaligen Arbeitgeber erhalten. Im Nachhinein lösten sich jedoch alle Vorwürfe gegen das Unternehmen in Luft auf. Vgl. Hohensee (2005), S. 63. Vgl. dazu allgemein Göbel (2010), S. 203 und S. 236.
63 Blowings werden offenbar immer noch als relevant empfunden, sonst würde mit dem Thema Whistle Blowing in Deutschland offener umgegangen. Dies verdeutlicht die Relevanz der Betrachtung der wahrgenommenen Vor- und Nachteile eines WhistleBlowing-Systems. Auch wenn die Vorbehalte gegenüber dem System durch empirische Studien nicht unterstützt werden, wie es z.B. bei der vermeintlichen Illoyalität von Whistle Blowern der Fall ist, könnte die Wahrnehmung dieses Nachteils möglicherweise noch sehr hoch sein. Dies hat für die Entscheidung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-System eine hohe Relevanz. 3.2.2.4. Die Implementierungs- und Kommunikationskosten des WhistleBlowing-Systems Neben Möglichkeiten zur Steigerung des Cashflows durch das Whistle-BlowingSystem wurde im vorigen Unterabschnitt schon angesprochen, dass auch negative Auswirkungen und damit verbundene Kosten entstehen könnten. Weitere Kosten fallen beim Unternehmen aber auch durch die Einrichtung des Systems an. Dies sind Kosten der Implementierung, Überwachung und Kommunikation des WhistleBlowing-Systems, die je nach Ausgestaltung erheblich sein können.347 Da die Höhe der Investitionen in das System davon abhängig ist, wie dieses ausgestaltet sein soll, kann keine pauschale Aussage darüber getroffen werden. Für große Unternehmen wird beispielsweise vorgeschlagen, ein Whistle-Blowing-System in eine sog. Compliance-Abteilung348 einzubetten.349 Um die Abteilung effektiv zu gestalten, ist jedoch die gesamte Organisation eines Unternehmens betroffen.350 Die Höhe der Investitionen wird sich als dementsprechend erheblich erweisen. Beispiele für entstehende Kosten sind die Schulung der Mitarbeiter, die Kommunikation der Richtlinien, eventuelle Verbesserungen der sozialen Absicherungssysteme oder des Umweltschutzes.351 Da sich Unterkapitel 4.3 ausführlich mit den einzelnen Stufen der Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems beschäftigt und auch auf verschiedene Varianten eingeht, erfolgt an dieser Stelle noch keine genauere Aufzählung der benötigten Investitionen.
347
348
349
350
351
Vor allem die Beachtung datenschutzrechtlicher Anforderungen stellt das Unternehmen vor einige Herausforderungen, siehe dazu Unterabschnitt 4.3.8.2. Compliance-Abteilungen beschäftigen sich als Bestandteil der Corporate Governance vor allem damit, wie im Unternehmen sichergestellt werden kann, dass bestimmte Normen und Gesetze eingehalten sowie eine ethische Verhaltensweise verfolgt wird. Dies steht oft in Verbindung mit der Durchsetzung und Einhaltung von Verhaltenskodizes. Vgl. Mengel / Hagemeister (2006), S. 2466 – 2467. Vgl. zur Einbettung eines Whistle-Blowing-Systems in eine Complianc-System Bürkle (2004), S. 2160 – 2161, und Berndt / Hoppler (2005), S. 2627 – 2628. Ausführlich zu den ComplianceAufgaben eines Unternehmens in Verbindung mit dem Arbeitsrecht siehe Mengel / Hagemeister (2006). Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2627, sowie zur Ausgestaltung eines effektiven Whistle-BlowingSystems Kapitel vier. Vgl. zu diesen Beispielen Leisinger (2003), S. 239.
64 Neben den Implementierungskosten sind außerdem die Veröffentlichungskosten der Einrichtung des Systems zu beachten. Die direkten und indirekten Kosten der Publizität hängen davon ab, wie transparent diese Information gestaltet wird.352 Direkte Kosten der Publizität sind von der Erstellung, der eventuellen Prüfung und der Veröffentlichung der Information abhängig. Indirekte Kosten entstehen durch Verhaltensänderungen der Informationsempfänger.353 So können z.B. wettbewerbsinduzierte Kosten auftreten, wenn hinsichtlich der veröffentlichten Information sensible Daten preisgegeben werden und damit die Konkurrenzanalyse für andere Unternehmen vereinfacht wird.354 Auch der Verlust aus entgangenen Einzahlungen ist als Opportunitätskosten möglicherweise relevant.355 Für Kapitalgeber und Manager, die die Vorteile solcher Abteilungen nicht erkennen, erscheinen die Investitionen überflüssig. Einer kurzfristig orientierten Betrachtungsweise folgend könnte die finanzielle Performance des Unternehmens sinken. Dieser Zusammenhang konnte bis jetzt noch nicht empirisch nachgewiesen werden.356 Trotzdem kann die individuelle Gewichtung dieser Kosten im Vergleich zum Nutzen des Systems sehr hoch sein. In der Umfrage wird deshalb auch auf die wahrgenommene Relevanz der Kosten des Systems eingegangen. 3.2.3. Unternehmensexterne Wirkungen eines Whistle-Blowing-Systems 3.2.3.1. Mögliche Reputationsverbesserung durch Signalling Whistle-Blowing-Systeme haben neben unternehmensinternen Auswirkungen ebenfalls unternehmensexterne Vorteile, die daraus resultieren, dass das Verhalten unternehmensexterner Anspruchsgruppen positiv verändert wird. In Unterabschnitt 3.2.2.1 wurde bereits erwähnt, dass die Meldung von Fehlverhalten an das WhistleBlowing-System das Nachaußendringen reputationsschädigender Ereignisse verhindert.357 Dies ist für Unternehmen vorteilhaft, da der Reputationsverlust eine gravierende Art der Schädigung darstellt (siehe Abbildung 8). Nicht nur tatsächliches, sondern auch vermeintliches Fehlverhalten kann zu diesen Schädigungen führen:358
352 353 354 355 356
357 358
Zu direkten und indirekten Kosten der Publizität vgl. Henselmann (2005). Vgl. Henselmann (2005), S. 297. Siehe Henselmann (2005), S. 300 – 301. Vgl. Leisinger (2003), S. 239. In einer Studie von Bruckner / von Pföstl (2005) wurde untersucht, ob mit Einbußen der finanziellen Performance aufgrund nachhaltiger Investitionen zu rechnen ist. Dieser Zusammenhang konnte nicht nachgewiesen werden. Siehe hierzu Dunfee (1990), S. 134, und Moberly (2006), S. 1148. Vgl. Dunfee (1990), S. 131 – 132, und Leisinger (2003), S. 53.
65
Reputationsverlust
44
Rückgang des Aktienkurses
22
Rückgang der Arbeitsmoral
36
Beeinträchtigung der Geschäftsbeziehungen
45
Beeinträchtigung der Beziehung zu Behörden
31
0
10
20
30
40
50
% der berichtenden Fälle in Deutschland (Mehrfachantworten) Abbildung 8: Einschätzung der indirekten Schäden359
Auch alle weiteren der in Abbildung 8 beschrieben Arten indirekter Schädigungen können durch das Whistle-Blowing-System beeinflusst werden. Der Einfluss resultiert aus den Signalisierungseffekten, die aufgrund der Information über die Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems entstehen.360 In Abschnitt 3.1.5 wurde bereits auf die Möglichkeit der Verringerung adverser Selektion aufgrund dieses Signalisierungsverhaltens eingegangen. Ein Unternehmen kann z.B. signalisieren, dass betrügerische Maßnahmen schnellstmöglich aufgedeckt werden sollen, damit Fehlallokationen von Kapital vermieden werden. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die sich bietenden Chancen zum opportunistischen Verhalten nicht genutzt werden.361 Die Signalisierung des oben beschriebenen Verhaltens bewirkt somit eine verbesserte Reputation des Managers.362 Dies erhöht, wie in Unterabschnitt 3.1.4.2 bereits erwähnt wurde, das Vertrauen in den Manager. Die Erzielung eines Vertrauensvorschusses beschreibt einen völlig rationalen Vorgang, weil die verbesserte Reputation direkte ökonomische Konsequenzen verursacht.363 Durch opportunistische Handlun359 360
361 362 363
Vgl. Bussmann et al. (2009), S. 14. Siehe dazu Mazzola / Ravasi / Gabbioneta (2006), S. 399, die dies für die Information über Kontrollsysteme beschrieben. Vgl. Klein / Leffler (1981), S. 616. Vgl. Ripperger (2003), S. 43, und ähnlich auch Göbel (2010), S. 178 – 179. Anders dazu Donato (2009), S. 133. Eine Erhöhung des Vertrauens führt ihrer Meinung nach zu schwer messbaren Konsequenzen. Dies könne dann aus Shareholder-Value-Sicht zu dem Schluss führen, den Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems nicht zu erkennen. Dieser Ansicht kann in dieser Arbeit allerdings nicht gefolgt werden, da gerade der langfristige Horizont einer ShareholderValue-Orientierung den nachhaltigen Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems verdeutlichen sollte.
66 gen können Manager dieses sog. Reputationskapital verlieren, d.h., Umsätze können sinken oder Kapitalkosten werden erhöht.364 Ist das Reputationskapital höher als die durch das opportunistische Verhalten erzielten Gewinne, so wird der Manager entsprechend handeln. Die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems birgt Reputationsvorteile, weil derartige Sachverhalte von der Öffentlichkeit positiv bewertet werden. Dies ist vergleichbar mit Reaktionen der Öffentlichkeit hinsichtlich publizierter ökologischer Zielvorgaben. Die Erfüllung von Umweltzeichenverordnungen ist beispielsweise ein geeignetes Signal, das einen positiven Eindruck hinterlässt.365 Intensive Ausgaben und Aktivitäten in sensiblen Bereichen geben der Öffentlichkeit eine gewisse Sicherheit vor schädlichem Fehlverhalten. Anhand derartiger Investitionen kann nachhaltiges Wirtschaften signalisiert werden. Einige Studien belegen bereits positive Effekte für das Unternehmen aufgrund nachhaltiger Investitionen.366 Nachhaltigkeit beinhaltet nicht nur die ökologische Verantwortung gegenüber der Gesellschaft (wie z.B. die Umweltaspekte), sondern auch soziale und ökonomische Komponenten.367 Schwerpunkte werden z.B. darauf gelegt, wie mit den Mitarbeitern im Unternehmen umgegangen wird, wie Menschenrechte eingehalten werden und ob bei Umstrukturierungen auf soziale Verträglichkeit geachtet wird. Die Begriffe „Corporate Social Responsibility“368 (CSR) oder „Corporate Sustainability“369 sind deshalb schon weitverbreitete Begriffe, die in Unternehmen immer mehr Beachtung finden und häufig in extra CSR- oder Nachhaltigkeitsberichten dargestellt werden. Letztendlich verfolgen Unternehmen damit das Ziel, die Reputation zu erhöhen, was mit einer Steigerung des Shareholder-Values verbunden ist.370 Das Whistle-Blowing-System kann als nachhaltige Investition angesehen werden. Bei vielen Unternehmen finden sich die Informationen zu einem WhistleBlowing-System deshalb (zusätzlich) im CSR-Bericht. Der Signalisierungseffekt tritt nicht nur gegenüber Anteilseignern auf, sondern gegenüber allen Stakeholdern des Unternehmens.371 In Unterabschnitt 3.2.2.3.1 wurde 364 365 366
367 368
369 370
371
Siehe hierzu Erlei / Leschke / Sauerland (2007), S. 252. Vgl. Frenz (2001), S. 249. Siehe für einen Überblick über einige Studien Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003). Siehe auch Simpson / Kohers (2002). Vgl. Dyllick / Hockerts (2002), S. 132. Vgl. zu einem Überblick über die Entwicklung des Corporate Social Responsibility Loew et al. (2004). Formuliert wurde die Nachhaltigkeit durch die UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung in ihrem Bericht „our common future“. Besonders das Zitat der damaligen Vorsitzenden Gro Harlem Brundtland wurde zur weltweiten Diskussion gestellt: „humanity has the ability to make development sustainable to ensure the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs”. So im Brundtland-Report (1987), S. 46. Vgl. zu diesem Begriff z.B. Dyllick / Hockerts (2002). So ist dies auch einer Umfrage unter deutschen börsennotierten Unternehmen zu entnehmen, vgl. von Flotow / Häßler / Kachel (2003). So auch Göbel (2010), S. 179. Allgemein für Nachhaltigkeitsaspekte wurde dies z.B. bei Bell (2005), S. 338, oder Cramer (2002), S. 104, festgestellt.
67 dies auch schon für den Arbeitsmarkt herausgestellt. Die Auswirkungen auf Kunden, Lieferanten und den Kapitalmarkt werden in den nächsten Unterabschnitten diskutiert. 3.2.3.2. Mögliche Erhöhung des Cashflows durch Umsatzsteigerung Die verbesserte Reputation aufgrund der Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems kann das Verhalten der Kunden positiv beeinflussen,372 und es kann u.a. eine Umsatzsteigerung erwartet werden. Nachhaltige Investitionen stärken das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen und helfen dabei, die Geschäftsbeziehungen zu erweitern.373 Die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens können mit einer ethisch und moralisch hohen Verantwortung des Unternehmens in Verbindung gebracht werden. Dazu muss sich die Konsumentenseite einer gewissen Verantwortung bewusst sein, ethische Bedürfnisse in ihre Kaufentscheidung einfließen zu lassen.374 Empirische Ergebnisse gibt es bislang dazu noch nicht. Jedoch ist festzustellen, dass diese Thematik in der Öffentlichkeit stark an Relevanz gewonnen hat. Offensichtlich hat bereits eine Sensibilisierung auf nachhaltige Investitionen stattgefunden. Besonders im ökologischen Bereich lässt sich dieser Zusammenhang am ehesten nachvollziehen, aber auch auf sozialer und ökonomischer Ebene sind Wirkungen nicht ausgeschlossen. Insbesondere Firmenkunden, die oft auf eine lang anhaltende Geschäftsbeziehung Wert legen, dürften derartige Aspekte beachten. An dieser Stelle wird deutlich, dass nicht nur die Kunden, sondern auch die Lieferanten eines Unternehmens von der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems profitieren und darauf sensibilisiert sein sollten. 3.2.3.3. Mögliche Erhöhung des Cashflows aufgrund einer Verbesserung der Lieferantenbeziehungen Die Überlegungen zu den Auswirkungen auf Kunden lassen sich zweifelsfrei auch auf Lieferanten übertragen. Durch ein eingerichtetes Whistle-Blowing-System kann dem Lieferanten ein geringeres Risiko signalisiert werden, dass das Unternehmen in wirtschaftliche Probleme gerät, die ohne ein Whistle-Blowing-System mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten könnten. Mithin sinkt das Risiko eines Wertverlusts des Forderungsbestands, weil die Zahlungsunfähigkeit des betreffenden Unternehmens weniger wahrscheinlich ist. Dieser Zusammenhang lässt sich insbesondere bei Un372
373 374
Vgl. Leisinger (2003), S. 242 – 243; Hofmann (2006), S. 125; Quick / Knocinski (2006), S. 616; Höschen / Vu (2008), S. 379. Vgl. Hansen / Schrader (2005), S. 384, und Eaton / Akers (2007), S. 71. Vgl. Boysen (2000), S. 206. Einerseits sind Unternehmen also gesellschaftlich dazu verpflichtet, das unternehmerische Handeln unter nachhaltigen Gesichtspunkten zu gestalten. Genauso sind jedoch auch die Konsumenten verantwortlich, diese Aspekte in die Konsequenzen ihres ökonomischen Handelns einzukalkulieren, also die jeweilige Kaufentscheidung, -durchführung und -folgen dahingehend zu beurteilen.
68 ternehmen vorstellen, die eine starke Abhängigkeit zueinander besitzen, wie z.B. zwischen Automobilherstellern und Zuliefererunternehmen, die ihren Umsatz zum Großteil mit dem Automobilhersteller generieren. Beiden Parteien sollte daran gelegen sein, dass im Partnerunternehmen geringe Risiken bestehen, Opfer eines Fehlverhaltens und den damit verbundenen Folgen zu sein. Ein eingerichtetes WhistleBlowing-System sollte für die Geschäftspartner demnach entscheidungsrelevant sein. Um ein nachhaltiges Wirtschaften zu erreichen, müssen sich dementsprechend nicht nur Kunden, sondern auch Lieferanten über ihre Verantwortung bewusst sein, Geschäftsbeziehungen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu betrachten. Denkbar wäre z.B. die Ausgestaltung der Zahlungskonditionen nach Maßgabe der Einrichtung eines Whistle-Blowing- bzw. Compliance-Systems. 3.2.3.4. Mögliche Steigerung des Cashflows durch Senkung der Versicherungsprämien Als weitere Auswirkung der Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems ist die Höhe zu leistender Versicherungsprämien zu nennen.375 Insbesondere im Hinblick auf den Abschluss einer Directors and Officers Liability Insurance, kurz D&OVersicherung376, sowie auf eine Vertrauensschadenversicherung erscheint dies entscheidungsrelevant. Die D&O-Versicherung ist eine Haftpflichtversicherung, die zum einen eine Rechtsschutz- und zum anderen eine Zahlungsfunktion beinhaltet.377 Sie verfolgt das Ziel, den versicherten Personen Versicherungsschutz zu bieten, wenn sie wegen einer Pflichtverletzung, die bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit begangen wurde, für einen Vermögensschaden von der eigenen Gesellschaft oder von Dritten persönlich in Anspruch genommen werden.378 Eine Vertrauensschadenversicherung ersetzt hingegen dem versicherten Unternehmen Vermögensschäden, die aufgrund krimineller Handlungen von Mitarbeitern oder auch von Dritten entstanden sind.379 Vor allem im Bankenbereich sind Vertrauensschadenversicherungen zu finden.380 Die Höhe der zu leistenden Prämie in eine dieser Versicherungen kann stellvertretend für die Qualität des Corporate-Governance-Systems eines Unternehmens angesehen werden.381 Empirische Ergebnisse bestätigen, dass Unternehmen mit ei375
376
377
378 379 380 381
So argumentieren dies Quick / Knocinski (2006), S. 616, und Höschen / Vu (2008), S. 379, für Nachhaltigkeitsberichte. Die deutsche Bezeichnung für diesen Versicherungstyp lautet: Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer. Zur Unterscheidung dieser zwei Funktionen und einem Überblick über die D&O-Versicherung sowie der Entstehungsgeschichte, vgl. Schillinger (2005). Vgl. Schillinger (2005). Vgl. Daftari / Fassbender (2000), S. 596, und Koch (2005), S. 1192. Siehe dazu Ihlas (1994), S. 898. Vgl. zur D&O-Versicherung Core (2000), S. 450.
69 nem schlechten Corporate-Governance-System signifikant höhere Prämien an den D&O-Versicherer zu zahlen haben als Unternehmen mit guten CorporateGovernance-Systemen.382 Das Whistle-Blowing-System trägt dazu bei, dass die Risiken, die die Versicherung abdecken soll, gesenkt werden.383 Der Einfluss der Implementierung eines solchen Systems auf die Höhe der Prämienzahlung scheint deshalb offensichtlich. In Deutschland gewinnen D&O-Versicherungen nun auch bei GmbHs an Bedeutung, da die Geschäftsführer einer GmbH mit den Änderungen des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) mit verstärkten Haftungsrisiken konfrontiert werden. Effektive Corporate-GovernanceSysteme und die Errichtung von Compliance-Mechanismen werden deshalb auch im Mittelstand relevanter, weil die Rechtsform der GmbH gerade hier eine bedeutende Rolle spielt.384 3.2.3.5. Mögliche Auswirkungen auf die Kapitalkosten 3.2.3.5.1. Bestandteile der Kapitalkosten Eine Reputationsverbesserung aufgrund der Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems wirkt nicht nur auf den Cashflow. Auch die Kapitalkosten werden davon beeinflusst. Die Kapitalkosten geben die Renditeforderungen der Kapitalgeber wieder. Dabei ist das Risiko der Anlage entscheidend für die Höhe dieser Forderung. Um den Einfluss eines Whistle-Blowing-Systems genauer zu analysieren, ist es notwendig, zuerst die Bestandteile der Kapitalkosten darzustellen. Üblicherweise werden für die Überführung zukünftiger Cashflows in Gegenwartswerte gewichtete Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital (WACC)) verwendet, die die Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber wiedergeben:385 ݇ௐ ൌ Mit: ݇ௐ ܭܨǡ ܭܧǡ ܭܩ ݇ா ݇ி
382 383 384
385
= = = =
ܭܨ ܭܧ ȉ݇ ȉ݇ ܭܩி ܭܩா
gewichtete Kapitalkosten Fremd-, Eigen-, Gesamtkapital Eigenkapitalkosten Fremdkapitalkosten
Siehe dazu die empirischen Ergebnisse von Core (2000). Vgl. Jernberg (2003), S. 16 und S. 18. Vgl. ausführlicher zum MoMiG http://www.bmj.de/enid/2e73ec51fae50948cd978374f4958f03,0/ Gesellschaftsrecht/Die_GmbH-Reform_ts.html (eingesehen am 03.01.2010). Vgl. Copeland et al. (2002), S. 251, und Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 223. Auf den Einbezug der Steuern wird in dieser Arbeit verzichtet, siehe dazu ausführlich Gröger (2009).
70 Während die Höhe der Fremdkapitalkosten aufgrund vertraglicher Vereinbarungen relativ leicht abzuleiten ist, sind die Eigenkapitalkosten schwieriger zu ermitteln, da mit den Eigenkapitalgebern keine vertraglich festgelegten Renditeansprüche vereinbart werden.386 Dies führt zu Problemen hinsichtlich der Messung und der theoretischen Rechtfertigung.387 Die Eigenkapitalkosten können aus der Rendite einer risikofreien Anlage ermittelt werden, die um eine Risikoprämie ergänzt wird, welche die Investition in die risikobehafteten Anteile des Unternehmens abgilt.388 Üblicherweise wird für die risikofreie Rendite die Rendite von Bundesanleihen herangezogen, die die gleiche Laufzeit haben sollten, wie die langfristige Prognoseperiode der Cashflows.389 Für die Ermittlung der Risikoprämie sind mehrere Zuschläge zu berücksichtigen, weil die Investition durch unterschiedliche Risiken beeinflusst wird. Der folgende Unterabschnitt geht auf diese Risikozuschläge ausführlich ein. 3.2.3.5.2. Für die Eigenkapitalkosten zu berücksichtigende Risikozuschläge Für die Ermittlung der Eigenkapitalkosten wird häufig das Capital Asset Pricing Model (CAPM)390 herangezogen. Es handelt sich hierbei um ein auf der Portfoliotheorie von Markowitz391 aufbauendes einperiodiges Gleichgewichtsmodell, das den Zusammenhang der Renditen an einem Kapitalmarkt gehandelter Wertpapiere erklärt. Das CAPM beruht auf einem restriktiven Annahmengerüst.392 Insbesondere wird von einem vollkommenen Kapitalmarkt ausgegangen, d.h., es bestehen keine Informationsasymmetrien zwischen den Kapitalmarktteilnehmern. Alle Informationen sind kostenlos verfügbar, es existieren keine Transaktionskosten und Steuern. Alle bewertungsrelevanten Informationen sind im Marktpreis enthalten, d.h., es herrscht strenge Informationseffizienz393. Zudem ist die Reaktionsgeschwindigkeit unendlich hoch, Geldaufnahme und -anlage sind unbegrenzt möglich und die gehandelten Güter sind homogen.394 Diesen Annahmen folgend werden bei dem CAPM nicht alle in der Realität auftretenden Risiken in der Risikoprämie berücksichtigt. Bestimmte Risiken kann der Anle-
386 387 388 389 390
391 392
393 394
Siehe Rappaport (1999), S. 46, und Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 55. Vgl. Copeland et al. (2002), S. 264. Vgl. Rappaport (1999), S. 46 – 47. Siehe dazu Rappaport (1999), S. 46 – 47. Das Grundmodell des CAPM geht auf die Arbeiten von Sharpe (1964); Lintner (1965); Mossin (1966) sowie einer unveröffentlichten Arbeit von Jack L. Treynor zurück. Vgl. zu einem Überblick über das CAPM z.B. Steiner / Bruns (2007), S. 21 – 29; Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 261 – 268; Kruschwitz / Husmann (2010), S. 171 – 237. Vgl. Markowitz (1952). Vgl. zu diesen Annahmen ausführlich Sharpe (1964), S. 427 – 428; Lintner (1965), S. 15 – 16; Mossin (1966), S. 769 – 772. Zu einer Einteilung der Effizienzgrade des Kapitalmarkts vgl. Fama (1970). Vgl. z.B. Matschke / Brösel (2007), S. 32, und Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 261 – 262.
71 ger durch optimale Diversifikation seiner Investition ausschalten.395 Deshalb werden diversifizierbare Risiken, die auch als unsystematische Risiken bezeichnet werden, bei der Ermittlung der Eigenkapitalkosten nicht berücksichtigt. Beim CAPM wird deshalb lediglich das systematische Risiko einbezogen, welches auch als Marktrisiko bezeichnet wird.396 Die Risikoprämie bestimmt sich beim CAPM als Produkt aus der Marktrisikoprämie und dem Betafaktor des betrachteten Wertpapiers. Die Marktrisikoprämie ist die Differenz zwischen der erwarteten Marktrendite und dem risikofreien Zinssatz. Der Betafaktor gibt die Risikohöhe eines Portfolios im Vergleich zum Marktportfolio wieder und bestimmt sich aus dem Quotient aus der Kovarianz aus der Rendite eines Portfolios mit dem Marktportfolio und der Varianz der Rendite des Marktportfolios.397 Die CAPM-Bewertungsgleichung, auch Wertpapiermarktlinie genannt, ergibt sich demzufolge aus folgender Gleichung:398 ݇ா ൌ ݅ ሺߤெ െ ݅ሻ ȉ ߚ Mit: ݅ ߤெ ߚ
= = =
risikofreier Zinssatz Marktrendite Betafaktor
Wie oben beschrieben, wird mit dem CAPM lediglich dem Marktrisiko Rechnung getragen, da den Annahmen folgend eine perfekte Diversifizierung und vollständige Informationen vorliegen. Das Risiko eines Fehlverhaltens seitens des Managements ist ein typisches Beispiel für ein diversifizierbares Risiko, das im CAPM keine Berücksichtigung findet. Folglich werden diese unsystematischen Risiken und entsprechende Vorkehrungen zur Verringerung dieser Risiken die nach dem CAPM ermittelten Eigenkapitalkosten nicht beeinflussen. Die restriktiven Annahmen des CAPM lassen eine Anwendung dessen auf die hier unterstellte Situation nicht zu.399 Auch in Kapitel zwei wurde schon festgehalten, dass die hier besprochene Problematik allein 395
396
397 398
399
Vgl. hierzu auch ausführlich Markowitz (1952), der bewiesen hat, dass die Investition in mehrere nicht vollständig miteinander korrelierte Aktien das Risiko vermindert, ohne gleichzeitig die Renditechancen zu vermindern. Vgl. zur Unterscheidung zwischen dem systematischen und unsystematischen Risiko u.a. Rappaport (1999), S. 224; Matschke / Brösel (2007), S. 34; Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 267 – 268. Vgl. Rappaport (1999), S. 47 – 48, und Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 267. Ähnlich bei Rappaport (1999), S. 48; Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 266; Gröger (2009), S. 62. Es ist anzumerken, dass die CAPM-Gleichgewichtsbeziehung lediglich den Zusammenhang zwischen erwarteter Rendite eines Wertpapiers und erwarteter Rendite des Marktportfolios bestimmt. Sind erwartete Marktrendite, risikofreier Zins und Beta-Faktor eines Bewertungsobjektes bekannt, kann jedoch mit Hilfe der Wertpapiermarktlinie der Kapitalkostensatz bestimmt werden. Der Kapitalkostensatz ist dabei als die erwartete Rendite zu interpretieren, die die Kapitalmarktakteure im Gleichgewicht fordern, um nicht schlechter gestellt zu werden als bei einer kombinierten Investition bzw. Desinvestition in die sichere Anlage und das Marktportfolio. Im Gegensatz zu dieser Argumentation kann auch ein Einfluss auf das systematische Risiko belegt werden. Einige dieser Studien werden in Unterabschnitt 3.2.3.5.4 vorgestellt.
72 in Situationen auftreten kann, die auf vorhandenen Informationsasymmetrien beruhen. Deshalb sollte für die weitere Argumentation eine Erweiterung des CAPM Anwendung finden, die sich insbesondere von den folgenden Annahmen des CAPM löst:400 informationseffiziente Kapitalmärkte und perfekt diversifizierte Portfolios aller Investoren. Auf einem Kapitalmarkt ohne strenge Informationseffizienz sind zum einen der informationsbedingte Risikozuschlag und zum anderen der ökonomische Risikozuschlag zu beachten.401 Mit dem informationsbedingten Risikozuschlag werden die auf Informationsasymmetrien beruhenden Unsicherheiten der Anteilseigner über das ökonomische Risiko abgegolten. Die ökonomische Risikokomponente kann wiederum in das Investitionsrisiko und das Verhaltensrisiko unterteilt werden.402 Unter dem Investitionsrisiko ist zu verstehen, dass an die Kapitalgeber nicht mehr ausgeschüttet werden kann, als durch die Investition erwirtschaftet wird. In das Investitionsrisiko fließt unter anderem auch das Marktrisiko ein.403 Das Verhaltensrisiko spiegelt Unsicherheiten wider, die aus dem Verhalten des Managements resultieren.404 Diese Unsicherheiten entstehen in Delegationsbeziehungen, weil es aufgrund der Interessenkonflikte zwischen Manager und Eigner und der Informationsvorsprünge des Managers zu Moral Hazard kommt, d.h., der Manager agiert zu seinem Vorteil. Die Informationsasymmetrien sind gleichermaßen auch als Ursache für einen informationsbedingten Risikozuschlag heranzuziehen. Allerdings spielen hier die Informationsasymmetrien vor dem Vertragsabschluss eine Rolle. Der Anteilseigner kann die Qualität des Managers nicht beobachten, womit es zum schon beschriebenen Problem der adversen Selektion kommt.405 Weil Informationsasymmetrien zukünftige Zahlungsströme des Anteilseigners beeinflussen, hängen dessen Renditeerwartungen maßgeblich vom Grad der Agency-Konflikte ab.406
400
401
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404
405 406
Zur Kritik am CAPM und insbesondere den angeführten Annahmen vgl. Gleißner (2005), S. 218. Uzík (2004) erweitert das CAPM um eine Informationsunsicherheitsprämie. Er hat die Annahme informationseffizienter Kapitalmärkte in seiner Arbeit empirisch überprüft und konnte diese nicht bestätigen, vgl. Uzík (2004), S. 180. Hofer geht auch auf die Möglichkeit ein, dass zusätzlich zum systematischen Risiko noch weitere Corporate-Governance-bedingte Risikokomponenten zu berücksichtigen sind. Vgl. Hofer (2008), S. 98 – 100. Vgl. zu dieser Einteilung Elliott / Jacobson (1994), S. 81, und Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 55. Vgl. hierzu Hax / Hartmann-Wendels / von Hinten (2001), S. 584, und Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 55. Neben dem Marktrisiko, welches hier als Varianz der Nettoumsatzerlöse zu verstehen ist, bemisst sich das Investitionsrisiko auch durch den Operating Leverage. Dieser ist als relatives Gewicht der zu Auszahlungen führenden umsatzabhängigen und -unabhängigen Produktionskosten zu verstehen. Siehe Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 55. Vgl. Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 55. Der Risikozuschlag aus der Unsicherheit über das Verhalten des Agenten wird bei Raskop (2004), S. 43, auch als Misstrauenszuschlag bezeichnet. Vgl. Hax / Hartmann-Wendels / von Hinten (2001), S. 602. Siehe auch Drobetz / Schillhofer / Zimmermann (2004a), S. 15.
73 Die Möglichkeiten des Anteilseigners zur Verringerung der Agency-Konflikte wurden in Abschnitt 3.1.4 ausführlich diskutiert. Insbesondere wurden die Anreiz- und Überwachungstätigkeiten zur Vermeidung von Moral Hazard und das Screening zur Vermeidung der adversen Selektion festgehalten. Die dadurch entstehenden MonitoringKosten des Anteilseigners werden als Risikoprämie an die Agenten weitergeleitet.407 Können diese Kosten für den Anteilseigner gesenkt werden, so wird sich dies in niedrigeren Kapitalkosten des Unternehmens auswirken.408 Außerdem können die Kosten des Anteilseigners dadurch gesenkt werden, indem das Management eine gewisse Vertrauensbasis durch spezifische Investitionen und Kommunikation schafft.409 Für die folgende Argumentation kann die Höhe des Investitionsrisikos unberücksichtigt bleiben, da sie nicht durch das Whistle-Blowing-System beeinflusst wird.410 Daraus ergibt sich die folgende Gleichung zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten: ݇ா ൌ ݅ ሺߤெ െ ݅ሻ ȉ ߚ ࢠ࢜ ࢠ Mit: ݖ௩ ݖ
= =
verhaltensbedingter Risikozuschlag informationsbedingter Risikozuschlag
Die Eigenkapitalkosten setzen sich folglich aus dem risikofreien Zins, der mit dem Beta multiplizierten Marktrisikoprämie sowie dem verhaltensbedingten und informationsbedingten Risikozuschlag zusammen. Neben dem systematischen Risiko wird für die folgende Untersuchung deshalb zusätzlich das unsystematische Risiko betrachtet, welches sich in den letzten beiden Risikozuschlägen niederschlägt. Der nächste Unterabschnitt geht darauf ein, inwiefern das Whistle-Blowing-System einen Einfluss auf diese beiden Komponenten haben kann. Vereinfachend wird hierbei eine additive Verknüpfung der Risikozuschläge unterstellt. Außerdem wird von nicht vorhandener Interdependenz beider Zuschläge ausgegangen. Ferner wird hierbei angenommen, dass der informationsbedingte und der verhaltensbedingte Risikozuschlag nicht schon im Beta enthalten sind. Dies ist anders zu beurteilen, wenn davon ausgegangen wird, dass Informationsasymmetrien auch das Beta, also das systematische Risiko, beeinflussen können. Dieser Zusammenhang wurde bereits durch
407 408
409
410
Vgl. Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 56. Vgl. dazu das Modell von Lombardo / Pagano (2002), und ferner auch Drobetz / Schillhofer / Zimmermann (2004a), S. 15, sowie Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 56. Vgl. zur Senkung der Risikoprämie durch geschaffenes Vertrauen Uzík (2004), S. 180. Die Kosten der Signalisierung seitens des Managements sollten dabei geringer sein als die aufgrund der neuen Information eingesparten Kosten der Aktivitäten des Anteilseigners. Anders formuliert kann eine Senkung der Risikozuschläge nur erfolgen, wenn sich die Transaktionskosten der Informationsbeschaffung und der Vertragsdurchsetzung senken. D.h., die Bonding-Kosten durch die Einrichtung des Systems sollten geringer sein als die Monitoring- oder Screening-Kosten der Anteilseigner, die ohne das System anfallen würden. Vgl. Raskop (2004), S. 54, S. 58 und S. 193. Außerdem steckt das Investitionsrisiko z.T. mit im Marktrisiko. Siehe Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 55.
74 einige Studien belegt.411 Unterabschnitt 3.2.3.5.4 zeigt deshalb noch die Möglichkeit der Beeinflussung des systematischen Risikos auf. 3.2.3.5.3. Der Einfluss eines eingerichteten Whistle-Blowing-Systems auf das unsystematische Risiko In den vorigen Unterabschnitten wurde bereits herausgestellt, dass ein WhistleBlowing-System das Risiko zur Fehlinvestition senken kann und die Einrichtung eines solchen Systems für Kapitalgeber entscheidungsrelevant sein sollte.412 Sofern Kapitalgeber erkennen, dass die freiwillig von Unternehmen eingerichteten Systeme ihre Interessen schützen können, kann sich dies positiv auf die Kapitalkosten des Unternehmens auswirken.413 Dieser Zusammenhang ist mit der Senkung der Kapitalkosten bei Befolgung von Corporate-Governance-Richtlinien zu vergleichen.414 Für Deutschland konnten bereits empirische Nachweise zur Existenz dieses Zusammenhangs erbracht werden.415 Der Manager hat die Möglichkeit, die im vorherigen Unterabschnitt genannten Risiken durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. die Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems, zu senken. Zum einen kann die Einrichtung eines funktionierenden Whistle-Blowing-Systems den Verhaltensrisikozuschlag senken, weil das Risiko verringert wird, dass ein Fehlverhalten des Managements (Moral Hazard) unentdeckt bleibt und damit nicht gegengesteuert werden kann; zum anderen kann der informationsbedingte Risikozuschlag gemindert werden, wenn der Anteilseigner über das System infor-
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Vgl. hierzu insbesondere Easley / O’Hara (2004) und Leuz / Verrecchia (2005). Eine intensive Betrachtung des Einflusses von Informationsasymmetrien auf die Eigenkapitalkosten mit einer Unterscheidung zwischen systematischen und unsystematischen Risiken erfolgt bei Hofer (2008), insbesondere S. 108 – 110. Vgl. dazu die Erkenntnisse von La Porta et al. (1997), bei denen gezeigt wurde, dass gesetzliche Aktionärsschutzrechte zu einer höheren Finanzierung durch Aktien führen. Im Gegensatz dazu führen Gläubigerschutzrechte zu einer Erhöhung der Fremdfinanzierung. Vgl. Buderath / Langer (2007), S. 131, die diesen Zusammenhang zwar nicht bei einem WhistleBlowing-System, sondern bei der internen Revision darlegten. Die Wirkungen lassen sich gleichwohl übertragen, da die interne Revision durch ein Whistle-Blowing-System unterstützt wird. Siehe dazu auch die Ergebnisse von La Porta et al. (2000). Vgl. dazu z.B. Pellens / Hillebrandt / Ulmer et al. (2001), S. 1250, und Borges (2003), S. 533. In einer Studie von Mc Kinsey hat sich herausgestellt, dass Investoren, die Wert auf eine gute Corporate Governance legen, bereit wären, Aufschläge zwischen 12 % und 30 % für Unternehmen zu zahlen, Vgl. Mc Kinsey (2002). Allerdings sind die Ergebnisse zwischen den Studien unterschiedlich. Drobetz / Schillhofer / Zimmermann (2004b) untersuchten den Zusammenhang zwischen einem selbsterstellten ScoringModell zur Qualität der Corporate Governance deutscher Unternehmen und Aktienrenditen, wobei ein positiver Zusammenhang festgestellt werden konnte. Die Selbstregulierung des Kapitalmarkts mittels Kurszu- oder -abschlägen bei der (Nicht-)Befolgung des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ wurde z.B. von Nowak / Rott / Mahr (2005) untersucht und konnte nicht bestätigt werden. In internationalen Studien von La Porta et al. (2002) und Klapper / Love (2004) wurde länderübergreifend herausgefunden, dass gute Corporate Governance durch höhere Unternehmensbewertungen belohnt werden kann. Vgl. dazu auch Drobetz (2006), S. 185.
75 miert wird, sodass die Unsicherheit über das ökonomische Risiko (aus dem Verhalten des Managements) gesenkt und dadurch adverse Selektion vermieden wird.416 Der verhaltensbedingte Risikozuschlag (ݖ௩ ) wird durch das eingerichtete WhistleBlowing-System deshalb vermindert, weil das geringere Risiko von Fehlverhalten zu einer Reduzierung von Überwachungstätigkeiten und damit verbundenen Kosten des Anteilseigner führt.417 Letztendlich senkt dies die Kapitalkosten. Der informationsbedingte Risikozuschlag ist vom Grad der vor Vertragsabschluss entstehenden Informationsasymmetrien zwischen Anteilseigner und Manager abhängig. Diese bergen ein gewisses Informationsrisiko über die Qualität des Managers, welches durch Informationskosten des Investors, den sog. Screening-Kosten, verringert werden können.418 Eine glaubwürdige und informative Berichterstattung über das eingerichtete Whistle-Blowing-System vermindert die Screening-Kosten und senkt dadurch den informationsbedingten Risikozuschlag.419 Dabei ist anzunehmen, dass die Screening-Aktivitäten des Anteilseigners von der Berichterstattung des Managements (Signalling- bzw. Bonding-Aktivitäten) abhängen.420 Sinken die beiden Risikozuschläge, verringern sich folglich auch die Eigenkapitalkosten und der Unternehmenswert steigt.421 Um diesen Zusammenhang darzustellen, wird angenommen, der sichere Zins, das Marktrisiko und der Zuschlag für das Inves-
416
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421
Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 56, bezogen diesen Zusammenhang auf die Einrichtung von Corporate-Governance-Mechanismen. Siehe auch Hax / Hartmann-Wendels / von Hinten (2001), S. 601 – 602. Diese Argumentation erfolgt in Anlehnung an Beiner (2005), der die Monitoring-Kosten in Abhängigkeit der Monitoring-Aktivitäten, dem Einsatz von Corporate-Governance-Mechanismen sowie den rechtlichen, institutionellen und politischen Rahmenbedingungen eines Staates definiert hat. Vgl. Beiner (2005), S. 47 – 49, der bei seinem Modell Bezug auf Lombardo (2000) nimmt. In Anbetracht der hier gegebenen Thematik sei anzunehmen, dass die Verbesserung des Whistle-BlowingSystems einen Einfluss auf die Intensität der Überwachungstätigkeit des Anteilseigners haben könnte und nicht als weiterer Einflussfaktor neben den Monitoring-Aktivitäten steht. Die Überwachungstätigkeit des Anteilseigners sei mithin alleiniger Einflussfaktor für die Höhe der Kosten der Überwachung seitens eines Anteilseigners. Hier sind z.B. Kosten der Informationssuche gemeint, vgl. Zöllner (2007), S. 255. Screening-Kosten sind Kosten des Prinzipals und können somit auch als Monitoring-Kosten aufgefasst werden. Der Whistle-Blowing-Bericht kann als Komponente des sog. Value-Reporting angesehen werden. Zur Feststellung, dass Value Reporting Informationsasymmetrien vermindern kann und damit die Informationsrisiken senkt, vgl. Uzík (2004), S. 183 – 184. Dazu muss folgende Annahme gültig sein: Die Signalling-Aktivität und die damit verbundenen Kosten des Managements sind geringer als die Screening-Aktivitäten der Anteilseigner. Sonst würde der Effekt der Senkung der Screening-Kosten durch die Erhöhung der Signalling-Kosten komplett neutralisiert oder gar umgedreht. Hierbei ist anzumerken, dass die alleinige Senkung der Eigenkapitalkosten nicht zur Unternehmenswertsteigerung führt. Voraussetzung ist, dass die Kapitalkosten insgesamt sinken. Sofern das Risiko auf die Fremdkapitalgeber überwälzt wird und eine Senkung der Eigenkapitalkosten zur Fremdkapitalkostenerhöhung führt, ändert sich am Unternehmenswert nichts. Vgl. zu diesen Zusammenhängen Baetge et al. (2009), S. 383 – 385. Ähnlich auch Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 489 – 490.
76 titionsrisiko sind konstant.422 Die Eigenkapitalkosten hängen dementsprechend vom Verhaltens- und Informationsrisiko ab, also: ݇ா ൌ ݂ሺݖ ǡ ݖ௩ ሻ. Graphisch lässt sich der Zusammenhang folgendermaßen abbilden:
422
Vgl. Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 56. Deren Überlegungen spezifizieren die Ideen von Elliott / Jacobson (1994), S. 81 – 82, die den Zusammenhang zwischen der Publizität und dem informationsbedingten Risikozuschlag veranschaulicht haben.
77 Eigenkapitalkosten C
I. ܥൌ ܣ ܥܣଵ ܥܣଶ
Verhaltens- und informationsbedingter Risikozuschlag
ο ݔ οݕ
A Zuschlag für Investitionsrisiken risikofreier Zins
Effektives, effizientes Whistle-Blowing-System und Publizität Eigenkapitalkosten
II. ܥଵ
Verhaltensbedingter Risikozuschlag
οݔ A Zuschlag für Investitionsrisiken risikofreier Zins
Effektives und effizientes Whistle-Blowing-System Eigenkapitalkosten
III. ܥଶ
Informationsbedingter Risikozuschlag
οݕ A Zuschlag für Investitionsrisiken risikofreier Zins
Publizität zum Whistle-Blowing-System
Abbildung 9: Senkung der Risikozuschläge durch ein Whistle-Blowing-System423
In Abbildung 9 sind die Zuschläge für Informationsrisiko und das Verhaltensrisiko einzeln (Graphen II und III) und zusammengefasst (Graph I) abgebildet. Anhand der Abbildung ist erkennbar, dass eine Erhöhung der Effektivität und Effizienz des Whist423
In Anlehnung an Weber / Lentfer / Köster (2007), S. 56.
78 le-Blowing-Systems zu einer Verringerung der Eigenkapitalkosten um ο ݔführt; eine verbesserte Berichterstattung bedingt eine Senkung der Eigenkapitalkosten um οݕ. In Graph I sind diese Effekte zusammengefasst abgebildet. Nicht nur für das einzelne Unternehmen ergeben sich positive Effekte aus der Senkung der Eigenkapitalkosten. Maßnahmen zum Schutz der Aktionäre, wie z.B. Compliance-Systeme, wirken über den Kapitalmarkt weiter auf die gesamte Wirtschaft. Insbesondere kann die gesamte Kapitalallokation verbessert werden, womit eine positive Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum verbunden sein kann.424 3.2.3.5.4. Die Senkung der Eigenkapitalkosten aufgrund einer Senkung des systematisches Risikos Neben der Möglichkeit der Beeinflussung des unsystematischen Risikos gibt es auch Erklärungsansätze für den Einfluss der Unternehmensführung auf das systematische Risiko (Marktrisiko). Beispielsweise kann auch davon ausgegangen werden, dass schädigende Handlungen seitens des Managements ein nicht diversifizierbares Risiko, also ein Marktrisiko, darstellen. Folglich stellt die Einschränkung dieser Handlungen aufgrund des Whistle-Blowing-Systems eine Möglichkeit zur Verringerung des Marktrisikos dar. Eine nicht durchführbare Diversifikation ergibt sich daraus, dass die schädigenden Handlungen von den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Investition abhängen. Da diese wiederum von der Marktlage determiniert werden, ist zu schlussfolgern, dass das Schädigungsrisiko des Managers ebenso vom Marktrisiko beeinflusst werden kann.425 Außerdem kann das systematische Risiko durch die Zuteilung von Entscheidungsrechten an das Management beeinflusst werden, weil Manager zu großen Investitionsprojekten und Empire Building neigen. Das Überinvestitionsrisiko kann deshalb in weniger erfolgreichen Zeiten zu höheren Verlusten führen. Infolgedessen steigt das Beta des Unternehmens an.426 Ein weiterer Erklärungsansatz stellt auf bestehende Informationsasymmetrien zwischen Management und Anteilseignern ab. Es konnte nachgewiesen werden, dass schlechter informierte Investoren im Gegensatz zu besser informierten Investoren (Insider-Informationen) eine höhere Rendite verlangen. Aufgrund ihres Informationsnachteils können schlechter informierte Investoren ihr Portfolio nicht so gut diversifizieren wie Investoren mit Insider-Informationen. Folglich haben sie ein systematisches Risiko zu tragen, das sich in höheren Renditeansprüchen widerspiegelt. Eine
424 425
426
Vgl. La Porta et al. (2000), S. 16, sowie Beck / Levine / Loayza (2000). Vgl. Chen / Chen / Wei (2004). Diese Studien zum systematischen Risiko sind auch nachzulesen bei Hofer (2008), S. 106 – 109. Vgl. Garmaise / Liu (2005).
79 gute Informationspolitik, z.B. über das Whistle-Blowing-System, könnte deshalb zu einer Senkung der Eigenkapitalkosten beitragen.427 Informationsasymmetrien zwischen dem Kapitalmarkt und dem Management führen bei Aktien außerdem zu erhöhter Illiquidität. Ursache für Illiquidität ist der Unterschied zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis einer Aktie, der aus unterschiedlichen Vorstellungen von Anbieter und Nachfrage resultiert. Die Differenz zwischen dem Angebots- und Nachfragepreis wird auch als Geld-Brief-Spanne (bid-ask-spread) bezeichnet.428 Diese Spanne ist letztlich der Preis dafür, dass ein Geschäft sofort abgeschlossen wird. Die Liquidität eines Wertpapiers gibt folglich an, inwiefern der Anleger seine Anlage zu einem fairen Preis kaufen oder verkaufen kann.429 Mangelnde Liquidität der Aktie führt beim Investor zu einem erhöhten Risiko, die Aktie nicht schnell zu einem fairen Preis verkaufen zu können. Des Weiteren erhöht sich das Risiko eines nicht effizienten Preisbildungsmechanismus am Kapitalmarkt. Der Aktienkurs gibt dann nicht mehr den tatsächlichen Unternehmenswert wieder. Diese Risiken beeinflussen dadurch offensichtlich die Kapitalkosten.430 Die Veröffentlichung von entscheidungsrelevanten Informationen führt zum Abbau von Informationsasymmetrien zwischen dem Management und den Anteilseignern,431 sodass sich die Vorstellungen über den Preis der Aktie zwischen Anbieter und Nachfrager angleichen, d.h., die Geld-Brief-Spanne sinkt.432 Eine Senkung der Geld-BriefSpanne reflektiert wiederum die Erhöhung der Liquidität eines Wertpapiers.433 Die Erhöhung der Liquidität der Aktie ist auch dadurch zu begründen, dass durch die Veröffentlichung der Informationen ein geringeres Informations- und Schätzrisiko der Analysten einkalkuliert und mithin eine Erhöhung der Genauigkeit ihrer Empfehlungen erwartet wird. Dadurch werden Handelskosten reduziert, das Handelsvolumen und die Liquidität erhöht, was zu sinkenden Kapitalkosten führt.434 Die Einrichtung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems und entsprechende Berichterstattung kann die eben genannten Punkte beeinflussen. Schädigungshandlungen des Managements, Empire Building und der Abbau von Informationsasymmetrien könnten durch ein funktionierendes Whistle-Blowing-System gesenkt werden. 427 428 429 430
431 432 433
434
Siehe Easley / O’Hara (2004). Vgl. Amihud / Mendelson (1986), S. 223 – 224; Möller (2003), S. 470 – 471; Uzík (2004), S. 115. Siehe auch Steiner / Bruns (2007), S. 77. Vgl. zu diesen Zusammenhängen Amihud / Mendelson (1986); Diamond / Verrecchia (1991); Healy / Hutton / Palepu (1999). Siehe Diamond / Verrecchia (1991), S. 1325. Vgl. Möller (2003), S. 471. Vgl. zum Beispiel Healy / Hutton / Palepu (1999), S. 508, und zu diesen Zusammenhängen auch Amihud / Mendelson (1986), S. 223 – 224 und S. 247. Bei größeren Unternehmen führt dieser Effekt zu einer stärkeren Senkung der Kapitalkosten als bei kleineren Unternehmen, vgl. Diamond / Verrecchia (1991). Auch Zöllner (2007), S. 255, weist auf den Zusammenhang zwischen Transparenz und dem Liquiditätsrisiko hin. Vgl. Uzík (2004), S. 183 – 184, mit Verweis auf die Ergebnisse von Lang / Lundholm (1996), S. 467 – 492, und Verrecchia (1999), S. 271.
