Sebastian Kleist Management kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Sebastian Kleist
Ma...
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Sebastian Kleist Management kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Sebastian Kleist
Management kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen Eine Untersuchung am Beispiel der Zusammenarbeitzwischen deutschen und chinesischen Unternehmen
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Gerhard Schewe
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Dissertation Universitat Miinster, 2003 [D 6 2003]
I.Auflage Juni2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ute Wrasmann/Anita Wilke Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung aulSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0462-X ISBN-13 978-3-8350-0462-7
Meinen Eltem
Geleitwort Die Frage, in welcher Form die produktbezogene WertschOpfungskette arbeitsteilig zu optimieren ist, ist in den letzten Jahren zusehends ins Blickfeld untemehmerischen Handelns gerUckt. Dieser Trend hat auch in der Wissenschaft seinen Niederschlag geftinden. Die Vielzahl der Forschungsarbeiten, die sich Fragestellungen zum Management von Geschaftsbeziehungen widmen, reduziert sich rasch, wenn man sich mit intemationalen Geschaftsbeziehungen jenem Typ widmet, der durch die Zunahme des Welthandels massiv an Bedeutimg gewonnen hat. Meist vergebens sucht man Arbeiten, die diesen intemationalen Charakter der Geschaftsbeziehung noch um den Aspekt der Kulturverschiedenheit erweitem. Genau hier setzt die vorliegende Arbeit an. Kulturelle Unterschiede sind im Rahmen des Interkulturellen Managements schon fUr diverse Aspekte untemehmerischen Handelns dokumentiert und analysiert (z.B. in der Ftlhnmgs- und Kommunikationsforschung). Hier tiberwiegt jedoch eine Fokussierung auf Aktivitaten innerhalb der intemationalen Untemehmung. Sebastian Kleist ist es mit der vorliegenden Arbeit nun in hervorragender Weise gelungen, die dort vorgelegten Erkenntnisse fUr das Gebiet des Geschaftsbeziehungsmanagements nutzbar zu machen.
Der Autor bringt Ordnung in die Vielfalt der allgemeinen Forschungsarbeiten zu Geschaftsbeziehungen und entwickelt ein umfassendes theoretisches Modell zur Analyse kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen. In diesem Modell werden aufbauend auf Diller eine evaluierende Ebene und vier inhaltliche Ebenen einer Geschaftsbeziehung unterschieden und durch ihre Einflussbeziehungen gekennzeichnet. Durch die systematische VerknUpfung dieses Modells mit dem multidimensionalen Kulturansatz von Hofstede werden zahlreiche Anhaltspunkte daftir aufgezeigt, dass die Landeskultur einen Einfluss auf die bevorzugte Gestaltung der Beziehungsebenen austibt. Sebastian Kleist zeigt somit nachdrticklich, dass sich kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen in vielfaitiger Form von intrakulturellen Geschaftsbeziehungen imterscheiden und es unumganglich erscheint, hier einen neuen Weg zu beschreiten.
Vor dem Hintergrund der Vielfaitigkeit der Kulturen, die einen Einfluss auf das Management von Geschaftsbeziehungen besitzen, ware es unseriSs, den Anspruch zu verfolgen, ftir jede m5gliche Kulturinterdependenz Erkenntnisse zu liefem. Insofem wahlt Sebastian Kleist ftir seine empirische Untersuchung den klaren Weg einer Fokussierung des Erkenntnisobjektes auf deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen. Seine Wahl ist somit auf ein hSchst aktuelles und auch auf ein wirtschaftlich h6chst bedeutsames Forschungsobjekt gefallen. Grundlage der empirischen Untersuchung ist eine pers6nliche Befragung bei deutschen Untemehmen des Textil- und Bekleidungssektors in Hong Kong. Methodisch beschrankt sich die Untersuchung nicht auf eine bivariate Analyse, sondem deckt mit Hilfe der multivariaten Pfadanalyse auch die mehrstufigen Interaktionsbeziehungen zwischen den Beziehungsebenen auf
Vm
Geleitwort
Nachdem die empirische Prilfimg der theoretischen Modellstruktur abgeschlossen ist, gehen Untersuchungen meist dazu tiber, die Arbeit mit einem kurzen Ausblick fiir die praktische Umsetzung zu schlieBen. Die vorliegende Arbeit widmet den Gestaltimgsempfehlungen ftir das Management deutsch-chinesischer Geschaflsbeziehimgen dagegen gar ein eigenstandiges Kapitel. Dabei wird deutlich, dass der Aufbau interkultureller Kompetenz als eine Grundvoraussetzung fiir das erfolgreiche Management deutsch-chinesischer Gesch^ftsbeziehimgen angesehen werden kann. Untemehmen imd ihre verantwortlichen Manager mtissen zahlreiche kulturelle Unterschiede (bspw. beim Aufbau gegenseitigen Vertrauens, bei der Entwicklung einer pers6nlichen Beziehung oder beim Konfliktmanagement) angemessen beriicksichtigen, um kulturtibergreifende GeschSftsbeziehungen im chinesischen Kulturraum erfolgreich zu gestalten. Die Ausfiihrungen sind somit ein tiberzeugendes Beispiel dafiir, wie theoretische und empirische Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen sind.
Die vorliegende Arbeit liefert einen hervorragenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschung im Bereich des Managements von Geschaftsbeziehimgen. Angesichts der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft erscheint eine weitergehende Offiiung der Forschung fiir intemationale und vor allem kulturelle Aspekte des GeschSftsbeziehungsmanagements UberMlig. GleichermaBen sind die verantwortlichen Manager aufgerufen, Anstrengungen zum Ausbau ihrer interkulturellen Kompetenz zu untemehmen. Insofem ist der vorliegenden Arbeit eine durchweg breite Rezeption in der Wissenschaft und Praxis zu wOnschen. Gerhard Schewe
Vorwort Kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen stellen ein faszinierendes und vielschichtiges Forschungsobjekt dar. Es stellt den Forscher vor die nicht imerhebliche Herausfordenmg, sowohl die eigene nationale bzw. kulturelle Grenze als auch eine disziplinSre Grenze zu iiberwinden und sich mit einem ftir den Wirtschaftswissenschaftler fremden sozialwissenschaftlichen Konstrukt auseinander zu setzen.
Bereits wShrend meines Studiums hatte ich die Gelegenheit, mit einem Projekt bei einer Tochter eines deutschen Konzems in Hongkong betraut zu sein. Hier konnte ich schnell erkennen, dass sich kulturelle Unterschiede auch innerbetrieblich bemerkbar machen. Unter anderem musste ich feststellen, dass die unmittelbaren Antworten meiner chinesischen KoUegen auf meine Fragen selten zielftihrend, manches Mai gar irrefuhrend waren und ich erst durch nachhaltige Anstrengungen, Beharrlichkeit und auf subtilerem Weg zum Kern des Problems vorstieB. Dabei handelte es sich weniger um bOse Absicht der chinesischen Mitarbeiter, sondem vielmehr um interkulturelle Unterschiede im Konmiunikationsverhalten. Retrospektiv betrachtet ist auch die Anfertigxmg einer wissenschaftlichen Arbeit ein Prozess, der nicht inmier in gradlinigen Bahnen verlauft. Es gilt viele Fragen zu stellen, meist an sich selbst, aber auch an zahlreiche Diskussionspartner. Auch hier waren die schnellen Antworten nicht immer die Richtigen, tauchten stets neue Fragen auf und das Ziel war nur mit Disziplin imd Kreativitat, aber keineswegs mit Zwang erreichbar. Mein aufrichtiger und herzlicher Dank gilt all jenen, die mich bei der Anfertigung der vorliegenden Arbeit untersttitzt haben. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten akademischen Lehrer und Doktorvater, Herm Prof Dr. Gerhard Schewe. Die gemeinsame Zeit an der Universitat Kiel und am Lehrstuhl fiir Betriebswirtschaftslehre, insb. fUr Organisation, Personal und Innovation an der Universitat Miinster hat mich in besonderem MaBe geprSgt. Nicht zuletzt bietet die von ihm geprSgte Kultur des Lehrstuhls mit einem hohen MaB an Vertrauen, konstruktiver Diskussion und Freiraum wichtige Erfolgsfaktoren ftir das Gelingen einer wissenschaftlichen Arbeit. Herm Prof Dr. Dieter Ahlert danke ich ftir die Ubemahme des Zweitgutachtens. Ebenso mochte ich mich herzlich bei Herm Paul Doodt und den zahlreichen Interviewpartnem in Hongkong bedanken.
Zudem gebtihrt mein Dank meinen KoUegen und Mitarbeitem am Lehrstuhl. Besonders hervorheben m6chte ich meine KoUegen und Freunde Dr. Christoph Brast, Dr. Nico Gaede, Dr. Mirco Schacke und Herm Tim Sttibinger. Die gemeinsame Zeit war und ist stets sehr wertvoll. Auch Herm Prof Dr. Littkemann danke ich ftir die gute und fruchtbare Zusanmien-
Vorwort
arbeit im Rahmen gemeinsamer Forschungsanstrengungen. Eine umfangreiche Dissertation wdre zudem unmOglich ohne die tatkr^ige UnterstUtzung studentischer Hilfskr^e. Diesbeztiglich mOchte ich mich vor allem bei Herm Peter Schaarschmidt, Herm Christoph BOs und Herm Dirk Pieperhoff bedanken. Femer mOchte ich mich auch fllr die breite UnterstUtzung in meinem privaten Umfeld herzlich bedanken. Zu nennen sind hier insbesondere Janina Modersohn und Martin W5hrle, der mir in der Beschleunigungsphase und auf der Zielgeraden der Arbeit zur Seite stand. Zudem mttchte ich Christiane Bischoff filr die groBe Geduld, den steten Rtlckhalt und das Vertrauen danken, die sie mir im Verlaufe meines Forschungsprojekts geschenkt hat. Sie hat mich durch stotliche kritische Phasen im Laufe der Entstehung der Arbeit begleitet und wie keine zweite Person mit mir unter den damit verbundenen Belastungen gelitten.
AbschlieBend gebflhrt der wesentliche Dank meiner Familie, die ftlr mich unersetzlich und ein groBer Rtickhalt ist. Neben meiner Schwester Julia Scheel und ihrem Mann Enno und meiner geliebten GroBmutter sind vor allem meine Eltem Brigitte und Norbert Kleist zu wtirdigen. Sie haben mich bis heute stets in jeglicher Hinsicht untersttltzt, motiviert und mir immer das notwendige Vertrauen und eine groBe individuelle Freiheit geschenkt. Nicht zuletzt haben meine Eltem auch einen wichtigen Grundstein ftlr diese Arbeit gelegt, indem sie bereits im Kindesalter meine Faszination fiir andere LSnder und andere Kulturen geweckt und gefbrdert haben. Dmen sei diese Arbeit in Dankbarkeit gewidmet.
Sebastian Kleist
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
XI
Abbildungsverzeichnis
XV
Tabellenverzeichnis
XVn
Kastenverzeichnis
XVII
Abktirzungsverzeichnis
XDC
1
2
EinfUhrung
1
1.1 Problemstellung
1
1.2 Zielsetzung und abgeleitete Forschungsfragen
6
1.3 Gang der Untersuchung
8
Geschiiitsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
11
2.1 Begriffsabgrenzung und konstituierende Merkmale
11
2.2 Geschftftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
17
2.2.1 Dyadische Formen interorganisationaler Beziehungen
18
2.2.2 Multilaterale Formen interorganisationaler Beziehungen
26
2.3 Zum Stand der Forschung
30
2.3.1 AusgewShlte theoretische Betrachtungsperspektiven
30
2.3.2 Das Forschungsfeld aus einer integrativen Perspektive
39
2.4 Zwischenfazit
44
2.5 Entwicklung eines Modells zur Analyse von GeschSftsbeziehungen
46
2.5.1 Interaktionsansatz und Ebenenmodelle als theoretische Ankniipfungspunkte 2.5.2 Isolierte Perspektive: Vorstellung der zentralen Komponenten
46 50
2.5.2.1
Kontext der Geschaftsbeziehungen
2.5.2.2
Inhaltliche Ebenen
53
2.5.2.2.1 Die Individualebene
53
2.5.2.2.2 Die Interaktionsebene
56
2.5.2.3
52
2.5.2.2.3 DieSachebene
59
2.5.2.2.4 Die Machtebene
61
Evaluierende Ebene
63
XII
Inhaltsverzeichnis 2.5.3 Wirkungsbezogene Perspektive: Einflussbeziehungen zwischen den Ebenen
3
65
2.5.3.1
Die inhaltlichen Ebenen als Determinanten der evaluierenden Ebene
66
2.5.3.2
Wirkungsbeziehimgen der inhaltlichen Ebenen
70
2.5.3.2.1 Vorbemerkung zur Interdependenz der inhaltlichen Ebenen
70
2.5.3.2.2 Determinanten der Machtebene
73
2.5.3.2.3 Determinanten der Sachebene
74
2.5.3.2.4 Determinanten der Interaktionsebene
76
Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehung
77
3.1 Kulturtheoretische Grundlagen
77
3.1.1 Kultur - Begriffliche Abgrenzung, Facetten und Typen
77
3.1.2 Die Landeskultur als multidimensionales Konstrukt
82
3.1.2.1
Machtdistanz
83
3.1.2.2
Unsicherheitsvermeidung
84
3.1.2.3
Individualismus (vs. KoUektivismus)
86
3.1.2.4
Maskulinitat (vs. Femininitat)
87
3.1.2.5
Langfristorientierung (vs. Kurzfristorientierung)
88
3.2 Begriffliche Abgrenzung kulturubergreifender Geschaftsbeziehungen
89
3.3 Zum Stand der Forschung
95
3.3.1 Das ubergeordnete Forschungsfeld ,Interkulturelles Management'
95
3.3.2 Stand der empirischen Forschung zu kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen. 100 3.4 Ebenenspezifische Besonderheiten kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen 3.4.1 Die inhaltlichen Ebenen kulturubergreifender Geschaftsbeziehungen
110 110
3.4.1.1
Die Individualebene kulturubergreifender Geschaftsbeziehungen
3.4.1.2
Die Interaktionsebene bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen... 114
110
3.4.1.3
Die Sachebene bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen
120
3.4.1.4
Die Machtebene bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen
123
3.4.2 Die evaluierende Beziehungsebene kulturubergreifender Geschaftsbeziehungen.... 125 3.4.3 Zwischenfazit
126
Inhaltsverzeichnis
XIII
4
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer GeschSftsbeziehungen
131
4.1 China - Okonomische und kulturelle Grundlagen
131
4.1.1 Skizze der politisch-6konomischen Rahmenbedingungen 4.1.2 Keimzeichnung der chinesischen Kultur
131 134
4.1.2.1
Spezifische Besonderheiten der chinesischen Kultur
134
4.1.2.2
Die chinesische Kultur im Raster allgemeiner Kulturdimensionen
138
4.2 Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer GeschSftsbeziehungen 4.2.1 Empirisches Design
144 144
4.2.1.1
Auswahl der Untersuchungseinheiten
144
4.2.1.2
Datenerhebung
145
4.2.1.3
Design des Fragebogens
148
4.2.1.4
Stichprobe
149
4.2.2 Deskriptive Analyse der Umwelt der Geschaftbeziehungen
153
4.2.2.1
Das geschaftliche Umfeld
153
4.2.2.2
Das kulturelle Umfeld
157
4.2.2.3
Die Untemehmensnetzwerke
158
4.2.3 Bivariate Untersuchung des Beziehungserfolges
163
4.2.3.1
Zusammenhang zwischen Individualebene und Beziehungserfolg
4.2.3.2
Zusammenhang zwischen Interaktionsebene und Beziehungserfolg
168
4.2.3.3
Zusammenhang zwischen Sachebene und Beziehungserfolg
172
4.2.3.4
Zusammenhang zwischen Machtebene und Beziehungserfolg
173
4.2.4 Methodische Verdichtung der Ebenen von Geschaftsbeziehungen
165
175
4.2.4.1
Verdichtung der Individualebene
176
4.2.4.2
Verdichtung der Interaktionsebene
177
4.2.4.3
Verdichtung der Sachebene
178
4.2.4.4
Verdichtung der Machtebene
180
4.2.4.5
Verdichtung der evaluierenden Ebene
181
4.2.5 Multivariate Untersuchung der Beziehungsqualitat
184
4.2.5.1
Determinanten der Beziehungsqualitat
187
4.2.5.2
Einflusse innerhalb der inhaltlichen Beziehungsebenen
191
4.2.5.2.1 Determinanten der Machtebene
192
4.2.5.2.2 Determinanten der Sachebene
194
4.2.5.2.3 Determinanten der Interaktionsebene
197
4.2.6 Konsequenzen aus der empirischen Untersuchung
198
XIV
Inhaltsverzeichnis
4 3 Gestaltungsempfehlungen fiir das Management deutsch-chinesischer GeschSftsbeziehungen
203
4.3.1 Situativer Rahmen des Managements deutsch-chinesischer Gesch^ftsbeziehungen 203 4.3.2 Aufbau interkultureller Kompetenz als Grundvoraussetzung des Managements deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen 4.3.3 Ebenenspezifische Gestaltungsempfehlungen 4.3.3.1
4.3.3.2
4.3.3.3
4.3.3.4
208
Management der individuellen Ebene
208
4.3.3.1.1 Aufbau von gegenseitigem persOnlichen Vertrauen
208
4.3.3.1.2 Entwicklung personlicherBindungen
212
Management der Interaktionsebene
217
4.3.3.2.1 Kommunikationsgestaltung
217
4.3.3.2.2 Konfliktmanagement
224
Management der sachlichen Ebene
228
4.3.3.3.1 Beeinflussung des Leistungsprozesses
229
4.3.3.3.2 GestaltungderFlexibilitat
232
Management der Machtebene
233
4.3.4 IntegrativerUberblick 5
206
Zusammenfassende Schlussbetrachtung
235 239
Anhang
245
Literaturverzeichnis
283
Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1: Gang der Untersuchung
9
Abb. 2-1: GeschSftsbeziehungen im Kontinuum zwischen Markt und Hierarchic
19
Abb. 2-2: Fokale GcschSftsbczichung als Tcil cincs Untcmchmcnsnctzwcrks
27
Abb. 2-3: Das grundlcgendc Interaktionsmodell der IMP-Gruppc
38
Abb. 2-4: Schichtcnmodcll der IMP Gruppe
48
Abb. 2-5: Interaktionsebenen von GeschSftsbcziehungen
49
Abb. 2-6: Erweitcrtes Ebencnmodell als konzeptioncllcr Bezugsrahmen der Arbeit
51
Abb. 2-7: Einflussbeziehungen auf die evaluierende Ebene
66
Abb. 2-8: Modell der Einflussbeziehungen innerhalb der inhaltlichen Ebenen
72
Abb. 3-1: Beziehungstypen bei kulturverschiedenen Untemehmen
92
Abb. 4-1: Kulturprofile der deutschen und der chinesischen Kultur
143
Abb. 4-2: Einschatzung des gcschSftlichcn Umfeldes
154
Abb. 4-3: Einschatzung des kulturellen Umfeldes
158
Abb. 4-4: Textile WertschSpfungskette der Bekleidungsindustrie
159
Abb. 4-5: EinschStzungen des Untemehmensnetzwerkes
161
Abb. 4-6: Das bivariate Untersuchungsmodell
165
Abb. 4-7: Explorative Faktorenanalyse der Individualebene
176
Abb. 4-8: Explorative Faktorenanalyse der Interaktionsebene
177
Abb. 4-9: Explorative Faktorenanalyse der Sachebene
179
Abb. 4-10: Explorative Faktorenanalyse der Machtebene
180
Abb. 4-11: Explorative Faktorenanalyse der evaluierenden Ebene
183
Abb. 4-12: Verteilung der Beziehungsqualitat
184
Abb. 4-13: Pfadmodell der multivariaten Analyse deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
186
Abb. 4-14: Determinanten der inhaltlichen Beziehungsebenen
192
Abb. 4-15: Hypothesensystem als Ergebnis der explorativen Untersuchung
199
Abb. 4-16: Typen und Entwicklung personlicher Beziehungen
214
Abb. 4-17: Konfliktvermeidungsstile
226
Abb. 4-18: EinfuBfaktoren der chinesischen Kultur auf dt.-chinesische Geschaftsbeziehungen
235
Abb. A 1: Priif- und Beurteilungskriterien der explorativen Faktorenanalyse
265
Abb. A 2: Rekursives vs. voiles rekursives System
267
Abb. A 3: Korrelationsdekomposition eines bivariaten Korrelationskoeffizienten
268
Abb. A 4: Das Ebencnmodell als vollstandiges rekursives System
270
Abb. A 5: Anwendungs- und Interpretationsvoraussetzungen der linearen Regressionsanalyse
271
Tabellenverzeichnis Tab. 1-1: Auszug der GniBworte zur Sonderausgabe China der WirtschaftsWoche
2
Tab. 2-1: Exemplarische Abgrenzungen des Begriffs der Geschaftsbeziehung in der deutschsprachigen Literatur
12
Tab. 2-2: Ausgewfthlte Beschreibimgsdimensionen von Untemehmungsnetzwerken
29
Tab. 2-3: Uberblick Uber integrative Studien des Forschungsfeldes
41
Tab. 2-4: Wechselbeziehungen der inhaltlichen Ebenen von Geschaftsbeziehungen
71
Tab. 3-1: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Machtdistanz
84
Tab. 3-2: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Unsicherheitsvermeidung
85
Tab. 3-3: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Individualismus
86
Tab. 3-4: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Maskulinitat
88
Tab. 3-5: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Langfristorientierung
89
Tab. 3-6: Forschungsansfttze der interkulturellen Managementforschung Tab. 3-7: Empirische Studien zu kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen
98 104
Tab. 4-1: Ziele, MaBnahmen und Barrieren institutioneller Reformen in China
132
Tab. 4-2: Auspragungen der Kulturdimensionen fiir Deutschland und chinesische Nationen
139
Tab. 4-3: Charakteristika der Interviewpartner
148
Tab. 4-4: Deskriptive Charakteristika der Untemehmensstichprobe
150
Tab. 4-5: Individualebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen
167
Tab. 4-6: Interaktionsebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen
170
Tab. 4-7: Sachebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen
173
Tab. 4-8: Machtebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen
174
Tab. 4-9: Determinanten der Beziehungsqualitat
188
Tab. 4-10: Determinanten der Machtebene
193
Tab. 4-11: Determinanten der Sachebene
195
Tab. 4-12: Determinanten der Interaktionsebene
197
Tab. 4-13: Morphologische Darstellung wichtiger situativer Rahmenfaktoren
203
Tab. 4-14: Deutsches und chinesisches Kommunikations- und Informationsverhalten
219
Tab. 4-15: Ebenenspezifische Verhaltensansatze und ihre Perzeption
237
Tab. Al: Auswertung empirischer Studien Uber intemationale Geschaftsbeziehungen Ziel, Basis, Stichprobe und Methodik
248
Tab. A2: Auswertung empirischer Studien liber intemationale Geschaftsbeziehungen Untersuchungsvariable und Befiinde
256
Kastenverzeichnis Kasten 1: Determinanten der evaluierenden Ebene
69
Kasten 2: Determinanten der Machtebene
74
Kasten 3: Determinanten der Sachebene
76
Kasten 4: Determinanten der Interaktionsebene
76
Abkiirzungsverzeichnis Abb. AG AMA AMAP AMJ AMR ASQ ASR Aufl. Bd. BRD bspw. bzgl. bzw.
Abbildung Aktiengesellschaft American Marketing Association American Marketing Association Proceedings Academy of Management Journal Academy of Management Review Administrative Science Quarterly American Sociological Review Auflage Band Bundesrepublik Deutschland beispielsweise beziiglich
HKA Hrsg. IDV
beziehungsweise circa Columbia Journal of World Business das heiBt European Marketing Academy Proceedings erklart etalii et cetera Europaische Union folgende fortfolgende General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade gegebenenfalls Harvard Business Review Hauptkomponentenanalyse Herausgeber Individualismus / Individualism
IJRM
International Journal of Research in Marketing
IMP insb. JBR
Industrial Marketing & Purchasing insbesondere Journal of Business Research Journal of Consumer Research
ca. CJWB d.h. EMACP erkl. etal. etc. EU f. ff. GATS GATT ggfs. HBR
JCR
AbkUr2aingsverzeichiiis
XX
Jg. JM JMR JR KMO
Jahrgang
kum.
kumuliert
LFO MAS ML MS MSA
Langfristorientierung
Journal of Marketing Journal of Marketing Research Journal of Retailing Kaiser-Meyer-Olkin
Maskulinitat / Masculinity Marketing Letters Marketing Science Measure of Sampling Adequacy
NAFTA
North America Free Trade Association
No. Nr.
Number
o.V.
ohne Verfasser
OS
Organisation Studies
PD S. SMJ SMR
Machtdistanz / Power Distance
sog.
sogenannt
Sp.
Spalte
stand.
standardisiert
Tab.
Tabelle
Nummer
Seite Strategic Management Journal Sloan Management Review
TRIPS
Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights
tw.
teilweise
u. a.
unter anderem
UA
Unsicherheitsvermeidung / Uncertainty Avoidance
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
v.Chr.
vor Christus
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
VR
Volksrepublik
vs.
versus
WTO
World Trade Organization
Z.T.
zum Teil
Z.B.
zum Beispiel
"Noch in diesem Jahrzehnt wird die Lufthansa tSglich mehr Passagiere nach China als nach New York transportieren." Mr gen Weber, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Lufthansa
„Das Risiko, in China nicht dabei zu sein, ist grOBer als das Risiko dabei zu sein!" Dr. Heinrich von Pierer, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens AG'
„China wird zur Produktionsbasis der Welt, das ist gar keine Frage" Dr. Jiirgen Hambrecht, Vorstandsvorsitzender von BASF^
1
Einfiihrung
1.1 Problemstellung Kurz nach der Jahrtausendwende hat die Volksrepublik (VR) China den Rang des zweitwichtigsten auBereuropaischen Handelspartners der Bundesrepublik Deutschland ubemommen.'* Gleichzeitig ist die VR China im Jahr 2002 mit einem Investitionsvolumen in Hohe von 52,7 Mrd. US-Dollar erstmals der weltweit grofite Empf^ger von auslandischen Direktinvestitionen geworden.^ Deutschland befindet sich diesbeztiglich als einziges europaisches Land unter den zehn groBten Herkunftslandem. Diese Fakten sind umso bemerkenswerter, wenn man berUcksichtigt, dass die wirtschaftspolitische Offhung der VR China erst vor gut einem Vierteljahrhundert begonnen hat. Zudem wird deutlich, dass deutsche Untemehmen mittlerweile vielfaltige Interessen in China verfolgen: Grofiere und kapitalkraftige Untemehmen streben ftir ihre Produkte und Dienstleistungen nach einem Zugang zum chinesischen Absatzmarkt, Untemehmen des produzierenden Gewerbes verfolgen den Aufbau und die Nutzung von kostengiinstigen Produktionskapazitaten, Handelsuntemehmen beschaffen giinstige arbeitsin-
zitiert nach: WirtschaftsWoche (2003b), S. 22. Keynote Address von Dr. Heinrich v. Pierer, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, auf dem deutsch-chinesischen Wirtschaftskongress, Berlin, 22. September 2004 zitiertnach: WirtschaftsWoche, (2003a), S. 170. Die VR China hat Japan 2002 als wichtigsten asiatischen Handelspartner der BRD abgelOst. Das statistische Bundesamt weist in der vorlaufigen Aufienhandelsstatistik filr 2005 Einfiihren aus China in H5he von ca. 39,9 Mrd. Euro (Rang 4) sowie Ausftihren in HOhe von 21,3 Mrd. Euro (Rang 11) aus. Lediglich die USA und Grofibritannien nehmen bei beiden Statistiken einen hOheren Stellenwert ein. Vgl. Statistisches Bundesamt (2006). Vgl. o. V. (2003), S. 56.
2
Einfilhrung
tensive Industrie- und Konsumgiiter.^ Als ein prominentes Beispiel kann der SIEMENS Konzem gesehen werden, der 2003 in der VR China bereits Anteile an 40 Gesellschaften, iiberwiegend in Form von Joint Ventures mit chinesischen Partnem und zusatzlich 26 regionale Niederlassungen besaB.^ Angesichts der Wachstumsdynamik der chinesischen Volkswirtschaft ist es unmittelbar vorhersehbar, dass sich der Stellenwert deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen weiter erhohen wird. Die Bedeutung, die der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der BRD und der VR China bereits heute zugemessenen wird, spiegelt sich z.B. auch darin wieder, dass die WirtschaftsWoche der VR China im Herbst 2003 erstmals eine komplette Sonderausgabe gewidmet hat.* Diese zweisprachige Sonderausgabe beginnt mit GruBwortem sowohl des deutschen Bundeskanzlers als auch des Ministerprasidenten des Staatsrates der VR China, aus denen in Tab. 1-1 als Auszug jeweils der erste Absatz wiedergegeben ist.
Deutsches GruBwort
Chinesisches Gru&wort
„Deutschland und China verbindet eine lange und traditionsrelche wirtschaftliche Zusammenarbeit, deren AnfSnge ins 19. Jahrhundert zurUckreichen. Schon damals konnten sich deutsche Firmen einen Ruf als kompetente Technologie- und Infrastrukturanbieter erwerben. Dies hat sich bis heute, als Beispiel ist der Transrapid zu nennen, nicht grundsatzlich gedndert. Wir wollen alles Notwendige dafQr tun, damit dies auch in Zukunft so bleibt..."
„Dass die angesehene WirtschaftsWoche anlelsslich unseres 54. Nationalfeiertages China dem freundlichen deutschen Volk mit einer Sonderausgabe umfassend und objektiv prelsentiert und die Freundschaft zwischen beiden LSindern darstellt, ist ein Ereignis von grower Bedeutung. Ich eriaube mir, dazu meine herzlichen GluckwQnsche auszudrUcken und diese Gelegenheit zu benutzen, dem deutschen Volk die besten GrQIie des chinesischen Volkes zu Ubermitteln.."
Gerhard Schroder, ehem. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
Wen Jiabao. Ministerprcisident des Staatsrates der Volksrepublik China
Tab. 1-1: Auszug der GruBworte zur Sonderausgabe China der WirtschaftsWoche Quelle: WirtschaftsWoche (2003b). S. 3
Trotz des identischen Anlasses und dem gemeinsamen Hinweis auf die hohe Bedeutung der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit geben bereits diese wenigen einleitenden Worte einen deutlichen Hinweis auf massive kulturelle Unterschiede zwischen den beiden Nationen: Vereinfacht kann man im deutschen GruBwort eine eher einseitige (deutsche) Perspektive, einen direkten, niichtemen Ton sowie eine hohe Sachorientierung identifizieren. Das chinesische GruBwort ist dagegen in starkem MaBe durch eine bilaterale Perspektive gekennzeichnet und
Vgl. Pye (1992), S. llf. Vgl. Siemens (2003). Vgl. WirtschaftsWoche (2003b).
Problemstellung
wahlt einen freundlichen und sehr hoflichen Ton, der fiir einen Deutschen etwas befremdlich wirkt. Im Ergebnis wird hier anstelle einer Sachorientierung vor allem die zwischen beiden Volkem bestehende Freundschaft betont. Die in diesem Beispiel explizit hervortretenden (und auch anderswo zahlreich belegten) Kommunikationsimterschiede sind kein Zufallsprodukt, sondem konnen auf abweichende verhaltenssteuemde Werte und Annahmen der chinesischen und der deutschen Kultur zuruckgefUhrt werden. Geschaftsbeziehungen zwischen deutschen und chinesischen Untemehmen sind aufgrund der hier nur angedeuteten groBen kulturellen Unterschiede ein besonders prSgnantes Beispiel fiir kulturiibergreifende bzw. interkulturelle Geschaftsbeziehungen.^ Geht man zunachst vereinfachend davon aus, dass jede intemationale Geschaftsbeziehung auch interkulturell ist, so hat der exponentielle Anstieg des Welthandels in den letzten Jahrzehnten zu einer allgemeinen Zunahme von intemationalen, kuhurubergreifenden Geschaftsbeziehungen gefiihrt.^^ Zudem beschranken sich intemationale Geschaftsbeziehungen langst nicht mehr auf die Zusammenarbeit zwischen kulturell zumindest teilweise ahnlichen Nachbamationen. Ausgehend von dem Faktum der Grenz- und Kulturiiberschreitung stellen sich bei intemationalen Geschaftsbeziehungen im Vergleich zu nationalen Geschaftsbeziehungen haufig zusatzliche Probleme. Neben der geographischen und kulturellen Distanz werden u. a. Unklarheit Uber die gegenseitigen Erwartungen, abweichende Zielvorstellungen, groBere Kommunikationsprobleme, begrenzte Inforaiationen uber den Geschaftspartner und die speziellen Marktgegebenheiten sowie ein hohes MaB an Unsicherheit genannt.'' Dennoch haben sich die Rahmenbedingungen von intemationalen Geschaftsbeziehungen durch die zimehmende Liberalisierung des Welthandels, die Bildung von Regionalgemeinschaften wie der EU oder der NAFTA, ^^ modeme Kommunikationstechniken, verbesserte Transportmoglichkeiten sowie politische Transfomiationsprozesse in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Hierdurch haben sich zumindest die mit der Uberschreitung von intemationalen Grenzen und geographischen Distanzen verbundenen Probleme teilweise deutlich reduziert. Da Landeskulturen jedoch weitgehend stabile Verhaltensmuster darstellen, sind kulturelle Unterschiede als ein vergleichsweise konstanter, unausweichlicher Rahmenfaktor von intemationalen Geschaftsbeziehungen zu sehen, dem hn
Die Begriffe kulturiibergreifende und interkulturelle Geschaftsbeziehung werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet. Vgl. hierzu nSher die Ausfiihrungen zum Begriff der kuhurubergreifenden Geschaftsbeziehung in Kapitel 3.2. Der Umfang des intemationalen Handels hat in den zuriickliegenden Jahrzehnten eine exponentielle Entwicklung durchlaufen. Das Wachstum des Handels tlbersteigt filr die meisten Nationen regelmaBig die Zunahme des Bruttosozialproduktes. Vgl. z.B. WTO (2003), S. 8. Im Jahr 2004 wurden Waren und Dienstleistungen im Gesamtwert von 11,0 Billionen US$ (Waren im Wert von ca. 8,9 Mrd. US$, Dienstleistungen im Wert von ca. 2,1 Mrd. US$) exportiert. Vgl. WTO (2005), S. 3. Vgl. z. B. Katsikeas/Piercy (1991), S. 8. Vgl. z. B. Kutschker (1999), S. 9 ff. Zur Bedeutungszunahme regionaler Handelsvereinbarungen vgl. auch WTO (2003), S. XVI.
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Einfiihrung
Zeitablauf allenfalls durch eine zimehmende Erfahnmg und Bildung im interkulturellen Umgang begegnet werden kann. Bedenkt man, dass Untemehmen im Rahmen der Beschafiung von Vorleistungen und beim Leistimgsabsatz am Markt seit jeher in interorganisationalen Austauschbeziehungen zu anderen Untemehmen stehen, hat das nachhaltige Interesse von Praxis und Wissenschaft fiir das gezielte Management von GeschSftsbeziehungen erst vergleichsweise spSt eingesetzt. Dennoch wird das in diesem Zusanmienhang zu nennende Konzept des Beziehungsmarketing seit nunmehr ca. 20 Jahren diskutiert und weiterentwickeltJ^ In seiner Anwendimg fordert es eine Abstimmung aller UntemehmensaktivitSten auf die langfristige und zielgerichtete Planung, Steuerung und Kontrolle von Geschaftsbeziehungen.^'* Das unmittelbare Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen wirfl in diesem Zusammenhang das ForschungsrStsel auf, ob und inwieweit sich kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen von herkSmmlichen Geschaftsbeziehungen unterscheiden und ein differenziertes Beziehungsmanagement erfordem. Zur KlSrung dieser tibergeordneten Forschimgsfrage gilt es zunachst zu klSren, welche Grundelemente einer Geschaftsbeziehung im kultunibergreifenden Kontext in besonderem MaBe zu beachten sind, weil sie eine besondere Bedeutung fiir die Qualitat einer Geschaftsbeziehung besitzen. Die als bedeutsam identifizierten Facetten konnen im nachsten Schritt Ansatzpunkte ftir ein effektives Management kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen liefem. Die Frage, inv^eweit hierbei ein differenziertes vom nationalen, intrakuiturellen Kontext abweichendes Vorgehen zu wShlen ist, kntipft an die im Rahmen der intemationalen Managementforschung seit langem diskutierte Kontroverse zwischen kulturgebundenem und kulturfreiem Managementverhalten an. Auf der einen Seite stellen kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen lediglich einen speziellen Typus von Geschaftsbeziehungen dar, so dass eine LFbertragung der Praktiken und Ansatze des Beziehungsmanagements von nationalen Geschaftsbeziehungen zumindest grundsatzlich zulassig erscheint.'^ Auf der anderen Seite konnen kulturelle Unterschiede zu abweichenden Vorstellungen eines adaquaten Beziehungsmanagements ftlhren und die Interaktion zwischen kulturverschiedenen Untemehmen erheblich erschweren. Beispiele fiir ein fehlerhaftes Verhalten in kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen sind zahkeich. So kann bspw. eine direkte und offene Ansprache von Problemen bei
Yau et al. (2000), S. 17 weisen interessanterweise daraufliin, dass die chinesische Kultur aufgrund der starken Betonung persOnlicher Beziehungen dem Ansatz des Beziehungsmarketing traditioneil nSher steht: "Relationship marketing has its roots in North American and European cultures. But it can be considered even more appropriate within Chinese's cultural context, for the Chinese tend to prefer long-term personalized and mutual cooperation as the basis for most of their business dealings." Vgl.Diller(1994), S.6. Hall6n/Johanson/Seyed Mohamed (1987), S. 30f Ziehen bspw. auf Basis einer empirischen Untersuchung folgendes Fazit: „... the basic nature of customer-supplier relationships in terms of adaptation processes and information exchange is the same for both domestic and export relationships."