80 Folglich lässt sich ein Whistle-Blowing-System auch wegen des Einflusses auf das systematische Risiko befürworten. 3.2.3.5.5. Die Senkung der Fremdkapitalkosten als Folge eingerichteter WhistleBlowing-Systeme Analog zum Einfluss eines Whistle-Blowing-Systems auf die Eigenkapitalkosten ist die Wirkung auf die Fremdkapitalkosten zu berücksichtigen, denn auch die Fremdkapitalgeber verlangen für die übernommenen Risiken eine Entschädigung. Diese Kosten enthalten, ähnlich wie die Eigenkapitalkosten, Prämien für die übernommenen Risiken, der sog. Credit Spread.435 Dieser Spread sollte durch die Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems gesenkt werden.436 Banken berücksichtigen bei der Kreditvergabe und der Festsetzung der Zinsen verschiedene Arten von Risiken des Schuldners. Hierzu gehören insbesondere das Bonitäts- oder Ausfallrisiko, das Besicherungsrisiko, das Haftungsrisiko und das Reputationsrisiko.437 Insbesondere relevant sind für die hier gestellte Thematik das Ausfallrisiko und das Reputationsrisiko. Beim Ausfallrisiko handelt es sich um die Unsicherheit des Kreditgebers, dass der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann.438 Mit dem Reputationsrisiko sind Unsicherheiten des Kreditgebers verbunden, aufgrund einer Berichterstattung über ein Geschäft mit einem Vertragspartner das öffentliche Vertrauen zu verlieren.439 Da das öffentliche Interesse an nachhaltigen Engagements stark gestiegen ist, achten Kreditgeber vermehrt darauf, dass die durch den Kredit finanzierten Investitionen diesen Anforderungen gerecht werden.440 Andererseits kann das Image einer Bank negativ beeinflusst werden, wenn bestimmte Projekte finanziert werden, die nicht nachhaltig sind.441 Beide oben genannten Risiken können mithin durch ein Whistle-Blowing-System bzw. durch dessen Kommunikation verringert werden. Ein Ausfall der Zahlungen ist unwahrscheinlicher, wenn durch eine verbesserte Risikokommunikation im Unternehmen Fehlverhalten entdeckt und verhindert werden kann. Des Weiteren wird das 435 436
437 438
439
440 441
Vgl. Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 495. Im Hinblick auf Corporate-Governance-Systeme ist dieser Zusammenhang nachzulesen bei Menz / Nelles (2006), S. 632. Einen empirischen Nachweis für die Senkung der Fremdkapitalkosten aufgrund besserer Corporate Governance lieferten z.B. Ashbaugh-Skaife / Collins / LaFond (2006). Weitere Nachweise sind bei Hofer (2008), S. 113 – 114, zu finden. Vgl. zu dieser Aufzählung Rauschenberger (2002), S. 106. Vgl. zum Ausfallrisiko z.B. Hartmann-Wendels / Pfingsten / Weber (2010), S. 416 – 417 und S. 497 – 637. Vgl. zu einem Überblick über das Reputationsrisiko Gaumert (2008) und Rauschenberger (2002), S. 108, der dieses Risiko hier als Imageverlust bezeichnet. Vgl. Neubauer (2006), S. 34. Vgl. Rauschenberger (2002), S. 108, und Neubauer (2006), S. 35. Zum Einfluss guter Corporate Governance auf das Rating vgl. Peemöller / Reinel-Neumann (2009), S. 210.
81 Image der Bank weniger verletzt, wenn in Unternehmen investiert wird, die nachhaltige Investitionen getätigt haben und diese durch die Bank finanziert bekommen. Die Vermeidung des Moral-Hazard-Problems und der adversen Selektion lassen sich dementsprechend genauso auf die Beziehung Fremdkapitalgeber und Manager übertragen. Folglich hängen sowohl Fremdkapitalkosten als auch Eigenkapitalkosten von Risiken ab, die ein Whistle-Blowing-System beeinflussen kann. Die Erkenntnisse der vorigen Unterabschnitte zu den Eigenkapitalkosten treffen deshalb gleichermaßen auf die Fremdkapitalkosten zu.442
3.3. Ableitung einer Forschungsfrage für die empirische Untersuchung Die Ausführungen dieses Kapitels zeigen, dass ein Whistle-Blowing-System einen vorteilhaften Beitrag zur Überwachung des Unternehmens leisten kann. Es schützt Unternehmen einerseits vor Fehlverhalten und deren negativen Folgen; andererseits werden externe Meldungen und die daraus resultierenden Konsequenzen vermieden. Bei entsprechender Ausgestaltung sollten außerdem keine nachteiligen Wirkungen auf die Unternehmenskultur entstehen, die negatives Verhalten der Mitarbeiter hervorrufen könnten. Neben diesen internen Wirkungen kann die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems außerdem eine Reputationsverbesserung bewirken, die letztendlich auch zu ökonomischen Vorteilen im Sinne einer Shareholder-ValueErhöhung beitragen sollte. Die Entscheidung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems hängt jedoch maßgeblich von der Wahrnehmung der genannten Vor- und der möglichen Nachteile des Systems ab. Es wurde bereits angedeutet, dass in Deutschland eine gewisse Skepsis gegenüber dem Thema besteht. Es ist daher fraglich, ob die genannten Vorteile des Whistle-Blowing-Systems überhaupt wahrgenommen werden und wie hoch die Vorbehalte gegenüber der Handlung eines Whistle Blowers sind. Sofern die in der Literatur genannten Kosten- und Nutzenaspekte wahrgenommen werden, ist insbesondere relevant, wie diese gewichtet werden. Insofern kann daran eine Forschungsfrage abgeleitet werden: Kann die Einrichtung oder Nichteinrichtung eines Whistle-Blowing-Systems anhand der Gewichtung von systemverbundenen Kosten 442
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass das Sinken des operativen Risikos aufgrund der Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems notwendig ist, um Shareholder-Value-Erhöhungen zu erzielen. Bei konstantem operativem Risiko implizieren geringere Fremdkapitalkosten höhere Eigenkapitalkosten et vice versa. Der Hintergrund dieses Zusammenhangs ist, dass die Fremdkapitalgeber aus dem Periodenüberschuss in Höhe eines vorher festgelegten Betrages bedient werden. Folglich verzinst sich das Eigenkapital aus der entsprechenden Restgröße. Bleibt das gesamte Risiko im Unternehmen gleich, verändern sich die Gesamtkapitalkosten nicht. Bei der isolierten Betrachtung einer Senkung des Fremdkapitalzinses wirkt sich dies demzufolge erhöhend auf den Eigenkapitalkostensatz des verschuldeten Unternehmens aus. Nur wenn das Gesamtrisiko des Unternehmens sinkt, und damit auch Eigenkapitalkosten eines unverschuldeten Unternehmens sinken, verringert sich der Eigenkapitalkostensatz des verschuldeten Unternehmens aus. Vgl. zu diesen Zusammenhängen Modigliani / Miller (1958), ferner auch Baetge et al. (2009), S. 383 – 386, und Perridon / Steiner / Rathgeber (2009), S. 489 – 490.
82 und Nutzen prognostiziert werden? In Kapitel fünf werden dafür konkrete Hypothesen entwickelt, die empirisch überprüft werden. An einigen Stellen wurde bereits hervorgehoben, dass die Vorteile nur bei entsprechender Ausgestaltung des Whistle-Blowing-Systems zu generieren sind. Zum Beispiel stellen sich unternehmensexterne Wirkungen nur bei entsprechender Kommunikation nach außen ein. Und auch intern entfaltet das System nur seine Wirkungen, wenn es entsprechend genutzt wird. Auch dafür lassen sich aus der Literatur Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System ableiten, die im folgenden Kapitel erläutert werden. Es wird sich zeigen, dass die wahrgenommene Relevanz dieser Anforderungen auch für die tatsächliche Art der Ausgestaltung des Systems maßgeblich ist.
4. Eigenschaften und Voraussetzungen eines effektiven Whistle-Blowing-Systems 4.1. Erläuterung der weiteren Vorgehensweise In den vorangegangenen Ausführungen wurde herausgestellt, dass ein WhistleBlowing-System Vorteile für das Unternehmen generieren kann. Damit diese Wirkungen erzielt werden, ist eine Ausgestaltung notwendig, die das eingerichtete System nicht nur als bloße Mogelpackung zur Signalisierung von ethischem Verhalten darstellt, sondern auch eine effektive Aufdeckung oder Verhinderung von Fehlverhalten erzielt.443 Mithin sollte also „Window Dressing“, d.h. die Einrichtung eines ineffektiven Whistle-Blowing-Systems, vermieden werden. Die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems ist dementsprechend die Voraussetzung für die Effizienz des Systems, denn nur bei effektiver Einrichtung können die Kosten der Implementierung und Erhaltung des Systems mindestens gedeckt werden.444 Während Effektivität beurteilt, in welchem Ausmaß ein Ziel erreicht wurde, geht es bei der Effizienz um das Verhältnis zwischen erbrachter Leistung und dem Ressourceneinsatz.445 Das vorige Kapitel wies unter agencytheoretischen Gesichtspunkten auf die Effizienz hin. Die Minimierung der Agency-Kosten kann folglich als das Effizienzkriterium aufgefasst werden.446 Weitaus komplexer ist die Beurteilung dessen, was die Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems beeinflusst. Dazu wird im Folgenden betrachtet, welche Eigenschaften auf die Effektivität des Whistle Blowings 443
444 445
446
In Bezug auf Compliance-Systeme im Allgemeinen vgl. Dieners (2007), Rz. 83, und Campos Nave (2007). Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2629. Vgl. Thommen / Achleitner (2009), S. 119. Dieser hier verwendete betriebswirtschaftliche Effizienzbegriff ist vom statischen und dynamischen Effizienzbegriff der Mikroökonomie abzugrenzen, vgl. dazu z.B. Schumann / Meyer / Ströbele (2007), S. 36 – 38. Dies führt dann auch zu einer Shareholder-Value-Maximierung, siehe dazu Unterabschnitt 3.2.1.2. Zu ähnlichen Ausführungen siehe Zöllner (2007), S. 65; Schoppe et al. (1995), S. 200; Göbel (2002), S. 125.
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
83 einwirken, um daraus anschließend Anforderungen an ein effektives WhistleBlowing-System herauszuarbeiten. Da kein spezifisches Vertragsverhältnis zugrunde liegt, wird der Transaktionskostenansatz als theoretisches Fundament herangezogen. Der Fokus wird insbesondere darauf gelegt, wie der potenzielle Whistle Blower dahingehend beeinflusst werden kann, sein Wissen über Fehlverhalten an die zuständige Stelle abzugeben. Es wird dafür auf die Erkenntnisse des zweiten Kapitels zurückgegriffen. Hierbei wurde im Rahmen der Transaktionskostentheorie darauf eingegangen, unter welchen Voraussetzungen ein Individuum die „Voice“-Option anstelle der „Exit“-, „Silence“-, „Opportunismus“- oder „Schmutzige Hände“-Optionen wählt. In diesen transaktionskostentheoretischen Rahmen werden die in der Literatur genannten Einflussfaktoren eingeordnet, die effektivem Whistle Blowing zugrunde liegen. Anschließend werden diese Einflussfaktoren in Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System überführt. Deutsche Unternehmen sind bis jetzt noch nicht gesetzlich zur Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen verpflichtet, sofern ihre Anteile nicht an einer USamerikanischen Börse gehandelt werden.447 Auch wenn die fehlende gesetzliche Regulierung oft als negativ angesehen wird, bietet dies insbesondere für Unternehmen einige Chancen im Vergleich zu einer gesetzlichen Regulierung. Außerdem liefern die Erfahrungen mit gesetzlichen Instrumenten der Whistle-Blowing-Regulierung eine Möglichkeit, diese für die unternehmensinterne Regulierung von Whistle Blowing in Betracht zu ziehen. Aus diesen Gründen werden im Unterkapitel 4.2 auch die Anreize bestehender gesetzlicher Whistle-Blowing-Regulierungen sowie die Vor- und Nachteile der Selbstregulierung kurz dargestellt.448
4.2. Einflussfaktoren auf die Effektivität von Whistle Blowing im transaktionskostentheoretischen Kontext 4.2.1. Einflussfaktoren auf die Effektivität des Whistle Blowings In Kapitel zwei wurde auf die Einflussfaktoren der Handlungsoptionen eines Individuums bei wahrgenommenen Missständen im Unternehmen eingegangen. Es stellte sich heraus, dass das Auftreten von internem Whistle Blowing, die sog. „Voice“Option, durch das Vorliegen von Loyalität und einer wahrgenommenen „Large Numbers Situation“ des Individuums positiv beeinflusst wird. Bei dieser Betrachtung wurde noch nicht berücksichtigt, ob die Hinweisgabe effektiv war. Die Einflussfaktoren auf effektives Whistle Blowing sollen in diesem Abschnitt vorgestellt werden.
447 448
Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2623. Ausführlich zu einer Gegenüberstellung vgl. Schmidt (2005) und Briegel (2009), S. 118 – 148.
84 Bisher wurden die Einflussfaktoren auf die Effektivität des Whistle Blowings nur wenig empirisch untersucht.449 Was überhaupt unter effektivem Whistle Blowing zu verstehen ist, haben Near und Miceli im Jahr 1995 zu konkretisieren versucht. Effektivität des Whistle Blowings wird von ihnen als das Ausmaß verstanden, zu dem fragwürdiges oder fehlerhaftes Verhalten oder das Unterlassen von Handlungen zumindest teilweise aufgrund des Hinweises und innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens beendet wurde.450 Einfluss auf die Effektivität haben einerseits die beteiligten Individuen am Whistle-Blowing-Prozess, also der Whistle Blower selbst, der Beschuldigte und der Adressat der Hinweise. Andererseits sind Charakteristika des gesamten Unternehmens und des Fehlverhaltens relevant.451 Ein Whistle Blower, der den anderen Beteiligten am Whistle-Blowing-Prozess glaubwürdig erscheint, hat bessere Chancen auf eine Beendigung des Fehlverhaltens.452 Die Glaubwürdigkeit hängt wesentlich von seinen Motiven ab, oder besser gesagt, von den wahrgenommen Motiven des Whistle Blowers. Das heißt, Whistle Blower, die opportunistisch erscheinen, haben weniger Chancen auf erfolgreiches Whistle Blowing als diejenigen, die als loyal eingeschätzt werden.453 Bezüglich der Erläuterungen zur Loyalität in Unterabschnitt 2.3.2.2 sollte es sich dabei nur um die Loyalität zu den Zielen des Unternehmens handeln. Die Loyalität im Sinne der Treue- und Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Arbeitgeber würde, der obigen Definition zur Effektivität folgend, eher Whistle Blowing verhindern. Neben der Glaubwürdigkeit übt die Machtposition des Whistle Blowers einen ebenso wesentlichen Einfluss auf die Effektivität aus. Weniger einflussreiche Mitarbeiter haben demnach eine geringere Chance auf Abhilfe als Mitarbeiter mit einem hohen Status im Unternehmen.454 Hier fließt die in Abschnitt 2.3.3 beschriebene Wahrnehmung bezüglich einer „Small Numbers“ oder „Large Numbers Situation“ ein. Demographische Faktoren, wie z.B. Alter und Geschlecht, haben hingegen keinen Einfluss auf die Effektivität des Whistle Blowings.455 Dies beeinflusst eher die Entscheidung eines Mitarbeiters, überhaupt einen Hinweis zu geben.456 Außerdem wird die Effektivität eines Whistle Blowers eingeschränkt, wenn er seinen Hinweis anonym gibt, da er dabei erstens weniger glaubwürdig ist und zweitens keine Rückfragemöglichkeiten bestehen.457 Aufgrund der Angst vor Bestrafungen oder Vergeltungsmaßnahmen ist anonymes Whistle Blowing aber trotzdem häufig der einzige Weg, überhaupt einen Hinweis zu geben. Die Gewährleistung der Anonymität 449
Hauptsächlich sind hier Near / Jensen (1983); Perry (1992); Miceli / Near (2002) zu nennen. Vgl. Near / Miceli (1995), S. 681. Zu der Aufzählung vgl. Near / Miceli (1995). 452 Vgl. Near / Miceli (1995), S. 689. 453 Vgl. z.B. die Studien von Graham (1986, 1989). 454 Siehe Near / Miceli (1986); Greenberger / Miceli / Cohen (1987); Perry (1992); Miceli / Near (2002). 455 Vgl. Miethe / Rothschild (1994), und Miceli / Near (2002). 456 Siehe dazu Stansbury / Victor (2009). 457 Vgl. Near / Miceli (1995), S. 692. 450 451
85 bei gleichzeitiger Rückfragemöglichkeit spielt deshalb eine wesentliche Rolle für die Effektivität und wird bei der Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems genauer erläutert. Wird keine Anonymität gewährleistet, steigt die Gefahr vor Vergeltungsmaßnahmen. Das Ausmaß an Vergeltungsmaßnahmen hat wiederum einen Einfluss auf die Effektivität: Die Effektivität des Whistle Blowings steigt, wenn weniger Vergeltungsmaßnahmen verübt werden.458 Ein weiterer wesentlicher Einflussfaktor auf die Effektivität des Whistle Blowings ist der Adressat des Hinweises, wobei hier ebenso dessen Glaubwürdigkeit und Einflussmöglichkeit (Credibility and Power) entscheidend sind.459 Auch beim Adressaten tragen demzufolge ein besserer Status und die Machtposition im Unternehmen zu einer erhöhten Effektivität bei („Large Numbers Situation“). Eine glaubwürdige und unterstützende Erscheinung erhöht die Chance, Hinweise zu erhalten (Loyalität). Bei der Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems hat die Whistle-Blowing-Stelle dementsprechend den entscheidenden Einfluss auf die Wirksamkeit des gesamten Systems. Auch die Glaubwürdigkeit und die Machtposition des Missetäters könnten einen Einfluss auf die Whistle-Blowing-Effektivität haben,460 was jedoch empirisch bisher nicht eindeutig bestätigt werden konnte.461 Die Effektivität hängt des Weiteren von der Schwere des Fehlverhaltens ab. Je schwerwiegender das gemeldete Fehlverhalten ist, desto geringer ist die Effektivität des Hinweises.462 Diese entmutigende Feststellung scheint an dem großen Umfang zu liegen, den die unternehmensinternen Änderungen aufgrund einer Beendigung des Fehlverhaltens mit sich bringen. Mithin kann bei vorliegender Abhängigkeit des Unternehmens von dem Fehlverhalten von einer geringen Whistle-Blowing-Effektivität ausgegangen werden.463 Außerdem kann die Effektivität bei weniger schwerwiegenden Fällen deshalb größer sein, weil mit geringeren Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen ist.464 Letztendlich haben auch unternehmensspezifische Faktoren einen Einfluss auf die Whistle-Blowing-Effektivität. Die Kultur des Unternehmens sollte Whistle Blowing unterstützen und Fehlverhalten sowie Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Whistle Blowern abstrafen.465 Außerdem liegt es an der gelebten Unternehmenskultur, ob sich der Whistle Blower in einer wahrgenommen „Large Numbers“ oder „Small Numbers Situation“ befindet. Denn nicht allein Mitarbeiter, die ohnehin schon einen hohen Einfluss im Unternehmen haben, sollen ihre Hinweise liefern; auch Mitarbeiter mit einem geringen Einfluss müssen das Gefühl vermittelt bekommen, in dieser Hinsicht 458 459 460 461 462 463 464 465
Siehe dazu die Studie von Miceli / Near (2002). Vgl. Near / Miceli (1995), S. 693 – 694, sowie Miceli / Near (2002). Siehe Near / Miceli (1995), S. 694. Vgl. Perry (1992). Siehe Perry (1992) sowie Miceli / Near (2002). Vgl. Near / Miceli (1995), S. 695; Miceli / Near (2002); Ashforth / Anand (2003). Vgl. Rothschild / Miethe (1999), S. 125. Siehe Near / Miceli (1995), S. 700 – 701.
86 etwas ändern zu können. Die Wahrnehmung eines potenziellen Whistle Blowers bezüglich seines Einflusses in dieser Situation kann nur dann Whistle Blowing fördern, wenn dies tatsächlich vom Unternehmen gewollt und damit gelebt wird. Neben der Unternehmenskultur ist die Struktur des Unternehmens wichtig. Entscheidend für die Effektivität des Whistle Blowings könnte dabei vor allem der Grad der Bürokratisierung des Unternehmens sein. Bürokratische Strukturen können die Effektivität einerseits negativ beeinflussen, weil Whistle Blowing eine Herausforderung für die Autoritätsstruktur darstellt und deshalb häufiger negative Reaktionen zu erwarten sind.466 Ein niedriges Level der Bürokratisierung könnte zudem darauf schließen lassen, dass ein offene Kommunikation möglich ist, um Fehlverhalten informell zu beseitigen.467 Andererseits sind formalisierte Handlungsanweisungen, also mehr bürokratische Strukturen, für beobachtetes Fehlverhalten positiv einzuschätzen, da sie einem potenziellen Whistle Blower Sicherheit für seine Aktion geben.468 Es ist daher offensichtlich nicht eindeutig, ob bürokratische Strukturen effektivitätsfördernd oder hinderlich sind. Eine Unterscheidung dieser Effektivität auf zwei Ebenen erscheint in diesem Zusammenhang zweckmäßig. Ist kein Whistle-BlowingSystem eingerichtet, dann ist Whistle Blowing effektiver, wenn das Unternehmen weniger bürokratische Strukturen hat. Vermutlich wird in diesen Unternehmen weniger formell und deshalb offener mit kommuniziertem Fehlverhalten umgegangen.469 Im zweiten Schritt ist die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems zu betrachten. Dies wird in dem bürokratischen Unternehmen zu höherer Effektivität einer Meldung führen, da diese dann nicht mehr als Angriff auf die Autorität verstanden wird. Im Unternehmen mit weniger bürokratischen Strukturen wird sich die Effektivität wohl auch verbessern, da sich mehr Mitarbeiter trauen könnten, Hinweise zu geben. Beim Vergleich der Unternehmen mit unterschiedlichen Bürokratisierungsgraden, die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben, könnte sogar das Unternehmen mit mehr bürokratischen Strukturen überlegen sein. Es wird vermutet, dass sich die formalisierten Vorgänge positiv auf den Umgang mit Meldungen und den Schutz des Whistle Blowers auswirken.470 In der folgenden Tabelle werden diese Auswirkungen zusammengefasst: Grad der Bürokratisierung
Effektivität des Whistle Blowings Whistle-Blowing-System vorhanden
hoch
niedrig
nein
-
+
ja
++(+)
++
Tabelle 3: Auswirkung des Bürokratisierungsgrads auf die Effektivität des Whistle Blowings471 466 467 468 469 470 471
Siehe dazu ausführlich Weinstein (1979). Vgl. Rothschild / Miethe (1999), S. 117. Vgl. Staw / Sandelands / Dutton (1981) und Perry (1991). Siehe Rothschild / Miethe (1999), S. 117. Zu dieser Vermutung kommen Near / Miceli (1995), S. 702. Eigene Darstellung in Anlehnung an die Ausführungen von Near / Miceli (1995).
87 Die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen ist daher unabhängig vom Grad der Bürokratisierung vorteilhaft. Für die folgenden Ausführungen zur Gestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems wird auf diesen Aspekt deshalb nicht weiter eingegangen. Schließlich lassen sich drei wesentliche Aspekte zusammenfassen, die die Effektivität des Whistle Blowings positiv beeinflussen: 1. Der Hinweisgeber ist glaubwürdig und hat eine hohe Machtposition. 2. Der Adressat der Hinweise ist glaubwürdig, besitzt eine hohe Machtposition und hat eine Rückfragemöglichkeit zum Whistle Blower. 3. Die Unternehmenskultur fördert Whistle Blowing und sanktioniert Fehlverhalten. Diese Zusammenfassung der Einflussfaktoren auf die Effektivität des Whistle Blowings dient im nächsten Unterkapitel dazu, Elemente eines effektiven WhistleBlowing-Systems herauszuarbeiten. Das Unternehmen kann nahezu alle Faktoren aktiv beeinflussen, um zu einem effektiven System zu kommen. Nicht nur die letzten zwei Punkte, Hinweisadressat und Unternehmenskultur, können vom Unternehmen gestaltet werden. Vielmehr kann ein effektives Whistle-Blowing-System dem potenziellen Hinweisgeber auch vermitteln, dass er eine hohe Einflussnahmemöglichkeit hat. Außerdem sollte das System in der Lage sein, lediglich glaubwürdige Hinweise zu fördern. Diese Aspekte können durch die Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems beeinflusst werden, folglich kann das System die Effektivität des Whistle Blowings erhöhen.472 Eine Open Door Policy wird dafür jedenfalls als nicht ausreichend angesehen.473 4.2.2. Einfluss der Regulierung von Whistle Blowing auf die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems 4.2.2.1. Unzureichende Anreize gesetzlicher Whistle-Blowing-Regulierungen Bevor die Übertragung der Einflussfaktoren der Effektivität von Whistle Blowing auf Anforderungen an effektive Whistle-Blowing-Systeme erfolgt, wird in diesem Abschnitt auf die Anreize gesetzlicher Regulierungen sowie auf die Vor- und Nachteile der Selbstregulierung eingegangen. Obwohl der Analyserahmen der Arbeit grundsätzlich in der effizienten Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems innerhalb der Organisation besteht, wird der Rahmen der Organisation an dieser Stelle kurz verlassen. Dies erfolgt aus zwei Gründen: Erstens soll gezeigt werden, welche Vor- und Nachteile die fehlende gesetzliche Regulierung von Whistle Blowing in Deutschland bietet. Zweitens sollen bestimmte gesetzliche Anreizinstrumente vorgestellt werden, weil diese unter Umständen im Rahmen der Implementierung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems innerhalb der Organisation nützlich sein könnten. 472 473
Siehe Perry (1992). Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 391.
88 Die im vorherigen Kapitel verdeutlichten Vorteile eines Whistle-Blowing-Systems sollten für das Unternehmen ein Anreiz sein, derartige Systeme zu implementieren. Trotzdem gehen Unternehmen damit zögerlich um. Einer Umfrage zufolge haben 34 % der deutschen Unternehmen ein Hinweisgebersystem eingerichtet.474 Es wurde schon angedeutet, dass offensichtlich von vielen die Kosten der Einrichtung stärker wahrgenommen werden als der Nutzen aus dem System.475 Dieses Anreizproblem könnte durch gesetzliche Regulierung vermieden werden. Es stellt sich demnach die Frage, ob und wie viel Regulierung für effektives Whistle Blowing notwendig ist. Nationale und internationale Entwicklungen zeigen eine Zunahme der gesetzlichen Regulierung von Whistle Blowing und Whistle-Blowing-Systemen. Mit unterschiedlichen Methoden sollen Mitarbeiter zum Whistle Blowing ermutigt bzw. Unternehmen zur Einrichtung von Hinweisgebersystemen verpflichtet werden. Diese Methoden führen indes zu teilweise fraglichen Anreizen und sind deshalb nicht immer vorteilhaft. Reaktive Methoden, wie z.B. Anti-Retaliation-Gesetze476 sind oft unzureichend, da sie meist nur in bestimmten Fällen greifen und nicht dafür sorgen, dass unternehmensinterne Hinweisgebungen gefördert werden.477 Sie können mithin externes Whistle Blowing verursachen, das mit oben genannten Nachteilen verbunden ist. Diese Kritik wird auch gegenüber dem geplanten Informantenschutz im BGB hervorgebracht.478 Der britische Public Interest Disclosure Act (PIDA) aus dem Jahr 1998 versucht die Gefahr externer Hinweise zu umgehen, indem externe Whistle Blower nur unter bestimmten Bedingungen geschützt sind. Sofern in dem Unternehmen des Whistle Blowers ein Whistle-Blowing-System eingerichtet wurde, ist die Chance auf eine Schutzwirkung bei einer externen Meldung z.B. beinahe aussichtslos.479 Trotzdem besteht beim PIDA nicht unbedingt ein Anreiz zur Einrichtung effektiver WhistleBlowing-Systeme, da mitunter nicht für offenere Kommunikation gesorgt, sondern eher Verschwiegenheit gefördert wird. Unternehmen, die vom Whistle Blowing nicht überzeugt sind, könnten z.B. dazu angehalten sein, so wenige Informationen wie möglich an die Mitarbeiter herauszugeben. Je weniger Informationen Mitarbeiter haben, desto weniger können sie weiterleiten.480 Die alleinige Verpflichtung zur Einrichtung von Hinweisgebersystemen setzt auch nicht an der richtigen Stelle an, da die bloße Einrichtung eines solchen Systems nichts ändern wird, wenn das Management nicht von der Ressource „Whistle474
475 476
477 478 479 480
Vgl. Bussmann et al. (2009), S. 56. Zu beachten ist, dass die Umfrage nur unter großen Unternehmen durchgeführt wurde. Vgl. Moberly (2006), S. 1161. In den USA gibt es in den einzelnen Bundesstaaten zahlreiche Kündigungsschutzregelungen für Whistle Blower, wie z.B. den Safe Drinking Water Act Vgl. Moberly (2006), S. 1126 – 1127. Vgl. dazu insbesondere die Stellungnahme von Schuster (2008). Vgl. Schmidt (2005), S. 156. Siehe hierzu Gobert / Punch (2000), S. 52.
89 Blowing-System“ überzeugt ist. Die „Small Numbers Situation“ wird weiter bestehen, das System bleibt ungenutzt. Der Ansatz der US-amerikanischen Organizational Sentencing Guidelines aus dem Jahr 1991 hingegen erscheint vorteilhafter, da das Kalkül des Managements beeinflusst wird.481 Zum einen werden sowohl die Organisation als auch unmittelbar beteiligte Personen strafrechtlich stärker sanktioniert; zum anderen kann dieses Strafmaß durch bestimmte Faktoren beeinflusst werden. Während z.B. die Verwicklung der Unternehmensleitung in das Fehlverhalten oder deren Untätigkeit bei Bekanntwerden des Fehlverhaltens strafverschärfend wirkt, führt die Einrichtung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems für das Unternehmen zu einer deutlichen Strafmilderung.482 Aber auch diese Methode versagt teilweise, da nicht sichergestellt wird, dass die gegebenen Hinweise an der richtigen Stelle ankommen. Um unter den Schutz der Organizational Sentencing Guidelines zu fallen, werden zwar Hinweisgebersysteme eingerichtet, die Informationen können jedoch ungenutzt im Unternehmen versickern.483 Ein ernsthaftes Interesse an den Hinweisen wird in diesem Fall auch nicht signalisiert, folglich bleibt die „Small Numbers Situation“ bestehen. Die Empirie zeigt außerdem, dass die Guidelines wenig zu effektivem Whistle Blowing beigetragen haben.484 Viele Unternehmen haben z.B. lediglich anonyme Hotlines eingerichtet, möglicherweise weil die Guidelines dies als geeignete Whistle-Blowing-Prozedur vorschlagen.485 Dies führt jedoch nicht unbedingt zu effektivem Whistle Blowing.486 Beim SOX wird die Verpflichtung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems mit einem Vergeltungsschutz für Whistle Blower kombiniert. Der Schutz externen Whistle Blowings sollte möglicherweise das Unternehmen motivieren, Whistle-BlowingSysteme zu implementieren, die mehr als reine Lippenbekenntnisse sind. Die Anreizwirkung wird jedoch dadurch relativiert, dass die Erfolgsaussichten für externes Whistle Blowing eingeschränkt sind. Der Whistle-Blower-Schutz beschränkt sich beim SOX nur auf bestimmte Arten gemeldeten Fehlverhaltens.487 Mitarbeiter können jedoch im Zweifel nicht wissen, ob ihre Meldung schutzwürdig ist oder nicht. Diese Unsicherheit wird noch erhöht, wenn man beachtet, dass viele Klagen auch schon aus formalen Gründen abgelehnt werden.488 Letztlich muss nachweislich ein
481 482
483
484 485 486
487 488
Vgl. Schmidt (2005), S. 161, und Briegel (2009). Deshalb wird der Ansatz auch als „Carrot and Stick Approach“ bezeichnet, so z.B. Callahan et al. (2002), S. 191. Vgl. Moberly (2006), S. 1133 – 1134. Ferner sind die Vorschriften zur Ausgestaltung des WhistleBlowing-Systems nicht konkret. Eine anonyme bzw. vertrauliche Informationsweitergabe muss demzufolge nicht gewährleistet sein, um eine Strafmilderung zu erhalten. Vgl. Dworkin (2007), S. 1772. Vgl. Dworkin (2007), S. 1771 – 1772. Siehe zu dieser Erkenntnis Dworkin (2007), S. 1772. Zur Effektivität anonymer Hotlines vgl. ausführlicher Unterabschnitt 4.3.4.3. Der Schutz gemäß Sec. 806 SOX beschränkt sich mithin auf Fraud. Vgl. Dworkin (2007), S. 1764 – 1767.
90 „Reasonable Belief“ bestehen, damit die Klage Erfolg haben kann.489 Das Druckmittel der externen Meldung zur Einrichtung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems wird aufgrund dieser Tatsachen erheblich eingeschränkt. Außerdem bleibt beim Schutz externen Whistle Blowings immer die Gefahr des opportunistischen Ausnutzens dieses Schutzes von Mitarbeitern bestehen.490 Ein anderer regulativer Ansatz setzt am Kosten-Nutzen-Kalkül des Whistle Blowers an, indem finanzielle Anreize zur Hinweisgabe gesetzt werden. Die Zahlung kann als Entschädigung für die psychologischen, emotionalen und ökonomischen Risiken gesehen werden.491 Folglich motiviert man damit auch nicht altruistische Mitarbeiter zum Whistle Blowing.492 Gemäß dem US-amerikanischen False Claims Act aus dem Jahr 1986493 können Whistle Blower mit bis zu 30 % der geleisteten Strafzahlungen des Unternehmens entlohnt werden.494 Die Empirie zeigt, dass der False Claims Act zu mehr effektivem Whistle Blowing geführt hat als alle anderen US-amerikanischen Whistle-Blowing-Regelungen.495 Einfache Schutzregelungen vor Vergeltung könnten deshalb nicht so effektiv sein, da die Angst vor Vergeltung oft nicht ausschlaggebend für die Entscheidung gegen eine Hinweisgabe ist.496 Es wird daher vorgeschlagen, SOX um finanzielle Anreize zum Whistle Blowing zu erweitern.497 Trotzdem ist zu bedenken, dass Belohnungen für Hinweise auch zweifelhafte Anreize setzen, da sie opportunistische Motive zum Whistle Blowing fördern könnten. Mithin verursacht dies eine steigende Illoyalität und fördert Denunziantentum.498 Aus Unternehmenssicht stellen finanzielle Anreize zum externen Whistle Blowing deshalb einen Nachteil dar. Aber auch wenn Whistle Blowing nicht aus opportunistischen Motiven erfolgt, sind die finanziellen Anreize für das Unternehmen schädlich, weil dem Unternehmen nicht die Möglichkeit gegeben wird, einen Nutzen aus den Hinweisen zu ziehen.499 Ob diese Regelung daher als Anreiz zur Einrichtung von Whistle489
490 491 492 493
494
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499
In einer Studie über die Erfüllung der Erwartungen an den SOX wurde herausgefunden, dass 14,5 % der Whistle Blower ihre Klage verloren, da das Gericht annahm, der Whistle Blower hätte objektiv keinen „Reasonable Belief“ an eine illegale Aktivität, vgl. Moberly (2007). Vgl. Schmidt (2005), S. 158. Siehe Dworkin (2007), S. 1774. Vgl. Callahan / Dworkin (1992), S. 293 – 294. Ursprünglich trat der False Claims Act 1863 in Kraft. Erst mit der Überarbeitung 1986 kamen die finanziellen Anreize dazu. Der False Claims Act gilt nur für Hinweise über Fehlverhalten bei der Verwendung öffentlicher Gelder. Vgl. 31 U.S.C. §§ 3729 – 3733. Vgl. Callahan / Dworkin (2000), S. 101; Dworkin (2007), S. 1769; sowie die Studie von Dyck / Morse / Zingales (2010). Vgl. Miceli / Near (1984). Vielmehr kommt es z.B. auf die Schwere des Fehlverhaltens, die Wahrscheinlichkeit einer Beendigung des Fehlverhaltens und das Vorhandensein von klaren Hinweiskanälen an. Vgl. Dworkin (2007), S. 1773. Vgl. Miceli / Near (1994), S. 70 – 71; Dworkin / Near (1997), S. 10; Schmidt (2005), S. 157 – 158. Callahan / Dworkin (1992) schätzen die Gefahr des grundlosen Verpfeifens beim False Claims Act allerdings als sehr gering ein, da z.B. eine Rückzahlung der Gerichtsgebühren für solche Fälle vorgesehen ist. Vgl. dazu Callahan / Dworkin (1992), S. 326. Vgl. Callahan / Dworkin (1992), S. 334.
91 Blowing-Systemen geeignet ist, scheint fraglich. Dazu müsste geklärt werden, welche Maßnahmen das Unternehmen ergreifen könnte, um extern motivierte Hinweise zu vermeiden und interne zu fördern. Das Unternehmen müsste dem Mitarbeiter Anreize setzen, die die Aussicht auf die finanzielle Belohnung bei einer externen Meldung überwiegen. Zwar erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen entsprechende finanzielle Belohnungen in der Höhe der erwarteten externen Belohnungen geben kann. Es geht jedoch nicht allein um die Belohnungszahlung, denn der Mitarbeiter sieht sich bei der externen Meldung einigen Nachteilen gegenübergestellt, die bei der internen Meldung entfallen. Dies sind insbesondere weniger Vergeltungsmaßnahmen. Außerdem kann er seine Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und seinen Kollegen bewahren.500 So haben in den USA einige Unternehmen bereits Whistle Blower belohnt.501 Trotz des Erfolgs staatlicher Belohnungen in den USA sind diese Anreize dennoch skeptisch zu sehen, da sie Vorurteile gegen Whistle Blower bekräftigen könnten. Bei rein pekuniären Anreizen könnten die Unternehmen Hinweisgeber mehr denn je als eine Bedrohung sehen. Unter Umständen behindert es im Unternehmen die Kommunikation. Anstelle einer Open Door Policy könnte im Unternehmen dann eher Verschwiegenheit bestehen. Vor allem in Deutschland werden sich finanzielle Anreize zum Whistle Blowing wohl vorerst nicht durchsetzen, da eine ganz andere kulturelle und auch rechtliche Haltung gegenüber dem Thema besteht. Die rechtliche Unsicherheit stellt bei deutschen Mitarbeitern vermutlich das größte Hindernis zum Whistle Blowing dar.502 In den USA ist die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen nicht vorherrschend. Vermutlich wird dies in Deutschland einen höheren Stellenwert besitzen, da die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber mehr Bedeutung zu haben scheint.503 4.2.2.2. Vor- und Nachteile der Selbstregulierung Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Anreiz zu einem ernsthaften Interesse an einem Whistle-Blowing-System gesetzlich schwer motiviert werden kann. Im Gegensatz zur gesetzlichen Regulierung stellt die Selbstregulierung deshalb eine Möglichkeit dar, individuell mit dem Thema Whistle Blowing umzugehen.504 Gerade weil es in Deutschland noch keine gesetzliche Regulierung gibt, führt die freiwillige Einrichtung zu einigen Vorteilen. Es besteht z.B. die Möglichkeit der besseren Entwicklung effektiver und effizienter Whistle-Blowing-Systeme, als wenn die Einrichtung nur aufgrund der Einhaltung gesetzlicher Rahmen erfolgt.505 Z.B. könnte ein 500 501
502 503
504 505
Siehe hierzu Callahan / Dworkin (1992), S. 335. Vgl. Callahan / Dworkin (1992), S. 273 und 335, mit beispielhaftem Verweis auf das Unternehmen GM. Ähnlich dazu siehe Müller (2002), und Wisskirchen / Körber / Bissels (2006). Zur Gewichtung der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber in Deutschland siehe Reiter (2005), S. 181. Zur Selbstdurchsetzung von Institutionen siehe allgemein Richter / Furubotn (2003), S. 26 – 28. So ähnlich auch Moberly (2006), S. 1160.
92 verbreiterter Whistle-Blower-Schutz entstehen. Während bei gesetzlichen Regelungen oft nur spezielle Gruppen unter bestimmten Bedingungen geschützt sind, kann die freiwillige Regulierung einen umfassenderen Schutz bieten.506 Der SOX gewährleistet beispielsweise nur Mitarbeitern eines öffentlich gehandelten Unternehmens Schutz.507 Unternehmensindividuelle Kodizes schützen hingegen Mitarbeiter unabhängig von der Art des Unternehmens. Des Weiteren kann eine größere Bandbreite von Hinweisgebungen508 abgedeckt werden, sofern sie in gutem Glauben gegeben wurden. Schließen sich viele Unternehmen dieser freiwilligen Selbstregulierung an, hat dies außerdem den Vorteil, einer kostenintensiveren gesetzlichen Regulierung zuvorzukommen.509 Es wird hier auch von kollektiver Selbstregulierung gesprochen.510 Die Freiwilligkeit der Regulierung hat letztlich nicht nur innerhalb des Unternehmens Vorteile. Vor allem Unternehmensexterne sehen die Aufstellung von Verhaltensregeln und deren Durchsetzung mittels eines Whistle-Blowing-Systems als positives Signal. Die dadurch verbesserte Reputation wirkt wiederum positiv auf das Unternehmen. Für das einzelne Unternehmen bedeutet dies auch, dass es sich von anderen Unternehmen abheben kann, wenn es etwas besser ausgestaltet hat als andere.511 Noch deutlicher wird dies, wenn freiwillige Vorschriften existieren, wie dies z.B. bei Corporate-Governance-Kodizes zu beobachten ist. Diese freiwilligen Vorschriften beeinflussen das Verhalten und die Leistung von Unternehmen aufgrund der Signalisierungseffekte gegenüber ihren Anspruchsgruppen, insbesondere den Anteilseignern. Die Übereinstimmung mit diesen Vorschriften suggeriert ein ethisches Verhalten und verbessert die Reputation des Unternehmens allein dadurch, dass es sich von den Unternehmen abhebt, die diese Vorschriften nicht einhalten.512 Es entsteht ein Streben nach Konformität mit anderen Unternehmen, die sich an bestimmte Kodizes halten. Bei den Corporate-Governance-Kodizes ist zu beobachten, dass insbesondere große Aktiengesellschaften stärker danach streben, diese zu erfüllen als andere Unternehmen, weil die Investition in Publikumsgesellschaften stark von deren Reputation abhängt.513 506 507 508
509 510 511 512 513
Vgl. Moberly (2008). Vgl. Sec. 806 SOX, kodifiziert als 18 U.S.C. § 1514A(a); Vgl. auch Daub (2007), S. 19. Gesetzliche Schutzregelungen decken meist nur Veröffentlichungen von bestimmten Fehlverhalten ab, wie z.B. Fraud im SOX (Vgl. 18 U.S.C. § 1514A(a)(1)&(a)(2)), oder die Mitarbeitergesundheit und -sicherheit im Occupational Safety and Health Act, vgl. 29 U.S.C. § 660 (c)(1)(2000). Vgl. zum Kostenvorteil z.B. Schwarz (2005), S. 115. Vgl. Briegel (2009), S. 141. Siehe zum Signallingvorteil Unterabschnitt 3.2.3.1 Vgl. Borges (2003), S. 537, und Schmidt (2005), S. 163. Vgl. Borges (2003), S. 538. An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass der Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) für eine funktionierende freiwillige Vorschrift durchaus kritisch betrachtet werden sollte. Vgl. dazu Bernhardt (2008), insbesondere S. 1686. Die Kritikpunkte beziehen sich allerdings auf spezielle Aspekte des DCGK, die für die Beurteilung der Signalwirkungen freiwilliger Vorschriften irrelevant sind.
93 Für die Diskussion um effektive Whistle-Blowing-Systeme bedarf es daher eines Maßstabs, anhand dessen die Qualität gemessen werden kann.514 Wenn sich ein Unternehmen daran hält oder sogar darüber hinaus den Maßstab noch übertrifft, wird ein Qualitätssignal gesetzt. Dabei bedarf es keiner gesetzlichen Bindung, sondern sollte durchaus freiwillig gestaltet werden. Gerade dann kommt der Signalisierungseffekt zum Ausdruck, und die Flexibilität bleibt erhalten.515 Außerdem fördert die Freiwilligkeit den Wettbewerb zwischen den einzelnen Systemen der Unternehmen. Wenn mit dem Signal eines guten Whistle-Blowing-Systems tatsächlich das Verhalten der Öffentlichkeit beeinflusst werden kann, wirkt dies als Ansporn für die Weiterentwicklung der Whistle-Blowing-Standards.516 So ist in niederländischen Unternehmen zu beobachten, dass deren Whistle-Blowing-Richtlinien fast identisch gut ausgestaltet sind. Offensichtlich hat sich ein relativ hoher Maßstab entwickelt, der von allen Unternehmen einzuhalten versucht wird.517 Damit dieses Signal seine Wirksamkeit entfalten kann, muss Transparenz hinsichtlich der Maßstäbe und ihrer Erfüllung im Unternehmen herrschen. Es sollte auch über die konkrete Umsetzung im Unternehmen informiert werden,518 da die Gefahr besteht, dass das Whistle-Blowing-System zwar auf dem Papier existiert, jedoch gar nicht effektiv eingerichtet wurde bzw. die Werte und Ziele nicht umgesetzt werden.519 Damit wäre das eingerichtete System nur ein Lippenbekenntnis. Unternehmen mit einem effektiven System würden dann keinen Signalling-Effekt mehr erreichen, da sie sich nicht mehr von Unternehmen mit schlechten Systemen abheben. Die Empfänger dieser Signale, also alle Stakeholder des Unternehmens, fungieren folglich als Kontrollinstanz für die Einhaltung der individuellen Selbstverpflichtung, sofern diese Informationen für sie entscheidungsrelevant sind.520 Eine verbesserte Reputation des Unternehmens führt zu den in Abschnitt 3.2.3 genannten Vorteilen für das Unternehmen, da das Verhalten von Anlegern, Gläubigern, Kunden, Lieferanten und evtl. auch Versicherern beeinflusst wird. Obwohl vor allem auf Anleger eine Wirkung ausgehen sollte, ergab eine Umfrage unter deutschen Unternehmen ein gegenteiliges Ergebnis. Die Unternehmen schätzten ein, dass das Vertrauen aufgrund der Einrichtung von Compliance-Systemen sowie der vorgelebten Werthierarchien und Umgangsformen (sog. Tone at the Top) weniger gestärkt wird als durch die Erfüllung gesetzlicher Regelungen.521 Trotz des stärkeren Einflus514 515 516
517 518 519
520 521
Vgl. Schmidt (2005), S. 162 – 164. Siehe auch Wymeersch (2006), S. 66. Vgl. Borges (2003), S. 538 – 539, und Hassink / de Vries / Bollen (2007), S. 39. Zum Wettbewerb zwischen Corporate-Governance-Systemen vgl. auch Witt (2003), insbesondere S. 117 – 123, zum Begriff und den Vor- und Nachteilen von Systemwettbewerben. Vgl. Hassink / de Vries / Bollen (2007), S. 39. Vgl. Frenz (2001), S. 250. Siehe dazu Callahan et al. (2002), S. 203 – 204; Bürkle (2005), S. 565 – 566; Peemöller / Hofmann (2005), S. 169; Lampert (2010), Rz. 10. Zu diesem Zusammenhang vgl. Frenz (2001), 248 – 249. Vgl. Köhler / Marten / Schlereth (2009), S. 1485.
94 ses freiwilliger Regeln auf das Verhalten des Unternehmens werden sie anscheinend als weniger relevant hinsichtlich der Stärkung des Anlegerschutzes und der Unternehmensintegrität angesehen als gesetzliche Regelungen.522 Das Problem dieser Marktregulierung gegenüber der gesetzlichen Regulierung besteht folglich in der nicht vorhandenen Durchsetzung einer effektiven Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen. Für den Manager könnte es wegen eines fehlenden Enforcements trotzdem lohnenswert sein, kein effektives Whistle-Blowing-System einzurichten. Erstens bestünde ohne das System eine geringere Entdeckungsgefahr von profitablem Fehlverhalten.523 Zweitens profitieren Manager von bestimmtem Fehlverhalten, deren Kosten sie aber nicht tragen müssen.524 Letztendlich sind die Marktkräfte auch nicht für jedes Unternehmen in gleichem Maße effektiv. Ein Beispiel für eine effektive Wirkung des Marktdrucks ist Wal Mart. Das Unternehmen richtete aufgrund des Drucks einiger institutioneller Anteilseigner freiwillig ein WhistleBlowing-System ein. Dies wurde unterstützt durch eine externe Gruppe, die WalMart-Mitarbeiter ermutigten, externe Hinweise über Fehlverhalten im Unternehmen zu geben.525 Was bei Wal Mart funktionierte, muss jedoch nicht auf kleinere und weniger öffentlichkeitswirksame Unternehmen übertragbar sein. Nicht immer führt der Marktdruck zu den gewünschten Anreizen für das Management. Fehlendes Enforcement führt letztendlich erstens dazu, dass nicht jedes Unternehmen ein Whistle-Blowing-System einrichtet, und zweitens die Umsetzung nicht effektiv erfolgen muss. Vielmehr besteht die Gefahr von „Window Dressing“.526 Es muss deshalb eine Lösung gefunden werden, die die Vorteile der Selbstregulierung mit einem geeigneten Enforcement verbindet. Dies könnte durch die Kontrolle von dritten Institutionen erfolgen. Als Beispiel wären Regierungsbehörden oder auch halbstaatliche Finanzaufsichtsbehörden zu nennen.527 Denkbar wäre auch die Zertifizierung des Systems von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Für Deutschland wird beispielsweise eine Lösung über den DCGK vorgeschlagen.528 Der DCGK hat zwar keine Rechtsverbindlichkeit, er gewinnt aber über die Entsprechenserklärung des § 161 AktG eine starke Verbreitung. Die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen könnte im DCGK festgehalten werden. Dafür spricht, dass der Einhaltung allgemein anerkannter Standards gegenüber unternehmensindividuellen Standards eine höhere Glaubwürdigkeit zugesprochen wird.529 Durch unwahre Angaben in der Entsprechenserklärung würde das Unternehmen außerdem
522 523 524 525 526 527 528 529
Vgl. Köhler / Marten / Schlereth (2009), S. 1486. Siehe auch Langevoort (2002), S. 80, Moberly (2006), S. 1161. Vgl. Langevoort (2002), S. 80, Moberly (2006), S. 1161. Siehe hierzu Moberly (2006), S. 1160. Vgl. Moberly (2008), S. 1009. Vgl. Schwarz (2005), S. 85 – 86. Siehe z.B. Schmidt (2005) und Donato (2009). Vgl. Schwarz (2005), S. 123 – 124.
95 Sanktionen ausgesetzt.530 Allerdings besteht bei der Kodexvariante trotzdem die Gefahr von „Window Dressing“, wenn das System zwar so eingerichtet ist, wie es der Kodex vorsieht, aber keine effektive Nutzung des Systems stattfindet, weil es unter Umständen gar nicht gewollt ist. Auch hier müsste eine zusätzliche Kontrolle erfolgen. In diesem Abschnitt sollten die Vor- und Nachteile der Gestaltungsvarianten einer Regulierung von Whistle Blowing geklärt werden, bevor auf die Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems eingegangen wird. Aus den gewonnenen Erkenntnissen kann geschlussfolgert werden, dass die freiwillige Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen im Vergleich zu einer gesetzlich regulierten Variante durchaus Vorteile für das Unternehmen bieten kann. Die Entwicklung von Kodizes oder die Integrierung in den DCGK bringt möglicherweise weitere Vorteile hervor. Jede Gestaltungsvariante sieht sich aber der Gefahr des „Window Dressing“ gegenübergestellt. Zur Vermeidung dieser Gefahr müsste eine glaubwürdige Regulierung mittels Kontrolle des Systems durch dritte Institutionen erfolgen. Des Weiteren dienen die Erkenntnisse aus den Vor- und Nachteilen der besprochenen gesetzlichen Regulierungen als Anhaltspunkte für eine unternehmensinterne Ausgestaltung des Whistle-Blowing-Systems. So könnten beispielsweise die Erfolge des False Claims Act die Schlussfolgerung zulassen, dass finanzielle Anreize zum Whistle Blowing innerhalb des Unternehmens zu mehr Hinweisen führen. Da dies jedoch zu zweifelhaften Anreizen führen kann, müssen die möglichen Konsequenzen ausführlich eruiert werden. Dies erfolgt im nächsten Unterkapitel.
4.3. Zur Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems 4.3.1. Ableitung der Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System Wie schon festgehalten wurde, kann die Einrichtung der Institution „Whistle-BlowingSystem“ dem Unternehmen nur einen Nutzen stiften, sofern es effektiv ist. Ein wesentliches Problem besteht dabei in der Glaubwürdigkeit des Systems, da diese Voraussetzung für die Nutzung des Systems ist.531 Die Effektivität eines WhistleBlowing-Systems umfasst insofern nicht nur die Beendigung aller gemeldeten Fehlverhalten, sondern aller tatsächlichen Fehlverhalten im Unternehmen. Deshalb ist nicht nur der Umgang mit eingegangenen Meldungen im Unternehmen effektiv zu gestalten. Die Herausforderung bei der Einrichtung besteht vielmehr darin, Mitarbeiter zum Whistle Blowing zu ermutigen. Oft wägen diese wochen- oder monatelang Kosten und Nutzen einer Meldung gegeneinander ab. Meistens weiß der Mitarbeiter nicht, wie ein Unternehmen auf derartige Hinweise reagiert. Er hat zum einen Angst vor dem Bekanntwerden seiner Identität und damit verbundenen Vergeltungsmaß-
530 531
Siehe dazu Schwarz (2005), S. 85. Siehe dazu Richter / Furubotn (2003), S. 26 – 28.