Problemstellung
Geschaftpartnem aus konfliktscheuen Kulturen oder eine voreilige Versetzung eines Mitarbeiters in Kulturen mit einer hohen WertschStzung fUr langfristig aufgebautes, personliches Vertrauen zu einer abrupten Beendigung einer Geschaftsbeziehung ftihren. Derartige Probleme und Missverst&idnisse Probleme stiitzen die Forderung nach einem dem kulturUbergreifenden Kontext angepassten Beziehungsmanagement: „Relationship marketing means different things in different cultures and marketers should be as wary of prescribing universal solutions for exchange bases as they are of developing universal product and promotion policies for all markets."'^ Angesichts der gestiegenen Bedeutung kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen ist es tiberraschend, dass das wirtschaftswissenschaftliche Schrifttum sich mit dieser Problemstellung bisher nur ansatzweise auseinandergesetzt hat. Zwar sind kulturelle Unterschiede bspw. bei Ftihnmgsstilen, im Kommunikationsverhalten oder im Verhandlungsverhalten mittlerweile umfangreich dokumentiert. Diese wertvollen Erkenntnisse werden jedoch iiberwiegend isoliert betrachtet und selten in den Gesamtkontext einer Geschaftsbeziehung geriickt. Internationale und kulturtibergreifende Geschaftsbeziehungen als konkretes und ganzheitlich betrachtetes Untersuchungsobjekt haben somit bisher im Gegensatz zu nationalen, intrakulturellen Geschaftsbeziehungen nur eine relativ geringe Beachtung erfahren. Anstelle der Betrachtung von intemationalen Geschaftsbeziehungen Uberwiegt in einem GroBteil der Beitrage zum Intemationalen Management eine einseitige Fokussierung auf die Internationale Untemehmung.'^ Die wenigen empirischen Abhandlimgen, die intemationale Geschaftsbeziehungen zwischen Untemehmen untersuchen, betrachten zudem haufig kulturell zumindest ahnliche Nationen und berucksichtigen die bestehenden kulturellen Unterschiede zumeist nur peripher. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist der Kultureinfluss auf Geschaftsbeziehungen somit lediglich von einigen theoretischen Abhandlungen betrachtet worden.'* Dieses Forschungsdefizit spiegelt sich auch in den Publikationen zum interkulturellen Management in China wider. Betrachtet man den Fundus mittlerweile umfangreicher Veroffentlichungen, so konzentrieren sich diese vor allem auf zwei Forschungsschwerpunkte: Zum einen auf den Aufbau und das Management von Joint Ventures in China und zum anderen - teilwei-
Palmer(1997),S.321. Vgl. zur fehlenden Ausrichtung der intemationalen Managementforschung auf die Austauschbeziehungen Toyne (1989). Als Beispiel kOnnen Exportaktivitaten genannt werden, die in der Kegel lediglich aus einer einseitigen Perspektive der exportierenden Untemehmung betrachtet werden. Untersucht werden u. a. der Prozess der Entwicklung von Exportaktivitaten, verschiedene Exportstrategien sowie Faktoren, die den Erfolg auf den Exportmarkten mafigeblich beeinflussen. Vgl. ffir einen Oberblick insb. Aaby/Slater (1989); GemUnden (1991); Chetty/Hamilton (1993) sowie Zou/Stan (1998). Nur vereinzehid werden dagegen unmittelbar Export-Geschaftsbeziehungen untersucht. Vgl. bspw. Leonidou/Kaleka (1998) und Katsikeas/Goode/Katsikeas (2000). Vgl. im deutschsprachigen Raum grundlegend Mauritz (1996). Vgl. zudem Sheth (1981); Kale/Mclntyre (1991); Kale/Barnes (1992); Bandyopadhyay/Robicheaux (1993); Shankarmahesh/Ford/LaTour (2002).
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Einfilhrung
se auch hierzu untergeordnet - auf die Besonderheiten der interkulturellen Verhandlungen mit chinesischen Geschaftspartnem. Der starke Fokus auf Verhandlungen resultiert aus den hier im Vergleich zu westlichen Kulturen - besonders deutlich hervortretenden kulturellen Unterschieden sowie der zentralen Bedeutung fiir den Aufbau von untemehmerischen Aktivitaten in China.'^ Die intensive Auseinandersetzung mit Joint Ventures ist als unmittelbare Reaktion auf den starken Rtickgriff auf Gemeinschaftsuntemehmen mit chinesischen Partnem zu sehen, der u. a. auf die politischen Rahmenbedingungen zurtickzufiihren ist. Neben Beitragen im intemationalen Schrifttum^° lassen sich mittlerweile auch diverse deutschsprachige Publikationen finden, die sich speziell deutsch-chinesischen Joint Ventures widmen.^' Neben diese Forschungsschwerpunkte treten schlieBlich zunehmend Publikationen, die den Anspruch verfolgen, ein mehr oder minder umfassendes Bild der Marktbesonderheiten in China zu zeichnen.^^ Erstaunlicherweise sind die aus der Zunahme des AuBenhandels mit China und dem Aufbau von deutschen Tochtergesellschaften in China resultierenden deutschchinesischen Geschaftsbeziehungen zu Marktpartnem - d. h. ohne eine Institutionalisierung der Zusammenarbeit in Form eines Gemeinschaftsuntemehmens - bisher dagegen kaum naher untersucht worden.^^
1.2 Zielsetzung und abgeleitete Forschungsfragen Ausgehend von dem umrissenen Problemfeld und der zunehmenden praktischen Bedeutung intemationaler Geschaftsbeziehungen sowie der bestehenden Forschungslucken besteht das Hauptanliegen der Arbeit darin, zum tieferen Verstandnis des Phanomens kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen beizutragen sowie Ansatzpunkte ftir ein effektives interkulturelles Beziehungsmanagement zu liefem. Aus dieser generellen Zielsetzung lassen sich drei Einzelziele ableiten: Das erste, grundlegende Ziel liegt in der Entwicklung eines allgemeinen Bezugsrahmens zur Analyse von Geschaftsbeziehungen, der eine integrative und systematische Ordnung der zahh-eichen Facetten von Geschaftsbeziehungen ermoglicht und zugleich bestehende WirVgl. zu Verhandlungen in China u. a. Tung (1982); Buttery/Leung (1988); Graham et al. (1988); Lee/Lo (1988); Stewart/Keown (1989); Nair/StafiFord (1998); Pye (1992); Tinsley/Pillutla (1998); PaikATung (1999); Xingpin (2001), im deutschsprachigen Raum bspw. Messman (1995); Zhang (1996); Steffens (1998). Vgl. u. a. Ho (1990); Shenkar (1990); Beamish (1993); Campbell/Stewart (1994); Yan/Gray (1994); Pan (1996); Lee/Chen/Kao (1998); Bj5rkmannA.u (1999); ChildA^an (1999); Hoon-Halbauer (1999); Si/Bniton (1999); Lee (2001); Luo/Shenkar/Nyaw (2001). Vgl. z. B. KOhler/Wascher (1989); Suchardt (1994); TrommsdorfiWilpert (1994); Chung/Sievert (1995); StrickerKellerer (1999); Mohr (2002) und Hoffjan (2003). Vgl. bspw. Zinzius (2000); Kuhn/Ning/Hongxia/Shi (2001); Zttrl/Jinmei Huang (2002). Eine Ausnahme stellt das explorative Arbeitspapier von Diller/Ivens (1998). Dieses Forschungsdefizit ist in nahezu unvermindertem MaB auf Geschaftsbeziehungen zwischen chinesischen Partneruntemehmen und anderen europaischen
Zielsetzung und abgeleitete Forschungsfragen
kungsbeziehungen zwischen relevanten Aspekten abbilden kann. Dieses Ziel fiihrt u. a. zu folgenden Fragestellungen: -
Was sind die zentralen konstitutiven Charakteristika von Geschaftsbeziehimgen? Welches sind die relevanten Aspekte zur Beschreibung von Geschaftsbeziehimgen und welche Wechselwirkungen bestehen zwischen diesen Konstrukten?
-
Auf welcher Grundlage kOnnen die zahbeichen Facetten von Geschaftsbeziehimgen vollstandig und Uberschneidimgsfrei systematisiert werden?
Das zweite Ziel der Arbeit besteht darin, zentrale Besonderheiten des speziellen Typus der kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehimg herauszuarbeiten und Ansatzpunkte fiir kulturelle Einfliisse auf die Fimktionsweise und das Management kulturiibergreifender Geschaftsbeziehimgen aufzuzeigen. Dieses Ziel v^rft u. a. folgende Fragen auf: -
Was steckt hinter dem Begriff der Kultur, welche Wirkimgen gehen von ihr aus und wie lassen sich kulturelle Unterschiede erfassen?
-
Was sind die konstitutiven Merkmale einer kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehimg?
-
Welchen Einfluss besitzen Kulturunterschiede auf die partnerspezifische Einstellimg zum Management von Geschaftsbeziehimgen?
-
Zu welchen Konsequenzen konnen kulturelle Unterschiede im Rahmen kulturiibergreifender Geschaftsbeziehimgen fiihren?
Das dritte Ziel der Arbeit liegt in der Analyse deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen als einem konkreten Typus kulturiibergreifender Geschaftsbeziehimgen. Im Rahmen einer explorativen empirischen Untersuchimg deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen sollen Hinweise darauf gewonnen werden, inwieweit das allgemeine Analysemodell relevante Erklanmgsbeitrage ftir den Erfolg und die Qualitat von Geschaftsbeziehimgen mit gravierenden kulturellen Unterschieden liefem kann und somit als Grundlage fiir die Herleitung konkreter Gestaltungsempfehlungen auch im interkulturellen Kontext dienen kann. Im Einzelnen gilt es hierzu folgende Fragestellungen zu klaren:
Nationen oder den USA zu tlbertragen. Vgl. hier als Ausnahmen die qualitative!! Untersuchungen von BjOrkman/Kock (1995) sowie Fang (2001).
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EinfUhmng
-
Durch welche Besonderheiten zeichnet sich die chinesische Kultur allgemein und im Vergleich zur deutschen Kultur aus?
-
Worin unterscheiden sich erfolgreiche von nicht-erfolgreichen deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen und welche Aspekte sind ursSchlich ftlr die Qualitat der GeschSftsbeziehungen? Inwieweit sind die gewonnenen Erkenntnissen verallgemeinerungsfahig und lassen Rtickschliisse auf die Ubergeordnete Forschungsfrage zu? Welche kulturspezifischen Gestaltungsempfehlungen konnen fur die zentralen Beziehungsaspekte abgeleitet werden?
-
1.3 Gang der Untersuchung Die genannten Forschungsziele spiegeln sich unmittelbar im Aufbau der Arbeit wider, der sich in drei Hauptabschnitte gliedert (vgl. Abb. 1-1). Im Anschluss an diese Einfiihrung widmet sich der erste Hauptabschnitt (Kapitel 2) zunachst dem allgemeinen Untersuchungsobjekt der Geschaftsbeziehung. Da kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen kein eigenstandiges Phanomen darstellen, sondem lediglich ein spezieller Typus von Geschaftsbeziehungen sind, bieten die existierenden allgemeinen Erkenntnisse zu Geschaftsbeziehungen zwangslaufig den Ausgangspunkt der Betrachtung. Daher wird nach einer begrifflichen Abgrenzung und der Vorstellung unterschiedlicher Typen der allgemeine Stand der relevanten Forschung zu Geschaftsbeziehungen skizziert. Hierauf aufljauend wird ein genereller Bezugsrahmen und ein Modell zur Analyse von Geschaftsbeziehungen entsvickelt, die als Grundlage fiir die weitere Untersuchung dienen. In Anbetracht der bisher nur geringen Auseinandersetzung mit kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen wird ein explorativer Ansatz verfolgt und an dieser Stelle bewusst auf die Formulierung nomologischer Hypothesen verzichtet.^"* Im Mittelpunkt des zweiten Hauptabschnitts (Kapitel 3) der Arbeit steht die Landeskultur als zentraler situativer Rahmenfaktor kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen. Im Anschluss an kulturtheoretische Grundlagen erfolgt eine begriffliche Abgrenzung des speziellen Untersuchungsobjekts der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung. Anschliefiend wird der Stand der Forschung anhand einer Auswertung von empirischen Studien zu intemationalen bzw. kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen wiedergegeben. SchlieBlich wird der im zweiten Hauptkapitel entwickelte Bezugsrahmen vor dem Hintergrund einer kulturUbergreifenden Beziehungskonstellation aufgegriffen
und diskutiert. Durch den Ruckgriff auf den
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Vgl. zur Theoriebildung und Exploration im wissenschaftlichen Forschungsprozess z. B. Bortz/DOring (2002), S. 355 ff. Exploration ISsst sich mit Bortz/DOring (2002), S. 358 allgemein verstehen als „das mehr oder weniger systematische Sammeln von Informationen tiber einen Untersuchungsgegenstand ... (...), das die Formulierung von Hypothesen und Theorien vorbereitet."
Gang der Untersuchung
Abb. 1-1: Gang der Untersuchung allgemeinen Bezugsrahmen zur Analyse von GeschSftsbeziehungen bietet sich die Gelegenheit, in verschiedenen Forschungsbereichen existierende Erkenntnisse der interkulturellen Managementforschung in ein systematisches Gesamtmodell zu integrieren. Der dritte Hauptabschnitt (Kapitel 4) bildet den Kern der vorliegenden Arbeit. Er widmet sich aufbauend auf dem entwickelten Analysemodell sowie der Diskussion der Besonderheiten kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen dem Management von deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen als einem konkreten Beispiel fUr kulturiibergreifende GeschSftsbeziehungen. In einem ersten Schritt wird ein kurzer Oberblick tiber die chinesische Kultur und Hinweise auf die Unterschiede zur deutschen Kultur gegeben. Im Anschluss wird das allgemeine Analysemodell einer explorativen empirischen PrUfimg auf Basis deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen unterzogen. Als Untersuchungsobjekt dienen 32 vertikale Geschaftsbeziehimgen deutscher Untemehmen zu chinesischen Lieferanten im Textilsektor in Hongkong, die im Rahmen einer persOnlichen Befragung deutscher Manager m Hongkong erhoben v^oirden. Im Rahmen einer bivariaten Analyse v^ird zunSchst geprilft, bei welchen Beziehungsaspekten von einem Zusammenhang zum Erfolg der Geschaftsbeziehungen ausgegangen werden kann. Anschliefiend werden die Beziehungsaspekte in einem multivariaten Untersuchungsschritt faktoranalytisch verdichtet und mittels einer Pfadanalyse auf interne Beziehungen und auf ihren Einfluss auf die Qualitat der Geschaftsbeziehungen hin untersucht. Aufgrund der vergleichsweise homogenen Stichprobe und des explorativen Charakters ist die Verallgemeinerungsfahigkeit der empirischen Beftmde grundsatzlich eingeschrankt. Die
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Einfiihrung
betrachteten vertikalen Geschaftsbeziehimgen stellen jedoch einen sehr wichtigen Typus deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen dar, an dem bereits zahlreiche wichtige Funktionsprinzipien erkennbar sind. Zugleich lassen sich Implikationen fiir zuktinftige Forschungsbemiihimgen ableiten. Im letzten Schritt der Untersuchung werden die Ergebnisse mit der gebotenen Vorsicht und vomehmlich zu systematisierenden Zwecken herangezogen, um kulturspezifische Gestaltungsempfehlungen fiir das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen zu erarbeiten. Die Arbeit schlieBt mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung der zentralen Ergebnisse der Untersuchung.
2 Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt Gegenstand dieses Kapitels ist eine EinfUhrung in das Phanomen der Geschaftsbeziehimg als dem zentralen Erkenntnisobjekt dieser Arbeit. Im Anschluss an die Darlegung gnindlegender Merkmale von Geschaftsbeziehungen wird das vorliegende Begriffsverstandnis dieser Arbeit prazisiert. Im nachsten Schritt erfolgt eine Einordnung von Geschaftsbeziehungen in das weite Spektrum interorganisationaler Beziehungen. Im Anschluss an eine Skizze des Stands der Forschung wird schlieBlich ein allgemeines Modell zur Analyse von Geschaftsbeziehungen entwickelt.
2.1 Begriffsabgrenzung und konstituierende Merkmale Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschaftsbeziehungen und die ihnen zugesprochene Bedeutung fur wirtschaftlichen Erfolg von Untemehmen haben in den letzten 20 Jahren stark zugenommen.' Der Blick in die themenspezifische deutschsprachige Literatur zeigt bei naherer Betrachtung, dass sich (noch) kein gSnzlich einheitliches Begriffsverstandnis etabliert hat. Zum einen hat der Begriff der Geschaftsbeziehung leichte Wandlungen voUzogen und zum anderen wurden je nach Erkenntnisinteresse abweichende Akzentuierungen gesetzt (vgl. Tab. 2-\)} Beschrankt man sich auf die wiederkehrenden Kemelemente der in der Literatur vertretenen Begriffsaufifassungen, so sind Geschaftsbeziehungen gekennzeichnet durch (1) eine Mehrzahl interdependenter, (2) okonomisch motivierter Interaktionen zwischen (3) mehreren Wertschopfungspartnem, (4) die durch eine langerfristige Perspektive einen gewissen Grad der integrativen Zusammenarbeit ermoglichen.^ (1) Mehrzahl interdependenter Interaktionsprozesse Als notwendige Bedingung der Existenz einer Geschaftsbeziehung wird eine Mehrzahl okonomischer Interaktionsprozesse vorausgesetzt. Der Begriff der Interaktion kann grundsatzlich sowohl auf die bestehenden Wechselbeziehungen (zweier oder mehrerer Personen) als auch
Diese Tatsache ist insofemtiberraschend,als es sich um einen elementaren, seit jeher existenten Bestandteil arbeitsteiliger industrieller Wirtschailsprozesse handelt. FOr die unterschiedliche Beachtung von Geschaftsbeziehungen im historischen Verlauf vgl. Sheth/Parvatiyar (1995), S. 401 ff. Plinke (1997), S. 20 macht darauf aufinerksam, dass es sich beim Begriff Geschaftsbeziehung trotz der allgemeinsprachlichen Verbreitung um einen Jheoretischen [Hervorhebung im Original] Begriff... [handelt, der] so definiert werden muss, dass er bestimmten Erklarungszielen dient". Vgl. hierzu insb. die Definition von Diller (1997), S. 573.
Geschflftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkeimtnisobjekt
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iNrJ Begriffliche Abgrenzung
Quelle
1
„jeden von 6konomischen Zielen zweier Organisationen geleiteten Interaktionsprozess zwischen zwei und mehr Personen ab dem ersten Geschaftsabschluss"
2
„Eine Lieferanten-Kunden-Beziehung lasst sich ... als eine Folge von Transak- Plinke(1989), S. 307 f. tionen ansehen, zwischen denen eine Verbindung existlert."
3
Jangfristig angelegte, von Okonomlschen Zielen geleltete Interaktlonsprozesse und Bindungen zwischen Mitgliedern verschledener Organisationen... die auf eine Folge von Austauschvorgangen gerlchtet sind."
GemUnden (1990), S. 34
4
„von Okonomischen Zielen geleltete Interaktionsprozesse mit personalen Kontakten, langfristigen Geschaftsperspektiven und damit verbunden einer investiven Komponente"
Diller (1994), S.I
5
„Geschaftsbeziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern sind ... nichtan bestimmte restriktive Austauschkonsteilationen gebunden, sondern liegen Austauschprozessen generell zugrunde."
Engelhard / Freiling (1995b). S. 37
6
„Als Geschdftsbeziehung gelten hier alle anbieterseitig von Okonomlschen Zielen geleltete, direkte, Integrative und auf mehrmalige Transaktionen ausgerichtete Interaktionsprozesse zwischen einem GQteranbieter und nachfrager."
Diller (1995), S. 1 5
7
„Unter Geschaftsbeziehungen werden im aligenneinen wechselseltlge Bindungen zwischen Kdufern und Verkaufern auf Unternehmensebene verstanden... Geschaftsbeziehungen basieren ... auf einer Folge von Kontakten, die aus wiederholten Kdufen, langwlerlgen Prozessen vor dem Geschdftsabschluss und/oder extensiven Aktivitaten im Nachfeld des Abschlusses bestehen kOnnen."
Mauritz(1996), S. 107
8
„Geschaftsbeziehungen .. .stellen von Okonomlschen Zielen geleltete, auf mehrmalige Transaktionen ausgerichtete Interaktionsprozesse zwischen zwel Oder mehr WertschOpfungspartnern dar, die zu einer mehr Oder minder starken Integration dieser Partner fohren."
Diller (1997), S. 573
1
9
„Eine Geschaftsbeziehung ist eine Folge von Markttransaktionen zwischen einem Anbieter und einem Nachfrager, die nicht zufdilig sind. ,Nicht zuf£lllig' heilit entweder, dass es auf der Anbieter- und/oder der Nachfragerseite GrOnde gibt, die eine planmdiiige VerknOpfung zwischen Markttransaktionen sinnvoll Oder notwendig erscheinen lassen oder die de facto zu einer VerknOpfung fQhren."
Plinke(1997). S.23
1
Diller / Kusterer (1988), S. 211f.
10 „Geschdftsbezlehungen umfassen: (1) mehrere geplante und / Oder realisierte Gersch (1998), Austauschprozesse, (2) die fOr zwei oder mehr einander bekannter Akteure in einem sachlichen und (3) in einem zeitlichen Zusammenhang stehen."
11 „Geschdftsbeziehung als Gesamtheit aller zwischen zwei Unternehmen existierenden Kooperationen .... d. h. zwischen zwei Unternehmen besteht immer nur eine GeschSiftsbeziehung, innerhalb derer keine, eine oder aber mehrere verschiedene Kooperationen durchgefOhrt werden kOnnen"
S. 12f.
Werp(1998), S. 26
Tab. 2-1: Exemplarische Abgrenzimgen des BegrifTs der Geschaftsbeziehung in der deutschsprachigen Literatur
1
Begriffsabgrenzung und konstituierende Merkmale
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auf das aufeinander bezogene Handeln im Sinne von Aktion und Reaktion abzielen.^ Die tibliche definitorische Einschrankimg auf Interaktionsprozesse dient somit letztlich der Vermeidung einer tautologischen Definition der GeschSftsbeziehung. Im Folgenden soil daher der BegrifF der Interaktion explizit auf die aktivitatsbezogene Perspektive eingeschr^nkt werden. Eine Interaktion wird somit als eine „Folge von aufeinander bezogenen und aneinander orientierten verbalen und nicht-verbalen Handlungen (Aktionen)"^ verstanden. Die Existenz einer Interaktion ist somit nicht an den Abschluss einer Transaktion im Sinne eines Geschaftsabschlusses gebunden. Vielmehr kOnnen auch lediglich geplante, aber unrealisierte Austauschprozesse zur Entstehung einer Geschaftsbeziehung flihren.^ Eine erst- bzw. einmalige Interaktion, wie sie z. B. bei Transaktionen auf (anonymen) MSrkten erfolgen, kann lediglich den Ausgangspunkt einer Geschaftsbeziehung bilden. So werden die Erfahrungen wahrend einer ersten Interaktion unter der Voraussetzung der AuflGsung der Anonymitat einen wesentlichen Einfluss auf nachfolgende Interaktionen bzw. Transaktionen und somit die Aufhahme einer Geschaftsbeziehung austiben. Die Interaktionen sind im Rahmen einer Geschaftsbeziehung somit grundsatzlich nicht als isolierte, sequentielle Episoden zu begreifen. Da Geschaftspartner eine Geschaftsbeziehung als Ganzes vor dem Hintergrund der Erfahrung der Vergangenheit sowie der antizipierten Zukunft betrachten, besteht vielmehr eine Interdependenz dieser Einzelepisoden/ Erst durch die Mehrzahl von Interaktionen sind wichtige Erfahrungs- und GrOBeneffekte der Zusammenarbeit realisierbar, entstehen persSnliche Bindungen und erOffnet sich die MOglichkeit einer dynamischen Entwicklung der Geschaftsbeziehung.
(2) Skonomischer Interaktionszweck Die einer Geschaftsbeziehung zu Grunde liegenden Interaktionen sind auf 5konomische Ziele ausgerichtet. Im Vordergrund steht diesbezUglich tiblicherweise ein konkreter und fixierter Austausch von materiellen Giitem oder Dienstleistungen. Daneben konnen - eventuell sogar ausschliefilich - Informationen, Finanzmittel oder lediglich immaterielle Ressourcen etc. betroffen sein. Wahrend der Austausch von materiellen Gtitem in der Regel eine vertikale Leistungsbeziehung impliziert, wird der Austausch von Informationen und immateriellen Ressourcen auch zwischen Partnem auf horizontal angesiedelten Wertschopftmgsstufen erfol-
Vgl. bspw.Duden(2001). Schoch (1969), S. 94. Der Interaktionsbegriff wird tiblicherweise auf die soziale Interaktion zwischen Individuen eingeschrankt. Vgl. Crott (1979), S. 13 ff Vgl. zum Interaktionsbegriff im betriebswirtschaftlichen Schrifttum auch Kern (1990), S. 7 ff. sowie Werp (1998), S. 68 f In ihrer frOhen Definition beschrSnken Diller/Kusterer (1988), S. 211 f eine Geschaftsbeziehung noch explizit auf Interaktionen ab dem ersten Geschaftsabschluss. Allerdings weisen sie darauf hin, dass diese Abgrenzung im Grunde willkUrlich ist. So erscheint es beispielsweise auch gerechtfertigt, bereits bei einer iSngeren und intensiven Interaktion zwischen zwei Untemehmen, die letztlich nicht zu einem Geschaftsabschluss filhrt, von einer Geschaftsbeziehung zu sprechen. Vgl. Gersch (1998), S. 13. Vgl. femer Engelhardt/Freiling (1995b), S. 37 f, die auch eine Einzeltransaktion als grundsatzlich in eine Geschaftsbeziehung eingebettet sehen. Vgl. z. B. Diller (1997), S. 574; Gersch (1998), S. 13 sowie Utikal (2001), S. 12 fif.
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Geschflftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
gen. Somit wird deutlich, dass Geschaftsbeziehimgen zwar tiberwiegend in der WertschSpfung vertikal zueinander angeordnete Partner verbinden, grundsStzlich aber auch anderweitige Beziehungen betrachtet werden kOnnen bzw. mtlssen.* Gleichzeitig sind Geschaftsbeziehungen aus diesem Gmnd nicht auf Absatzbeziehungen aus Sicht einer fokalen Untemehmung zu begrenzen. Je nach Richtimg des Austausches einer Leistung im Fall vertikaler Geschaftsbeziehungen nimmt ein Partnenmtemehmen die Rolle eines Verkaufers bzw. Lieferanten oder die Rolle eines Kaufers ein. In Abhangigkeit der jeweiligen Position werden abweichende Ziele verfolgt, die aber letztlich beidseitig auf 5konomische Interessen zurtickzufiihren sind.
(3) WertschOpfungspartner als Interaktionssubjekte Geschaftsbeziehungen kGnnen grundsatzlich sowohl zwischen Personen als auch zwischen Untemehmen angesiedelt werden.^ Dire allgemeine Kennzeichnung als WertschSpfungspartner verdeutiicht, dass lediglich Absatzbeziehungen zu Konsumenten (wenn auch zumeist nur implizit) von einer Betrachtung ausgeschlossen werden. Person und Untemehmen stehen jedoch im Rahmen modemer arbeitsteiliger Volkswirtschaften in aller Regel in einer komplementaren Beziehung. Zunachst sind geschaftliche Interaktionsprozesse zwischen Personen zumeist in eine Beziehung zwischen tlbergeordneten Untemehmen eingebunden, wobei die Untemehmensangeherigen eine Funktion als Reprasentant der jeweiligen Partnemntemehmung einnehmen.^° Da okonomische Transaktionen umgekehrt jedoch zugleich stets in soziale Beziehungen eingebettet sind, kann umgekehrt auch den personalen Beziehungen eine Rahmenfunktion zugeschrieben werden." Geschaftsbeziehungen konnen folglich einerseits aus existierenden persQnlichen Kontakten heraus entstehen bzw. begriindet sein, andererseits ftihrt die Skonomisch begrtlndete Notwendigkeit der Interaktion zwischen Mitgliedem verschiedener Untemehmen zur Herausbildung personlicher Kontakte.'^ Der Umfang personli-
Haufig wird der Begriff der Geschaftsbeziehung in Abhangigkeit des Erkenntnisinteresses explizit oder implizit auf Untemehmen in vertikal angeordneten WertschOpfiingsstufen oder zumindest auf die eindeutige RoUenverteilung eines Nachfragers bzw. Anbieters einer Leistung eingeschrankt. Ein Grund hierfilr ist in der vergleichsweise groBen Bedeutung zu sehen, die vertikale Geschaftsbeziehungen in jeder arbeitsteiligen Wirtschaft besitzen. Daneben entstammt die Mehrzahl der Untersuchungen die sich mit dem Erkenntnisobjekt der Geschaftsbeziehung auseinandergesetzt haben, der vorwiegend auf vertikale Beziehungen ausgerichteten betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen des Industriegiiter- bzw. Handelsmarketing. Vgl. z. B. Diller (1996). Daneben lassen sich auch andersartige Institutionen sowie Gruppen nennen (vgl. z. B. Bruhn/Bunge (1996), S. 182 f), die jedoch im Rahmen dieser Arbeit aus der Betrachtung ausgeschlossen werden sollen. Vgl. zum Verhaltnis persOnlicher (Geschafts-)Beziehungen zu Geschaftsbeziehungen zwischen Untemehmen lacobucci/Ostrom (1996), insb. S. 56 ff. Vgl. femer die Unterscheidung personen- bzw. organisationsgebundener Interaktionsansatze bei Backhaus (2003), S. 140 fif. Vgl. hierzu die Defmitionen von Diller/Kusterer (1988), S. 211 sowie Gemtlnden (1990), S. 34, die den Interaktionsprozess explizit zwischen Personen ansiedehi und der Organisationen eine Rahmenftmktion zusprechen. Vgl. Bagozzi (1975), S. 35 f Vgl. femer das Konzept der „social embeddedness" bei Granovetter (1985) und Gulati (1998). Dabei wird hier davon ausgegangen, dass selbst bei Geschaftsbeziehungen, die aber eine informatorische Vernetzung automatisierte Interaktionsprozesse voUziehen, insbesondere bei Auft)au bzw. Veranderung der Geschaftsbeziehung persOnliche Kontakte zugrunde liegen. Vgl. z. B. Cunningham/Tumbull (1982), S. 308.
Begriffsabgrenzung und konstituierende Merkmale
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cher Beziehungen im Rahmen einer Geschaftsbeziehung zwischen Untemehmen kaim dabei von einer einzelnen persOnlichen Beziehimg (1:1) bin zu einer Vielzahl persOnlicher Beziehungen auf verschiedensten Ebenen einer Untemehmung (n:n) reichen.^^ (4) mehr oder minder starke Integration als Folge der Interaktion Geschaftsbeziehungen stehen im Gegensatz zu anonymen oder einmaligen Transaktionen durch die Mehrzahl zumeist sukzessiver Austauschprozesse unter einer iSngerfristigen Perspektive.^^ Im Entwicklungsverlauf einer GeschSftsbeziehung ergeben sich somit vielfaltige MOglichkeiten zur dynamischen Gestaltung einer GeschSftsbeziehung.'^ Die zunehmende Kenntnis des Partneruntemehmens und Geschaflspartner, insb. beztiglich des Leistungspotenzials und der Ziele der Gegenseite, und ein evolvierendes Vertrauen kSnnen eine Effizienzsteigerung der gemeinsamen Interaktion bewirken. Zudem wird die TStigung spezifischer, auf die einzelne Geschaftsbeziehung zugeschnittener Investitionen in aller Kegel erst durch die angestrebte Langfristigkeit einer Geschaftsbeziehung zur sinnvollen Handlungsaltemative.'^ Je nachdem, wie stark die Partneruntemehmen ihre Zusammenarbeit aufeinander abstimmen und ausrichten sowie spezifische Investitionen tatigen, kann von einer mehr oder minder starken Integration der Partner gesprochen werden.'^ Die Integration des Leistungsabnehmers in den Leistungserstellungsprozess auf Anbieterseite kann iiber die Einbringung vielfaltiger extemer Faktoren erfolgen. Neben der Bereitstellung von Personal, Sachobjekten oder Rechten kann hierzu auch die Weitergabe von Informationen gezahlt werden.'* Es ist unter anderem diesem weiten Spektrum zuzuschreiben, dass ein explizites MindestmaB an Integration als notwendige Bedingung fiir die Existenz einer Geschaftsbeziehung kaum operationalisierbar erscheint.
Vgl. z. B. Cunningham/Tumbull (1982), S. 310. Vgl. z. B. GemOnden (1990), S. 34 sowie Diller (1994). Vgl. femer abweichend Gersch (1998), S. 14 f. Vgl. zu Phasenmodellen u. a. Ford (1980), S. 341 ff.; Dwyer/Schur/Oh (1987), S. 15 ff.; Ring/van de Ven (1994), S. 96 ff. Vgl. zur investiven Perspektive von Geschaftsbeziehungen insb. Plinke (1989). Vgl. zur integrativen Leistungserstellung Engelhardt/Freiling (1995b), S. 38 ff.; Engelhardt/Freiling (1995a) sowie Kleinaltenkamp (1997). Vgl. femer Sheth/Parvatiyar (1995), S. 399, die eine integrative Geschaftsbeziehung wie folgt definieren: „An integrative relationship assumes overlap in the plans and processes of the interacting parties and suggests close economic, emotional and structural bonds among them. It reflects interdependence rather than independence of choice among the parties". Vgl. z. B. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbaumer (1993), S. 401 f; Kleinaltenkamp (1997), S. 350fif. Der Einbezug von Informationen ist nicht unumstritten. Vgl. hierzu auch Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbaumer (1993), S. 402.
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkeimtnisobjekt
Die aufgezeigten Merkmale einer Geschfiflsbeziehung finden sich auch in einer jtingeren Definition von DiLLER wieder, die somit zunSchst als Referenzpunkt dienen soll.^' GeschSftsbeziehungen lassen sich hiemach verstehen als „von Skonomischen Zielen geleitete, auf mehrmalige Transaktionen ausgerichtete Interaktionsprozesse zwischen zwei oder mehr WertschOpfungspartnem ... , die zu einer mehr oder minder starken Integration dieser Partner fQhren."^° Im Hinblick auf die vorliegende Arbeit soil diese allgemeine begriffliche Abgrenzung geringfUgig prazisiert werden. In Anlehnung an die organisationstheoretische Kooperationsforschung sowie das in der relevanten Literatur vorherrschende Begriffsverstandnis soil eine Geschaftsbeziehung aus interdependenten Interaktionsprozessen
zwischen
Unternehmen
bestehen.^' Personen werden hier dagegen als die primSren TrSger von GeschSftsbeziehungen auf einer individuellen Mikroebene gesehen.^^ Urn die unterschiedliche Betrachtungsebenen zu verdeutlichen, wird im Folgenden bei Verwendung einer untemehmensbezogenen Perspektive von Partnerunternehmen^^ gesprochen, wShrend bei einer personalen Perspektive der Terminus des Geschdftspartners den individuellen TrSger der Geschaftsbeziehung kennzeichnet. Im Hinblick auf eine definitorische Abgrenzung von Untemehmensnetzwerken erfolgt zudem eine EinschrSnkung auf zwei Partneruntemehmen. SchlieBlich verdeutlichen die aufgezeigten SpielrSume des Integrationsgrads, dass es sich bei der Integrativitat weniger um ein konstitutives als um ein deskriptives Merkmal einer Geschaftsbeziehung handelt.
Im Rahmen dieser Arbeit soil eine Geschaftsbeziehung daher definiert werden, als von okonomischen Zielen geleitete, auf mehrmalige Transaktionen ausgerichtete und von Individuen getragene Interaktionsprozesse zwischen zwei Unternehmen.
Die Beitrage von DILLER sind im relevanten deutschsprachigen Forschungsfeld auf die grOBte Resonanz gestoBen. Eine Vielzahl deutschsprachiger BeitrSge bezieht sich im Rahmen der begrififlichen Abgrenzung explizit auf DILLER (vgl. u. a. Backhaus (2003), S. 711; Bruhn/Bunge (1996), S. 177; Werp (1998), S. 26). Femer verweist auch das Stichwort Geschaftsbeziehung im HandwOrterbuch filr Marketing (vgl. Tietz/Kfthler/Zentes (1995)) ausschlieBlich auf zwei Beitrage von DILLER. Neben den Beitragen von DILLER sind vor allem die Publikationen von GemOnden zu nennen, denen ein starkerer empirischer Fokus zugrunde liegt. Vgl. hierzu u. a. Gemtlnden (1990); Gemtinden/Heydebreck (1994) sowie GemtindenAValter (1996). Diller(1997), S. 573. Vgl. zur Unterscheidung von untemehmensbezogenen Geschaftsbeziehungen (Geschaftsbeziehungen im engeren Sinne) und persOnlichen Beziehungen z. B. Plinke (1996), S. 24. Die begriffliche Einschrankung auf Unternehmen bzw. der zusatzliche Einbezug persOnlicher Beziehungen hangt somit letztlich wesentlich vom jeweiligen Gegenstand einer Untersuchung ab. Vgl. abweichend von diesem Begriffsverstandnis z. B. die Systematik von Bruhn/Bunge (1994), S. 54 f, die samtliche Personen und Institutionen im intemen und extemen Umfeld eines Untemehmens als potenzielle Trager einer Geschaftsbeziehung nennen.
Geschilftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
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2.2 Geschaftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen Um das fiir die vorliegende Arbeit zentrale Erkenntnisobjekt der Geschaftsbeziehung inhaitlich nSher zu charakterisieren und abzugrenzen, soil es im Folgenden in das Spektrum unterschiedlicher Formen interorganisationaler Beziehungen zwischen Untemehmen eingeordnet werden. Der Begriff der interorganisationalen Beziehung soil hier ausgehend von einem institutionellen Organisationsbegriff als Oberbegriff tiber sSmtliche Formen okonomischer Austauschbeziehungen zwischen Untemehmen verstanden werden.^"* Ein Grund ftir die Vielzahl der im Laufe der wissenschaftlichen Auseinandersetzung identifizierten und diskutierten Typen^^ ist in den zahlreichen klassifikatorischen Ordnimgskriterien mit ihren unterschiedlichen Auspragimgen zu sehen. Formen der interorganisationalen Beziehung lassen sich bspw. hinsichtlich der Richtung des leistungswirtschaftlichen Zusanmienhangs, der Reichweite der Zusammenarbeit, der Bindungsinstrumente, der Bindungsintensitat, der zeitlichen Dauer, der Autonomic oder der Wettbewerbswirkung beschreiben.^^ Da hierbei jedoch hSufig ein unterschiedliches Augenmerk auf einzelne, konstitutive Charakteristika gelegt wird, lassen sich haufig auch unterschiedliche Begriffsverstandnisse einer identisch bezeichneten Form sowie umgekehrt abweichende Begriffe ftir cine identische Form identifizieren.^^ Aufgrund der typologischen Vielfalt kann hier zwangslaufig nur cine Auswahl von Beziehungstypen in ihren Grundziigen skizziert werden. Ein besonderes Augenmerk der Diskussion wird bereits darauf gelegt, welche Bedeutung dem jeweiligen Typus im intemationalen Kontext zufillt.
Die Kennzeichnung als Partneruntemehmen soil dabei nicht als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Untemehmen lediglich partnerschaftliche, kooperative Zielsetzungen verfolgen. Geschaftsbeziehungen sind in aller Kegel sowohl durch komplementare als auch durch konfliktionare Zielsetzungen gekennzeichnet. Beziehungen zwischen BehOrden sowieftffentlichenEinrichtungen kOnnen im Rahmen dieser Arbeit von der Betrachtung ausgeschlossen werden. Vgl. zum Begriff allgemein Sydow/Windeler (1999), S. 2. Vgl. dagegen die am Begriff der Geschaftsbeziehung angelehnte Auffassung bei Oliver (1990), S. 241: „IORs (interorganizational relationships) are the relatively enduring transactions, flows and linkages that occur between an organization and one or more organizations in its environment." Auster (1994), S. 17 spricht diesbezUglich von einerttbergeordneten'umbrella defmition'. Neben dem Begriff der Geschaftsbeziehung finden im deutschsprachigen Schrifttum u. a. die Begriffe Allianz, Austauschbeziehung, Franchising, Joint Venture, Koalition, Kooperation, Untemehmensnetzwerk, Vertriebssystem, virtuelle Organisation und Wertschftpfungspartnerschaft Verwendung. Nach Funktion des fokalen Untemehmens und des Partneruntemehmens werden u. a. Hersteller-Lieferanten-Beziehungen, Hersteller-Anwender-Beziehungen, HerstellerHandel-Beziehungen oder Handel-Lieferanten-Beziehungen unterschieden. Vgl.filrmorphologische Darstellungen Pausenberger (1989), S. 626; Sydow (1992), S. 85 oder Gersch (1998), S. 10. Vgl. z. B. Auster (1994), S. 16, die un Rahmen einer umfangreichen Literaturauswertung feststelU: „the literature review indicates that different perspectives tend to use different terms. Although the plethora of terms for the same phenomenon is not a fatal flaw in and of itself, it does make understanding confusing."
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Geschflftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkeimtnisobjekt
2.2.1
Dyadische Formen interorganisationaler Beziehungen
Zur Systematisienmg unterschiedlicher Formen interorganisationaler Beziehungen wird trotz der Vielfalt von Beschreibungsdimensionen in der Literatur hfiufig vereinfachend von einem Kontinuum ausgegangen, das zwischen den Polen der marktlichen und der hierarchischen Koordination Okonomischer Interaktionsprozesse aufgespannt wird.^* Mflrkte fungieren idealtypisch als eine Plattform ftlr den Austausch exakt spezifizierter Leistungen und Gegenleistungen zwischen gleichberechtigten, unbekannten Marktteilnehmem, so dass der Preis als Koordinationsmechanismus sSmtliche transaktionsrelevante Informationen tlbermittelt.^^ Der Begriff der Hierarchie steht dagegen in diesem Zusammenhang als Synonym fUr die unternehmensinteme Koordination Okonomischer Aktivitaten. Obwohl Weisungsbefugnisse diesbezUglich eine besondere Position einnehmen, ist das Begriffsverst^dnis nicht auf die aufbauorganisatorische Perspektive beschrankt, sondem umschlieBt diverse Koordinationsmechanismen.^° Zwischen diesen idealtypischen Polen lassen sich zahlreiche alternative Formen (dyadischer und multilateraler) interorganisationaler Beziehungen einordnen.^' Die Zwischenformen werden dabei zumeist als hybride Formen gesehen, die in unterschiedlich starkem AusmaB sowohl Elemente der hierarchischen als auch der marktlichen Koordination kombinieren." So streben die intermedifiren Formen in der Regel an, die Spezialisierungs- und Anreizvorteile der marktlichen Koordination mit der durch die hierarchische Koordination erzielbaren Risikoreduzierung zu kombinieren.^^ Bin Beispiel fUr ein derartiges Kontinuum ist in Abb. 2-1 wiedergegebenen, in dem die im Folgenden vorzustellenden wichtigen Grundtypen aufgenonmien wurden.^^ Vgl. z. B. Picot (1982), S. 274; Siebert (1991), S. 293; Sydow (1992), S. 104; Webster (1992), S. 5; Gundlach/Murphy (1993), S. 37; Fontenot/Wilson (1997), S. 7 sowie Day (2000), S.25. Hftufige alternative Darstellungsformen sind Baumstrukturen (u. a. bei Pausenberger (1989), S. 625; Ihrig (1991), S.29; Backhaus/Meyer (1993), S. 332) sowie zweidimensionale Matrixdarstellungen (u. a. bei Williamson (1991), S. 292; RingA^an de Yen (1992), S. 490; Ahlert (1994), S. 13; Frazier/Antia (1995), S. 323; Park (1996), S. 807; Ahlert (1997), S. 146; Kleinaltenkamp (1997), S. 757; Sydow (1999), S. 287; Ahlert (2001), S. 17.) Vgl. Sydow (1992), S. 98. SYDOW (1992), S. 98 nennt bspw. technokratische und personale Koordinationsinstnunente, die die Koordinationsfunktion der Hierarchie untersttltzen und somit ergftnzend wirken. FUr eine Systematik von tiber die klassische Hierarchie hinausgehende Koordinationsinstnunente vgl. BrockhofE/Hauschildt (1993). Auszuschliefien ist hier dagegen im Hinblick auf den Idealtypus der hierarchischen Koordination die Verwendung marktlicher Koordinationsmechanismen wie bspw. interne Verrechnungspreise. Vgl. zu Koordinationsinstrumenten allgemein Kieser/Walgenbach (2003), S. 100 ff. oder Bea/GObel (1999), S. 264 ff. Allerdings hat sich keine gSnzlich einheitliche Systematisienmg durchgesetzt, da sich die Anordnung auf dem Kontinuum teilweise an unterschiedlichen Kriterien orientiert. Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (2001), S. 302. Vgl. u. a. Picot (1982); Thorelli (1986), S. 44; BUchs (1991); Siebert (1991); Sydow (1992), S. 100fif.;Ahlert (2001), S. 15 f; Theurl (2001), S. 75 f Vgl. dagegen auch Powell (1990), der relationale Beziehungsformen nicht als intermediare sondem eigenstfindige Formen ansieht, sowie gegenUberstellend Krebs/Rock (1994). Siehe femer Bardzil/Johnston (1997), S. I l l ff. Vgl. Siebert (1991), S. 238 ff. und Theurl (2001), S. 76. Vgl. hierzu insbesondere Webster (1992), S. 5 ff.
Geschftftsbeziehungcn im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
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Abb. 2-1: Geschaftsbeziehungen im Kontinuum zwischen Markt imd Hierarchic Quelle: in entfernter Anlehnung an Webster (1992), S. 5
Die diskrete marktliche Transaktion zwischen zwei anonymen Partnem stellt den theoretischen Ausgangspunkt des Kontinuums der untemehmensUbergreifenden Okonomischen Interaktion dar." Der Austausch von Leistung und Gegenleistung erfolgt hier vollkommen unabhangig von vorherigen oder ziikUnfdgen Transaktionen zwischen den betroffenen Parteien Oder sonstigen Aspekten, die einen Verlust der Anonymitat oder der Diskretheit darstellen.^^ Ausgangspunkt der marktlichen Transaktion ist ein allgemeines unspezifisches Angebot mit einem Minimum an - extern vorgegebenen - Verpflichtungen. PersOnliche Beziehungen spielen keine Rolle, die Konmiimikation verlauft ritualisiert, der Preis stellt die einzig relevante Entscheidungsgrundlage. Existente Interessenkonflikte zwischen den zwei Parteien werden gleichzeitig mit der Abwicklung des isolierten, unmittelbaren Tausches von Leistung und Gegenleistung aufgel5st. Auf zuktlnftige Transaktionen wird folglich keinerlei Rtlcksicht genonmien. Obgleich die diskrete, marktliche Transaktion eine Form ernes Okonomischen und interorganisationalen Interaktionsprozesses darstellt, wird eine relationale" interorganisationale Beziehung und somit auch eine Geschaflsbeziehung definitionsgemaB ausgeschlossen. Sowohl die geforderte Mehrzahl an interdependenten Interaktionen sowie die personalen
Der Markt als Idealtypus des Okonomischen Austausches wurde in besonderem Mafie im Rahmen der vertragstheoretischen Arbeiten von MACNEIL betrachtet. MACNEIL stellt die klassische Vertragsform bei diskreten, marktlichen Transaktionen neoklassischen und relationalen Vertragsformen gegentiber. Vgl. Macneil (1980), (1988) sowie (1991). Vgl. ferner Williamson (1985), S. 68 ff. und Ebers/Gotsch (2001), S. 231 f. Macneil (1980), S. 60 filhrt aus: "Discreteness is the separating of a transaction from all else between the participants at the same time and before and after. Its [pure form], never achieved in life, occurs when there is nothing else between the parties, never has been, and never will be." Vgl. femer Webster (1992), S. 6. Der Begriff der Relationalitat soil im Folgenden als Hinweis auf die Existenz einer Geschaftsbeziehung gesehen werden und im Gegensatz zur Typologie bei Williamson nicht als Ausdruck hierarchischer Koordination gesehen werden. FUr eine ausfilhrliche Gegentlberstellung der Charakteristika diskreter Transaktionen und relationaler Austauschbeziehungen vgl. Dwyer/Oh/Schur (1987), S. 13; Gundlach/Murphy (1993), S. 36; Heide (1994), S. 74fif.sowie Utikal (2001), S. 11.
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Geschilftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Kontakte fehlen. Da der Idealtypus der diskreten marktlichen Koordination sehr rigide Anfordemngen stellt, wird er in der Realitat nur selten erreicht: "... in fact most contract behavior occurs in far more intertwined patterns [There are] countless situations where contractual obligations are created within existing obligations and interdependencies of various kinds."^* Einen ersten Schritt auf dem Kontinuum interorganisationaler Beziehungen stellt diesbeztiglich die AuflSsung der AnonymitSt der Marktpartner dar, die gleichzeitig als notwendige Grundlage filr (bewusst) wiederkehrende marktliche Transaktionen dient, Durch den Wegfall der Anonymitat ergeben sich zudem MSglichkeiten, die Transaktion durch den Abschluss von VertrSgen zeitlich zu entkoppeln, indem auch zulainftige Handlungen und Verpflichtungen aufgenommen werden.^' Die verbreitete Neigung, auf bekannte Produkte und Partner zuriickzugreifen, stellt eine wichtige MOglichkeit zur Minimierung der mit einem Austausch verbundenen Transaktionskosten dar. Wird die Austauschbeziehung zudem tiber einen langeren Zeitraum aufrecht gehalten, kann in einem nSchsten Schritt von langfristigen Austauschbeziehungen gesprochen werden. Beide Typen (wiederkehrende Markttransaktionen bzw. langfristige Austauschbeziehungen) sind dabei weiterhin durch eine eher geringe Integrativitat sowie eher kontrSre als komplementSre Zielkonstellationen gekennzeichnet.^^ Dermoch entsteht durch die Folge interdependenter Transaktionen eine erste Form der GeschSftsbeziehung.'*' Im intemationalen Bereich gilt es dabei zu berilcksichtigen, dass die in der Kegel als hOher empfundene Unsicherheit des Auslandsgeschafts die Neigung verstarken wird, nur mit bekannten Partnem und eher langerfHstig zusammen zu arbeiten. Gleichzeitig sind die fiir die gegenseitige AnnSherung notwendigen Anstrengungen grOBer als im nationalen Kontext. In der Wirtschaflspraxis zeigen sich jedoch zahlreiche Formen, bei der eine noch engere untemehmensiibergreifende Abstimmung erfolgt. Beispiele sind eine untemehmensiibergreifende Produktentwicklung zwischen Wettbewerbem oder zwischen Herstellem und Anwendem''^ die enge Abstinmiung des Materialflusses bei Hersteller-Zulieferer-Beziehungen''^ oder die kooperative Zusammenarbeit im Rahmen enger Hersteller-Handelsbeziehungen.^'* Mit dem
Macneil(1991),S. 11. Vgl. Gundlach/Murphy (1993), S. 37 ff. sowie Kaas (1995), S. 23 f. Vgl. Webster (1992), S. 7. Ob wiederkehrende Transaktionen als Geschaflsbeziehungen gesehen werden, hangt im Wesentlichen davon ab, welche Bedeutung man der Integrativitat und der Langfristigkeit der Zusammenarbeit als konstitutive Bedingung einer Geschaftsbeziehung einrftumt. Webster (1992). S. 6 sieht wiederkehrende Transaktionen bspw. aus einer evolutorischen Perspektive eher als Vorlaufer einer Geschaftsbeziehung. Vgl. z. B. Urban/von Hippel (1988). Vgl. z. B. Frazier/Spekman/O'Neil (1988). Ftlr verschiedene Formen der vertikalen Zusammenarbeit von Herstellem und Handel vgl. Ahlert (1982), insb. S. 73 ff. Vgl. femer exemplarisch die empirische Untersuchung von Anderson/Narus (1990).
Geschaftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
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Einzug einer derartigen unternehmensubergreifenden Funktionsahstimmung wird eine nSchste Stufe auf dem Kontinuum interorganisationaler Austauschbeziehungen erreicht, auf der zwischen ausgewShlten Untemehmen eher partnerschaftliche Beziehungen eingegangen werden. Die Zusammenarbeit und gegenseitige Abstimmung kann hierbei lediglich stillschweigend erfolgen oder aber auf eine vertragliche Basis gestellt werden/' Mit einer engeren Abstimmung ausgewShlter Funktionen erhoht sich zugleich der Grad der gegen- bzw. einseitigen AbhSngigkeit, wShrend der exteme Marktdruck fUr die Preisbestimmung zumindest teilweise in den Hintergrund tritt. Im Rahmen der nachhaltigen Interaktion gewinnen stattdessen relationale Charakteristika einer Geschaftsbeziehung, wie z. B. gegenseitige AnpassungsmaBnahmen, Verpflichtungen sowie Vertrauen an Bedeutung/^
Drei Formen, die auch im Rahmen der Intemationalisierung der Untemehmenstatigkeit von Bedeutimg sind, soUen hier exemplarisch nSher herausgegriffen werden/' Der erste Typus stellt die Geschaftsbeziehung auf eine vertragliche Grundlage in Form der Vergabe von Lizenzen.^^ Wahrend mit der Lizenzierung insbesondere auf Auslandsmarkten zahlreiche Vorteile zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen verbunden sind, konnen ausgehend von der Weitergabe wettbewerbskritischen Know-hows sowie der geringen MOglichkeiten der Beeinflussung des Lizenznehmers auch negative Konsequenzen fur die zugrunde liegende Geschaftsbeziehungen auftreten. Auch bei vertikalen Hersteller-Handelsbeziehungen wird der Vertrieb der Leistungen einer fokalen Untemehmung zumeist auf eine vertragliche Basis gestellt, um die Umsetzung und Sicherung einer individuellen Absatzkanalstrategie sicherzustellen. Grundlage derartiger vertraglicher Vertriebssysteme^^ bilden mehr oder minder umfassende Vertragswerke, wobei die formal festgelegten, gegenseitigen Rechte und Pflichten hierbei zum Teil weit Uber normale KaufvertrSge hinausgehen/° Eine in der Praxis weit verbreitete und auch ftir Intemationalisierungsaktivitaten bedeutsame Variante vertraglicher Vertriebssysteme ist das Franchising, welches sich durch einen hohen Bindungsgrad zwischen den Partneruntemehmen auszeichnet und somit der hierarchischen Koordination bereits relativ
Zu den Gnmdlagen des Vertragsmanagements aus betriebswirtschaftlicher Perspektive vgl. bspw. Ahlert/SchrOder (1989), S. 74 ff. Vgl. Gundlach/Murphy (1993), S. 40 ff. zur Substitution des klassischen Vertragsrechts durch relationale und ethische Verhaltensregeln. Vgl. femer Heide/John (1992). Vgl. zur Intemationalisierung durch verschiedene Formen der Untemehmenskooperation z. B. Perlitz/Seger (2003). Als Lizenz ist allgemein eine gegen Entgeh erteilte Erlaubnis filr die Nutzung des intellektuellen Eigentums des Lizenzgebers durch einen Lizenznehmer zu verstehen. Gegenstand der Lizenzvergabe kann nicht nur rechtlich geschtitztes, sondem auch geheimes Know-how sein. Vgl. z. B. Backhaus/BUschkenA^oeth (2000), S. 138. Zu vertraglichen Vertriebssystemen vgl. Ahlert (1982). Gegenstand vertraglicher Vertriebssysteme ist nach Ahlert (1982), S. 66 eine „planmaBige, auf Dauer angelegte und durch individualvertragliche Vereinbaningen (Bindungen) im Zusammenhang mit Austauschvertrftgen geregelte Zusammenarbeit bzw. Verhaltensabstimmung (Kooperation) zwischen grundsatzlich selbstSndig bleibenden Industrie- und Handelsuntemehmen." Vgl. Ahlert (1982), S. 65 ff.
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Geschflflsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjelct
nahe steht.^^ Die vertragliche Gestaltung der Beziehung zwischen Franchisegeber und -nehmer ermttglicht jedoch trotz des generell hohen Bindungsgrades im Grundsatz weiterhin vertragliche Spielraume und somit der dem Franchisenehmer verbleibenden Handlungsautonomie." Eine dritte Form der imtemehmenstlbergreifenden
Funktionsabstimmung, sind zwischen
rechtlich und wirtschaftlich selbstfindigen Untemehmen eingegangene Allianzen. Allerdings wird unter kaum einem Begriff eine vergleichbare Vielfalt an Formen interorganisationaler Beziehungen subsumiert. Abgrenzungsprobleme stellen sich u. a. hinsichtlich der Anzahl der betroffenen Untemehmen sowie der betroffenen Wertschttpfungsstufen.
Hinsichtlich der
WertschOpfungsstufe leistet die von BACKHAUS herausgestellte Beschrfinkung auf horizontal ausgerichtete Formen der Zusammenarbeit einen wichtigen Ordnungsbeitrag." Da Untemehmen der gleichen Wertsch6pfungsstufe eine enge Kooperation eher selten auf der operativen Ebene ansiedeln, stehen insbesondere strategische Allianzen im Mittelpunkt des Interesses.^^ Diese dienen dem expliziten Ziel der Erhfthung der WettbewerbsMigkeit"
Anhand der Typen der vertraglichen Vertriebssysteme sowie eingeschrfinkt der Allianzen, die ebenso aus mehr als zwei Untemehmen bestehen kfinnen," wird deutlich, dass die hier im Fokus stehenden dyadischen Beziehungen in der Regel in ein umfangreiches Untemehmensnetzwerk eingebunden sind. Betrachtet man zunachst lediglich die dyadischen Beziehungen, so lassen sich die skizzierten Beziehungsformen zusammenfassend sSmtlich als eine bewusste
Vgl. in der deutschsprachigen Literatur u. a. Ahlert (1981a); Sydow (1993); Posselt (1999), Ahlert (2001) sowie filr einen intemationalen Vergleich Ahlert/Evanschitzky/Wunderlich (2003), S. 568 fif.. Vgl. zu den Zielen der Franchisegeber z. B. Knigge (1995), Sp. 705 und fUr die Perspektive der Franchisenehmer z. B. Peterson/Dant (1990). Vgl. femer gegenttberstellend Ahlert (1981a), S. 93 fif. Zu Konflikten zwischen Franchisegeber und -nehmer vgl. z. B. Frazier (1983b); Frazier/Summers (1986); Gassenheimer/Baucus/Baucus (1996); Spinelli/Birley (1998). Die jeweiligen Konfliktursachen und -intensitaten kOnnen im Laufe der Entwicklung eines Franchisesystems variieren. Vgl. hierzu Ahlert (1996), S. 135 f. Im Vergleich zu anderen vertraglichen Vertriebssystemen mit einer geringeren Bindungsintensitftt sind femer vermehrt latente und weniger manifeste Konflikte zu erwarten. Vgl. Meflfert (1981), S. 109. Vgl. hierzu die angedeutete Bandbreite des Autonomiegrades von Franchisesystemen bei Ahlert (2001), S. 17. Wfthrend der Bindungsgrad das AusmaB beschreibt, in dem Partneruntemehmen ihr Verhalten vertraglich hinsichtlich Umfang, Dauer und Intensittt festlegen, beschreibt der Autonomiegrad die Freiheitsgrade innerhalb des abgestimmten Aktivitatsbereiches. Vgl. zur Abstimmung der Einzelkomponenten von Franchisevertrftgen z. B. Posselt (1999). Vgl. Backhaus/Plinke (1990), S. 23 ff. sowie Backhaus/Meyer (1993), S. 332. Vgl. hiervon abweichend z. B. Harrigan (1987), die Kooperationen jeglicher Richtung als Allianzen klassifiziert oder Heide/John (1990), die lediglich vertikale Kftufer-Verkftufer-Bezichungen unter dem Begriff der Allianz fassen. Vgl. femer Hess (1999), S. 225, der Allianzen von Untemehmensnetzwerken tlber das Kriterium der Befristung sowie der geringeren Anzahl von Untemehmen abgrenzt. Vgl. u.a. Backhaus/Plinke (1990); Backhaus/Meyer (1993); Ihrig (1991); Parkhe (1993); Varadarajan/Cunningham (1995); Spekman et al. (1998); Heck (1999); Hungenberg/WulfiMaack (2002). Als Vorteile werden bspw. der Zugang zu Ressourcen der Partneruntemehmen, ein Transfer von Know-how sowie Kosteneinspamngen und Zeiterspamisse angestrebt. Vgl. z. B. Backhaus/Meyer (1993), S. 331. Daneben steht das Ziel, die Unsicherheit im Umfeld des Untemehmens zu reduzieren. Ftlr eine Cbersicht tlber in der Literatur angefUhrte Ziele vgl. Hungenberg/WulfiMaack (2002), S. 270. Vgl. auch die Definition von Spekman et al. (1998), S. 748. "a strategic alliance is a close, long-term, mutually beneficial agreement ... in which resources, knowledge, and capabilities are shared with the objective of enhancing the competitive position of each partner". Vgl. z. B. Backhaus/Meyer (1993); Ihrig (1991), S. 29; Spekman et al. (1998), S. 748; Hess (1999), S. 225. Eine klare Abgrenzung einer bilateralen Allianz von multilateralen Netzwerken ist hierdurch wie beim Kooperationsbegriff unmftglich.
Geschtlftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
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und zielgerichtete Zusammenarbeit von rechtlich und wirtschaftlich nicht voneinander abhSngigen Untemehmen erkennen. Gnmdlage der Zusammenarbeit bilden mehrmalige, interdependente Interaktionen zwischen den bekannten Partnenmtemehmen, so dass die Einordnung als GeschMsbeziehung unmittelbar ersichtlich ist. Im Gegensatz zu den diskutierten reinen Austauschbeziehungen erfolgt jedoch eine erkennbare Funktionsabstimmimg, die auch als Ausdruck einer httheren Integrativitat gesehen werden kann." Mit der Institutionalisierung einer untemehmensUbergreifenden Zusammenarbeit zwischen zwei Untemehmen tiber die GrUndung eines Gemeinschaftsunternehmens
erhOht sich der
Bindungsgrad zwischen zwei Partneruntemehmen merklich. Zur Kennzeichnung von Gemeinschaftsuntemehmen hat sich auch im deutschsprachigen Raum der Terminus des Joint Ventures durchgesetzt." Ein Joint Venture kann als ein institutionalisierter Ausdruck einer Geschaftsbeziehung und einer Untemehmenskooperation zwischen den Ubergeordneten Partneruntemehmen gesehen werden.'^ Obwohl die einseitige Interaktion zwischen einer Partneruntemehmung und dem Joint Venture aufgrund mOglicher Beherrschungspotenziale eine konzeminteme Beziehung darstellt, wird in der Praxis aufgrund der gemeinschaftlichen Besitzverhaltnisse die Interaktion mit dem Joint Venture kaum von der Interaktion mit der Ubergeordneten Partneruntemehmung zu trennen sein. Da mit der GrUndung von Joint Ventures zumeist strategische Ziele verfolgt werden, kOnnen Joint Ventures zudem auch als institutionalisierter Ausdruck einer strategischen Allianz gesehen werden.^° Die gemeinsame Ftlhrung eines Joint Ventures stellt die Partneruntemehmen vor Herausforderungen, die sich sowohl graduell als auch inhaltlich von gewGhnlichen Geschaftsbeziehungen unterscheiden/' Besondere praktische Relevanz besitzen Joint Ventures ftlr die ErschlieBung von AuslandsmSrkten im Rahmen intemationaler Geschaftsbeziehungen.^^ Abstrahiert man von eventuell bestehenden zwingenden nationalen Bestinmiungen, so lasst sich als vorrangiges Ziel die Nutzung der spezifischen Markterfahrungen und bestehenden Potenziale einer lokalen Partneruntemehmung werten. AUerdings zeigt sich - trotz der relativ hohen Bindungsintensitat - dass Internationale Joint Ventures haufig nur eine sehr eingeschrankte Lebensdauer aufweisen.^^
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Vgl. Engelhardt/Freiling (1995b) sowie die Ausfilhnmgen in Kapitei 2.1. Der Begriff Joint Venture ist grundsfttzlich nicht auf ein gemeinsames gesellschaftsrechtliches Engagement einzuschrtoken, sondem kann neben den Gemeinschaitsuntemehmen mit mehrseitiger Kapitalbeteiligung (.equity joint ventures) auch eine rein vertragliche Zusammenarbeit bezcichnen (.contractual joint venture'). Vgl. Friedman (1972), S. 58 f. Im Gegensatz zur reinen Funktionsabstimmung erfolgt hier eine Obertragung von Funktionen auf das Joint Venture. Vgl. hierzu die oben dargelegte Kooperationsdefmition von Rotering (1990), S. 41. Vgl. exempl. Harrigan (1987); Webster (1992), S. 8. Im Hinblick auf die Abgrenzung von lediglich vertragsbasierten strategischen Allianzen werden Joint Ventures hier jedoch als eigenstfindige Form der Zusammenarbeit betrachtet. Zu denken ist diesbezUglich z. B. an Aspekte der strategischen Steuerung und KontroUe, die zu erbringenden Beitrage der Partneruntemehmen sowie die Ergebnisverteilung. Vgl. exempl. Geringer/Hebert (1989). Vgl. u. a. Beamish/Banks (1987); Endres (1987); Kogut/Singh (1988) sowie Backhaus (1997), S. 255 f Vgl. Kogut (1988) sowie den Oberblick Uber Auflftsungsraten intemationaler Joint Ventures bei Hennart/Zeng (2002), S. 699.
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Geschftftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Die zuletzt charakterisierten Beziehungstypen der Fimktionsabstimmung bzw. Funktionsausgliederung werden im organisationstheoretischen Schrifttum hSufig unter dem Terminus der Unternehmenskooperation diskutiert.^ Eine Untemehmenskooperation kairn mit ROTERING
verstanden werden als „die auf stillschweigender oder vertraglicher Vereinbaning beruhende Zusammenarbeit zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbststSndigen Untemehmen durch Funktionsabstimmung oder Funktionsausgliedemng und -tibertragung auf einen Kooperationspartner"^^ Die Untemehmenskooperation grenzt sich von marktlichen imd hierarchischen Beziehungstypen durch das Vorliegen einer gnmdsatzlichen Autonomic - letztlich festzumachen an der Moglichkeit des freiwilligen Verzichts auf die Zusammenarbeit - sowie dem gleichzeitigen Bestehen von Interdependenzen ab.^^ AUerdings wird auch der Kooperationsbegriff in der Literatur teilweise unterschiedlich weit gefasst, indem teilweise auf die explizite Forderung einer erkennbaren gegenseitigen Abstimmung verzichtet wird.^' Eine derart weite Fassung fiihrt jedoch dazu, dass der Begriff der Untemehmenskooperation in die N ^ e eines Synonyms zum Begriff der Geschaftsbeziehung riickt und auch rein kompetitiv angelegte Geschaftsbeziehungen als Kooperation gewertet werden.^* Eine Differenzierung ist jedoch sinnvoll, da zum Beispiel im Gegensatz zu langfristigen LiefervertrSgen fiir unspezifische Waren „explizite vertragliche Vereinbarungen ... haufig ungeeignet [sind], alle Aspekte der Zusammenarbeit eindeutig und durchsetzbar einer Regelung zuzufiihren."^' Schliefilich sei darauf hingewiesen, dass auch der Kooperationsbegriff grundsStzlich nicht auf die bilaterale untemehmensuber-
Vgl. hiervon abweichend bspw. Werp (1998, S. 26 f. Er sieht eine Geschaftsbeziehung als die Gesamtheit zwischen Untemehmen existierenden Kooperationen, wobei eine Geschaftsbeziehung auch ohne eine Kooperation bestehen kann. Dabei geht er jedoch von einen Kooperationsverstandnis aus, dass auf einer expliziten Vereinbaning ausgeht, wahrend Geschaftsbeziehungen bereits vor einem Geschaftsabschluss bestehen kOnnen. Rotering (1990), S. 41. Vgl. z. B. Ahlert (2001), S. 15 ff. Beim Idealtypus der diskreten marktlichen Transaktion bestehen keine Interdependenzen und vollstandige Autonomic, bei konzemintemen Beziehungen bieten sich Ubergeordneten Untemehmen vertraglich abgesicherte BeherrschungsmSglichkeiten, die einen Verlust der Autonomic dahingehend darstellt, dass nicht einmal die Freiwilligkeit der Kooperationsbildung vorliegt. Vgl. bspw. Picot/ReichwaldAVigand (2001), S. 304. Vgl. z. B. auch die Definition von BLOHM, die in der deutschsprachigen Literatur weite Beachtung gefiinden hat. Er definiert Kooperation als „auf stillschweigenden oder vertraglichen Vereinbamngen beruhende Zusammenarbeit zwischen rechtlich selbstandig und in den nicht von der Kooperation betroffenen Bereichen auch wirtschaftlich nicht voneinander abhangigen Untemehmungen" (Blohm (1980), Sp. 1112). Erst im Rahmen der anschlieflenden Erlautenmgen leitet Blohm die notwendige Funktionsabstimmung aus den entstehenden Abhangigkeiten ab. Ahnlich bei Bogaschewsky (1995), S. 161 f. Vgl. zum Kooperationsbegriff femer Gerth (1974); BUchs (1991), S. 3. Ein Grund, dass beide Begriffe nur selten eine in direkte Beziehung zu einander gesetzt werden, kann darin gesehen werden, dass der Begriff der Geschaftsbeziehung vomehmlich im Rahmen der Marketingwissenschaft angesiedeh ist, wahrend der Begriff der (Untemehmens-)kooperation starker in den Bereichen der Organisationstheorie und des Technologiemanagement verortet werden kann. Schrader (1993), S. 223. Vgl. auch schon MacNeil (1978), S. 865: „Two common characteristics of long-term contracts are the existence of gaps in their planning and the presence of a range of processes and techniques used by contract planners to create flexibility in lieu of either leaving gaps or trying to plan rigidly."
GescMftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
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greifende Zusammenarbeit beschrankt ist, sondem auch multilaterale interorganisationale Beziehimgstypen einschlieBt.^° Diejenige Form der organisationstibergreifenden Zusammenarbeit, die der idealtypischen Koordination Uber die Hierarchie am nSchsten steht, ist in der interorganisationalen Zusammenarbeit zwischen Konzerngesellschaften
zu sehen. Betrachtet man die Auslandsquoten
groBer deutscher Konzeme, die teilweise bereits bei Uber 70% liegen, so wird erkennbar, dass Konzembeziehimgen auch im intemationalen Kontext ein hoher Stellenwert zuf^Ut. Aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive stellen Konzeme eine wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungseinheit aus mehreren Untemehmen unter einheitlicher Leitung'' dar, wobei eine rechtiiche SelbstSndigkeit der einzelnen Konzemuntemehmen im Gegensatz zur wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit bestehen bleibt." Nach THEISEN iSsst sich die wirtschaftliche Einheit gnmdsatzlich durch personelle, institutionelle oder funktionelle Verkntipftmgen herstellen. Im Hinblick auf eine Abgrenzung unterschiedlicher Formen interorganisationaler Beziehungen ist jedoch die BeschrSnkung auf institutionelle Verbindungen in Form von Kapitalbeteiligungen vorzuziehen, da durch die Einbeziehung rein funktionaler VerknUpfimgen auch symbiotische Formen, wie bspw. Untemehmensnetzwerke als Konzemorganisation zu verstehen wSren.^^
Beztiglich der organisationstibergreifenden Zusammenarbeit von Konzemuntemehmen k5nnen Beziehungen zwischen Uber- bzw. untergeordneten Konzemuntemehmen^'* sowie gleichgeordneten Konzemuntemehmen unterschieden werden.^^ Obwohl iibergeordnete Konzemuntemehmen iiber institutionelle Verkntipfungen einen direkten Einfluss auf die Geschaftspolitik nehmen k5nnen, wird zur Koordination insbesondere gleichgeordneter Konzemuntemehmen auch auf marktliche Koordinationselemente tiber Preise zurilckgegriffen.'^ Aufgmnd der Abhangigkeit untergeordneter Konzemuntemehmen ist bei konzemintemen Beziehungen die
Eine im Hinblick auf eine trennscharfe Systematisiemng interorganisationaler Beziehungen denkbare Einschrankung des KooperationsbegrifFs auf bilaterale Formen und somit einer klaren Abgrenzung von multilateralen Untemehmensnetzwerken hat sich nicht durchgesetzt. Da der Begriff der einheitlichen Leitung rechtlich nicht exakt prSzisiert ist, ist seine Operationalisierung allerdings problematisch. Vgl. Theisen (2000), S. 34 f Vgl. Theisen (2000), S. 15 ff. Vgl. Theisen (2000), S. 127 ff. Umgekehrt kann auch eine institutionelle Konzemorganisation als ein interorganisationales Netzwerk betrachtet werden. Vgl. bspw. Bartlett/Ghoshal (1990). Hier wSre bspw. auch die konzeminteme Zusammenarbeit mit den (mit anderen Partneruntemehmen gegrtlndeten) Gemeinschaftsuntemehmen zu nennen. Diese Unterscheidung bezieht sich auf die fllhrungsbezogene Einordnung der Untemehmen und ist somit unabhSngig von der Einordnung beztiglich der WertschOpfungsstufe eines Untemehmens. Obwohl tiber Verrechnungspreise eine Form marktlicher Koordination auch untemehmensintemen Einsatz fmdet, kann bei Konzembeziehungen aufgmnd der vorliegenden Untemehmensgrenzen im Allgemeinen eine stSrkere marktliche Koordination erwartet werden. Zu den Gmndlagen der pretialen Lenkung tiber Verrechnungspreise vgl. z. B. Liermann/ Laux (1997), S. 370 ff.