96 nahmen;532 zum anderen steht zumindest nach Ansicht vieler Mitarbeiter diesem Nachteil auch nur eine geringe Wahrscheinlichkeit gegenüber, dass die Meldung eines einzelnen Mitarbeiters überhaupt etwas ändern würde.533 Die Erwartung des potenziellen Whistle Blowers, dass gemeldetes Fehlverhalten beendet wird, beeinflusst folglich dessen Meldung. Doch nicht nur das kann der Grund für das Nicht-Melden sein. Insgesamt lassen sich vier wesentliche Gründe zusammentragen, warum Mitarbeiter nicht über das Fehlverhalten berichten:534 1. Mitarbeiter sind sich häufig nicht im Klaren, was als Fehlverhalten zu verstehen ist und an wen sie sich wenden sollen (Factual Non-Responsibility). 2. Mitarbeiter fühlen sich moralisch nicht in der Pflicht, etwas zu unternehmen (Moral Non-Responsibility). 3. Die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen hält Mitarbeiter davon ab, einen Hinweis zu geben (Consequential Exoneration). 4. Mitarbeiter haben kein Vertrauen in das System (Functional Exoneration). Diese Gründe bedingen die Notwendigkeit der Implementierung des WhistleBlowing-Systems. Besonders deutlich wird an dieser Stelle, dass die Information und Kommunikation des Systems innerhalb und außerhalb des Unternehmens zwingend erforderlich sind.535 Ein Whistle-Blowing-System kann nur erfolgreich zur Verhinderung von Fehlverhalten eingesetzt werden, wenn die Unternehmenskultur derartige Verhaltensweisen fordert und fördert.536 Bei der Kodifizierung von Werten und Zielen des Unternehmens ist es deshalb unerlässlich, in diesem Zusammenhang die Funktion, Organisation und Schutzmechanismen des Whistle-Blowing-Systems zu nennen. Damit vor allem Mitarbeiter von diesem System erfahren und sich über die Notwendigkeit der Nutzung des Systems in den betreffenden Fällen bewusst werden, müssen diese ausreichend informiert und geschult werden.537 Nur dadurch wird das Problem der Factual Non-Responsibility beseitigt. Das Problem der Moral Non-Responsibility hängt mit dem Loyalitätsgrad des Mitarbeiters zusammen. Die Loyalität zu den Zielen des Unternehmens sollte deshalb mit entsprechenden Maßnahmen gefördert werden. Doch nicht immer lässt sich der Loyalitätsgrad von Individuen so stark beeinflussen, dass die Hinweisgabe trotz Risiken erfolgt. Zudem ist die Entwicklung der Loyalität meist ein längerer Prozess.538 532 533 534 535 536
537
538
Siehe Miceli / Near (1984, 1985). Vgl. Miceli / Near (1992), S. 296, und Miceli / Near (1994), S. 70. Vgl. zu diesen Gründen Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005). Vgl. Hofmann (2006), S. 125, und Callahan et al. (2002), S. 202. Zur Notwendigkeit einer offenen Unternehmenskultur siehe Leisinger (2003), S. 169 – 171, und Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 384. Vgl. Dworkin / Near (1997), S. 11; Callahan et al. (2002), S. 203; Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 338; Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 383. Meistens werden Hinweise nur von Mitarbeitern mit einer längeren Unternehmenszugehörigkeit gegeben, vgl. Stansbury / Victor (2009). Zusammen mit der Tatsache, dass Hinweisgeber eher loyale Mitarbeiter sind (siehe z.B. Jos / Tompkins / Hays (1989)), kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Entwicklung einer kritischen Loyalität ein längerer Prozess ist.
97 Insbesondere für Mitarbeiter mit einem nicht so hohen Loyalitätsgrad sind die mit der Hinweisgabe verbundenen Risiken in besonderem Maße entscheidungsrelevant. Das Unternehmen sollte deshalb Maßnahmen ergreifen, die die Wahrscheinlichkeit der Vergeltungsmaßnahmen wegen des Bekanntwerdens der Identität gering hält (Consequential Exoneration). Nur durch das Senken dieser Transaktionskosten motiviert das Unternehmen auch Mitarbeiter mit geringem Loyalitätsgrad zur Wahl erwünschter Handlungen. Und auch für loyale Mitarbeiter, die einen hohen Nutzen aus dem moralischen Verhalten erzielen, wird die Entscheidung zum Whistle Blowing erleichtert. Die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems kann nicht nur durch Senkung der erwarteten Kosten des Hinweisgebers beeinflusst werden. Auch der erwartete Nutzen des Whistle Blowers kann erhöht werden, indem die Wahrscheinlichkeit einer Unterbindung des Fehlverhaltens steigt. D.h., dem Mitarbeiter muss das Gefühlt vermittelt werden, seine Meldung trägt zu Änderungen im Unternehmen bei.539 Hier wird wieder die Notwendigkeit des Vorliegens einer „Large Numbers Situation“ deutlich. Nicht nur die schon erwähnte Kommunikation ist dafür ausschlaggebend, es ist auch die Funktionsweise des Systems durch Überwachung und regelmäßige Kontrolle sicherzustellen.540 Dies erhöht das Vertrauen in das System (Functional Exoneration). Die Benennung eines Whistle-Blowing-Adressaten ist deshalb nicht der einzige Schritt, um von einem Whistle-Blowing-System sprechen zu können,541 vielmehr bedarf es der Organisation folgender Stufen: Kodifizierung der Unternehmenskultur, der Werte und Ziele des Unternehmens
EinrichtungvonSchutzͲ undAnreizmechanismen Einrichtung einer glaubwürdigen und einflussreichen Whistle-Blowing-Stelle Ansiedlung der Stelle
anonyme/offene Hinweisgabe
Kommunikationsmittel
Integration der Whistle-Blowing-Stelle in das Unternehmen Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems unternehmensexterne Komm.
Komm. an potenzielle Whistle Blower
Kreis potenzieller Whistle Blower
Überwachung des Whistle-Blowing-Systems 542
Abbildung 10: Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems
Auf die in Abbildung 10 genannten Stufen wird in den folgenden Abschnitten genauer eingegangen. 539 540 541 542
Vgl. Miceli / Near (1992), S. 296, und Miceli / Near (1994), S. 70. Vgl. Dworkin / Near (1997), S. 11. Siehe auch Rohde-Liebenau (2008). Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofmann (2006), S. 125.
98 4.3.2. Kodifizierung der Unternehmenskultur, der Werte und Ziele des Unternehmens Damit das Whistle-Blowing-System genutzt wird, muss das Management zuerst dafür sorgen, dass eine Unternehmenskultur entsteht, die Whistle Blowing als erwünscht ansieht.543 Die Einstellung der Mitarbeiter zum Whistle Blowing trägt entscheidend dazu bei, ob ein Hinweis intern gegeben wird.544 Da ein hoher Loyalitätsgrad der Mitarbeiter für die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems vorteilhaft ist,545 sollte das Unternehmen Maßnahmen ergreifen, die die Identifikation mit den Zielen und Werten des Unternehmens fördern. Dies kann durch die Kodifizierung und Kommunikation der Werte und Ziele des Unternehmens erfolgen. Das wichtigste daran ist, dass diese kommunizierten Werte und Ziele auch vom Top-Management vorgelebt werden546, sonst stehen diese Werte als reines Lippenbekenntnis im Raum.547 Die schriftliche Dokumentation der Werte und Ziele des Unternehmens ist notwendig, damit sie ihre Aufklärungs- und Steuerungsfunktion übernehmen können.548 Häufig werden die Werte und Ziele in einem Verhaltenskodex549 niedergeschrieben.550 Für eine Erhöhung der Whistle-Blowing-Effektivität ist der Verhaltenskodex um eine Whistle-Blowing-Richtlinie zu erweitern.551 Darin sollte festgehalten werden, welche Sachverhalte Tatbestände für Whistle Blowing sind,552 dass keine Vergeltungsmaßnahmen seitens des Unternehmens drohen,553 welche Ansprechpartner existieren und welche Möglichkeiten der Hinweisgabe vorhanden sind, d.h. anonyme oder nicht anonyme Meldungen.554 Außerdem sind in der Richtlinie die weiteren Untersu-
543 544 545 546
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Vgl. Callahan et al. (2002), S. 201 – 202, und Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Siehe Park / Blenkinsopp (2009). Vgl. Unterabschnitt 2.3.2.2 und insbesondere dabei die Arbeit von Hirschman (1970). Vgl. Callahan et al. (2002), S. 203 – 204; Peemöller / Hofmann (2005), S. 169; Bürkle (2005), S. 565 – 566; Lampert (2010), Rz. 10. Auch im Ethikkodex von Enron stand, dass Mitarbeiter angewiesen sind, über Verhalten Bericht zu erstatten, welches nicht den ethischen Prinzipien des Unternehmens entspricht. Der Kodex ist abzurufen unter http://bobsutton.typepad.com/files/enron-ethics.pdf (insbesondere S. 61). Trotzdem wurde die Enron-Mitarbeiterin Sherron Watkins degradiert, als sie sich mit ihren Informationen an die Unternehmensleitung gewandt hat. Wenn der Ethikkodex, wie im Fall von Enron, nicht vom Top-Management gelebt wird, dann entfaltet er auch in den unteren Hierarchieebenen keine Wirkung. Dies ist gerade dann der Fall, wenn das Top-Management selbst in Fehlverhalten involviert ist. Vgl. Leisinger (2003), S. 171. Anstelle des Begriffs Verhaltenskodex werden des Öfteren auch der Ethikkodex oder die englischen Bezeichnungen Code of Conduct bzw. Code of Ethics verwendet. Siehe hierzu Peemöller / Hofmann (2005), S. 168. Vgl. Hassink / de Vries / Bollen (2007), und Lampert (2010), Rz. 24. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628; Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 338; Rodewald / Unger (2007). S. 1630. Legitimes Whistle Blowing sollte dementsprechend nur in den Fällen vorliegen, in denen die Meldung nicht aufgrund von persönlichen Konflikten, Vorurteilen oder anstehenden Rationalisierungsmaßnahmen erfolgte, vgl. dazu Dandekar (1990), S. 97. Vgl. Menzies (2004), S. 68, und Moberly (2008), S. 1032. Zu den Vor- und Nachteilen von anonymen und nicht-anonymen Whistle-Blowing vgl. Leisinger (2003), S. 90 – 91.
99 chungsdetails festzuhalten.555 Eine Inhaltsanalyse von Whistle-Blowing-Richtlinien europäischer Unternehmen ergab, dass diese Angaben in den überwiegenden Fällen enthalten waren.556 Zur Durchsetzung der Ziele des Unternehmens ist nicht nur die Kommunikation der Sachverhalte erforderlich, die unerwünschte Handlungen definieren. Vielmehr sollten auch Sanktionen angedroht werden, wenn diese Richtlinien nicht eingehalten werden. Die Sanktionierung sorgt dafür, dass die Transaktionskosten unerwünschter Handlungen steigen.557 Dadurch kann der Anreiz zu Fehlverhalten verringert werden. Außerdem wird den Mitarbeitern glaubhaft die Notwendigkeit des regelkonformen Verhaltens signalisiert.558 Die Verankerung der Whistle-Blowing-Richtlinie im Verhaltenskodex hat den Vorteil, dass die Mitarbeiter faktisch dazu angehalten werden, die Befolgung des Kodexes mit zu überwachen. Durch entsprechende Informationen und Schulungen zum Kodex kann den Mitarbeitern gleichzeitig die Notwendigkeit und die Funktionsweise des Whistle-Blowing-Systems nahegebracht werden.559 Dadurch wird außerdem erreicht, dass das Whistle-Blowing-System in das Compliance-Programm integriert wird und die Tatbestände geklärt werden, in denen Whistle Blowing notwendig ist. Gleichzeitig kann dadurch verhindert werden, mit der Einrichtung einer Whistle-Blowing-Stelle eine Kultur des Denunziantentums zu schaffen, wenn Mitarbeiter über relevante Sachverhalte und den richtigen Umgang damit informiert werden.560 Deshalb sollte der Kodex nicht nur als schriftliches Exemplar vorgelegt werden. Auch ein Handbuch zum Kodex ist nicht ausreichend, um den Mitarbeitern die Verhaltensanweisungen nahezubringen. Vielmehr sind Schulungen zu den Themen notwendig, damit die Mitarbeiter ihren Anteil an der Compliance des Unternehmens wahrnehmen und verinnerlichen. Wichtig ist dabei, dass nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch Manager an diesen Schulungen teilnehmen.561 Bei diesen Schulungen könnte der Nutzen aus dem Offenlegen von Fehlverhalten hervorgehoben und die Möglichkeiten der Hinweisgebung aufgezeigt werden.562 Sinnvoll erscheint außerdem die Simulation von Beispielfällen. Das Unternehmen muss sich indes auch den Grenzen eines Whistle-BlowingSystems bewusst sein. Das System sollte von den Mitarbeitern als eine Möglichkeit verstanden werden, sich verantwortungsbewusst verhalten zu können. Ein Whistle555 556 557 558 559
560 561 562
Vgl. Hassink / de Vries / Bollen (2007), S. 38. Siehe hierzu Hassink / de Vries / Bollen (2007). Vgl. auch Kirchner (1997), S. 169. Vgl. Lampert (2010), Rz. 33. Gemäß der Studie von Brennan / Kelly (2007) erhöhen Schulungen zum Whistle Blowing das Vertrauen in ein Whistle-Blowing-System. Siehe auch Dworkin / Near (1997), S. 11; Callahan et al. (2002), S. 203; Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 338; Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 383. Vgl. Rodewald / Unger (2007), S. 1631. Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 385. Siehe dazu Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 385.
100 Blowing-System darf nicht zu einer Verpflichtung zum Whistle Blowing in dem Sinne führen, dass das Unternehmen seine Verantwortung zu legalem und moralischem Verhalten an die Mitarbeiter abschiebt und diese dann für ihr Handeln oder NichtHandeln haftbar gemacht werden.563 Im engeren Sinne kann bei einer Verpflichtung zur Hinweisgabe sogar nicht mehr von Whistle Blowing gesprochen werden.564 Mitarbeitern sollte durch ein Whistle-Blowing-System nicht die moralische Selbständigkeit genommen werden, nach eigenen Werten zu handeln. Eine Untersuchung von Whistle-Blowing-Systemen einiger europäischer Unternehmen zeigt jedoch, dass oft von einer Verpflichtung zum Whistle Blowing gesprochen wird.565 Diese Entwicklung birgt die Gefahr, dass die Verantwortung zu ethischem Handeln von den Verantwortlichen auf die Mitarbeiter abgeschoben wird.566 In diesem Fall wäre ein eingerichtetes Whistle-Blowing-System jedoch ineffektiv. Wenn die Werte und Ziele des Unternehmens vom Topmanagement vorgelebt werden, können Mitarbeiter auch nach deren Vorgaben handeln. 4.3.3. Schutz- und Anreizmechanismen zur Motivation des Whistle Blowers 4.3.3.1. Schutz des Whistle Blowers Um die erwünschte Handlungsoption „Voice“ innerhalb des Unternehmens zu fördern, sind die Transaktionskosten der Hinweisgabe durch einen kodifizierten WhistleBlower-Schutz zu senken.567 Der Verhaltenskodex allein wird Mitarbeiter nicht zum Whistle Blowing ermutigen, wenn sie Vergeltungsmaßnahmen568 zu erwarten haben.569 Die Bedeutung unternehmensseitiger Schutzmaßnahmen wird insbesondere vor dem Hintergrund fehlender bzw. unzureichender gesetzlicher Schutzregelungen hervorgehoben.570 Meistens werden deshalb Benachteiligungsverbote etc. ausgesprochen. Ferner erhöht der Hinweis, dass eine Meldung an das System nicht zur Kündigung führt, das Vertrauen der Mitarbeiter,571 auch wenn dies rechtlich gesehen überflüssig ist. Die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems führt ohnehin automatisch zu einer Unzulässigkeit der Kündigung aufgrund der Hinweisgabe.572 563 564 565 566 567 568
569
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Vgl. dazu Tsahuridu / Vandekerckhove (2008). Dieser Meinung folgt Jubb (1999). Vgl. Hassink / de Vries / Bollen (2007), S. 34. Vgl. dazu Tsahuridu / Vandekerckhove (2008), S. 116. Vgl. Dunfee (1990), S. 136. Was als Vergeltungsmaßnahme zu verstehen ist, lässt sich allerdings schwer auf bestimmte Tätigkeiten beschränken. Die persönliche „Schmerzgrenze“ eines einzelnen ist aufgrund der subjektiven Einschätzung nicht auf andere zu übertragen, vgl. dazu Miceli / Near (1992), S. 202. Vgl. Miceli / Near (1985), die herausfanden, dass in Unternehmen mit geringer Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit für internes Whistle Blowing steigt. Ferner siehe Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Siehe dazu genauer Moberly (2008). Vgl. z.B. Moberly (2008), S. 1003 – 1004. Siehe Hofmann (2006), S. 126, und Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571. Siehe auch Unterabschnitt 4.3.8.1.
101 Des Weiteren können entsprechende Mechanismen dazu beitragen, nicht als Denunziant zu erscheinen.573 Damit ist vor allem die Gewährung der Möglichkeit anonymer Hinweisgebungen verbunden. Gleichzeitig muss dem Whistle Blower im Falle nicht anonymen Whistle Blowings die Geheimhaltung seiner Identität zugesichert werden.574 4.3.3.2. Vor- und Nachteile von Anreizinstrumenten Ein schwieriges Thema sind Anreizinstrumente zur Motivation der Mitarbeiter zum Whistle Blowing. Einerseits kann eine Belohnung als Entschädigung für die Strapazen angesehen werden, die mit der Aufklärung und einem möglichen Prozess verbunden sind.575 Belohnungen wirken deshalb transaktionskostensenkend und fördern die erwünschte Handlungsoption im Unternehmen. Folglich könnten sich auch Mitarbeiter zum Whistle Blowing entschließen, die wegen eines niedrigen Loyalitätsgrades keinen Nutzen aus dem Whistle Blowing ziehen würden. Die Hinweisgebung kann durch die Belohnung unabhängig von der intrinsischen Motivation vorteilhaft werden.576 Sofern die Einstellung des Whistle Blowers jedoch irrelevant wird, könnte es andererseits dazu kommen, dass opportunistisch eingestellte Mitarbeiter dies als Anlass sehen können, unbegründete Verdächtigungen auszusprechen, nur um dafür entlohnt zu werden.577 Die Gefahr ist daher groß, dass eine Kultur des Denunziantentums entsteht.578 Außerdem könnte bei der Ausschreibung von Prämien der Eindruck entstehen, dass sich das Unternehmen die Einhaltung von Compliance erkaufen muss, weil es selbst nicht in der Lage ist, im Rahmen seiner unternehmerischen Verantwortung dafür zu sorgen. Dies stellt kein vertrauenserweckendes Signal hinsichtlich einer gelebten Unternehmenskultur gegenüber den Mitarbeitern dar.579 Trotzdem führten empirisch nur die im False Claims Act gewährten finanziellen Anreize zu mehr effektivem Whistle Blowing in den USA.580 Auch einige USamerikanische Unternehmen setzen ihren Mitarbeitern bereits finanzielle Anreize
573 574
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Vgl. Dunfee (1990), S. 136; Callahan et al. (2002), S. 209; Rodewald / Unger (2007), S. 1630. Vgl. Lewis (2002), S. 204, und Eaton / Akers (2007), S. 70 – 71. Zur Diskussion der Vorteilhaftigkeit anonymer und nicht anonymer Hinweisgabe siehe Unterabschnitt 4.3.4.3. Siehe Dworkin / Near (1997), S. 8. Vgl. Callahan / Dworkin (1992), S. 293 – 294. Siehe dazu Schmidt (2005), S. 157 – 158. Vgl. auch Callahan / Dworkin (1992), S. 326, die die Gefahr des grundlosen Verpfeifens beim False Claims Act allerdings als sehr gering einschätzen, da z.B. eine Rückzahlung der Gerichtsgebühren für solche Fälle vorgesehen ist. In Anbetracht dessen, dass die vom False Claims Act gedeckten Sachverhalte Anzeigen an unternehmensexterne Institutionen mit anschließenden Gerichtsverfahren beinhalten, kann diese Argumentation nicht auf jegliches Whistle Blowing übertragen werden, die nicht immer von großem Ausmaß sind. Die Hemmschwelle, unbegründete Verdächtigungen auszusprechen, liegt bei den hier mit eingeschlossenen Sachverhalten wohl wesentlich niedriger, wenn keine Sanktionen drohen. Vgl. Miceli / Near (1994), S. 70 – 71; Dworkin / Near (1997), S. 10; Schmidt (2005), S. 157 – 158. Vgl. dazu Donato (2009), S. 210. Vgl. Dworkin (2007), S. 1769, sowie die Ergebnisse der Studie von Dyck / Morse / Zingales (2010).
102 zum Whistle Blowing.581 Ob dies nur als Reaktion auf den False Claims Act erfolgte oder aus eigenem Antrieb, ist ungeklärt. Letztendlich ist an dieser Stelle unabhängig von gesetzlichen Regelungen zu klären, ob unternehmensinterne Anreize zum Whistle Blowing genauso erfolgreich sein könnten. Finanzielle Anreize könnten intern z.B. damit gerechtfertigt werden, dass sie nichts anderes darstellen als eine Belohnung für gute Arbeit. Auch hier wird über die gezahlten Boni nicht diskutiert.582 Des Weiteren wurden Anreize bisher nur deshalb als entbehrlich angesehen, weil frühere Umfragen unter Mitarbeitern dies bestätigten.583 Dabei ging man davon aus, dass wohl mehr nichtfinanzielle Vorteile eine Rolle spielen bzw. anstelle einer rationalen Entscheidung mehr emotional entschieden wird.584 Aktuellere Studien weisen allerdings nach, dass bei der Frage nach hypothetischen Fällen durchaus andere Einflussfaktoren als relevant angegeben werden als bei der tatsächlichen Konfrontation mit der Situation. Mit anderen Worten: Das, was vorgegeben wird zu tun, ist oft nicht dasselbe, was dann tatsächlich getan wird.585 Mithin findet wohl doch eine Abwägung zwischen Kosten und Nutzen statt.586 Aus diesem Grund wird die Einführung von finanziellen Anreizen empfohlen.587 Trotz der offensichtlich positiven Auswirkungen sind Belohnungen für Hinweise kritisch zu sehen, vor allem, wenn dem Whistle Blowing noch skeptisch gegenübergestanden und es eher als Denunzieren aufgefasst wird, könnten Belohnungen missverstanden werden. Mithin würde eine Unternehmenskultur entstehen, die nicht mehr von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Vielmehr könnte die Angst, als Denunziant angesehen zu werden, zur Verschwiegenheit der Mitarbeiter führen. Da man in Deutschland dem Thema noch zurückhaltend gegenübersteht, sind in den Unternehmen Anreize zum Whistle Blowing wohl noch kein Thema. Vielmehr sollte das Unternehmen Wert auf ein Verständnis aller Mitarbeiter zur „richtigen“ Loyalität legen. Entsprechende Maßnahmen sollten deshalb auf eine Erhöhung der Loyalität abzielen,588 anstatt finanzielle Anreize zu setzen. Möglicherweise kämen als nichtfinanzielle Anreize die Vergabe von Medaillen für besonders loyale Mitarbeiter oder die Erwähnung dieser Mitarbeiter bei Unternehmensveranstaltungen in Frage. Außerdem könnte das Ausnutzen der Whistle-Blowing-Stelle zum Anschwärzen von Kollegen sanktioniert werden.589 Opportunistisches Ausnutzen des Systems würde damit eingedämmt.
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Siehe dazu Callahan / Dworkin (1992), S. 273. Diesem Argument folgen Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 386. Siehe z.B. die Studie des US MSPB (1981). Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 386. Siehe dazu Mesmer-Magnus / Viswesvaran (2005), und weitere Nachweise bei Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 386. Siehe Miceli / Near / Dworkin (2009), die auf S. 386 auf die Ergebnisse der Studie von KPMG (2000) verweisen. Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 387. Siehe Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 338. Vgl. Lewis (2002), S. 204 – 205.
103 4.3.4. Effektive Organisation einer Whistle-Blowing-Stelle 4.3.4.1. Glaubwürdigkeit und Einflussnahmemöglichkeiten als Anforderungen an eine effektive Whistle-Blowing-Stelle Wie oben bereits festgehalten wurde, sind die Eigenschaften des Whistle-BlowingAdressaten ein wesentlicher Bestandteil von effektivem Whistle Blowing. Seine Glaubwürdigkeit und die Möglichkeiten der Einflussnahme (Credibility and Power) wurden bereits in Abschnitt 4.2.1 als Anforderungen herausgestellt. Nur wenn entsprechendes Vertrauen in den Adressaten und die Erfüllung seiner Aufgaben besteht, wird sich der Whistle Blower an ihn wenden. Für einen einflussreichen Adressaten wird eine vom Vorstand unabhängige WhistleBlowing-Stelle benötigt, die nicht weisungsgebunden ist.590 Ferner sollten die Mitarbeiter der Whistle-Blowing-Stelle nur für die Entgegennahme der Hinweise verantwortlich sein, um eventuelle Interessenkonflikte zu vermeiden. In diesem Zusammenhang müssen auch klare Kompetenzabgrenzungen innerhalb des Unternehmens existieren, damit nicht mehrere Abteilungen für die Entgegennahme und Nachverfolgung zuständig sind, und sich letztendlich keine Stelle darum kümmert (sog. „Leaning Back Syndrome“591). Diese Gefahr besteht z.B. zwischen dem Risikomanagement, der Internen Revision und der Compliance-Abteilung. Ferner benötigt der Adressat weitreichenden Informationszugang, um die Situationen auch richtig einschätzen und wesentliche von unwesentlichen Informationen differenzieren zu können.592 Dazu gehört auch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Whistle Blower. Dies sollte auch gewährleistet werden, wenn der Hinweisgeber anonym bleiben möchte.593 Für die Glaubwürdigkeit ist zu gewährleisten, dass den Hinweisen auch nachgegangen wird, damit überzeugend ein Interesse an diesen Meldungen vermittelt werden kann. Vor dem Hintergrund, dass viele Hinweise nicht gegeben werden, weil kaum Hoffnung auf eine Änderung besteht,594 ist die Nachverfolgung jedes Hinweises umso wichtiger. Auch wenn der Eindruck besteht, nur ein kleiner Bestandteil der Meldungen ist relevant, sollte dem nachgegangen werden.595 Anderenfalls wird dies eine Abwärtsspirale der Nutzung des Systems auslösen. Wird ein auf den ersten Blick wenig triftiger Sachverhalt nicht nachverfolgt, sinkt die Hoffnung auf die Nachverfol-
590 591 592 593 594 595
Vgl. Dunfee (1990), S. 137; Miceli / Near (2002), S. 460; Leisinger (2003), S. 194. Berndt / Hoppler (2005), S. 2629, mit Verweis auf Böckli (2005), S. 100 – 101. Vgl. Dunfee (1990), S. 136, und Berndt / Hoppler (2005),S. 2628. Vgl. Annuscheit (2009). Vgl. Miceli / Near (1992), S. 296, und Miceli / Near (1994), S. 70. Die nötige Transparenz bezüglich der Nachverfolgung und deren Aufklärungsstand wird durch geeignete Kommunikation mit dem Whistle Blower sowie durch für alle Mitarbeiter einsehbare Publikationen über die eingegangenen Meldungen erreicht. Siehe dazu ausführlicher Abschnitt 4.3.6.
104 gung auch bei anderen relevanten Sachverhalten, und es wird kaum noch gemeldet.596 Eine Erhöhung des Vertrauens in die Whistle-Blowing-Stelle könnte auch dadurch erfolgen, dass die Mitarbeiter den Adressaten der Hinweise in den Schulungen persönlich kennenlernen. 4.3.4.2. Varianten der Einrichtung von Whistle-Blowing-Stellen 4.3.4.2.1. Unternehmensinterne Whistle-Blowing-Stellen Eine Whistle-Blowing-Stelle, die die obigen Anforderungen erfüllt, kann unterschiedlich gestaltet werden. Hierbei ist vor allem zu überlegen, ob die Stelle innerhalb des eigenen Unternehmens implementiert werden soll oder ob die Aufgabe von einer unternehmensexternen Organisation erfüllt wird.597 Empirische Ergebnisse zur Effektivität von Whistle Blowing geben keine eindeutige Antwort darauf, ob der Hinweisadressat unternehmensintern oder -extern angesiedelt sein sollte.598 In den folgenden Ausführungen wird deshalb analysiert, welcher Whistle-Blowing-Adressat die oben genannten Voraussetzungen am besten erfüllt. Die Möglichkeiten der Einrichtung interner Whistle-Blowing-Stellen sind vielfältig. Es wurde bereits hervorgehoben, dass die Meldepflicht gegenüber dem jeweiligen Vorgesetzten zum Umgang mit Risiken und Fehlverhalten als nicht ausreichend anzusehen ist. Vielmehr sollte es eine extra eingerichtete Meldestelle geben, die genutzt werden kann, wenn andere Meldewege unpassend sind. Häufig werden sog. Ombudsinstitutionen installiert, die für die Entgegennahme von Hinweisen verantwortlich sind.599 Die Geschäftsleitung selbst sollte nicht als Ansprechpartner gewählt werden, da sie erstens nicht mit einer Fülle von Hinweisen, denen sie gar nicht allen nachgehen kann, belastet werden sollte. Zweitens kann vom Whistle Blower oftmals nicht eingeschätzt werden, ob die Unternehmensleitung selber mit in das Fehlverhalten involviert ist.600 Die Gefahr ist daher groß, dass die Meldung trotzdem eher an eine unternehmensfremde als an die vorgegebene Stelle erfolgt. Weitere Ansprechpartner könnten die Interne Revision oder Personalabteilung sein.601 Deren Unabhängigkeit vom Vorstand erscheint allerdings aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit beeinträchtigt.602 Wird an diese Stellen gemeldet, stehen sie vor der Gewissensentscheidung, der Meldung nachzugehen und auf das Fehlverhal596 597 598 599 600
601 602
Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 388. Siehe auch Peemöller / Hofmann (2005), S. 170, und Weber-Rey (2006), S. 409 – 410. Vgl. Dworkin / Baucus (1998) und Miceli / Near (2002). Vgl. z.B. Callahan et al. (2002), S. 205, und Leisinger (2003), S. 193 – 195. In vielen Fällen wusste die Unternehmensleitung von den Missständen im Unternehmen und hat trotzdem nicht entsprechend reagiert. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Siehe z.B. auch Lewis (2002), S. 205. Vgl. Peemöller / Hofmann (2005), S. 170, und Berndt / Hoppler (2005), S. 2628.
105 ten hinzuweisen, oder die Abteilung hält die Information geheim, um die betreffenden fehlverhaltenden Personen zu schützen.603 Die interne Stelle sollte in der Hierarchie des Unternehmens ganz oben stehen oder eine gesonderte Stellung innehaben. Eine externe Überprüfung der Wirksamkeit der Whistle-Blowing-Stelle könnte zwar dafür sorgen, dass auch die weisungsgebundenen Stellen dieser neuen Aufgabe nachkommen;604 es beseitigt jedoch nicht das ursächliche Problem der Rollenverteilung. Eine bessere Alternative scheint das Audit Committee darzustellen, da die Mitarbeiter aufgrund der gesonderten Stellung nicht weisungsgebunden sind.605 Das Audit Committee wird vom Aufsichtsrat eingerichtet606 und hat u.a. die Aufgabe, sich mit Fragen der Compliance, des Risikomanagements und der Rechnungslegung zu befassen. Der SOX überträgt dem Audit Committee sogar ausdrücklich die Aufgabe, geeignete Whistle-Blowing-Strukturen zu implementieren, wobei nicht vorgeschrieben wird, dass es selbst für die Entgegennahme und Nachverfolgung zuständig ist.607 Für das Audit Committee als Whistle-Blowing-Stelle spricht auf jeden Fall dessen Unabhängigkeit608, da es nicht weisungsgebunden ist. Des Weiteren hat es relativ kurze Meldewege zum Vorstand oder Aufsichtsrat, sodass die Informationen rasch an die Personen weitergeleitet werden können, die das Risiko der Haftung tragen.609 Trotzdem ist die ursprüngliche Aufgabe des Audit Committee eigentlich eine andere, nämlich die der Überprüfung und Kontrolle solcher Verfahrenswege. Um eine wirksame Kontrolle des Systems zu garantieren, sollte dies auch die einzige Aufgabe des Audit Committees bleiben.610 Dies könnte durchaus anders beurteilt werden, wenn die Kontrollen des Systems und damit des Audit Committees dann von einer externen Institution vorgenommen werden. Bei der internen Einrichtung einer Whistle-Blowing-Stelle empfiehlt sich aus diesen Gründen meistens eine Ombudsperson,611 die dem Vorstand nicht weisungsgebunden612 und nicht mit weiteren Aufgaben betraut ist. Ferner benötigt die Stelle einen 603 604
605 606
607 608 609 610 611 612
Vgl. Peemöller / Hofmann (2005), S. 170. Cauers et al. (2008) bezogen diese Überlegungen bezüglich der Übertragung sämtlicher Compliance-Aufgaben auf die Interne Revision, vgl. Cauers et al. (2008), S. 2718. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628, und Weber-Rey (2006), S. 409. So empfiehlt es der DCGK in Rz. 5.3.2. Auch die EU hat in einer Empfehlung vom 15.02.2005 die Einrichtung eines Audit Committees mit konkreten Aufgaben und Arbeitsweisen vorgegeben. Ähnlich dem SOX wird dem Audit Committee übertragen, für die Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen zu sorgen, so Rz. 4.3.8 dieser Empfehlung. Die Empfehlung ist im Amtsblatt der Europäischen Union 2005/162/EG, L2/51 – 63 abgedruckt. Wie auch im Deutschen Corporate Governance Kodex handelt es sich nicht um eine verbindliche Anweisung, sondern um eine Empfehlung. Vgl. ausführlich zu dieser Empfehlung Nonnenmacher / Pohle / von Werder (2009), S. 1451 – 1452. Siehe Sec. 301 SOX. Die Unabhängigkeit der Mitglieder des Audit Comittee wird ausdrücklich in Sec. 301 SOX verlangt. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Vgl. auch Spindler (2005), S. 2038, und Bürkle (2007), S. 1800. So empfehlen es z.B. Miceli / Near (1994), S. 68. Siehe auch Campos Nave (2007), S. I.
106 weitreichenden Informationszugang, um den Hinweis nach Eingang zu überprüfen. Damit verbunden sind auch ausreichend vorhandene Ressourcen, um der Aufgabe gerecht zu werden.613 Anschließend sollte die Ombudsperson bei konkreten Anhaltspunkten den Sachverhalt an eine weitere Abteilung mitteilen, die die Kompetenz hat, den Sachverhalt aufzuklären. Häufig werden die Hinweise an die Interne Revision weitergeleitet. Abschnitt 4.3.5 setzt sich ausführlicher mit der nachgelagerten Stelle auseinander. Vorteil einer intern eingerichteten Whistle-Blowing-Stelle ist die Nähe zu den jeweiligen betreffenden Organen des Unternehmens und damit die kurzen Kommunikations- und Aufklärungswege. Die Nähe und der Bekanntheitsgrad des jeweiligen Hinweisadressaten führen zu einer geringeren Hemmschwelle des Whistle Blowers, sich an diese interne Stelle zu wenden als an eine externe.614 Gleichzeitig bleiben diese Informationen auch innerhalb des Unternehmens, sodass ein Reputationsschaden vermieden wird.615 Damit könnte eine effektivere Aufklärung der Hinweise einhergehen, da keine externe Stelle zwischengeschaltet ist.616 Jedoch stehen diesen Vorteilen eine Reihe von Nachteilen gegenüber: Die Gewährleistung einer ausreichenden Unabhängigkeit des Hinweisadressaten lässt sich intern schwieriger gestalten als extern.617 Ein interner Adressat sieht sich dem Problem gegenüber gestellt, einerseits die Aufklärungs- und Sanktionsfunktion übernehmen zu müssen und andererseits einen gewissen Loyalitätsgrad zum Unternehmen zu wahren.618 Ein moralisches Dilemma könnte demzufolge auch hier vermutet werden. Hilfreich könnten Benachteiligungsverbote und ein spezieller Kündigungsschutz für diese Personen sein.619 Dass die Personen dann aber wirklich genauso unabhängig wie Unternehmensexterne mit dem Sachverhalt umgehen, kann jedoch nicht geschlussfolgert werden. Mangelnde Unabhängigkeit des internen Adressaten könnte des Weiteren zu fehlender Motivation zur Aufklärung des Hinweises führen.620 Die Whistle-Blowing-Stelle ist zwar nicht primär an der Nachverfolgung beteiligt, da dies anderen Abteilungen im Unternehmen vorbehalten ist. Sie kann aber erstens bei der Filterung der Hinweise Einfluss auf die Einstufung der Relevanz nehmen und zweitens auch bei Rückfragen an den Whistle Blower ein geringeres Interesse an weiteren Informationen haben. Bezüglich der Motivation könnte allerdings eine andere Ansicht dazu führen, dass die Motivation einer internen Whistle-Blowing-Stelle höher ist als bei einer externen. Das 613 614 615 616 617 618 619
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Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Vgl. Bürkle (2004), S. 2160. Siehe dazu Chambers (1995), S. 196, und Bürkle (2004), S. 2160 – 2161. Vgl. Pauthner-Seidel / Stephan (2010), Rz. 116. Vgl. Breinlinger / Krader (2006), S. 61 – 62, und Pauthner-Seidel / Stephan (2010), Rz. 116. Siehe hierzu Peemöller / Hofmann (2005), S. 170, und Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Vgl. Rodewald / Unger (2007), S. 1633. Als Beispiele werden hier der § 58 BImSchG und der § 21 WHG genannt. Siehe auch Near / Miceli (2008), S. 275.
107 Fehlverhalten führt möglicherweise auch für die interne Stelle zu nachteiligen Konsequenzen, wenn das Unternehmen dadurch nachhaltig geschädigt wird. Folglich könnte der interne Hinweisadressat auch deshalb stärker an den Informationen des Hinweisgebers interessiert sein, um selber keine Verluste tragen zu müssen. Ohne das Vertrauen in die Wirksamkeit und die Geheimhaltung der Identität des Whistle Blowers erfolgt kein Hinweis an die Whistle-Blowing-Stelle. Eine Meldung an einen internen Adressaten birgt für den Whistle Blower trotz der Einhaltung dieser Anforderungen dennoch das Risiko, dass die Identität im Unternehmen bekannt wird. Zwar besteht auch bei Meldungen an externe Stellen eine Gefahr, enttarnt zu werden; es scheint jedoch unwahrscheinlicher als bei einer internen Adresse. Falls ein Rechtsanwalt die Rolle des Ombudsmanns einnimmt, ist er zwar berufsrechtlich zur Geheimhaltung verpflichtet,621 jedoch kann die Identität auf andere Weise, z.B. über den Meldeweg, bekannt werden. Ferner kann es nur bei der internen Einrichtung einer Meldestelle zu einer Kompetenzüberschneidung und damit zum oben schon erläuterten „Leaning-Back-Syndrome“ kommen.622 Zudem sind die Investitionen der Einrichtung einer internen Whistle-Blowing-Stelle zu erwähnen,623 weshalb vor allem kleinere Unternehmen eher zu einer Ausgliederung tendieren könnten.624 Bei dieser Ausgliederung ist aber zu beachten, dass die Kosten der Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems nicht komplett wegfallen, da eine Systematisierung einer Whistle-Blowing-Kultur und -Struktur im Unternehmen die Voraussetzung ist, dass die (externe) Stelle genutzt wird. Die Kosten der Kodifizierung der Werte, der Kommunikation innerhalb und außerhalb des Unternehmens über das Whistle-Blowing-System bleiben dementsprechend auch bei einer externen Whistle-Blowing-Stelle bestehen. 4.3.4.2.2. Die Eignung des Betriebsrats als Ansprechpartner für Hinweise zu innerbetrieblichen Missständen In der Literatur wird zum Teil empfohlen, sich als Whistle Blower an den Betriebsrat zu wenden,625 da dessen Aufgabe unter anderem auch darin besteht, die Beschwerden der Arbeitnehmer anzuhören und gegebenenfalls zwischen ihm und dem Arbeitgeber zu vermitteln.626 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es sich dabei ausschließlich um Beschwerden handelt und der Gegenstand einer Beschwerde lediglich die Belange des sich beschwerenden Arbeitnehmers sein können.627 Sog. Popularbe621 622 623 624 625 626 627
Vgl. Bürkle (2004), S. 2161. Siehe hierzu Berndt / Hoppler (2005), S. 2629, und Weber-Rey (2006), S. 410. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2627, und Weber-Rey (2006), S. 410. Siehe auch Berndt / Hoppler (2005), S. 2627. Vgl. Graser (2000), S. 163 – 165, und Herbert / Oberrath (2005), S. 198. Siehe §§ 84 und 85 BetrVG. Gegenstände einer Beschwerde gemäß §§ 84 und 85 BetrVG stellen Benachteiligungen, ungerechte Behandlungen oder sonstige Beeinträchtigungen des sich beschwerenden Arbeitnehmers dar. Vgl. dazu auch Graser (2000), S. 163; Müller (2002), S. 435; Schmitt (2003), S. 87.
108 schwerden, also Beschwerden andere Arbeitnehmer, die Allgemeinheit oder die Öffentlichkeit betreffend, sind als Beschwerden im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes unzulässig.628 Demzufolge kommt der Betriebsrat nur in solchen Fällen als Ansprechpartner in Frage, wenn sich der Arbeitnehmer persönlich benachteiligt fühlt. Doch nicht nur die Zuständigkeit des Betriebsrats im Fall innerbetrieblicher Beschwerden ist fraglich. Auch die Wirksamkeit einer solchen Meldung ist kritisch zu beurteilen, da es z.B. vorkommen kann, dass der Betriebsrat selbst in die gemeldeten Sachverhalte involviert ist. Selbstverständlich sollte in diesem Fall eine andere interne Stelle informiert werden, sofern dies noch möglich ist. Des Weiteren ist der Betriebsrat daran interessiert, Arbeitsplätze zu erhalten und dies steht unter Umständen in einem Zielkonflikt mit der Aufdeckung illegalen oder illegitimen Verhaltens.629 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass neben der teilweise nicht vorliegenden Zuständigkeit auch die Unabhängigkeit des Betriebsrats nicht zweifelsfrei gewährleistet ist.630 Folglich sollte der Betriebsrat nicht als Whistle-Blowing-Stelle in Frage kommen. 4.3.4.2.3. Unternehmensexterne Whistle-Blowing-Stellen Aufgrund der Kosten, die mit der internen Implementierung der Whistle-BlowingStelle verbunden sind, und der mangelnden Unabhängigkeit interner Stellen wird häufig vorgeschlagen, diese aus dem Unternehmen auszugliedern.631 Dies hat auch den Vorteil, dass sich das Unternehmen auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann.632 Des Weiteren sind externe Kommunikationswege eine gute Alternative, wenn die internen Kommunikationswege angesichts der im vorigen Unterabschnitt genannten Gründe nicht genutzt werden können. Trotzdem bleibt eine Meldung an die externe Whistle-Blowing-Stelle innerhalb des Whistle-Blowing-Systems. Diese Art des Meldewegs ist daher abzugrenzen vom externen Whistle Blowing außerhalb des Whistle-Blowing-Systems, bei welchem das Unternehmen keine Kontrolle darüber hat, dass vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Damit bei der Meldung an die externe Stelle nicht dieselben Risiken bestehen, wie beim oben genannten externen Whistle Blowing, sollte die beauftragte Institution daher dem Unternehmen zugewandt sein, um eine unternehmensinterne Aufklärung zu ermöglichen.633 Im Folgenden wird auf unterschiedliche Varianten der externen Ein-
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Dies wurde in einem Beschluss des ArbG Elmshorn (vom 24.08.1989 – 1c BV 25/89) bekräftigt. Auch Deiseroth (2004) weist daraufhin, dass ein Whistle Blower nur in eng definierten Themen, und nicht bei altruistischen Anzeigen, Rechtsschutz genießt. Vgl. auch Uhl / Polloczek (2008), S. 1731. Vgl. Graser (2000), S. 169. Siehe auch Deiseroth (2008). Vgl. Breinlinger / Krader (2006), S. 61 – 62. Siehe zur Diskussion zum Outsourcing von Abteilungen z.B. Schwager (2003). Vgl. Leisinger (2003), S. 195.
109 richtung eingegangen und diese entsprechend der gestellten Anforderungen gewürdigt. Bei den externen Stellen kann unterschieden werden, ob sie lediglich eine technische Unterstützung liefern, wie z.B. ein Call-Center oder ein Internetportal, oder zusätzlich beratend tätig sein sollen. Für den letzten Fall bieten sich ein externer Anwalt oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an.634 Eine Hotline zu einem Call-Center und ein Internetportal erscheinen für den Whistle Blower zwar wenig vertrauenerweckend zu sein,635 jedoch ermöglicht eine anonyme Hinweisgabe an derartige Stellen, dass die Hemmschwelle zu einer Meldung sinkt. Gleichzeitig erhöht das aber wieder die Gefahr des Missbrauchs des Systems zum Anschwärzen von Kollegen und die Gefahr der Entstehung einer Denunziantenkultur. Zumindest beim Internetportal könnte diese Missbrauchsgefahr durch anonym mögliche Rückfragemöglichkeiten eingedämmt werden.636 Der Vorteil eines Anwalts oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gegenüber den eben genannten Institutionen liegt darin, dass sie den Whistle Blower über Rechte und Pflichten informieren können. Aufgrund seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht wird dem Anwalt auch oftmals mehr vertraut.637 Allerdings ist die persönliche Erreichbarkeit des Anwalts oder des Revisors meist nur zu Betriebszeiten möglich, eine Internetplattform oder ein Call-Center hingegen wären praktisch uneingeschränkt zu erreichen.638 Die externe Stelle sollte auch nur für das Entgegennehmen der Hinweise zuständig sein, eine Nachverfolgung und das Einleiten von Gegenmaßnahmen müsste weiterhin durch die zuständige interne Abteilung oder die Unternehmensleitung ausgelöst werden.639 Die Effektivität der Aufklärung hängt damit weiterhin maßgeblich vom Unternehmen selbst ab.640 Hier zeichnet sich die Relevanz der Rückfragemöglichkeiten ab, die bei der anonymen Hotline nicht ermöglicht wird, wenn der Whistle Blower sich nicht selbst nochmal meldet. Zwar werden Whistle Blower darum meistens gebeten, allerdings erfolgt dies nur in ca. 30 % der Fälle.641
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639 640
641
Siehe z.B. Leisinger (2003), S. 195. Oft stellen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften dann auch ein Call-Center zur Verfügung. Den genannten Stellen werden nicht immer als extern angesehen, zum Teil wird ihnen eher eine Zwischenstellung zugeordnet, vgl. Pauthner-Seidel / Stephan (2010), Rz. 112. Vgl. Buchert (2008), S. 148. Siehe zu dieser Argumentationsführung Breinlinger / Krader (2006), S. 62. Vgl. Lampert (2010), Rz. 35. Eine intensive Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten erfolgt in Unterabschnitt 4.3.4.3. Vgl. Lewis (2002), S. 206. Die Wirksamkeit des Whistle-Blowing-Systems hängt dann von der weiteren Nachverfolgung und Aufklärung des Hinweises ab. Die Integration der Whistle-Blowing-Stelle in das Unternehmen wird in Abschnitt 4.3.5 betrachtet. Siehe dazu Miceli / Near / Dworkin (2008), S. 158.
110 Eine andere Möglichkeit wäre, neben der Hinweisaufnahme auch dessen Nachverfolgung an die externe Whistle-Blowing-Stelle auszugliedern. Jedoch geht es den Unternehmen bei der Einrichtung einer Whistle-Blowing-Stelle primär um das Empfangen von Hinweisen, damit eine interne Aufklärung ermöglicht wird.642 Sollte sich dies schwierig gestalten, könnte trotzdem auf Überprüfungen durch externe Institutionen zurückgegriffen werden, wie z.B. freiwillige forensische Prüfungen von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Das Nachverfolgen eines Hinweises seitens der externen Whistle-Blowing-Stelle ist außerdem nicht möglich, weil datenschutzrechtliche Gründe entgegenstehen. Um diesen datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, darf der externe Dienstleister die Daten lediglich verarbeiten und die Information an die beauftragende Unternehmung übermitteln, die anschließend weitere Schritte einleiten kann.643 Zusammenfassend lässt sich herausstellen, dass der Vorteil einer externen WhistleBlowing-Stelle darin besteht, der zugesicherten Anonymität und Unabhängigkeit eher vertrauen zu können als einer internen Stelle. Mithin könnte sich ein Whistle Blower besser geschützt fühlen. Dies lässt eine höhere Effektivität erwarten, weil mehr Hinweise eingehen. Die Nachverfolgung und Aufklärung bleiben trotzdem in der Hand des Unternehmens, sofern diese erwünscht sind. In den Fällen, in denen allerdings von Seiten der Unternehmung keine Aufklärung gewollt ist, das Fehlverhalten also absichtlich vertuscht werden soll, ist die Effektivität nicht gewährleistet. Dann ist jedoch eher das gesamte System anzuzweifeln, da das Interesse an der Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems seitens des Unternehmens offensichtlich nicht vorhanden ist. Dieses „Window Dressing“ führt zur Ineffektivität des Systems. Im Falle einer Meldung sollte die Whistle-Blowing-Stelle deshalb unbedingt in Erfahrung bringen, ob der Sachverhalt weiter verfolgt wird und den Whistle Blower in jedem Fall darüber informieren, sodass die Möglichkeit besteht, weitere Schritte zu unternehmen. Die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Whistle Blower ist hierbei Voraussetzung. Eine Hotline scheint dieser Anforderung nicht gerecht zu werden. Auch weitere Gründe sprechen gegen die Hotline. Das Verfahren der Nachverfolgung und Aufklärung kann bei der Hotline wesentlich länger dauern als bei anderen, da z.B. auf den Rückruf des Whistle Blowers gewartet werden muss. Dadurch könnten Beweismaterialien verlorengehen, weil sie möglicherweise bereits vernichtet wurden.644 Ein weiterer Grund wird deutlich, wenn man die vermeintlichen Vorteile der Hotline genauer betrachtet. Sie gewährt zwar bessere Anonymität und damit besseren Schutz vor Vergeltung. Da gemäß oben genannter Studien die Angst vor Vergeltungsmaßen aber gar nicht so ausschlaggebend ist wie angenommen, kann dieser Vorteil geringer gewichtet werden.645 Ein weiterer Punkt gegen eine Hotline ist 642 643
644 645
Vgl. Dworkin / Near (1987), S. 242. Ausführlicher werden die datenschutzrechtlichen Anforderungen in Unterabschnitt 4.3.8.2 beschrieben. Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2008), S. 158. Siehe dazu Dworkin (2007), S. 1772.