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GeschMftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
wirtschaftliche Selbstandigkeit mindestens einer Partnemntemehmimg stark eingeschrankt. Zumindest die Grundsatzentscheidung tiber die Zusammenarbeit ist letztlich nicht autonom festzulegen. Da die Freiwilligkeit der Zusammenarbeit folglich nicht gewShrleistet ist, f^lt die konzeminteme Zusammenarbeit bereits aus dem Spektrum der Untemehmenskooperation. Dagegen erfiillt sie bei nSherer Betrachtimg sSmtliche konstitutiven Anforderungen zur Klassifizierung als GeschSftsbeziehung, da sich zwischen den Konzemuntemehmen interdependente, Qkonomische Interaktionsprozesse vollziehen. Angesichts der gravierenden Unterschiede von Konzembeziehungen zu Geschaftsbeziehungen zwischen unabhSngigen Untemehmen stellt sich jedoch die Frage, ob konzeminteme Beziehungen analog zum Kooperationsbegriff tiber die Aufhahme der konstitutiven Bedingung der wirtschaftlichen Autonomic aus dem Geschaftsbeziehungsspektrum explizit ausgeschlossen werden sollten. 2.2.2
Multilaterale Formen interorganisationaler Beziehungen
Die vorangegangenen Ausfiihrungen haben gezeigt, dass Geschaftsbeziehungen in unterschiedlichsten Varianten vorliegen. Dabei wurde bereits angedeutet, dass einzelne Geschaftsbeziehungen in der Praxis selten isoliert zu betrachten sind, sondem im Kontext eines ubergeordneten Untemehmensnetzwerkes^^ zu sehen sind/* Grundsatzlich lasst sich ein Netzwerk stets tiber die einbezogenen Akteure sowie die Form ihrer Beziehungen bestimmen.^' Beim Untemehmensnetzwerk sind die Akteure eigenstandige Untemehmen, die hinsichtlich ihrer Leistungserstellung keiner maBgeblichen Fremdbestinmiung unterliegen. Es ist jedoch vor allem die Beschaffenheit der erfassten Geschaftsbeziehungen, die entscheidenden Einfluss auf den Netzwerkcharakter besitzen. Ein Untemehmensnetzwerk lasst sich daher mit ANDERSON ET AL. auch beschreiben als „a set of two or more connected business relationships, in which each exchange relation is between business firms that are conceptualized as collective actors"*^ Die Abb. 2-2 verdeutlicht exemplarisch, inwieweit eine im Fokus stehende Geschaftsbeziehung in ein Untemehmensnetzwerk eingebettet ist. Diese fokale Geschaftsbeziehung steht in
Vgl. grundlegend zu Untemehmensnetzwerken u. a. Miles/Snow (1986); (1992); Powell (1990); Nohria/Eccles (1992); Sydow (1992); Jarillo (1993); Grandori/Soda (1995); HSkansson/Snehota (1995) sowie Sydow (1999). Vgl. zur Integration von Geschaftsbeziehungen in den Netzwerkansatz u. a. Anderson/Hakansson/Johanson (1994) und Hakansson/Snehota (1995). Ausgehend von sozialwissenschaftlichen und insb. soziologischen UrsprQngen der Netzwerkforschung wurden zunachst vor allem soziale Beziehungen zwischen Individuen (in Gruppen, Gemeinschaften, Organisationen etc.) betrachtet. Eine anerkannte Definition stammt von Mitchell (1969), S. 2, der ein soziales Netzwerke definiert als „a specific set of linkages among a defmed set of persons, with the additional property that the characteristics of these linkages as a whole may be used to interpret the social behavior of the persons involved". Vgl. zur sozialen Netzwerkforschung grundlegend Wasserman / Faust (1994). Anderson/HSkansson/Johanson (1994), S. 2.
Geschflftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
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Abb. 2-2: Fokale Geschaftsbeziehimg als Teil eines Untemehmensnetzwerks Quelle: Darstellung in Anlehnung an Anderson/Hakansson/Johanson (1994), S. 3
einer teilweise direkten, teilweise indirekten Wechselbeziehung mit anderen Geschaftsbeziehungen und somit dem Untemehmensnetzwerk als Ganzem.*^ So kSrinen bspw. im Netzwerk etablierte Verhaltensnormen die Interaktion zwischen den Untemehmen beeinflussen.*^ Umgekehrt koiinen Verandenmgen im Rahmen der fokalen Geschaftsbeziehimg einen wichtigen Einfluss auf das gesamte Untemehmensnetzwerk besitzen.*^ Die in der deutschsprachigen Literatur akzeptierte Begriffsdefinition von S Y D O W geht tiber die soeben angefiihrte allgemein gehaitene Definition hinaus, indem eine erste, wenn auch weit gefasste Charakterisierung netzwerktypischer Beziehimgen erfolgt. Er beschreibt ein Untemehmungsnetzwerk als "eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform ekonomischer Aktivitaten ..., die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative,
Vgl. zur 'Connectedness' von Geschaftsbeziehungen bereits Cook/Emerson (1978), S. 725: "Two exchange relations are connected to the degree that exchange in one relation is contingent upon exchange (or nonexchange) in the other relation." Gierl/Bambauer (2002) belegen bspw., dass die informationsbezogene Netzwerkintegritat den Erfolg von Geschaftsbeziehungen der Untemehmen auf vorgelagerten Wertschfipfungsstufen erhOht. Vgl. insb. Halinen/Sahni/Havila(1999), S. 781 ff.
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbstandigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhangigen Untemehmungen auszeichnet."*^ Die spezifische Organisation von Untemehmensnetzwerken lassen sich anhand einer grofien Anzahl von Dimensionen beschreiben (vgl. Tab. 2.2). Aus der unterschiedlichen Kombination dieser Dimensionen resultiert zugleich eine grofie typologische Vielfalt von Untemehmensnetzwerken." In der Literatur werden bspw. u. a. strategische Netzwerke, regionale Netzwerke*^, Innovationsnetzwerke*^ Zuliefemetzwerke" und Projektnetzwerke'^ und virtuelle Unternehmungen^ diskutiert. Die gr6Bte Aufinerksamkeit im betriebswirtschaftlichen Schrifttum ist dem strategischen Netzwerk entgegengebracht worden.*^' Obwohl ein Untemehmungsnetzwerk aufgrund der den Netzwerkuntemehmungen verbleibenden Autonomie grundsatzlich ein polyzentrisches System darstellt, werden strategische Netzwerke von einer (oder mehreren) fokalen Untemehmung proaktiv unter BerUcksichtigimg markt- und technologiebedingter Gegebenheiten mit dem Ziel der ErschlieBung wettbewerbsrelevanter Potenziale geftihrt.^^ Der Chance der erhShten strategischen FlexibilitSt stehen Risiken gegentiber, die mit zunehmender GrOBe eines Untemehmensnetzwerkes zum Teil Uberproportional zunehmen: der Verlust der eigenen Kemkompetenz, die EinbuBe strategischer Autonomie, die Steigerung der Koordinationskosten, der Verlust der organisationalen Identitat und die hieraus resultierende mangelnde Identifikationswirkung sowie schlieBlich die erschwerte strategische Steuerung.^^
Sydow(1992), S. 79. Sydow (1999), S. 284 f. nennt 25 ihm bekannte Unterscheidungen. Regionale Netzwerke zeichnen sich durch eine rftumliche Konzentration auf bestimmte Regionen aus. Sie sind eher polyzentrisch aufgebaut und umfassen eher gleichberechtigte Untemehmen kleinerer und mittlerer GrOBe. Vgl. z. B. Staber (1996); Sydow (1999), S. 288 f. Vgl. zu innovationsorientierten Netzwerken exempl. Gemtlnden/Heydebreck (1994); Gemtinden/RitterAValter (1996); Semlinger (1998); Gassmann/Fuchs (2001), S. 348 ff. Vgl. bspw. Mtonel (1996). Projektnetzwerke werden nach Beendigung einer gemeinsamen, zeitlich befristeten Aufgabe aufgel5st. Die betroffenen Geschaftsbeziehungen sind lediglich latent vorhanden und werden nur gegebenenfalls filr ein neues Projekt reaktiviert. Vgl. z. B. Sydow (1999), S. 286 ff. sowie Sydow/Windeler (1999). Die virtuelle Untemehmung kann charakterisiert werden als eine flexible und kurzfristig angelegte, selbstorganisatorisch und kooperative Zusammenarbeit mehrerer Untemehmen mit einem einheitlichen Aufienauftritt, die unter einem verstarkten Einsatz modemer Kommunikationstechnologien und Nutzung spezifischer Kemkompetenzen eine konsequente Optimierung der gemeinsamen WertschOpfimg vollziehen. Als Ausgangspunkt der Diskussion kann die Monographie von Davidow/Malone (1992) gesehen werden. Vgl. im deutschsprachigen Raum u. a. Bleicher (1996); Schewe (1997); Scholz (1996), (1997); Klein (1994); BOschken (1999); Meffert (1999a); von Kortzfleisch (1999) sowie Albach/SpechtAVildemann (2000). Zum Begrifif der Virtualitat vgl. Scholz (1996), S. 204. Der flexible, kurzfristige Charakter ermOglicht eine Abgrenzung der virtuellen Untemehmung von herkOmmlichen Untemehmungsnetzwerken, die eher auf stabile Beziehungen ausgerichtet sind. Vgl. z. B. die Unterscheidung bei Bleicher (1996), S. 13. Vgl. auch Winand/Nathusius (1998), S. 31. Vgl. insb. Jarillo (1988), (1993); Sydow (1992). Vgl. femer Steffen (2001). Vgl. Sydow (1992), S. 80 fif. Vgl. Sydow (1999), S. 291.
Geschilftsbeziehungen im Spektrum interorganisationaler Beziehungen
Dimension
Beschreibung / AusprSgungen
Austauschgegenstand
GQter, Dienstleistungen, Personal, Finanzmittel, Informationen, Erwartungen, EinflUsse, Kontrolle
Dichte
Anzahl und Intensitdt mCglicher (oder tatsdchlicher) Interaktionen
Diversitat
Anzahl artverschiedener Untemehmen innerhalb eines Netzwerkes
Funktionsteilung
Anzahl von Untemehmen, die unterschledllche Funktionen wahmehmen
Interdependenz
Gepoolte, sequentlelle Oder rezlproke Abhdnglgkelten im Netzwerk
Kohdsion
Zusammenhalt der Netzwerkuntemehmen
Konnektivitdt 1 Multiplexitdt
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Relation von direkten zu indirekten Netzwerkbeziehungen Ausmall, indem Netzwerkbeziehungen zum Austausch unterschiedlicher Inhalte genutzt werden kOnnen
Offenheit
HOhe von Elntritts- bzw. Austrittsbarrieren
Redundanz
Anzahl von funktionsSquivalenten Untemehmen und/oder funktionsSquivalenten Netzwerkbeziehungen
Richtung
linear-einseitiger vs. komplex-reziproker Vollzug des Leistungstausches
Sichtbarkeit
Grad, in dem Netzwerkbeziehungen fUr Aulienstehende sichtbar sind
1 Stabilitat Umfang 1 Zentralitat
Grad der Stabilitdt der Netzwerkakteure und -beziehungen Anzahl und/oder Umsatz der dem Netzwerk angehOrigen Untemehmen Anzahl von Untemehmen mit hohem Anteil von Netzwerkbeziehungen
Tab. 2-2: AusgewShlte Beschreibimgsdimensionen von Untemehmungsnetzwerken Quelle: in Anlehnung an Sydow (1992), S. 84 f.
Strategische Netzwerke umfassen in der Regel Untemehmen unterschiedlicher GroBe, wobei die Ftihning mehrheitlich eher grolieren Untemehmen zufallt.^"* Im Fall pyramidalen Produktionsnetzwerken (wie sie z. B. in der Automobilindustrie, aber auch in der im Rahmen der spateren empirischen Untersuchimg betrachteten Textilwirtschaft zu fmden sind), wird die das Netzwerk strategisch ftihrende Untemehmung aufgmnd der zentralen Bedeutung des Kunden zudem in der Regel den konsunmaheren Stufen der Wertschopfungskette, d. h. den Endproduktherstellem oder Handelsuntemehmungen angehoren.^^ Auch mehrstufige vertikale Distributionssysteme werden haufig von einer zentralen fokalen Untemehmung gefOhrt und konnen somit als strategische Netzwerke eingeordnet werden.^^ Besonders deutlich wird dies am Beispiel von Franchisingsystemen.^^
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Vgl. Sydow (1999), S. 287. Vgl. Wildemann (1997), S. 423 ff. Problematisch bei der Einordnung von Distributionssystemen als Untemehmensnetzwerk sind jedoch zum einen der Ausschluss vorgelagerter Fertigungsstufen sowie unterschiedliche Abgrenzungen des Distributions- bzw. Absatzkanals (gUterspezifisch vs. subjektspezifisch). Vgl. hierzu Ahlert (1996), S. 37 f. Vgl. zu u. a. Franchisingnetzwerken Sydow (1993); Ahlert (2001) sowie AhlertAVunderlich (2002).
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
2.3 Zum Stand der Forschung Wissenschaftlicher Erkeimtnisfortschritt resultiert aus einem iterativen Prozess der Formulierirng von Theorien'*' iind ihrer Konfrontation mit der RealitSt im Rahmen der empirischen PrUfung.'^ Die empirische Forschung erftillt somit die Funktion einer ZwischenkontroUe auf dem Weg zu einer anspruchsvolleren Theorie.^^*^ Im Folgenden soil ein Oberblick iiber den bisherigen Forschungsstand zum allgemeinen Erkenntnisobjekt der Geschaftsbeziehung gegeben werden. Hierzu werden zunachst ausgewShlte theoretische Ansatze skizziert und - aufgrund der besonderen praxeologischen Bedeutung - die Perspektive der Marketingforschung hervorgehoben. AnschlieBend wird der Stand der theoretischen und empirischen Forschung aus einem integrativen Blickwinkel betrachtet. 2.3.1 Ausgewahlte theoretische Betrachtungsperspektiven Theoretische ForschungsansStze stellen ein „Mittel zum Zweck der Gewinnung und Ordnung von Erkenntnissen"'°^ dar. Der Vergleich mit einem Scheinwerfer'^^ verdeutlicht, dass hierbei zwangslaufig einige Aspekte zugunsten der im Zentrum der Analyse stehenden Sachverhalte ausgeblendet werden.^°^ Hieraus folgt zugleich, dass eine Theorie bzw. ein Forschungsansatz nicht als wahr oder unwahr klassifiziert werden kann, sondem anhand der Ergiebigkeit bezuglich des betrachteten Problems zu beurteilen ist.'*^ Geschaftsbeziehungen sind aus einer Vielzahl von theoretischen Perspektiven untersucht worden.'°^ Das gemeinsame Untersuchungsobjekt der Austauschbeziehung bedingt, dass zwischen einzelnen Perspektiven zum Teil In einer allgemeinen Definition lasst sich eine Theorie mit Witte (1974), Sp. 1266 f. als „ein System allgemeuier objektiver Aussagen kognitiven Charakters" verstehen. Vgl. auch Hunt (1983), S. 10. Wissenschaftlich zulSssige Hypothesen beschreiben reale, empirisch tlberprilfbare Sachverhalte, sind allgemeingUltig, liegen zumindest implizit in der Struktur eines Wenn-dann-Satzes vor und sind potenziell falsifizierbar. Vgl. Bortz/DOring (2002), S. 7 f. Gleichwohl ist der Theoriebegrififin der Wirtschaftswissenschafl nicht eindeutig festgelegt. Wolf (2003), S. 2 ff. gibt einen Oberblick tiber acht relevante Theorieaspekte und neun zu stellende Mindestanfordeningen. Im Siime des kritischen Rationalismus gilt eine Theorie als voriaufig bewahrt, wenn die aus ihnen deduktiv abgeleiteten Hypothesen der empirischen PrUfung standhalten. Vgl. Popper (1982), S. 5 ff. Allerdings hat sich der rigide deduktive Anspruch des kritischen Rationalismus in der betriebswirtschaftlichen Forschung nicht durchsetzen kOnnen. Im Rahmen der Prtifung einer Theorie entstehen neue Erkenntnisse, die nach Witte (1977), S. 278 einen „theoriebildenden, heuristischen Impuls" zu geben vermOgen. Zur frtlhen Kontroverse bezUglich des Pluralismus in der betriebswirtschaftlichen Forschung vgl. die Diskussionsbeitrage von Schanz (1975a); Witte/GrUn/Bronner (1975); Schanz (1975b). Vgl. Witte/Gran/Bronner(1975), S. 797. Meffert (1999b), S. 38. Diese bereits von Popper (1982) verwendete Metapher fmdet sich bspw. auch bei Schneider (1987), S. 34; Aufderheide/Backhaus (1995), S. 45 sowie Meffert (1999b), S. 38. Vgl. auch Emerson (1981), S. 3: „the aim of any theoretical perspective is to separate out a few attributes to be examined in purely analytic isolation." Vgl. Meffert (1999b), S. 38. Vgl. auch Schneider (1987), S. 32: „Nur hinsichtlich einer prSzise formulierten Problemstellung kann beurteilt werden, was eine Theorie taugt, ob sie ,wirklichkeitsnah' oder ,wirklichkeitsfem' ist!". Vgl. ferner Witte (1981). Einen Eindruck tlber die Vielfalt der zur Analyse von Geschaftsbeziehungen herangezogenen Theorien und ihre Bedeutung filr das Forschungsfeld interorganisationaler Beziehungen und Untemehmensnetzwerke vermittelt die Metaanalyse von Oliver und Ebers. Im Rahmen ihrer meta-analytischen Literaturauswertung identifizieren sie 17 theoretische Perspektiven. Vgl. Oliver/Ebers (1998), S. 551 ff. Zur dieser Untersuchung vgl. auch die Ausfiihrungen in Kapitel 2.3.2.
Zum Stand der Forschimg
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offensichtliche Oberschneidungen bestehen und sich bisweilen ein Problem der Abgrenziing ergibt.'°^ Aus dem Spektrum theoretischer Ansatze werden mit der sozialen Austauschtheorie, dem Ressourcen-AbhdngigkeitS'Ansatz
sowie dem Transaktionskostenansatz lediglich drei
Ansfitze skizziert, die eine zentrale Bedeutung ftir die Analyse und Gestaltung von Geschaftsbeziehungen besitzen, eine breite Beachtung im relevanten Schrifttum gefimden haben und im Rahmen der spSteren Argimientation wiederholt explizit und auch implizit aufgegriffen werden.'°' Als Basistheorie der Untersuchung von dyadischen Geschaftsbeziehungen gilt die soziale Austauschtheorie, deren Ursprung in frUhen soziologischen Theorien der Interaktion auf der Ebene von Individuen liegt.^°* Der Zweck eines sozialen Austausches wird stets im Erhalt wertvollen Inputs gesehen.'°^ HOMANS formuliert ein gnmdlegendes Modell der sozialen Interaktion zwischen zwei Interaktionspartnem.'^^ Beide Partner besitzen zw^ei grundsatzliche Handlungsaltemativen: die Interaktion mit dem Partner bzw. den Verzicht auf die Interaktion und die Verfolgung einer altemativen Aktivitat. Die Interaktionspartner bewerten diesbeztiglich ihr soziales Handeln anhand von Kosten-Nutzen-Uberlegungen. Eine Austauschbeziehung wird dabei nur langerfristigen Bestand haben, wenn der Nutzen der Interaktion - verstanden als eine psychische Belohnung fiir beide Parteien - groBer als der entgangene Nutzen einer altemativen Aktivitat ausfallt, auf die zugunsten der Austauschbeziehung verzichtet wurde. Nutzen und Kosten sind hierbei sehr weit zu fassen und besitzen nur selten einen materiellen oder gar quantifizierbaren Charakter."^ Eine empfundene Ungerechtigkeit zwischen den Interaktionspartnem wird femer zu einer Verargerung des benachteiligten Interaktionspartners fiihren und die Beziehung gefahrden.^^^
Diese Grundtiberlegungen der sozialen Austauschtheorie sind bereits fhih auf okonomische Interaktionen und interorganisationale Beziehungen tibertragen worden.^^^ Die Aktivitat eines freiwilligen Austauschs zwischen Partneruntemehmen fmdet folglich analog nur statt, wenn
Vgl. ROssl (1994), S. 51. Vgl. femer Bruhn/Bunge (1994), S. 50 ff. Zur besonderen Bedeutung der genannten Ansatze fUr die Untersuchung von Geschaftsbeziehungen vgl. u. a. Oliver (1990); Sydow (1992), S. 127 ff.; Schrader (1993), S. 236. sowie Oliver/Ebers (1998). FtirfrUheTheorien der sozialen Interaktion vgl. Homans (1958); Thibaut/Kelley (1959) sowie Blau (1964). Vgl. femer Kelleymiibaut (1978) sowie Emerson (1981). Blau (1964), S. 91 definiert soziale Interaktionen als „voluntary actions of individuals that are motivated by the returns they are expected to bring and typically in fact bring from others". Vgl. Homans (1964) sowie Homans (1972), S. 90 ff. Vgl. fUr eine detailliertere Darstellung und Beurteilung z. B. Crott (1979),S.62ff. Vgl. Emerson (1981), S. 3 If. Vgl. Homans (1958), S. 603 f. sowie Homans (1972), S. 99 ff. Vgl. z. B. LevineAVhite (1961); Cook (1977); Dwyer/Schur/Oh (1987); Das/Teng (2002). Filr empirische Studien zu Geschaftsbeziehungen, die auf Kemaussagen der sozialen Austauschtheorie auft)auen, vgl. stellvertretend Anderson/Nams (1984), (1990); Hall6n/Johanson/Seyed-Mohamed (1991) sowie Ping (1994).
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
der damit verbundene Nutzen die Kosten tibersteigt. Die Beurteilung der Interaktionsbeziehungen erfolgt unter Rtickgriff auf zwei VergleichsmaBstabe. Die gegenwartigen Ergebnisse einer Geschaftsbeziehung werden zum einen im Vergleich zu frUheren Erfahrungen bewertet. Daneben wird jedoch die beste vorhandene Alternative, sei es das Eingehen einer anderen Austauschbeziehung oder der Verzicht auf eine interorganisationale Beziehung, berUcksichtigt.'^^ Da im Rahmen von Geschaftsbeziehungen vertragliche Bindungen nicht sSmtliche Sachverhalte eindeutig und durchsetzbar regebi k6nnen, verbleibt in der Kegel eine Unsicherheit tiber den Austausch. Folglich konimt der sich entwickelnden bzw. bestehenden sozialen Beziehung zwischen den Interaktionspartnem eine besondere Bedeutung zu.^'^ So fiihren aus einer dynamischen Perspektive im Zeitablauf positive Erfahrungen in einer Geschaftsbeziehung zur Herausbildung relationaler Verhaltensnormen, zum Aufbau von Vertrauen, gegenseitiger Verpflichtung und Zufi^iedenheit. Es ist nicht zuletzt diesem Fokus auf die Entstehurig der relationalen Beziehung zwischen den Partneruntemehmen zuzuschreiben, dass die Austauschtheorie Eingang in eine Vielzahl von theoretischen und empirischen Untersuchungen zu Geschaftsbeziehimgen gefimden hat."^
Der Ressourcen-AbMngigkeits-Ansatz^^^ sieht den Aufbau dauerhafter Geschaftsbeziehimgen als eine M5glichkeit von Untemehmen, die durch die Abhangigkeit von extemen Ressourcen ausgehende Unsicherheit zu reduzieren.^'* Die Abhangigkeiten einer fokalen Untemehmung sind imiso grofier, je wichtiger die benotigte Ressource fiir die Untemehmimg ist und je schwieriger die Ressource durch alternative Ressourcen zu substituieren ist.^^^ Ressourcen konnen dabei vielfaltiger Natur sein.'^° Uber den Aufljau von Geschaftsbeziehungen streben Untemehmen folglich nach einem Zugang zu benotigten Ressourcen und letztlich nach einer erhohten Stabilitat.'^^ Allerdings fiihren Geschaftsbeziehungen nicht nur zu einem Abbau extemer Abhangigkeiten. Vielmehr geht mit dem Aufbau von Geschaftsbeziehungen haufig ein Verlust an Autonomic einher, der wiederum zu einer Abhangigkeit von einem Geschafts-
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Vgl. Kelley/Thibaut (1978), S. 8 f. Vgl. Das/Teng (2002), S. 448. Vgl. zur Bedeutung der sozialen Austauschtheorie fUr Geschaftsbeziehungen sowie einen aktuellen Literaturttberblick tiber konzeptionelle und empirische Untersuchungen Lambe/Wittman/Spekman (2001), insb. S. 14 fF. Der Ressourcen-AbhSngigkeits-Ansatz geht wesentlich auf die Arbeiten von Pfeffer, Salancik sowie Aldrich zurttck. Vgl. Pfeffer/Nowak (1976); Pfeffer/Salancik (1978); Aldrich (1979). Der Ressourcen-Abhangigkeits-Ansatz umfasst seinerseits Anleihen aus der sozialen Austauschtheorie und Machttheorien. Vgl. z. B. bereits Emerson (1962). Ftir kompakte Darstellungen des Ressourcen-AbhSngigkeits-Ansatzes im Kontext interorganisationaler Beziehungen vgl. Pfeffer (1987) sowie Sydow (1992), S. 196. Vgl. Sydow( 1992), S. 197. Bspw. kOnnen fmanzielle, legale, physische. Human-, organisational, relationale sowie informationelle Ressourcen unterschieden werden. Vgl. Morgan/Hunt (1999), S. 283 ff. Vgl. Pfeffer/Salancik (1978), S. 144.
Zum Stand der Forschimg
33
partner fHhren kaiin iind das eigene Verhalten innerhalb der Geschaftsbeziehimg beeinflusst.^^^ Dabei konnen zwei Situationen unterschieden werden. Im Fall einer beidseitigen, interdependenten Abhangigkeit, kaiin von einem gemeinsamen Interesse an der FortfUhrung und Pflege der Austauschbeziehung ausgegangen werden. Liegt dagegen eine einseitige oder asymmetrische Abhangigkeit vor, so wird eine Untemehmung danach streben, den eigenen Grad der AbhSngigkeit zu reduzieren bzw. die AbhSngigkeit des Partnemntemehmens zu erh6hen, um letztlich ein symmetrisches Abhangigkeitsniveau zu erreichen.'^^ Die Anpassung des Verhaltens im Rahmen von Geschaftsbeziehimgen aufgrund beziehungsintemer Abhangigkeiten ist somit nicht ohne Beachtung der zwischen den Untemehmen bestehenden Machtverhaltnissen zu erklaren.'^"*
Die Transaktionskostentheorie
untersucht die institutionellen Arrangements'^^ in deren Rah-
men 6konomische Austauschprozesse vollzogen werden.'^^ Untemehmen bilden sich nach Transaktionskostentheorie aus einem EfFizienzkalktil, wenn der mit einer arbeitsteiligen Leistungserstellung einhergehende Koordinationsbedarf im Binnenbereich einer Untemehmung effizienter gedeckt werden kann, als bei der Abwicklung mit anonymen, extemen Partnem tiber den Markt.'^^ Als Entscheidungskriterium dienen die Transaktionskosten, die bei der „Bestinmiung, Ubertragung und Durchsetzung von Verfugimgsrechten fiir einen bestimmten Leistungsaustausch"'^* anfallen und den Koordinationskosten bei untemehmensintemer Ab-
Vgl. bspw. die Untersuchung von Anpassungsreaktionen bei Hall6n/Johanson/Seyed-Mohamed (1991), S. 31 sowie Heide(1994), S. 78ff. Vgl. Sydow (1992), S. 196 f. Vgl. femer die Untersuchung von Heide/John (1988). Die dem RessourcenabhangigkeitsAnsatz zu Grunde liegende Ablehnung extemer Abhangigkeiten - auch von Partnenintemehmen - ermOglicht zudem eine inhaltliche Abgrenzung vom ressourcenbasierten Ansatz der Untemehmensfilhrung (vgl. hierzu bspw. Rasche/Wolfrum (1994)). Dieser sieht den Aufbau von Geschaftsbeziehungen und den Zugang zu strategisch wichtigen Ressourcen des Partneruntemehmens als erstrebenswerte MOglichkeit zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen. Vgl. Morgan/Hunt (1999), S. 282. Vgl. zur Bedeutung von Macht in Geschallsbeziehungen grundlegend Emerson (1962); Cook/Emerson (1978) und Gaski (1984). Vgl. femer exempl. die Studien von Frazier/Summers (1986); Frazier et al. (1989); Gundlach/Cadotte (1994); Johnson etal. (1993). Die Transaktionskostentheorie wird zusammen mit der Property-Rights Theorie sowie dem Prinzipal-Agenten-Ansatz der Neuen Institutionenftkonomie zugerechnet. Als gemeinsame Klammer der Ansatze fungiert der weit gefasste Begriff der Institution, unter dem u. a. Verfilgungsrechte, Vertrage, Hierarchien und Markte subsumiert werden. Vgl. Ebers/Gotsch (2001), S. 199 ff. Als Ausgangspunkt des Transaktionskostenansatzes wird der 1937 von COASE verfiifentlichte Beitrag „The Nature of the Firm" gesehen. Im Vordergrund dieser Untersuchung steht die Frage, warum sich in arbeitsteiligen Wirtschaftssystemen Untemehmen bilden und die marktliche Koordination zwischen unabhangigen Teilnehmem ersetzen. Vgl. Coase (1937), hier S. 388. Im letzten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts wurde dieser Ansatz im Rahmen der Neuen InstitutionenOkonomie von WILLIAMSON aufgegriffen und maBgeblich weiterentwickelt. Vgl. Williamson (1975), (1979), (1985) sowie (1991). Ftlr einen Uberblick vgl. Picot (1982), (1993). Zur Kritik an der Transaktionskostentheorie vgl. u. a. Schneider (1985); Donaldson (1990) sowie Ebers/Gotsch (2001), S. 243 ff. Die explizite BerUcksichtigung von Effizienztiberlegungen grenzt den Transaktionskostenansatz von anderen Theorien interorganisationaler Beziehungen ab. Der Fokus des Ressourcenabhangigkeitsansatz liegt bspw. auf Efifektivitatstiberlegungen. Vgl. Heide (1994), S. 73. Picot (1993), Sp. 4195. Die mit einer Transaktion verbundenen Kosten lassen sich im Einzehien unterscheiden in Anbahnungskosten (fiir die Informationssuche im Vorfeld einer Transaktion), Vereinbarungskosten (fiir die Verhandlung und Einigung), Abwicklungskosten (fiir die Steuerung der arbeitsteiligen Aufgabenerfiillung), Kontrollkosten (fiir
34
Geschtlftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
wicklung gegentlberzustellen sind. Als wichtigste EinflussgrOBen auf die Transaktionskosten werden die Spezifitftt'^' einer Transaktion, ihre VerSnderlichkeit sowie die Transaktionshaufigkeit gesehen. In Verbindung mit den gnmdlegenden Pramissen begrenzter Rationalitat, Opportunismus sowie individueller Gewinnmaximierung der handelnden Wirtschaftssubjekte fOhren unterschiedlich hohe Transaktionskosten zur Vorteilhaftigkeit verschiedener institutionellen Formen der Koordination. So ist beispielsweise bei hohen spezifischen Investitionen und einer hohen Unsicherheit tendenziell eine untemehmensinteme Koordination der marktlichen Transaktion vorziiziehen.^^° Vereinfachend wurden im Rahmen der Transaktionskostentheorie zunSchst mit dem Markt als Plattfonn anonymer Austauschprozesse sowie der Hierarchie als Form der intemen Koordination von Leistungsprozessen im Untemehmen die zwei Endpunkte des Kontinuums der Koordination von Austauschprozessen konzeptionalisiert und erst spater explizit durch hybride Zwischenformen erganzt.'^' Es ist dieser Integration hybrider Formen zuzuschreiben, dass die Transaktionskostentheorie und ihre zentralen Konstrukte breite Rezeption im Rahmen von Studien zu Geschaftsbeziehungen und der Kooperationsforschung gefunden hat.'" Der besondere Erklarungsgehalt ftlr das Phanomen der Geschaftsbeziehung zeigt sich dabei - u. a. aufgrund der Operationalisierungsschwierigkeiten des Effizienzkriteriums der Transaktionskosten'" - haufig erst in Kombination mit anderen Theorien"^ wie bspw. dem Ressourcenabhangigkeitsansatz oder der relationalen Austauschtheorie.'" Die diversen theoretischen Betrachtungsperspektiven von Geschaftsbeziehungen sind von verschiedenen wirtschaftswissenschaftlichen Teildisziplinen aufgegriffen und je nach Er-
die CberprQfung der Einhaltung der Vereinbarung) sowie eventuelle Anpassungskosten (ftlr nachtrSgliche Anderungen der Transaktionsvereinbarung). Vgl. Picot (1993), Sp. 4195 f. Eine im Mittelpunkt einer Transaktion stehende Leistung ist umso spezifischer, je „gr5Ber der Wertverlust ist, der eintritt, wenn ein ... [Transaktionsobjekt] nicht im Rahmen der beabsichtigten Transaktion, sondem seiner n^lchstbesten Verwendung eingesetzt wird" (Picot 1993, Sp. 4198). Die Transaktionshftufigkeit nimmt bezUglich der situativen Faktoren eine untergeordnete Position ein, da sie die Wahl eines institutionellen Arrangements nur in Verbindung mit anderen situativen Faktoren erklMren vermag. Vgl. Williamson (1985), S. 72 ff. sowie Ebers/Gotsch (2001), S. 230. Allerdings kann aufgrund der geringeren zu erwartenden Degression der Transaktionskosten von einer schnelleren Amortisation der mit dem Aufbau hierarchischer oder enger kooperativer Geschaftsbeziehungen verbundenen Investitionen ausgegangen werden. Vgl. bspw. Picot/Reichwald/Wigand. (2001), S. 53. Zur Diskussion hybrider Formen vgl. insb. Williamson (1991). Vgl. femer die AusfUhrungen zum Kontinuum zwischen Markt und Hierarchie in Kapitel 2.2 Vgl. z. B. Beamish/Banks (1987); BQchs (1991); Bogaschewsky (1995); Park (1996). Vgl. femer exempl. die empirischen Studien von Dwyer/Oh (1988); Heide/John (1988); Hennart (1988); Klein/Frazier/Roth (1990); Noordewier/John/Nevin (1990); Pilling/Crosby/Jackson (1994); Heide/Stump (1995); Backhaus/Btischken (1999); Dahlstrom/Nygaard (1999). Vgl. z. B. Ebers/Gotsch (2001), S. 247. Vgl. hierzu auch die Ergebnisse der Meta-Analyse von Oliver/Ebers (1998), S. 557 f. zur hohen sog. .Betweenness Centrality' der Transaktionskostentheorie, die auf die Fahigkeit zur Verkntlpftmg verschiedener Theorien abzielt. Vgl. exempl. die Untersuchungen von Heide/John (1988), (1992); Heide (1994); Haugland (1999).