111 deren Kompetenz bei der Einschätzung der Sachverhalte. Für ein effektives System ist es wichtig, dass die eingehenden Meldungen gefiltert werden. Dies ist notwendig, damit das Unternehmen nicht mit irrelevanten Sachverhalten überhäuft wird. Wichtige Hinweise könnten dann leicht übersehen werden. Erfolgt auf relevante Hinweise keine Reaktion, entmutigt es andere Mitarbeiter, Hinweise zu geben. Diese Abwärtsspirale führt zur Ineffektivität des Systems.646 Eine Filterung der Hinweise ist deshalb notwendig. Insgesamt ist jede externe Abteilung, also auch ein Anwalt, bei der Einschätzung schlechter gestellt als eine interne. Die Hotline scheint jedoch hinsichtlich der fachlichen Kenntnisse am wenigsten geeignet.647 Der Anwalt hingegen ist aufgrund seiner zusätzlichen Beratungsfunktion vorzuziehen. Lediglich die Erreichbarkeit kann bei ihm kritisiert werden. Ein Internetportal wäre hingegen immer verfügbar. Insgesamt lassen sich also Vor- und Nachteile für die interne und externe Ansiedlung des Whistle-Blowing-Adressaten finden. Im Interesse der Mitarbeiter sollten mehrere Ansprechpartner, bestenfalls ein interner und ein externer, zur Verfügung stehen, damit sich die Mitarbeiter selbst aussuchen können, wem sie sich anvertrauen.648 4.3.4.2.4. Sicherung der Effektivität der Whistle-Blowing-Stelle über eine Aufsichtsorganisation Nach einer erfolglosen Hinweisgabe an die Whistle-Blowing-Stelle sollte dem Whistle Blower der Weg zu einer übergeordneten Institution offenstehen. Zum einen wären Strafverfolgungs- oder Aufsichtsbehörden denkbar. Eine bessere Alternative stellt eine Selbstregulierungsorganisation649 dar, die als Zwischenstation zwischen dem Unternehmen und den Behörden eingerichtet ist. Die Selbstregulierungsorganisation könnte ein Zusammenschluss von Unternehmen innerhalb einer Branche sein.650 Neben der Entgegennahme der Meldungen über Verstöße informiert die Selbstregulierungsorganisation die betreffende Unternehmensleitung und schaltet gegebenenfalls die Behörden dazu, falls Anzeige erstattet werden muss. Der Vorteil ist, dass so z.B. Tat- und Deliktmuster in der Branche bekanntwerden.651 Gleichzeitig bleibt der Whistle Blower allein der Organisation bekannt, weil nur diese weitere Meldungen vornimmt. Fraglich ist jedoch, ob die Art der Einrichtung dieser Organisation den datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht wird.652 Die Einschaltung von Behörden käme wohl einer unzulässigen Funktionsübertragung gleich. Die Einrichtung dieser Organisation könnte ein wirksames Signal an die Öffentlichkeit darstellen. Gleichzeitig haben Unternehmen den Anreiz, die Hinweise an die Whistle646 647 648 649 650 651 652
Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 388. Siehe Dworkin (2007), S. 1772. Siehe dazu Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 388. Vgl. zu dem Begriff Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Dieser Vorschlag ist Nimwegen (2009), S. 74, zu entnehmen. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628 – 2629, und Weber-Rey (2006), S. 409. Siehe dazu die Ausführungen in Unterabschnitt 4.3.8.2.
112 Blowing-Stellen ernst zu nehmen, aufzuklären und den aktuellen Aufklärungsstand an den Whistle Blower zu übermitteln. Mithin fungiert die Selbstregulierungsorganisation als eine Art Aufsichtsbehörde, die dann in Kraft tritt, wenn die unternehmensseitig eingerichteten Meldewege versagt haben. Der Nachteil einer Meldung an die Aufsichtsbehörde kann darin gesehen werden, dass sich die Gefahr eines Durchsickerns der Informationen und eines evtl. Missbrauchs erhöht. Diese potenzielle Gefahr der Schädigung des Unternehmens bei freiwilliger Bekanntgabe über Fehlverhalten wird auch als „Litigation Dilemma“ bezeichnet.653 Folglich könnte für das Unternehmen wiederum der Anreiz bestehen, Fehlverhalten zu verschleiern. Für eine erfolgreiche Meldung des Hinweises an die Aufsichtsbehörde sind die oben beschriebenen Anforderungen ebenso zu erfüllen. Insbesondere sollten dem Whistle Blower Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen, und der Missbrauch ist zu sanktionieren. 4.3.4.3. Arten der Kommunikation und der Informationsoffenlegung bei der Whistle-Blowing-Stelle Die Auswahl der Kommunikationsmöglichkeiten des Whistle Blowers mit der internen oder externen Whistle-Blowing-Stelle hat entscheidende Auswirkungen auf die Nutzung und damit die Wirksamkeit des Systems. Nicht jeder Whistle-Blower-Typ bevorzugt den gleichen Meldeweg. Dies hängt maßgeblich von der Art der Information ab. Daher sollten idealerweise verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Hierbei sind bestimmte Ebenen zu unterscheiden. Zum einen kann nach Art der Offenlegung, d.h. anonym oder nicht anonym, zum anderen nach Art des Kommunikationsmittels, d.h. per E-Mail, Telefon, Internetportal, Post, Fax oder „Kummerbriefkasten“, unterschieden werden. Wesentlich ist die Entscheidung, den Hinweis anonym oder nicht anonym zu geben. Für die Nachverfolgung wäre eine offene, d.h. nicht anonyme, Hinweisgabe von großem Vorteil, da ein Nachfragen ermöglicht wird und damit die Chance auf eine Aufklärung erhöht wird.654 Außerdem ist bei einer offenen Hinweisgabe die Chance höher, dass der Hinweis in gutem Glauben gegeben wird, da die Hemmschwelle wesentlich höher ist, einen offenen Hinweis zu geben als einen anonymen.655 Der Vorteil der anonymen Hinweisgabe liegt darin, dass sich der Whistle Blower nicht in Gefahr begibt, Opfer von Vergeltungsmaßnahmen zu werden. Eventuell gibt der Hinweisgeber nur bei dieser Variante seine Informationen bzw. ausführlichere Infor-
653 654
655
Vgl. Bednar et al. (2003), S. 6 – 7. Vgl. zu einem Überblick über die Vor- und Nachteile von einem offenen und anonymen Whistle Blowing auch Weibler / Feldmann (2008), S. 506. Vgl. Leisinger (2003), S. 90.
113 mationen preis als bei einem offenen Hinweis.656 Allerdings ist gemäß den Studien zur Effektivität des Whistle Blowings die Glaubwürdigkeit eines anonymen Hinweises weniger hoch als bei einer offenen Meldung.657 Ferner kann anonymes Whistle Blowing zu Intrigantentum führen und eine Kultur des Misstrauens unter den Mitarbeitern auslösen.658 Außerdem ist es schwierig, gesetzliche oder unternehmensseitige Schutzmaßnahmen für den Hinweisgeber wirken zu lassen, wenn dieser unbekannt ist.659 In Anbetracht der vielen Nachteile des anonymen Whistle Blowings sollte offenes Whistle Blowing gefördert werden. Dabei muss die Identität des Whistle Blowers vor dem restlichem Unternehmen und insbesondere der Abteilung des Whistle Blowers geheimgehalten werden, um Vergeltungsmaßnahmen zu verhindern.660 Die Möglichkeit zur anonymen Hinweisgabe sollte jedoch trotzdem gewährt werden, sofern dies vom Whistle Blower gewünscht ist.661 Das Unternehmen sollte in diesem Fall lieber den anonymen Hinweis fördern als die „Silence“-Option in Kauf zu nehmen.662 Außerdem erreicht das Unternehmen damit auch Mitarbeiter, die sehr zurückhaltend und verängstigt sind und den Hinweis lieber anonym an die Öffentlichkeit geben würden, wenn dies im Unternehmen anscheinend nicht möglich ist. Die Folgen einer solchen externen Meldung könnten verhindert werden, sofern diesen Whistle Blowern eine anonyme Meldung ermöglicht wird.663 Um die Gefahr des Missbrauchs eines anonymen Meldewegs einzudämmen, sollten die eingehenden Meldungen durch entsprechend geschultes Personal geprüft werden. Wenn möglich, sind auch bei anonymer Hinweisgabe Möglichkeiten zu schaffen, dass ein Austausch zwischen dem Whistle Blower und der Whistle-BlowingStelle gewährleistet wird.664 Beispielsweise könnte ein anonymes Postfach in einem Internetportal eingerichtet werden.665 Bei einer Telefonhotline kann hingegen nur Rücksprache gehalten werden, falls sich der Whistle Blower erneut meldet. Letztendlich kann bei anonymen und nicht anonymen Whistle Blowing gleichermaßen die Gefahr auftreten, dass die Identität des Whistle Blowers bekanntwird, wenn der Kreis der Mitwissenden an dem Fehlverhalten hinreichend klein ist. Der Hinweis656 657 658 659 660
661 662 663 664 665
Siehe dazu Leisinger (2003), S. 90, und auch Lampert (2010), Rz. 35. Siehe dazu Abschnitt 4.2.1. Vgl. Leisinger (2003), S. 91, und Breinlinger / Krader (2006), S. 65. Vgl. Neundorf (2010), Rz. 32. Vgl. Lewis (2002), S. 204, und Salvenmoser / Kruse (2007), S. 78. Allerdings wird angezweifelt, ob eine Geheimhaltung in jedem Fall möglich ist, oder ob es nicht ohnehin auf anderen Wegen bekannt wird, wer den Hinweis gegeben hat, vgl. dazu Hofmann (2006), S. 126. Siehe auch Dworkin / Near (1997), S. 11. Siehe Bürkle (2004), S. 2161. Vgl. Leisinger (2003), S. 192. Vgl. Breinlinger / Krader (2006), S. 65. In Deutschland stellt z.B. die Business Keeper AG ein internetbasiertes System zur Verfügung, das ein anonymes Chatten zwischen dem Hinweisgeber und einem festgelegtem Ansprechpartner innerhalb oder außerhalb des Unternehmens ermöglicht. Zu genaueren Informationen vgl. www.business-keeper.com.
114 geber muss für die Geheimhaltung seiner Identität dementsprechend genau abwägen, welche Informationen ausreichen, den Fall aufzuklären, und trotzdem seine Anonymität nicht verraten.666 Neben der Frage nach der Anonymität ist zu klären, mit welchen Kommunikationsmitteln die Whistle-Blowing-Stelle zu erreichen ist. Das kann z.B. das Bereitstellen einer Telefonnummer, einer E-Mailadresse, einer Internetplattform667, einer Postanschrift oder einer Faxnummer sein. Möglich ist es auch, einen persönlichen Kontakt herzustellen. Grundsätzlich sollten dem Whistle Blower verschiedene Wege ermöglicht werden,668 damit jeder Whistle-Blower-Typ eine Möglichkeit hat, das Unternehmen auf Missstände aufmerksam zu machen und nicht an die Öffentlichkeit gehen muss.669 Außerdem ist es notwendig, Kommunikationsmittel bereitzustellen, bei denen der Whistle Blower u.U. auch anonym Beweismaterial übermitteln kann. Das bedeutet, dass insbesondere Telefonnummern und IP-Adressen nicht erfasst werden dürfen.670 Des Weiteren sollte diese Stelle nicht nur zu bestimmten Zeiten erreicht werden können. Faxe, E-Mails, Internetplattformen und Ähnliches können zu jedem Zeitpunkt benutzt werden. Ist lediglich eine Telefonnummer angegeben, sollte die Erreichbarkeit der Whistle-Blowing-Stelle auch außerhalb normaler Dienstzeiten gewährleistet sein. Wird die Whistle-Blowing-Stelle durch einen Rechtsanwalt vertreten, so wird es für ihn unmöglich sein, jederzeit erreichbar zu sein. Hier ist vom Unternehmen sorgfältig abzuwägen, einen Dienstleister als Call-Center zu beauftragen, um für eine ganztägige Erreichbarkeit zu sorgen. Allerdings ist in diesem Fall, wie bereits in Unterabschnitt 4.3.4.2.3 erläutert wurde, die fachliche Beratung eingeschränkt. Eine Schulung der Call-Center-Mitarbeiter sollte zwar unbedingt erfolgen, jedoch können sie trotzdem keine anwaltliche Beratung ersetzen. Neben der Erreichbarkeit ist ein weiterer Vorteil des Call-Centers, vor allem für internationale Unternehmen, dass flexibler auf verschiedene Sprachen eingegangen werden kann, als dies bei einem einzelnem Rechtsanwalt oder einer Person in der Zentrale des Unternehmens zu ermöglichen ist. Bei einigen Mitarbeitern kann die Entscheidung zur Hinweisgabe negativ beeinflusst werden, wenn sie die Informationen nicht in der Muttersprache geben können. Außerdem kann man dadurch auch Missverständnissen vorbeugen, die durch eine unzureichende Sprachkenntnis von einer oder beiden Seiten entstehen können.671 Des Weiteren sollte es selbstverständlich sein, dass dem Whistle-Blower keine Kosten bei der Informationsübermittlung entstehen. Gebührenfreie Rufnummern auch für 666 667 668 669 670 671
Siehe dazu Berndt / Hoppler (2005), S. 2629, und Neundorf (2010), Rz. 32. Vgl. Breinlinger / Krader (2006), S. 61. Siehe auch Lewis (2002), S. 206. Vgl. Leisinger (2003), S. 192, und Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 388. Siehe Annuscheit (2009). Vgl. Annuscheit (2009).
115 ausländische Telefonate sind deshalb unerlässlich, da dies die Transaktionskosten der Handlung verringert.672 Letztendlich muss im Einzelfall entschieden werden, welche Art der Einrichtung und Kommunikationsmöglichkeit für das jeweilige Unternehmen effektiv und damit letztendlich auch effizient ist. 4.3.5. Integration der Whistle-Blowing-Stelle und des gesamten WhistleBlowing-Systems in das Unternehmen Für eine wirksame Nachverfolgung und Aufklärung der Hinweise ist die intern oder extern angesiedelte Whistle-Blowing-Stelle in die Unternehmensorganisation zu integrieren.673 Bei einer internen Whistle-Blowing-Stelle ist festzulegen, wie sie in die Unternehmenshierarchie eingebettet wird. Wie oben bereits festgestellt wurde, sollte diese Abteilung oder Stelle bestenfalls keinen Weisungen anderer Abteilungen unterliegen.674 Anschließend ist zu klären, zu welchen Abteilungen die Whistle-BlowingStelle bezüglich der Nachverfolgung und Beschaffung weiterer Informationen Kontakt aufnehmen sollte. Der Whistle-Blowing-Stelle obliegt lediglich die Entgegennahme und die Filterung der Hinweise, weitere Entscheidungen sind Aufgabe der Abteilung, an die die Whistle-Blowing-Stelle die Hinweise weiterleitet.675 Für die interne sowie die externe Whistle-Blowing-Stelle wird z.T. vorgeschlagen, die Informationen an den Vorstand weiterzuleiten676, der mit dieser Aufgabe aber erstens überlastet und zweitens auch in das Fehlverhalten involviert sein könnte.677 Besser erscheint es daher, eine Nachverfolgung mit einer zwischengeschalteten Abteilung aufzunehmen. In großen Unternehmen besteht meist eine ComplianceAbteilung, in die z.T. auch die Whistle-Blowing-Stelle eingeordnet ist.678 Die Compliance-Abteilung erfährt dadurch unmittelbar von den Meldungen, bevor der Vorstand davon in Kenntnis gesetzt wird. Für eine Nachverfolgung erscheint die Interne Revision geeignet, teilweise kommen auch sog. Ethikbeauftragte (Ethic Officers) zum Einsatz.679 Für diese Stellen sind ähnliche Überlegungen hinsichtlich der Unabhängigkeit vorzunehmen.680 Aufgrund ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei unterlassener Kontrolle nach einem eingegangenen Hinweis sollte allerdings der Anreiz für eine effektive Überprüfung des Sachverhaltes bestehen.681 672 673 674 675 676 677 678 679 680 681
Siehe hierzu Annuscheit (2009). Vgl. Annuscheit (2009). Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Siehe Peemöller / Hofmann (2005), S. 170, und Rodewald / Unger (2007), S. 1632. Vgl. Peemöller / Hofmann (2005), S. 170, und Rodewald / Unger (2007), S. 1632. Siehe dazu Berndt / Hoppler (2005), S. 2628. Vgl. Rodewald / Unger (2007), S. 1630, und Cauers et al. (2008), S. 2718. Siehe z.B. Peemöller / Hofmann (2005), S. 170. Vgl. z.B. Cauers et al. (2008), S. 2718 – 2719. Im BGH-Urteil vom 17.7.2009 – 5 StR 394/08 wurde grundsätzlich klargestellt, wann sich ein Compliance-Verantwortlicher im Unternehmen strafbar macht. Diese Entscheidung des BGH zur Garantenstellung des Compliance-Verantwortlichen wird allerdings von Campos Nave / Vogel (2009) kritisch beurteilt, da sie zu weit gehen würde.
116 Es wird auch vorgeschlagen, ein Gremium einzurichten, das die Informationen von der Whistle-Blowing-Stelle entgegennimmt. In diesem Gremium sollten nur wenige Personen, bestenfalls lediglich die Leiter der Revisions-, Rechts- und Sicherheitsabteilung involviert sein. Sie lenken den weiteren Umgang mit dem Hinweis und sollten weitgehend unabhängig über wesentliche Nachverfolgungsaktivitäten entscheiden dürfen.682 In bestimmten festzulegenden Fällen ist der Vorstand jedoch sofort zu informieren, vor allem wenn es schwerwiegende Angelegenheiten betrifft. Für die Geschäftsleitung ist das Vorgehen von Vorteil, da die Daten schon gefiltert geliefert werden und eine unnötige Arbeitsbelastung der Leitung unterbleibt. Dies erhöht die Effektivität des Systems, da wesentliche Sachverhalte nicht in der Überflutung mit unwesentlichen Hinweisen untergehen. Gleichwohl hat nur die Geschäftsleitung zu entscheiden, wie im Weiteren mit dem Sachverhalt umgegangen werden soll.683 Wie schon erwähnt, wird es sich in manchen Situationen als ungünstig erweisen, den Vorstand einzubeziehen, beispielweise bei Selbstbetroffenheit bestimmter Mitglieder der Geschäftsleitung. Ist es unmöglich, über andere Vorstandsmitglieder und über den Vorsitzenden eine Klärung zu erzielen, sollte der Compliance-Abteilung der direkte Weg zum Aufsichtsrat bzw. Audit Committee offenstehen.684 Weitere Konfliktsituationen zwischen der Compliance-Abteilung mit der Geschäftsleitung sind z.B. auch denkbar, wenn die Geschäftsleitung übergeordnete Gründe hat, eine Aufklärung zu verhindern, z.B. bei einer erwarteten angespannten Marktsituation. Das Whistle-Blowing-System ist aufgrund seiner Funktion als Risikofrühwarnsystem685 auch in das gesamte Risikomanagementsystem des Unternehmens einzuordnen. Die Aufdeckung von Sicherheitslücken und anderen Risiken erfolgt nicht selten über Hinweise seitens der Mitarbeiter. Eingerichtete Meldewege sollten deshalb ins Risikomanagement integriert werden, um schnellstmöglich gegensteuern zu können. Zu diesem Zweck scheint das Rahmenwerk eines Enterprise Risk Management Systems geeignet, das von der Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission (COSO) im Rahmen einer Studie entwickelt wurde. Dieses Rahmenwerk ist als wichtiger Bestandteil der Corporate Governance ein Best-PracticeSystem der Risikokontrolle und speziell für die Erkennung und Bewältigung der Probleme aus dem internen Kontrollsystem geeignet.686 Die folgende Abbildung stellt das Rahmenwerk des Enterprise Risk Management Systems dar.
682 683 684 685 686
Zum Vorschlag der Einrichtung von Lenkungsgremien siehe Buchert (2008), S. 149. Vgl. Rodewald / Unger (2007), S. 1632. Siehe hierzu ebenfalls Rodewald / Unger (2007), S. 1632. Siehe Unterabschnitt 3.2.2.1. Vgl. Menzies (2006), S. 116; Ruud / Sommer (2006), S. 126; Happ / Pott (2007). Zur Verwendung dieses Rahmenwerks bei der Aufdeckung von Fraud vgl. ausführlich Nimwegen (2009), S. 54 – 62.
117
Abbildung 11: Das Enterprise Risk Management des COSO687
In dieser Abbildung sind vertikal die Zielkategorien des Unternehmens aufgezeigt. Die Erreichung der Ziele ist von acht Komponenten abhängig, die horizontal abgebildet sind. Die dritte Dimension veranschaulicht das Unternehmen mit seinen einzelnen Einheiten. Das Whistle-Blowing-System lässt sich in dieses System in den Komponenten der Event Identification und Information & Communication wiederfinden.688 Die Identifizierung der Risiken als Aufgabe der Unternehmensleitung kann mit dem Whistle-Blowing-System unterstützt werden. In Unterabschnitt 3.2.2.1 wurde bereits auf die Risikofrüherkennungsfunktion des Whistle-Blowing-Systems hingewiesen. Mithin werden Synergieeffekte bei der Zusammenarbeit des Chief Compliance Officers mit dem Chief Risk Officer erzielt. Gleichwohl dient dieses System der Weiterleitung der Informationen an die verantwortlichen Stellen. 4.3.6. Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems 4.3.6.1. Unternehmensexterne Kommunikation über das eingerichtete WhistleBlowing-System zur Verhinderung adverser Selektion In den vorangegangenen Ausführungen wurde mehrmals auf die Notwendigkeit der Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems innerhalb und außerhalb des Unternehmens hingewiesen. Einerseits wird nur durch die Kommunikation an potenzielle Whistle Blower verhindert, dass sie sich unkontrolliert an externe Stellen wenden;689 andererseits werden Reputationsvorteile nur durch Kommunikation an externe Adressaten erreicht. Wie das Unternehmen intern und extern über das Whistle-BlowingSystem informiert, ist wiederum abhängig davon, welche Kosten dem damit verbundenen Nutzen gegenüberstehen. Für die externe Kommunikation wäre z.B. ein Eintrag auf der Homepage über die Möglichkeit zum Whistle Blowing nicht sehr kosten687 688 689
Die Abbildung ist entnommen aus COSO (2004), S. 5. So auch Hofmann (2006), S. 125. Vgl. Near / Miceli (1996), S. 515.
118 intensiv, jedoch steht dem auch ein relativ geringer Nutzen gegenüber. Der Nutzen wird vor allem dann gering, wenn relativ viele Unternehmen derartige Strukturen einführen und sich die Unternehmen dann nicht mehr voneinander abheben. Dies ist mit dem in Abschnitt 3.1.2 erwähnten Lemons-Problem zu vergleichen.690 Eine gesonderte Berichterstattung über das eingerichtete System würde zu einer Differenzierung beitragen, ist aber mit höheren Kosten verbunden. Bei der Kalkulation der einzubeziehenden Kosten in die Entscheidung zur Kommunikation und der Kommunikationsart sind nicht nur die direkten Kosten, welche als Kosten der Erstellung, Prüfung und Publikation der Information zu verstehen sind, sondern auch indirekte Kosten zu berücksichtigen. Diese entstehen z.B. dadurch, dass durch die veröffentlichte Information das Verhalten von Adressaten verändert wird und deshalb dem Unternehmen Gewinne entgehen.691 Möglicherweise betrachten Anleger derartige nachhaltige Investitionen negativ, weil andere Investitionen mit einer kurzfristig höheren Rendite unterbleiben.692 Da nachhaltige Investitionen jedoch auch bei den Anlegern mehr an Relevanz gewinnen, scheinen diese indirekten Kosten aus der Kommunikation den gegenüberstehenden Nutzen kaum zu beeinträchtigen. Eine weitere Berücksichtigung unterbleibt deshalb. Bezüglich der externen Kommunikation sind verschiedene Kommunikationswege denkbar. Will sich ein Adressat über die Maßnahmen zur Erhaltung der Compliance im Unternehmen informieren, liegt ihm in den meisten Fällen kein eigenständiger Bericht oder ähnliches vor, der darüber Aufschluss gibt. Die Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG enthält zwar implizit die Information, dass der Vorstand für Compliance zu sorgen hat, eine Beschreibung, wie er der Aufgabe gerecht wird, ist dabei aber nicht erforderlich. Auch der im Punkt 3.10 des DCGK verlangte CorporateGovernance-Bericht stellt keine derartigen Ansprüche. Die Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems sollte aber zumindest dort erwähnt werden.693 Häufig ist ein Eintrag zur Compliance auf der Internetseite des Unternehmens zu finden, wo unter anderem über die Whistle-Blowing-Stelle und teilweise auch über das weitere Verfahren mit eingegangenen Hinweisen berichtet wird.694 Zum Teil informie-
690 691 692
693
694
Siehe dazu auch Moberly (2006), S. 1170. Vgl. Henselmann (2005), S. 297. Bruckner / von Pföstl (2005) stellten selbige Überlegungen bezüglich nachhaltiger Investitionen an und untersuchten, ob sich die Performance eines Unternehmens verschlechterte. Dies konnte allerdings nicht bestätigt werden. Weitere Studien, die diesen Zusammenhang untersuchten, kamen zu keinem eindeutigen Ergebnis. Dies fordert auch der Rechtsanwalt Volker Hoffmann von der Kanzlei Hoffmann & Partner, siehe dazu Koenen (2008). Dies kann z.B. den Internetseiten von Continental entnommen werden. Abrufbar unter: http://www.conti-online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/continental/anti_ korr/anti_korr_einleitung_de.html (eingesehen am 27.07.2010).
119 ren auch die Geschäftsberichte695 oder die Nachhaltigkeitsberichte696 über die Einrichtung. Des Weiteren ist es für das Unternehmen vorteilhaft, wenn es über die tatsächliche Effektivität des Whistle-Blowing-Systems informiert. Die Tatsache, dass derartige Strukturen eingerichtet wurden und die Möglichkeit zur Nutzung besteht, gibt allein keinen Hinweis auf eine tatsächliche Nutzung der Institution. Aus diesem Grund ist ein Bericht über Meldungen, die in der Vergangenheit eingegangen sind, für die Signalisierung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems notwendig. Dies gibt den Adressaten das Vertrauen, dass die Meldungen verfolgt werden.697 Der Bericht steht dementsprechend für eine gelebte Whistle-Blowing-Kultur.698 Auch die Offenbarung von Krisen oder Dilemmasituationen sind als Belege für die Glaubwürdigkeit derartiger Berichte zu verstehen und sollten von den Adressaten geschätzt werden.699 Bei der Suche nach Informationen zum Whistle-Blowing-System ist festzustellen, dass die Informationen zur Einhaltung der Compliance eines Unternehmens bis jetzt teilweise spärlich vorliegen und vor allem schwer zu finden sind, da keine Berichterstattung festgelegt ist. Der Nutzen aus der freiwilligen externen Kommunikation wird von vielen Unternehmen anscheinend nicht erkannt. Möglicherweise schätzen sie das Interesse der externen Adressaten an der Thematik als so gering ein, dass eine Berichterstattung nicht lohnenswert ist. Andererseits wäre auch eine gewollte Verschwiegenheit denkbar, da oben genannte Nachteile vermieden werden sollen. 4.3.6.2. Kommunikation der Vorgehensweise und Effektivität des WhistleBlowing-Systems an potenzielle Whistle Blower Die interne Kommunikation des Systems könnte, wie in vorigen Abschnitten schon erwähnt, über den Verhaltenskodex inklusive einer entsprechenden Whistle-BlowingRichtlinie und damit verbundenen Schulungen erfolgen.700 In diesen Schulungen sollte über die Notwendigkeit und die Vorgehensweise der Hinweisgebung informiert werden. Des Weiteren könnten die Mitarbeiter die verantwortlichen Personen kennenlernen. Die damit verbundene Vertrautheit würde die Wirksamkeit des WhistleBlowing-Systems erhöhen.701 Weiterhin kann die vorherige Bekanntgabe von Lö695
696
697 698 699 700
701
Siehe z.B. den Geschäftsbericht 2009 der Daimler AG, S. 163. Abrufbar unter: http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1813320_DAI_2009_Geschaeftsbericht.p df (eingesehen am 27.07.2010). Vgl. z.B. den Nachhaltigkeitsbericht des Jahres 2009 der Bayer AG, S. 59 – 60. Abrufbar unter: http://www.nachhaltigkeit2009.bayer.de/de/Nachhaltigkeitsbericht-2009.pdfx (eingesehen am 27.07.2010). Vgl. Buchert (2008), S. 152; Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 339. Siehe dazu Moberly (2006), S. 1111. Vgl. Clausen et al. (2001), S. 44, die dies in Bezug auf Nachhaltigkeitsberichte feststellten. Vgl. zum Vorschlag der Schulungen Dworkin / Near (1997), S. 11; Callahan et al. (2002), S. 203; Bürkle (2004), S. 2160; Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 339; Lampert (2010), Rz. 34. Siehe Near / Baucus / Miceli (1993) und Brennan / Kelly (2007).
120 sungs- und Verfahrensmustern bei einem gegebenen Hinweis zusätzlich Vertrauen aufbauen. Nach einem eingegangenen Hinweis sollte der Whistle Blower zudem über den aktuellen Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten werden.702 Dadurch wird ein ernsthaftes Interesse an den Hinweisen signalisiert. Ferner wird die Glaubwürdigkeit eines effektiven Whistle-Blowing-Systems erhöht, wenn das Unternehmen über vergangene Meldungen berichtet und dabei veröffentlicht, wie mit Fehlverhalten und den Missetätern umgegangen wurde.703 4.3.6.3. Einbeziehung unternehmensfremder Personen in den Kreis der möglichen Whistle Blower Meistens wird bei einem potenziellen Whistle Blower als Erstes an die Mitarbeiter des betreffenden Unternehmens gedacht. In der Definition von Miceli und Near werden auch nur Organisationsangehörige als Whistle Blower genannt.704 Es wurde allerdings schon angesprochen, dass in vielen Fällen durchaus unternehmensfremde Personen über das Fehlverhalten informiert sind.705 Dies wäre z.B. bei Bestechungszahlungen denkbar. Möglicherweise sind sie auch die einzigen, die etwas davon erfahren haben, weil es der bestechende Mitarbeiter vor seinen Kollegen verbergen konnte. Diese sollten deshalb in den Kreis der möglichen Whistle Blower einbezogen und über bestehende Whistle-Blowing-Stellen informiert werden.706 Belegt wird dies zudem durch eine aktuelle Studie: Über 30 % aller Hinweisgeber waren Unternehmensfremde, wobei Kunden und Lieferanten die häufigsten Meldungen gaben. Interessant ist auch, dass knapp 9 % der Hinweise von den Eigentümern des Unternehmens kamen.707 Es ist also zu bedenken, dass bei der Kommunikation der Whistle-Blowing-Struktur nicht nur die Mitarbeiter des Unternehmens zu berücksichtigen sind. Die Kunden und Lieferanten könnte man z.B. über Broschüren informieren, die zusammen mit anderem Informationsmaterial, Preislisten oder Rechnungen ausgegeben werden. Da auch das Internet und damit die Homepages der Unternehmen zu einer immer mehr genutzten Informationsquelle werden, sollten auch hier Informationen zu den Whistle-Blowing-Möglichkeiten an geeigneter Stelle platziert werden.
702 703 704 705 706 707
Vgl. Dunfee (1990), S. 133, und Berndt / Hoppler (2005), S. 2629. Vgl. Nitsch / Baetz / Christensen Hughes (2005), S. 339. Siehe dazu Abschnitt 2.1.1. Vgl. Berndt / Hoppler (2005), S. 2624. Siehe Briegel (2009), S. 170 – 171. Vgl. dazu Seite 23 des 2008 Report to the Nation on Occupational Fraud and Abuse der Association of Certified Fraud Examiners. Vgl. http://www.acfe.com/documents/2008-rttn.pdf (eingesehen am 30.10.2008)
121 4.3.7. Enforcement und Überwachung des Whistle-Blowing-Systems Neben der Kommunikation über das Whistle-Blowing-System sind auch das Enforcement der Regeln und die Überwachung der tatsächlichen Effektivität notwendig.708 Dies ist deshalb erforderlich, da die Gefahr besteht, dass die Veröffentlichung der Einrichtung von Hinweisgebersystemen und der Hinweisgeberschutz reine Lippenbekenntnisse sind. Das Enforcement der im Kodex festgehaltenen Regeln kann durch die Aufsichtsbehörde erreicht werden. Diese ist dann einzuschalten, wenn unternehmensinterne Strukturen nicht zielführend sind. Letztendlich liegt die Durchsetzung der Regeln also am Mitarbeiter, da nur er den Weg zur Aufsichtsbehörde gehen kann.709 Die Möglichkeit der Einschaltung dieser Behörde sollte dem Unternehmen den Anreiz geben, sein internes System effektiv einzurichten.710 Für die interne Überwachung des gesamten Systems empfiehlt sich das Audit Committee, sofern dies eingerichtet wurde.711 Es ist von Weisungen des Vorstands unabhängig, da es lediglich dem Aufsichtsrat untersteht. Des Weiteren ist es ohnehin für Überwachungstätigkeiten im Unternehmen verantwortlich. Die Interne Revision ist wegen ihrer Weisungsgebundenheit zum Vorstand weniger geeignet als das Audit Committee. Neben der Überprüfung der Erfüllung der Anforderungen des WhistleBlowing-Systems, wie z.B. der Unabhängigkeit der Whistle-Blowing-Stelle712, sollte eine Aufgabe der Überwachung auch die Schulung der verantwortlichen Personen sein, wie in den einzelnen Fällen vorzugehen ist. Möglicherweise werden Beispielfälle und Konfliktsituationen simuliert, an denen die Mitarbeiter der Whistle-BlowingStelle und alle weiteren Beteiligten, wie z.B. der Compliance Officer, ihr Verhalten trainieren können.713 Die interne Überwachung könnte zusätzlich durch eine regelmäßige externe Überwachung ergänzt werden. Neben der Prüfung durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wäre die Kontrolle seitens der Aufsichtsbehörde denkbar, die auch die Meldungen erfolgloser interner Whistle Blower entgegennimmt. In Unterabschnitt 4.2.2.2 wurde auf die Prüfung freiwillig eingerichteter Systeme bzw. auf die Prüfung der tatsächlichen Kodexerfüllung eingegangen. Auf diese Weise könnte ebenfalls eine externe Kontrolle der Effektivität des Systems erfolgen.
708 709 710 711 712 713
Zur Überwachung der gesamten Compliance-Aufgaben vgl. Lampert (2010), Rz. 34. Zum Enforcement des Kodex durch den Whistle Blower Moberly (2008). S. 1010. Vgl. Moberly (2008), S. 1011. Siehe dazu auch die Ausführungen zum Audit Committee im Unterabschnitt 4.3.4.2.1. Vgl. Nonnenmacher / Pohle / von Werder (2009), S. 1452. Vgl. Lewis (2002), S. 208. Beispielsfälle und Verhaltensempfehlungen zum Vorgehen der Compliance-Abteilung in Konfliktsituationen sind bei Rodewald / Unger (2007), S. 1634 – 1635, und bei Campos Nave / Bonenberger (2008) zu finden.
122 4.3.8. Rechtliche Anforderungen an ein Whistle-Blowing-System 4.3.8.1. Arbeitsrechtliche Anforderungen Mit der Einführung eines Whistle-Blowing-Systems sieht sich das Unternehmen einigen arbeitsrechtlichen Änderungen und datenschutzrechtlichen Anforderungen gegenübergestellt, die bei der Einrichtung des Systems zu berücksichtigen sind. In diesem Abschnitt soll lediglich auf die wesentlichen Anforderungen eingegangen werden.714 Ohne ein Whistle-Blowing-System bringen sich Mitarbeiter in eine risikobehaftete Situation, wenn sie Hinweise über Fehlverhalten melden. Whistle Blowing wird als Verletzung der Treue- und Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Arbeitgeber angesehen und entsprechend verfolgt.715 Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist ähnlicher Auffassung, sodass Arbeitnehmer mit Sanktionen und Kündigungen zu rechnen haben.716 Wird der Mitarbeiter nun angewiesen717, ein bestimmtes Whistle-Blowing-System zu nutzen, wird er hinsichtlich dieses Meldeweges von der Treue- und Verschwiegenheitspflicht entbunden. Eine Kündigung, die aufgrund der erwünschten Weitergabe der Informationen erfolgte, ist dann unzulässig.718 Dies ist darin begründet, dass der Tatbestand nicht mehr erfüllt ist, Geheimnisse verraten zu haben. Das Unternehmen gibt mit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems seine Zustimmung zu den Hinweisen, folglich liegt kein Geheimnisverrat mehr vor.719 Sofern ein Hinweis jedoch nicht auf diesem Weg hervorgebracht wird, und wendet sich der Whistle Blower sogar an externe Stellen, kann dies trotzdem eine Kündigung nach sich ziehen.720 Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber anweist, in welcher Art und Weise dieses System zu nutzen ist und sich der Whistle Blower nicht daran hält. Z.B. könnte dieser das Sys-
714
715
716
717
718 719 720
Siehe für einen Überblick z.B. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006). Eine intensive rechtliche Betrachtung ist Düsel (2008) zu entnehmen Genauer gesagt wurde früher von einer Treuepflicht des Arbeitnehmers gesprochen, neuerdings wird diese Nebenpflicht jedoch als Rücksichtnahme- oder Interessenwahrnehmungspflicht formuliert. Da diese Begriffe relativ unbestimmt sind, werden darunter die Verschwiegenheitspflicht, die Loyalitätspflicht und die Interesswahrungs- und Schadensabwehrpflicht gefasst. Vgl. dazu ausführlich Herbert / Oberrath (2005), S. 194 – 195. Zur Verschwiegenheitspflicht und deren Grenzen in Bezug auf Whistle Blowing vgl. Maschmann (2007), Rz. 130 – 150. Vgl. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1570. Es wird jedoch auch eine geänderte Haltung der Rechtsprechung verzeichnet. Während früher bei einer Arbeitnehmeranzeige pauschal von einer Verletzung der Treupflicht ausgegangen wurde, differenziert die Rechtsprechung schon in den 90er Jahren u.a. nach der Motivation und Berechtigung der Anzeige, sowie der Ausschöpfung innerbetrieblicher Maßnahmen. Vgl. dazu Gach / Rützel (1997), S. 1959. Gemäß dem in § 106 Gewerbeordnung (GewO) enthaltenen Direktions- bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers ist dieser berechtigt, die Leistungspflichten seiner Arbeitnehmer durch Weisungen zu konkretisieren. Verhaltensrichtlinien und damit die Anweisung, Whistle-Blowing-Systeme zu nutzen, stehen also unter diesem Direktionsrecht. Vgl. Schuster / Darsow (2005), S. 273. Vgl. Hofmann (2006), S. 126, und Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571. Siehe dazu von Pelchrzim (2009), S. 29. Siehe Gach / Rützel (1997), S. 1963.
123 tem dazu missbrauchen, den Betriebsfrieden mutwillig zu stören. Auch in dem Fall wäre mit Abmahnungen oder Kündigungen zu rechnen.721 Eine Verpflichtung zur Nutzung eines solchen Systems hat allerdings auch eine Zumutbarkeitsgrenze. Z.B. hat der Arbeitnehmer die Gefahren722 einer Meldung in die Entscheidung mit einzubeziehen, und er muss nicht in jedem Fall eine Meldung an dieses System geben, wenn er sich dadurch selbst belastet.723 Bei Führungskräften und Personen mit Überwachungs- und Kontrollpflicht wird aufgrund ihrer Position jedoch in diesem Fall von einer weitergehenden Meldepflicht ausgegangen.724 Mit der geplanten Einführung eines Whistle-Blower-Schutzes in § 612a BGB würde den Mitarbeitern in Deutschland erstmals ein gesetzlicher Schutz gewährleistet, der unter bestimmten Bedingungen auch dann greift, wenn sich der Arbeitnehmer an externe Stellen wendet, ohne sich vorher an interne Adressen zu wenden. Dieser Gesetzesvorschlag wird deshalb vor allem von der Arbeitgeberseite kritisiert.725 Eine weitere arbeitsrechtliche Konsequenz betrifft die Implementierung von Verhaltenskodizes. Häufig finden sich darin auch Anweisungen zur Meldung von Verstößen gegen den Kodex. Diese Meldepflicht stellt ein das Ordnungsverhalten der Mitarbeiter betreffende Regelung dar, die gemäß § 81 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist, d.h. vom Betriebsrat genehmigt werden muss. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass diese Passage in einem Verhaltenskodex nicht dazu führt, dass der gesamte Kodex mitbestimmungspflichtig wird. In einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22.07.2008 wurde dieser Sachverhalt nochmals betont.726 4.3.8.2. Datenschutzrechtliche Anforderungen Neben den arbeitsrechtlichen Anforderungen sind auch datenschutzrechtliche Konsequenzen bei der Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems zu beachten. Im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) stellen die über ein WhistleBlowing-System kommunizierten Informationen personenbezogene Daten dar, die im Unternehmen entsprechend gespeichert und weiterverarbeitet werden. Demzufolge liegt eine Datenerhebung und -nutzung im Sinne des § 3 Abs. 3 bis 5 BDSG vor, die aber gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG nur erlaubt ist, wenn es der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses oder ähnlichen Vertragsverhältnissen dient.
721 722 723 724
725 726
Vgl. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1571. Siehe Schuster / Darsow (2005), S. 276. Vgl. Schuster / Darsow (2005), S. 276, und Mengel / Hagemeister (2007), S. 1389. Siehe hierzu ebenfalls Schuster / Darsow (2005), S. 276, und Mengel / Hagemeister (2007), S. 1389. Siehe BDA (2008). Vgl. BAG vom 22.7.2008 – 1 ABR 40/07.
124 In den Fällen, in denen die Nutzung eines solchen Systems nicht aus konkreten Verhaltensvorschriften zur Sicherung und Spezifizierung des arbeitsvertraglichen Zweckes erkennbar ist, geht die Datenverwendung jedoch über den Vertragszweck hinaus. Oftmals werden derartige Systeme in Verbindung mit Ethikrichtlinien eingeführt, die „lediglich“ über ethisches oder moralisches Verhalten informieren. Von einem direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis kann dabei in den meisten Fällen nicht ausgegangen werden, womit die Verwendung der Daten nicht § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG genügt.727 Des Weiteren wäre eine Datenverwendung aber auch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zulässig, wenn das Unternehmen ein berechtigtes Interesse daran hat und die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Eine Konkretisierung zum Begriff des berechtigten Interesses wurde im Jahr 2006 in einer Stellungnahme der sog. Artikel-29-Datenschutzgruppe728 vorgenommen. Vor allem bei größeren Unternehmen ist ein berechtigtes Interesse festzustellen, bei denen ein funktionierendes Corporate-Governance-System notwendig ist, um ein hohes Maß an Transparenz sowie Stabilität im Finanz- und Rechnungswesen zu generieren. Damit sollen nicht nur gegenwärtige, sondern auch potenzielle Kapitalgeber geschützt werden.729 In diesem Zusammenhang wird die Einführung eines Whistle-Blowing-Systems als berechtigtes Interesse vom Unternehmen gesehen, damit Mitarbeiter die Möglichkeit haben, auf Fehlverhalten hinzuweisen. Um die Anforderung einzuhalten, dass die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen nicht überwiegen, sollte nach Meinung der Artikel-29-Datenschutzgruppe eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Konkret handelt es sich dabei um die Erfüllung der folgenden Richtlinien: Der Personenkreis potenzieller Whistle Blower sollte eingeschränkt werden. Es wird konkret empfohlen, Whistle Blowing nur für Mitarbeiter eines festgelegten Fachbereichs zu begrenzen. Des Weiteren sollte geprüft werden, ob der Kreis der Personen eingeschränkt werden kann, die potenziell Opfer von Whistle Blowing werden. Eine Meldung über eine Person, die außerhalb dieses Kreises liegt, würde demnach keine Datenverarbeitung veranlassen. Außerdem sollte identifizierbares anstelle anonymen Whistle Blowings gefördert werden, weil dies die Überprüfung des Sachverhalts erleichtert. Zudem würde anonymes Whistle Blowing der Unternehmenskultur schaden, die sich zum Denunziantentum entwickeln könnte. Eine vertrauliche und diskrete Behandlung der Angelegenheit sollte dabei außer Frage stehen. Letztendlich wird be727 728
729
Vgl. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1568. Die Artikel-29-Datenschutzgruppe besteht aus den Datenschutzbeauftragten der EUMitgliedstaaten. Die Stellungnahme 1/2006 bezieht sich auf die Anwendung der EUDatenschutzvorschriften auf interne Verfahren zur Meldung mutmaßlicher Missstände in den Bereichen Rechnungslegung, interne Rechnungslegungskontrollen, Fragen der Wirtschaftsprüfung, Bekämpfung von Korruption, Banken- und Finanzkriminalität. Die komplette Stellungnahme kann unter http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/docs/wpdocs/2006/wp117_de.pdf eingesehen werden (eingesehen am 03.02.2010). Vgl. auch dazu Salvenmoser / Kruse (2007), S. 78.
125 hauptet, dass auch bei anonymen Hinweisen ohnehin nicht gesichert werden kann, dass die Identität des Whistle Blowers unbekannt bleibt.730 Weitere Anforderungen beziehen sich darauf, dass die Datenverarbeitung nur für festgelegte Zwecke erfolgen darf und dass der Zeitraum der Datenspeicherung begrenzt werden sollte. Des Weiteren sind dem potenziellen Whistle Blower Informationen über die Funktion und über den Ablauf des Whistle-Blowing-Systems zu übermitteln. Außerdem sollte der Beschuldigte zum einen über die Datenerhebung informiert und zum anderen über seine Rechte aufgeklärt werden, Zugriff auf diese Daten zu erhalten sowie deren Berichtigung vornehmen zu können. Besteht allerdings der Verdacht, der Beschuldigte könnte die Aufklärungsarbeit nach seiner Unterrichtung behindern, kann die Informationspflicht vom Unternehmen hinausgezögert werden.731 Die Empfehlungen der Artikel-29-Datenschutzgruppe beinhalten relativ detaillierte Anweisungen, wie die Unternehmen bei der Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems dem § 28 BDSG gerecht werden können. Insbesondere Telefonhotlines, die eine anonyme, uneingeschränkte Meldung über Missstände zulassen, scheinen diesen Anforderungen nicht gerecht zu werden. Besonders deutlich wird dies, wenn diese Hotline von einer unternehmensexternen Institution betrieben wird, da es relativ unwahrscheinlich ist, dass dieses dritte732 Unternehmen ein berechtigtes Interesse an den Daten haben wird.733 Ein externer Dienstleister kann nur als beauftragter Datenverarbeiter, d.h. als Übermittler der gegebenen Hinweise, in Frage kommen. Keinesfalls darf er eigene Entscheidungen treffen; dies würde einer Funktionsübertragung entsprechen, die den Fürsorgepflichten des beauftragenden Unternehmens entgegensteht. Zulässig ist demnach lediglich das Bereitstellen des Kommunikationsmittels, wie z.B. einer Internetplattform. Das Abarbeiten der Hinweise steht dem externen Dienstleister nicht zu.734 Ob die Filterung der Daten darunter fällt, ist unklar.
4.4. Ableitung von Forschungsfragen für die empirische Untersuchung Anhand der in diesem Kapitel erarbeiteten Anforderungen an ein effektives WhistleBlowing-System ergeben sich mehrere Forschungsfragen. Die erste setzt an den Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System an. Die Effektivität des 730 731
732
733 734
Vgl. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1569. Vgl. zu dieser Zusammenfassung der Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe auch Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1569 – 1570, und auch Salvenmoser / Kruse (2007). Gemäß § 3 Abs. 8 Satz 2 BDSG werden auch konzernzugehörige Unternehmen als Dritte verstanden. Compliance-Abteilungen in der Konzernzentrale scheiden also als berechtigte Adressaten aus. Vgl. Wisskirchen / Körber / Bissels (2006), S. 1570. Vgl. Breinlinger / Krader (2006), S. 65 – 66. Sie verweisen dabei auf einen Arbeitsbericht der Adhoc-Arbeitsgruppe „konzerninterner Datentransfer“. Dieser kann unter http://www.rpdarmstadt.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdI_15/RPDA_Internet/med/ 2c5/2c522d65-2f31-5111-0104-397ccf4e69f2,22222222-2222-2222-2222-222222222222.pdf heruntergeladen werden (eingesehen am 03.02.2010).
126 Whistle-Blowing-Systems ist Voraussetzung für die Effizienz des Systems, denn nur ein wirksames System kann zu dem in Kapitel drei genannten Nutzen führen. Es stellt sich demnach die Frage, inwieweit Unternehmen den in diesem Kapitel genannten Anforderungen gerecht werden. Dies ist für Deutschland insbesondere vor dem besonderen kulturellen und historischen Hintergrund relevant. Deshalb wird in Kapitel fünf die Umsetzung der in diesem Kapitel genannten Anforderungen in den DAX-30Unternehmen untersucht. Außerdem wurde in Kapitel vier herausgestellt, dass es verschiedene effektive Ausgestaltungsvarianten gibt. Insbesondere ist die Ansiedlung der Whistle-BlowingStelle intern und extern möglich. Unklar ist, welche Eigenschaften ausschlaggebend für die Art der Ausgestaltung sind. Hierbei spielt die wahrgenommene Relevanz der Anforderungen eine wichtige Rolle. Die Art der Ausgestaltung könnte deshalb von der Gewichtung der Anforderungen abhängig sein. Die Wahrnehmung der Einflussfaktoren kann auch durch die in Deutschland z.T. vertretene negative Haltung gegenüber der Handlung Whistle Blowing beeinflusst werden. Zwar wird durch die Skepsis eher die individuelle Gewichtung von Kosten und Nutzen des Whistle-Blowing-System beeinflusst, sodass in diesem Fall eigentlich gar keine Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems erfolgen sollte. Jedoch kann das Unternehmen mit der Einrichtung auch nur versuchen, Signalling-Vorteile zu generieren.735 Die Ausgestaltung eines effektiven Systems wäre in diesem Fall sogar unerwünscht. Eine Befragung könnte dahingehend Aufschluss geben. Außerdem wurden in diesem Kapitel gesetzliche Anreizsysteme zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems diskutiert. Für deutsche Unternehmen kann sich eine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems ergeben, sofern das Unternehmen an einer US-Börse notiert ist. Es wurde bereits angedeutet, dass diese Verpflichtung nicht zur Entwicklung eines effektiven Systems führen muss. Es ist daher unklar, ob die Wahrnehmung der Effektivität und Effizienz des Whistle-Blowing-Systems zwischen Unternehmen mit freiwillig eingerichteten Systemen und denen, die zur Einrichtung verpflichtet sind, unterschiedlich ist. Die genannten Fragestellungen werden im nächsten Kapitel durch Untersuchungshypothesen konkretisiert.
5. Empirische Untersuchung zur Wahrnehmung von Whistle Blowing in Deutschland 5.1. Bezug zu Deutschland und Bedeutung der Wahrnehmung Die in den Kapiteln drei und vier besprochenen Aspekte zur Effektivität und zur Effizienz eines Whistle-Blowing-Systems stützen sich maßgeblich auf Theorien, die insbesondere aus anglo-amerikanischen Studien abzuleiten sind. Es wurde bereits an735
Hier wird das in Unterabschnitt 3.1.4.1 angesprochene „Cheap Talk“ Problem deutlich.
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
127 gesprochen, dass der kulturelle Hintergrund der in diesen Studien untersuchten Teilnehmer nicht mit dem deutschen vergleichbar ist. In Deutschland wird Whistle Blowing aufgrund der historischen Entwicklung eher skeptisch beurteilt. Zudem besteht in Deutschland noch keine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines WhistleBlowing-Systems, sofern von SOX-verpflichteten Unternehmen abgesehen wird. Unterschiedliche kulturelle Hintergründe könnten einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems haben, da es die Wahrnehmung des in Kapitel drei beschriebenen Nutzens des Systems beeinträchtigen könnte. Die mit der Einrichtung verbundenen Kosten würden dann bei der Entscheidung zur Einrichtung stärker ins Gewicht fallen. Außerdem könnte diese Haltung auch die Ausgestaltung des Systems beeinflussen. Wenn Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System weniger von seinen positiven unternehmensinternen und -externen Wirkungen überzeugt sind, könnte die Ausgestaltung den in Kapitel vier genannten Anforderungen nicht mehr entsprechen. Die durchgeführte empirische Überprüfung der Wahrnehmung von Whistle Blowing in Deutschland kann Aufschluss über die Implementierungsprobleme der aus der Theorie abgeleiteten Anforderungen geben. Dabei wird zuerst eine einfache Umsetzungsanalyse vorgestellt, die Aufschluss darüber geben soll, inwiefern die DAX-30Unternehmen den in Kapitel vier genannten Anforderungen an ein effektives WhistleBlowing-System gerecht werden. Dies soll anhand öffentlich zugänglicher Daten ermittelt werden. Umfangreichere Ergebnisse zur Wahrnehmung von Whistle Blowing werden anschließend über die Auswertung eines Fragebogens generiert. Die aus dem Fragebogen gewonnenen Erkenntnisse lassen Schlussfolgerungen zur individuellen Gewichtung von Nutzen und Kosten eines Whistle-Blowing-Systems sowie zur Einschätzung der effektiven Ausgestaltung eines Whistle-Blowing-Systems in Deutschland zu. Letztlich soll daraus abgeleitet werden, welche individuellen Anreize für Unternehmen bestehen, ein Whistle-Blowing-System einzurichten, und welche individuellen Nachteile die Unternehmen davon abhalten. Zudem offenbart es Vorbehalte gegenüber bestimmten Instrumenten eines effektiven Whistle-BlowingSystems. Dies hat letztlich Relevanz für die Ausgestaltung von gegebenenfalls gesetzlichen Anreizinstrumenten, die die Unternehmensleitung zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems motivieren sollen.
5.2. Analyse der Umsetzung der Anforderungen an effektive Whistle-Blowing-Systeme in den DAX-30-Unternehmen anhand eines Scoring-Modells 5.2.1. Ziel und Vorgehensweise der Untersuchung Die Umsetzung der in Kapitel vier aufgezeigten Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System in den DAX-30-Unternehmen soll in diesem Unterkapitel anhand öffentlich zugänglicher Daten untersucht werden. Dazu wird ein Scoring-
128 Modell entwickelt, anhand dessen die Veröffentlichungen der DAX-30-Unternehmen zu den eingerichteten Whistle-Blowing-Systemen bewertet und verglichen werden können. Das Scoring-Modell ermöglicht die Anwendung relativ abstrakter Anforderungen zur Bewertung sehr unterschiedlicher und nicht im Detail vergleichbarer Sachverhalte. In der Berücksichtigung der jeweiligen unternehmensspezifischen Gegebenheiten liegt der Vorteil eines Scoring-Modells. Im Gegensatz zur reinen Bestandsaufnahme der Veröffentlichung von Informationen zum Whistle-Blowing-System wird bei der hier vorgestellten Vorgehensweise ein besserer Vergleich der Qualität der Informationen ermöglicht. Trotzdem ist bei einem Vergleich von qualitativen Daten immer kritisch anzumerken, dass es kaum möglich ist, eindeutige Skalen zu ermitteln, die zu objektiv vergleichbaren Ergebnissen führen.736 Einige der Unternehmen müssen oder mussten sich aufgrund der Notierung an der New York Stock Exchange ohnehin mit der Implementierung von Whistle-BlowingSystemen auseinandersetzen. Trotzdem sind aber auch bei fast allen sonstigen Unternehmen Informationen darüber zu finden. Grundlage für die Begutachtung der Erfüllung der Anforderungen ihrer Whistle-Blowing-Systeme stellten die Internetseiten der Unternehmen und deren Veröffentlichungen dar, die auf der Homepage im Frühjahr 2008 zu finden waren. Da eine Überprüfung der Effektivität nur anhand veröffentlichter Informationen vorgenommen wird, ist zu konstatieren, dass lediglich die Publizität über eingerichtete Whistle-Blowing-Systeme untersucht wurde. Eine Aussage über die tatsächliche Effektivität des Systems kann nicht getroffen werden, da erstens nicht alle Informationen veröffentlicht werden; z.T. waren gar keine Informationen zum Whistle-Blowing-System zu finden. Zweitens kann eine tatsächlich das Whistle Blowing fördernde Struktur ohne Befragung der Mitarbeiter schwer eruiert werden. Ein Unternehmen kann zwar mit einer pressewirksamen Information die Vorteile aufgrund der Kommunikation erlangen, tatsächlich aber kein effektives System eingerichtet haben, weil beispielsweise der Verhaltenskodex vom Management selber nicht gelebt wird. Hier wird das in Unterabschnitt 3.1.4.1 beschriebene „CheapTalk-Problem“ deutlich. Andererseits kann ein Unternehmen ein sehr wirksames Whistle-Blowing-System eingerichtet haben und berichtet aber nicht darüber. Die Effizienz des Whistle-Blowing-Systems kann im Rahmen dieser Untersuchung auch nicht vollständig überprüft werden, da weder Auszahlungen noch zusätzliche Einzahlungen angegeben werden können. Für die Bewertung des Whistle-Blowing-Systems wurde folgendermaßen vorgegangen: Auf den Unternehmensinternetseiten wurde nach Informationen zu WhistleBlowing-Systemen gesucht. In vielen Fällen war dies unter einer eigenen Rubrik zur Compliance oder Corporate Governance schnell zu finden. Auf einigen Internetseiten konnten die Informationen unter der Rubrik „Nachhaltigkeit“ entnommen werden. Häufig wurde der Verhaltenskodex auf die Internetseite gestellt. Bei einigen dieser 736
Vgl. zu diesen Vor- und Nachteilen von Scoring-Modellen auch Führing (2004), S. 191.
129 Unternehmen wurden Informationen über das Whistle-Blowing-System in dem Kodex festgehalten. Dies ist deshalb vorteilhaft, weil es einen Hinweis auf die interne Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems darstellt. Gleichzeitig gibt der Kodex praktisch eine Verhaltensanweisung zur Hinweisgabe in den bestimmten Fällen. Die Möglichkeiten der Punktverteilung und deren Gewichtung sind bei ScoringModellen sehr vielfältig.737 Hier erfolgt die Bewertung in Anlehnung an die für die Evaluierung der Angaben des Deutschen Corporate Governance Kodex angewendete Scorecard der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management.738 Dementsprechend wird für die Angabe der relevanten Information jeweils ein Punkt vergeben. Um die untersuchten Aspekte entsprechend ihrer Relevanz zu gewichten, werden die Punkte mit einem bestimmten Faktor multipliziert. Deshalb werden bei bestimmten Angaben zwei oder drei Punkte zugeteilt. Die Summe der vergebenen Punkte ergibt die Gesamtpunktzahl für ein Unternehmen. Maximal konnten für die insgesamt 14 abgefragten Aspekte 27 Punkte vergeben werden. Die Punktverteilung gestaltet sich folgendermaßen: Ein Punkt wurde vergeben, wenn die Information über ein eingerichtetes WhistleBlowing-System gefunden werden konnte. Zusätzlich wurde ein Punkt vergeben, insofern keine Einschränkung des Personenkreises angegeben wurde. Außerdem konnten weitere Punkte erreicht werden, wenn genauere Informationen über die Whistle-Blowing-Stelle zu finden waren. Die niedrigste Bewertung gab es für eine interne weisungsgebundene Stelle, wie z.B. die interne Revision oder die Personalabteilung (ein Punkt). Eine höhere Bewertung erhielt die Compliance-Abteilung oder die Rechtsabteilung, da sie erstens unabhängiger sind und nicht in anderen Aufgaben untergehen (zwei Punkte). Eine noch höhere Benotung erhielt eine unabhängige externe Institution (drei Punkte). Meist waren dies Rechtsanwälte. Hat ein Unternehmen eine interne Stelle und eine externe Institution angegeben, wurden die Punkte summiert. Maximal konnten deshalb an dieser Stelle fünf Punkte erreicht werden. Im Gesamtgewicht hat dieser Aspekt einen relativ hohen Einfluss, der aber gerechtfertigt ist, da es eine sehr entscheidungsrelevante Information für den Whistle Blower ist. Anschließend wurde bewertet, ob erkennbar ist, wie und wann die Stelle erreicht werden kann. Gibt es lediglich ein Kommunikationsmittel, wurde dies mit einem Punkt bewertet. Bei Angabe mehrere Möglichkeiten, wie z.B. Telefonhotline, Internetportal o.ä., konnten zwei Punkte erreicht werden. Allerdings gab es auch zusätzliche Punkte für Telefonhotlines, sofern erkennbar ist, dass die Hotline täglich zu jeder 737
738
Z.B. kann die Vergabe von Schulnoten entsprechend der Qualität der Information und anschließender Gewichtung der Noten zu einer Gesamtschulnote führen, vgl. Führing (2004). Dies ist bei gegebener Fragestellung allerdings nicht zweckmäßig, da die Abstufung der Gesamtnote nur zwischen eins und sechs erfolgt. Dies erscheint für ein Ranking und damit einen Vergleich der 30 DAX-Unternehmen als zu grobe Abstufung. Diese Scorecard kann unter http://www.dvfa.de/files/die_dvfa/kommissionen/corporate_ governance/application/vnd.ms-excel/scorecard_2006.xls abgerufen werden (eingesehen am 29.07.2010).
130 Zeit zur Verfügung steht. Ein weiteres Kriterium zur Beurteilung der Erreichbarkeit stellt die Möglichkeit dar, den Hinweis anonym geben zu können. Sofern keine anonyme Hinweisgabe möglich ist, konnte nur ein Punkt erzielt werden. Wenn die Hinweise hingegen nur anonym gegeben werden können, gab es zwei Punkte. Die höchste Punktzahl (drei Punkte) wurde vergeben, wenn erkennbar ist, dass der Whistle Blower selbst entscheiden konnte, seine Identität geheimzuhalten oder sie preiszugeben. Ein wichtiges Kriterium bei der Implementierung des Systems stellt der Schutz des Whistle Blowers dar. In den meisten Fällen wurde darauf hingewiesen, dass die Hinweisgeber in keinem Falle sanktioniert oder in irgendeiner Art und Weise aufgrund des Hinweises benachteiligt werden (zwei Punkte). Die höhere Gewichtung dieses Aspekts hängt mit dessen Relevanz für die Entscheidung zur Hinweisgabe zusammen. Auch für die Information, dass Fehlverhalten sanktioniert wird, gab es zwei Punkte, da Mitarbeiter hierdurch vermittelt bekommen, Fehlverhalten würde im Unternehmen nicht toleriert. Dies könnte die Motivation zur Hinweisgabe fördern. Anschließend wurde die Kommunikation des Systems beurteilt. Die interne Kommunikation konnte nur anhand dessen beurteilt werden, ob das Whistle-Blowing-System in einem veröffentlichten Verhaltenskodex erwähnt wurde und zusätzlich Schulungen zum Verhaltenskodex angeboten wurden. Aufgrund der persönlichen Nachteile, die den Mitarbeitern daraus drohen, unterstützt diese Information die Wichtigkeit sowie die Beachtung des Kodexes und fördert dadurch die interne Kommunikation. Die externe Kommunikation wurde dahingehend bewertet, ob auf das System auf der Internetseite hingewiesen wurde (ein Punkt) oder ob eine Erwähnung im Geschäftsbericht (zwei Punkte) oder Nachhaltigkeitsbericht (ein Punkt) zu finden war. Erfolgten mehrere externe Hinweise über die Einrichtung, wurden die Punkte summiert. Ein weiterer Punkt konnte bei der Veröffentlichung von Berichten über eingegangene Meldungen und die Erfolge bei der Beseitigung des Fehlverhaltens erzielt werden. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit des Systems. Ein weiterer wichtiger Aspekt stellt die Überwachung des Systems dar. Diese Information konnte allerdings bei keinem Unternehmen gefunden werden. Hingegen wiesen einige Unternehmen auf die Kontrolle der Umsetzung des Verhaltenskodexes durch die Interne Revision oder das Audit Committee hin. Auf diese Information gab es auch einen Punkt. Der folgenden Tabelle ist eine Übersicht über das ScoringModell zu entnehmen:
131
Frage
I.
Art Einrichtung des Systems 1.
Ist ein Whistle-Blowing-System vorhanden?
2.
Gibt es Einschränkungen zum Personenkreis bzw. zu meldepflichtigen Themen?
3.
Welcher Art ist die Whistle-BlowingStelle?
II. 1.
Welche Kommunikationsmittel gibt es?
2.
Wie kann die Stelle erreicht werden?
3.
Ist die Hinweisgabe anonym oder offen möglich?
0=ja, bzw. kein WBS 1=keine Angabe 0=keine Angabe intern: 1=Personalabteilung, Betriebsrat, interne Revision, 2=Rechtsabteilung, Compliance-Abteilung; extern: 3=Rechtsanwalt, unabhängige Organisation
1
1
5 7 (26 %)
0=keine Angabe 1=telefonisch/E-Mail/Internetportal/Post ´ 2=mehrere Möglichkeiten 0=keine Angabe 1=Telefon nur wochentags während Arbeitszeiten 2=täglich rund um die Uhr 0=keine Angabe 1=keine anonyme Angabe möglich 2=nur anonym möglich 3=beides möglich
Schutz / Sanktionen
2 2
3 4 (15 %)
1.
Wird der Whistle Blower geschützt?
0=keine Angabe 2=ja
2.
Gibt es Sanktionen für Fehlverhalten?
0=keine Angabe 2=ja
IV.
maximal erreichbare Punkte 7 (26 %)
0=keine Angabe bzw. nein 1=ja
Art Hinweisgabe
III.
Kommunikation
2 2 8 (30 %)
Werden intern Schulungen zum Verhalten durchgeführt?
0=keine Angabe 1=ja
1
2.
Wird das Whistle-Blowing-System im Verhaltenskodex erwähnt?
0=Kodex nicht veröffentlicht 1=keine Erwähnung 2=Erwähnung
2
3.
Erfolgt ein Hinweis zum WhistleBlowing-System auf Homepage? (externe Kommunikation)
4.
Wird das Whistle-Blowing-System in einem Bericht erwähnt? (externe Kommunikation)
0=keine Angabe 1=Angabe 0=keine Angabe 1=Nachhaltigkeitsbericht 2=Geschäftsbericht 3=in beiden
5.
Wird über eingegangene Meldungen berichtet?
0=keine Angabe 1=ja
1.
V.
Punktverteilung
Überwachung Erfolgt eine Kontrolle des WhistleBlowing-Systems durch Audit Committee o.ä.? Bzw.: Erfolgt eine Kontrolle des Verhaltenskodexes?
Punkte maximal
1
3 1 1 (4 %)
0=keine Angabe 1=ja
1
27
Tabelle 4: Aufbau Scoring-Modell
Eine Information über die tatsächliche Wirksamkeit des Systems können die eingerichteten Stellen und die Veröffentlichungen nicht geben. Der einzige Hinweis auf eine tatsächliche Effektivität könnte dem Bericht über die Meldungen und die Aufde-
132 ckungsquoten entnommen werden (Frage IV.5). Das Unternehmen signalisiert damit, dass das System zur Vermeidung von Korruption genutzt wird. Gleichzeitig wirken die Zahlen auch abschreckend für potenzielle Täter. 5.2.2. Ergebnisse aus dem Scoring-Modell Auf der Punkteskala konnte ein Maximalwert von 27 Punkten erreicht werden (siehe Tabelle 4). Hat ein Unternehmen kein Whistle-Blowing-System eingerichtet, konnte es trotzdem maximal fünf Punkte erhalten, weil auch das Vorhandensein eines Verhaltenskodexes sowie dessen Kommunikation, Überwachung und die Sanktionierung bei Fehlverhalten positiv bewertet wurden. Insgesamt wurden bei 26 der DAX-30Unternehmen Informationen zu einem eingerichteten Whistle-Blowing-System gefunden. Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse des Scoring-Modells. Außerdem wird angezeigt, ob die Unternehmen gemäß SOX zur Einrichtung des Whistle-BlowingSystems verpflichtet sind oder verpflichtet waren:739 Rang
739
Unternehmen
Scoring-Punkte
Erfüllung des SOX ja
1
Siemens AG
27
2
Bayer AG
22
ja
3
Volkswagen AG
21
nein
4
Daimler AG
20
ja
4
Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA
20
ja
4
Linde AG
20
nein
4
RWE AG
20
nein
8
BASF SE
19
ja
8
Thyssen Krupp AG
19
nein
10
Deutsche Telekom AG
18
ja
10
Infineon Technologies AG
18
ja
12
Continental AG
17
nein
12
MAN SE
17
nein
14
Henkel AG & Co. KGaA
16
nein
15
Allianz SE
14
ja
15
Hypo Real Estate Holding AG
14
nein
15
Metro AG
14
nein
18
Deutsche Bank AG
12
ja
19
Deutsche Post AG
11
nein
19
Deutsche Postbank AG
11
nein
19
Merck KGaA
11
nein
19
Münchener Rück AG
11
nein
Hinsichtlich der Erfüllung des SOX wurden alle Unternehmen einbezogen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des SOX an der New York Stock Exchange gelistet waren, vgl. dazu Harrer / Fisher / Evans (2003), S. 82.
133 Rang
Unternehmen
Scoring-Punkte
Erfüllung des SOX
19
SAP AG
11
ja
24
E.ON AG
10
ja
24
TUI AG
10
nein
26
Commerzbank AG
4
nein
26
Deutsche Lufthansa AG
4
nein
28
Deutsche Börse AG
1
nein
29
adidas AG
0
nein
29
BMW AG
0
nein
Tabelle 5: Erreichte Scoring-Punkte der DAX 30
Das Unternehmen mit der höchsten Punktzahl und gleichzeitig der maximal möglichen Punktzahl in Höhe von 27 ist die Siemens AG. Auch die Bayer AG (22 Punkte) und die Volkswagen AG (21 Punkte) erreichen einen sehr hohen Wert. Auf den vierten Plätzen folgen mit jeweils 20 Punkten die Daimler AG, die Fresenius Medical Care AG & Co KGaA, die Linde AG und die RWE AG. Schlusslicht bei den implementierten Whistle-Blowing-Systemen ist die Deutsche Lufthansa AG mit vier Punkten, da hier nur im Geschäftsbericht die Anmerkung zu finden war, dass ein Ombudsmannsystem eingerichtet wurde. Von den vier Unternehmen, bei denen keine Informationen zu eingerichteten WhistleBlowing-Systemen zu finden waren, haben die adidas AG und die BMW AG jeweils null Punkte erhalten, da sie auch keine Informationen bezüglich eines Verhaltenskodexes veröffentlichten. Die Deutsche Börse AG erreicht einen Punkt, weil es Informationen zur Schulung der Mitarbeiter zum Verhaltenskodex gab. Mit vier Punkten erreicht die Commerzbank AG die höchste Punktzahl unter den Unternehmen, die keine Information zu einem Whistle-Blowing-System gegeben haben. Auf der Internetseite konnte der Verhaltenskodex eingesehen werden. Weiterhin gab es Informationen zu Schulungen zum Verhaltenskodex und Hinweise auf Sanktionen bei erfolgtem Fehlverhalten. Der Mittelwert der erreichten Punkte liegt bei 13,8 Punkten. Insgesamt ist zu erkennen, dass die Punkteverteilung relativ breit ist. Fünf Unternehmen (17 %) liegen im ersten Drittel der möglichen Punkte (bis neun Punkte). Im zweiten Drittel der Punkte (zehn bis 18 Punkte) sind 16 (53 %) und damit die meisten Unternehmen vertreten. Das oberste Drittel (19 bis 27 Punkte) wird von insgesamt neun Unternehmen (30 %) erreicht. Der folgenden Tabelle kann die Verteilung der Punkte zu den einzelnen Fragebereichen entnommen werden:
134
Fragenbereich
maximal erreichbare Punkte
Prozent
durchschnittlich erreichte Punkte
Prozent
Differenz
I.
Art des eingerichteten Systems
7
26%
3,8
28%
2%
II.
Art Hinweisgabe
7
26%
2,8
20%
-6%
III.
Schutz / Sanktionen
4%
4
15%
2,6
19%
IV. Kommunikation
8
29%
4,3
31%
2%
V.
1
4%
0,3
2%
-2%
27
100%
13,8
100%
Überwachung Summe
Tabelle 6: Punkteverteilung Scoring-Modell
Es ist zu erkennen, dass vor allem im Fragenbereich II. (Art Hinweisgabe) vergleichsweise wenige Punkte erzielt wurden. Maximal konnten hier sieben Punkte erreicht werden, was einem Anteil an der Gesamtpunktzahl in Höhe von 26 % entspricht. Durchschnittlich wurden beim Fragenbereich II. 2,8 Punkte vergeben. In Relation zum Durchschnitt der Gesamtpunktzahl entspricht dies 20 %, d.h., es werden 6 % weniger Punkte erreicht als bei einer Gleichverteilung erwartet wird. Hingegen liegen die erzielten Punkte beim Fragenbereich III. vier Prozent über dem Durchschnitt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Unternehmen mehr Wert auf die Proklamation von Schutzmaßnahmen legen als auf die Details zum Ablauf der Hinweisgabe. Der Grund, warum die Siemens AG den höchsten Scoring-Wert erreicht, kann in dem Schmiergeldskandal vermutet werden. Interessant wäre eine Gegenüberstellung der Compliance-Kommunikation vor und nach dem Skandal gewesen. Das Unternehmen hat offensichtlich seine Konsequenz aus dem Skandal gezogen und investiert viel zur Kommunikation von Compliance Codes. Ob dies jedoch allein als Gütesiegel nach außen dient oder effektiv im Unternehmen umgesetzt wird, bleibt nach dieser Analyse weiter unklar. Allein der Bericht über eingegangene Meldungen und deren Weiterverfolgungen kann diese Unsicherheit darüber gegebenenfalls verringern. Die Siemens AG und die Volkswagen AG waren im Übrigen die einzigen Unternehmen, bei denen Informationen zu den Meldungen veröffentlicht wurden. Es zeigt sich des Weiteren, dass die Unternehmen auf den vorderen Plätzen des Rankings gemäß SOX verpflichtet sind, ein Whistle-Blowing-System einzurichten.740 Die Unternehmen der letzten sechs Plätze müssen oder mussten SOX nicht erfüllen. Hierzu wurden nicht nur die Unternehmen als SOX-Erfüller einbezogen, die den SOX zum Zeitpunkt der Untersuchung zu erfüllen hatten, sondern es wurden auch diejenigen einbezogen, die sich bereits von der US-Börse zurückgezogen hatten.741 Die Einbeziehung der zurückgezogenen Unternehmen erfolgte deshalb, weil die Einrich740 741
Siehe Tabelle 5. Z.B. hatte sich die Bayer AG zum Untersuchungszeitpunkt bereits von der New York Stock Exchange zurück gezogen und muss SOX deshalb nicht mehr erfüllen.
135 tung des Systems und die entsprechende Kommunikation anscheinend mit der Erfüllung des SOX zusammenhängen. Es wird angenommen, dass der Rückzug von der US-Börse nichts an der Einrichtung des Systems und der entsprechenden Kommunikation ändert. Um diesen Zusammenhang genauer zu untersuchen, wurde ein einfacher t-Test für den Vergleich der Mittelwerte durchgeführt. Dieser konnte aufgrund vorliegender metrischer sowie normalverteilter742 Daten angewendet werden. Der folgenden Tabelle können die Mittelwerte der ermittelten Scoring-Punkte, die Standardabweichung und der Standardfehler der zwei Gruppen (SOX-Erfüller/Nicht-Erfüller) entnommen werden. Erfüllung SOX
Anzahl Unternehmen
Mittelwert ScoringPunkte
Standardabweichung
Standardfehler des Mittelwertes
nein ja
19 11
11,632 17,364
6,970 5,163
1,599 1,557
Tabelle 7: Mittelwerte der Scoring-Werte der zwei Gruppen des DAX
Es ist ersichtlich, dass die Gruppe der SOX-Erfüller mit 17,364 einen höheren Mittelwert aufweist als die Gruppe derjenigen, die den SOX nicht erfüllen (11,632). Der tTest in der folgenden Tabelle zeigt, dass dieser Unterschied auf einem Signifikanzniveau von 5 % signifikant ist:743 t-Wert
Freiheitsgrade
-2,370
28
Tabelle 8: t-Test für Scoring-Werte
Signifikanz
Mittlere Differenz
Standardfehler der Differenz
0,025
-5,732
2,418
744
Die Wahrscheinlichkeit für das irrtümliche Verwerfen der Nullhypothese, d.h., dass die Mittelwerte keinen Unterschied aufweisen, beträgt 2,5 %. Diese geringe Wahrscheinlichkeit unterstützt die Annahme, dass Unternehmen, die den SOX erfüllen müssen, tendenziell bessere Scoring-Werte als die anderen Unternehmen erreichen.
742
Der Test auf Normalverteilung ist Anlage 2 zu entnehmen.
743
Für die folgende Berechnung konnte Varianzengleichheit unterstellt werden, da der Test auf Varianzengleichheit (Levene-Test) eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 26,9 % ergeben hat. Üblicherweise wird die Nullhypothese verworfen, wenn die Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 5 % ist. In dem hier betrachteten Fall kann die Nullhypothese, d.h. die Annahme gleicher Varianzen, demnach nicht verworfen werden. Vgl. dazu Bühl (2010), S. 333, und Brosius (2008), S. 474. Für die Berechnung des t-Wertes wird aufgrund angenommener Varianzenhomogenität eine sog. gepoolte Varianz zugrunde gelegt, die sich aus
744
ܵ ൌ ݐൌ
ሺேభ ିଵሻȉௌభమାሺேమ ିଵሻȉௌమమ
തభ ିതమ ೄ ೄ ට ುା ು
ಿభ ಿమ
ൌ
ேభ ାேమ ିଶ ଵଵǡଷଶିଵǡଷସ
ൌ
ට
ሺଵଽିଵሻȉǡଽమ ାሺଵଵିଵሻȉହǡଵଷమ ଵଽାଵଵିଶ
ൌ ͶͲǡͷͳ ergibt. Der t-Wert ergibt sich dann aus:
ൌ െʹǡ͵Ͳ. రబǡళఱభ
రబǡళఱభ ା భవ భభ
Vgl. Brosius (2008), S. 473, ähnlich auch bei Hartung / Elpelt (2007), S. 230 – 231.
136 Anhand der Ergebnisse des Scoring-Modells ist zu erkennen, inwiefern die Anforderungen an effektive Whistle-Blowing-Systeme von den Unternehmen umgesetzt werden. Es wurde bereits angesprochen, dass mit dieser Analysemethode jedoch noch keine Aussage über die tatsächliche Effektivität der eingerichteten Whistle-BlowingStrukturen möglich ist. Auch die tatsächliche Wahrnehmung der Vorteile des WhistleBlowing-Systems ist nicht erkennbar. Die Analyse der öffentlich zugänglichen Informationen lässt allenfalls Schlussfolgerungen über die Wahrnehmung der Reputationsvorteile zu. Eine tiefergehende Analyse ist über die Befragung möglich. Dies soll Gegenstand des nächsten Unterkapitels sein.
5.3. Untersuchung der Wahrnehmung der Effizienz und der Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems seitens der Unternehmen 5.3.1. Ziel der Untersuchung Für die Wahrnehmung der mit dem Whistle-Blowing-System verbundenen Kosten und mit dem System verbundenen Nutzen ist die Analyse anhand öffentlich verfügbarerer Daten nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es einer Befragung der Unternehmen. Diese soll Schlussfolgerungen darüber zulassen, anhand welcher Vor- und Nachteile die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems prognostiziert werden kann. Des Weiteren gewährt sie einen Einblick in die bisherigen Erfahrungen mit Whistle Blowing und wie derzeit damit im Unternehmen umgegangen wird. Neben den wahrgenommenen Vor- und Nachteilen eines Whistle-Blowing-Systems wurde deshalb außerdem die individuell eingeschätzte Relevanz von Faktoren überprüft, die die Effektivität eines Systems beeinflussen könnten. Es sollte festgestellt werden, ob die in der Literatur diskutierten Effektivitätstreiber überhaupt wahrgenommen werden und wenn ja, welche entscheidungsrelevant sind. Des Weiteren wurde untersucht, ob Unternehmen, die zur Einrichtung von WhistleBlowing-Systemen verpflichtet sind, die Vor- und Nachteile sowie die Effektivität des Systems anders einschätzen als freiwillig implementierende Unternehmen. Dies soll Aufschluss über die Effektivität der Anreize des SOX geben. Außerdem sollte ermittelt werden, ob bestimmte Unternehmenscharakteristika darüber Aufschluss geben können, welche Unternehmen Whistle-Blowing-Systeme einrichten. 5.3.2. Hypothesenbildung 5.3.2.1. Hypothesen 1a-d: Motivation zur Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen Die theoretischen Vor- und Nachteile, die mit der Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems verbunden sind, wurden in Unterkapitel 3.2 ausführlich erläutert. Die erste
137 Hypothese geht der Frage nach, ob und wie anhand dieser Aspekte die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems prognostiziert werden kann. In Unterabschnitt 3.2.2.1 wurde verdeutlicht, dass ein Whistle-Blowing-System in erster Linie der Abwendung von Gefahren und Fehlverhalten dient. Außerdem trägt es zu einer verbesserten Risikokommunikation bei, womit es als ein Risikofrühwarnsystem bezeichnet werden kann. Dadurch werden Kosten gespart, die nicht nur aus entgangenen Gewinnen resultieren, sondern aus der Vermeidung strafrechtlicher Prozesse, die anfallen würden, wenn die Informationen nach außen gelangen. Sofern dieser Vorteil entscheidungsrelevant ist, sollte dies die Wahrscheinlichkeit eines eingerichteten Whistle-Blowing-Systems erhöhen. Die erste Hypothese wurde deshalb folgendermaßen formuliert: H1a. Die hohe Gewichtung des mit dem Whistle-Blowing-System verbundenen Vorteils der Risikoreduzierung beeinflusst die Einrichtungswahrscheinlichkeit positiv. Neben den unternehmensinternen Auswirkungen kann das System auch außerhalb des Unternehmens zu positiven Konsequenzen führen. In Unterabschnitt 3.2.3.1 wurde darauf eingegangen, dass ein Whistle-Blowing-System bei entsprechender Publizität zu einer verbesserten Reputation führen kann. Darunter sind insbesondere eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz, ein besserer Ruf als Arbeitgeber und die Vermeidung von Reputationsschäden aufgrund externer Meldungen zu nennen. Eine hohe wahrgenommene Relevanz dieses Vorteils sollte die Wahrscheinlichkeit eines eingerichteten Whistle-Blowing-Systems erhöhen. H1b. Die hohe Gewichtung des mit dem Whistle-Blowing-System verbundenen Vorteils der Reputationsverbesserung beeinflusst die Einrichtungswahrscheinlichkeit positiv. Eine verbesserte Reputation sollte sich, wie in den Unterabschnitten 3.2.3.2 bis 3.2.3.5 herausgearbeitet wurde, letztendlich auch in verbesserten finanziellen Faktoren niederschlagen. Steigende Umsätze, bessere Lieferantenkonditionen, sinkende Versicherungsprämien sowie sinkende Kapitalkosten könnten die Folge sein. Da Whistle Blowing nicht in erster Linie als Business Case verstanden wird, ist davon auszugehen, dass diese finanziellen Faktoren lediglich von Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System erkannt werden: H1c. Die hohe Gewichtung der mit dem Whistle-Blowing-System verbundenen finanziellen Vorteile beeinflusst die Einrichtungswahrscheinlichkeit positiv. Trotz dieser Vorteile wird die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen skeptisch betrachtet, da es illoyales Verhalten fördern und das Arbeitsklima verschlechtern würde. Ferner besteht die Gefahr der Vergeltungsmaßnahmen gegenüber dem Hinweisgeber. Wenn finanzielle Anreize zum Whistle Blowing gesetzt werden, könnte
138 das System außerdem zu opportunistischem Verhalten führen.745 Sofern diese genannten Nachteile entscheidungsrelevant sind, sollten sie die Wahrscheinlichkeit eines eingerichteten Whistle-Blowing-Systems senken. H1d. Die hohe Gewichtung der mit dem Whistle-Blowing-System verbundenen Nachteile und Kosten beeinflusst die Einrichtungswahrscheinlichkeit negativ. 5.3.2.2. Hypothesen 2a-e: Effektivität des Whistle-Blowing-Systems in Abhängigkeit von der Art der eingerichteten Whistle-Blowing-Stelle In Kapitel vier wurden die Anforderungen an ein effektives Whistle-Blowing-System erläutert. Anhand der Ergebnisse des Scoring-Modells konnten erste Aussagen über den Stand der Umsetzung in Deutschland getroffen werden. Zur tatsächlichen Effektivität ist die Analyse öffentlich zugänglicher Daten allerdings nicht geeignet. Die Befragung soll hierzu vertiefende Erkenntnisse liefern. Für eine effektive Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems stehen mehrere Alternativen zur Auswahl. Eine wesentliche Frage ist, die Stelle unternehmensintern oder extern einzurichten. Je nach Art der Einrichtung sind dabei bestimmte Effektivitätseigenschaften des Systems stärker erfüllt als andere. Auch die bisherigen empirischen Ergebnisse zur Effektivität des internen und externen Whistle Blowings sind nicht eindeutig.746 Mit dem zweiten Hypothesenblock soll deshalb eine Begründung für die unterschiedlichen Gestaltungsvarianten gefunden werden. Bei der Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems stellte sich als wichtigster Faktor die Ernennung eines geeigneten Adressaten der Hinweise heraus. Er muss glaubwürdig sowie mit ausreichend Einflussnahmemöglichkeiten ausgestattet sein, um seine Aufgabe effektiv zu erfüllen. In Abschnitt 4.3.4 wurden die dazu gehörigen Eigenschaften ausführlich diskutiert. Die Unabhängigkeit des Whistle-Blowing-Adressaten wird in der Literatur als wesentliche Eigenschaft eines effektiven Whistle Blowings herausgestellt. Nur wenn der Adressat weisungsfrei agiert, kann eine wirksame Nachverfolgung eingeleitet werden. Die Einrichtung einer Stelle außerhalb des Unternehmens, wie z.B. eines Ombudsmanns, wird dabei als beste Lösung angesehen. Für Unternehmen mit einer externen Whistle-Blowing-Stelle scheint die Unabhängigkeit des Whistle-BlowingAdressaten relevanter zu sein als für Unternehmen mit einer internen Stelle. H2a. Unternehmen mit einer externen Whistle-Blowing-Stelle bewerten die Unabhängigkeit des Whistle-Blowing-Adressaten höher als Unternehmen mit einer internen Stelle.
745 746
Vgl. dazu ausführlicher Unterabschnitt 3.2.2.3.2. Vgl. Dworkin / Baucus (1998) und Miceli / Near (2002).
139 Die Motivation zur Nachverfolgung und Aufklärung des gegebenen Hinweises lässt sich indes eher bei der internen Stelle vermuten, weil sie von den Konsequenzen eines Fehlverhaltens eher betroffen sein könnte als eine externe Stelle. Folglich sollten Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System die Relevanz der Motivation einer internen Whistle-Blowing-Stelle höher gewichten. H2b. Unternehmen mit einer internen Whistle-Blowing-Stelle gewichten die Motivation zur Aufklärung und Nachverfolgung der Hinweise stärker als Unternehmen mit einer externen Stelle. Interne Stellen können den Sachverhalt zudem möglicherweise besser und eher nachvollziehen, da sie leichteren Zugang zu Informationen haben. Dies führt außerdem zur schnelleren Einschätzung der Relevanz der Information, sodass die verantwortlichen Stellen unverzüglich informiert werden können, bevor bei dem Unternehmen ein Schaden entsteht. H2c. Unternehmen mit einer internen Whistle-Blowing-Stelle bewerten den leichten Zugang zu Informationen höher als Unternehmen mit einer externen Stelle. Neben den Möglichkeiten der Einflussnahme spielt das Vertrauen eine wesentliche Rolle. Interne Stellen sind eher bekannt bei den Mitarbeitern, da meist schon ein persönlicher Kontakt erfolgte. Die Nähe zum Whistle Blower kann seine Hemmschwelle senken. Außerdem kann ein schnellerer Kontakt hergestellt sowie unkomplizierter Rücksprache gehalten werden. Wenn das Vertrauen bei der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems entscheidungsrelevant ist, könnte geschlussfolgert werden, dass Unternehmen mit einem internen System dies signifikant höher gewichten. H2d. Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System gewichten das Vertrauen in die Effektivität des Systems stärker als Unternehmen mit einem externen Whistle-Blowing-System. Als notwendige Voraussetzung für die Entscheidung zur Hinweisgabe wurde in Unterabschnitt 4.3.3.1 die Einrichtung von Schutzmaßnahmen vor negativen Konsequenzen herausgestellt. Dies wird vor allem durch die Möglichkeit der anonymen Hinweisgabe sichergestellt. Es wurde schon angedeutet, dass die Sicherstellung der Anonymität und der Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen bei einer externen Stelle eher gegeben sind, da die Geheimhaltung der Identität besser gesichert erscheint. Folglich sollten Unternehmen mit einer externen Stelle dem Schutz des Whistle Blowers mehr Bedeutung beimessen: H2e. Unternehmen mit einem externen Whistle-Blowing-System bewerten den Schutz des Whistle Blowers höher als Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System.
140 5.3.2.3. Hypothesen 3a-d: Eigenschaften des Unternehmens im Zusammenhang mit der Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen Neben der Motivation zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems aufgrund individuell wahrgenommener Vorteile sollte untersucht werden, ob die Eigenschaften eines Unternehmens mit der Einrichtung dieser Systeme korrelieren. Dazu wurden die Unternehmensgröße, die Branche, das Alter und der Börsenindex herangezogen. In bestimmten Branchen bestehen unterschiedliche Tendenzen, mit dem Thema Whistle Blowing umzugehen. Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister haben ohnehin gesonderte Regelungen zum Umgang mit Risiken. Möglicherweise setzen sich diese Unternehmen dann auch eher mit der Organisation eines ComplianceProgramms und in diesem Zusammenhang auch mit der Einrichtung von Whistle Blowing fördernden Strukturen auseinander. H3a. Unternehmen im Bereich Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister richten Whistle-Blowing-Systeme tendenziell häufiger ein als Unternehmen anderer Branchen. Größere Unternehmen, die in der Öffentlichkeit stehen, haben möglicherweise einen höheren Druck, z.B. seitens der Kapitalgeber, ein solches System einzurichten als kleinere Unternehmen. Zudem sehen kleinere Unternehmen teilweise keine Notwendigkeit, konzernweite Whistle-Blowing-Strukturen zu implementieren. Einerseits kann dies daran liegen, dass sie häufiger familien- oder inhabergeführt sind als die großen. Aufgrund der nicht vorhandenen Trennung von Eigentum und Kontrolle herrscht hier ohnehin eine andere Kultur als in anderen Unternehmen. Andererseits kann die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems unnötig sein, weil die Strukturen weniger komplex sind und damit weniger Möglichkeiten zum Betrug bestehen. Die Informationsasymmetrien zwischen den zu kontrollierenden und der kontrollierten Abteilung sind geringer. Die Implementierung eines Whistle-Blowing-Systems wird auch von den zur Verfügung stehenden Ressourcen begrenzt, die bei größeren Unternehmen für derartige Projekte möglicherweise eher vorhanden sein könnten als bei kleineren.747 H3b. Größere Unternehmen haben eher ein Whistle-Blowing-System eingerichtet als kleinere. Des Weiteren ist vorstellbar, dass die Notierung in einem Börsenindex eher dazu führt, ein Whistle-Blowing-System einzurichten. Dies könnte an einem gesteigerten öffentlichen Interesse an der Einrichtung von Whistle Blowing fördernden Strukturen liegen.
747
Den Einfluss der Unternehmensgröße auf die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen fanden bereits Brennan / Kelly (2007) heraus. Dies bezog sich allerdings nur auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und könnte somit anhand der hier vorliegenden breiteren Stichprobe verifiziert werden.
141 H3c. Unternehmen, die in einen Börsenindex aufgenommen wurden, haben eher ein Whistle-Blowing-System einrichtet als sonstige Unternehmen. Auch das Alter des Unternehmens könnte eine Rolle spielen, da ältere Unternehmen möglicherweise schon mit Fehlverhalten im eigenen Unternehmen konfrontiert wurden und die Vorteile eines Hinweisgebersystems erkannt haben. H3d. Whistle-Blowing-Systeme werden eher von älteren Unternehmen eingerichtet. 5.3.2.4. Hypothesen 4a-b: Gesetzliche Verpflichtung versus freiwillige Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen Wie schon in Unterabschnitt 4.2.2.1 beschrieben wurde, müssen in den USA gelistete Unternehmen Whistle-Blowing-Systeme gemäß SOX einrichten. Es gibt auch einige deutsche Unternehmen, die unter diese Regelungen fielen bzw. fallen. Unternehmen, die gesetzlich zur Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems verpflichtet wurden, geht es möglicherweise nur um die Erfüllung des Gesetzes anstelle der Erzielung tatsächlicher Vorteile. Mithin ordnen diese Unternehmen dem System weniger Nutzen zu als Unternehmen, die ein Whistle-Blowing-System freiwillig einrichten. H4a. Unternehmen, die gemäß SOX zur Einrichtung von Whistle-BlowingSystemen verpflichtet sind, nehmen den Nutzen eines Whistle-BlowingSystems nicht so stark wahr wie freiwillig einrichtende Unternehmen. Wenn der Nutzen der Systeme von SOX-Implementierern nicht erkannt wird, liegt die effektive Ausgestaltung des Systems möglicherweise auch nicht im Interesse dieser Unternehmen. Mithin werden Anforderungen an ein effektives Whistle-BlowingSystem nicht so stark gewichtet wie von Unternehmen, die ein Whistle-BlowingSystem freiwillig einrichten. H4b. SOX-Implementierer gewichten die einem effektiven Whistle-BlowingSystem zugrundeliegenden Anforderungen nicht so hoch wie freiwillige Implementierer. 5.3.3. Untersuchungsmethode 5.3.3.1. Vorgehensweise der Untersuchung Für die Überprüfung der Hypothesen wurde ein Fragebogen erstellt, der von deutschen Unternehmen zu beantworten war.748 Die Teilnehmer hatten bei der Beantwortung der Fragen häufig Einschätzungen vorzunehmen. Bei dieser Art von Befragungen besteht immer die Gefahr, dass nicht wahrheitsgemäß geantwortet wird. Es könnten mithin positive Einschätzungen überwiegen. Es zeigt sich jedoch, dass von 748
Der Fragebogen ist Anlage 3 zu entnehmen.
142 einer nicht unbeachtlichen Anzahl der Teilnehmer auch negative Ansichten vertreten werden. Die Gefahr der Verzerrung der Einschätzungen wird deshalb als gering eingeschätzt.749 Insgesamt wurden im Zeitraum von Juli bis November 2008 194 Unternehmen per EMail eingeladen, an der Umfrage teilzunehmen. In der Einladungsmail befand sich ein personifizierter Link zu dem online programmierten Fragebogen. Als Stichprobe wurden alle im HDAX notierten Unternehmen ausgewählt. Zusätzlich sind weitere zufällig ausgewählte börsennotierte und nicht börsennotierte Unternehmen in der Stichprobe enthalten.750 Für die Auswahl der Stichprobe wurde darauf geachtet, dass annähernd gleich große Gruppen bei den Implementierern und NichtImplementierern vorliegen. Dies schränkte die Stichprobe deshalb relativ stark ein, denn die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen hat in Deutschland noch keine große Verbreitung gefunden und beschränkt sich vornehmlich auf größere, börsennotierte Unternehmen. Eine Einbeziehung weiterer Unternehmen in die Stichprobe würde deshalb nur dazu führen, die Gruppe derjenigen zu erhöhen, die kein WhistleBlowing-System eingerichtet haben. Die Gruppengröße der Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System würde sich aber nicht weiter verändern, was die Vergleichbarkeit der Gruppen erschweren könnte. Bei den meisten Unternehmen wurde der Ansprechpartner vorab über die Zentrale oder die Investor-Relations-Abteilung des Unternehmens ermittelt. Bei allen übrigen Unternehmen lag der jeweilige Ansprechpartner schon vor. Erfolgte innerhalb von acht Wochen keine Rückmeldung oder wurde der Fragebogen nicht vollständig beantwortet, erhielten die Unternehmen eine Erinnerungsmail zur Teilnahme an der Umfrage. Von den insgesamt 194 versendeten Fragebögen wurden 72 vollständig ausgefüllt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 37,11 %. Bei Einbezug der abgebrochenen Fragebögen, ergab sich mit den zusätzlichen 15 Fragebögen751 eine Bearbeitungsquote in Höhe von 44,85 %. Soweit es möglich war, wurden diese abgebrochenen Fragebögen in die Auswertung mit einbezogen, was zu unterschiedlichen Grundgesamtheiten bei den einzelnen Auswertungen der Fragen führte. Zur Auswertung der Daten wurde SPSS 18.0 sowie das dazugehörige Zusatzmodul AMOS Graphics verwendet. 5.3.3.2. Abhängige Variablen Die Hypothesen 1a-d und 3a-d implizieren Unterschiede zwischen Unternehmen mit und ohne ein Whistle-Blowing-System.752 Deshalb ist die abhängige Variable für die749 750 751
752
So ähnlich argumentieren auch Drobetz / Schillhofer / Zimmermann (2004a), S. 10 – 11. In Anlage 4 sind alle befragten Unternehmen aufgelistet. Die 15 abgebrochenen Fragebögen gehen zumindest über den Einführungsteil des Fragebogens hinaus. Während es bei den Hypothesen 1a-d darum geht, die Einrichtungswahrscheinlichkeit anhand der individuellen Gewichtung von Kosten und Nutzen des Systems zu prognostizieren, wird in den Hy-
143 se Hypothesen mit eins kodiert, sofern ein Whistle-Blowing-System eingerichtet wurde, oder mit null, wenn es nicht eingerichtet wurde. Bei den Hypothesen 2a-e753 wurden nur noch Unternehmen mit einem WhistleBlowing-System betrachtet. Die Untersuchung soll Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten eingerichteter Systeme feststellen. Hierbei wurde differenziert, ob der Whistle-Blowing-Adressat unternehmensintern (kodiert mit 1) oder unternehmensextern (kodiert mit 2) angesiedelt ist. Bei den Hypothesen 4a-b754 sind ebenfalls nur Unternehmen mit einem WhistleBlowing-System relevant. Da es um Unterschiede zwischen gesetzlich verpflichteten und freiwilligen Implementierern geht, differenziert die abhängige Variable zwischen Unternehmen, die SOX erfüllen müssen (kodiert mit eins), und Unternehmen, die diesen nicht erfüllen müssen (kodiert mit null). 5.3.3.3. Unabhängige Variablen Für die Überprüfung des ersten Hypothesenblocks sollten die befragten Unternehmen verschiedene mit dem System verbundene Vor- und Nachteile beurteilen. Zu jeder der ersten vier Hypothesen (1a-d) wurden deshalb verschiedene Aussagen getroffen, die für die in Kapitel drei besprochenen Vor- und Nachteile des Systems stehen. Tabelle 9 können diese Aussagen entnommen werden. Die Teilnehmer gewichteten die Relevanz der Aussagen auf einer mehrstufigen Skala, die von eins (irrelevant) bis fünf (sehr relevant) reicht. Diese sog. Likert-Skala wird für die Messung von Einschätzungen der Teilnehmer empfohlen.755 Auch andere Studien756 verwenden diese Art der Skalierung bei den Messungen von Einschätzungen, da sie praktikabler ist als andere Verfahren, wie z.B. die Guttman-Skalierung.757 In den weiteren Ausführungen werden die unabhängigen Variablen nur noch mit den in der Klammer angegebenen Abkürzungen bezeichnet:
753
754
755 756 757
pothesen 3a-d unterstellt, dass die Einrichtung bzw. Nichteinrichtung eines Whistle-BlowingSystems von bestimmten Unternehmenscharakteristiken abhängt. Bei den Hypothesen 2a-e wird unterstellt, dass die unternehmensinterne oder -externe Ansiedlung der Whistle-Blowing-Stelle von der individuellen Gewichtung bestimmter Anforderungen an die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems abhängt. Die Hypothesen 4a-b implizieren Unterschiede in der Wahrnehmung der Vor- und Nachteile sowie der Effektivität des Whistle-Blowing-Systems zwischen Unternehmen, die die Einrichtung freiwillig vornehmen, und denen, die gesetzlich dazu verpflichtet sind. Vgl. Diekmann (2009), S. 240. Vgl. z.B. Brennan / Kelly (2007); Park / Blenkinsopp (2009); Stansbury / Victor (2009), Siehe dazu z.B. Diekmann (2009), S. 270 – 278.
144 Hypothese 1a: Risikoabbau Ein Whistle-Blowing-System unterstützt das Risikofrüherkennungssystem im Unternehmen. (Risikofrüherkennung) Die Einrichtung dieser Instanz sorgt für eine verbesserte Kontrolle im Unternehmen, sich gesetzeskonform zu verhalten (Corporate Compliance). (Compliance) Whistle-Blowing-Systeme helfen, strafrechtliche Konsequenzen für das Unternehmen durch interne Klärung des gemeldeten Fehlverhaltens zu vermeiden. (strafrechtliche Konsequenzen) Hypothese 1b: Reputation Ein Whistle-Blowing-System wirkt sich langfristig erfolgreich auf die Gewinnung kompetenter und motivierter Mitarbeiter aus. (Mitarbeitergewinnung) Ein Whistle-Blowing-System hat langfristig eine positive Wirkung auf die allgemeine gesellschaftliche Anerkennung des Unternehmens bezüglich seiner Aktivitäten. (Anerkennung) Whistle-Blowing-Systeme verhindern „unkontrolliertes“ Whistle Blowing an Unternehmensexterne und damit verbundene Reputationsschäden. (Reputationsschäden) Hypothese 1c: finanzielle Vorteile Ein Whistle-Blowing-System senkt die Eigenkapitalkosten durch einen verminderten Risikozuschlag der Eigenkapitalgeber und bewirkt damit c.p. eine Steigerung des Unternehmenswertes. (Eigenkapitalkosten) Ein Whistle-Blowing-System senkt die Fremdkapitalkosten durch einen verminderten Risikozuschlag der Fremdkapitalgeber und bewirkt damit c.p. eine Steigerung des Unternehmenswertes. (Fremdkapitalkosten) Ein Whistle-Blowing-System verringert das Kursrisiko des betreffenden Unternehmens. (Kursrisiko) Ein Whistle-Blowing-System führt ggf. zu einer Verbesserung der Lieferantenkonditionen z.B. durch eine Verlängerung des Zahlungszieles (Liquiditätsverbesserung). (Lieferantenkonditionen) Das Whistle-Blowing-System fördert die Umsatzsteigerung durch langfristige Kundenbindungen. (Umsatzsteigerung) Ein Whistle-Blowing-System verringert das von Versicherungen bzw. Rückversicherungen einkalkulierte Risiko und führt zu niedrigeren Versicherungsprämien. (Versicherungsprämien) Hypothese 1d: Nachteile / Kosten Whistle Blower verhalten sich illoyal und werden zu Außenseitern. Ein Whistle-Blowing-System zerstört dadurch das Vertrauensverhältnis der Mitarbeiter untereinander und beeinflusst die Unternehmenskultur negativ. (illoyale Mitarbeiter) Bei einem Whistle-Blowing-System sind Vergeltungsmaßnahmen der Kollegen und Vorgesetzten gegenüber dem Whistle Blower nicht ausgeschlossen. (Vergeltungsmaßnahmen) Ein Whistle-Blowing-System fördert opportunistisches Verhalten der Mitarbeiter durch evtl. Schutzregelungen der Whistle Blower oder finanzielle Anreize. (Opportunismus) Ein Whistle-Blowing-System verursacht hohe Kosten, die den schwer messbaren Nutzen überwiegen können. (Kosten / Nutzen) Tabelle 9: unabhängige Variablen Hypothesen 1a-d
Die Teilnehmer hatten des Weiteren verschiedene mit dem Whistle-Blowing-System verbundene Eigenschaften zu beurteilen, die die Effektivität der Hinweisgabe beeinflussen. Zu jeder Hypothese wurden wiederum eine oder mehrere Aussagen gebildet, die auf der fünfstufigen Skala (relevant bis irrelevant) zu beurteilen waren. Die Beurteilung dieser Eigenschaften diente zur Überprüfung der Hypothesen 2a-e. Ta-
145 belle 10 gibt die unabhängigen Variablen der Hypothesen 2a-e wieder. Für die weiteren Ausführungen werden ebenfalls nur die in Klammern angegebenen Abkürzungen verwendet. Hypothese 2a: Unabhängigkeit des Whistle-Blowing-Adressaten Die Unabhängigkeit der Whistle-Blowing-Stelle muss gewährleistet sein, um z.B. der Gefahr von Schweigegeldern zu entgehen. (Unabhängigkeit) Hypothese 2b: Motivation des Whistle-Blowing-Adressaten Die Whistle-Blowing-Stelle ist motiviert, das Fehlverhalten zu verfolgen. (Motivation) Hypothese 2c: Zugang zu Informationen Das Whistle-Blowing-System sollte einen weitreichenden Informationszugang auf allen Unternehmensebenen haben. (Informationszugang) Hypothese 2d: Vertrauen in die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems Die verantwortliche Person / Stelle sollte dem potenziellen Whistle Blower vertraut sein. (Vertrautheit der Stelle) Hypothese 2e: Schutz des Whistle Blowers Die Anonymität des Whistle Blowers sollte gewährleistet sein. (Anonymität) Dem Whistle Blower dürfen seitens des Arbeitgebers keine negativen Konsequenzen drohen, wenn er dem Whistle-Blowing-System einen Hinweis (im guten Glauben) gegeben hat. (keine negativen Konsequenzen) Tabelle 10: unabhängige Variablen der Hypothesen 2a-e
Für die Untersuchung der Hypothesen 3a-d wurden Größe und Branche der befragten Unternehmen abgefragt. Zusätzlich wurden der Börsenindex und das Unternehmensalter von den Internetseiten der Unternehmen bzw. von der Internetseite der Deutschen Börse herausgesucht. Die unabhängigen Variablen der Hypothesen 4a-b sind die gleichen, wie die der Hypothesen 1a-d sowie 2a-e. In der Analyse werden zum Teil für jede einzelne Hypothese mehrere erklärende Variablen herangezogen. Sofern eine Variable einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen erklärt, wird dies als Unterstützung der Hypothese angesehen, auch wenn bei den anderen Variablen keine signifikanten Ergebnisse festgestellt werden können. Weist keine einzige Variable auf einen Unterschied hin, kann die Hypothese nicht unterstützt werden. Gleiches gilt in dem Fall, wenn die Richtung des Zusammenhangs entgegengesetzt ist. 5.3.4. Auswertung und Überprüfung der Variablen 5.3.4.1. Deskriptive Auswertung der Variablen Von den Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, gab es 36 Unternehmen (42 %), die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben.758 Davon haben 758
85 Unternehmen haben diese Frage beantwortet.
146 31 Unternehmen beantwortet, ob dieses System ein unternehmensinternes, externes oder sonstiges System darstellt. Mit knapp 71 % sind unternehmensinterne Systeme am häufigsten vertreten. Eine unternehmensexterne Stelle wurde von 16 % eingerichtet, die restlichen 13 % stellten sonstige Systeme dar, bei denen alle angaben, beide Varianten anzubieten. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Häufigkeit der Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen und ihrer Arten.