Zum Stand der Forschung
35
kenntnisinteresse unterschiedlich akzentuiert worden.^^* Neben der Organisationsforschung hat vor allem die Marketingforschung einen beachtlichen Beitrag zur theoretischen und empirischen Erforschung von Geschaftsbeziehungen geleistet. So wurde die Gestaltung von Austauschbeziehungen schon frOh als das Kemkonzept des Marketing herausgestellt.^^^ Vor dem Hintergrund eines erhOhten Wettbewerbsdrucks hat das Management von Kunden- und Lieferantenbeziehungen erheblich an Aufinerksamkeit gewonnen. Mancherorts wurde diesbezUglich sogar ein Paradigmenwechsel der Marketingwissenschaft gesehen,'^* und ein grundsatzlicher Obergang
von
Beziehungsmarketing
einem
kurzfristigen
und
einseitigen
Transaktionsmarketing
zum
gefordert.^^^ WShrend hierbei ursprtlnglich eine Einschrankung auf
Kundenbeziehungen erfolgte^^°, hat sich das in diesem Zusammenhang betrachtete Spektrum auf vieMtige, sogar nicht ausschlieBlich vertikale Geschaftsbeziehungen erweitert.'^^ Eine zweckmaBige Abgrenzung bezieht das Beziehungsmarketing dagegen auf Beziehungen zwischen vertikalen Marktpartnem und ordnet es dem Konzept des Beziehungsmanagements unter, welches neben vertikalen Geschaftsbeziehungen auch Beziehungen zu Drittinstitutionen und Wettbewerbem bertlcksichtigt.^^^ Beziehungsmanagement lasst sich somit allgemein verstehen als die „aufeinander abgestimmte Gesamtheit der Grundsatze, Leitbilder und Einzelmafinahmen zur langfristig zielgerichteten Selektion, Anbahnung, Steuerung und Kontrolle von Geschaftsbeziehungen"'^^
Vgl. fill einen Oberblick im Hinblick auf Untemehmensnetzwerke z. B. Sydow (1999), S. 303fif.sowie die dort aufgefllhrte Literatur. Vgl. Bagozzi (1975); Hunt (1983), S. 9 sowie die Cbersicht bei Bruhn/Bunge (1994), S. 49. Bereits die Definition der American Marketing Association (AMA) Ifisst durch die Betonung der Austauschperspektive einen deutlichen Bezug zum dargelegten Begriffsverstfindnis der Geschaftsbeziehung erkennen: „Marketing is the process of planning and executing the conception, pricing, promotion, and distribution of ideas, goods, and services to create exchanges that satisfy individual and organizational objectives." (Bennet (1995), S. 166). Vgl. filr unterschiedliche MarketingbegrifiFe im ZeitablaufMefrert(1995), Sp. 1474. Vgl. z. B. Webster (1992); GrOnroos (1994); Sheth/Parvatiyar (1995) sowie Gummesson (1997). Ftlr eine tabellarische GegenUberstellung der Konzepte des Beziehungsmarketing sowie des Transaktionsmarketing vgl. bspw. Hennig-Thurau/Hansen (2000), S. 5. Die EinfUhrung des korrespondierenden englischsprachigen BegrifFdes .relationship marketing' wtrd allgemein Berry (1983) zugeschrieben. Ftlr Zusammenstellungen englischsprachiger Definitionen vgl. GrOnroos (1997), FuBnote 111; Mattsson (1997), S. 38 f sowieMorris/Brunyee/Page (1999), S. 360. Berry (1983), S. 25 sieht bspw. Relationship Marketing als „strategy to attract, maintain and enhance customer relationships". Vgl. z. B. die Definition von GrOnroos (1997), S. 327. Die haufig resultierende synonyme Verwendung der BegrifiFe Relationship Marketing, Beziehungsmanagement sowie Beziehungsmarketing erfolgt aufgrund der Tatsache, dass auf dieselben Kemaussagen und Basiskonzepte zurUckgegrififen wird. Vgl. Bruhn/Bunge (1996), S. 190. Beziehungsmarketing und Beziehungsmanagement gehen somit ttber das Kundenmanagement - verstanden als Management der Beziehungen zu Geschailspartnem auf nachgelagerten WertschOpfimgsstufen - hinaus. Vgl. Diller (1994), S. 6 sowie Diller/Kusterer (1988), S. 212. Vgl. zur Abgrenzung von Relationship Management, Relationship Marketing sowie dem auf Kundenbeziehungen ausgerichteten und starker profitabilitatsfokussierten Customer Relationship Management auch Ahlert/Hesse (2002), S. 4 ff. Diller (1994), S. 6.
36
Geschflftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Da hierbei auf umfangreiche Vorleistungen der Marketingwissenschaft zurUckgegriffen werden kanii, vollzieht das Konzept des Beziehungsmarketing eine Integration diverser Modelle iind Theorien zur Analyse von Geschaftsbeziehungen.'^ Befiirworter betonen vier einhergehende Modifikationen des Marketingkonzeptes:'^^ Zimachst wird eine interaktionsbezogene Perspektive vertreten, die nicht nur eine einseitige Beeinflussbarkeit unterstellt, sondem die Interaktion der Marktteilnehmer explizit als ein Wechselspiel begreift. Aus einer dynamischen Perspektive wird nicht mehr eine einzelne, episodenhafte Transaktion betrachtet, sondem eine ganzheitliche Analyse mehrerer Interaktionen verfolgt. Femer wird die Annahme der Anonymitat der Beziehimgspartner aufgehoben, indem neben sachlichen Aspekten der Interaktion auch die personliche, beziehungsspeziflsche Ebene betrachtet wird. Die angesprochene Beriicksichtigung mehrerer interdependenter Interaktionen in Verbindung mit dem Wegfall der Anonymitat durch den Aufbau einer pers6nlichen Ebene fiihrt dazu, dass schlieBlich mit dem Beziehimgsmanagement eine investive Perspektive vertreten wird.
Obwohl die Einstufung als grundsatzlicher Paradigmenwechsel kritisch zu sehen ist,'"*^ ist kaum zu bestreiten, dass der Ansatz des Beziehungsmarketing einen nachhaltigen Einfluss auf die modeme Untemehmensftihrung ausUbt. Das gezielte Management von Geschaftsbeziehungen findet sich somit auch in zahheichen Teilbereichen der Marketingwissenschaft wieder. So betrachtet bspw. das vertikale Marketing^"*^ die Geschaftsbeziehungen in mehrstufigen Wertschepftmgsketten und bezweckt eine „tiber alle Distributionsstufen hinweg koordinierte Steuerung und Regelung marktgerichteter Untemehmensaktivitaten"'"** Das Investitionsgiitermarketing sieht Geschaftsbeziehungen als Instrument zur Vermarktung von Giitem und Dienstleistungen, die investiv von (unmittelbaren oder nachgelagerten) organisationalen Abnehmem eingesetzt werden.^^^ Enge Geschaftsbeziehungen bilden hier in der Praxis eher die Kegel denn die Ausnahme, da die Vorteile enger, langfristiger Geschaftsbeziehungen etwaige
Neben marketingspezifischen Konzepten sind diesbezttglich auch allgemeine theoretische Bezugspunkte u. a. der Organisationstheorie und Soziologie zu nennen. Vgl. Bruhn/Bunge (1996), S. 177 ff. sowie Hennig-Thurau/Hansen (1999), S. 4 f. Vgl. hier und im Folgenden Diller/Kusterer (1988), S. 211. Vgl. bspw. Backhaus (1997); Bruhn/Bunge (1996), S. 185; Meffert (1999c), S. 20 f. sowie Ahlert/Hesse (2002), S. 9. So wird bspw. tlbersehen, dass langfristige Beziehungen nicht filr den Absatz sflmtlicher Gtlter und Dienstleistungen - insbesondere im Konsumgtlterbereich - vorteilhaft sein mttssen. Vgl. Meffert (1999b), S. 55. Vgl. z.B.Ahlert (1997). Meffert (1975), S. 15. Als Akteure treten neben Herstellem auch diverse Handelsstufen in den Vordergrund. Vgl. fiir eine Systematik der Distributionstrager Ahlert (1993), Sp. 794. Vgl. zum aktuellen Stand der Forschung z. B. Frazier (1999). Zur vertraglichen Institutionalisierung der Zusammenarbeit vgl. bspw. umfassend Ahlert (1981b), zur Existenz von Macht, Kontrolle und Konflikten vgl. z. B. Steffenhagen (1975); Frazier (1983a); Gaski (1984). Auch der Verkauf von Investitionsgtttem an zwischengeschaltete Handelsorganisationen MM somit in den Bereich des Investitionsgtttermarketing. Vgl. Engelhardt/Gtinter (1981), S. 24. Diese verwendungs- bzw. nachfragerbezogene Abgrenzung hat sich gegenUber anbieter- oder produktbezogenen Unterscheidungsversuchen bewahrt. Vgl. Engelhardt (1995), Sp. 1056. Die Ahnlichkeit der Beziehungsstrukturen zwischen Investitionsgtltermarkten sowie vertikalen Handelsstrukturen wird durch das Konzept des Business-to-Business-Marketing erfasst, welches in einer Negativabgrenzung
Zum Stand der Forschung
37
Nachteile wie eine grSBere Abhangigkeit hSufig mehr als ausgleichen.^^° Das Beschaffungsmarketing betrachtet schliefilich aus einer Kundenperspektive diejenigen Geschaftsbeziehungen, die der Versorgung des Leistimgserstellungsprozesses mit Einsatzfaktoren dienen.^^' Auch hier wird hinsichtlich der Anzahl von Lieferantenbeziehungen ein Trend zur Konzentration auf wenige, ausgewahlte Lieferanten konstatiert, zu denen enge, kooperative Geschaftsbeziehungen aufgebaut werden.'" Im Ergebnis unterscheiden sich die Perspektiven der genannten Marketingfelder somit hSufig lediglich durch die Funktion iind Position der fokalen Untemehmimg und liefem zusammengenommen wichtige Erkenntnisse flir das Verstandnis von Geschaftsbeziehungen.'"
Von besonderer Bedeutung sind diesbeztiglich die durch die Marketingforschung entwickelten Interaktionsansatze. Diese Studien betrachten einen organisationalen Austauschprozess nicht nur isoliert aus einer Perspektive und beschranken das Schwergewicht der Aussagen nicht nur auf ein Partneruntemehmen.^^'* Stattdessen analysieren sie „die Beteiligten in ihrem sozialen Gruppengeftige [... und berilcksichtigen] die Abhangigkeitsbeziehungen zwischen den Marktparteien durch relationale Faktoren".^^^ Als bekanntester Ansatz gih diesbeztiglich das Konzept der sog. ,Industrial Marketing and Purchasing Group'^^^. Das bereits fhih entwickelte
den persOnlichen Konsum als Ausschlusskriterium verwendet. Vgl. Kleinaltenkamp (1994), S. 77. Vgl. auch den Sammelband von Kleinaltenkamp/Plinke (2002). Im Idealfall kaiin der Anbieter dauerhafte Umsfttze bei geringen Transaktionskosten generieren, wShrend die KSufer Erfahmngen mit den Produkten des Verkaufers aufbauen und durch die bessere Information und ein evolvierendes Vertrauen ebenfalls Transaktionskosten sparen kOnnen. Vgl. Kleinaltenkamp (1994), S. 84. Vgl. Koppehnann (1995), Sp. 211. Das im Blickpunkt stehende organisationale KaufVerhalten steUt ein traditionsreiches Forschungsfeld dar. Vgl. Backhaus/BUschken (1995). Ftlr einen Uberblick fiber ausgewahlte Totahnodelle des Beschaffimgsverhaltens vgl. Backhaus (2003) S. 122 ff., filr einen aktuellen Literaturttberblick vgl. Johnston/Lewin (1996) und Sheth (1996). Die Einbettimg in den Kontext existierender Geschaftsbeziehungen geh5rt zu den spateren konzeptionellen Erweiterungen. Vgl. Johnston/Lewin (1996), S. 5. Zur Integration von Erkenntnissen zum organisationalen Beschaffungsverhalten und dem Beziehungsmarketing siehe femer Tanner (1999). Das in vielen Bereichen abgelOste konkurrenzorientierte Beschaiiungsmodell sah dagegen eine grOBere Anzahl von Zulieferem vor, von denen ein relativ ausgeglichenes Beschafiungsvolumen auf Basis eher kurzfristiger Vertragsabschltlsse bezogen wurde, um die Zulieferer im Hinblick auf Preiszugestandnisse, Qualitat, Lieferzeiten und Liefersicherheit gegeneinander ausspielen zu kOnnen. Vgl, Spekman (1988), S. 76. Im KonsumgUterbereich wird dagegen dem Ansatz des Beziehungsmarketing eine geringer Bedeutung zugesprochen, da wesentliche situative Rahmenbedingungen wie hohe Wechselkosten, ein langfristiger Planungshorizont und eine hohe Unsicherheit in der Kegel nicht vorliegen. Vgl. MefFert (1999b), S. 55. Der KonsumgUterbereich wird aufgrund der speziellen Produktcharakteristika und dem spezifischen Kaufverhalten nach wie vor in starkem MaBe durch einen transaktionsorientiertem Marketingansatz beeinflusst, obwohl beziehungsorientierte Marketingziele wie z. B. eine hohe Kundenbindung auch hier zunehmend verfolgt werden. Vgl. zur Kundenbindung Diller (1996) sowie Bruhn/Homburg (2003); die Sammeh-ezension von Krafift (1999). Zur Systematisierung von Interaktionsansatzen spannt Kern (1990), S. 17 ff. eine 4-Feld Matrix Uber die Kombination der Kriterien ,Art der Beteiligten' (Person bzw. Organisation) sowie ,Zahl der Beteiligten' (2 oder mehr als 2). Backhaus (2003), S. 140. Vgl. zum Interaktionsansatz im Investitionsgtitermarketing Kern (1990). Seit ihrer Grilndung im Jahre 1976 hat sich diese Vereinigungtiberwiegendeuropaischer Wissenschaftler stetig erweitert und die theoretische und empirische Auseinandersetzung zunachst mit dyadischen Geschaftsbeziehungen und spater zunehmend mit multiorganisationalen Netzwerken mafigeblich beeinflusst. Vgl. zu den Ergebnissen der IMP-Gruppe insbesondere HSkansson (1982); TumbulWalla (1986); HSkansson/Snehota (1995) sowie Tumbull/Ford/Cunningham (1996).
Geschilftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
38
grundlegende Interaktionsmodell der IMP-Gruppe integriert vier zentrale Komponenten (vgl. Abb. 2-3).'^'
Atmosphere der Geschflftsbeziehung Macht/Abhdngigkeit - Konflikt - Kooperation - Erwartungen - Soziale Distanz
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Interaktionsprozesse f Austauschepisoden langfristige Prozesse
Organisation: - Struktur - Strategie - Technologie - Ressourcen individuum - Ziele - Einstellungen ^ Erfahrungen
Interaktionspartner Markt-Struktur - Markt-Dynamik - Internationalisierungsgrad - soziale Umwelt
Umwelt der Geschflftsbeziehung Abb. 2-3: Das grundlegende Interaktionsmodell der IMP-Gruppe Quelle: Turnbull/ Valla (1986), S. 5
ZunSchst erfasst das Modell die Charakteristika der Interaktionspartner, wobei mit der Organisation und den Personen zwei Ebenen unterschieden werden. Die Ebene der Organisation wird Uber die Struktur, Strategie, Ressourcen sowie Technologien des Partneruntemehmens charakterisiert, die Ebene der Individuen hinsichtlich ihrer jeweiligen Ziele, Einstellungen und Erfahrungen. Zwischen diesen Interaktionspartnem voUziehen sich
Interaktionsprozesse,
bestehend aus unterschiedlichen, aber voneinander abhSngigen Episoden des Austauschs von Gtitem, Informationen und finanziellen Mitteln sowie sozialer Interaktionen. Ober die Interdependenz und Langfristigkeit der Austauschbeziehungen bildet sich eine Beziehungsatmosphare^^\ die Uber die Konstrukte AbhSngigkeit und Macht, Konflikt bzw. Kooperation, gegenseitige Erwartungen sowie Soziale Distanz beschrieben wird und umgekehrt die eingebetteten Austauschepisoden beeinflussen.'" SchlieBlich wird die tibergeordnete Beziehungs-
Vgl. Hfikansson (1982), S. 10 ff. Vgl. Hall6n/Sandstrom (1991). Vgl. zum Verhaltnis dertibergeordnetenGeschaftsbeziehung und der einzelnen Austauschepisoden z. B. Ford (1980), S. 341.
Zum Stand der Forschung
39
umwelt erfasst, wobei insbesondere die relevanten Markt- und Branchenbeschaffenheiten, aber auch gesellschaftliche Aspekte genannt werden. W ^ e n d zwischen den einzelnen Interaktionsprozessen und der Beziehungsatmosph^e eine Wechselbeziehimg besteht, geht von der Umwelt ein imidirektionaler Einfluss auf die Geschaftsbeziehung aus. Ein derartiger Einfluss des situativen Kontextes auf organisatorische Regelungen besitzt in der organisationstheoretischen Forschung eine vergleichsweise groBe Tradition.^^° Durch die Einbindung der Umwelt Ubertragt der IMP-Interaktionsansatz somit die Grundaussage des situativen Ansatzes, dass Managementhandeln und organisatorische Regelungen stets abhSngig von ihrem situativen Kontext sind, auf das PhSnomen einer interorganisationalen Austauschbeziehung. 2.3.2
Das Forschungsfeld aus einer integrativen Perspektive
Skizziert man den historischen Forschungsverlauf in groben Ztigen, so kann der Ausgangspunkt einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit untemehmensUbergreifenden Beziehungen in der betriebswirtschaftlichen Forschung in den frUhen 1970er Jahren verortet werden. Im Zentrum frUher BeitrSge standen zunSchst die Bestimmung des Kooperationsbegriffs sowie die Beschreibung altemativer Kooperationsformen.'^' In den 70er Jahren liegt der Forschungsschwerpunkt sowohl von marketingorientierten als auch organisationstheoretischen Untersuchungen auf den Aspekten der AbhSngigkeit und des Konflikts zwischen Partneruntemehmen (tiberwiegend) im Absatzkanal.^" Im Verlauf der 80er Jahre gewann das Forschungsfeld rasch an Bedeutung. Das Spektrum identifizierter Kooperationsformen weitete sich, die Modelle wurden zunehmend verfeinert und durch neue bzw. differenziertere Beziehungsaspekte erganzt. Mit dem Einzug sog. Interaktionsansatze wurden auch Austauschprozesse im IndustriegUtermarketing zunehmend im Kontext der tibergeordneten Geschaftsbeziehung gesehen. Neben theoretische Beitrage und Fallstudien traten in zunehmendem MaBe auch groBzahlige empirische Untersuchungen. In den 90er Jahren wurde die dominierende dyadische Perspektive durch eine muhilaterale Netzwerkperspektive erganzt und teilweise abgelOst. Im Hinblick auf die Untersuchung von dyadischen Geschaftsbeziehungen wendete sich das Forschungsfeld verstarkt spezielleren Fragestellungen zu. SchlieBlich traten verstarkt auch Beitrage auf, die
Insbesondere in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts bestimmten Arbeiten des sogenannten situativen Ansatzes die Organisationstheorie nachhaltig, in dem sie die bis dahin geltende weitgehende Nicht-BerUcksichtigung von Situationseinfltlssen auf die organisatorische Gestaltung sowie die resultierende Effektivitat und Effizienz ablOste. Vgl. hierzu u. a. Frese (1992), Sp. 1709 £f. und Ebers (1992), Sp. 1818 f. sowie zum Aufbau kontingenztheoretischer Modelle Kieser/Kubicek (1992), S. 55 ff Der situative Ansatz ist einer umfangreichen Kiitik ausgesetzt worden. Vgl. bspw. Kieser (2001), S. 183 ff. und Zey-Ferrell (1981). Vgl. hierzu Gerth (1974) und die dort aufgefUhrte Literatur des deutschsprachigen Raumes. Vgl. hierzu die Studie von Gaski (1984) und die dort zitierte Literatur.
40
Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
sich angesichts der Vielzahl von VerOffentlichungen im Forschimgsfeld vomehmlich um einen Oberblick und die Integration der vorliegenden Erkenntnisse bemtihten. Um einen Eindruck tiber den Stand und das Spektrum der theoretischen und empirischen Auseinandersetzung mit interorganisationalen Beziehungen zu veraiitteln, sollen im Folgenden ausgewShlte Studien dieses integrativen Typus vorgestellt werden. Die Beschrankung auf diesen Studientyp ermoglicht eine grobe Skizze der Forschungsanstrengungen, ohne an dieser Stelle auf Detailergebnisse von Einzelstudien einzugehen. In der jiingeren Literatur wurden hierzu insgesamt sieben Beitrage identifiziert, die sich explizit und exklusiv sowie systematisch und umfassend der Integration der Forschungsergebnisse tiber Geschaftsbeziehungen und interorganisationale Beziehungen widmen (vgl. Tab. 2-3). Die identifizierten Abhandlungen lassen sich grob in drei Gruppen einordnen: Zunachst die Studien von OLIVER, von AUSTER sowie von BACKHAUS und BUSCHKEN, die eine eher quali-
tative Auswertung, Gegentiberstellung und Integration der unterschiedlichen Perspektiven verfolgen.^" Femer die Untersuchungen von SCHRADER und SOBRERO sowie von EBERS und OLIVER, die zentrale Facetten des Forschungsfeldes tiber eine quantitative, gleichwohl deskriptiv gehaltene Auswertung der Literaturbasis beschreiben.'" SchlieBlich mit den Studien von GEYSKENS, STEENKAMP und KUMAR zwei klassische Meta-Analysen, die eine statistische Aggregation vorliegender Beftmde verfolgen.^^^
Vgl. Oliver (1990); Auster (1994); Backhaus/Bttschken (1997). ^^ Vgl. Sobrero/Schrader (1998) sowie Oliver/Ebers (1998). Vgl. Geyskens/Steenkamp/Kumar (1998) sowie Geyskens/Steenkamp/Kumar (1999).
Zum Stand der Forschimg
41
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42
Geschaftsbeziehimgen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Angesichts der Ftllle an Studien zu interorganisationalen Beziehimgen stellt sich fUr diese integrativen Studien das Selektionsproblem beztiglich der einzubeziehenden Studien. Hier zeigt sich, dass mit einer Einschrankung des Geschaftbeziehungstyps^^^, dem Untersuchungstyp und ggfs. -methodik^^^ der Beschrankung auf ausgewahlte Publikationen, dem Publikationszeitraum sowie eventuell weiterer Relevanzfilter'^* ein Kanon von Abgrenzungsparametem zum Einsatz kommt. Wesentlichen Einfluss auf die Anzahl berUcksichtigter Studien besitzt insbesondere die Eingrenzung des Untersuchungscharakters: vier Beitrage beschranken sich auf empirische Studien und drei Abhandlungen berticksichtigen sowohl theoretische bzw. konzeptionelle als auch empirische Beitrage. Bei Beriicksichtigung zugleich theoretischer als auch empirischer Einzelstudien tibersteigt die Literaturbasis durchweg die Zahl von 150 Studien, bei empirischen Studien liegt die Anzahl dagegen bei durchschnittlich 45 Studien. Hinsichtlich einer zeitlichen Eingrenzung wird teilweise bis auf die Anfange der relevanten Literatur in den 1960er Jahren zuriickgegrififen, teilweise jedoch im Hinblick auf eine Auswertung der jungeren Literatur auch ein spateres Ausgangsjahr fixiert. Bedenkt man, dass die Intensitat der Auseinandersetzung mit Geschaftsbeziehungen im Zeitraum seit der Erhebung der letzten hier beriicksichtigten integrativen Abhandlung kaum abgenommen hat und dass femer haufig noch eine Beschrankung auf ausgewahlte Fachzeitschriften vorliegt, so wird deutlich, dass der Fundus an Studien zu dyadischen Geschaftsbeziehungen so umfangreich ist, dass die Uberschaubarkeit des Forschungsfeldes bereits erheblich eingeschrankt ist.
Es erscheint an dieser Stelle nicht zielfiihrend, die Ergebnisse der integrativen Studien im Einzelnen wiederzugeben. In der Summe bieten diese integrativen Studien jedoch einen exzellenten Einstieg und Oberblick in das Forschimgsfeld der interorganisationalen Beziehungen. Die relative Bedeutung der diversen theoretischen Betrachtungsperspektiven wird bspw. insb. bei A.L. OLIVER und EBERS deutlich. ^^^ Inhaltlich kann C. OLIVER durch die Riickftlhrung der
diversen Perspektiven auf zentrale Determinanten zeigen, dass die Ansatze in einem iiberwiegend komplementaren Verhaltnis zueinander stehen.
Die sachliche Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands vollzieht bereits eine wesentliche Eingrenzung der Literaturbasis. Diesbezilglich werden sowohl relativ enge Abgrenzung getroffen (bspw. lediglich Geschaftsbeziehungen im Absatzkanal) als auch weite Abgrenzungen, die das komplette Spektrum interorganisationaler Beziehungen (d. h. jedwede bi- Oder gar multilaterale Form) abdecken. Im Hinblick auf den speziellen Untersuchungscharakter der Basisuntersuchungen kann auch im Hinblick auf die Form der metaanalytischen Auswertung eine BeschrSnkung auf konzeptionelle oder auf empirische Studien erfolgen. Insbesondere bei einer empirischen Literaturbasis ergeben sich weitere MOglichkeiten der Eingrenzung ttber die Forschungsmethodik (StichprobengrOBe, statistische Methoden, Signifikanzprtlfung etc.). Die Aufiiahme einer Studie in die Literaturbasis erfordert eine zumindest in Teilen subjektive Einschatzung ihrer Relevanz ftlr das Untersuchungsfeld. Eine ahnliche Funktion Ubemimmt haufig auch die Beschrankung auf ausgewiesene Publikationen, bei denen von einem erforderlichen wissenschaftlichen Niveau eines Betrags ausgegangen werden kann. Vgl. hier und im folgenden Oliver/Ebers (1998).
Zum Stand der Forschung
43
„... such paradigms may be more complementary than researchers previously had assumed and that rigorous adherence to the explanations of any single theoretical paradigm or contingency is likely to reveal only a part of the truth about why interorganizational linkages develop."^'° Dies Ergebnis legt es nahe, auch bei der Analyse von kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen im Rahmen dieser Untersuchung keine Festlegung auf eine einzelne Theorie zu verfolgen/'^
Neben der Analyse der theoretischen Perspektiven identifizieren die integrativen Studien auch zentrale Beziehungskonstrukte, die eine besondere Relevanz filr die Analyse von Geschaftsbeziehungen besitzen. BACKHAUS und BUSCHKEN zahlen hierzu u. a. Ahnlichkeit, AnpassimgsmaBnahmen, Konflikt, Macht, Vertrauen und Zufriedenheit.^^^ OLIVER und EBERS unterscheiden wichtige Beziehungsfolgen (Macht und Kontrolle, Beherrschung sowie Erfolg) von Einflussfaktoren (Ressourcenkonstellation, Abhangigkeit, Netzwerkposition, Zielkongruenz 173
sowie Ressourcenteilung).
Die hohe Bedeutung von Vertrauen und Zufriedenheit in Ge-
schaftsbeziehungen wird auch bei GEYKSENS, STEENKAMP und KUMAR deutlich, die die zahl-
reichen Wirkungsbeziehungen zwischen Vertrauen und Zufriedenheit zu anderen Beziehungsaspekten (u. a. Macht, Commitment, Konflikt, Abhangigkeit sowie Langfristorientierung) identifizieren.^^'' Schliefilich geben die integrativen Studien auch Implikationen fur die zukiinftige Entwicklung des Forschungsfeldes. So charakterisiert AUSTER den Status Quo des Forschungsfeldes derart, dass die Begriffsvielfalt zu Mehrdeutigkeiten fUhrt, die tiberwaltigende Mehrheit der Studien dyadische Beziehungen betrachtet und lediglich Querschnittscharakter besitzt, dabei vomehmlich strukturelle Aspekte untersucht und schliefilich auf der Ebene der Untemehmungen angesiedelt ist. Hiervon ausgehend formuliert sie einen Katalog von ftinf Vorschlagen fur zukiinftige Forschungsanstrengungen ab: ein starkeres Augenmerk auf die Anwendung konsistenter Konzeptionalisierungen, die starkere Beriicksichtigung weiter gefasster Untersuchungseinheiten (insb. auch von Untemehmensnetzwerken), die Erweiterung um dynamisch angelegte Langsschnittbetrachtungen, die starkere Untersuchung prozessualer Aspekte sowie die Untersuchung anderer als der organisationsbezogenen Analyseebene (z. B. der Individuumsebene) und der bestehenden Wechselwirkungen.
^^° Oliver 1990, S. 260. Vgl. hierzu bspw. auch die Forderung nach einer eklektischen Vorgehensweise bei Sydow (1999), S. 224 ff., insb. 234. ^^^ Vgl. Backhausmuschken (1997). Vgl. hier und im folgenden Oliver/Ebers (1998).
44
Geschaftsbeziehimgen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Da seit dieser Charakterisierung des Forschungsfeldes mittlerweile tiber 10 Jahre vergangen sind, ist es tiberraschend, dass die meisten dieser Fordemngen auch aus heutiger Sicht noch Gtiltigkeit besitzen. Zwar sind Fortschritte in sSmtlichen genannten Bereichen erzielt worden. Mit Ausnahme der geforderten stSrkeren Beriicksichtigung von Untemehmensnetzwerken sind diese jedoch als eher graduell einzustufen. Ein Gnind hierftir kann nicht zuletzt darin gesehen werden, dass die genannten Anregungen mehrheitlich mit nennenswerten forschimgsmethodischen Problemen verbunden sind. Aufgrund des mittlerweile umfangreichen Fundus von Studien zu (nationalen) Geschaftsbeziehungen erscheinen dennoch verstarkte Anstrengungen sinnvoll und notwendig.
2.4 Zwischenfazit Aufbauend auf den dargestellten Grundlagen kann ein erstes Zwischenfazit gezogen werden. Die Ausftihrungen in Kapitel 2.1 und 2.2 haben gezeigt, dass unter dem Begriff der Geschaflsbeziehung verschiedenste Formen der untemehmensiibergreifenden Zusammenarbeit zu subsumieren sind. Das Spektrum reicht von mehrmaligen, interdependenten Austauschbeziehungen mit einer sehr geringen Bindungsintensitat bis hin zu hierarchieahnlichen Beziehungen. Zudem sind Geschaftsbeziehungen generell nicht isoliert, sondem als Teil tibergeordneter Untemehmensnetzwerke zu sehen. Die aufgezeigte HeterogenitSt von Geschaflsbeziehungen wirft die Frage auf, inwieweit tiberhaupt gehaltvolle und auch praxeologisch relevante Erkenntnisse fiir einen derart heterogenen Objektbereich zu entwickeln sind. AUerdings kann ausgehend vom interaktionsbasierten Begriff der Geschaftsbeziehung unterstellt werden, dass sSmtlichen Typen trotz der unterschiedlichen Charakteristika und situativen Rahmenbedingimgen eine Vielzahl gemeinsamer Beziehimgsaspekte zugrunde liegen. So werden bei samtlichen Beziehungstypen bspw. die Form der Kommunikation und das Vertrauen zwischen den Interaktionspartnem zu beachten sein, und zwar unabhangig von situativen Besonderheiten hinsichtlich der iiblichen Auspragung, der Relevanz sowie des Einflusses auf andere Beziehungskonstrukte. Zudem verlaufen die Grenzen zwischen den Formen teilweise fliefiend, so eine Festlegung auf einen einzigen Typus problematisch im Hinblick auf die empirische Erhebung ware. Daher soil an dieser Stelle zunachst keine Einschrankung auf einen eng abgegrenzten Geschaftsbeziehungstyp erfolgen.^^^
174
Vgl. hier und im Folgenden Geyskens/Steenkamp/Kumar (1998), (1999). Eine Einschrankung auf einen speziellen Beziehungstyp erfolgt im empirischen Teil der vorliegenden Untersuchung, bei der explizit nur vertikale Geschailsbeziehungen von Herstellem und Handelsorganisationen zu ihren Lieferanten betrachtet werden. Vgl. hierzu Kapitel 4.2.1.4.
Zwischenfazit
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Die Skizze des Standes der Forschimg zu herkSmmlichen Geschaftsbeziehungen^^^ und interorganisationalen Beziehungen in Kapitel 2.3 hat angedeutet, dass das Spektmm der zur Erklanmg herangezogenen Theorien sowie der berticksichtigten Beziehimgsaspekte sehr weit gefasst ist. Wahrend als gemeinsame Basis tlberwiegend soziologische Austauschtheorien zu sehen sind, wurden dartiber hinaus diverse weitere theoretische AnsStze zur Analyse und ErklSmng von Geschaftsbeziehungen herangezogen. Obwohl sich eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen mit Geschaftsbeziehungen auseinandergesetzt hat, besitzen Geschaftsbeziehungen insbesondere im Rahmen der Marketingforschung einen besonderen Stellenwert. Der Einzug einer langfristigen und investiven Perspektive anstelle einer kurzfristigen, transaktionsbasierten Perspektive von Geschaftsbeziehungen wird hier in der jUngeren Zeit unter dem Schlagwort des Beziehungsmarketings umfangreich diskutiert. Die Skizze des Forschungstandes anhand von Metastudien hat angedeutet, dass sich die betriebswirtschaftliche Forschung mittlerweile bereits tiber einen Zeitraum von iiber 30 Jahren intensiv mit Geschaftsbeziehungen beschaftigt. Diese Auseinandersetzung fiihrt im Ergebnis zu einer mittlerweile nahezu uniiberschaubaren Anzahl von Studien zu herkonmilichen Geschaftsbeziehungen. Es ist somit fest zu halten, dass es sich bei dem allgemeinen Erkenntnisobjekt der vorliegenden Arbeit bereits um einen vergleichsweise gut erforschten Objektbereich handelt.
Im Rahmen der empirischen Forschung finden sich neben Fallstudien in zunehmendem MaBe auch grofizahlige Untersuchungen. Betrachtet man empirische Studien des Forschungsfeldes jedoch naher, so fHUt auf, dass (mit Ausnahme einzelner fallstudienartiger Untersuchungen) nur in wenigen Fallen eine ganzheitliche Beschreibung von Geschaftsbeziehungen verfolgt wird. Vielmehr beschranken sich die meisten der Studien auf eine verhaltnismaBig geringe Anzahl von Konstrukten, die zwar in ihren spezifischen Wechselwirkimgen, aber haufig ohne eine ilbergeordnete Systematisierung vorgestellt werden. Diese Selektion ermoglicht iiber die einhergehende Fokussierung und Komplexitatsreduktion die Gewinnung tiefgehender Detailerkenntnisse und erfiillt zugleich tiber die EinfQhrung neuer Konstrukte die Anspriiche an die Originalitat einer Untersuchung. Der Nachteil eines derart selektiven Vorgehens ist darin zu sehen, dass nicht mehr Geschaftsbeziehungen an sich, sondem haufig nur einzebe Problemausschnitte beschrieben werden. Somit wird zugleich eine Systematisierung und Einordnung der Ergebnisse in den Gesamtkontext des Managements von Geschaftsbeziehungen dem versierten Leser bzw. integrierenden Metaanalysen (wie den oben exemplarisch vorgestellten Studien) iiberlassen.
Als herkSmmliche bzw, allgemeine Geschaftsbeziehungen werden im Rahmen dieser Arbeit nationale, intrakulturelle Geschaftsbeziehungen zwischen kulturidentischen Partnem verstanden. Geschaftsbeziehungen lassen sich demnach unterscheiden in herkOmmliche, intrakulturelle vs. kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen.
46
Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkeimtnisobjekt
Das spezielle Erkenntnisobjekt kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen ist - wie spater gezeigt wird - im Gegensatz zu nationalen Geschaftsbeziehungen bisher relativ selten untersucht worden. Jedoch wird das bestehende Forschungsdefizit zu kulturUbergreifenden oder auch nur intemationden Geschaftsbeziehungen von keiner der genannten integrativen Studien explizit aufgegriffen. Auch die oben genannten Anregungen von AusTER beschranken sich auf tiberwiegend forschungsmethodische Oberlegungen und sind auf allgemeine Geschaftsbeziehungen ausgerichtet. Dem Forscher stellen sich hiervon ausgehend gnmdsatzlich zwei Altemativen: Zum einen kann der Fokus analog zum derzeitigen Forschungsstand bei nationalen, intrakulturellen Geschaftsbeziehungen unmittelbar auf Detailprobleme kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen gerichtet werden. Zum anderen kann auftjauend auf den umfangreichen Erkenntnissen zu allgemeinen Geschaftsbeziehungen auch eine eher weit gefasste Analyse verfolgt werden, die den speziellen Typus kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen eher integrativ und ganzheitlich beschreibt. Bei der ersten Herangehensweise wtirde - mit Ausnahme des spezifischen Problemausschnitts - die Frage weitgehend unbeantwortet, inwieweit tiberhaupt eine generelle (Jbertragung der allgemeinen Erkenntnisse moglich erscheint. Um somit nicht den zweiten vor dem ersten Schritt zu voUziehen, folgt diese Arbeit der zweiten Alternative: Es wird ein systematischer Ansatz gewahlt, der eine eher weit gefasste Analyse von kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen ermSglicht.'^^ Im Folgenden wird daher aufbauend auf der existierenden Literatur zu Geschaftsbeziehungen zunachst ein allgemeiner konzeptioneller Bezugsrahmen zur Analyse von Geschaftsbeziehungen entwickelt. Dieser Bezugsrahmen soil im Anschluss vor dem speziellen Hintergrund kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen diskutiert werden und schlieBlich einer explorativen empirischen Untersuchung am konkreten Beispiel deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen dienen. Ein generelles Modell mtisste den Anspruch erfiillen, auch angesichts einer kulturtibergreifenden Beziehungskonstellation zufrieden stellende Erklanmgsbeitrage zu liefem.
2.5 Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen 2.5.1
Interaktionsansatz und Ebenenmodelle als theoretische Anknupfungspunkte
Das in Kapitel 2.3.1 vorgestellte Interaktionsmodell der MP-Gruppe liefert einen sehr allgemeinen Bezugsrahmen zur Analyse von Geschaftsbeziehungen Mit seinem Fokus auf die sich tiber interdependente Austauschprozesse entwickelnde Geschaftsbeziehung markiert es einen wichtigen Meilenstein der Abl5sung der einseitig auf ein Partneruntemehmen ausgerichteten
Gleichwohl werden - wie spater deutlich wird - mit der Integration der Ubergeordneten Untemehmensnetzwerke sowie der Beachtung der zwischenmenschlichen Ebene zwei der Forschungsanregungen von Auster (1994) aufgegriffen.