Abbildung 12: Häufigkeit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems und verschiedene Arten der Einrichtung
Die deskriptive Auswertung der Vor- und Nachteile sowie die Ausgestaltungseigenschaften sind der folgenden Tabelle zu entnehmen. Da bei den Hypothesen 1a-d mehrere Variablen für eine Hypothese gemessen werden, wird die Reliabilität der Skalen für die einzelnen Hypothesen mit angegeben. Anhand des Cronbachs Alpha759 kann abgelesen werden, inwieweit die einzelnen Variablen für die Messung der Hypothesen genommen werden können. Bei Werten ab 0,7 gelten die Variablen für die Messung der latenten Variablen, d.h. der Hypothese, als verlässlich.760 Es wird allerdings auch eine Grenze von 0,4 als akzeptabel erachtet, wenn nur zwei bis drei Variablen in die Messung einfließen.761 Dies würde für das Cronbachs Alpha der ersten drei sowie der letzten beiden Variablen zutreffen (0,556 bzw. 0,455):
759
760 761
Zu einer kurzen Beschreibung der Reliabilität von Skalen und insbesondere Cronbachs Alpha siehe z.B. Hair et al. (2010), S. 125. Ausführlich dazu Cortina (1993). Siehe zu dieser Grenze z.B. Hair et al. (2010), S. 125. Vgl. Zinnbauer / Eberl (2005), S. 568.
147 N
Median
Mittelwert
Standardabweichung
Hypothese 1a: Risikoabbau Risikofrüherkennung 81 4 3,74 1,058 Compliance 81 4 3,70 1,006 strafrechtliche Konsequenzen 81 4 3,58 1,035 Hypothese 1b: Reputation Mitarbeitergewinnung 81 2 2,57 1,012 Anerkennung 81 3 3,27 1,096 Reputationsschäden 81 4 3,43 1,072 Hypothese 1c: finanzielle Vorteile Eigenkapitalkosten 81 2 2,11 0,880 Fremdkapitalkosten 81 2 2,10 0,846 Kursrisiko 81 2 2,16 0,941 Lieferantenkonditionen 81 2 1,74 0,721 Umsatzsteigerung 81 2 1,94 0,731 Versicherungsprämien 81 2 2,19 0,910 Hypothese 1d: Nachteile / Kosten Illoyale Mitarbeiter 81 2 2,27 1,037 Vergeltungsmaßnahmen 81 3 2,64 1,076 Opportunismus 81 2 2,28 0,925 Kosten / Nutzen 81 2 2,33 0,962 Hypothese 2a:Unabhängigkeit des Whistle-Blowing-Adressaten Unabhängigkeit 76 5 4,39 0,881 Hypothese 2b: Motivation des Whistle-Blowing-Adressaten Motivation 76 4 4,01 1,077 Hypothese 2c: Zugang zu Informationen Informationszugang 76 4 3,87 1,135 Hypothese 2d: Vertrauen in die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems Vertrautheit der Stelle 76 3,5 3,26 1,237 Hypothese 2e: Schutz des Whistle Blowers Anonymität 76 5 4,61 0,818 keine negativen Konsequenzen 76 5 4,86 0,453
Min./ Max.
Cronbachs Alpha
2/5 1/5 1/5
0,556
1/5 1/5 1/5
0,750
1/4 1/4 1/4 1/4 1/4 1/4
0,847
1/5 1/5 1/5 1/5
0,752
2/5 1/5 1/5 1/5 2/5 3/5
0,455
Tabelle 11: deskriptive Auswertung Vor-/Nachteile und Ausgestaltungseigenschaften
Bei den Vor- und Nachteilen ist anhand der Mediane und der Mittelwerte zu erkennen, dass die Themen „Risikofrüherkennung“, „Compliance“, „strafrechtliche Konsequenzen“, „Anerkennung“ und „Reputationsschäden“ als relevant eingestuft wurden. Im Gegensatz dazu gewichteten die Teilnehmer finanzielle Faktoren weniger stark. Bei den Effektivitätseigenschaften ist zu erkennen, dass den Faktoren „Unabhängigkeit“, „Anonymität“ und „keine negativen Konsequenzen“ eine sehr hohe Relevanz zugeordnet wird. Das Vertrauen in die Whistle-Blowing-Stelle wird im Vergleich zu den anderen Eigenschaften nicht so stark gewichtet.
148 Die folgenden Tabellen geben die deskriptive Auswertung für die Variablen wieder, die für die Überprüfung der Hypothesen 3a-d verwendet werden. Branche und Größe des Unternehmens wurden im Fragebogen abgefragt: Branche Automobile/Automobilzulieferer Banken Grundstoff Chemie Bau Konsumgüter Finanzdienstleistungen Getränke und Nahrungsmittel Industrie Versicherungen Medien Pharma & Gesundheit Einzelhandel Software & IT Technologie Telekommunikation Transport und Logistik Versorger
Häufigkeit 2 17 1 5 1 2 6 0 10 10 3 2 2 2 3 2 4 0
Prozent 2,8 23,6 1,4 6,9 1,4 2,8 8,3 0 13,8 13,8 4,2 2,8 2,8 2,8 4,2 2,8 5,6 0
72
100
gesamt
Tabelle 12: Branche der antwortenden Unternehmen Unternehmensgröße Großes Unternehmen Mittelgroßes Unternehmen Kleines Unternehmen gesamt
Systemkodierter Wert762 1 2 3
Häufigkeit
Prozent
33 34 5 72
45,8 47,2 6,9 100
Tabelle 13: Unternehmensgröße
Die nach der Umfrage ermittelten Daten zum Unternehmensalter und dem zugehörigen Börsenindex sind den folgenden Tabellen zu entnehmen. Das Unternehmensalter wurde dabei in sechs Gruppen aufgeteilt. Beim Aktienindex wurde zwischen DAX, MDAX oder TecDAX differenziert. Sofern das Unternehmen in keine dieser Gruppen gehörte, wurde es unter sonstiges eingeordnet:
762
Die systemkodierten Werte in der nachfolgenden Tabelle geben die Kodierung wieder, die im System für den jeweiligen Wert vergeben wurden.
149 Unternehmensalter in Jahren
systemkodierter Wert
Häufigkeit
Prozent
kumulierte Prozente
0-5
1
3
3,9
3,9
6-10
2
10
13,0
16,9
11-15
3
5
6,5
23,4
16-50
4
17
22,1
45,5
51-100
5
22
28,6
74,0
ab 101
6
20
26,0
100,0
77
100,0
systemkodierter Wert
Häufigkeit
Prozent
kumulierte Prozente
Dax
1
10
13,0
13,0
MDax
2
26
33,8
46,8
TecDax
3
8
10,4
57,1
sonstiges
4
33
42,9
100,0
77
100,0
gesamt Tabelle 14: Unternehmensalter Börsenindex
gesamt Tabelle 15: Aktienindizes
Die meisten teilnehmenden Unternehmen (93 %) sind große bis mittelgroße Gesellschaften. Über die Hälfte (57 %) sind im HDAX notiert, die meisten davon im MDAX. Außerdem ist auffällig, dass die meisten Unternehmen älter als 50 Jahre sind (54,5 %). Für die Hypothesen 4a und 4b musste nachträglich überprüft werden, welche Unternehmen zur Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems gesetzlich verpflichtet wurden. Nicht nur Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Umfrage den SOX erfüllen mussten, wurden dabei einbezogen. Bei den Unternehmen, die sich erst in den letzten Jahren von der US-Börse zurückgezogen haben, wurde davon ausgegangen, dass das bestehende Whistle-Blowing-System infolge der damaligen Verpflichtung eingerichtet wurde. Von den Unternehmen, die ein Whistle-Blowing-System implementiert haben, wurden neun aufgrund des SOX dazu verpflichtet. Alle anderen haben das System vermutlich freiwillig eingerichtet. 5.3.4.2. Validierung des hypothetischen Konstrukts der Hypothesen 1a-d mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse Die Hypothesen 1a-d werden jeweils mittels drei bis sechs Variablen getestet. Die Zuordnung dieser Variablen zu den in den Hypothesen genannten Einflussfaktoren („Risikoreduktion“, „Reputation“, „finanzielle Faktoren“, „Nachteile / Kosten“) soll vor
150 dem eigentlichen Hypothesentest mit einer Faktorenanalyse überprüft werden.763 Ein erster Hinweis auf die Güte dieser Zuordnung ist bereits der Angabe des Cronbachs Alpha in Tabelle 11 zu entnehmen. Alle Werte liegen im akzeptablen Bereich. Die konfirmatorische Faktorenanalyse soll nun dazu dienen, eine genauere Überprüfung des Modells vorzunehmen. Mit der konfirmatorischen Faktorenanalyse werden hypothetische Modelle überprüft. Bestimmte hypothetische (latente) Einflussgrößen, wie im vorliegenden Fall die Faktoren „Risikoreduktion“, „Reputation“, „finanzielle Faktoren“ und „Nachteile / Kosten“, können nicht selbst beobachtet werden. Deshalb wird auf beobachtbare Variablen zurückgegriffen, die in der vorliegenden Fragestellung durch die in Tabelle 9 genannten unabhängigen Variablen repräsentiert werden. Im Gegensatz zur exploratorischen Faktorenanalyse, bei der aus der Vielzahl beobachteter Variablen latente Faktoren ermittelt werden, steht bei der konfirmatorischen Faktorenanalyse das hypothetische Konstrukt schon fest. Die Analyse prüft diese Beziehung zwischen den beobachtbaren Variablen und den hypothetischen Größen.764 Deshalb gehört die konfirmatorische Faktorenanalyse zu den strukturenprüfenden Verfahren der multivariaten Analysen, wohingegen die explorative Faktorenanalyse zu den strukturenentdeckenden Verfahren gezählt wird.765 Bei Einbezug aller 16 Indikatorvariablen zeigen die Gütekriterien der konfirmatorischen Faktorenanalyse keine akzeptable Anpassung des Modells an die Realität. Da die Faktorenanalyse auch dazu dienen sollte, Variablen herauszufiltern, die das hypothetische Konstrukt am besten messen können,766 wurde anhand der vorliegenden Kriterien beurteilt, welche Variablen ausgeschlossen werden könnten. Anschließend wurde beurteilt, bei welchen Variablen auch inhaltlich ein Ausschluss zu vertreten ist. Deshalb wurden drei Variablen aus dem Modell ausgeschlossen: „Lieferantenkonditionen“, „Umsatzsteigerung“ und „Versicherungsprämien“. Der Ausschluss dieser Variablen führte zu einer Verbesserung des gesamten Modells. Der Ausschluss der Variablen ist durchaus zu vertreten, da alle drei Vorteile nicht die wesentlichen Wirkungen eines Whistle-Blowing-Systems darstellen. Sie wurden lediglich als indirekte Wirkungen aus einer verbesserten Reputation herausgestellt. Bei Ausschluss der drei Variablen gestaltet sich das vorliegende hypothetische Konstrukt folgendermaßen: 763
764
765 766
Für die Hypothesen 2a-f und 3a-e wurden auch teilweise mehr als eine Variable zur Überprüfung herangezogen. Maximal sind es jedoch zwei Variablen. Die erforderliche Variablenanzahl für die Durchführung einer konfirmatorischen Faktorenanalyse liegt jedoch bei mindestens drei Variablen pro latenten Faktor. Deshalb ist eine Überprüfung dieser Zuordnung der Variablen zu den Hypothesen 2a-f und 3a-e nicht weiter zu betrachten. Vgl. Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 282; Hair et al. (2010), S. 702; Backhaus et al. (2009), S. 10. Siehe für eine ausführlichere Gegenüberstellung der explorativen und der konfirmatorischen Faktorenanalyse z.B. Long (1983), S. 11 – 15; Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 273 – 274; Backhaus et al. (2009), S. 7 – 8; Hair et al. (2010), S. 693 – 694. Vgl. auch Backhaus et al. (2009), S. 7 – 8. Siehe zu diesem Zweck der Faktorenanalyse auch Eberl / Zinnbauer (2005), S. 592, Backhaus et al. (2009), S. 21 – 22.
151
Risikoreduktion
Reputation
finanzielle Vorteile
Nachteile / Kosten
Risikofrüherkennung
f1
Compliance
f2
strafrechtliche Konsequenzen
f3
Mitarbeitergewinnung
f4
Anerkennung
f5
Reputationsschäden
f6
Eigenkapitalkosten
f7
Fremdkapitalkosten
f8
Kursrisiko
f9
illoyale Mitarbeiter
f10
Vergeltungsmaßnahmen
f11
Opportunismus
f12
Kosten / Nutzen
f13
Abbildung 13: grafische Darstellung des hypothetischen Konstrukts
152 Die vier latenten, d.h. nicht messbaren, Einflussgrößen werden nun durch insgesamt 13 Indikatorvariablen gemessen. Diese Indikatoren werden als fehlerbehaftete Messungen des hypothetischen Konstrukts betrachtet. Ein möglichst hoher Varianzanteil des Indikators sollte durch das Konstrukt erklärt werden. Der restliche, nicht erklärte Varianzanteil resultiert aus dem Messfehler (f1 bis f13) des Indikators. Das sinnvolle Zusammenstellen der Indikatoren ermöglicht dementsprechend die Schaffung eines Messinstruments für ein hypothetisches Konstrukt, welches empirisch zu überprüfen ist.767 In der folgenden Tabelle werden die Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse für das betrachtete Modell vorgestellt. Für die Berechnung der Parameterschätzer wurde die Maximum-Likelihood-Methode angewandt, da diese zahlreiche Vorteile aufweist und außerdem am meisten gebräuchlich ist:768 Hypothetische Faktoren Risikoreduktion
Reputation Finanzielle Vorteile
Nachteile / Kosten
Indikatoren Risikofrüherkennung Compliance strafrechtliche Konsequenzen Mitarbeitergewinnung Anerkennung Reputationsschäden Eigenkapitalkosten Fremdkapitalkosten Kursrisiko Illoyale Mitarbeiter Vergeltungsmaßnahmen Opportunismus Kosten / Nutzen
Faktorladungen (standardisiert) 0,539 0,983
t-Wert der Faktorladung 4,154 11,100
0,496
4,188
0,734 0,911 0,520 0,948 0,924 0,581 0,888 0,690 0,589 0,649
6,893 8,873 4,644 10,639 10,224 5,543 8,077 5,542 4,917 5,323
Faktorreliabilität
durchschnittlich erfasste Varianz
0,732
0,501
0,775
0,546
0,869
0,697
0,801
0,508
Tabelle 16: Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse
Tabelle 16 enthält in den ersten beiden Spalten die hypothetischen Faktoren und die zugehörigen beobachtbaren Indikatoren. Die Faktorladungen der einzelnen Indikatoren geben die standardisierten Parameterschätzer für die Analyse an. Fast alle Werte liegen über der Grenze von 0,5,769 außer dem Indikator „strafrechtliche Konsequenzen“ (0,496). Dies bedeutet, dass der Indikator weniger gut dazu geeignet ist, dass Konstrukt „Risikoreduktion“ zu messen. Da dies jedoch nah an der 0,5-Grenze liegt und der Indikator außerdem zu den wesentlichen Vorteilen eines WhistleBlowing-Systems gehört, wird er in dem Modell belassen. 767 768
769
Vgl. dazu Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 278. Vgl. Backhaus et al. (2009), S. 20 – 21. Weil die latenten Variablen und die Fehlervariablen nicht beobachtbar sind, muss eine Skala festgelegt werden, auf der sich die Ausprägungen bewegen. Dies ist für die Interpretation zwingend notwendig. Üblicherweise wird deshalb die Varianz der Faktoren auf eins normiert, was auch im vorliegenden Fall erfolgte. Siehe dazu Backhaus et al. (2009), S. 16. Zu dieser Grenze vgl. Backhaus et al. (2009), S. 24.
153 Alle Indikatoren liefern einen gewichtigen Beitrag zu dem Modell. Dies ist an den signifikanten t-Werten der Faktorladungen zu erkennen. Alle Werte sind größer als 2,00.770 Dies bedeutet, dass alle Faktorladungen signifikant von null verschieden und damit bedeutend für das Modell sind.771 Von größerer Bedeutung als die Aussagen auf Indikatorenebene ist die Beurteilung der Faktoren. Hierfür sind vor allem die Faktorreliabilität und die durchschnittlich extrahierte Varianz relevant.772 Beide Werte geben Aufschluss darüber, wie gut die latente Variable durch ihre Indikatoren gemessen wird. Während die Faktorreliabilität größer als 0,6 sein sollte, liegt der kritische Wert der durchschnittlich extrahierten Varianz bei 0,5.773 Wie aus der Tabelle zu erkennen ist, liegen alle Faktoren über dieser Grenze. Neben den genannten lokalen Gütekriterien geben die globalen Gütekriterien in der folgenden Tabelle Aufschluss über die Konsistenz des Modells mit den Datenstrukturen:774 Chi-Quadrat / Freiheitsgrade775 p-Wert RMSEA GFI AGFI NFI CFI
66,675 / 59 = 1,130 0,230 0,040 (p = 0,605) 0,905 0,853 0,921 0,979
Tabelle 17: globale Gütekriterien der konfirmatorischen Faktorenanalyse
Die beiden bekanntesten Statistiken sind der Chi-Quadrat-Anpassungstest sowie der Root-Mean-Square-Error-of-Approximation (RMSEA).776 Beim Chi-QuadratAnpassungstest wird folgende Nullhypothese überprüft: Die empirischen und modelltheoretischen Varianz-Kovarianzmatrizen sind gleich, d.h., das Modell stellt eine akzeptable Abbildung der Realität dar.777 Mit einer Wahrscheinlichkeit i.H.v. 0,230 kann 770
771 772
773
774 775
776
777
Die Grenze ergibt sich aus der Tabelle für t-Werte für den zweiseitigen Test mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % und 59 Freiheitsgraden. Vgl. dazu Backhaus et al. (2009), S. 24. Vgl. zur Berechnung dieser Werte Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 286 – 287, und Backhaus et al. (2009), S. 25 – 26. Siehe dazu Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 286, und Backhaus et al. (2009), S. 48, wobei letztere bei beiden Kriterien 0,5 als Schwellenwert angeben. Vgl. Zinnbauer / Eberl (2005), S. 569, und Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 283. Für die Berechnung der Freiheitsgrade wird die Anzahl der zu schätzenden Parameter benötigt. Diese ergeben sich im vorliegenden Fall aus den 13 Faktorladungen der Indikatoren, 13 Messvariablen und sechs Kovarianzen zwischen den latenten Faktoren. Die Freiheitsgrade betragen somit: ଵଷ ሺͳ͵ ͳሻ െ ͵ʹ ൌ ͷͻ. Zur Ermittlung der Freiheitsgrade vergleiche ausführlich Backhaus et al. ଶ (2009), S. 15. Siehe zur Berechnung und Erläuterung, z.B. Zinnbauer / Eberl (2005), S. 570, und Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 285. Vgl. auch Eberl / Zinnbauer (2005), S. 593, und Backhaus et al. (2009), S. 27.
154 die Nullhypothese nicht verworfen werden, da eine Ablehnung zu 23 % ein Fehler wäre. Das vorliegende Modell ist mithin als akzeptable Anpassung des Modells an die Realität anzusehen. Die Interpretation des Chi-Quadrat-Werts wird allgemein kritisiert, da dieser Wert u.a. stark vom Stichprobenumfang abhängt. Deshalb wird üblicherweise der Chi-QuadratWert durch die Anzahl der Freiheitsgrade geteilt, wobei Werte unter zwei bzw. drei als akzeptabel anzusehen sind.778 Das vorliegende Modell zeigt hier einen Wert i.H.v. 1,130, sodass dies ebenfalls für die Güte des Modells spricht. Der RMSEA sollte so niedrig wie möglich sein, Werte unter 0,05 gelten allgemein als akzeptabel.779 Für das vorliegende Modell wird ein RMSEA i.H.v. 0,04 ausgegeben, sodass dies die vorigen Ergebnisse unterstreicht. Die Irrtumswahrscheinlichkeit für den Test, dass der RMSEA nicht größer als 0,05 ist, beträgt 0,605. Zu 60,5% ist damit die Ablehnung der Nullhypothese, der RMSEA ist kleiner als 0,05, eine Fehlentscheidung.780 Dieser hohe Wert spricht wiederum für ein akzeptables Modell. Die Gütemaße Goodness-of-Fit-Index (GFI) und Adjusted-Goodness-of-Fit-Index (AGFI) messen die relative Menge an Varianz und Kovarianz, der das Modell Rechnung trägt. Sie können in Analogie zum Bestimmtheitsmaß bei der Regressionsanalyse interpretiert werden. Der AGFI berücksichtigt dabei im Gegensatz zum GFI die Komplexität des Modells, indem die Anzahl der Freiheitsgrade in der Berechnung einbezogen wird. Werte über 0,9 sprechen für ein gutes Modellfit.781 Diese Schwelle wird für das vorliegende Modell zwar nicht ganz erreicht, die vorliegenden Werte (0,905 bzw. 0,853) sind trotzdem akzeptabel. Der Normed-Fit-Index (NFI) und der Comparative-Fit-Index (CFI) sind als sog. inkrementelle Anpassungsmaße zu verstehen, da die Beurteilung des betrachteten Modells im Vergleich zum Nullmodell, welches keine Informationen enthält, erfolgt. Auch hier wird als Schwellenwert 0,9 angegeben.782 Beide Werte liegen deutlich darüber (0,921 bzw. 0,979). Fast alle Gütekriterien sind beim vorliegenden Modell als akzeptabel eingestuft worden. Das Modell stellt damit eine recht gute Anpassung an die Realität dar. Die 13 Indikatoren stehen deshalb in den weiteren Analysen stellvertretend für die latenten Faktoren.
778 779 780 781
782
Vgl. Eberl / Zinnbauer (2005), S. 593, und Backhaus et al. (2009), S. 50. Siehe Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 288, und Backhaus et al. (2009), S. 50. Vgl. auch Eberl / Zinnbauer (2005), S. 594, und Backhaus et al. (2009), S. 50. Siehe Eberl / Zinnbauer (2005), S. 595, und Backhaus et al. (2009), S. 32 – 33. Zur Kritik an den beiden Gütemaßen siehe Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 286, und Backhaus et al. (2009), S. 32. Zur Berechnung dieser Maße siehe Homburg / Klarmann / Pflesser (2008), S. 284 – 285, und Backhaus et al. (2009), S. 31 – 32.
155 5.3.5. Überprüfung der Hypothesen 5.3.5.1. Überprüfung der Hypothesen 1a-d: Einfluss der Wahrnehmung von Kosten und Nutzen auf die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems 5.3.5.1.1. Logistische Regression 5.3.5.1.1.1. Kurze Beschreibung der Analysemethodik und deren Anforderungen Nachdem die Zuordnung der Variablen (bzw. Indikatoren) zu den latenten Faktoren überprüft wurde, sollen diese Variablen dazu dienen, die im Abschnitt 5.3.2 vorgestellten Hypothesen zu testen. Dazu ist eine Ursachenanalyse durchzuführen. Wie oben bereits erläutert wurde, besteht das Ziel der Analyse darin herauszufinden, ob anhand der Wahrnehmung der Kosten und Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems dessen Einrichtung bzw. Nichteinrichtung prognostiziert werden kann. Zur Überprüfung dieses Sachverhalts wurden unabhängige Variablen gebildet, die eine Erklärung für die Ausprägung der abhängigen Variable „Existiert ein Whistle-Blowing-System“ (ja/nein) geben sollen. Da die abhängige Variable dichotom ist, also nur die Werte 0 für „nein“ und 1 für „ja“ annimmt, ist die Interpretation mit der üblicherweise angewandten linearen Regression nicht zulässig.783 Für die hier vorliegende Fragestellung kommen deshalb nur zwei andere Verfahren in Frage: die logistische Regression und die Diskriminanzanalyse.784 Die Ergebnisse beider Verfahren werden vorgestellt. Dieser Unterabschnitt widmet sich der logistischen Regression, Unterabschnitt 5.3.5.1.2 zeigt die Ergebnisse der Diskriminanzanalyse. Bei der logistischen Regression handelt es sich um ein nicht-lineares Analyseverfahren, deren Vorteil gegenüber der linearen Regression darin liegt, dass die erzeugte Wahrscheinlichkeitsverteilung selbst bei unendlich kleinen bzw. unendlich großen Werten der Einflussfaktoren immer im Intervall (0,1) liegt.785 Die logistische Regressionsgleichung stellt einen Zusammenhang zwischen der Eintrittswahrscheinlichkeit (p) eines Ereignisses (y) über n Beobachtungsfälle dar und ist folgendermaßen definiert: ሺ ݕൌ ͳሻ ൌ
783
784
785
ͳ ͳ ݁ ି௭
Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 247 – 248. Es werden insgesamt drei Gründe genannt, warum die lineare Regression nicht angewendet werden darf: Zum einen die unzureichende Streuung, die aufgrund der dichotomen Ausprägung der abhängigen Variable auftritt, zum anderen die Tatsache, dass die Residualgrößen nicht, wie bei der linearen Regression vorausgesetzt, normalverteilt sind, und als drittes die schon erwähnten unplausiblen Werte der Schätzergebnisse. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 182 und S. 244. Ausführlich zur logistischen Regression siehe Hosmer / Lemeshow (2000). Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 244.
156 mit
ݖ
=
ܾ ܾ ȉ ݔ ݑ
݁ ܾ ܾ ܬ ݔ ݑ
= = = = = =
2,71828183 (Eulersche Zahl) konstantes Glied Regressionskoeffizienten Anzahl der unabhängigen Variablen unabhängige Variable Störgröße
ୀଵ
Im hier betrachteten Fall hat das Ereignis y die Ausprägungen 1 (Whistle-BlowingSystem eingerichtet) und 0 (nicht eingerichtet). Die unabhängigen Variablen (x) sind die oben beschriebenen Vor- und Nachteile. Die logistische Regression hat z.T. strenge Anforderungen an das Datenmaterial. Während die abhängige Variable, wie oben beschrieben, nur nominales Skalenniveau aufweisen muss, müssen die unabhängigen Variablen metrisch sein.786 In unserem Fall liegen allerdings nur ordinalskalierte unabhängige Variablen vor. In der empirischen Sozialforschung finden sich hingegen häufig aussagekräftige Untersuchungen mit ordinalskalierten erklärenden Variablen, die mittels Regressions- oder Diskriminanzanalysen ausgewertet wurden.787 Des Weiteren sollten zur Schätzung einer logistischen Regressionsgleichung mindestens 400 Beobachtungen insgesamt vorliegen.788 Je Gruppe wird von mindestens zehn Beobachtungen pro zu schätzenden Parameter ausgegangen.789 Beide Anforderungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die geringe Stichprobengröße bedeutet jedoch nicht, dass signifikante Ergebnisse mehr anzuzweifeln sind als bei größeren Stichproben. Die fälschliche Annahme einer Hypothese (sog. Alpha-Fehler) ist unabhängig von der Größe der Stichprobe. Der Beta-Fehler hingegen, d.h. die Ablehnung einer Hypothese, die, objektiv gesehen, anzunehmen wäre, wächst mit sinkender Stichprobengröße. In dieser Studie ist der Beta-Fehler relativ hoch. Bei Nichtannahme einer Hypothese kann deshalb nicht gleich davon ausgegangen werden, dass kein Zusammenhang besteht.790 Die Variablen können bei der logistischen Regression einerseits alle simultan in das Modell eingeschlossen werden. Andererseits wäre auch eine schrittweise Aufnahme möglich. Hierbei werden die Variablen nur in das Modell aufgenommen, sofern ein 786 787
788 789
790
Vgl. z.B. Backhaus et al. (2008), S. 12, und Hair et al. (2010), S. 33. Vgl. zum Beispiel die Studien von Miceli / Near (1984); Miceli / Near (2002); Stansbury / Victor (2009); Park / Blenkinsopp (2009). Siehe Hair et al. (2010), S. 415. Vgl. Hair et al. (2010), S. 415. Backhaus et al. (2008) gehen von mindestens 25 Beobachtungen pro Gruppe bei der logistischen Regression aus, wobei auch angemerkt wird, dass je mehr unabhängige Variablen zu schätzen sind, mehr Beobachtungen notwendig sind. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 288. Vgl. Janssen / Laatz (2010), S. 334 – 335.
157 bestimmtes Gütemaß erhöht wird. Das Einschlussverfahren ist dann zweckmäßig, wenn eine bestimmte Theorie überprüft wird. Im Gegensatz dazu erscheint der schrittweise Einbezug vorteilhafter bei reiner Prognose- oder explorativer Forschung.791 Die betrachtete Fragestellung gehört eher zur ersten Kategorie. Deshalb wird nur das Einschlussverfahren gezeigt. Gleichwohl wurden beide Varianten durchgeführt.792 Es zeigt sich jedoch, dass das Verfahren des Variableneinbezugs keinen Einfluss auf die Annahme der Hypothesen hat. 5.3.5.1.1.2. Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse Das Ergebnis der logistischen Regressionsanalyse bei simultanem Einschluss der unabhängigen Variablen gestaltet sich folgendermaßen:793 Erwartetes Regressions- StandardVorzeichen koeffizient b fehler
Wald
Signifikanz
eb
Hypothese 1a: Risikoabbau Risikofrüherkennung
+
-0,146
0,365
0,159
0,690
0,864
Compliance
+
1,548
0,624
6,158
0,013
4,702
strafrechtliche Konsequenzen
+
0,773
0,387
3,986
0,046
2,166
Mitarbeitergewinnung
+
-0,359
0,461
0,608
0,436
0,698
Anerkennung
+
1,091
0,468
5,430
0,020
2,977
Reputationsschäden
+
-0,585
0,388
2,273
0,132
0,557
Hypothese 1b: Reputation
Hypothese 1c: finanzielle Vorteile Eigenkapitalkosten
+
0,246
1,019
0,058
0,809
1,279
Fremdkapitalkosten
+
-1,456
1,221
1,421
0,233
0,233
Kursrisiko
+
0,251
0,414
0,368
0,544
1,285
Hypothese 1d: Nachteile / Kosten illoyale Mitarbeiter
-
-0,582
0,503
1,337
0,248
0,559
Vergeltungsmaßnahmen
-
-0,582
0,441
1,744
0,187
0,559
Opportunismus
-
1,765
0,662
7,114
0,008
5,839
Kosten / Nutzen
-
-0,957
0,442
4,680
0,031
0,384
-6,104
2,598
5,518
0,019
0,002
Konstante
Tabelle 18: logistische Regression Hypothesen 1a-d Einschluss
791 792
793
Vgl. Menard (2001), S. 63. Siehe für das Ergebnis der logistischen Regression bei schrittweisem Einbezug der Variablen Anlage 5. Die Ergebnisse weisen relativ große Standardfehler auf. Zum Teil sind sie größer als die Regressionskoeffizienten. Dies resultiert maßgeblich aus den ordinalskalierten Daten. In Anlage 6 wird deshalb ein modifiziertes Modell gezeigt, bei dem die Variablen mit den größten Standardfehlern aus dem Modell entfernt wurden. Da sich kein wesentlicher Unterschied zum hier vorgestellten Ergebnis ergibt, wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung verzichtet.
158 Die Variablen wurden hier abgekürzt wiedergegeben.794 Die Prüfung der Einflussvariablen wird anhand der sog. Wald-Statistik getestet. Diese wird aus dem quadrierten Verhältnis des Regressionskoeffizienten und des Standardfehlers berechnet und folgt einer Chi-Quadrat-Verteilung.795 Wird eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % unterstellt, so lässt sich erkennen, dass die Variablen „Compliance“, „strafrechtliche Konsequenzen“, „Anerkennung“, „Opportunismus“ und „Kosten / Nutzen“ einen signifikanten Einfluss auf die Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses „Whistle-BlowingSystem eingerichtet“ haben. Auf dem 1 %-Niveau wäre nur die Variable „Opportunismus“ signifikant. Der genaue Einfluss der Variablen auf die Eintrittswahrscheinlichkeit ist bei der logistischen Regression nicht so intuitiv einleuchtend wie bei der linearen Regression, weil keine lineare Verknüpfung der Einflussvariablen vorgenommen wird. So kann bei der Variable „Compliance“ nicht gesagt werden, dass die Erhöhung dieser Variable um einen Schritt zu einer 1,548-fachen Erhöhung der Variable „Whistle-BlowingSystem ist eingerichtet“ führt. Vielmehr erhält die lineare Verknüpfung der Einflussfaktoren über die oben definierte logistische Funktion Einfluss auf die abhängige Variable. Aus diesem Grund wird für die Interpretation nicht auf die Eintrittswahrscheinlichkeit sondern eher auf das Wahrscheinlichkeitsverhältnis, d.h. dem Verhältnis von Eintrittswahrscheinlichkeit zur Gegenwahrscheinlichkeit, abgestellt. In diesem Wahrscheinlichkeitsverhältnis lässt sich die Chance (Odd) dafür erkennen, das Ereignis y=1 im Gegensatz zum Ereignis y=0 zu erhalten. Nach einigen Umformungen erhält man:796 ݏ݀݀ሺ ݕൌ ͳሻ ൌ
ሺ ݕൌ ͳሻ ൌ ݁௭ ͳ െ ሺ ݕൌ ͳሻ
Werden die Odds in einem nächsten Schritt logarithmiert, entsprechen sie genau der Linearkombination der unabhängigen Variablen. Üblicherweise werden diese logarithmierten Odds als Logits bezeichnet. ሺݏ݀݀ሻ ൌ ݈ ݏݐ݅݃ൌ ݖ Bei der Interpretation der Variablen ist über die Angabe ݁ eine Aussage über den Einfluss auf die Odds möglich. Je höher die Odds, desto höher der Einfluss der Variablen auf die Chance, dass das Ereignis „Whistle-Blowing-System ist eingerichtet“ eintritt. Für den Fall, dass die Variable „Compliance“ um eine Einheit erhöht wird, kann dementsprechend geschlussfolgert werden, dass das Ereignis „WhistleBlowing-System ist eingerichtet“ 4,702 mal wahrscheinlicher eintritt als das Ereignis „Whistle-Blowing-System ist nicht eingerichtet“. 794 795 796
Der Tabelle 9 kann die ausführliche Formulierung der Variablen entnommen werden. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 273. Siehe ausführlich Menard (2001), S. 13, oder Backhaus et al. (2008), S. 258 – 259.
159 Die Richtung des Zusammenhangs, d.h., ob die Erhöhung einer Einheit der unabhängigen Variable zu einer Erhöhung oder Senkung der abhängigen Variable führt, ist indes wie bei der linearen Regression anhand des Vorzeichens des Regressionskoeffizienten abzulesen. Positive Eigenschaften des Whistle-Blowing-Systems müssten erwartungsgemäß ein positives Vorzeichen beim Regressionskoeffizienten aufweisen, negative Eigenschaften dementsprechend ein negatives Vorzeichen. Dies hängt mit der Kodierung der abhängigen Variable zusammen („0“ für kein WhistleBlowing-System eingerichtet, „1“ für Whistle-Blowing-System eingerichtet). Bei den signifikanten Eigenschaften ist dies überall zutreffend, außer bei der negativen Eigenschaft „Opportunismus“ (kursiv). Hypothese 1d kann folglich nicht bestätigt werden. In Anlage 7 sind die bivariaten Korrelationen der signifikanten Variablen mit der Variable „Whistle-Blowing-System eingerichtet“ wiedergegeben. Alle Variablen außer „Opportunismus“ haben eine signifikante Korrelation mit der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems. Anscheinend beeinflussen Kollinearitäten diese Variable sehr stark, sodass sie bei der multivariaten Analyse, hier der logistischen Regression, einen signifikanten Einfluss zeigt. Die Prüfung des Gesamtmodells wird zuerst anhand des Chi-Quadrat-Wertes vorgenommen. Tabelle 19 gibt einen Überblick über die Gütekriterien. Der Chi-QuadratWert für das Modell beträgt 46,020 und bedeutet, dass die Aufnahme der Variablen in das Modell dazu führt, dass der -2-Log-Likelihood-Wert um 46,020 geringer ist als im Nullmodell.797 Das Null-Modell ist das Modell, in dem die Einflussvariablen noch nicht eingeschlossen sind und folglich nur die Konstante beinhaltet. Der Einbezug der Variablen führt zu einer höchst signifikanten Verbesserung des Modells (Signifikanz = 0,000): Chi-Quadrat
Signifikanz
Pseudo-R² (Cox & Snell)
Pseudo-R² (Nagelkerke)
46,020
0,000
0,433
0,582
Tabelle 19: Gütekriterien des logistischen Regressionsmodells
Des Weiteren können zur Beurteilung der Güte des Modells die Pseudo-R-QuadratStatistiken von Cox & Snell sowie von Nagelkerke verwendet werden.798 Diese betragen für unser Beispiel 43,3 % bzw. 58,2 % und weisen auf eine sehr hohe Erklärung der Varianz der abhängigen Variablen durch die unabhängigen Variablen hin.799
797 798
799
Vgl. Bühl (2010), S. 421. Die Pseudo-R-Quadrat-Statistik nach Cox & Snell kann nie den Wert von 1 bzw. 100 % erreichen, nach der Modifikation von Nagelkerke ist der Wert hingegen theoretisch erreichbar, weshalb der letzteren Variante der Vorzug zu geben ist. Vgl. Bühl (2010), S. 421, und Backhaus et al. (2008), S. 264. Zur genauen Erläuterung der Pseudo-R-Quadrat-Statistiken vgl. Backhaus et al. (2008), S. 263 – 265, ein Vergleich erfolgt auf S. 270.
160 Die letzte Möglichkeit zum Test der Modellgüte stellt die Klassifizierungstabelle dar, aus der abzuleiten ist, welche Elemente jeder Gruppe richtig oder falsch klassifiziert wurden. Mit einer gesamten Trefferquote von 80,2 % liegt die vorgenommene Klassifizierung hier deutlich über der Klassifizierung beim Nullmodell (56,8 %) und ist mithin als sehr gut einzustufen:800 Vorhergesagt Existenz eines WhistleBlowing-Systems Beobachtet Existenz eines WhistleBlowing-Systems
nein
ja
Prozentsatz der Richtigen
nein
40
6
87,0
ja
10
25
71,4
Gesamtprozentsatz
80,2
Tabelle 20: Klassifizierungstabelle der logistischen Regression Hypothesen 1a-d Einschluss
Sofern eine Variable aus der Hypothese signifikant mit einem erwartungsgemäßen Vorzeichen in das Modell einfließt, unterstützt dieses Ergebnis folglich die dazugehörige Hypothese. Alle anderen Hypothesen können nicht unterstützt werden. Aus Tabelle 18 ist ersichtlich, dass die vorliegenden Ergebnisse die Hypothesen 1a und 1b unterstützen, da sie jeweils mindestens eine signifikante Variable mit richtigem Vorzeichen enthalten. Die Hypothesen 1c und 1d werden hingegen nicht unterstützt. Das bedeutet, dass eine hohe Gewichtung der Vorteile aus dem Risikoabbau und der verbesserten Reputation die Wahrscheinlichkeit eines eingerichteten WhistleBlowing-Systems erhöht. Bei einer hohen Gewichtung der finanziellen Vorteile kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass es die Wahrscheinlichkeit eines eingerichteten Whistle-Blowing-Systems steigert. Eine hohe Wahrnehmung der Nachteile und Kosten führt auch nicht zur erwarteten Senkung der Wahrscheinlichkeit eines eingerichteten Whistle-Blowing-Systems. 5.3.5.1.1.3. Test auf Multikollinearität Für Regressionsanalysen ist zu überprüfen, ob die unabhängigen Variablen miteinander korreliert sind. Dabei spricht man von Kollinearität, wenn die Korrelation zweier Variablen gemeint ist, und von Multikollinearität, wenn mehr als zwei Variablen miteinander korrelieren.801 Perfekte Multikollinearität würde bedeuten, dass sich eine Einflussvariable als Linearkombination der anderen Einflussvariablen darstellen lässt. Ein gewisser Grad an Multikollinearität muss nicht störend sein, ein hoher Grad führt jedoch zu unzuverlässigen Aussagen. Üblicherweise wird für die Beurteilung der Multikollinearität auf die Toleranz der Variablen bzw. deren Kehrwert, dem Variance Inflation Factor (VIF), zurückgegriffen.802 SPSS bietet diesen Test auf 800 801 802
Vgl. Bühl (2010), S. 422. Siehe dazu Hair et al. (2010), S. 165. Vgl. z.B. Backhaus et al. (2008), S. 89.
161 Multikollinearität nicht für die logistische Regression an, jedoch wird es für zulässig erachtet, dies innerhalb einer linearen Regression durchzuführen, die dieselbe abhängige und dieselben unabhängigen Variablen enthält.803 Die Ergebnisse des Multikollinearitätstests innerhalb der linearen Regression werden nachfolgend aufgeführt: Toleranz
VIF
Risikofrüherkennung
0,728
1,373
Compliance
0,461
2,169
strafrechtliche Konsequenzen
0,757
1,321
Mitarbeitergewinnung
0,442
2,262
Anerkennung
0,377
2,650
Reputationsschäden
0,647
1,545
Eigenkapitalkosten
0,204
4,906
Fremdkapitalkosten
0,187
5,357
Kursrisiko
0,597
1,676
Illoyale Mitarbeiter
0,435
2,297
Vergeltungsmaßnahmen
0,544
1,839
Opportunismus
0,674
1,483
Kosten / Nutzen
0,629
1,591
Tabelle 21: Test auf Multikollinearität der Vor-/Nachteile
Schwerwiegende Multikollinearitätsprobleme liegen hier nicht vor, da sie erst bei Toleranz-Werten kleiner als 0,1 bzw. VIF-Werten größer als zehn vorhanden sind.804 Allerdings wird auch schon bei Werten kleiner als 0,2 bzw. größer als fünf von zweifelhaften Ergebnissen gesprochen.805 Erkennbar ist, dass die Variablen „Eigenkapitalkosten“ und „Fremdkapitalkosten“ mit VIF-Werten über fünf für zweifelhafte Ergebnisse sorgen könnten. Alle anderen Variablen zeigen keine weiteren Kollinearitätsprobleme. Eine genauere Untersuchung der zwei Kapitalkosten-Variablen verdeutlicht, dass das Problem darin besteht, dass die Schätzer eine hohe Korrelation zueinander aufweisen. Dies lässt sich aus der Korrelationsmatrix der Schätzer der logistischen Regression ablesen (siehe ), wo die paarweisen Abhängigkeiten abgebildet sind. Beide weisen hier einen Wert nahe eins (0,851) auf, was auf eine hohe Abhängigkeit beider Variablen schließen lässt.806 Für die Untersuchung ist die Feststellung jedoch unbeachtlich, da beide Variablen ohnehin nicht signifikant zur Erklärung des Modells beitragen. Auch bei Entfernung der Variablen aus dem Modell wurde weder beim Ein-
803 804 805 806
Vgl. Menard (2001), S. 76. Vgl. dazu Stevens (2002), S. 92 – 93. Siehe zu dieser Einschätzung Hair et al. (2010), S. 204. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 89.
162 schluss noch beim schrittweisen Einbezug eine Veränderung gegenüber dem oben beschriebenen Modellen mit den beiden Variablen festgestellt. 5.3.5.1.2. Diskriminanzanalyse 5.3.5.1.2.1. Kurze Einführung zur Methodik und deren Anforderungen Zur Bestätigung bzw. Überprüfung der Ergebnisse der logistischen Regression wurde außerdem eine Diskriminanzanalyse durchgeführt. Dieses multivariate Verfahren wird, wie die logistische Regression, für die Untersuchung von Unterschieden zwischen zwei oder mehreren Gruppen eingesetzt.807 Bei der Diskriminanzanalyse bestehen bezüglich der Anforderung an die Stichprobengröße weniger hohe Anforderungen als bei der logistischen Regression. Allerdings werden die Anforderungen der Diskriminanzanalyse in diesem Fall auch nicht vollständig erfüllt. Trotzdem soll die Diskriminanzanalyse als Absicherung der Ergebnisse der logistischen Regression dienen. Die Anwendung der logistischen Regression verlangt eine Datenmenge je Gruppe i.H.v. zehn Beobachtungen pro zu schätzenden Parameter808, hier also 130 Beobachtungen pro Gruppe. Hingegen reichen bei der Diskriminanzanalyse 20 Beobachtungen insgesamt je Gruppe aus.809 Auch bei den Anforderungen an die gesamte Beobachtungszahl bestehen Unterschiede. Die Anwendung der logistischen Regression erfordert eine Beobachtungszahl i.H.v. 400,810 bei der Diskriminanzanalyse werden hingegen 20 Beobachtungen pro Variable gefordert;811 in diesem Fall also 260. Die Gesamtbeobachtungszahl ist dementsprechend für beide Methoden nicht erfüllt. Bei der Diskriminanzanalyse wird eine Diskriminanzfunktion geschätzt, die eine optimale Trennung zwischen den Gruppen (Whistle-Blowing-System eingerichtet / nicht eingerichtet) erreicht. Des Weiteren ermöglicht die Diskriminanzfunktion eine Prüfung der diskriminatorischen Bedeutung der Einflussvariablen. Damit kann eine Aussage darüber getroffen werden, wie gut die einzelnen Variablen die Gruppen trennen.812 Infolge der bei der Formulierung der Diskriminanzfunktion vorgenommenen Linearkombination der Variablen werden häufig die Bezeichnungen kanonische Funktion und kanonische Variablen verwendet.813
807 808
809 810 811 812 813
Siehe z.B. Hair et al. (2010), S. 339. Vgl. Hair et al. (2010), S. 415. Zum Teil wird von mindestens 25 Beobachtungen pro Gruppe bei der logistischen Regression ausgegangen, wobei auch angemerkt wird, dass je mehr unabhängige Variablen zu schätzen sind, desto mehr Beobachtungen sind notwendig. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 288. Siehe hierzu Hair et al. (2010), S. 353. Vgl. Hair et al. (2010), S. 415. Siehe auch Hair et al. (2010), S. 353. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 186. Siehe z.B. Backhaus et al. (2008), S. 186.
163 Die Anforderungen an die Skalierung der Daten sind ähnlich zu der logistischen Regression, also könnte auch hier das Nichtvorliegen intervallskalierter unabhängiger Daten bei den unabhängigen Variablen kritisiert werden. Die Gruppierungsvariable kann hingegen nominal skaliert sein.814 Die Diskriminanzanalyse unterstellt ferner eine annähernd gleiche Streuung der Gruppen. Das bedeutet, dass die Kovarianzmatrizen der Merkmalsvariablen ungefähr gleich sein sollten. Zu überprüfen ist dies mit dem sog. Box’s-M-Test.815 Dabei wird als Maß der Streuung die logarithmierte Determinante der Kovarianzmatrizen der 13 unabhängigen Variablen verwendet. Bei einem Signifikanzwert i.H.v. 0,748 kann die Nullhypothese, d.h. die Annahme gleicher Streuungen, nicht verworfen werden. Die Diskriminanzanalyse kann demzufolge ohne Modifikationen angewendet werden: Existenz eines LogWhistle-Blowing- Rang DetermiSystems nante nein
13
-6,378
ja
13
-8,459
gemeinsam innerhalb der Gruppen
13
-6,014
Box-M
FNäherungswert
Freiheitsgrad 1
Freiheitsgrad 2
Signifikanz
99,537
0,897
91
16841,300
0,748
Tabelle 22: Box-M-Test Diskriminanzanalyse Hypothesen 1a-d
5.3.5.1.2.2. Ergebnisse der Diskriminanzanalyse Bei der Diskriminanzanalyse können die unabhängigen Variablen, analog zur logistischen Regression, simultan eingeschlossen oder schrittweise aufgenommen werden. Hier wird ausschließlich das Einschlussverfahren gezeigt. Anlage 8 zeigt die Ergebnisse des schrittweisen Einbezugs.816 Die folgende Tabelle gibt den univariaten Diskriminanz-Test der Variablen wieder. Daran sind Unterschiede der Mittelwerte der Variablen zwischen den beiden Gruppen (Whistle-BlowingSystem eingerichtet oder nicht) abzulesen:
814 815 816
Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 200. Vgl. Hair et al. (2010), S. 355. Im Gegensatz zu den anderen Verfahren zeigt die Diskriminanzanalyse mit schrittweisem Einbezug der Variablen ein schlechteres Ergebnis. Eine mögliche Begründung könnte sein, dass vor allem die schrittweise Diskriminanzanalyse weniger stabil wird, wenn die Anforderungen an die Stichprobengröße nicht erfüllt sind. Vgl. Hair et al. (2010), S. 358.
164 Wilks-Lambda
F
Signifikanz
Hypothese 1a: Risikoabbau Risikofrüherkennung
0,991
0,744
0,391
Compliance
0,833
15,802
0,000
strafrechtliche Konsequenzen
0,920
6,890
0,010
Mitarbeitergewinnung
0,990
0,834
0,364
Anerkennung
0,905
8,331
0,005
Reputationsschäden
0,969
2,492
0,118
Eigenkapitalkosten
0,997
0,229
0,633
Fremdkapitalkosten
0,995
0,422
0,518
Kursrisiko
0,999
0,107
0,744
illoyale Mitarbeiter
0,859
12,927
0,001
Vergeltungsmaßnahmen
0,961
3,203
0,077
Opportunismus
0,997
0,219
0,641
Kosten / Nutzen
0,873
11,491
0,001
Hypothese 1b: Reputation
Hypothese 1c: finanzielle Vorteile
Hypothese 1d: Nachteile / Kosten
Tabelle 23: univariater F-Test der Diskriminanzanalyse Hypothesen 1a-d Einschluss
Fünf Variablen unterscheiden signifikant zwischen den beiden Gruppen: Dies sind „Compliance“, „strafrechtliche Konsequenzen“, „Anerkennung“, „illoyale Mitarbeiter“ und „Kosten/Nutzen“. Keine Variable der finanziellen Vorteile kann eine signifikante Trennung vornehmen. Finanzielle Vorteile werden dementsprechend von den Implementierern nicht wesentlich stärker wahrgenommen als von den NichtImplementierern. Da der univariate Test noch keine Aussagen bezüglich der Richtung des Zusammenhangs zulässt, ist im nächsten Schritt die Diskriminanzfunktion zu untersuchen. Die folgenden Tabellen zeigen die Gruppenzentroide bezüglich der Diskriminanzfunktion, die standardisierten kanonischen Diskriminanzkoeffizienten sowie die Strukturkorrelation der Funktion: Existenz eines Whistle-Blowing-Systems
Diskriminanzfunktion bei den Gruppenzentroiden
nein
-0,740
ja
0,973
Tabelle 24: Gruppenzentroide Diskriminanfunktion Hypothesen 1a-d
165 Erwartetes Vorzeichen
Standardisierte kanonische Koeffizienten
Strukturkorrelation
Risikofrüherkennung
+
-0,084
0,113
Compliance
+
0,566
0,521
strafrechtliche Konsequenzen
+
0,462
0,344
Mitarbeitergewinnung
+
-0,203
0,120
Anerkennung
+
0,646
0,378
Reputationsschäden
+
-0,324
0,207
Eigenkapitalkosten
+
-0,256
-0,063
Fremdkapitalkosten
+
-0,205
-0,085
Kursrisiko
+
0,138
0,043
illoyale Mitarbeiter
-
-0,284
-0,471
Vergeltungsmaßnahmen
-
-0,188
-0,234
Opportunismus
-
0,636
-0,061
Kosten / Nutzen
-
-0,507
-0,444
Hypothese 1a: Risikoabbau
Hypothese 1b: Reputation
Hypothese 1c: finanzielle Vorteile
Hypothese 1d: Nachteile / Kosten
Tabelle 25: standardisierte kanonische Koeffizienten und Strukturkorrelationen der Diskriminanzfunktion Hypothesen 1a-d
Die Interpretation der Diskriminanzfunktion gibt Aufschluss darüber, ob die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems positiv oder negativ mit den Vor- und Nachteilen dieses Systems verbunden ist. Die standardisierten kanonischen Koeffizienten reflektieren den Einfluss jeder einzelnen Variable zur Trennung zwischen den Gruppen unter Berücksichtigung eines simultanen Einflusses aller erklärenden Variablen. Sie können daher ähnlich den Betafaktoren bei der linearen Regression interpretiert werden.817 Die Strukturkorrelation berechnet die Korrelation jeder einzelnen Variable mit der Diskriminanzfunktion.818 Bei kleinen Stichproben oder der Wahrscheinlichkeit einer hohen Kollinearität zwischen den diskriminierenden Variablen ist die Nutzung der Strukturkorrelation zu bevorzugen, da sie nur bivariate Korrelationen betrachtet und die Beziehungen zu anderen Variablen vernachlässigt.819 Sie sind daher robuster als die kanonischen Koeffizienten. Da einige Korrelationen zwischen den Variablen und teilweise Kollinearitätsprobleme vorliegen, wird die Interpretation auf die Strukturkorrelation fokussiert. Gleiche Vorzeichen bei den Gruppenzentroiden und der Strukturkorrelation deuten auf eine direkte Beziehung hin, ungleiche Vorzeichen auf eine umgekehrte Beziehung. 817 818 819
Vgl. Hair et al. (2010), S. 369 – 370. Siehe z.B. Hair et al. (2010), S. 370. Siehe Klecka (1980), S. 33, und Hair et al. (2010), S. 370.