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaflsbeziehungen
47
Perspektive frtiherer Arbeiten.'^* Es soil daher den Ausgangspimkt der Entwicklung eines Analysemodells ftir die vorliegende Arbeit bilden. Allerdings wird die BeziehungsatmosphSre als eigentlicher Kem einer Geschaftsbeziehung - zumindest im konzeptionellen Bezugsrahmen - nur relativ oberflSchlich und unsystematisch erfasst. Prazise WirkungszusammenhSnge zwischen den genannten Konstrukten werden nicht postuliert.^^^ Entsprechend besitzt eine Vielzahl der aus dem IMP-Ansatz hervorgegangenen empirischen Studien lediglich Fallstudiencharakter
und
verfolgt
lediglich
eine
deskriptive
Behandlung
der
Geschafls-
beziehungen.'*° Zudem wird der Test des gesamten Modells im Rahmen groBzahliger empirischer Untersuchungen zugunsten einzelner Ausschnitte aufgegeben. „Enipirical work on the basis of the IMP Model is confronted with the problem that operationalization of the whole model is a virtually impossible task. This is due to the fact that the IMP model is descriptive in nature and one of its first objectives is to encompass the factors influencing interactions between two companies. Researchers must select among the various factors to come to a model that can be confronted with empirical data."'*' Die AusfUhrungen zum Stand der Forschung haben angedeutet, dass aus heutiger Sicht bereits eine Vielzahl von Konstrukten identifiziert und hinsichtlich ihrer Bedeutung imd Wechselwirkungen untersucht worden
sind, die der Beziehungsatmosphare des Interaktionsmodells
zuzuordnen sind. Die hohe Anzahl lasst daher eine weitere Systematisierung Uber differenzierte Analyseebenen ratsam erscheinen. Im Rahmen einer spateren, integrativen Aufarbeitung und einer Uberfilhrung des bilateralen Interaktionsansatzes der IMP Gruppe in einen multilateralen Netzwerkansatz unterscheiden HAKANSSON imd SNEHOTA bspw. drei Schichten, die sowohl im Hinblick auf die beteiligten Untemehmen, auf die zwischen ihnen existierende Beziehung sowie auf das zugehorige Untemehmensnetzwerk zu beachten sind: Aktivitaten, Ressourcen sowie Akteure. Eine Geschaftbeziehung besteht demnach aus drei Beziehungsschichten: Verbindimgen verschiedenster Aktivitaten (activity links), Verkntipfungen der Ressourcen (resource ties) sowie tiber Beziehungen der Akteure (actor bonds).'^^ Die Abb. 2-4
Zu nennen sind diesbeztlglich insbesondere die sogenannten Buying-Center Konzepte zxim organisationalen Beschaffimgsverhalten. Vgl. z. B. Webster/Wind (1972); Sheth (1973) sowie Johnston/Bonoma(1981). Vgl. Backhaus (1997), S. 154. Insbesondere die fillhen Untersuchungen der IMP Gruppe wShlen einen fallstudienartigen Untersuchungsansatz. Vgl. zur ursprUnglichen Forschungsmethodik HSkansson (1982), S. 28 ff. Backhaus/Btlschken (1996), S. 41. Vgl. Hakansson/Snehota (1995), S. 26 fif. Diese drei Schichten stellen zusammen nach HSkansson und Snehota die eigentliche Substanz einer Geschaftsbeziehung. Die Verbindung von Aktivitaten „... regard technical, administrative, commercial and other activities of a company that can be connected in different ways to those of another company as a relationship develops". RessourcenverknOpfungen „... connect various resource elements (technological, material, knowledge resources and other intangibles) of two companies. Resource ties result from how the relationship has developed and represents in itself for a company". Akteursbeziehungen „... connect actors and influence how the two actors perceive each other and form their identities in relation to each other. Bonds become established in interaction and reflect the interaction process." Vgl. zu diesen drei interdependenten Elementen auch bereits HAkansson /Johanson (1992).
Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
48
iibertragt diesen Ansatz auf eine dyadische Geschaftsbeziehimg zwischen zwei Partnerunternehmen.
Unternehmen B
Unternehmen A AktivitatenverknUpfungen Ressourcenverbindungen Akteursbeziehungen
Abb. 2-4: Schichtenmodell der IMP Gruppe Quelle: In entfernter Anlehnung an H&kansson/Snehota (1995), S. 45
Ein im deutschsprachigen Raum grundlegendes Modell, das ebenfalls imterschiedliche Ebenen'*^ einer Geschaftsbeziehung imterscheidet, ist das von DILLER und KUSTERER vorgestellte Modell der Interaktionsebenen bei dyadischen Geschaftsbeziehungen.'*^ In Anlehnung an die Uberlegungen von HOMANS filr soziale Interaktionen'*^ unterscheiden sie vier Ebenen einer Geschaftsbeziehung (vgl. Abb. 2-5): eine menschlich-emotionale Ebene, eine Machtebene, eine Organisationsebene und eine Sachproblemebene. Den Gegenstand der sachlichen Ebene einer Geschaftsbeziehung bildet die inhaltliche Ausgestaltung der Transaktionen im Sinne von Leistung und Gegenleistung. Auf der menschlich-emotionalen Ebene vollziehen sich Wertetransaktionen zwischen den fiir eine Geschaftsbeziehung bedeutsamen Personen. Die Machtebene bildet die Findung von Kompromissen und Konsens vor dem Hintergrund existenter Interessenskonflikte ab. tJber die Organisationsebene wird schlieBlich die Form der Abwicklung der Geschaftsbeziehung festgelegt. Eine Geschaftsbeziehung bedingt dabei in diesem Konzept eine simultane Interaktion auf alien vier Interaktionsebenen, die somit „im Grunde stets ganzheitlich wirken und ... nur aus analytischen Grtinden isoliert behandelt werden."'*^
Schichten und Ebenen sind im Begriffsverstandnis dieser Arbeit als Synonyme zu verstehen. Jedoch wird aus Grtinden der Unterscheidbarkeit der konzeptionelle Ansatz der IMP-Gruppe als .Schichtenmodell' und der Ansatz von DILLER und KUSTERER als ,Ebenenmodeir bezeichnet. Vgl. Diller/Kusterer (1988), S. 214 ff. Vgl. die Ausfilhnmgen zur sozialen Austauschtheorie in Kapitel 2.3.1 Diller/Kusterer (1988), S. 214.
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
Unternehmen A
49
Unternehmen B Sachproblemebene Machtebene Organisationsebene Menschlich-emotionale Ebene
Abb. 2-5: Interaktionsebenen von Geschaftsbeziehungen Quelle: in Anlehnung an Diller/Kusterer (1988), S. 214
Beide Modelle ftir die Analyse von Geschaftsbeziehungen stimmen in ihrer Grundkonzeption darin Uberein, dass Geschaftsbeziehungen komplex und multidimensional angelegt sind. Dennoch scheinen die Modelle aufgrund der unterschiedlichen Anzahl von Ebenen bzw. Schichten sowie der unterschiedlichen Bezeichnungen nicht unmittelbar iiberfiihrbar zu sein. Das Schichtenmodell der IMP-Gnippe wahlt drei auch untemehmensintem bedeutsame Konstrukte, zwischen denen sich im Rahmen einer Geschaftsbeziehung jeweils neuartige Verbindungen herausbilden. Der Austauschgedanke einer Geschaftsbeziehung tritt somit gegenuber einer formativen Perspektive in den Hintergnmd. Das Ebenenmodell von DILLER und KusTERER beansprucht dagegen ftir sich, den Fokus auf die zv^ischen den Untemehmen stattfmdenden Austauschprozesse zu legen, die sich simultan auf den verschiedenen Interaktionsebenen voUziehen. Bei naherer Betrachtung Analyse wird jedoch erkennbar, dass beide Modelle nicht grundverschieden sind. Jeder Ebene von DILLER und KUSTERER lassen sich verschiedene Elemente in den jeweiligen Partneruntemehmen zuordnen, die maBgebliche Bedeutung ftir die Interaktionsebenen besitzen: Prozesse ftir die Interaktionsebene, Machtpotenziale ftir die Machtebene, Personen ftir die menschliche Ebene sowie die Leistung ftir die Sachebene. Die Gegeniiberstellung dieser Elemente mit den drei Komponenten des IMPAnsatzes (Ressourcen, Akteure sowie Aktivitaten) offenbart dann eine grofie inhaltliche Nahe beider Ansatze. Beide Ansatze erm6glichen eine differenzierte, systematische und umfassende Analyse von Geschaftsbeziehungen. Allerdings sind beide Modelle im Wesentlichen nur im Rahmen von allgemeinen konzeptionellen Beitragen aufgegriffen bzw. im Grundlagenteil von empirischen Untersuchungen lediglich kurz erwahnt worden. Als konzeptioneller Bezugsrahmen ftir groB-
50
Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
zahlige empirische Untersuchimgen finden die Modelle dagegen keine explizite Verwendung.'"' M6gliche Grtinde hierfOr liegen im vomehmlich deskriptiven Charakter und hohen Abstraktionsgrad, in der relativ spSten VerOffentlichung des Schichtenmodells der IMPGruppe (1995) sowie der Tatsache, dass das Ebenenmodell von DILLER und KUSTERER weitgehend auf den deutschen Sprachraum beschrSnkt geblieben ist. Daneben imterziehen die meisten Studien nur eine geringe Auswahl relevanter Konstrukte einer simultanen Untersuchimg. Die Anwendimg einer umfassenden Systematik wtirde somit zwar eine Einordnung in das Gesamtbiid von Geschaftsbeziehungen erkennen lassen, gleichzeitig aber die Tatsache eines nur partiellen Ausschnitts verdeutlichen. 2.5.2 Isolierte Perspektive: Vorstellung der zentralen Komponenten Die vorgestellten Ansatze dienen als Ankntipfungspunkte fiir das im Folgenden vorzustellende erweiterte Ebenenmodell zur Analyse von Geschaftsbeziehungen, das zugleich als konzeptioneller Bezugsrahmen fiir die spatere Analyse kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen dienen soll.^** Das erweiterte Ebenenmodell ist in Abb. 2-6 zusammenfassend dargesteUt. An den Interaktionsansatz der IMP-Gruppe angelehnt ist die BerUcksichtigung der beiden Partnerunternehmen sowie des Beziehungskontextes. Die inhaltlichen Ehenen lehnen sich dagegen an das Ebenenmodell von DILLER und KUSTERER an und kennzeichnen quasi die von der IMPGruppe herausgestellte Atmosphare einer Geschaftsbeziehung.^*^ Als unmittelbar erkennbare konzeptionelle Erweiterung wird schlieBlich eine evaluierende Ebene eingefiihrt, die aus einer iibergeordneten Perspektive die Bewertung der Geschaftsbeziehung durch die Partnerunternehmen abbildet. Ftir die erkennbare Anlehnung an das Ebenenmodell von DILLER und KUSTERER sprechen gegenUber dem Schichtenmodell der IMP-Gruppe mehrere Griinde. Zunachst handelt es sich um ein Modell, das (zumindest im Rahmen theoretischer Beitrage) eine breitere Rezeption im deutschsprachigen Raum gefimden hat. Daneben verspricht die Unterscheidung von vier Ebenen eine differenziertere Analyse der zahlreichen Facetten von Geschaftsbeziehungen, als
Insbesondere Uberraschend ist, dass nach Kenntnisstand des Verfassers keine (groflzahlige) empirische Untersuchimg das Ebenenmodell von Diller und Kusterer zugrunde gelegt hat. Das Schichtenmodell der IMP-Gruppe ist ebenso eher als Bezugsrahmenfiirqualitative Fallstudien verwendet worden. Vgl. z. B. HSkansson/Snehota (1995), S. 50 ff. „Ein konzeptioneller Bezugsrahmen dient der Systematisierung, Ordnung und geistigen Durchdringung der den jeweiligen Untersuchungsbereich charakterisierenden Ursachen, Gestaltungen und Wirkungen... [durch] eine graphische Wiedergabe bzw. Anordnung von mehreren theoretischen Konstrukten oder Variablen" (Wolf 2003, S. 30). Zur wissenschaftstheoretischen Abgrenzung von eher vage und unstrukturiert gehaltenen theoretischen Bezugsrahmen gegentlber strukturierten Theorien vgl. auch Kirsch (1981), S. 193 f. Vgl. zu den inhaltlichen Ebenen auch die von Tichy et al. (1979), S. 508 f. eingefilhrte Differenzierung des ,transactional contents' in (1) expression of affect, (2) influence attempt, (3) exchange of information, (4) exchange of goods or
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
51
Beziehungskontext
Unternehmen B
Unternehmen A Inhaltliche Ebenen Interaktionsebene Sachebene Machtebene Individualebene
1 Evaluierende Ebene
1
1
1
Abb. 2-6: Erweitertes Ebenenmodell als konzeptioneller Bezugsrahmen der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung
es die drei Schichten des IMP-Ansatzes erm6glichen.'^° Femer wird der Austauschgedanke in starkerem MaBe betont, da keine explizite Fixienmg auf korrespondierende untemehmensinteme Elemente vorliegt. SchlieBlich treten die spezifischen Wertetransaktionen zwischen den fOr die Geschaftsbeziehung verantwortlichen SchlUsselpersonen deutlicher zu Tage. Dieser Vorteil ist von besonderer Bedeutung, da das Modell auf die kulturiibergreifende Situation erweiterbar sein soil, bei der diese Wertetransaktionen als spezielle Besonderheit zu berucksichtigen sind.
Im Folgenden soUen die Grundelemente des konzeptionellen Bezugsrahmens aus einer isolierten Perspektive, d. h. weitgehend ohne Beriicksichtigung der existierenden Wechselwirkungen, naher vorgestellt werden. Da die konkrete Ausgestaltung in AbhSngigkeit des jeweiligen Charakters einer Geschaftsbeziehung unterschiedlichste Formen annehmen kann, kann im Folgenden nur eine allgemein gehaltene Skizze gezeichnet werden.
So werden insbesondere Machtaspekte im IMP-Ansatz nur indirekt erfasst. Existierende Abhangigkeiten stellen jedoch eines der am haufigsten untersuchten Beziehungskonstnikte dar.
52
Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
2.5.2.1 Kontext der GeschMftsbeziehungen Partnenmtemehmen iind die zwischen ihnen bestehende GeschSftsbeziehung sind stets in ein extemes Umfeld eingebettet. Die allgemeine Umwelt kann beispielsweise in okologische, technologische, makroSkonomische, demographisch-soziale sowie politisch-rechtliche Aspekte unterteilt werden.'^^ Insbesondere die demographisch-soziale Umwelt verdient dabei fiir die Untersuchimg kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen eine besondere Aufmerksamkeit. Als Beispiele flir weitere geschSftsbeziehungsrelevante Aspekte der allgemeinen Umwelt sei femer verwiesen auf kartell-rechtliche Einschrankungen im Hinblick auf die Aufhahme und die Offenheit von Geschaftsbeziehnngen, auf das Rechtssystem im Zusammenspiel mit der MOglichkeit vertraglicher Absichenmgen, auf den technologischen Innovationsdruck im Hinblick auf die Notwendigkeit untemehmenstibergreifender Forschung und Entwicklung sowie auf die makroQkonomische Situation im Hinblick auf die Ziele der KapazitatsvergrOBenmg Oder Synergien. Neben diesen allgemeinen Faktoren sind auch branchenspezifische Aspekte zu beachten. Die Struktur und Dynamik einer Branche werden entscheidend durch produkt-, technologieorientierte sowie wettbewerbsorientierte Faktoren gepragt.'^^ Von besonderem Interesse ftir Geschaftsbeziehungen ist bspw. die tiber die Branchenstruktur determinierte allgemeine Lieferanten- bzw. Abnehmermacht sowie die allgemeine Rivalitat zwischen den relevanten Marktteilnehmem. SchlieBlich haben die bisherigen Erorterungen bereits mehrfach anklingen lassen, dass Geschaftsbeziehungen als Teil iibergeordneter Untemehmensnetzwerke zu sehen sind. Das gemeinsame Untemehmensnetzwerk wird hier aus Sicht der einzelnen Geschaftsbeziehung ebenso dem Beziehungskontext zugeordnet. Dabei gilt es jedoch zu bedenken, dass im Vergleich zu anderen extemen Einflussfaktoren ein starkerer Zusammenhang vorliegt, da die Geschaftsbeziehung ihrerseits ein Element des Untemehmensnetzwerkes darstellt. Gegebenenfalls kann somit auch eine Wechselbeziehung vorliegen.'^^ Aufgrund des dyadischen Charakters von Geschaftsbeziehungen muss die relevante Umwelt der beiden Partneruntemehmen nicht identisch ausgepragt sein. Diese Trennung ist in Abb. 2-6 durch die gestrichelte Linie angedeutet. Zudem kann die Perzeption und Bewertung der relevanten Aspekte zwischen den Partneruntemehmen differieren, selbst wenn die Unternehmen weitgehend in die gleiche UmweU emgebunden sind. Gnmdsatzlich wird die Unterscheidung, ob nationale oder intemationale Geschaftsbeziehungen betrachtet werden, einen wesentlichen Einfluss darauf besitzen, inwieweit eine homogene Umweh vorliegt. Tendenziell werden bei nationalen Geschaftsbeziehungen zumindest die allgemeinen Umweltfaktoren 191
Vgl. fllr eine umfassende Checkliste potenziell relevanter Teilaspekte der allgemeinen Umwelt z. B. Macharzina (1999), S.221. 192
Vgl.fiireine umfassende Branchenstrukturanalyse Porter (2003).
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
53
fiir beide Partneruntemehmen weitgehend identisch ausgepr^gt sein. Inwieweit diese Tatsache ftir die branchenspezifische Umwelt gilt, hSngt u. a. von der Kooperationsrichtung der betrachteten Geschaftsbeziehungen ab und ist nur im Einzelfall zu entscheiden. Das tibergeordnete Untemehmensnetzwerk kann dagegen gnmdsatzlich als gemeinsame Umweh betrachtet werden, wobei sich allerdings auch hier Wahmehmimgs- und teilweise auch Abgrenzungsunterschiede ergeben kSnnen. 2.5.2.2 Inhaltliche Ebenen 2.5.2.2.1 Die Individualebene Untemehmen sind stets untrennbar mit Personen verbunden. Obwohl in der offentlichen und auch in der wissenschaftlichen Diskussion h^ufig von Untemehmen im Sinne eigenstandiger Akteure gesprochen wird,'*^"* sind es letztlich Personen, die als ReprSsentanten einer Unternehmung Ziele definieren, Entscheidungen treffen und Handlungen durchfiihren.^^^ Die betriebswirtschaftliche Forschung hat die zentrale Bedeutung von Personen fUr die Zusammenarbeit von Untemehmen frtih erkannt. Bspw. diskutierten ALDRICH und HERKER bereits 1977 die Bedeutung von ,Boundary Spanning'-Rollen, die eine Organisation mit ihrer Umwelt verbinden.^'^ Die Inhaber einer derartigen Rolle erfilUen zwei wichtige Funktionen: Zunachst tibemehmen sie die Filterung und Weiterleitung von Informationen, die von auBen an eine Untemehmung herangetragen werden. Zum anderen fungieren sie als exteme Reprasentanten einer Untemehmung gegentiber Geschaftspartnem und anderen Interessengmppen.^^^ In einer modemen Untemehmensorganisation fmden sich zahlreiche Stellen, die aufgrund ihres Aufgabenspektrums mehr oder minder zwingend derartige Funktionen tibemehmen (mtissen). In erster Linie ist hier bspw. an Key Account Manager, Public Relations Manager, Untemehmenssprecher, Vertriebsbeauftragte etc zu denken.'^* Die herausragende Stellung vor allem des Vertriebspersonals fUr das Management von Geschaftsbeziehungen hat dabei in der marketingorientierten Literatur besondere Beachtung geftmden.^^^ Vgl. hierzu auch die Ausfilhrungen in Kapitel 2.2.2, So spricht bei Kapitalgesellschaften bereits der gesellschaftsrechtliche Terminus der, juristischen Person" Untemehmen eine eigenstSndige PersOnlichkeit zu und drflngt somit die in einem Untemehmen agierenden Menschen - z. B. gesetzliche Vertreter und Gesellschafter als natUrliche Personen - in den Hintergmnd. Zum Verhaltnis von Organisationszielen und individuellen Zielen vgl. Thompson/McEwen (1970) und Loasby (1968). Vgl. Aldrich/Herker (1977). Vgl. auch Adams (1980) sowie Jemison (1984). Die groBe Bedeutung von .Boundary Spanning Individuals' wird auch in anderen betriebswirtschaftlichen Forschungsgebieten herausgestellt. So stellen personelle Verflechtungen Uber Aufsichtratsmitgliedschaften einen vielbeachteten und haufig kritisierten Aspekt der deutschen Untemehmensverfassung dar. Vgl. z. B. Theisen (2000), S. 128 ff. Personalwirtschailliche Arbeiten widmen sich bspw. der Problematik der Auslandsentsendung im Rahmen intemationaler Konzeme, die unter anderem dem Aufbau personeller Informationsnetzwerke dienen soil, um eine RUckfilhrung btirokratischer Koordinationsinstrumente zu ermOglichen. Vgl. hierzu z. B. Thomas (1991). Vgl. Adams (1980), S. 337 ff Vgl. exemplarisch Frazier/Summers (1986); Crosby/Evans/Cowles (1990); Dion/Easterling/Miller (1995); Harich/LaBahn (1998). Vgl. femer die Meta-Analyse von Churchill et al. (1985).
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
In Anlehnung an die ebenfalls stark personenorientierte Innovationsforschung ftihren GEMIJNDEN und WALTER ftir diejenigen Personen, die sich maBgeblich fOr Aufbau und Pflege einer Geschaftsbeziehung einsetzen, das Rollenkonzept eines Beziehungspromotors ein.^^ Diese Schllisselperson ist von elementarer Bedeutung fiir die Zusammenarbeit mit autonomen extemen Geschaftspartnem und den Aufbau langfristiger Geschaftsbeziehungen. tJber spezifische Leistungsbeitrage^"^ helfen Beziehungspromotoren jene Barrieren zu tiberwinden, die dem Aufbau von erfolgreichen Beziehungen zu extemen Partnem entgegenstehen: die Barriere des „Nicht-Voneinander-Wissens", die Barriere des „Nicht-Miteinander-Zusammenarbeiten-KOnnens", die Barriere des „Nicht-Miteinander-Zusammenarbeiten-Woilens" sowie die Barriere des „Nicht-Miteinander-Zusanimenarbeiten-Dilrfens". Beziehungspromotoren tlbemehmen demnach die von ALDRICH und HERKEY unterschiedenen ,Boundary Spanning' Funktionen. Sie unterscheiden sich darUber hinaus durch ihren Uberdurchschnittlichen und aktiven Einsatz ftir eine Geschaftsbeziehung. Ab einem gewissen Grad von Widerstanden ware der Aufbau einer langfristigen Geschaftsbeziehung ohne diesen persOnlichen Einsatz von Beziehungspromotoren demnach zum Scheitem verurteilt. Ftir eine allgemeine Analyse von Geschaftsbeziehungen erscheint das Konzept des Beziehungspromotors jedoch zu restriktiv. Zum einen liegen in der Praxis Geschaftsbeziehungen vor, bei denen ein Beziehungspromotor nicht bzw. nicht mehr anzutreffen ist. Zum anderen waren Personen auszublenden, die keine aktive Promotorenrolle tlbemehmen, gleichwohl aber in haufigem Kontakt zum Geschaftspartner stehen.
Im Rahmen dieser Arbeit soil daher in einer weiteren Abgrenzung von Trdgern einer GescMftsbeziehung gesprochen werden. Hierunter werden diejenigen Personen gefasst, die in unmittelbarem Kontakt zu den Geschaftspartnem des Partneruntemehmens stehen, unabhangig davon, ob ihnen eine Promotorenfunktion zugeschrieben werden kann oder nicht. Die explizite BerUcksichtigung der Individualebene in unserem konzeptionellen Bezugsrahmen tragt jedoch der hohen Bedeutung von persSnlichen Beziehungen ftir das Management von Geschaftsbeziehungen Rechnung. Zugleich grenzt sich das hier vorgestellte Modell von der Mehrheit der Untersuchungen zu Geschaftsbeziehungen ab, die den persOnlichen Beziehungen in aller Regel keine Beachtung schenken.^^^
Vgl. Gemtlnden/Walter (1995) und Walter (1999). Das Konzept des Beziehungspromotors lehnt sich an die bei Innovationsprojekten identifizierten PromotorenroUen (vgl. Witte 1973, Hauschildt/Chakrabarti 1988) sowie an das auf Allen (1967) zurQckgehende Konzept des Gatekeepers an. Letzteres beschreibt Personen mit einem ausgeprigten untemehmensintemen und extemen Kommunikations- und Informationsnetzwerk. Die spezifischen Leistungsbeitrage von Beziehungspromotoren zur Uberwindung dieser Barrieren liegen in der Suche und Herstellung von Verbindungen zu Partnem, der GewShrleistung von Kommunikation und Dialog, einem adaquaten Konfliktmanagement und der FOrdemng sozialer Kontakte. Vgl. GemUnden/Walter (1995), S. 975; Gemtlnden/Walter (1996), S. 238 ff. Die persOnlichen Beziehungen werden von der Mehrheit der herangezogenen Theorieansatze nicht berilcksichtigt. Weitz/Jap (1995), S. 1995 beziehen hierzu bspw. wie folgt Stellung: „The role of people and their importance in the
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Aufgrund des dyadischen Charakters von Geschaftsbeziehungen stehen jedoch nicht die einzelnen Reprasentanten einer Untemehmimg im Blickpimkt, sondem vor allem die bestehenden Beziehungen zwischen diesen Reprasentanten. Derartige persQnliche Beziehungen sind hinsichtlich ihrer Entstehung imd Erhaltung generell als komplex anzusehen. Insbesondere der Aufbau von Freimdschaften als eine Form enger persOnlicher Beziehungen ist nur begrenzt planbar und bspw. von emotionalen Empfindungen und Sympathie abhSngig.^"^ Gemeinsame Erfahrungen filhren zu einem Bild vom jeweiligen Interaktionspartner, das u. a. persCnliche Charaktereigenschaften und Einstellungen umschliefit. Dabei wird haufig unterstellt, dass identische Werte und Einstellungen den Aufbau einer persSnlichen Beziehung erleichtem.^^^ Eine gute pers6nliche Beziehung drUckt sich bspw. in einem positiven Bild der Kontaktperson sowie einer guten Kenntnis seines Verhaltens aus.^°^ Im Gegensatz zum privaten Bereich unterscheiden sich persSnliche Beziehungen im Rahmen von Geschaftsbeziehungen durch die Einbettung in ein Ubergeordnetes Beziehungssystem. Okonomisch vorteilhafte Interaktionen bilden den Rahmen zur Entwicklung von persOnlichen Kontakten, die die Geschaftsbeziehung zugleich auf einer persOnlichen Ebene untermauem und festigen.^°^ Ein wichtiger Einfluss wird dabei davon ausgehen, wie vergangene Transaktionsprozesse verlaufen sind. Ftir die pers6nliche Einstellung zum Geschaftspartner ist dabei nicht nur die Leistung des Partneruntemehmens von Bedeutung, sondem auch die Art und Weise, inwieweit die Interaktionen fair verlaufen sind und bspw. auf ein opportunistisches Verhalten verzichtet wurde. Das auf der individuellen Ebene zv^schen den Kontaktpersonen existierende Vertrauen wird weithin als eine wichtige SchltisselgrSfie ftir den Erfolg von Geschaftsbeziehungen gesehen und stellt eines der am haufigsten untersuchten Beziehungskonstrukte dar.^°^ Als Meilenstein
governance of interorganizational exchange is virtually ignored by economic theories of exchange". Auch im Rahmen von Studien auf Basis der relationalen Austauschtheorie wird h£lufig keine Unterscheidung der untemehmensbezogenen bzw. individuellen Ebene getroffen. Vgl.z.B.Backmann(1981). Vgl. z. B. Nicholson/Compeau/Sethi (2001), S. 6 fif. Die Antizipierbarkeit des Verhaltens und der Reaktionen lasst sich lediglich als eine notwendige Bedingung filr die Existenz einer guten persOnlichen Beziehung auffassen, da auch das Verhalten von nicht-befreundeten Menschen grundsfttzlich antizipierbar sem kann. Auch der umgekehrte Fall, bei dem persOnliche Beziehungen einen Ausgangspunkt von Geschaftsbeziehungen zwischen Untemehmen darstellen, ist in der Praxis haufig anzutreffen. Vgl. hierzu bspw. Larson (1992), S. 83 ff. Allerdings wird es sich hierbei um Personen handeln mtlssen, die maBgeblichen Einfluss auf die Aufiiahme von Geschaftsbeziehungen besitzen. Erganzend werden sich zudem auch in diesem Fall - eine gewisse MindestgrOBe der Untemehmen vorausgesetzt - weitere Beziehungen zwischen verschiedenen Reprasentanten bilden. Ftir einen allgemeinen Oberblick vgl. Mayer/Davis/Schoorman (1995) sowie Kenning (2001), S. 8 ff. Vgl. ftir eine Einschatzung der Bedeutung im Rahmen von Geschaftsbeziehungen Geyskens/Steenkamp/Kumar (1998) sowie Wilson (1995), S. 337. Vgl. femer exemplarisch Anderson/Weitz (1989); Moorman/Deshpandd/Zaltman (1993); Morgan/Hunt (1994); Andaleeb (1996) und Bachmann (2001).
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des Einzugs dieses soziologischen Konstrukts^"* in der betriebswirtschaftlichen Untersuchung von Geschaftsbeziehimgen kann die Untersuchung von MORGAN und HUNT gesehen werden. Sie sehen Vertrauen als eine Uberzeugung von der Zuverlassigkeit und Integritat eines Interaktionspartners.^°^ Da eine derartige Uberzeugung nur bei Unsicherheit relevant ist, kann Vertrauen auch als eine Bereitschaft verstanden werden, sich in unsicheren Situationen auf einen Interaktionspartner zu verlassen und somit ein Risiko auf sich zu nehmen.^'° Gleichzeitig besteht fUr den Vertrauensgeber jedoch die Moglichkeit der Sanktionierung, da das gewahrte Vertrauen jederzeit entzogen werden kann, wenn im Rahmen einer Uberpriifimg gewisse Schwellen des Missbrauchs iiberschritten werden.^" Als Fazit kann festgehalten werden, dass die individuelle Ebene mit den pers6nlichen Beziehungen ein zentrales Element von GeschSftsbeziehungen abbildet, ohne deren Beriicksichtigung eine Untersuchung von Geschaftsbeziehungen als unvoUstandig eingeschStzt werden kann.^^^ BAGOZZI stellt die groBe Bedeutung der individuellen Ebene bereits friih deutlich heraus: „exchange is more than the mere transfer of a product or service for money. To be sure, most marketing exchanges are characterized by such a transfer. But the reasons behind the exchange - the explanation of its occurrence - lie in the social and psychological significance of the experiences, feelings, and meanings of the parties in the exchange."^^^ 2.5.2.2.2 Die Interaktionsebene Als zweite inhaltliche Modellebene umfasst die Interaktionsebene diejenigen Prozesse, die der Abwicklung der Okonomischen Austauschprozesse dienen. Im Blickpunkt stehen dabei nicht die imtemehmensinteme Organisation der individuell zu erbringenden Leistungsbeitrage, sondem die konkreten Interaktionsprozesse, die zwischen den Partneruntemehmen anzusiedeln sind. Im Gegensatz zum Modell von DILLER und KUSTERER, die sSmtliche inhaltliche Ebenen als Interaktionsebenen bezeichnen und eine sog. Organisationsebene unterscheiden, wird hier die Interaktion folglich in einer singularen aktivitatsbezogenen Ebene zusammenge-
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Ftlr eine soziologische Betrachtung vgl. Luhmann (1989). Vgl. Morgan/Hunt (1994), S. 23. Vgl. z. B. Crosby/Evans/Cowles (1990), S. 68; Moorman/Deshpandd/Zaltman (1993), S. 82; Andaleeb (1996), S. 79. Vgl. femer die intentionale Konzeptionalisierung (.goodwill') bei Ring/Van de Yen (1992), S. 488. Vgl. z. B. Ahlert/Kenning/Petermann (2001), S. 281 f. Dieser Stellenwert spiegelt sich nicht zuletzt auch in der begrifflichen Abgrenzung der Geschaftsbeziehung wieder. Vgl. hierzu die AusfUhmngen in Kapitel 2.1. Bagozzi (1975), S. 35 f.
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
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fasst.^'^ Die vier Ebenen werden dagegen zusammen als inhaltliche Ebenen gekennzeichnet.^^^ Hierfiir sprechen folgende Grtlnde: -
Die Aimahme einer simultanen Interaktion auf alien Ebenen verlangt eine in der praktischen Anwendung unmogliche Unterscheidimg verschiedener Interaktionsinhalte. Bei der Kommunikation zwischen den Geschaftspartnem ist bspw. nur in Ausnahmefallen festzustellen, welche Teile der Kommunikation sich auf die eigentliche Leistung, welche auf die Abwicklung und welche auf die von den Individuen getragenen Werte beziehen. Es kann hier zugleich vermutet werden, dass diese theoretisch sinnvolle Unterscheidung, das Ebenenmodell von DiLLER und KuSTERER in seiner empirischen Umsetzung und Verbreitung bis dato eingeschrankt hat.
-
Die Interpretation samtlicher Ebenen als reine (austauschbezogene) Interaktionsebenen ist mit der Gefahr verbunden, eher zeitstabile Aspekte einer Geschaftsbeziehung zu vemachlassigen. So ist bspw. davon auszugehen, dass die Individualebene eher durch die entwickelte personliche Beziehung zu charakterisieren ist als durch konzeptionell schwer zu fassende ,Wertetransaktionen'. Daneben werden eher zeitstabile Aspekte wie bspw. personliche Beziehungen, etablierte Verhaltensnormen oder Machtkonstellationen auch Einfltisse auf andere Ebenen besitzen. Sobald jedoch derartige Beziehungskonstrukte in die Betrachtung eingeschlossen werden, laufen die Ebenen zwangslaufig Gefahr, den Charakter ,reiner' (aktivitatsbezogender) Interaktionsebenen zu verlieren.
-
Die Kennzeichnung einer Organisationsebene, die die abwicklungsbezogenen Interaktionen umfasst, kann schlieBlich vor dem Hintergrund des institutionellen Organisationsbegriffes und der Unterscheidung einer menschlich-emotionalen bzw. Individualebene als ein mSgliches individualistisches Pendant leicht zu Missverstandnissen fHhren.^'^
Ausgehend von dem aktivitStsbezogenen BegriffVerstandnis^'^ ist die Interaktion in einer Geschaftsbeziehung ist vor allem durch die Form der gegenseitigen Kommunikation, der gegenseitigen Abstinmiung und der Austragung von Konflikten gekennzeichnet.^'* Die Facetten der Kommunikation sind grundsatzlich SuBerst vielseitig. Als exemplarische Charakteris-
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Vgl. hierzu auch die fUr diese Arbeit in Kapitel 2.1 erfolgte Einschrankung des Begriff Interaktion auf die Handlungsebene. Vgl. auch Bruhn/Bunge (1994), S. 57. Die Notwendigkeit der Abgrenzung vom institutionellen Organisationsbegriff erreicht Meffert (1999a), S. 508 durch die zusatzliche Bezeichnung als „abwicklungstechnisch organisatorischen Ebene". Vgl. hierzu die definitorische Einschrankung in Kapitel 2.1 Zur Einstufimg der Kommunikation als soziale Interaktionssituation vgl. z. B. Gebert (1992), Sp. 1110 ff. Zur engen Beziehung von sozialer Interaktion und Kommunikation vgl. auch Crott (1979), S. 13 ff. sowie Mauritz (1996), S. 138 f
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tika seien die Aspekte Inhalt, Formalisierung, Offenheit, Frequenz, Richtung, Haufigkeit, Wege und Feedbackgeschwindigkeit genannt.^'^ Hieraus folgt unmittelbar, dass die Einschatzung der Kommunikationsqualitat einer Geschaftsbeziehung sich nicht an einem einzelnen Aspekt, wie bspw. der Kommunikationshaufigkeit, orientieren kann.^^° Die Inhalte der Kommunikation kSnnen je nach Geschaftsbeziehungstyp vielfaitig sein. Bei herkOmmlichen Geschaftsbeziehungen, die dem Austausch von materiellen Gtitem dienen, muss vor allem der transaktionsspezifische bzw. produktspezifische Kommunikationsbedarf erfiillt werden. Daneben kann jedoch zumindest bei engeren Geschaftsbeziehungen u. a. auch ein Austausch allgemeiner Informationen erfolgen, bspw. tiber relevante Entwicklungen im Umfeld der Partneruntemehmen. Grundsatzlich kOnnen in Anlehnung an das Geschaftsbeziehungen inharente Spannungsverhaltnis von Kooperation und Wettbewerb vereinfachend positive von negativen Kommunikationsforaien unterschieden werden. Wahrend positive Interaktion als informationsbezogen und offen zu kennzeichnen sind, kSnnen Fehlinformation, Drohungen, Manipulationen etc. als negative Kommunikationsformen eingestuft werden. Hierdurch wird jedoch zugleich deutlich, dass auch Konflikte als zentrales Kennzeichen der Interaktionsebene von Geschaftsbeziehungen gesehen werden miissen. Konflikte lassen sich allgemein als Spannungszustande innerhalb einer sozialen Beziehung verstehen, welche inkompatible Verhaltensweisen der Interaktionspartner auslosen konnen.^^' Derartige Spannungszustande werden vor allem daim auftreten, wenn von dem Verhalten des Partneruntemehmens negative Konsequenzen fiir die Erreichung eigener Ziele ausgehen.^^^ Aufgrund der bestehenden Interdependenzen sowie abweichender Zielsysteme sind Geschaftsbeziehungen generell durch ein Konfliktpotenzial gekennzeichnet. Um eine Wirkung auf der Interaktionsebene der Geschaftsbeziehung zu entfalten, miissen derartige Konfliktzustande jedoch nicht lediglich latent vorhanden sein, sondem von mindestens einem Interaktionspartner wahrgenommen und zugleich mit einer Einstellungsanderung und einer Verhaltenswirkung verbunden sein.^^^
Vgl. zur Rolle der Kommunikation im Rahmen von Geschaftsbeziehungen z. B. Anderson/Narus (1990); Mohr/Nevin (1990); Mohr/Fisher/Nevin (1996). Vgl. hierzu auch Anderson/Nanis (1990), S. 44 und Gassenheimer/Baucus/Baucus (1996), S. 74. Vgl. z. B. Steffenhagen (1972) S. 76 und Steffenhagen (1975), S. 24. Vgl. auch die Begriffsdiskussion bei Gaski (1984), S. 11. Eine umfassendere Definition liefert Glasl (1997), S. 14 f. Er beschreibt einen sozialen Konflikt als eine Interaktion [d. h. Wechselbeziehung, (Anm. des Verf.)] zwischen Akteuren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Akteur Unvereinbarkeiten im DenkenA^orstellen/Wahmehmen und/oder Ftlhlen und/oder WoUen mit dem anderen Akteur (anderen v^kteuren) in der Art erlebt, das im Realisieren eine Beeintrachtigung durch einen anderen Akteur (die anderen Akteure) erfolgt". Vgl. zum Einfluss unterschiedlicher Ziele auf Konflikte in vertikalen Geschaftsbeziehungen z. B. Eliashberg/Michie (1984). Zum aktionsbezogenen Verstandnis des Konfliktbegriffs vgl. Ahlert (1996), S. 125. Vgl. femer die phasenspezifische Konfliktsystematik bei Pondy (1967), S. 299 ff.