166 Die Variablen mit der höchsten Korrelation (größer als 0,3)820 sind „Compliance“, „strafrechtliche Konsequenzen“, „Anerkennung“, „illoyale Mitarbeiter“ und „Kosten/Nutzen“. Das Ergebnis bestätigt den univariaten Diskriminanztest. Auch die Richtung des Zusammenhangs erscheint sehr plausibel: Eine hohe Gewichtung der Nachteile „illoyale Mitarbeiter“ und „Kosten/Nutzen“ wird von den Unternehmen ohne ein Whistle-Blowing-System vorgenommen. Diejenigen, die die Vorteile („Compliance“, „strafrechtliche Konsequenzen“, „Anerkennung“) hoch gewichten, haben ein Whistle-Blowing-System eingerichtet. Die Trennfähigkeit des Modells wird anhand des Wilks-Lambda und der kanonische Korrelation gemessen. Wilks-Lambda kann in einen Chi-Quadrat-Wert transformiert werden, der testet, wie gut die beiden Gruppen mittels der Funktion getrennt werden. Das Signifikanzniveau deutet mit 0,000 auf eine sehr gute Trennfähigkeit hin. Des Weiteren zeigt die Klassifikationsmatrix einen sehr respektablen Wert mit 81,5 % korrekt klassifizierten Fällen: Eigenwert
Kanonische Korrelation
Wilks-Lambda
Chi-Quadrat
Signifikanz
0,738
0,652
0,575
40,074
0,000
Tabelle 26: kanonische Korrelation und Wilks Lambda Hypothesen 1a-d Existenz eines WhistleBlowing-Systems Beobachtet
N
nein ja
%
Vorhergesagt nein
ja
38
8
Gesamt 46
7
28
35
nein
82,6
17,4
100,0
ja
20,0
80,0
100,0
81,5 % aller Fälle wurden korrekt klassifiziert. Tabelle 27: Klassifikationsmatrix Diskriminanzfunktion Hypothesen 1a-d
Bezüglich der Hypothesen ergibt sich ein etwas anderes Bild als bei der logistischen Regression, da hier neben den Hypothesen 1a und 1b auch Hypothese 1d unterstützt werden kann. Die einzige nicht zu unterstützende Hypothese ist die Hypothese 1c. Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System gewichten finanzielle Vorteile aus dem Whistle-Blowing-System nicht signifikant höher als Unternehmen ohne Whistle-Blowing-System. Jedoch werden die Vorteile aus dem Risikoabbau und der Reputation von Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System signifikant stärker gewichtet. Den Nachteilen und Kosten des Systems wird von Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System mehr Bedeutung beigemessen.
820
Vgl. dazu Stevens (2002), S. 292.
167 5.3.5.2. Überprüfung der Hypothesen 2a-e: Art des Whistle-Blowing-Systems und Ausgestaltungseigenschaften Neben der Auswirkung auf die Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses „WhistleBlowing-System ist eingerichtet“ soll außerdem untersucht werden, ob sich Unterschiede innerhalb der Unternehmen ergeben, die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben. In den Hypothesen 2a-e wurde behauptet, dass Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System andere Eigenschaften relevanter einschätzen als Unternehmen mit einem externen Whistle-Blowing-System. Für diese Untersuchung konnte kein multivariates Analyseverfahren angewendet werden, da die Anzahl innerhalb der Gruppen zu gering ist. Insgesamt gab es 31 Unternehmen, die beantwortet haben, welche Art von System eingerichtet wurde. Davon haben 22 ein internes System eingerichtet, fünf ein externes, vier ermöglichen beide Varianten. Die beiden letzten Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich der aufgestellten Hypothese nicht wesentlich und wurden deshalb zusammengefasst. Dadurch wird auch erreicht, nur zwei Gruppen miteinander vergleichen zu können. Außer der multivariaten Analyse können Aussagen über die Stichproben auch über andere Testverfahren erbracht werden. Der oben schon erwähnte t-Test, der die Mittelwerte zweier Stichproben vergleicht, kann für die vorliegenden Daten nicht angewendet werden, da sie keiner Normalverteilung folgen.821 In diesem Fall wird die Anwendung eines parameterfreien Tests, wie z.B. des Mann-Whitney-U-Tests, empfohlen.822 Hierbei wird anhand von Rangunterschieden getestet, ob die zwei unabhängigen Stichproben der gleichen Grundgesamtheit entstammen.823 Bei einem MannWhitney-U-Test werden alle beobachteten Werte beider Gruppen in aufsteigender Reihenfolge angeordnet. Jedem Wert kann damit ein bestimmter Rang zugeordnet werden. Anhand des mittleren Ranges ist zu erkennen, ob die Ränge beider Gruppen gleichverteilt sind. Da die beobachteten Werte zwischen eins (irrelevant) und fünf (sehr relevant) liegen, sind hohe mittlere Ränge als eine hohe wahrgenommene Relevanz dieser Variable zu interpretieren. Der Mann-Whitney-U-Wert gibt an, wie oft ein Rang der ersten Gruppe einem der zweiten Gruppe vorausgeht bzw. wie häufig ein Rang der zweiten Gruppe einem der ersten Gruppe vorausgeht. Der geringere der beiden Werte wird in der folgenden Tabelle dargestellt. Ist der U-Wert klein, steht dies für eine gering wahrgenommene Relevanz dieser Variable von einer Gruppe im Gegensatz zu der anderen Gruppe. Gleichzeitig ist der Mann-Whitney-U-Wert die Prüfgröße des Tests. Ab einer Stichprobe von insgesamt 30 Fällen kann diese Größe durch eine Standardnormalverteilung approximiert werden.824 Der Z-Wert gibt den empirischen Wert der Normalvertei821
822 823 824
Der Test auf Normalverteilung ist Anlage 13 zu entnehmen. In Anlage 15 werden außerdem die bivariaten Korrelationen der Ausgestaltungseigenschaften dargestellt. Siehe dazu z.B. Bühl (2010), S. 347 – 348. Vgl. Brosius (2008), S. 842. Vgl. Janssen / Laatz (2010), S. 625.
168 lung wieder. Auf diesen Z-Wert bezieht sich die asymptotische Signifikanz in der letzten Spalte.825 Der folgenden Tabelle ist zu entnehmen, dass die Eigenschaften „Motivation“, „Informationszugang“ und „Vertrautheit der Stelle“ höchst signifikant darauf hinweisen, dass die Stichproben nicht aus der gleichen Grundgesamtheit stammen. Folglich bewerten Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System diese Eigenschaften wesentlich anders als Unternehmen mit einem externen WhistleBlowing-System: Art Stelle
N
Mittlerer Rang
MannWhitney-U
Hypothese 2a: Unabhängigkeit des Whistle-Blowing-Adressaten intern 22 17,34 Unabhängigkeit 69,50 extern 9 12,72 Hypothese 2b: Motivation des Whistle-Blowing-Adressaten intern 22 18,30 Motivation 48,50 extern 9 10,39 Hypothese 2c: Zugang zu Informationen intern 22 Informationszugang extern 9
18,68 9,44
40,00
Z-Wert
Asymptotische Signifikanz (2seitig)
-1,472
0,141
-2,384
0,017
-2,697
0,007
Hypothese 2d: Vertrauen in die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems intern 22 18,45 Vertrautheit der Stelle 45,00 -2,429 extern 9 10,00 Hypothese 2e: Schutz des Whistle Blowers intern 22 15,68 Anonymität extern 9 16,78 keine negativen Konsequenzen
intern
22
16,07
extern
9
15,83
0,015
92,00
-0,398
0,690
97,50
-0,127
0,899
Tabelle 28: Mann-Whitney-U-Test für die Ausgestaltungseigenschaften
Die Signifikanz der drei Variablen bestätigt eine differenzierte Betrachtung von Ausgestaltungseigenschaften zwischen Unternehmen, die ein internes Whistle-BlowingSystem eingerichtet haben und denen mit einem externen System. Anhand der durchschnittlichen Ränge dieser drei Variablen ist erkennbar, dass die Unternehmen mit externen Systemen niedrigere durchschnittliche Ränge besitzen. Die Relevanz der Eigenschaften wird von ihnen mithin geringer eingeschätzt als von Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System. Die Ergebnisse unterstützen folglich die Hypothesen 2b, 2c und 2d, d.h., Unternehmen mit einem internen Whistle-BlowingSystem gewichten die Motivation, den Informationszugang und die Vertrautheit der Whistle-Blowing-Stelle wesentlich höher als Unternehmen mit einem externen Whistle-Blowing-System. Die Hypothesen 2a und 2e werden hingegen nicht unterstützt. Die Unabhängigkeit und der Schutz des Whistle Blowers werden von den Unternehmen mit externen Whistle-Blowing-Systemen nicht signifikant stärker geschätzt. Zwar 825
Ausführlich zur Vorgehensweise des Mann-Whitney-U-Tests vgl. Brosius (2008), S. 858 – 859. Ein einfaches Beispiel zur Berechnung ist Janssen / Laatz (2010), S. 622 – 626, zu entnehmen.
169 zeigen die durchschnittlichen mittleren Ränge bei der „Anonymität“ den erwarteten Zusammenhang, dass Unternehmen mit einer externen Whistle-Blowing-Stelle die Anonymität des Whistle Blowers höher gewichten als Unternehmen mit einer internen Stelle. Trotzdem ist dieser Unterschied nicht statistisch signifikant (p > 0,05). 5.3.5.3. Überprüfung der Hypothesen 3a-d: Unternehmensspezifische Eigenschaften als erklärende Variablen für die Einrichtung von WhistleBlowing-Systemen Für die Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen der Einrichtung von WhistleBlowing-Systemen und der Branche des Unternehmens (Hypothese 3a) wurde ein Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest durchgeführt. Diese Untersuchungsmethode wurde angewendet, weil sowohl abhängige als auch unabhängige Variable lediglich nominalskaliert sind. Da in Hypothese 3a angenommen wird, dass Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister signifikant eher Whistle-Blowing-Systeme einrichten, wurden die Branchenausprägungen in zwei Gruppen eingeteilt: die erste Gruppe umfasst Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungen, die zweite Gruppe alle anderen Unternehmen. 46 % der Teilnehmer gehören der ersten Gruppe an. Von denen haben 30 % ein Whistle-Blowing-System eingerichtet. Bei der zweiten Gruppe implementierten insgesamt 51 % der Unternehmen ein solches System. Die folgende Kreuztabelle gibt diese Zusammenhänge wieder: Existenz eines Whistle-BlowingSystems ja Banken / Versicherungen Anzahl / Finanzdienstleister erwartete Anzahl % innerhalb Branchengruppe andere Unternehmen
23
33
13,8
19,3
33,0
30,3 %
69,7 %
100,0 %
20
19
39
16,3
22,8
39,0
51,3 %
48,7 %
100,0 %
30
42
72
30,0
42,0
72,0
41,7 %
58,3 %
100,0 %
Anzahl % innerhalb Branchengruppe Anzahl erwartete Anzahl % innerhalb Branchengruppe
nein
10
erwartete Anzahl gesamt
gesamt
Tabelle 29: Kreuztabelle Whistle-Blowing-System und Branche
Bei völliger Unabhängigkeit beider Variablen müsste die beobachtete Anzahl der erwarteten826 entsprechen, was hier nicht immer der Fall ist. Die Signifikanz der Abweichungen wird mit dem Chi-Quadrat-Test überprüft. Der Chi-Quadrat-Test nach Pear-
826
Die erwartete Anzahl ergibt sich aus:
ௌ௧௦௨ȉ௦௨ ீ௦௧௦௨
. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 306.
170 son827 ergibt einen Wert i.H.v. 3,237. Dieser ist bei vorliegendem Freiheitsgrad i.H.v. 1 mit einem Signifikanzwert i.H.v. 0,072 nicht im erwünschten 5 %-Signifikanzniveau.828 Die Ergebnisse können Hypothese 3a daher nicht unterstützen. Auffallend ist, dass der Zusammenhang eher in die andere als die erwartete Richtung geht, denn in der zweiten Gruppe haben unerwartet mehr Unternehmen ein WhistleBlowing-System eingerichtet als bei den Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern. Die Diskrepanz ist jedoch in Verbindung mit der Unternehmensgröße besser zu erklären. Die folgende Kreuztabelle zeigt den Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und der Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems: Unternehmensgröße großes Unternehmen mittelgroßes Unternehmen kleines Unternehmen gesamt
Systemkodierter Wert
Whistle-BlowingSystem eingerichtet
Whistle-BlowingSystem nicht eingerichtet
Gesamt
1
22
11
33
2
7
27
34
3
1 30
4 42
5 72
Tabelle 30: Unternehmensgröße und Whistle-Blowing-System eingerichtet
Insgesamt ist die Tendenz zu erkennen, dass sich eher große Unternehmen mit der Implementierung von Whistle-Blowing-Systemen befasst haben. Da bei den Unternehmen aus dem Bereich Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern im Gegensatz zu den anderen Unternehmen der Anteil mittelgroßer und kleiner Unternehmen wesentlich höher ist, kann auch der kleinere Anteil der Unternehmen erklärt werden, die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben. Die folgende Tabelle gibt diese Zusammenhänge wieder: Branche Banken / Finanzdienstleistungen / Versicherungen
andere Unternehmen
Unternehmensgröße groß mittelgroß klein Summe groß mittelgroß klein Summe
Whistle-BlowingSystem eingerichtet 7 3 10 15 4 1 20
Whistle-BlowingSystem nicht eingerichtet 5 16 2 23 6 11 2 19
Summe 12 19 2 33 21 15 3 39
Tabelle 31: Kreuztabelle Größe und Branche
827
828
Der Pearsonsche Chi-Quadrat-Test ist der üblicherweise verwendete Test bei dieser Methode. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 316, sowie Brosius (2008), S. 411. Auch die Stärke des Zusammenhangs liegt nicht im erforderlichen Signifikanzniveau: Cramer’s V und Phi haben beiden den Wert 0,212 mit einer Signifikanz i.H.v. 0,072.
171 Da die Branchenverteilung keinen Aufschluss über die Einrichtung von WhistleBlowing-Systemen geben konnte, wurden diese Angaben deshalb nicht weiter betrachtet. Für eine intensivere Analyse des Brancheneinflusses liegen zu wenig Daten vor. Der Einfluss der Unternehmensgröße, des Unternehmensalters und des Börsenindexes829 auf die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems (Hypothesen 3b, 3c und 3d) ist dem folgenden Test zu entnehmen. Da die Daten weder metrisch sind, noch einer Normalverteilung folgen830, konnte der t-Test nicht angewendet werden. Stattdessen wird wiederum der Mann-Whitney-U-Test angewendet. Der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse dieses Tests zu entnehmen: Existenz eines WhistleBlowingSystems
N
Mittlerer Rang
Unternehmensgröße (Hypothese 3b)
nein
42
43,58
ja
30
26,58
Index (Hypothese 3c)
nein
42
43,18
ja
33
31,41
nein
42
36,44
ja
33
39,98
Alter (Hypothese 3d)
MannWhitneyU
Z-Wert
Asymptotische Signifikanz (2seitig)
332,500
-3,803
0,000
475,500
-2,460
0,014
627,500
-0,719
0,472
Tabelle 32: Mann-Whitney-U-Test für Größe, Index und Alter
Die Unternehmensgröße und der Aktienindex zeigen sehr signifikante Werte. Beide Stichproben stammen folglich nicht aus der gleichen Grundgesamtheit. Mithin haben beide Variablen einen signifikanten Einfluss darauf, ob ein Whistle-Blowing-System eingerichtet wurde oder nicht.831 Da sich die beobachteten Werte bei der Unternehmensgröße von eins (großes Unternehmen) bis drei (kleines Unternehmen) erstrecken, bedeutet ein hoher mittlerer Rang bei den Nicht-Implementierern, dass dies eher kleine Unternehmen sind. Der Mann-Whitney-U-Wert i.H.v. 332,500 weist auf einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen hin. Das Ergebnis unterstützt somit Hypothese 3b. In Hypothese 3c wurde unterstellt, dass Unternehmen, die in einen Aktienindex aufgenommen sind, eher ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben als Unternehmen, die keinem Aktienindex zugehörig sind. Die beobachteten Werte reichten von eins (DAX) über zwei (MDAX), drei (TecDAX) bis vier (sonstiges). Ein niedriger mitt829
830 831
Der Einfluss der Branchenzugehörigkeit kann diesem Test nicht unterzogen werden, da die Daten nur nominalskaliert sind. Eine Anwendung des Mann-Whitney-U-Tests wie auch anderer nichtparametrischer Testverfahren setzt mindestens ordinalskalierte Daten voraus. Vgl. z.B. Brosius (2008), S. 857. Die Normalverteilungstests sind Anlage 9, Anlage 10, Anlage 11 und Anlage 12 zu entnehmen. Dass die Unternehmensgröße einen Einfluss auf die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen hat, wurde bereits bei Brennan / Kelly (2007) festgestellt. Insofern unterstützt die vorliegende Untersuchung deren Studie.
172 lerer Rang bei den Implementierern deutet deshalb darauf hin, dass sie eher in einem Aktienindex notiert sind. Der Mann-Whitney-U-Wert i.H.v. 475,500 steht für ein signifikantes Ergebnis und unterstützt Hypothese 3c. Bei Hypothese 3d wurde unterstellt, dass das Alter des Unternehmens einen Einfluss auf die Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen hat. Zwar sind die mittleren Ränge unterschiedlich. Der Signifikanzwert i.H.v. 0,472 unterstützt Hypothese 3d jedoch nicht. Alle drei Variablen wurden anschließend noch auf bivariate Korrelationen getestet, da deren Werte durchaus miteinander verbunden sein könnten. Für diesen Test wurde der Spearman Rho Rangkorrelationskoeffizient berechnet.832 Es ergaben sich signifikante Korrelationen zwischen Index und Größe (Spearmans Rho 0,290; einseitige Signifikanz 0,011) und zwischen Index und Alter (Spearmans Rho -0,197; einseitige Signifikanz 0,043). Es ist daher nachvollziehbar, dass zumindest Größe und Index gleichermaßen signifikanten Einfluss haben, da die Werte auch recht stark miteinander korrelieren: Altersgruppe
Index
Unternehmensgröße
Altersgruppe Index
-0,197*
Unternehmensgröße
-0,010
0,290
*
* Die Korrelation ist auf dem 5 %-Niveau signifikant; N=62-77 Tabelle 33: Spearman Rho Korrelationen Alter, Index, Größe
5.3.5.4. Überprüfung der Hypothesen 4a-b: Gesetzliche Verpflichtung versus freiwillige Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems In den letzten beiden Hypothesen sollte der Einfluss des SOX auf die Wahrnehmung der Vor- und Nachteile sowie auf die Wahrnehmung der Eigenschaften eines effektiven Whistle-Blowing-Systems überprüft werden. Die abhängige Variable ist wiederum binär kodiert: SOX-Erfüllen (ja/nein). In die Analyse wurden ebenfalls lediglich Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-Unternehmen einbezogen. Als Grundgesamtheit konnten für die Auswertung deshalb 35 bzw. 32 Beobachtungen verwendet werden, wovon neun den SOX erfüllen mussten, alle anderen nicht. Sowohl bei den Vor- und Nachteilen eines Whistle-Blowing-Systems als auch bei den Eigenschaften effektiver Systeme konnte bei jeweils einer Variablen ein signifikanter Unterschied festgestellt werden:
832
Pearsons Korrelationskoeffizient konnte nicht verwendet werden, da dieser Test intervallskalierte Daten voraussetzt, die im vorliegenden Fall nicht gegeben sind. vgl. Brosius (2008), S. 511.
173 SOXErfüller
N
Z-Wert
Asymptotische Signifikanz (2-seitig)
88,000
-1,146
0,252
110,00
-0,284
0,776
112,500
-0,181
0,856
100,00
-0,671
0,502
108,500
-0,338
0,735
63,500
-2,143
0,032
112,500
-0,180
0,857
116,000
-0,041
0,967
114,000
-0,131
0,896
115,000
-0,081
0,935
102,500
-0,568
0,570
108,00
-0,364
0,716
99,000
-0,776
0,438
81,500
-0,310
0,757
86,000
-0,074
0,941
49,500
-1,816
0,069
45,000
-2,004
0,045
MannMittlerer WhitneyRang U-Wert
Hypothese 4a) Vor- und Nachteile Risikofrüherkennung Compliance strafrechtliche Konsequenzen Mitarbeitergewinnung Anerkennung Reputationsschäden Eigenkapitalkosten Fremdkapitalkosten Kursrisiko illoyale Mitarbeiter Vergeltungsmaßnahmen Opportunismus Kosten / Nutzen
nein
26
19,12
ja
9
14,78
nein
26
18,27
ja
9
17,22
nein
26
17,83
ja
9
18,50
nein
26
17,35
ja
9
19,89
nein
26
17,67
ja
9
18,94
nein
26
20,06
ja
9
12,06
nein
26
18,17
ja
9
17,50
nein
26
18,04
ja
9
17,89
nein
26
17,88
ja
9
18,33
nein
26
18,08
ja
9
17,78
nein
26
18,56
ja
9
16,39
nein
26
18,35
ja
9
17,00
nein
26
17,31
ja
9
20,00
Hypothese 4b) Effektivität des Whistle-Blowing-Systems Unabhängigkeit Motivation Informationszugang Vertrautheit der Stelle
nein
25
16,26
ja
7
17,36
nein
25
16,44
ja
7
16,71
nein
25
18,02
ja
7
11,07
nein
25
18,20
ja
7
10,43
174
Anonymität keine negativen Konsequenzen
Z-Wert
Asymptotische Signifikanz (2-seitig)
85,500
-0,121
0,904
77,000
-0,947
0,344
MannMittlerer WhitneyRang U-Wert
SOXErfüller
N
nein
25
16,58
ja
7
16,21
nein
25
16,08
ja
7
18,00
Tabelle 34: SOX-Einfluss auf Vor- und Nachteile sowie Effektivität
Hinsichtlich der Vor- und Nachteile ist ein signifikanter Unterschied bei der Variable „Reputationsschäden“ zu erkennen. Anhand der mittleren Ränge kann die Richtung des Zusammenhangs abgelesen werden. Mithin gewichten freiwillig implementierende Unternehmen die Vermeidung externer Meldungen und damit verbundener Reputationsschäden signifikant höher als Unternehmen, die SOX erfüllen müssen. Die Signifikanz dieser Variable unterstützt Hypothese 4a. Bei den Eigenschaften eines effektiven Whistle-Blowing-Systems konnte ein signifikanter Unterschied bei der „Vertrautheit der Stelle“ festgestellt werden. Der mittlere Rang ist bei den SOX-Implementierern deutlich geringer als bei den freiwilligen Implementierern. Folglich messen sie dem Vertrauen in das System deutlich weniger Relevanz bei als freiwillige Implementierer. Die Signifikanz dieser Variable unterstützt somit Hypothese 4b. 5.3.5.5. Zusammenfassung der Ergebnisse Die folgende Tabelle gibt die Ergebnisse der empirischen Untersuchung wieder. Bei den Hypothesen 1a-d wurden für die gleichen Fragestellungen unterschiedliche Analyseverfahren (logistische Regression und Diskriminanzanalyse) angewendet, die zum Teil abweichende Ergebnisse lieferten: Hypothesen
Unterstützung der Hypothese
Einfluss der Vor- und Nachteile des Whistle Blowing-Systems auf dessen Einrichtung abhängige Variable: Implementierer / Nicht-Implementierer 1a (Risikoabbau) ja 1b (Reputation) ja 1c (finanzielle Vorteile) nein 1d (Nachteile/Kosten) nein/ja833 Einfluss der Ausgestaltungseigenschaften auf die Art des Whistle-Blowing-Systems Gruppenvariable: internes / externes Whistle-Blowing-System 2a (Unabhängigkeit) nein 2b (Motivation Adressat) ja 2c (Informationszugang) ja 2d (Vertrautheit) ja 833
Nur beim Einschlussverfahren der Diskriminanzanalyse konnte diese Hypothese angenommen werden. Siehe Unterabschnitt 5.3.5.1.2.2.
175 Hypothesen Unterstützung der Hypothese 2e (Schutz) nein Einfluss der Eigenschaften des Unternehmens auf die Einrichtung des Systems Gruppenvariable: Implementierer / Nicht-Implementierer 3a (Branche) nein 3b (Index) ja 3c (Alter) nein 3d (Größe) ja gesetzliche Verpflichtung versus freiwillige Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems Gruppenvariable: SOX-Erfüllen/-Nichterfüllen 4a (Vor-/Nachteile) ja 4b (Effektivität) ja Tabelle 35: Übersicht zur Unterstützung der Hypothesen
Während die Hypothesen 1a und 1b unabhängig von der Analysemethode immer unterstützt werden, findet sich bei Hypothese 1c keine Unterstützung. Das heißt, die Vorteile aus der Risikofrüherkennung und der Reputation werden von Unternehmen mit einem Whistle-Blowing-System höher gewichtet als von Nicht-Implementierern. Dies betrifft jedoch nicht die aus der Einrichtung resultierenden finanziellen Vorteile. Für Hypothese 1d ergeben sich je nach angewendeter Methode unterschiedliche Ergebnisse. Nur beim Einschlussverfahren der Diskriminanzanalyse kann diese Hypothese unterstützt werden. Bei allen anderen Methoden geht die Variable „Opportunismus“ mit unerwartetem Vorzeichen ein. Lässt man diesen Einfluss auf die Hypothese 1d unberücksichtigt, ist sie zu unterstützen, da zwei Nachteile („Kosten / Nutzen“, „illoyale Mitarbeiter“) signifikant darauf hindeuten, dass Nicht-Implementierer diese Gefahren deutlich höher einschätzten als Unternehmen mit einem WhistleBlowing-System. Bei dem univariaten Test der „Opportunismus“-Variable wird offensichtlich, dass kein Zusammenhang mit der Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems besteht. Wahrscheinlich bewirken Kollinearitäten die Signifikanz der Variable in der logistischen Regression (siehe Anlage 7). Die Hypothesen 2a-e, 3a-d und 4a-b werden jeweils nur mit dem Mann-Whitney-UTest überprüft, da für die Anwendung der Regressions- oder Diskriminanzanalyse zu wenige Beobachtungen vorliegen oder bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Ergebnisse unterstützen die Hypothesen 2b, 2c und 2d. Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System gewichten insbesondere die Motivation, den ausreichenden Informationszugang und die Vertrautheit der Whistle-Blowing-Stelle signifikant höher als Unternehmen mit einem externen Whistle-Blowing-System. Die Hypothesen 2a und 2e können hingegen nicht unterstützt werden. Die Unabhängigkeit der Whistle-Blowing-Stelle und der Schutz des Whistle Blowers werden demzufolge von Nicht-Implementierern nicht signifikant höher bewertet. Der Einfluss der Eigenschaften eines Unternehmens auf die Einrichtung von WhistleBlowing-Systemen wird in den Hypothesen 3a-d unterstellt. Die Größe und die Aufnahme des Unternehmens in einen Börsenindex haben einen positiven Einfluss auf
176 die Einrichtung des Systems, das Alter und die Branche hingegen nicht. Hypothese 3b und 3d können deshalb unterstützt werden, 3a und 3c nicht. Die Hypothesen 4a-b untersuchen ebenfalls die Wahrnehmung der Vor- und Nachteile von Whistle-Blowing-Systemen und deren effektive Ausgestaltung. Hier werden jedoch Unterschiede zwischen SOX-Implementierern und freiwillig motivierten Implementierern vermutet. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass freiwillige Implementierer erstens dem Nutzen des Systems höhere Relevanz beimessen. Zweitens gewichten Sie die Anforderungen der Effektivität einer Whistle-BlowingStelle höher als Unternehmen, die gemäß SOX zur Einrichtung des Systems verpflichtet wurden. Die Ergebnisse unterstützen mithin die Hypothesen 4a und 4b. 5.3.5.6. Diskussion der Ergebnisse Studien zum Whistle Blowing wurden bisher fast ausschließlich unter den Whistle Blowern durchgeführt. Wesentlicher Inhalt der Studien ist, wann ein Whistle Blower warum einen Hinweis gibt, wie erfolgreich diese Hinweise waren und wie häufig es zu Vergeltungsmaßnahmen kam. Eine bedeutende Erkenntnis ist dabei die Notwendigkeit der Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen.834 Für das Unternehmen soll die Einrichtung zu einigen Vorteilen führen, da Fehlverhalten vermieden wird. Trotzdem wird dem Thema Whistle Blowing noch skeptisch begegnet. Besonders vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung in Deutschland und der damit verbundenen ablehnenden Haltung gegenüber Whistle Blowern fehlen bisher Erkenntnisse über die tatsächliche Wahrnehmung der Vor- und Nachteile eines Whistle-BlowingSystems seitens der Unternehmen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Vorteile aus der internen Nutzung des Wissens der Whistle Blower durchaus erkannt werden. Vor allem Unternehmen mit einem eingerichteten Whistle-Blowing-System messen dem Nutzen aus einer Vermeidung von Fehlverhalten und den damit verbundenen Folgen mehr Bedeutung bei. Die einrichtenden Unternehmen gewichten auch die Ausstrahlungswirkung auf die Öffentlichkeit und damit zusammenhängende Reputationseffekte stärker. Fast alle Nachteile des Systems werden von den Unternehmen ohne ein WhistleBlowing-System stärker eingeschätzt. Die Unternehmen hält insbesondere die negativ wahrgenommen Auswirkungen auf die Unternehmenskultur sowie die Implementierungskosten von der Einrichtung ab. Offensichtlich wird der Nutzen aus dem System von den Nicht-Implementierern nicht erkannt. Bei Auslagerung der WhistleBlowing-Stelle kann das Unternehmen sogar eine kostengünstige Variante implementieren, dessen Nutzen bei effektiver Ausgestaltung größer als die Kosten sein sollte. Das Kostenargument könnte daher als Vorwand anzusehen sein, weil vielleicht dennoch Risiken bei der Implementierung des Whistle-Blowing-Systems vermutet werden. 834
Siehe z.B. Perry (1992).
177 Auffallend ist, dass die Unternehmen trotz der verbesserten Reputation keine direkten finanziellen Auswirkungen mit der Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems erwarten. Zwar führen aus theoretischer Sicht Reputationsvorteile direkt zu finanziellen Auswirkungen, jedoch zeigt auch die Empirie keine eindeutigen Ergebnisse bezüglich dieses Zusammenhangs.835 Von den Unternehmen wird der finanzielle Vorteil nachhaltiger Investitionen nicht wahrgenommen. Dies kann wie folgt interpretiert werden: Zum einen erwarten die Unternehmen möglicherweise nicht, dass das System genutzt wird; zum anderen könnte das mit der Einrichtung eines WhistleBlowing-Blowing-Systems verbundene ethische Handeln nur als reiner guter Wille gegenüber der Gesellschaft verstanden werden, der aber nicht zwingend zu einem direkten ökonomischen Nutzen führt. Deshalb wird anscheinend auch nicht viel über die Systeme kommuniziert.836 Mit einer besseren Kommunikation über das System könnten die Unternehmen einen höheren Nutzen generieren. Es besteht daher immer noch das Problem, die Unternehmen vom langfristigen Nutzen eines WhistleBlowing-Systems zu überzeugen. Dass der Vertrauensvorschuss zu direkten monetären Vorteilen führt, wird nicht erkannt. Für die Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems haben sich ebenfalls aufschlussreiche Erkenntnisse ergeben. Anhand der deskriptiven Auswertung zu den Effektivitätseigenschaften kann festhalten werden, dass die Unabhängigkeit des Whistle-Blowing-Adressaten ebenso relevant für die Teilnehmer der Umfrage ist wie die Wahrung der Anonymität des Whistle Blowers und dessen Schutz vor negativen Konsequenzen. Dies zeigt, dass die Glaubwürdigkeit und die Einflussnahmemöglichkeiten des Adressaten von allen Teilnehmern als wichtigste Eigenschaften definiert werden. Für Unternehmen mit einem internen Whistle-Blowing-System ist im Vergleich zu denen mit einem externen System eher wichtig, dass der Adressat motiviert ist, dass er Zugang zu notwendigen Informationen hat und dass er dem potenziellen Whistle Blower vertraut ist. Die Ergebnisse bestätigen demnach die Annahme, dass der interne Adressat im Gegensatz zum externen Adressaten mehr motiviert ist,837 da er von einem Fehlverhalten auch persönlich betroffen sein könnte, wenn er z.B. um seinen Arbeitsplatz bangen müsste. Der Zugang zu Informationen und die Vertrautheit lassen sich intern ebenso einfacher realisieren. Es wurde erwartet, dass die Unabhängigkeit des Adressaten und der Schutz des Whistle Blowers von Unternehmen mit externen Whistle-Blowing-Stellen höher gewichtet sein sollten als von Unternehmen mit internen Adressaten. Dies konnte nicht bestätigt werden. Die externe Ansiedlung könnte deshalb weniger aus Gründen der Effektivität erfolgt sein, sondern möglicherweise aus Kostengründen. Insbesondere für kleine Unternehmen ist die Auslagerung der Whistle-Blowing-Stelle eine kostengünstige Alternative. In der Um835
836 837
Vgl. für einen Überblick zu den Studien Simpson / Kohers (2002) oder Orlitzky / Schmidt / Rynes (2003). Zu der Aussage auch Hansen / Schrader (2005), S. 384; Hofmann (2006), S. 125; Leisinger (2003), S. 242 – 243. Siehe dazu die weiteren Ergebnisse in Unterabschnitt 5.3.6.3. Siehe z.B. Near / Miceli (1987).
178 frage ist jedoch nur ein kleines Unternehmen enthalten. Dieses hat zwar einen externen Adressaten, aber daraus können noch keine statistisch relevanten Schlussfolgerungen gezogen werden. Hinsichtlich der unternehmensspezifischen Eigenschaften haben erwartungsgemäß tendenziell eher große bzw. an der Börse gelistete Unternehmen ein WhistleBlowing-System eingerichtet. Dies liegt teilweise an den Anforderungen des SOX, den einige teilnehmende Unternehmen erfüllen müssen. Andererseits hat dieser auch Ausstrahlungswirkung auf andere Unternehmen. Der geplante Whistle-BlowerSchutz im BGB könnte ebenfalls damit zusammenhängen. Größere und gelistete Unternehmen stehen außerdem stärker im Fokus der Öffentlichkeit, sie könnten deshalb größeren Wert auf deren Reputation legen als kleinere. Die Branche sowie das Alter des Unternehmens scheinen indes keinen Einfluss auf die Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems zu haben. Die gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen führt dazu, dass diese Unternehmen einen wesentlichen Vorteil nicht erkennen. Die Vermeidung externer Meldungen und die damit verbundenen Schädigungen der Unternehmensreputation werden von ihnen signifikant geringer eingeschätzt. Dies könnte zwei Schlussfolgerungen zulassen. Entweder ist die gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung dieser Systeme nach Auffassung der Unternehmen nicht ausreichend, um externes Whistle Blowing zu vermeiden. Die Effektivität derartiger Systeme könnte von den SOX-Implementierern also stark angezweifelt werden. Oder die Gewichtung ist deshalb niedriger, weil der Vorteil nicht erkannt wird. Ein weiteres wesentliches Kriterium der effektiven Einrichtung, das Vertrauen in die Stelle, wird nicht erkannt. Daraus könnte zu schlussfolgern sein, dass auf die Glaubwürdigkeit des Systems nicht so großen Wert gelegt wird wie bei den freiwilligen Implementierern. Folglich wird das System nicht von Mitarbeitern genutzt, die sich in einer „Small Numbers Situation“ befinden, d.h., keinen großen wahrgenommenen Einfluss im Unternehmen haben. Die Gefahr der unkontrollierten externen Meldung besteht deshalb weiterhin. Da diese Unternehmen mit der Einrichtung des WhistleBlowing-Systems nicht die Vermeidung externer Meldungen verfolgen und den damit verbundenen Nutzen nicht erkennen, fehlt auch das präventive Vorgehen gegen externe Meldungen. Folglich wird die Stelle nicht vertrauenswürdig eingerichtet. Wird der Stelle kein Vertrauen entgegengebracht, gehen Whistle Blower möglicherweise eher den externen Weg. Das System ist folglich nicht effektiv. 5.3.6. Weitere deskriptive Auswertungen aus der Umfrage 5.3.6.1. Bekanntheit und Auffassungen zum Whistle Blowing Im Fragebogen wurden noch weitere Fragen an die Teilnehmer gestellt, die jedoch rein deskriptiv ausgewertet werden. Die ersten Fragen betreffen die Bekanntheit sowie die individuelle Wahrnehmung des Begriffs Whistle Blowing.
179 Die Frage nach der Bekanntheit des Konzepts Whistle Blowing beantworteten 85 Unternehmen. Nur 7 % geben an, noch nichts von Whistle Blowing gehört zu haben. Knapp 69 % haben schon eine genaue Vorstellung von dem Konzept. Den restlichen 24 % ist der Begriff Whistle Blowing zwar bekannt, sie besitzen jedoch nur eine eher vage Vorstellung davon. Ferner wurde nach einer deutschen Übersetzung für Whistle Blowing gefragt, um allgemein die Wahrnehmung von Whistle Blowing festzustellen. Alle 87 Unternehmen antworteten auf diese Frage und übersetzten es überwiegend mit Begriffen, die darauf schließen lassen, dass Whistle Blowing als eine positive Handlungsweise gewertet wird. Die folgende Tabelle zeigt die vorgegebenen Übersetzungsvarianten und die gewählten Antworten:838 Übersetzung Whistle Blowing Denunzieren Verpfeifen Hinweis geben Alarmglocke läuten Sonstiges
Anzahl
%
4 9 63 32 13
4,6 % 10,3 % 72,4 % 36,8 % 14,9 %
Tabelle 36: Whistle-Blowing-Übersetzung
Auch bei den offenen Angaben zu den Übersetzungen, die unter „sonstiges“ eingetragen wurden, überwiegen eher positive Beiträge, wie z.B. „Regelverstöße melden“, „Fehlverhalten aufdecken“, oder auch „parahierarchischer Missstandshinweis“. Nur einmal wird Whistle Blowing mit „Verrat“ übersetzt. Wird die Übersetzung zwischen Whistle-Blowing-System-Implementierern und Nicht-Implementierern differenziert betrachtet, so ist kein nennenswerter Unterschied festzustellen. Unternehmen, die kein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben, sehen das Verhalten eines Hinweisgebers trotzdem nicht als eine allgemein negative Handlung an. Interessant ist, dass die negativen Übersetzungen von Whistle Blowing eher von denen stammen, die bei der vorherigen Frage angegeben haben, schon eine genaue Vorstellung von dem Konzept Whistle Blowing zu haben. Whistle-Blowing-Systeme werden je nach Ansprechpartner in interne und externe Stellen unterteilt. Die Teilnehmer sollten in dem Fragebogen eine Zuordnung vornehmen, welche Ansprechpartner als interne bzw. externe Stelle angesehen werden. Die folgende Abbildung gibt die Zuordnung der Befragten wieder:
838
Zu beachten ist hier, dass Mehrfachantworten zulässig waren.
180
externe Stelle
interne Rechtsabteilung
interne Stelle unmittelbarer Vorgesetzter Compliance-Abteilung im Unternehmen Kollege Konzernrevision / interne Revision weiter übergeordnete Vorgesetzte (z.B. Vorstand) Betriebsrat Audit Committee leitende Mitarbeiter von übergeordneten Konzernmutterunternehmen spezielle Ombuds- oder Vertrauensleute im Unternehmen Aufsichtsrat spezielle Organisation (z.B. Selbstregulierungsorganisation) vom Unternehmen beauftragte Anwaltskanzlei Wirtschaftsprüfer Presse / Medien o.ä. Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) Aufsichtsbehörden (z.B. BaFin)
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Abbildung 14: Zuordnung interne/externe Stelle
Auffällig ist an dieser Zuordnung, dass in der Mitte der Abbildung einige unternehmensinterne Stellen von einem durchaus beachtenswerten Anteil als externe Stelle angesehen werden. Vor allem beim Aufsichtsrat (27 %), bei speziellen Ombudsleuten im Unternehmen (21 %), bei leitenden Mitarbeitern des Konzernmutterunternehmens (20 %) und beim Audit Committee (17 %) wird dies deutlich. Anscheinend wird ihre Stellung als ausreichend unabhängig vom restlichen Unternehmen angesehen. Die typischen internen Abteilungen, wie die Compliance- oder die Rechtsabteilung werden hingegen fast eindeutig als interne Stellen eingestuft. Höchstwahrscheinlich erfolgt die Abgrenzung intern/extern bei diesen Teilnehmern
181 nicht nach der üblichen Unterteilung innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Aus Sicht eines Mitarbeiters auf einer der unteren Hierarchieebene könnte der Aufsichtsrat eben weniger vertraut sein, da er als übergeordnetes Kontrollorgan eine gesonderte Stellung einnimmt. 5.3.6.2. Zu den Arten eingerichteter Whistle-Blowing-Systeme In Abschnitt 5.3.4 wurde bereits auf die Verteilung interner und externer WhistleBlowing-Stellen eingegangen: Interne Stellen werden bei 22 von 31 Unternehmen eingerichtet, externe Stellen von fünf Unternehmen. Die restlichen vier Unternehmen ermöglichen beide Varianten. Auf die Frage, an welche konkreten Stellen die Hinweise gegeben werden sollen, haben 31 Unternehmen geantwortet. Am häufigsten wird ein Ansprechpartner in der Compliance-Abteilung genannt (77 %).839 Beachtlich ist auch, dass die interne Revision mit knapp 71 % sehr häufig angegeben wird. Bei den externen Stellen tritt am häufigsten die Meldung über eine Telefonhotline an eine extern beauftragte Organisation (42 %) auf, gefolgt von der Meldung an eine externe Anwaltskanzlei (29 %). Externe Stellen werden in dieser Auswertung deshalb weniger erwähnt, weil auch der Anteil der Unternehmen, die ein externes Whistle-Blowing-System eingerichtet haben, wesentlich geringer ist. Überraschenderweise geben weitaus mehr als neun Unternehmen an, die Meldung an eine externe Stelle zu ermöglichen. In der Frage bezüglich der Art des Whistle-Blowing-Systems weisen insgesamt nur neun Unternehmen (fünf extern sowie vier intern und extern) ihr System als nicht (nur) intern aus. Eine Erklärungsmöglichkeit liegt darin, dass die hier zugrunde liegende Definition eines internen bzw. externen Systems verschieden von den in den Unternehmen verwendeten Definitionen ist.
839
Dies deckt sich weitgehend mit der Untersuchung von Hassink / de Vries / Bollen (2007), S. 35.
Abbildung 15: Arten eingerichteter Whistle-Blowing-Stellen
182
183 Die unternehmensinternen Systeme werden hierarchisch sehr unterschiedlich eingegliedert. Am häufigsten wird dabei angegeben, das System auf der obersten Managementebene bzw. auf Vorstandseben eingegliedert zu haben.
Abbildung 16: Einordnung des Whistle-Blowing-Systems in die Hierarchieebenen
Ein wichtiger Aspekt ist die Anonymität des Whistle Blowers. Von den 31 Unternehmen, die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben, beantworteten 30 die Frage, ob Whistle Blower die Möglichkeit haben, den Hinweis anonym zu geben. Dies ist nicht bei allen der Fall, da bei 20 % der Befragten die Identität des Hinweisgebers zumindest der Whistle-Blowing-Stelle bekannt bleibt. Knapp 73 % gewähren die Möglichkeit, den Hinweis anonym zu geben.840 Bei den restlichen Unternehmen bleiben Hinweisgeber generell anonym. Für den Aspekt einer möglichen Rückfrage ist es von Vorteil, wenn die Whistle-Blowing-Stelle den Informanten kennt. Jedoch will nicht jeder Mitarbeiter seine Identität preisgeben und unterlässt dann eher eine Hinweisgabe. Mit geeigneten Maßnahmen könnte das Unternehmen die Anonymität und die Rückfragemöglichkeit verbinden, z.B. mittels anonymisierter virtueller Postfächer. 840
Auch Hassink / de Vries / Bollen (2007) kamen zu dieser Erkenntnis.
184
Abbildung 17: Anonymität
Den 36 Unternehmen, die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben, stehen 49 Unternehmen gegenüber, die noch keine derartigen Strukturen implementiert haben. Von denen geben 17 Unternehmen an, dies zumindest zu planen. Bei den restlichen 32 Unternehmen wird die Implementierung Whistle Blowing fördernder Strukturen deshalb nicht beabsichtigt, weil ihnen das Konzept unbekannt ist (47 %), weil ein derartiges System nicht erwünscht ist (6 %) oder weil sie sonstige Gründe haben (47 %). Unter den sonstigen Gründen wird häufig angegeben, dass derzeit andere Prioritäten gesetzt wurden; eine spätere Einführung sei aber durchaus möglich. Andere sehen in den hohen Kosten ein Argument gegen die Einrichtung. Auch der Bedarf nach einem Whistle-Blowing-System wird von einigen Unternehmen nicht erkannt, weil es die Unternehmenskultur z.B. nicht erfordert oder das bereits bestehende interne Kontrollsystem bzw. die interne Revision für ausreichend erachtet werden. 5.3.6.3. Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems Die Unternehmen wurden des Weiteren dazu befragt, inwieweit die Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems kommuniziert wurde. Im Vordergrund steht dabei nicht nur, wie Mitarbeiter über das System und dessen Nutzung informiert werden, sondern vielmehr inwiefern die Öffentlichkeit über die Implementierung informiert wird. Dazu wurden die Unternehmen befragt, ob und wie sie die Informationen veröffentlichen.
185 Hierbei waren Mehrfachnennungen möglich. 30 Unternehmen haben diese Frage beantwortet:
Abbildung 18: Angabe der Information über das Whistle-Blowing-System
Die wenigsten Unternehmen gaben an, keine Informationen zur Einrichtung des Whistle-Blowing-Systems zu veröffentlichen (13 %). Bei den übrigen Unternehmen wurden unterschiedliche Informationskanäle genannt, wobei am häufigsten das Internet (47 %), der Geschäftsbericht (47 %) und der Corporate-Governance-Bericht841 (40 %) angegeben wurden. Wenn die Unternehmen über das Whistle-Blowing-System publizierten, wurden sie außerdem über die Art der Information befragt. 26 Unternehmen antworteten auf diese Frage. Dabei fiel auf, dass die meisten nur über die Tatsache der Einrichtung informieren (39 %). Zusätzlich geben 27 % der befragten Unternehmen die Vorgehensweise mit an. 12 % informieren ausführlich über das System, ohne dabei auf die damit verbundenen Vorteile hinzuweisen. Eine ausführliche Information inklusive einer Angabe von Vorteilen des Systems geben immerhin 15 % der Befragten bekannt. Unter den sonstigen Angaben wurde z.B. ein spezieller Compliance-Bericht genannt.
841
Sofern ein Corporate-Governance-Bericht auf Empfehlung des DCGK erstellt wird, ist dieser im Geschäftsbericht zu veröffentlichen.
186
Abbildung 19: Art der Information über das Whistle-Blowing-System
Bezüglich der internen Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems wurden die Unternehmen zum einen befragt, wie relevant sie die Bekanntgabe von Lösungs- und Verfahrensmustern vor der Hinweisgabe einschätzen; zum anderen sollte eingeschätzt werden, wie relevant die Kommunikation mit dem Whistle Blower nach der Hinweisgabe über die weitere Vorgehensweise ist. Auf einer Skala von eins (irrelevant) bis fünf (sehr relevant) konnten die Teilnehmer diese beiden Informationsarten bewerten. 76 Teilnehmer beantworteten diese Fragen. Die Relevanz der vorherigen Bekanntgabe von Lösungs- und Verfahrensmustern wurde im Durchschnitt mit 3,63 und die Kommunikation mit dem Whistle Blower nach der Hinweisgabe über die weitere Vorgehensweise wird durchschnittlich mit 3,86 bewertet. Beides wird demnach als überwiegend relevant angesehen. 5.3.6.4. Beurteilung von Schutz- und Anreizmechanismen In Anbetracht der geplanten gesetzlichen Regulierung wurden die Unternehmen außerdem zu ihrer Haltung gegenüber den verschiedenen Arten von Whistle-BlowerSchutzregelungen befragt. Zu den vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen konnten die Teilnehmer in einer fünfstufigen Skala angeben, inwiefern sie diese als eine sehr gute Lösung (fünf) oder als sehr schlechte Lösung (eins) ansehen. Hierbei sollte eine getrennte Bewertung für intern bzw. extern eingerichtete Systeme erfolgen. 72 Teilnehmer antworteten auf diese Frage. Der folgenden Tabelle können die Mediane (Mittelwerte) der Antworten entnommen werden:
187 Median (Mittelwert) Es sollte unternehmensinterne Schutzregelungen geben (z.B. in der Satzung des Unternehmens). Es sollte eine Kombination von internen und zivilrechtlichen Schutzmaßnahmen geben. Es sollte zivilrechtlichen Schutz geben, z.B. durch einen explizit kodifizierten Kündigungsschutz für Whistle Blower. Es sollten behördliche Schutzmaßnahmen existieren. Es sollte gar keinen Schutz geben.
bei einem internen Whistle-BlowingSystem
bei einem externen Whistle-BlowingSystem
4 (3,71)
4 (3,38)
4 (3,56)
4 (3,25)
3 (3,19)
3 (3,01)
2 (2,35)
2,50 (2,44)
1 (1,53)
1 (1,64)
Tabelle 37: Bewertung vorgeschlagener Schutzmaßnahmen
Hierbei ist zu erkennen, dass Schutzregelungen generell besser bewertet werden. Bei Betrachtung der Mittelwerte ist auffällig, dass die Schutzmaßnahmen bei externen Systemen weniger gut befunden werden als bei internen Whistle-BlowingSystemen, es sei denn, es handelt sich um behördliche Schutzmaßnahmen. Insgesamt werden sowohl bei internen als auch bei externen Whistle-Blowing-Systemen die unternehmensinternen Schutzregelungen am besten befunden. Ein reiner zivilrechtlicher Schutz wird deshalb auch schlechter beurteilt als eine Kombination aus zivilrechtlichem Schutz und unternehmensinterner Regelung. Behördliche Schutzmaßnahmen werden als weniger geeignet angesehen. Außerdem wurden die Unternehmen befragt, ob Mitarbeiter zur Hinweisgabe finanziell motiviert werden sollten. Dies wäre z.B. durch Belohnungen nach einer Hinweisgabe möglich. In den USA haben sich gesetzliche finanzielle Anreize zum Whistle Blowing bewährt. Z.T. ziehen Unternehmen schon nach und geben Belohnungen für interne Hinweise.842 In der Umfrage zeigt sich, dass finanzielle Anreize nicht als effektivitätsfördernd angesehen werden. Die Teilnehmer konnten auf einer Skala von eins (irrelevant) bis fünf (sehr relevant) angeben, wie relevant Belohnungen für die Effektivität des Whistle-Blowing-Systems sind. 76 Teilnehmer beantworteten diese Frage:
842
Siehe ausführlicher Unterabschnitt 4.3.3.2.
188
Abbildung 20: Bewertung von Anreizmechanismen in einem Whistle-Blowing-System (Belohnungen zur Hinweisgabe)
Durchschnittlich wurde die Relevanz von Anreizmechanismen mit 1,8 bewertet, d.h., die meisten Teilnehmer stehen Belohnungen zur Hinweisgabe ablehnend gegenüber. Bei den Angaben zum Schutz und Anreiz des Whistle Blowers konnten keine Unterschiede in der Bewertung zwischen Implementierern und Nicht-Implementierern festgestellt werden. 5.3.6.5. Diskussion der weiteren Ergebnisse der Umfrage Zusammenfassend ist anhand der weiteren Fragen zum Whistle Blowing festzustellen, dass den meisten Teilnehmern an der Umfrage das Thema Whistle Blowing bekannt ist. Hauptsächlich liegt dies wohl an den gewählten Ansprechpartnern in dem Unternehmen. Meistens wurden Compliance-Verantwortliche oder Personen mit ähnlichem Aufgabengebiet befragt. Auch die Übersetzung von Whistle Blowing fällt überwiegend positiv aus. Bei der Angabe der Art der Whistle-Blowing-Adressaten überrascht es, dass ein sehr hoher Anteil der Unternehmen die interne Revision damit beauftragt, obwohl sie in Unterabschnitt 4.3.4.2.1 als weniger unabhängig herausgestellt wurde und zweitens eher zur Aufgabe haben sollte, die Nachverfolgung des Sachverhalts aufzunehmen.
189 Ein relativ bedeutsamer Anteil beauftragt einen externen Anwalt als Whistle-BlowingAdressat. Dies ist positiv zu beurteilen, da er eine kompetente Beratung ermöglicht. Allerdings wäre dabei noch wichtig, wie dessen Erreichbarkeit ausgestaltet ist, da fast ausschließlich große Unternehmen einen externen Anwalt benannt haben. Dies könnte Probleme z.B. hinsichtlich der Sprache und der zeitlichen Erreichbarkeit verursachen. Bezüglich der Wahrung der Anonymität ist positiv anzumerken, dass in jedem Fall eine vertrauliche Behandlung der Identität zugesichert wird. In den meisten Fällen ist es sogar möglich, auch gegenüber der Whistle-Blowing-Stelle anonym zu bleiben. Es bleibt dabei lediglich anzumerken, dass die Gestaltung des Systems eine Rückfrage an den Whistle Blower ermöglichen sollte, was anhand der Umfrage nicht deutlich wird. Die Kommunikation über das Whistle-Blowing-System ist in vielen Fällen verbesserungswürdig. Zwar veröffentlichen die meisten, über ein Whistle-Blowing-System zu verfügen. Jedoch unterbleiben weitere Ausführungen darüber. Nützlich wäre eine Auflistung über eingegangene Hinweise, deren Nachverfolgung und die Aufdeckung von Straftaten. Dies würde eine Beurteilung über die tatsächliche Effektivität des Systems zulassen und die Glaubwürdigkeit des Systems erhöhen. Das Unternehmen würde davon profitieren, da sowohl von den Mitarbeitern als auch außerhalb des Unternehmens nicht mehr davon ausgegangen würde, das Unternehmen betreibe lediglich „Window Dressing“. Die Beurteilung der Schutzmaßnahmen lässt erkennen, dass die Unternehmen einen Whistle-Blower-Schutz begrüßen. Auch ein zivilrechtlicher Schutz wird in Kombination mit unternehmensinternem Schutz positiv beurteilt. Dies dürfte insbesondere interessant für den Gesetzgeber sein. Einem reinen zivilrechtlichen Schutz steht man eher neutral gegenüber. Für die Diskussion einer Einführung finanzieller Anreize ist die Wahrnehmung von Belohnungen für Hinweisgebungen relevant.843 Keiner der Teilnehmer sieht Belohnungen als sehr relevant für die Effektivität von Whistle-Blowing-Systemen an. Vermutlich kommt hier die Skepsis zum Ausdruck, die gegenüber diesem Thema noch besteht.
6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Das Ziel der Arbeit war die empirische Erhebung der Gewichtung von Kosten und Nutzen sowie die Erfassung der individuellen Ausgestaltung von Whistle-BlowingSystemen. Für die Erarbeitung eines Beurteilungskriteriums war es erforderlich, 843
Zur Einführung gesetzlicher finanzieller Anreize siehe Dworkin (2007), S. 1773, und Dyck / Morse / Zingales (2010). Die Forderung nach finanziellen Anreizen innerhalb des Whistle-Blowing-Systems ist Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 385 – 387, zu entnehmen.
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
190 Whistle Blowing und Whistle-Blowing-Systeme in die Neue Institutionenökonomik einzuordnen, um die empirischen Ergebnisse anhand institutionenökonomischer Lösungskonzepte zu bewerten. Die Einordnung des Whistle Blowings in die Transaktionskostentheorie bildete den Ausgangspunkt dieser Arbeit. Individuen können bei wahrgenommenen Missständen in einer Organisation verschiedene Handlungsoptionen wählen. Den bekannten Alternativen „Exit“ und „Silence“ wurden die Optionen „Opportunismus“ sowie „internes“ („Voice“) und „externes Whistle Blowing“ (Schmutzige Hände“) hinzugefügt. Es wurde herausgestellt, dass lediglich „internes Whistle Blowing“ für das Unternehmen vorteilhaft ist. Die Einrichtung eines Systems, das die erwünschte Handlungsoption fördert und unerwünschte unterbindet, erscheint in Anbetracht der mit anderen Optionen verbundenen Risiken erforderlich. Die Vorteile eines Whistle-Blowing-Systems gehen indes noch über die Vermeidung der Risiken unerwünschter Handlungen hinaus. Die Agency-Theorie und das Shareholder-Value-Konzept verdeutlichen, dass das System Reputationsvorteile erzielen kann, wodurch adverse Selektion vermieden wird. Hieraus resultieren CashflowSteigerungen und eine Kapitalkostensenkung, mit denen eine Zunahme des Shareholder-Values verbunden ist. Damit Whistle Blowing im Unternehmen überhaupt einen Nutzen stiftet, ist die effektive Ausgestaltung des Whistle-Blowing-Systems zu gewährleisten. Es wurde gezeigt, dass der Loyalitätsgrad des Whistle Blowers neben der wahrgenommenen Verhandlungsmacht ausschlaggebend dafür ist, ob die erwünschte Handlungsoption „internes Whistle Blowing“ gewählt wird. Die Loyalität kann z.B. durch die Unternehmenskultur und entsprechende Kommunikation gefördert werden. Doch dies allein ist nicht ausreichend, da die Beeinflussung des Loyalitätsgrads erstens nicht bei allen Individuen gleichermaßen möglich und zweitens ein langfristiger Prozess ist. Deshalb müssen außerdem Maßnahmen ergriffen werden, welche die Transaktionskosten der erwünschten Handlung „internes Whistle Blowing“ senken und die der unerwünschten Handlungen erhöhen, sodass diese unterbunden werden. Auch die wahrgenommene Verhandlungsmacht des potenziellen Whistle Blowers ist entscheidend, um die erwünschte Strategie zu generieren. Der Anreiz zum Whistle Blowing wird wesentlich dadurch beeinflusst, ob die Hinweise ernst genommen werden und zum gewünschten Erfolg führen. Sollte das nicht gewährleistet sein, besteht weiterhin das Risiko der unkontrollierten externen Meldung („Schmutzige Hände“-Option). Deshalb ist die Ernennung eines glaubwürdigen und einflussreichen Whistle-Blowing-Adressaten notwendig. Die informationsentgegennehmende Stelle kann innerhalb oder außerhalb des Unternehmens implementiert werden. Unklar ist bisher, welche Gründe die interne oder externe Einrichtung beeinflussen. Ein effektives Whistle-Blowing-System sollte den Hinweisgeber außerdem schützen, um das Risiko der Vergeltungsmaßnahmen zu senken. Von Anreizmechanismen sollte hingegen aufgrund der möglichen Förderung opportunistischer Verhaltensweisen abgesehen werden.
191 Trotz des offensichtlichen Nutzens eines effektiven Whistle-Blowing-Systems sind Hinweisgebungen ein nicht immer erwünschtes Verhalten in einem Unternehmen. Oftmals werden Whistle Blower als illoyale Denunzianten angesehen. Deshalb wird die Förderung dieser Verhaltensweise zum Teil negativ beurteilt. Vor allem historische Gründe sind dafür in Deutschland wesentlich. Es kann deshalb erwartet werden, dass bei vielen Unternehmen Skepsis gegenüber dem Thema besteht. Diese individuelle Gewichtung von Kosten und Nutzen des Whistle-Blowing-Systems könnte zum einen auf die Entscheidung zur Einrichtung des Systems ausstrahlen; zum anderen sind Auswirkungen auf die effektive Ausgestaltung eingerichteter Systeme möglich. Die empirische Untersuchung sollte dahingehend Aufschluss geben. Für die empirische Untersuchung wurde eine Grundgesamtheit von 194 Unternehmen herangezogen. 87 Unternehmen nahmen an der Umfrage teil, davon füllten 72 den Fragebogen vollständig aus. Die empirische Untersuchung brachte erste wesentliche Erkenntnisse über die Wahrnehmung von Whistle Blowing in deutschen Unternehmen. Whistle Blowing wird zwar überwiegend positiv wahrgenommen, aber die Einschätzungen der Vor- und Nachteile von Whistle-Blowing-Systemen variieren signifikant zwischen Unternehmen, die ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben, und denen ohne ein Whistle-Blowing-System. Die hohe Gewichtung der mit dem System verbundenen Vorteile durch das Unternehmen erhöht die Wahrscheinlichkeit eines bereits eingerichteten Whistle-Blowing-Systems beim jeweiligen Befragten. Insbesondere die Vorteile aus der Risikosenkung und einer verbesserten Reputation sind dafür ausschlaggebend. Finanzielle Vorteile sind hingegen wider Erwarten nicht entscheidungsrelevant. Anscheinend wird die Verbindung zwischen der Reputation und finanziellen Vorteilen nicht wahrgenommen. Die Wahrscheinlichkeit der Nichteinrichtung eines Whistle-Blowing-Systems wird erhöht, wenn die systemimmanenten Kosten des Systems als relevant eingeschätzt werden. Nicht nur die Implementierungskosten sind dafür ausschlaggebend. Vor allem auch die möglichen negativen Auswirkungen auf die Unternehmenskultur durch illoyales Verhalten scheinen für die Nichteinrichtung wesentlich zu sein. Da die effektive Einrichtung eines Whistle-Blowing-Systems aber gerade illoyales Verhalten verhindern und Loyalität im Unternehmen fördern soll, scheinen die genannten Nachteile eher Vorurteile zu sein, welche die vorhandene Skepsis zum Ausdruck bringen. Die Untersuchung zeigte außerdem, dass die Einrichtung eines Whistle-BlowingSystems eher bei großen und börsennotierten Unternehmen erfolge. Dahingehend kann geschlussfolgert werden, dass sich kleinere Unternehmen wegen zu hoher Kosten und eventueller Vorurteile eher gegen ein Whistle-Blowing-System entscheiden. Die Anforderungen an die Ausgestaltung eines effektiven Whistle-Blowing-Systems sind je nachdem, welche Art von Whistle-Blowing-System eingerichtet wurde, unterschiedlich beurteilt worden. Einige wesentliche Anforderungen, wie die Unabhängigkeit der Stelle sowie die Wahrung der Anonymität und die Schutzgewährung, sind
192 hingegen von allen gleichmäßig hoch eingestuft worden. Die Ergebnisse belegen, dass die meisten der in der Literatur beschriebenen Treiber der Effektivität des Whistle Blowings auch von den Unternehmen als relevant wahrgenommen wurden. Die Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems an unternehmensexterne Stakeholder wird indes von einem Großteil der Unternehmen noch nicht als bedeutsam aufgefasst. Dies ergibt sich einerseits aus den Ergebnissen des ScoringModells, bei dem fast nur die gemäß SOX verpflichteten Implementierer von WhistleBlowing-Systemen gute Resultate erzielten. Andererseits kann aus der Umfrage geschlossen werden, dass nahezu ausschließlich das Vorhandensein eines WhistleBlowing-Systems veröffentlicht wird. Mit diesen Ergebnissen geht auch einher, dass der aus dem Vertrauensvorschuss erzielte monetäre Nutzen nachhaltiger Investitionen nicht erkannt wird. Eine geforderte Einführung von Belohnungen für Hinweisgeber844 wird von den meisten befragten Unternehmen als weniger relevant für effektives Whistle Blowing gesehen. Offensichtlich wird bei Anreizsystemen zum Whistle Blowing befürchtet, dass Denunziantentum gefördert werden könnte. Unterschiede bei der Einschätzung der Relevanz der Voraussetzungen für effektive Whistle-Blowing-Systeme ergaben sich zwischen Unternehmen mit internen und externen Whistle-Blowing-Stellen. Für Unternehmen mit einer unternehmensinternen Whistle-Blowing-Stelle sind die Vertrautheit der Stelle und deren Einflussnahmemöglichkeiten wesentlicher als für Unternehmen mit externen Whistle-Blowing-Stellen. Die Ergebnisse der Umfrage geben außerdem Aufschluss über die Effektivität gesetzlicher Verpflichtungen zur Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen. Der Nutzen eines Whistle-Blowing-Systems wird von Unternehmen, die zur Implementierung von Whistle-Blowing-Systemen verpflichtet sind, nicht so stark wahrgenommen, wie von Unternehmen, die die Systeme freiwillig einrichten. Dies strahlt auch auf die Wahrnehmung effektiver Anforderungen aus. Unternehmen, die ihr Whistle-BlowingSystem freiwillig implementierten, achten stärker auf die Glaubwürdigkeit des Systems als verpflichtete Unternehmen. Mithin könnte eine höhere Effektivität der Systeme bei freiwillig implementierenden Unternehmen erwartet werden. Eine Erklärung dafür könnte die Menge der Neuerungen sein, die der SOX hervorgerufen hat. Zum Teil mussten die Unternehmen hohe Investitionen vornehmen, um den Anforderungen gerecht zu werden.845 Möglicherweise stand bei der Einrichtung des WhistleBlowing-Systems eher das Ziel der Erfüllung der gesetzlichen Vorschrift im Vordergrund als der Nutzen des Systems. Die Zweifel an der Effektivität des SOX werden dadurch bestätigt.846 Mithin wäre bloßes „Window Dressing“ die Folge.
844 845 846
Vgl. Miceli / Near / Dworkin (2009), S. 386. Vgl. Happ / Pott (2007), S. 670, und Menden / Kralisch (2008). Siehe dazu die Ausführungen von Moberly (2008) und Dworkin (2007).
193 Außerdem kann aus dem Ergebnis geschlussfolgert werden, dass die Ausstrahlungseffekte des SOX relativ gering sind. Das bedeutet, dass Unternehmen, die ihr Whistle-Blowing-System freiwillig einrichten, offensichtlich nicht nur mit anderen „mitziehen“ wollen. Es wird vielmehr der Anschein erweckt, freiwillig implementierende Unternehmen haben sich intensiver mit den Wirkungen und der Effektivität eines Whistle-Blowing-Systems beschäftigt. Hingegen zeigen verpflichtete Unternehmen zwar eine gute Kommunikation nach außen847, die tatsächliche Effektivität scheint indes eingeschränkt. Die Ergebnisse der Umfrage sind deshalb insbesondere für den Gesetzgeber interessant, denn sie zeigen einerseits die zum Teil noch sehr verhaltene Einstellung gegenüber Whistle-Blowing-Systemen. Dies ist insbesondere bei kleineren, nicht börsennotierten Unternehmen der Fall. Die Einführung eines gesetzlichen WhistleBlower-Schutzes wird deshalb kaum zur Einrichtung effektiver Whistle-BlowingSysteme führen, solange Unternehmen noch nicht von den Vorteilen des Systems überzeugt sind. Andererseits wird anhand der Ergebnisse gezeigt, dass die Bedenken zur Effektivität des SOX berechtigt sind. Mithin führt die Verpflichtung zur Einrichtung von Whistle-Blowing-Systemen nicht zu einer glaubwürdigen Umsetzung des Systems. Dies zeigt, dass vor dem in Deutschland vorhandenen historischen Hintergrund eine sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Regelung zum Umgang mit Whistle Blowing zu erfolgen hat.
847
Dies ist den Ergebnissen des Scoring-Modells in Abschnitt 5.2.2 zu entnehmen.
195
Anlagenverzeichnis Anlage 1: Berechnung des Minimums der Agency-Kosten-Funktion
196
Anlage 2: Test auf Normalverteilung der Scoring-Werte bei Listing NYSE
197
Anlage 3: Fragebogen
198
Anlage 4: befragte Unternehmen
209
Anlage 5: logistische Regression bei schrittweisem Einbezug der Variablen
212
Anlage 6: modifiziertes logistisches Regressionsmodell
213
Anlage 7: Kreuztabellen der signifikanten Variablen aus Hypothesen 1a-d (logistische Regression)
213
Anlage 8: Diskriminanzanalyse mit schrittweisem Einbezug der Variablen
214
Anlage 9: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei der Größe
214
Anlage 10: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei der Branche
215
Anlage 11: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei den Altersgruppen
215
Anlage 12: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei den Aktienindizes
216
Anlage 13: Test auf Normalverteilung bei den Ausgestaltungseigenschaften
216
Anlage 14: Korrelationen Kendall-Tau-B Vor- / Nachteile
217
Anlage 15: Korrelationen Kendall-Tau-b Ausgestaltungseigenschaften
218
E. Pittroff, Whistle-Blowing-Systeme in deutschen Unternehmen, DOI 10.1007/978-3-8349-6239-3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
196 Anlage 1: Berechnung des Minimums der Agency-Kosten-Funktion ܭܯሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିȉௐௌ ݀ଵ
Annahme für Funktionen:
ܭܤሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ȉௐௌ ݀ଶ ܴܸሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିȉௐௌ ݀ଷ ܽǡ ܾǡ ܿǡ ݀ଵ ǡ ݀ଶ ǡ ݀ଷ אԹ ܽǡ ܾǡ ܿ Ͳ ݀ଵ ݀ଶ ݀ଷ ൌ ݀
ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିȉௐௌ ݁ ȉௐௌ ݁ ିȉௐௌ ݀ Aufgrund ähnlicher Eigenschaften der Funktionen MK und RV, kann angenommen werden, dass ܽ ൌ ܿ ് Ͳ gilt: ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିȉௐௌ ݁ ȉௐௌ ݁ ିȉௐௌ ݀ ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ʹ݁ ିȉௐௌ ݁ ȉௐௌ ݀ ܭܣᇱ ሺܹܵܤሻ ൌ െʹܽ ȉ ݁ ିȉௐௌ ܾ ȉ ݁ ȉௐௌ ൌ Ͳ ݁ ȉௐௌ ሺെʹܽ ȉ ݁ ିȉௐௌ ȉ ݁ ିȉௐௌ ܾሻ ൌ Ͳ ݁ ȉௐௌ ൫െʹܽ ȉ ݁ ିሺାሻȉௐௌ ܾ൯ ൌ Ͳ da ݁ ȉௐௌ ് Ͳ, kann nur der 2. Term null werden: െʹܽ ȉ ݁ ିሺାሻȉௐௌ ܾ ൌ Ͳ െʹܽ ȉ ݁ ିሺାሻȉௐௌ ൌ െܾ ݁ ିሺାሻȉௐௌ ൌ
ܾ ʹܽ
െሺܽ ܾሻ ȉ ܹ ܵܤൌ ݈݊ ൬
ܾ ൰ ʹܽ
Extremstelle liegt bei: ܹ ܵܤൌ െ
ͳ ܾ ȉ ݈݊ ൬ ൰ ܾܽ ʹܽ
ܾܽ ്Ͳ ܭܣᇱᇱ ሺܹܵܤሻ ൌ ʹܽଶ ȉ ݁ ିȉௐௌ ܾ ଶ ȉ ݁ ȉௐௌ ܭܣᇱᇱ ൬െ
ଵ ଵ ͳ ܾ ȉ ݈݊ ൬ ൰൰ ൌ ʹܽଶ ȉ ݁ ିቀିାȉቀଶቁቁ ܾଶ ȉ ݁ ቀିାȉቀଶቁቁ ܾܽ ʹܽ ೌ
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ೌశ್ ୪୬ቀଶቁ
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197
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݂òܽݎǡ ܾ Ͳ݈݃݅ ܭܣݐᇱᇱ Ͳ Für die Grafik wurden folgende Parameter angenommen: ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ݁ ିଵȉௐௌ ݁ ǡȉௐௌ െ ͳ ݁ ିଵȉௐௌ Das Optimum ergibt sich mithin bei: ܭܣሺܹܵܤሻ ൌ ʹ݁ ିଵȉௐௌ ݁ ǡȉௐௌ െ ͳ ܭܣᇱ ሺܹܵܤሻ ൌ െʹͲ ȉ ݁ ିଵȉௐௌ Ͳǡ ȉ ݁ ǡȉௐௌ ൌ Ͳ ݁ ǡȉௐௌ ሺെʹͲ ȉ ݁ ିଵȉௐௌ ȉ ݁ ିǡȉௐௌ Ͳǡሻ ൌ Ͳ ݁ ǡȉௐௌ ൫െʹͲ ȉ ݁ ିሺଵǡሻȉௐௌ Ͳǡ൯ ൌ Ͳ ݁ ǡȉௐௌ ് Ͳ െʹͲ ȉ ݁ ିሺଵǡሻȉௐௌ Ͳǡ ൌ Ͳ െʹͲ ȉ ݁ ିሺଵǡሻȉௐௌ ൌ െͲǡ ݁ ିሺଵǡሻȉௐௌ ൌ ͲǡͲ͵ͷ െሺͳͲǡሻ ȉ ܹ ܵܤൌ ݈݊ሺͲǡͲ͵ͷሻ ܹ ܵܤൌ Ͳǡ͵ͳ͵ Es liegt in diesem Fall ein Minimum vor, da: ଵ
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Anlage 2: Test auf Normalverteilung der Scoring-Werte bei Listing NYSE Listing NYSE nein ja
Kolmogorov-Smirnov(a) Statistik 0,132 0,161
Freiheitsgrade 20 10
Signifikanz 0,200 0,200
Shapiro-Wilk Statistik 0,918 0,917
Freiheitsgrade 20 10
Signifikanz 0,091 0,336
198 Anlage 3: Fragebogen Wir freuen uns, dass Sie uns durch Ihre Teilnahme dabei unterstützen, die Wahrnehmung von Whistle-Blowing-Systemen hinsichtlich seiner Vor- und Nachteile zu untersuchen. Es besteht die Möglichkeit, die Befragung jederzeit zu unterbrechen und später an derselben Stelle durch erneutes Aufrufen des in der E-Mail aufgeführten Links fortzusetzen. Whistle Blowing, das Berichten beobachteten Fehlverhaltens übergeordneter Instanzen durch Mitarbeiter eines Unternehmens, hat zur Aufdeckung einiger bedeutender Unternehmensskandale geführt, z.B. jene von Enron oder WorldCom. Daher hat der amerikanische Gesetzgeber mit dem Sarbanes Oxley Act of 2002 (SOX 2002) die Einrichtung geeigneter Strukturen gefordert, welche die Mitarbeiter börsennotierter Unternehmen zum Whistle Blowing ermutigen. Auch der deutsche Gesetzgeber hat erste Reaktionen zu diesem Thema gezeigt und einen Gesetzesvorschlag zu einem Informantenschutz im BGB entworfen, der zurzeit diskutiert wird. Im Hinblick auf aktuelle Korruptionsaffären, wie z.B. den Fall von Siemens, gewinnt das Thema Whistle Blowing zudem an Relevanz. Das Berichten wahrgenommenen Fehlverhaltens durch Mitarbeiter dürfte jedoch in einem Spannungsfeld aus verschiedenen Vor- und Nachteilen für den Whistle Blower, für das betroffene Unternehmen aber auch für den Kapitalmarkt stehen. Mit diesem Fragebogen soll die Wahrnehmung des Whistle Blowings und die Bedeutung seiner Vor- und Nachteile in Deutschland untersucht werden. Ein wesentliches Ziel der Umfrage ist zudem, Grundlagen für Vorschläge zur bestmöglichen Implementierung von Whistle-Blowing-Systemen in Unternehmen entwickeln zu können. Dazu werden ausgewählte deutsche Unternehmen, Wirtschaftsprüfer sowie Finanzanalysten (stellvertretend für gegenwärtige und potenzielle Kapitalgeber der Unternehmen) unabhängig voneinander befragt.
199 War Ihnen das Konzept des Whistle Blowings vor Zusendung dieses Fragebogens bereits bekannt? schon gehört und recht genaue Vorstellung von dem Konzept schon gehört und eher vage Vorstellung von dem Konzept das Konzept war mir unbekannt.
Wie würden Sie das im Einführungsteil beschriebene Konzept des Whistle Blowings mit einer Bezeichnung ins Deutsche übersetzen? (Mehrfachnennungen sind möglich) Denunzieren Verpfeifen Hinweis geben Alarmglocke läuten sonstiges: _______________________________________________________
Hat Ihr Unternehmen bereits ein System bzw. eine Stelle eingerichtet, das/die Whistle Blowing fördert? ja
(weiter mit Frage 6)
nein
(weiter mit Frage 4)
Haben Sie die Einführung eines solchen Systems bereits geplant? ja (weiter mit Frage 6) nein (weiter mit Frage 5)
Warum haben Sie die Einführung eines Whistle-Blowing-Systems noch nicht geplant? Wir wollen ein solches System nicht einrichten. Uns ist dieses Konzept noch unbekannt. sonstiges (bitte benennen):
200 Der folgende Abschnitt bezieht sich auf die Vor- und Nachteile eines implementierten Whistle-Blowing-Systems. Unabhängig davon, ob Sie ein solches System tatsächlich eingerichtet haben, bitten wir Sie, zu beurteilen welche positiven oder negativen Eigenschaften eines Whistle-Blowing-Systems für den Entscheidungsprozess zur Einrichtung eines solchen Systems relevant sind.
Eigenschaften
I. Wirkungen innerhalb des Unternehmens a) Risikoabbau Ein Whistle-Blowing-System unterstützt das Risikofrüherkennungssystem im Unternehmen. Die Einrichtung dieser Instanz sorgt für eine verbesserte Kontrolle im Unternehmen, sich gesetzeskonform zu verhalten (Corporate Compliance). b) Betriebsklima Durch ein Whistle-Blowing-System verlieren Mitarbeiter die Angst vor möglichen Sanktionen und sind eher bereit, beobachtetes Fehlverhalten zu melden. Whistle Blower verhalten sich illoyal und werden zu Außenseitern. Ein Whistle-Blowing-System zerstört dadurch das Vertrauensverhältnis der Mitarbeiter untereinander und beeinflusst das Betriebsklima negativ. Bei einem Whistle-Blowing-System sind Vergeltungsmaßnahmen der Kollegen und Vorgesetzten gegenüber dem Whistle Blower nicht ausgeschlossen. Ein Whistle-Blowing-System fördert opportunistisches Verhalten der Mitarbeiter (durch evtl. Schutzregelungen der Whistle Blower oder finanzielle Anreize).
sehr releva nt
eher releva nt
releva nt
weni ger releva nt
irreleva nt
201
II. Wirkungen außerhalb des Unternehmens durch Kommunikation des Whistle-Blowing-Systems a) Reputation Ein Whistle-Blowing-System wirkt sich langfristig erfolgreich auf die Gewinnung kompetenter und motivierter Mitarbeiter aus. Ein Whistle-Blowing-System hat langfristig eine positive Wirkung auf die allgemeine gesellschaftliche Anerkennung des Unternehmens bezüglich seiner Aktivitäten. Whistle-Blowing-Systeme verhindern „unkontrolliertes“ Whistle Blowing an Unternehmensexterne und damit verbundene Reputationsschäden. b) Wirkungen auf den Unternehmenswert Ein Whistle-Blowing-System senkt die Eigenkapitalkosten durch einen verminderten Risikozuschlag der Eigenkapitalgeber und bewirkt damit c.p. eine Steigerung des Unternehmenswertes. Ein Whistle-Blowing-System senkt die Fremdkapitalkosten durch einen verminderten Risikozuschlag der Fremdkapitalgeber und bewirkt damit c.p. eine Steigerung des Unternehmenswertes. Ein Whistle-Blowing-System verringert das Kursrisiko des betreffenden Unternehmens. Ein Whistle-Blowing-System verursacht hohe Kosten, die den schwer messbaren Nutzen überwiegen können. c) Weitere mögliche Konsequenzen auf andere Gruppen Ein Whistle-Blowing-System führt ggf. zu einer Verbesserung der Lieferantenkonditionen z.B. durch eine Verlängerung des Zahlungszieles. (Liquiditätsverbesserung) Das Whistle-Blowing-System fördert die Umsatzsteigerung durch langfristige Kundenbindungen. Ein Whistle-Blowing-System verringert das von
sehr relevant
eher relevant
relevant
weni ger relevant
irrelevant
202 Versicherungen bzw. Rückversicherungen einkalkulierte Risiko und führt zu niedrigeren Versicherungsprämien.
III. Rechtliche Konsequenzen
Whistle-Blowing-Systeme helfen, strafrechtliche Konsequenzen für das Unternehmen durch interne Klärung des gemeldeten Fehlverhaltens zu vermeiden. Ein Whistle-Blowing-System kann arbeitsrechtliche Probleme nach einer Hinweisgebung verringern. Ein Whistle-Blowing-System konfrontiert das Unternehmen mit datenschutzrechtlichen Problemen. sonstige relevante Eigenschaften (bitte benennen):
sehr relevant
eher relevant
relevant
weni ger relevant
irreleva nt
203 Whistle Blowing wird je nach informierter Stelle in unternehmensinternes oder -externes Whistle Blowing unterschieden. Welche zu informierende Stellen sehen Sie als einen unternehmensinternen bzw. -externen Ansprechpartner an? Instanz Aufsichtsrat Audit Committee Wirtschaftsprüfer Betriebsrat Konzernrevision / interne Revision interne Rechtsabteilung vom Unternehmen beauftragte Anwaltskanzlei Kollege unmittelbarer Vorgesetzter weiter übergeordnete Vorgesetzte (z.B. Hauptabteilungsleiter, Bereichsleiter, Vorstand) leitende Mitarbeiter von übergeordneten Konzernmutterunternehmen oder von der Konzernzentrale spezielle Ombuds- oder Vertrauensleute im Unternehmen Compliance-Abteilung im Unternehmen speziell dafür beauftragte Organisation (z.B. branchenübergreifende Selbstregulierungsorganisation) Aufsichtsbehörden (z.B. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht [BaFin]) Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) Presse / Medien o.ä.
interne Stelle
externe Stelle
204 Wie stark beeinflussen die folgenden Eigenschaften Ihres Erachtens die Wirksamkeit eines Whistle-Blowing-Systems?
Eigenschaften I. Wirksame Nachverfolgung: Die Unabhängigkeit der Whistle-Blowing-Stelle muss gewährleistet sein, um z.B. der Gefahr von Schweigegeldern zu entgehen. Die Whistle-Blowing-Stelle hat die Kompetenz, mögliches Fehlverhalten richtig einzuschätzen und zu verfolgen. Die Whistle-Blowing-Stelle ist motiviert, das Fehlverhalten zu verfolgen. Das Whistle-Blowing-System sollte einen weit reichenden Informationszugang auf allen Unternehmensebenen haben. Die zu informierende Stelle sollte nur für das Entgegennehmen von Hinweisen über mögliches Fehlverhalten verantwortlich sein. Die Auswertung der Informationen und die Einleitung von Maßnahmen sollten auf oberer Führungsebene erfolgen. Die Hinweise sollten an Unternehmensexterne gelangen, um eine wirksame Nachverfolgung gemeldeter Sachverhalte zu gewährleisten. II. Wirksamkeit durch Schutz und Motivation des Whistle Blowers: Die Anonymität des Whistle Blowers sollte gewährleistet sein. Dem Whistle Blower dürfen seitens des Arbeitgebers keine negativen Konsequenzen drohen, wenn er dem Whistle-Blowing-System einen Hinweis (im guten Glauben) gegeben hat. Das Whistle-Blowing-System sollte anreizkompatibel ausgestaltet sein (Belohnung für eine Hinweisgebung).
sehr relevant
eher relevant
relevant
weniger relevant
irrelevan t
205 III. Wirksamkeit durch Vertrauen in das WhistleBlowing-System:
sehr relevant
eher relevant
relevant
weniger relevant
irreleva nt
Das Whistle-Blowing-System sollte schon vor Bekanntwerden eines Missstandes über die Lösungs- und Verfahrensmuster informieren. Die verantwortliche Person / Stelle sollte dem potenziellen Whistle Blower vertraut sein. Das Whistle-Blowing-System sollte dem Whistle Blower nach dem Hinweis über die weitere Vorgehensweise ausreichend informieren. Sonstige Eigenschaften (bitte benennen):
Wie beurteilen Sie die möglichen Schutzmaßnahmen einer Person, die Whistle Blowing betreibt? Unterscheiden Sie bitte dabei zwischen einem unternehmensintern und einem unternehmensextern eingerichteten System. (5 = sehr gute Lösung, 1 = sehr schlechte Lösung) bei einem internen Whistle Blowing-System
bei einem externen Whistle Blowing-System
Es sollte gar keinen Schutz geben.
5 4 3 2 1
5 4 3 2 1
Es sollte zivilrechtlichen Schutz geben, z.B. durch einen explizit kodifizierten Kündigungsschutz für Whistle Blower.
5 4 3 2 1
5 4 3 2 1
Es sollte unternehmensinterne Schutzregelungen geben (z.B. in der Satzung des Unternehmens).
5 4 3 2 1
5 4 3 2 1
Es sollte eine Kombination von internen und zivilrechtlichen Schutzmaßnahmen geben.
5 4 3 2 1
5 4 3 2 1
Es sollten behördliche Schutzmaßnahmen existieren.
5 4 3 2 1
5 4 3 2 1
Sonstiges (bitte benennen):
5 4 3 2 1
5 4 3 2 1
206 Beantworten Sie die Fragen 10 bis 15 bitte nur, wenn Sie ein Whistle-Blowing-System eingerichtet haben! Wenn ein Mitarbeiter auf Fehlverhalten hinweisen möchte und er sich aus bestimmten Gründen nicht an den direkten Vorgesetzten wenden kann, an welche Stelle oder Person sollte er sich Ihres Erachtens wenden? Meldung an spezielle Ombuds- oder Vertrauensleute im Unternehmen Meldung an einen Ansprechpartner in der Compliance-Abteilung Meldung an die Rechtsabteilung im Unternehmen Meldung an eine andere Abteilung im Unternehmen Meldung an eine externe Anwaltskanzlei Meldung an die interne Revision Meldung an eine externe Revisionsgesellschaft Meldung über eine Telefon-Hotline an eine extern beauftragte Organisation Meldung an eine sonstige Stelle; Bitte benennen Sie diese Stelle:
Würden Sie das eingerichtete Whistle-Blowing-System in Ihrem Unternehmen eher als internes oder eher als externes Whistle-Blowing-System bezeichnen. internes Whistle-Blowing-System (weiter mit Frage 12) externes Whistle-Blowing-System (weiter mit Frage 13) Sonstiges (bitte benennen):
Auf welcher/welchen Unternehmensebene/n wurde das Whistle-Blowing-System eingegliedert? auf der obersten Managementebene/Vorstandsebene auf mittleren Managementebenen auf der Ausführungsebene auf Stabsebene auf allen Unternehmensebenen sonstiges (bitte benennen):
207 Hat der Whistle Blower die Möglichkeit, seinen Hinweis anonym zu geben? Ja, denn Whistle Blower bleiben in jedem Fall anonym. Ja, er kann den Hinweis anonym geben. Nein, der Whistle Blower ist der Whistle-Blowing-Stelle bekannt, aber eine vertrauliche Behandlung wird zugesichert. Nein, dem Whistle Blower wird keine vertrauliche Behandlung zugesichert. Vorausgesetzt Sie informieren die Öffentlichkeit über das eingerichtete System, wie publizieren Sie diese Informationen? (Mehrfachnennungen möglich) Es werden keine Informationen über das System veröffentlicht. (weiter mit Frage 16) Die Information wird im Nachhaltigkeitsbericht publiziert. (weiter mit Frage 15) Die Information wird im Corporate Governance Bericht veröffentlicht. (weiter mit Frage 15) Informationen über das Whistle-Blowing-System sind im Geschäftsbericht enthalten. (weiter mit Frage 15) Die Information ist auf der Homepage des Unternehmens abrufbar. (weiter mit Frage 15) Die Information erfolgt in einer Ad hoc Mitteilung direkt nach der Einrichtung. (weiter mit Frage 15) Sonstiges: (bitte benennen)
Welche Information geben Sie konkret über das Whistle-Blowing-System an? Es wird lediglich über die Einrichtung des Systems informiert. Einige Hinweise über die Vorgehensweise bei einer Hinweisgebung werden bekannt gegeben. Es wird ausführlich über das eingerichtete System informiert, aber keine Vorteile des Whistle-Blowing-System offenbart. Es wird ausführlich über das eingerichtete System berichtet und die Vorteile des Whistle-Blowing-System werden offenbart. Sonstiges (bitte ausformulieren):
208 Wie groß schätzen Sie Ihr Unternehmen ein? Großes Unternehmen Mittelgroßes Unternehmen Kleines Unternehmen
Welcher Branche gehört Ihr Unternehmen an? Automobile/Automobilzulieferer
Versicherungen
Banken
Medien
Grundstoff
Pharma & Gesundheit
Chemie
Einzelhandel
Bau
Software & IT
Konsumgüter
Technologie
Finanzdienstleistungen
Telekommunikation
Getränke und Nahrungsmittel
Transport und Logistik
Industrie
Versorger
Besteht Interesse an einer Zusendung der Studie? nein ja: zur Zusendung tragen Sie bitte die gewünschte E-Mail-Adresse ein:
Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme!
209 Anlage 4: befragte Unternehmen Aareal Bank AG
Delta Lloyd Deutschland AG
ABN AMRO Bank N.V.
Demag Cranes AG
ABN AMRO Hypotheken Groep B.V.
Deutsche Bahn AG
adidas AG
Deutsche Bank AG
agens Consulting GmbH
Deutsche Börse AG
AIXTRON AG
Deutsche EuroShop AG
Allianz Global Corporate & Specialty AG
Deutsche Factoring Bank
Allianz SE
Deutsche Leasing AG
Altana AG
Deutsche Lufthansa AG
Arcandor AG
Deutsche Post AG
AuditManagement LiVE GmbH
Deutsche Postbank AG
B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA
Deutsche Telekom AG
BASF SE
Deutsche WertpapierService Bank AG
Bayer AG
Deutscher Ring AG
Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG Bayerische Landesbank Anstalt des öffentlichen Rechts
Deutz AG
BB Biotech AG BB MEDTECH AG BDO Deutsche Warentreuhand AG Bechtle AG Beiersdorf AG Berliner Volksbank eG Berlin-Hannoversche Hypothekenbank Aktiengesellschaft Berufsakademie Villingen-Schwenningen Staatliche Studienakademie
DHL GmbH DKB Deutsche Kreditbank AG Douglas Holding AG Drägerwerk AG & Co. KGaA Dresdner Bank AG DZ Bank AG E.ON AG EADS N.V. EPCOS AG Ernst Klett Aktiengesellschaft
BGV Badische Versicherungen
ersol Solar Energy AG
BHW Holding AG
Flughafen Köln/Bonn GmbH
Bilfinger Berger AG
FMS AG
BMW AG Bremer Landesbank Kreditanstalt OldenburgGirozentrale Anstalt des öffentlichen Rechts
Frankfurter Sparkasse
Carl Zeiss Meditec AG Celesio AG centrotherm photovoltaics AG Citigroup Inc. Claas Group Commerzbank AG Conergy AG Conrad Hinrich Donner Bank AG Continental AG Daimler AG DekaBank Deloitte & Touche GmbH
Fraport AG freenet AG Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA Fresenius SE Fuchs Petrolub AG GAGFAH S.A. GEA Group Aktiengesellschaft Generali Deutschland Holding AG GEZ Gildemeister AG Hamburger Hafen und Logistik AG Hannover Rückversicherung AG HeidelbergCement AG
210
Heidelberger Druckmaschinen AG
National-Bank AG
Henkel AG & Co. KGaA
NORD/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale
Hettich Holding GmbH & Co. oHG
Norddeutsche Affinerie AG
HOCHTIEF Aktiengesellschaft
Nordex AG
HSBC Trinkaus & Burkhardt AG
Oldenburgische Landesbank AG
HSH Nordbank AG
Pfeiffer Vacuum Technology AG
Hugo Boss AG
Pfleiderer AG
Hypo Real Estate Holding AG
Phoenix Solar Aktiengesellschaft Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte Holding AG
IDS Scheer AG Infineon Technologies AG Infraserv GmbH & Co. Höchst KG Itzehoer Versicherung/Brandgilde von 1691 Versicherungsverein a.G.
Premiere AG ProSiebenSat.1 Media AG Puma AG
IVG Immobilien AG
Q-Cells SE
JPMorgan AG
QIAGEN N.V.
K&S AG
QSC AG
Klöckner & Co SE
r.o.l.a. Business Solutions GmbH
Kontron AG
REpower Systems AG
Kreissparkasse Köln
Reuschel & Co. Kommanditgesellschaft
Krones AG
Rheinmetall AG
KUKA AG
RHÖN-KLINIKUM AG
Landesbank Baden-Württemberg
Risk Communication Concepts
Landesbank Berlin AG
Rofin-Sinar Technologies Inc.
Landesbank Hessen-Thüringen
Roth & Rau AG
LANXESS AG LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin – Hannover
RWE AG
LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG LBS Westdeutsche Landesbausparkasse Lebensversicherung von 1871 a.G. München Leoni AG Linde AG MAN SE MEDIA-SATURN-HOLDING GMBH Merck KGaA METRO AG METRO Group Asset Management GmbH & Co. KG
Salzgitter AG SAP AG Schüco International KG SEB AG SGL Carbon AG Siemens AG Signal Iduna Gruppe Singulus Technologies AG Skandia Leben Holding GmbH Software AG SolarWorld AG SOLON SE
MLP AG
Sparda-Bank Baden-Württemberg eG
Morgan Stanley AG
Sparda-Bank München eG
MorphoSys AG
Sparda-Bank West eG
MTU Aero Engines Holding AG
Sparkasse Bielefeld
Münchener Rück AG
Sparkasse Essen
Nassauische Sparkasse
211
Sparkasse Leipzig Sparkasse Pforzheim Sparkassen-Versicherung Sachsen AG STADA Arzneimittel AG Stadtwerke Bielefeld GmbH Storck AG Südzucker AG SULO Umwelttechnik GmbH Symrise AG TaunusSparkasse Tchibo GmbH ThyssenKrupp AG Tognum AG TUI AG TÜV Nord AG Union Asset Management Holding AG United Internet AG Versatel AG VHV Vereinigte Hannoversche Versicherung a.G. Volkswagen AG Volkswagen Financial Services AG Vossloh AG Wacker Chemie AG WestLB AG Wincor Nixdorf AG Wirecard AG Wupperverband Württembergische und Badische VersicherungsAG Wüstenrot Bausparkasse AG
212 Anlage 5: logistische Regression bei schrittweisem Einbezug der Variablen848 Erwartetes Regressions- StandardVorzeichen koeffizient b fehler
Wald
Signifikanz
eb
Hypothese 1a: Risikoabbau Compliance
+
1,038
0,472
4,844
0,028
2,824
strafrechtliche Konsequenzen
+
0,690
0,312
4,900
0,027
1,995
+
0,571
0,325
3,081
0,049
1,769
-0,758
0,436
3,025
0,082
0,469
Hypothese 1b: Reputation Anerkennung
Hypothese 1c: finanzielle Vorteile Fremdkapitalkosten
+
Hypothese 1d: Nachteile / Kosten illoyale Mitarbeiter
-
-0,933
0,461
4,099
0,043
0,394
Opportunismus
-
1,282
0,535
5,752
0,016
3,605
Kosten / Nutzen
-
-0,781
0,399
3,832
0,050
0,458
-6,057
2,342
6,687
0,010
0,002
Konstante Chi-Quadrat Signifikanz Nagelkerkes R² Klassifikationsmatrix
848
41,099 0,000 53,4 % 74,1 %
Das Kriterium der Aufnahme bzw. des Entfernens kann bei SPSS zum einen anhand der WaldStatistik oder der Likelihood-Ratio festgelegt werden. Beide Varianten führen in diesem Fall zum gleichen Ergebnis, weshalb nicht weiter auf den Unterschied eingegangen werden soll. Hier wurde die Wald-Statistik als Kriterium verwendet. Die Tabelle zeigt den letzten (7.) Schritt der rückwärts entfernten Variablen aus dem Modell.
213 Anlage 6: modifiziertes logistisches Regressionsmodell849 Erwartetes RegressionsVorzeichen koeffizient b
Standardfehler
Wald
Signifikanz
e
b
Hypothese 1a: Risikoabbau Compliance
+
0,620
0,370
2,809
0,094
1,859
strafrechtliche Konsequenzen
+
0,779
0,340
5,264
0,022
2,180
Hypothese 1b: Reputation Anerkennung
+
0,764
0,337
5,125
0,024
2,146
Reputationsschäden
+
-0,448
0,322
1,933
0,164
0,639
Hypothese 1d: Nachteile / Kosten Opportunismus
-
0,760
0,389
3,817
0,050
2,139
Kosten / Nutzen
-
-1,454
0,465
9,768
0,002
0,234
-4,878
2,001
5,941
0,015
0,008
Konstante Chi-Quadrat Signifikanz Nagelkerkes R² Klassifikationsmatrix
34,880 0,000 46,5 % 79 %
Anlage 7: Kreuztabellen der signifikanten Variablen aus Hypothesen 1a-d (logistische Regression)
Variable
WBS weniger eher sehr Kendallja / irrelevant relevant relevant relevant relevant Tau-b nein
Compliance
nein ja
1 0
8 0
19 7
10 15
8 13
0,374
0,000
strafrechtliche nein Konsequenzen ja
3 0
5 4
17 5
16 16
5 10
0,269
0,005
nein ja
2 1
15 4
16 8
8 15
5 7
0,294
0,002
nein
6
23
14
2
1
ja
8
17
5
4
1
-0,087
0,406
nein ja
5 9
18 21
13 3
9 2
1 0
-0,336
0,000
Anerkennung Opportunismus Kosten/Nutzen
849
Näherungsweise Signifikanz
Alle Variablen mit Standardfehlern, die größer bzw. fast genauso groß wie die Standardkoeffizienten waren, wurden ausgeschlossen: es handelt sich dabei um die Variablen „Risikofrüherkennung“, „Mitarbeitergewinnung“, „Eigenkapitalkosten“, „Fremdkapitalkosten“, „Kursrisiko“, „illoyale Mitarbeiter“ und „Vergeltungsmaßnahmen“.
214 Anlage 8: Diskriminanzanalyse mit schrittweisem Einbezug der Variablen850 Erwartetes Vorzeichen
Variablen
Standardisierte kanonische Koeffizienten
Strukturkorrelation
Compliance
+
0,746
0,718
Illoyale Mitarbeiter
-
-0,781
-0,649
Opportunismus
-
0,507
-0,084
Existenz eines Whistle-Blowing-Systems
Diskriminanzfunktion bei den Gruppenzentroiden
nein
-0,537
ja
0,705
Eigenwert
Kanonische Korrelation
WilksLambda
Chi-Quadrat
Signifikanz
Klassifikationsmatrix
0,388
0,529
0,721
25,404
0,000
71,6 %
Anlage 9: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei der Größe Unternehmensgröße
Kolmogorov-Smirnov
Shapiro-Wilk
Statistik Freiheitsgrade Signifikanz Statistik Freiheitsgrade Signifikanz
großes Unternehmen
0,424
33
0,000
0,596
33
0,000
mittelgroßes Unternehmen
0,486
34
0,000
0,498
34
0,000
kleines Unternehmen
0,473
5
0,001
0,552
5
0,000
850
Das Aufnahmekriterium ist die Verbesserung (d.h. Verringerung) von Wilks-Lambda. Es können noch andere schrittweise Verfahren zur Anwendung kommen. Hair et al. (2010) empfehlen auf S. 358 – 359 z.B. die Anwendung des Mahalanobis D². Alle Verfahren kommen jedoch zum gleichen Ergebnis, sodass eine zusätzliche Unterscheidung unterbleiben kann.
215 Anlage 10: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei der Branche Kolmogorov-Smirnov Branche
Shapiro-Wilk
Statistik
Freiheitsgrade
Signifikanz
Statistik
Freiheitsgrade
Signifikanz
Banken
0,380
17
0,000
0,632
17
0,000
Chemie
0,473
5
0,001
0,552
5
0,000
Konsumgüter
0,260
2
0,000
Finanzdienstleistungen
0,492
6
0,000
0,496
6
0,000
Industrie
0,433
10
0,000
0,594
10
0,000
Versicherungen
0,482
10
0,000
0,509
10
0,000
Medien
0,385
3
0,000
0,750
3
0,000
Software & IT
0,260
2
0,000
Technologie
0,385
3
0,000
0,750
3
0,000
Transport und Logistik
0,307
4
0,000
0,729
4
0,024
Anlage 11: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei den Altersgruppen Altersgruppe
Kolmogorov-Smirnov
Shapiro-Wilk
Statistik Freiheitsgrade Signifikanz Statistik Freiheitsgrade Signifikanz
6-10
0,433
10
0,000
0,594
10
0,000
11-15
0,385
3
.
0,750
3
0,000
16-50
0,392
13
0,000
0,628
13
0,000
51-100
0,440
17
0,000
0,579
17
0,000
ab 101
0,366
16
0,000
0,638
16
0,000
216 Anlage 12: Test auf Normalverteilung von „Existenz eines Whistle-BlowingSystems“ bei den Aktienindizes Index
Kolmogorov-Smirnov
Shapiro-Wilk
Statistik
Freiheitsgrade
Signifikanz
Statistik
Freiheitsgrade
Signifikanz
Dax
0,492
6
0,000
0,496
6
0,000
MDax
0,347
23
0,000
0,639
23
0,000
TecDax
0,407
6
0,002
0,640
6
0,001
sonstiges
0,423
27
0,000
0,597
27
0,000
Anlage 13: Test auf Normalverteilung bei den Ausgestaltungseigenschaften Kolmogorov-Smirnov Art Stelle
Shapiro-Wilk
Statistik
Freiheitsgrade
intern
0,413
22
0,000
0,642
22
0,000
extern
0,254
9
0,098
0,810
9
0,026
intern
0,374
22
0,000
0,687
22
0,000
extern
0,297
9
0,021
0,813
9
0,028
intern
0,327
22
0,000
0,764
22
0,000
extern
0,269
9
0,059
0,808
9
0,025
intern
0,195
22
0,029
0,875
22
0,010
extern
0,355
9
0,002
0,773
9
0,010
intern
0,418
22
0,000
0,557
22
0,000
extern
0,471
9
0,000
0,536
9
0,000
keine negativen Kon- intern sequenzen extern
0,524
22
0,000
0,333
22
0,000
0,519
9
0,000
0,390
9
0,000
Unabhängigkeit Motivation Informationszugang Vertrautheit der Stelle Anonymität
SignifiFreiheitsStatistik kanz grade
Signifikanz
(** p<0,01, * p<0,05 (2-seitig))
Anlage 14: Korrelationen Kendall-Tau-B Vor- / Nachteile
217
218 Anlage 15: Korrelationen Kendall-Tau-b Ausgestaltungseigenschaften (** p<0,01, * p<0,05 (2-seitig)) UnabhängigMotivation keit Unabhängigkeit
1,000
Motivation
0,212
Informationszugang
*
0,212*
Informationszugang 0,178 **
Vertrautheit Anonymität der Stelle
keine negativen Konsequenzen
0,172
0,245*
0,113
0,019
0,168 0,210*
0,178
1,000
0,474
0,178
0,474**
1,000
0,146
-0,061
Vertrautheit der Stelle
0,172
0,113
0,146
1,000
0,047
0,005
Anonymität
0,245*
0,019
-0,061
0,047
1,000
0,396**
keine negativen Konsequenzen
0,178
0,168
0,210*
0,005
0,396**
1,000
219
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