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Ausgehend von einer phasenbezogenen Perspektive lassen sich im Rahmen der Interaktionsebene die unterschiedlichen Interaktionssituationen der Verhandlung, der laufenden Umsetzung bzw. Abwicklung sowie der tFbergabe bzw. Leistimgskontrolle imterscheiden: Obwohl gnmdsatzlich auch die operative Abwicklung und Kontrolle eine Interaktion der Partnenmternehmen voraussetzen, besitzen insbesondere Verhandlungen einen hohen Stellenwert fiir die Interaktion im Rahmen einer GeschSftsbeziehung. Die Interaktion im Rahmen von Verhandlungen entscheidet tlber den Abschluss einer Transaktion und letztlich tlber die Fortfiihrung einer GeschSftsbeziehung. Verhandlungen sind zunSchst durch eine zumeist unmittelbare und mehrpersonale Kommunikation gekennzeichnet. Zugleich treffen die unterschiedlichen Interessen unmittelbar aufeinander. Verhandlungen sind daher auch nicht als rein rationaler Informationsverarbeitungsprozess zu sehen, sondem besitzen hSufig eine ausgepr^gte affektive Komponente. Hieraus folgt, dass die Interaktion sowohl durch negative Stinmiungen wie z. B. Zom, Frustration, Angst, Missfallen, Schuld gekennzeichnet sein karm als auch von positiven Emotionen wie VerstSndnis, Wohlwollen, Sympathie.^^"*
2.5.2.2.3 DieSachebene Gegenstand der sachlichen Ebene einer Geschaftsbeziehung ist die inhaltliche Ausgestaltung des Austausches von Leistungen und Gegenleistungen. Die im Blickpunkt stehende Leistung hat eine groBe Auswirkung auf die gesamte Ausgestaltung einer Geschaftsbeziehung. Im Industriegtitersektor sind bspw. Leistungsangebote im Produkt- oder Systemgeschaft eher auf anonyme Markte ausgerichtet und durch weniger intensive Geschaftsbeziehungen gepragt.^^^ Das Zulieferergeschaft wird dagegen neben einem Einzelkundenfokus durch einen direkten zeitlichen KaufVerbund gepragt und fiihrt hSufig zu sehr intensiven und asymmetrischen Geschaftsbeziehungen.^^^ Das Anlagengeschaft zeichnet sich in der Regel durch kundenspezifische Leistungen bzw. Projekte aus. Obwohl kein zeitlicher KaufVerbund mit anderen Leistungen bestehen muss, impliziert die langerfristige Zusammenarbeit im Rahmen der oft bedeutenden Projekte zwangslSufig den Auft)au einer Geschaftsbeziehung und kann zugleich die Basis fiir eine anderweitige Zusammenarbeit in der Zukunft bereiten. Im Zentrum vertikaler Geschaftsbeziehungen stehen zumeist GUtertransaktionen, bei denen materielle Produkte fiir entsprechende monetare Gegenleistungen verauBert werden. So stellen Hersteller/Lieferanten ihren industriellen Abnehmem u. a. Anlagen, Maschinen, Komponenten, Materialien und Hilfsmittel fiir die nachgelagerte Produktion und ihren Handlem dariiber 224
Da positive Wechselbeziehungen zwischen den genannten affektiven Komponenten vor allem innerhalb der jeweiligen Gruppe existieren, besteht die Gefahr, dass sich negative bzw. positive Stimmungen verstarken und in einen Teufelskreis eingetreten wird. Vgl. exempl. den Befimd von Kiunar/Scheer/Steenkanip (1998), S. 228 ff. zur Erwiderung von StrafmaOnahmen. Vgl. hier und im Folgenden Backhaus (2003). ^^^ Vgl. z.B.S511ner (1993).
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
hinaus auch Fertigprodukte zur WeiterverauBenmg zur VerfUgung. Deimoch sind mOgliche Leistungen nicht auf eine materielle Perspektive zu beschranken. Produkte lassen sich vielmehr als umfassende Eigenschaftsbiindel charakterisieren, die in zunehmendem MaBe auch und sogar ausschliefilich Dienstleistungen umfassen koiinen.^^^ Neben einem materiellen Gtiteraustausch kommt somit haufig auch immateriellen Leistungen, wie der Weitergabe von Informationen und Know-how eine groBe Bedeutung zu.^^* Das Verhaltnis von Leistung und Gegenleistung auf der sachlichen Ebene besitzt einen wesentlichen Einfluss auf das einer Geschaftsbeziehung zugeschriebene Kosten-NutzenVerhaltnis und somit die Aufrechterhaltung der Geschaftsbeziehung. Bei vertikalen Geschaftsbeziehungen wird die sachliche Ebene maBgeblich durch die Produktqualitat und das Leistungsveraiogen des Herstellers bestimmt. Die Beurteilung der Leistungsfahigkeit einer Partneruntemehmung ist jedoch nicht unproblematisch. Die Beurteilung der Leistung muss auft)auend auf einem muhidimensionalen Produktbegriff zahlreiche Facetten berticksichtigen, die Uber technisch messbare und somit objektivierbare Eigenschaften hinausgehen. Folgiich werden z. B. auch die empfundene Liefersicherheit, die produktbegleitenden Dienstleistungen und Informationen sowie die Tatsache, inwieweit spezielle Wtinsche, Ideen und Anregungen des Leistungsempfangers BerUcksichtigung finden, zu beachten sein. Bei der Beurteilung der Leistung Mlt schlieBlich auch existenten Firmen- und Produktmarken eine groBe Bedeutung zu. Marken liefem als koUektive Deutungsmuster auch bei Geschaftsbeziehungen zwischen Untemehmen eine wichtige Orientiemngshilfe bei den relevanten Entscheidungsprozessen.^^^ Gleichzeitig stellen sich im Rahmen von vertikalen Geschaftsbeziehungen auch strategische Aufgaben eines wertschopfimgsstufeniibergreifenden und integrierten Markenmanagements.^^° Im Hinblick auf eine langfristige Austauschbeziehung soUten Leistung und Gegenleistung aus der Perspektive beider Partneruntemehmen in einem ausgewogenen Verhaltnis stehen. Jedoch konnen bspw. einseitige, spezifische Investitionen dazu f^hren, dass eine benachteiligte und unzufiiedene Untemehmung trotzdem kurz- bzw. mittelfristig an einer Geschaftsbeziehung festhalt.^^' Langfristig wird jedoch ein aus Sicht beider Partner vorteilhaftes Verhaltnis erreicht werden mtissen."^
Vgl. Brockhoff (1999), S. 13 ff. Vgl. zur Komplementaritat von Sach- und Dienstleistungen auch Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbaumer (1993). ^^* Vgl. Diller/Kusterer (1988), S. 214. 229 Zum Markenbegriff vgl. z. B. Ahlert (2004). 230
Vgl. hierzu z. B. Ahlert/K6ster (2004). ^^' Vgl. Backhaus/BUschken (1999). ^^^ Vgl. Diller/Kusterer (1988), S. 214.
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
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2.5.2.2.4 Die Machtebene Wie bei jeder sozialen Interaktion stellt sich auch bei Geschaftsbeziehungen zwischen Unternehmen die Frage nach der Existenz und der Ausubung von Macht. Macht iSsst sich mit STAEHLE allgemein als eine Form sozialen Einflusses interpretieren, bei der „eine Person ... oder die Organisation iiber die Chance verfugt, [... eine] Verhaltensandenmg auch gegen den Willen anderer durchzusetzen."^" Macht ist somit keine Eigenschaft eines einzelnen Akteurs, sondem als Attribut einer sozialen Beziehung zu sehen.^^"* Als bekannteste Systematisierung moglicher Formen von Macht gilt die Typologie von FRENCH und RAVEN.^^^ Auf Grundlage der jeweiligen Machtbasis unterscheiden sie eine Bestrafimgsmacht, eine Belohnungsmacht, eine legitime Macht, eine Vorbild-Macht, eine Expertenmacht sowie eine Informationsmacht.^^^ Die Macht eines fokalen Akteurs steht vor allem in einer positiven Beziehung zur Abhangigkeit der Gegenseite. AbhSngigkeiten ergeben sich dadurch, dass der Grad der Zielerreichung einer Partei durch die Aktionen einer anderen Partei beeinflusst wird. Macht existiert zunachst unabhSngig davon, ob die gegenseitigen Abhangigkeiten gleichgewichtig und asymmetrisch ausgepragt sind.^^^ Diese allgemeinen Aussagen lassen sich unmittelbar auf Geschaftsbeziehungen tibertragen. Insbesondere die Forschung zu Distributionskanalen hat sich mit Determinanten und Wirkungen von Macht im Rahmen von Geschaftsbeziehungen auseinandergesetzt.^^* Hinsichtlich der diversen Machtformen wird haufig auf eine dichotome Ordnung zurilckgegriffen, die bspw. eher aggressive imd nicht-aggressive Formen oder direkte und indirekte Formen unterscheidet.^^'' Dabei zeigt sich unter anderem, dass die seitens des Partneruntemehmens wahrgenommene Macht in einer negativen Beziehung zum effektiven Einsatz aggressiver Formen (Dro-
Staehle (1999), S. 398. Macht und ihre Grundlagen haben in der organisationstheoretischen und verhaltenswissenschafllichen Managementliteratur frOh eine bedeutende Stellung eingenommen. Vgl. z. B. Weber (1921); Dahl(1957); French/Raven (1959); Emerson (1962). Vgl. hier und im Folgenden Emerson (1962), S. 32 fif. In der Literatur finden sich tlber diesen tlbergeordneten strukturellen Zusammenhang hinausgehend zahlreiche Typologien von Machtgrundlagen. Ftlr einen Uberblick vgl. Staehle (1999), S. 400 fif. Vgl. French/Raven (1959) sov^ie filr die Einftlhrung der Informationsmacht Raven/Kruglansky (1970). Diese Machtgrundlagen sind von zahbeichen Studien zu interorganisationalen Beziehungen aufgegrififen und hftufig dichotomisiert worden. Fttr einen Oberblick vgl. Johnson et al. (1993), S. 2. Als wichtige Unterscheidungen kOnnen die Dififerenzierung in drohungsbasierte Formen (Bestrafimgsmacht) vs. drohungsfi-eien Formen sowie anhand des Kriteriums der einseitigen KontroUierbarkeit seitens des Machtragers von direkten/,mediated' Formen (Belohnung, Zwang, legale Legitimation) vs. indirekten/,non-mediated' Formen (Expertenmacht, Informationsmacht, traditionelle Legitimation). Jedoch ist davon auszugehen, dass bei einer ungleichgewichtigen Machtverteilung die schwSchere Partei die existenten Machtunterschiede tlber MaBnahmen zur Abhtogigkeitsreduktion zu reduzieren versucht. Vgl. hierzu auch die Grundaussagen des Ressourcen-AbhSngigkeits-Ansatzes in Kapitel 2.3.1. Ftlr einen Uberblick vgl. z. B. Gaski (1984). Vgl. hierzu z. B. die Ubersicht sowie meta-analytische Auswertung bei Johnson et al. (1993), S. 2.
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hungen, Strafen etc.) stehen kann und ihrerseits, soweit moglich, durch entsprechende Formen beantwortet wird.^'*^ Bereits der Ressourcen-AbhSngigkeitsansatz hat darauf anfmerksam gemacht, dass der Eintritt in und die Pflege von Geschaftsbeziehungen als Versuch einer fokalen Untemehmung zu sehen ist, spezifische AbhSngigkeiten von extern zu beschaffenden Ressourcen zu mindem bzw. zu beseitigen. Gnmdlage fiir Geschaftsbeziehungen bilden somit abweichende Ressourcenpositionen der Untemehmen, bspw. durch Unterschiede im Produktprogramm, der beherrschten Technologic, der vorhandenen Kapazitaten etc. Stehen lediglich einmalig benotigte Gtiter oder Know-how im Zentrum einer Geschaftsbeziehung ftihrt der Abbau der Abhangigkeit von der Ressource zugleich zum Verlust der Existenzberechtigung einer Geschaftsbeziehung. Beim regelmaBigen Austausch von Giitem fiir die Fertigung werden die Abhangigkeiten jedoch nur temporar abgebaut. Wenn der benotigte Austauschgegenstand zudem nicht iiber alternative Ressourcen bzw. Partner erreichbar ist, kann iiber die Aufiiahme einer Geschaftsbeziehung die AbhSngigkeit von einer Ressource somit in eine AbhSngigkeit von einem Geschaftspartner miinden. Vor diesem Hintergrund sind auch die von der Transaktionskostentheorie in die Diskussion eingefthrten spezifischen Investitionen von Bedeutung. Spezifische Investitionen sind ex definitione an eine spezielle Geschaftsbeziehung gebunden und im Hinblick auf alternative Einsatze wertlos.^"*' Die begriffliche Verortung in der finanzwirtschaftlichen Sphare lasst unmittelbar an materielle Investitionen (bspw. in Anlagen und Systeme) denken, die auf spezielle Kundenanft)rderungen oder Lieferantenspezifika ausgerichtet sind.^"*^ Haufig konnen jedoch auch die allgemeinen Anstrengungen in den Auft)au und die Pflege der Geschaftsbeziehung erheblich sein. Spezifische Investitionen erhohen letztlich die Abhangigkeit einer Partneruntemehmung von einer Geschaftsbeziehung, da eine Amortisation der Investition nur bei Aufrechterhaltung der Beziehung Uber einen langeren Zeitraum moglich ist.^"*^ Der Wertverlust spezifischer Investitionen hangt in starkem Mafie von den existierenden Altemativen zu einer Geschaftsbeziehung ab, Der Stellenwert einer Geschaftsbeziehung druckt sich in der Haufigkeit von Transaktionen und dem resultierenden Beschaffungs- bzw. Umsatzanteil bei einer Partneruntemehmung aus. Asymmetrien im Stellenwert und der Austauschbarkeit einer
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Vgl. z. B. Frazier/Summers (1986), S. 174 f. 241
Vgl. Williamson (1991), S. 281 f. Spezifische Investitionen lassen sich anhand des analytischen Konzepts der QuasiRente erfassen, die den Wertverlust angibt, wenn eine Investition nicht im Rahmen der geplanten Verwendung, sondem im Rahmen der nflchstbesten Verwendung eingesetzt wird. Vgl. Ebers/Gotsch (2001), S. 228. Vgl. hierzu auch die Ausfilhrungen von Engelhardt/Freiling (1995b), S. 40 f. zur Herstellung von Prozess- und Potentialintegrativitat im Rahmen von Geschaftsbeziehungen. ^^^ Vgl. Backhaus/Btlschken (1999), S. 246 ff.; Ebers/Gotsch (2001), S. 228.
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
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Geschaftsbeziehung besitzen somit ebenso einen Einfluss auf die jeweilige Machtposition einer Partnemntemehmung. 2.5.2.3 Evaluierende Ebene Die evaluierende Ebene einer Geschaftsbeziehung erganzt die inhaltlichen Ebenen, indem sie die einer Geschaftsbeziehung durch die Partnenmtemehmen entgegengebrachte Wertschatzung abbildet. Die jeweilige Wertschatzung wird vor allem davon abhangen, inwieweit die mit einer Geschaftsbeziehung verbundenen wirtschaftlichen Ziele erfilllt werden. Dabei besitzen die zahlreichen iiber Geschaftsbeziehungen verft)lgten Ziele nur teilweise einen unmittelbaren monetaren Charakter. Vielmehr werden haufig dem wirtschaftlichen Erfolg vorgelagerte Ziele wie bspw. der Zugang zu Ressourcen, die Reduzierung von Unsicherheiten oder der Erwerb von Know-how angestrebt, bei denen eine monetare Bewertung haufig vor untiberwindbaren Schwierigkeiten steht.^"*"* Die Bestimmung eines iibergeordneten wirtschaftlichen Erft)lgs einer Geschaftsbeziehung, resultierend aus der Differenz von geschaftsbeziehungsspezifischen Ertragen und Aufwendungen, ist somit haufig nur unter erheblichen Anstrengungen moglich. Probleme stellen sich neben der Uberfiihrung qualitativer Ziele in monetare Grofien u. a. auch hinsichtlich der grundsatzlichen Abbildung einer Geschaftsbeziehung als periodentibergreifendes Abrechnungsobjekt im untemehmensspezifischen Rechnungswesen^"*^ so wie der Erfassung der relevanten Nutzen- und Kosteneffekte.^"*^ Altemativen zur monetaren Abbildung konnen bspw. in geschaftsbeziehungsspezifischen Scoring- und Kennzahlensystemen gesehen werden, die auch qualitative Aspekte beriicksichtigen konnen.^"*^ Unabhangig davon, ob eine formale und systematische oder lediglich eine eher intuitive Bewertung einer Geschaftsbeziehung erft)lgt, entscheidet die ermittelte bzw. empftmdene Zufriedenheit^''* bzw. Unzufriedenheit letztlich iiber Fortfiihrung und zukiinftige Gestaltung einer Geschaftsbeziehung. Das Verhalten und der Erft)lg bei vergangenen Transaktionen werden hierbei als Grundlage der Verhaltensprognose fiir zukiinftige Transaktionen herangezogen.^"*^
Vgl. bspw. Hungenberg/Wul£^aack (2002), S. 270. Zum Controlling von Geschaftsbeziehungen vgl. bspw. Plinke (1989), S. 320 ff und ausgehend vom umfassenderen koordinationsorientierten Controllingparadigma Ahlert (1996). Erinnert sei an dieser Stelle auch an die Schwierigkeiten der Messung von Transaktionskosten, die eine unmittelbare empirische Uberprttfting der Transaktionskostentheorie behindert hat. Vgl. Ebers/Gotsch (2001), S. 247. Hess/Wohlgemuth/Schlembach (2001), S. 71 f. pladieren (allerdings filr den Fall multilateraler Untemehmensnetzwerke) filr den Einsatz der Nutzwertanalyse. Hungenberg/WulfMaack (2002), S. 267 ff. schlagen - ausgehend von einem umfangreichen Ziel- und Kennzahlensystem - eine Ermittlung von aktivitatsbezogenen Kosten-ZNutzenfiinktionen auf Basis kausaler Wirkungsketten vor. Mellewigt/Matiaske (2000), S. 127 schlagen eine summativen Zielereichungsindex vor. Vgl. femer die Ausfilhrungen von Drews (2001) zur Gestaltung eines kooperationsspezifischen Berichtssystems. Zufriedenheit kann in diesem Zusammenhang mit Anderson/Nanis (1984), S. 66 verstanden werden als „a positive affective state resulting from the appraisal of all aspects of a firm's working relationship with another firm." Vgl. dagegen die Unterscheidung vonfikonomischerund sozialer Zufriedenheit bei Geyskens/Steenkamp/Kumar (1999).
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Als besonderes Kennzeichen der evaluierenden Ebene kann gesehen werden, dass die Auffassungen und Einschatzungen, die hierzu auf Seiten der verschiedenen Partnenintemehmen vorliegen, in starkerem MaBe als bei den inhaltlichen Ebenen voneinander abweichen konnen.^^° Der Erfolg einer Geschaftsbeziehimg kann gnmdsatzlich sowohl aus Sicht der einzelnen Partnenintemehmen als auch aus einer gemeinsamen Perspektive betrachtet werden. Zugleich stellt sich hierdurch die Frage, inwieweit das Kooperationscontrolling einseitig, durch eine neutrale Drittinstanz oder durch eine kooperationsiibergreifend geschaffene Instanz durchgefUhrt werden soU.^^' Bei vertikalen Geschaftsbeziehungen wird insbesondere die Einschatzung des Abnehmers entscheidend ftir die FortfOhrung der Beziehung sein. Inwieweit beide Perspektiven tibereinstimmen, wird wesentlich davon abhangen, ob komplementare Ziele verfolgt werden und ausgeglichene und positive Kosten-ZNutzenrelationen vorliegen. Wahrend bei eher loseren Austauschbeziehungen die Vorteilhaftigkeit einer einzelnen Transaktion im Vordergrund steht, gewinnt bei engeren kooperativen Geschaftsbeziehungen angesichts der Interdependenz der Einzeltransaktionen die (ibergeordnete Wertschatzung der gesamten Geschaftsbeziehung an Bedeutung. Die Zufriedenheit mit der Erreichung der beziehungsspezifischen Ziele steht in einem sehr engen Zusammenhang mit anderen Beziehungsaspekten, die ebenso auf der evaluierenden Ebene einer Geschaftsbeziehung anzusiedeln sind.^" Die Literatur zu Geschaftsbeziehungen ist diesbeztiglich dazu iibergegangen, diese Aspekte der evaluierenden Ebene zusanmienfassend unter dem Stichwort der Beziehungsqualitat zu diskutieren.^" Aufgrund der iibergeordneten Stellung der Beziehungsqualitat liegt jedoch keine voUkommene Einigkeit dahingehend vor, welche Aspekte ihr direkt zuzuordnen sind^^"* und welche Abhangigkeitsbeziehungen zwischen den betrachteten Konstrukten bestehen.^" Als Kemkonstrukt kaim neben der Zufriedenheit das Gesamtvertrauen in ein Partneruntemehmen bzw. die Geschaftsbeziehung gesehen werden. Dieses kann dabei konzeptionell von dem personlichen Vertrauen zwischen den individuellen TrSgem der Geschaftsbeziehung getrennt werden.^^^ Vgl. hierzu Thompson (1996), S. 377: "in practice many, if not most, transactions are underpinned by previous assessments of the other party's compliance behaviour, and the assumption that they will continue to act as before". Vgl. Unterscheidung von partnerspezifischen und geschaftsbeziehungsspezifischen Zielen z. B, HungenbergAVulf/ Maack (2002), S. 270 f Vgl. Ahlert (1996), S. 444. Vgl. zum Einfluss der ZielerRlllung auf die Beziehungsqualitat insb. Walter et al. (2003). Vgl. auch Han/Wilson/Dant (1993). Vgl. Dwyer/Oh (1987); Crosby/Evans/Cowles (1990); Pahner/Bejou (1994); Kumar/Scheer/Steinkamp (1995); Homburg/Kiedaisch (1999); Dorsch/Swanson/Kelley (1998); Hennig-Thurau/Klee/Langer (1999); Naude/Buttle (2000); Hewett/Money/Sharma (2002); Walter et al. (2003). Vgl. Kumar/Scheer/Steinkamp (1995), S. 55. Zur Diskussion unterschiedlicher Konzeptionalisierungen der Beziehungsqualitat vgl. z. B. Homburg/Kiedaisch (1999), S. 27 f Vgl. z. B. Kalafitis/Miller (1997); Hewett/Money/Sharma (2002), S. 230 f Zur Unterscheidung von dem Vertrauen in ein Partoeruntemehmen vs. dem Vertrauen in einen persOnlichen Geschailspartner vgl. bspw. Andaleeb/Anwar (1996); Doney/Cannon (1997), S. 35, Armstrong/Min Yee (2001) sowie Ah-
Entwicklimg eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
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„Trust of a supplier firm and trust of a supplier's salesperson, though related, represent different concepts. For example, a long-term relationship with a trusted supplier could be jeopardized by a company representative who proves to be dishonest and unreliable... Conversely, highly trusted salespeople can preserve customer commitment during difficult times created by management policies that appear contrary to the customer's best interests".^" Ein hSufig beachtetes Evaluierungskriterium, das in einem positiven Zusammenhang mit dem Vertrauen steht^^*, ist die einer Geschaftsbeziehung gegenuber empfimdene Verpflichtung (bzw. das Commitment). Bine starke Verpflichtung gegeniiber einer Geschaftsbeziehung druckt sich u. a. darin aus, dass ein nachhaltiges Interesse am langfristigen Fortbestand einer Geschaftsbeziehung besteht, so dass auch Anstrengungen fiir die Aufrechterhaltung dieser Beziehung gerechtfertigt erscheinen.^^^ Ein derartiges nachhaltiges Interesse setzt somit eine positive Einschatzung der Geschaftsbeziehung voraus imd unterliegt zudem nur selten kurzfristigen Schwankimgen.^^^ Mit einer hohen Beziehungsqualitat geht folglich in der Kegel auch die Erwartung einer hoheren Kontinuitat bzw. sogar einer Ausweitung sowie einer langerfiistigen Existenz der Geschaftsbeziehung einher.^^^ 2.5.3 Wirkungsbezogene Perspektive: Einflussbeziehungen zwischen den Ebenen Nachdem die inhaltlichen Ebenen und die evaluierende Ebene von Geschaftsbeziehungen isoliert vorgestellt worden sind, soil im Folgenden auf existierende Wirkungsbeziehungen zwischen den Ebenen eingegangen werden. Dabei gilt es Wirkungsbeziehungen innerhalb der inhaltlichen Ebenen von Wirkungsbeziehungen der inhaltlichen Ebenen auf die evaluierende Ebene zu imterscheiden. Da die Ebenen ein hohes Aggregationsniveau besitzen und eine Vielzahl unterschiedlicher Facetten btindeln, sollen die Wirkungsbeziehungen hier lediglich als Modellannahmen bezeichnet werden. Es werden somit explizit keine nomologischen Hypothesen in Form gesetzmafiiger Wenn-Dann Aussagen zwischen ausgewahlten Konstrukten formuliert, sondem lediglich iibergeordnete Wirkungszusanmienhange zwischen den
lert/Kenning/Petermann (2001), S. 285 f. Vgl. femer im Rahmen von Untemehmensnetzwerken Sydow (1995), S. 188 ff. Vgl. ahnlich fllr die Unterscheidung persOnlichen und untemehmensbezogenen Commitments auch Mavondo/Rodrigo(2001). Doney/Cannon (1997), S. 35. Vgl. z. B. Geyskens/Steenkamp/Kumar (1999), S. 238 £F. Vgl. zum Begriffsverstandnis insb. Moorman/Zaltman/Deshpandd (1992), S. 316 sowie Morgan/Hunt (1994), S. 23. Vgl. femer AndersonAVeitz (1992); Gundlach/Achrol/Mentzer (1995); Andaleeb (1996); SOllner (1999). Kim/Frazier (1997), S. 142 f. unterscheiden auf Basis der teilweise unterschiedlichen Begriffe drei Facetten des Commitment: Ein kontinuitatsbedachtes, ein bereitschaftsbasiertes sowie ein affektives Commitment. Vgl. Moorman/Zaltman/Deshpand6 (1992), S. 316. Vgl. z. B. Crosby/Evans/Cowles (1990), S. 70; Noordewier/John/Nevin (1990), S. 84; Ganesan (1994), S. 2 f; Kumar/ Scheer/Steenkamp (1995), S. 58 sowie Homburg/Kiedaisch (1999), S. 28.
66
Geschaftsbeziehungen als betriebswdrtschaftliches Erkenntnisobjekt
Ebenen entwickelt. Nur durch relativ weit gefasste Modellaimahmen kaiin das resultierende Analysemodell die Funktion eines integrativen Ordnimgsrahmens erfiillen. 2.5.3.1 Die inhaltlichen Ebenen als Determinanten der evaluierenden Ebene Dass die evaluierende Ebene abhangig von der Ausgestaltung der verschiedenen inhaltlichen Ebenen ist, stellt aufgnind ihres ubergeordneten Charakters bereits eine wesentliche Gnindannahme des konzeptionellen Bezugsrahmens dar.^^^ Dennoch sollen die einzelnen Einflussbeziehungen im Folgenden skizziert werden (vgl. hierzu Abb. 2-7). Inwieweit die verschiedenen Auspragimgen der inhaltlichen Ebenen auf der Evaluationsebene reflektiert werden, hSngt dabei stets wesentlich von der Wahmehmung und der Bewertung durch die Partnenmtemehmen ab.^^^ Aufgnind der oben dargelegten Schwierigkeiten der Messung des wirtschaftlichen Erfolges von Geschaftsbeziehungen liegt der Fokus bei der evaluierenden Ebene auf dem vorgelagerten und vielschichtigeren Konstrukt der Beziehungsqualitat.
Abb. 2-7: Einflussbeziehungen auf die evaluierende Ebene
Rilckwirkungen von der evaluierenden Ebene auf die inhaltlichen Ebenen sollen hier explizit ausgeschlossen werden. obwohl aus einer dynamischen Perspektive der (historische) Erfolg bzw. die Qualitat von Geschaftsbeziehungen Einfltlsse auf das Management von Geschaftsbeziehungen und somit die inhaltlichen Ebenen besitzen kann. Vgl. hierzu auch Ritter/GemQnden (2003), S. 695. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die unter dem BegrifFder ,service-profit-chain' diskutierte Kausalkette von operationalen Inputs zur Kundenwahmehmung, zum Kundenverhalten und schliefilich zum Wert der Geschaftsbeziehung. Vgl. hierzu z. B. Storbacka/Strandvik/GrOnroos (1994), Anderson/Mittal (2000) und Kamakura et al. (2002).
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehimgen
67
In einem ersten Schritt gilt es die Beziehung zwischen der Individualebene und der evaluierenden Ebene zu betrachten. Diesbeztiglich stellt sich somit die Frage, ob die Qualitat der personlichen Beziehung einen eigenstSndigen und direkten Einfluss auf die Qualitat der Ubergeordneten GeschSftsbeziehung besitzt. Ein derartiger Einfluss erscheint zunSchst nahe liegend vor dem Hintergrund, dass die betroffenen Personen als ReprSsentanten ihrer Untemehmen zu sehen sind. „The underlying premise is that organisations are represented in these interactions by their members, especially those in ,boundary roles'. The development of interorganisational relationships is thus assumed to come about through interpersonal con-
Es kaim somit bspw. grundsStzlich davon ausgegangen werden, dass das den jeweiligen ReprSsentanten entgegengebrachte personliche Vertrauen - zumindest in Teilen - zugleich das tibergeordnete Vertrauen in die Geschaftsbeziehung bestinmit.^^^ Femer werden gute personliche Beziehungen auch die Bereitschaft erh5hen, sich verstarkt ftir eine Geschaftsbeziehung einzusetzen und auf eine langfristige, stabile Beziehung hinzuwirken.^^ Modellannahme la: Die Ausgestaltung der individuellen Ebene besitzt einen direkten Einfluss auf die evaluierende Ebene einer Geschaftsbeziehung. Im Hinblick auf die Interaktionsebene ist von einem direkten Einfluss auf die Beziehungsqualitat einer Geschaftsbeziehung auszugehen. Eine reibungslose, abgestimmte Interaktion reduziert zum einen die mit einer Geschaftsbeziehung verbundenen (Transaktions-)kosten, zum anderen kOnnen auch positive Nutzenwirkungen entstehen. Hieraus folgt zunachst, dass die Form der Interaktion einen wichtigen Einfluss auf die Effizienz einer Geschaftsbeziehung besitzt. Eine reibungslose, effiziente Interaktion wird zugleich aber die Entstehung von Vertrauen und Commitment in einer Geschaftsbeziehung fordem. Der Einfluss der Kommunikation auf die Beziehungsqualitat von Geschaftsbeziehungen ist bspw. bereits von einer Reihe empirischer Untersuchungen (iiberwiegend im Rahmen von Absatzkanal-Beziehungen) bestatigt worden. So besitzt eine hochwertige bzw. offene Kommunikation einen positiven Einfluss auf die mit einer Geschaftsbeziehung verbundene Zufi-iedenheit^^^ das Commitment^^* und
Wilson/Mummalaneni (1986), S. 50. Vgl. auch Weitz/Jap (1995), S. 316. Vgl. Doney/Cannon (1997), S. 35. Vgl. exempl. die Untersuchung von Dion/Easterling/Miller (1995), insb. S. 6 f., die einen positiven Einfluss der wahrgenommenen interpersonellen Ahnlichkeit auf die Zufiiedenheit und den Erfolg von Geschaftsbeziehungen belegen. Morgan/Hunt (1994), S. 29 ff. sowie Kalafitis/Miller (1997), S. 128 ermittehi einen positiven Einfluss gemeinsamer Werte auf das Commitment. Vgl. femer die Untersuchungen von Crosby/Evans/Cowles (1990), S. 76; Doney/Cannon (1997), S. 44 ff. Vgl. exempl, Mohr/Fisher/Nevin (1996), S. 111; Gassenheimer/Baucus/Baucus (1996), S. 75. Vgl. Mohr/Fisher/Nevin (1996), S. 111.
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaflliches
Erkenntnisobjekt
das Vertrauen^^^. Femer ist eine negative Wirkung von Konflikten auf die Zufriedenheit^^® und auch das Commitment einer Geschaftsbeziehung belegt worden.^^' Modellannahme lb: Die Ausgestaltung der Interaktionsebene besitzt einen direkten Einfluss auf die evaluierende Ebene einer Geschaftsbeziehung. Die Sachebene steht aufgrund des Fokus auf die Leistimgen und Gegenleistungen im Rahmen einer Geschaftsbeziehung in einer sehr engen Beziehung zu den verfolgten Skonomischen Zielen. Die Zufriedenheit, das Commitment und der Wunsch nach einer langfristigen Existenz der Geschaftsbeziehung werden in aller Kegel nur bei einer vorteilhaften Auspragung der Sachebene einer Geschaftsbeziehung entstehen.^" Femer kann auch ein Vertrauen in eine Geschaftsbeziehung nur aufgebaut werden, wenn die Leistungen den Erwartungen entsprechen. Diese Annahme gih zudem unabhangig davon, ob die Zusammenarbeit gnmdsatzlich als positiv und die personlichen Beziehungen als gut zu bezeichnen sind. Modellannahme Ic: Die Ausgestaltung der sachlichen Ebene besitzt einen direkten Einfluss auf die evaluierende Ebene einer Geschaftsbeziehung. Auch hinsichtUch der Machtebene ergeben sich Anhaltspunkte ftir eine direkte Beeinflussung der Beurteilung einer Geschaftsbeziehung durch die Existenz und den Einsatz von unterschiedlichen Formen von Macht. Dabei kOnnen sich zwangslaufig in Abhangigkeit der Symmetrie der jeweiligen Machtpositionen abweichende Perspektiven der Partneruntemehmen ergeben. Derartige Einfliisse von Macht sind insb. im Rahmen von vertikalen Geschaftsbeziehungen im Absatzkanal bereits haufig untersucht worden.^" Ausgehend von den unterschiedlichen Machtft)rmen und den unterschiedlichen Facetten der evaluierenden Ebene kann jedoch im Gegensatz zu den anderen Ebenen kein pauschaler Zusammenhang formuliert werden. Bspw. belegen BROWN, LUSCH und NICHOLSON, dass direkte, einseitige kontroUierbare Formen der Macht einer Partneruntemehmung zwar das Conmiitment des Partneruntemehmens aufgrund instrumenteller Uberlegungen erh6hen, gleichzeitig jedoch das intrinsische Commitment reduzieren. Beim Einsatz mittelbarer Formen der Macht zeigen sich dagegen reziproke Wirkungseinfltisse.^^'* Auch die hinter imterschiedlichen Machtpositionen stehenden Aspekte der gegen- bzw. beidseitigen Abhangigkeit, der spezifischen Investitionen in eine 269 270
271 272
273 274
Vgl. Anderson/Narus (1984); AndersonAVeitz (1989), S. 320; Morgan/Hunt (1994), S. 30. Vgl. Frazier/Gill/Kale (1989), S. 62 f; Anderson/Narus (1990), S. 53 ff; Skiimer/Gassenheimer/Kelley (1992), S. 185; Mohr/Fisher/Nevin (1996), S. 111. Vgl. z. B. Mohr/Fisher/Nevin (1996), S. 111. Vgl. zum positiven Einfluss der Lieferantenqualitat auf die Zufriedenheit in vertikalen Geschaftsbeziehungen z. B. Leutheuser/Kohli (1995), S. 229. Vgl. Gaski (1984). Vgl. Brown/Lusch/Nicholson (1995). Vgl. auch Gassenheimer/Ramsey (1994), S. 261 f. zum Einfluss auf die Zufriedenheit sowie femer Boyle et al (1992); Frazier/Summers (1986) und Frazier/Gill/Kale (1989).
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
69
Geschaftsbeziehung sowie der Asymmetrie einer Geschaftsbeziehung sind in Verbindung mit den evaluierenden Konstmkten von Zufriedenheit, Commitment sowie Vertrauen gesetzt worden. Die Befunde belegen, dass von einer gegenseitigen Abhangigkeit und Interdependenz in der Regel ein positiver Einfluss auf die evaluierende Ebene ausgeht,^^^ wShrend eine Asymmetrie der Abhangigkeit lediglich das einseitige Commitment erhoht und zu unterschiedlichen evaluierenden Bewertungen fiihren kann.^^^ LFbertragt man diese Uberiegungen auf spezifische Investitionen, so kann hinsichtlich bilateraler spezifischer Investitionen aufgrund der hierin zum Ausdruck kommenden langerfristigen Bindung und Effizienzwirkungen von einem positiven Einfluss auf die evaluierende Ebene ausgegangen werden.^^^ Dagegen kennen jedoch auch einseitige Investitionen die Abhangigkeit vergroBem und somit einen negativen Einfluss besitzen. Modellannahme Id: Die Ausgestaltung der Machtehene besitzt einen direkten Einfluss auf die evaluierende Ebene einer Geschaftsbeziehung. Als Zwischenfazit kann auf Basis der skizzierten Grundzusammenhange an dieser Stelle festgehalten werden, dass die in der evaluierenden Ebene abgebildete Wertschatzung der Zusammenarbeit abhangig von der konkreten Ausgestaltung der inhaltlichen Ebenen ist. Die abgeleiteten, allgemein gefassten Modellannahmen sind in Kasten 1 nochmals zusammenfassend dargestellt. Modellannahme 1: Die evaluierende Ebene einer Geschaftsbeziehung ist unmittelbar abhangig von der Ausgestaltung der inhaltlichen Ebenen, und zwar - von der Individualebene (Modellannahme la), - von der Interaktionsebene (Modellannahme lb), - von der sachlichen Ebene (Modellannahme Ic) sowie - von der Machtebene (Modellannahme Id). Kasten 1: Determinanten der evaluierenden Ebene
275
Vgl. Gassenheimer/Ramsey (1994), S. 261 f.; Kumar/Scheer/Steenkamp (1995), S. 352 ff.; Geyskens et al. (1996), S.312f. ^'^ Vgl. insb. Geyskens et al. (1996), S. 312 f. sowie Andaleeb (1996), S. 82; Ganesan (1994), S. 10. ^^^ Vgl. z. B. Heide/John (1990), S. 26 ff.; Ganesan (1994) S. 9 ff. und Heide/Stump (1995). Vgl. auch Gundlach/Achrol/ Mentzer (1995), S. 83, die spezifische Investitionen als unmittelbaren Ausdruck von geschSftsbeziehungsspezifischem Commitment sehen.
70
Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkeimtnisobjekt
2.5.3.2 Wirkungsbeziehungen der inhaltlichen Ebenen 2.5.3.2.1 Vorbemerkung zur Interdependenz der inhaltlichen Ebenen Bereits im Rahmen der theoretischen Herleitung der Ebenen wurde darauf hingewiesen, dass die inhaltlichen Ebenen sich gegenseitig iiberlagem. Folglich kann bei der Beziehung zwischen den inhaltlichen Ebenen nicht von einseitigen Kausalzusammenhangen ausgegangen werden. Folgende Oberlegungen tragen zur MOglichkeit interdependenter Wirkungsbeziehungen zwischen den inhaltlichen Ebenen bei: •
Existenz ungerichteter Zusammenhdnge zwischen zwei Konstrukten: Die Einschatzung der Kausalitat einer Wirkungsbeziehung ist nicht immer eindeutig mSglich. Vielmehr konnen einige Konstrukte in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass beide Konstrukte sowohl den Rang einer unabhSngigen als auch einer abhangigen Variable einnehmen konnen. Selbst wenn im Einzelfall eine bestimmte Veranderung beim Konstrukt Al der Ebene A eines Aspektes als Ausgangspunkt gesehen werden kann, konnte die Veranderung demnach zu einem anderen Zeitpunkt auch vom korrespondierenden Konstrukt Bl der Ebene B ausgehen.
•
Existenz von Ruckkoppelungen: Auch aus einer dynamischen Perspektive kann eine Wechselbeziehung zwischen den Ebenen nicht ausgeschlossen werden, da aufgrund des langfristigen Charakters von Geschaftsbeziehungen mittelfristig bzw. langfristig Rtickkoppelungen erfolgen konnen, die somit ihrerseits eine interdependente Wirkungsbeziehung begriinden.
•
Unterschiedliche Zusammenhdnge zwischen mehreren Konstrukten: Die betrachteten Ebenen umfassen als ubergeordnete Systematisierungshilfen zusanunenfassend zahlreiche Facetten von Geschaftsbeziehungen. Bereits hieraus folgt, dass selbst im Fall eindeutiger ebeneniibergreifender Wirkungsbeziehungen eine Interdependenz der Ebenen vorliegen kann. Wahrend ein spezielles Konstrukt Al der Ebene A bspw. einen eindeutigen, kausalen Einfluss auf ein Konstrukt Bl der Ebene B besitzen kann, kann ein anderes Konstrukt B2 der Ebene B umgekehrt eine kausale Wirkungsbeziehung auf das Konstrukt Al oder ein anderes Konstrukt A2 der Ebene A aufweisen.
Die Tab. 2-4 zeigt neben einer zusammenfassenden Kurzbeschreibung der inhaltlichen Ebenen grundsatzliche Wirkungsbeziehungen zwischen den inhaltlichen Ebenen einer Geschaftsbeziehung. Dabei sind die Ebenen in der horizontalen Anordnung als abhangige Ebenen und in der Vertikalen als unabhSngige Ebenen zu verstehen. Eine interdependente Beziehung zwischen den Ebenen wird dadurch deutlich, dass eine bestimmte Ebenenbeziehung sowohl
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Geschaftsbeziehungen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
oberhalb als auch imterhalb der Diagonale Zusammenhange aufweist. Die Felder der Diagonale geben femer m5gliche Einfliisse iimerhalb einer inhaltlichen Ebene an, wobei durch den bilateralen Charakter einer Geschaflsbeziehung insb. auch Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Ansatzen bzw. Perspektiven der Partnerimtemehmen zu beachten sind. Trotz der nicht auszuschlieBenden Moglichkeit interdependenter Wirkimgsbeziehungen soil im Folgenden dennoch der Versuch einer sinnvollen Ordnimg der Ebenen anhand der dominierenden Wirkungsbeziehimgen untemommen werden.^^* Die hierbei imterstellten Einflussbeziehimgen sind in Abb. 2-8 zusammenfassend dargestellt. Gmndlage dieser Ordnung bilden ausgewahlte, besonders prSgnante Zusammenhange zwischen ausgewShlten Konstrukten der verschiedenen inhaltlichen Ebenen. Die Herleitung eines derartigen wirkungsbezogenen Modells impliziert vor dem Hintergnmd der gmndsatzlichen Interdependenz der Ebenen jedoch zugleich, dass das entwickelte Modell lediglich als eines von mehreren moglichen Modellen zur Analyse von Geschaftsbeziehungen zu sehen ist.
Abb. 2-8: Modell der Einflussbeziehungen innerhalb der inhaltlichen Ebenen
Vgl. hierzu auch die Stellungnahme von Crosby/Evans/Cowles (1990), S. 70: „Though many of the causal links depicted in the model are likely to be reciprocal over time, the literature to date is unclear about the sequential properties of relationship development... Hence, we deemed it appropriate to model the dominant flow of influence on and through relationship quality rather than the actual process."
Entwicklimg eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehimgen
73
2.5.3.2.2 Determinanten der Machtebene Im Rahmen der isolierten Vorstellung der Machtebene wurde darauf hingewiesen, dass die spezifische Machtkonstellation einer GeschSftsbeziehung wesentlich durch die bestehenden AbhSngigkeiten der Partnenmtemehmen definiert wird. Geht man davon aus, dass die Umwelt durch einen funktionierenden Wettbewerb sowie eine ausreichende Anzahl von altemativen Partnenmtemehmen gekennzeichnet ist, so wird die Abhangigkeit von einer Geschaftsbeziehung hSufig erst im Entwicklungsverlauf einer Geschaftsbeziehimg eintreten bzw. ansteigen. Spezifische Investitionen, die aufgrund der mit einer Beendigimg einer Geschaftsbeziehung verbundenen Wertverluste die Abhangigkeit tendenziell erhShen, werden - mit Ausnahme der Anbahnungskosten - nur unter Beriicksichtigung der speziellen Qualitat und dem Entwicklungsstand einer Geschaftsbeziehung getatigt. Femer wird auch eine Ausweitung der Zusammenarbeit bzw. des Transaktionsvolumens eher graduell in Abhangigkeit der Leistungsfahigkeit und des Verlaufs vergangener Austauschprozesse erfolgen. Letztlich konnen sich hierdurch wiederum die bestehenden Abhangigkeiten vergroBem. Diese tjberlegungen zeigen, dass Abhangigkeiten nicht nur verhaltenssteuemd sind, sondem haufig erst aus der spezifischen Entwicklung der Geschaftsbeziehung heraus resultieren. Aus diesem Grund soil die Machtebene im imserem Modell als nachgelagerte Ebene eingeordnet werden, die durch die anderen inhaltlichen Ebenen determiniert wird. Innerhalb der verbleibenden drei inhaltlichen Ebenen wird ankntipfend an diese (jberlegimgen unmittelbar ersichtlich, dass (vor allem) die sachliche Ebene als direkte Determinante der Machtebene zu sehen ist. Das Verhaltnis von Leistung und Gegenleistung sowie die Wichtigkeit der angestrebten Leistung besitzen einen wichtigen Einfluss auf die jeweilige Abhangigkeit und resultierende Machtkonstellation der Partneruntemehmen, da sie tiber die Ausweitung der Zusairmienarbeit sowie die Bereitschaft zu spezifischen Investitionen bestimmen.^^^ Modellannahme 2a: Die Ausgestaltung der sachlichen Ebene besitzt einen direkten Einfluss auf die Machtebene einer Geschaftsbeziehung. Auch ein Einfluss der Interaktionsebene auf die Machtebene ist ankntipfend an diese Uberlegungen grundsatzlich plausibel. Wahrend die Sachebene im Wesentlichen durch den Leistungsfokus iiber die Effektivitat einer Geschaftsbeziehung Aufschluss gibt, bestimmt die Interaktionsebene maBgeblich tiber die Effizienz der gemeinsamen Zusammenarbeit. Die Akzeptanz einer hoheren Abhangigkeit durch die Ausweitung der Zusammenarbeit sowie zusatzliche (spezifische) Anstrengungen in den Beziehimgsauft)au bzw. -ausbau erscheinen somit nur sinnvoll, wenn die Interaktion im Rahmen der Geschaftsbeziehung als positiv emp-
27Q
Vgl. z. B. Metcalf/Frear/Krishnan (1992), S. 38 ff. sowie Campbell (1985).
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Geschaflsbeziehimgen als betriebswirtschaftliches Erkeimtnisobjekt
fimden wird.^^° Im Gegensatz dazu, wird bei einer negativen Interaktion ein starkeres Bestreben vorliegen, die bestehenden AbhSngigkeiten zu reduzieren. Ein weiterer Zusammenhang zwischen der Interaktionsebene und der Machtebene ist femer dadurch moglich, dass auf das Auftreten von Konflikten mit dem Einsatz bzw. Aufbau entsprechender Machtpotentiale reagiert wird.^*' Modellannahme 2b: Die Ausgestaltung der Interaktionsebene besitzt einen direkten Einfluss auf die Machtebene einer Geschdftsbeziehung. Dagegen ist hinsichtlich der Individualebene ausgehend von einer okonomischen Perspektive nicht von einem direkten Einfluss auf die Machtebene auszugehen. Obwohl Macht vor allem im Rahmen soziologischer Studien als Aspekt personlicher Beziehungen identifiziert und untersucht worden ist, erscheint ein personlicher Einfluss auf die untemehmensspezifische Machtkonstellation ausgeschlossen. Die resultierenden Modellannahmen beziiglich der Machtebene sind im Kasten 2 dargestellt. Modellannahme 2: Die Machtebene einer Geschaftsbeziehung ist abhangig von der Ausgestaltung von vorgelagerten inhaltlichen Ebenen, und zwar - von der Sachebene (Modellannahme 2a) und - von der Interaktionsebene (Modellannahme 2b). Kasten 2: Determinanten der Machtebene
2.5.3.2.3 Determinanten der Sachebene Im Zentrum der Sachebene einer Geschaftsbeziehung steht die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungstausches. Die Interaktionsebene ist unmittelbar als Determinante der Sachebene zu erkennen, da neben einem materiellen Gtiteraustausch auch die Weitergabe von Informationen, Ideen und Know-how eine groBe Bedeutung besitzt.^*^ Transaktionsobjekte sind im Rahmen von Produktionsnetzwerken nur teilweise standardisiert und auf den Massenmarkt ausgerichtet. Beispielsweise gibt es bei Hersteller/Lieferanten-Beziehungen haufig kundenspezifische Anforderungen zu beriicksichtigen. Der Leistungsanbieter ist in diesem Fall auf Informationen der Anwenderseite angewiesen, um die sachliche Leistung den speziellen Bediirfhissen des Kunden anzupassen. Ergebnisse der Innovationsforschung belegen, dass (ausgewahlten) Industriegiiterkunden eine wichtige Stellung sowohl hinsichtlich der AnreVgl. z. B. den Befiind von MetcalfTrear/Krishnan (1992), S. 38 ff. zum positiven Einfluss des Informationsaustauschs auf die spezifischen AnpassungsmaBnahmen und Investitionen. Vgl. im chinesischen Kontext LeungAVong/Tam (1995). Vgl. z. B. Frazier/Gill/Kale (1989), 55fif.Zum aus einer dynamischen Perspektive interdependenten Verhaltnis von Macht und Konflikt im Rahmen von GeschSftsbeziehungen vgl. den Disput zwischen Etgar (1978) und Lusch (1978).
Entwicklung eines Modells zur Analyse von Geschaftsbeziehungen
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gung als auch Entwicklung von Innovationen zufallen kann.^*^ Bspw. werden Zulieferer friihzeitig mit ihrem spezifischen Produktentwicklimgs-Know-how in die Endproduktentwicklimg eingebimden, um technische Probleme gemeinsam erkennen und losen zu konnen.^^ Sogenannte Pilot-Kunden konnen einem Hersteller neben konkretem Anwendungswissen auch neuartige Bedtirfhisse ubermitteln und sogar weitgehende Problemlosungen anbieten.^*^ Im umgekehrten Fall kann jedoch auch ein erheblicher Informationsbedarf beim Kunden auftreten, wenn der Abnehmer bei komplexeren Giitem - bspw. bei Maschinen fur die eigenen Produktionsprozesse - auf eine unterstUtzende Informationsversorgung angewiesen ist.^*^ Uber diese komplementare Funktion hinaus kann der Wissenstransfer teilweise sogar als explizites Ziel des Aufbaus enger Geschaftsbeziehungen verfolgt werden.^*^ Der aufgezeigte Informations- und Abstimmungsbedarf verdeutlicht, dass die Qualitat der Zusammenarbeit auf der Interaktionsebene einen wichtigen Einfluss auf die Sachebene ausiibt. Wahrend eine offene, hochwertige Kommunikation die Sachebene positiv beeinflussen wird, wild von einer problembehafteten Zusammenarbeit eine negative Wirkung ausgehen. Modellannahme 3b: Die Ausgestaltung der Interaktionsebene besitzt einen direkten Einfluss auf die Sachebene einer Geschaftsbeziehung. Auch beziiglich der individuellen Ebene ergeben sich bei naherer Betrachtung Hinweise fur einen direkten Einfluss auf die Sachebene. Eine voUkonmiene Unabhangigkeit von den individuellen Tragem der Geschaftsbeziehung ist lediglich bei vollig standardisierten Produkten von geringer Komplexitat denkbar. Beim oben aufgezeigten Anpassungsbedarf von Leistungen und Gegenleistungen wird jedoch die Qualitat der personlichen Beziehungen zu beriicksichtigen sein. So konnen bei guten personlichen Beziehungen ein besseres Verstandnis der Ziele und Anforderungen des Partners sowie bspw. eine groBere Bereitschaft zu einer gemeinschaftlichen Losung sowie Zugestandnissen vorausgesetzt werden.^** Modellannahme 3a: Die Ausgestaltung der Individualebene besitzt einen direkten Einfluss auf die Sachebene einer Geschaftsbeziehung.
282 283 284
Vgl. auch Diller/Kusterer (1988), S. 214. Vgl. z. B. den sog. Lead-User Ansatz bei Urban/von Hippel (1988). Vgl. Backhaus (1997), S. 738 ff. Vgl. Brockhoff (1997). Diese kann entweder vorangestellt, zeitgleich oder auch nachgestellt zu einer materiellen Transaktion erfolgen. Eine derartige Einordnung wird bei langfristigen Geschaftsbeziehungen jedoch zuweilen schwierig sein, da eine Informationsweitergabe oft nicht eindeutig einem einzelnen Transaktionsprozess zugerechnet werden kann. Vgl. hierzu u. a. Hamel (1991); Parkhe (1991); GemUnden/Heydebreck (1994); GemUnden/Walter (1996) sowie Inkpen (1998). Vgl. femer ftlr den Wissenstransfer im Rahmen chinesischer Joint Ventures Si/Bruton (1999). Vgl. hierzu auch Cunningham/Tumbull (1982), S. 314: „personal contacts facilitate other elements of interaction, such as the adaptations by suppliers and customers to the design or application of the product".
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Geschaftsbeziehimgen als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
Die Modellaimahmen zu den Determinanten der Sachebene sind in Kasten 3 zusammenfassend dargestellt. Modellannahme 3: Die Sachebene einer Geschaftsbeziehung ist abhangig von der Ausgestaltung von vorgelagerten inhaltlichen Ebenen, und zwar - von der Individualebene (Modellannahme 3 a) und - von der Interaktionsebene (Modellannahme 3 b). Kasten 3: Determinanten der Sachebene 2.5.3.2.4 Determinanten der Interaktionsebene Der Zusammenhang zwischen der Individuumsebene und der Interaktionsebene ist bereits dadurch zwingend, dass Interaktion ex definitione subjektgebunden ist. WShrend aus einer langfristigen Perspektive von einer Interdependenz der beiden Ebenen auszugehen ist, wird eine konkrete Interaktionssituation u. a. mafigeblich von den personlichen Beziehungen auf der Individuumsebene gepragt. So ist bspw. mit einem zunehmenden freundschaftlichen Verhaltnis davon auszugehen, dass der Informationsaustausch offener wird und auch vertrauliche Informationen ausgetauscht werden.^^^ Eine bessere Kenntnis des Interaktionspartners wird auch die Interpretation der gesendeten Botschaften erleichtem. Gute personliche Beziehungen werden femer die HSufigkeit und Intensitat manifester Konflikte reduzieren, da davon auszugehen ist, dass die Bereitschaft zu einer gemeinschaftlichen Problemlosung ansteigt. Modellannahme 4a: Die Ausgestaltung der Individualebene besitzt einen direkten Einfluss auf die Interaktionsebene einer Geschaftsbeziehung. Diese letzte Modellannahme entspricht der in Kasten 4 dargestellten Annahme tiber die Determinanten der Interaktionsebene. Modellannahme 4: Die Interaktionsebene einer Geschaftsbeziehung ist abhangig von der Ausgestaltung der Individualebene. Kasten 4: Determinanten der Interaktionsebene
Vgl. hierzu Cunningham/Tumbull (1982), S. 307: "Mutual trust, respect and personal friendships between participants allows confidential information to be exchanged, which provides market and technological feedback to the customer and supplier alike".
3 Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehung Die stark gestiegene Verflechtung der Weltwirtschaft hat dazu gefiihrt, dass kulturilbergreifende Geschaflsbeziehungen erheblich an Bedeutimg gewoimen haben. Unterschiede der landesspezifischen Kultur der Partneruntemehmen werfen die Frage auf, inwieweit die umfangreichen Erkenntnisse tiber Rationale Geschaftsbeziehungen auf intemationale, kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen als dem speziellen Erkenntnisobjekt dieser Arbeit tlbertragen werden kOnnen. Im Folgenden sollen die im vorangegangenen Kapitel gelegten Grundlagen vor emem kulturiibergreifenden Hintergrund aufgegriffen und diskutiert werden. Hierzu erfolgt in einem ersten Schritt eine nShere Betrachtung der Kultur als dem hier relevanten, situativen Einflussfaktor. Im Anschluss an eine begriffliche Abgrenzung kulturubergreifender Geschaftsbeziehung wird der bisherige Stand der Forschung gekennzeichnet. SchlieBlich werden potenzielle Kultureinfltisse auf die Ebenen des konzeptionellen Bezugsrahmens aufgezeigt. 3.1
Kulturtheoretische Grundlagen
3.1.1 Kultur - Begriffliche Abgrenzung, Facetten und Typen Die Untersuchung des Einflusses von unterschiedlichen Kulturen auf Geschaftsbeziehimgen impliziert filr den Wirtschaftswissenschaftler eine doppelte Grenziiberschreitung: Neben der nationalen bzw. kulturellen Grenze gilt es auch eine disziplinare Grenze zu iiberwinden. Im Gegensatz zu anderen sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen, in denen Kultur haufig den Rang eines zentralen Erkenntnisobjekts besitzt,^ nimmt Kultur im Rahmen der Betriebswirtschaft lediglich den Rang eines zumeist vemachlassigten situativen Einflussfaktors ein. Als ein nahe liegender Grund fur die haufig fehlende bzw. oberflachliche Beriicksichtigung kultureller Einfltisse im betriebswirtschaftlichen Schrifttum kOnnen sowohl Schwierigkeiten beztig-
Als zentraier Wesensbestandteil des Menschen und seines Verhaltens hat die Kultur Eingang in nahezu alle sozialwissenschaftlichen Wissenschaftsdisziplinen gefunden. Dabei stellt die Anthropologie als Wissenschaft vom Menschen und seiner Entwicklungsgeschichte in der Gegenwart die logische Heimat des Kulturbegriffes. Im Mittelpunkt der Teildisziplin der Kulturanthropologie bzw. Ethnologie steht die Beschreibung kultureller Phdnomene hinsichtlich ihrer Strukturen und Prozesse sowie der komparativen Identifizierung von kulturellen Besonderheiten bzw. Universalismen. Vgl. hierzu bspw. Harris (1989), S. 15fif.Auch die Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handehi in seiner Beziehung und Abhangigkeit zu anderen Menschen berUcksichtigt Kultur als eine wichtige Determinante auf die soziale Organisation einer Gruppe. Die Teildisziplin der Kultursoziologie widmet sich nach Lipp (1989), S. 373 explizit der .Jrage nach der gesellschaftlichen Bedingtheit von Kultur ergSnzt um die Frage nach der grundlegenden kulturellen Verfasstheit des Sozialen."
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschftftsbeziehung
lich der Operationalisiening der Kultur und als auch der Erfassung seiner Wirkungen gesehen werden.^ „Die Kultur hat als erklSrende Variable unter anderem deshalb einen so schweren Stand, weil ihre Erfassung groBe Probleme bereitet. Die Ergebnisse und Auswirkungen kultureller Unterschiede sind nicht von der Hand zu weisen. Aber die Beschreibung, Kategorisierung und Analyse dessen, was Kultur ausmacht, ist nicht einfach. Am schwersten f^lt es zu ergrUnden, durch welchen Prozess die Kultur das menschliche Verhalten beeinflusst. Viel einfacher und operationeller ist es, vorzugeben, kulturelle Unterschiede verwischten sich ..."^ Die erste Hiirde bei der Auseinandersetzung mit dem vergleichsweise ungewohnten sozialwissenschaftlichem Konstrukt der Kultur stellt bereits die erstaunliche Begriffsvielfalt dar/ Letztere ist sowohl auf die Behandlung seitens verschiedener Wissenschaftsdisziplinen als auch auf die im historischen Zeitablauf feststellbaren Sinnveranderungen zuriickzufiihren.^ Der etymologische Ursprung des Kulturbegriffs liegt im lateinischen Wort „cultura", welches die Pflege und das Bestellen des Bodens bezeichnet. Bereits zu Zeiten der romischen Herrschaft setzte jedoch eine tjbertragung des Kulturbegriffs auch auf die Pflege des Geistes ein. Im ausklingenden Zeitalter der AufklSrung des 18. Jahrhunderts diente der Begriff als Differenzierungsmerkmal der ,zivilisierten' Menschheit gegenUber der Barbarei. Dieses Verstandnis im Sinne einer erreichten hSheren Entwicklungsstufe trat im Rahmen der Etablierung und Differenzierung der Sozialwissenschaften in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts allmahlich in den Hintergrund.^ Als allgemeines Attribut jedweder Gesellschaft wird Kultur erst seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gesehen, als die verknupften Annahmen von der biologischen Pradetermination, von universell giiltigen Standards sowie der Parallelitat der Richtung der kulturellen Entwicklung aufgegeben wurden. In einer umfassenden Bestandsaufnahme zeichnen KROBER und KLUCKHOHN die Entwicklung des Kulturbegriffes bis zur Mitte des 20.
Zu den methodologischen Problemen der interkulturellen Managementforschimg vgl. z. B. Keller (1982), S. 281 fif.; Adler (1983a), S. 35 ff.; Ronen (1986), S. 47 ff.; Kumar (1988), S. 391 ff. Usunier/Walliser 1993, S. V. Bereits zur Mitte des 20. Jahrhunderts haben in einer vielbeachteten Literaturanalyse 164 verschiedene Begriffsauffassungen ausgewertet und kategorisiert. Vgl. hierzu Kroeber/Kluckhohn (1952), S. 77 ff. sowie S. 291 f. Vor dem Hintergrund der sich intensivierenden Auseinandersetzung mit kulturellen Problemstellungen vermag es kaum zu ilberraschen, dass Herbig (1998, S. 11) knapp ein halbes Jahrhundert spater bereits von 450 existenten Defmitionen spricht. Ftlr eine ausfUhrliche Darstellung der Veranderungen des Kulturbegriffs im Zeitablauf vgl. KUsters (1998), S. 84 ff. In diesen Zeitraum f^U die erste prfizise sozialwissenschaftliche Kulturdefmition von dem Anthropologen Tyler im Jahre 1871: „Culture, or civilization, ... is that complex whole which includes knowledge, belief, art, law, morals, custom, and any other capabilities and habits acquired by man as a member of society." Tylor (1871), S. 1, zitiert nach Kroeber/Kluckhoehn (1952), S. 81. Kultur wird in dieser Defmition somit als komplexe Verbindung diverser Einzelbestandteile und als eine kollektive Errungenschaft gekennzeichnet. Obwohl Tyler noch drei Entwdcklungsstufen von Wildheit aber Barbarei zur Zivilisation unterstellt, wird Kultur hier (erstmalig) zum Besitz aller Menschen. Vgl. Mauritz (1996), S. 10.
Kulturtheoretische Gnmdlagen
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Jahrhimderts nach und fassen das begriffliche Spektrum schlieBlich in einer eklektischen Kompromissformel zusammen: „Culture consists of patterns, explicit and implicit, of and for behavior acquired and transmitted by symbols, constituting the distinctive achievement of human groups, including their embodiments in artifacts; the essential core of culture consists of traditional (i.e. historically derived and selected) ideas and especially their attached values; culture systems may, on the one hand, be considered as products of action, on the other as conditioning elements of further action."^ Kultur umfasst in diesem weiten Begriffsverstandnis sowohl explizit hervortretende Verhaltensmuster und Artefakte einer Gruppe als auch die ihrem Verhalten zu Grunde liegenden impliziten Ursachen. Diese weite begriffliche Abgrenzung vereinigt folglich zwei unterschiedliche Perspektiven, die im Schrifttum u. a. als explikatives vs. deskriptives Kulturkonzept bezeichnet werden.* Sieht man als Kern der Kultur lediglich die verhaltenssteuemden Muster,^ so kann Kultur mit dem hollandischen Soziologen HOFSTEDE vereinfacht auch beschrieben werden als "die kollektive Progranmiierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet."'° Die Trager dieser mentalen Programme stehen entweder als Gruppe in einem unmittelbaren Kontakt zueinander oder sind als Kategorie lediglich durch eine iiber die Kultur hinausgehende Gemeinsamkeit verbunden.^^ Kultur besteht in diesem Begriffsverstandnis somit aus gemeinsamen Denk-, Fiihl- und Handlungsmustem, die Menschen im Laufe ihrer Entwicklimg erlemt bzw. angenommen haben. Obwohl diese Muster nicht zwingend ein bestinmites Verhalten bedingen, lassen sie dennoch gewisse Reaktionen wahrscheinlich erscheinen.^^ Hinsichtlich der Manifestation dieser kulturellen Muster wird ublicherweise von diversen Schichten ausgegangen. Das Modell von SCHEIN geht bspw. von drei hierarchisch aufeinander
Kroeber/Kluckhohn (1952), S. 357. Vgl. hierzu auch die angelehnte Definition von Keller (1982), S. 118: „Unter Kultur versteht man samtliche kollektiv geteilten, impliziten oder expliziten Verhaltensnormen, Verhaltensmuster, VerhaltensSuBenmgen und Verhaltensresultate, die von den Mitgliedem einer sozialen Gruppe erlemt und mittels Symbolen von Generation von Generation weitergegeben werden." Vgl. hierzu Keller (1982), S. 121 ff. Vgl. femer die auf Osgood (1951), S. 210 ff. zuriickgehende begriffliche Unterscheidung von Conceptas vs. Perceptas. Vgl. hierzu auch die GegenUberstellung ideationaler vs. materialistischer Ansatze bei Mauritz (1996), S. 12 ff. Grundsatzlich hat eine ideational Sichtweise, die das Stoffliche (die expliziten Verhahensmuster) als eine Folge der geistigen Wirklichkeit gegentlber den diametralen materialistischen Ansatzen eine breitere Akzeptanz gefimden. Hofstede (1993), S. 19. Im weiteren Verlauf dieser Untersuchung wird auf eine Unterscheidung von Gruppen und Kategorien verzichtet. Vgl. Hofstede (1993), S. 18.
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Das spezielle Erkeimtnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
aufbauenden Stufen aus.'^ Auf der untersten Stufe stehen unsichtbare und nicht mehr hinterfragte Gmndaimahmen iiber den Menschen und seine Natur.'"* Diese werden auf einer mittleren Stufe durch unsichtbare, gleichwohl bewuBtere Werte als Leitlinien des gemeinsamen Zusammenlebens konkretisiert. Werte kSnnen grundsatzlich sowohl von einzelnen Individuen als auch von Gruppen vertreten werden. Aufgrund ihres unsichtbaren Charakters verschliefien sich Werte einer empirischen Beobachtung, so dass zur Ermittlung auf individuelle Aussagen zuriickgegriffen werden muss.^^ Die in einer Gruppe von Menschen existierenden Normalformen von Werten werden auch als Normen bezeichnet.'^
Auf der obersten Schicht werden schlieBlich beobachtbare Artefakte eingeordnet, die als Ausdruck der darunter liegenden Grundannahmen und Werte zu sehen sind, obgleich eine direkte Riickfilhnmg hSufig kaum mSglich ist. HOFSTEDE unterscheidet beztiglich dieser sichtbaren Manifestationen kultureller Werte Symbole, Helden und Rituale. Als Symbole dienen Worte, Gesten, Bilder oder Objekte mit einer bestimmten Bedeutung, die nur von denjenigen als solche erkannt werden, die der gleichen Kultur angehOren. Helden - in Form toter oder lebender sowie echter oder fiktiver Personen - besitzen die Eigenschaften, welche in einer Kultur hoch angesehen sind und dienen somit als Verhaltensvorbilder. Rituale schlieBlich stellen koUektive TStigkeiten dar, die fur eine Zielerreichung eigentlich uberfltissig, innerhalb einer Kultur aber als sozial notwendig gelten.^^
Da Kultur ein gruppenspezifisches Phanomen ist, lassen sich je nach Abgrenzung der Gruppe quasi unbegrenzt verschiedene Kulturtypen unterscheiden. Bei der im Zentrum dieser Arbeit stehenden Landeskultur wird aus ZweckmaBigkeitsgriinden zumeist auf die Staatsangehorigkeit als Abgrenzungskriterium zuriickgegriffen.'* Da Nationen jedoch politische Konstrukte darstellen, die nicht zwangslaufig mit einer einheitlichen Kultur verbunden sind, bedingt diese
Vgl. Schein (1984), S. 3 f. Obwohl der Beitrag von Schein auf die Untemehmenskultur ausgerichtet ist, liegt diesem Schichtenmodell ein allgemeiner Anspruch zugrunde. Vgl. auch Hofstede (1993), S. 22. Diese Annahmen orientieren sich nach Grundthemen menschlicher Existenzbewaltigung wie Annahmen tiber die Umwelt, Uber die Wahrheit, die Natur des Menschen sowie aber zwischenmenschliche Beziehungen. Vgl. Schein (1985), S. 86. Die hier zugrundegelegte Systematik geht auf Kluckhohn/Strodtbeck (1961) zurQck. Instrumente zur Erhebung individueller Wertestrukturen basieren in der Regel auf umfangreichen Fragenkatalogen, die Uber muhivariate Verfahren zu Ubergeordneten Dimensionen tiberfilhrt werden kOnnen. Vgl. hierzu bspw. die sog. Rokeach Value Survey (vgl. Rokeach (1973)), die Chinese Value Survey (vgl. Chinese Culture Connection (1987)) sowie auch den Fragenkatalog der Untersuchung von Hofstede (1982), auf die an spftterer Stelle ausfilhrlich eingegangen wird. Vgl. Hofstede (1993), S. 24. Auf einer individuellen Ebene gih es zudem Werte von Einstellungen zu unterscheiden. Die selteneren Werte sind im Gegensatz zu Einstellungen eher situationsunabhSngig, besitzen eine grfifiere Dauerhaftigkeit und gelten im Gegensatz zu Einstellungen als Verhaltens- und Bewertungsstandard filr sich selbst und andere. Vgl. Rokeach (1968), S. 160; Scholz/Hofbauer (1990), S. 19 sowie Hofstede (1998a). Vgl. Hofstede (1993), S. 22 f Vgl. Lenartowicz/Roth (1999), S. 784.
Kulturtheoretische Gnmdlagen
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Vorgehensweise stets auch die Gefahr unzulassiger Generalisienmgen.'^ Neben der Landeskultur fUllt im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Auseinandersetzung mit kulturellen Aspekten der Organisations- bzw. Untemehmenskultur eine grofie Bedeutung zu, deren TrSger sich durch eine gemeinsame UntemehmenszugehSrigkeit auszeichnen.^° Uber anderweitige Gruppenabgrenzungen sind jedoch vielfaltigste Kulturtypen denkbar. Wahlt man bspw. einen engeren Ausschnitt der nationalen bzw. organisatorisch definierten Gruppen, so lassen sich auch regionale oder organisatorische (Sub-)kulturen unterscheiden.^' Andererseits sind unter Wegfall der Gruppenabgrenzung Nation bzw. Untemehmen auch transnationale bzw. organisationstibergreifende Kulturen von Berufsgruppen oder Kulturen spezieller Untemehmensnetzwerke oder allgemeiner Industriezweige denkbar.^^ Im Hinblick auf die Untersuchung von GeschSftsbeziehungen ist auch eine Unterscheidung einer speziellen, synergetischen Kultur einer Geschaftsbeziehung mSglich. Eine derartige Kultur kann als eine sich im Beziehungsverlauf herausbildende Verbindung zwischen kompatiblen Elementen der verschiedenen Landes- und Untemehmenskulturen gesehen werden und wird u. a. als ,third culture' bezeichnet.^^ Ahnlich ftihrt MAURITZ im deutschen Schrifttum den Begriff der ,Interkultur' ein, „die Personen oder soziale Organisationseinheiten iiber (nationale) Kulturgrenzen [Hervorhebung im Original] hinweg miteinander verbindet."^"*
Da Menschen stets Mitglieder verschiedenster Gruppen bzw. Kategorien sind, sind sie zugleich auch Trager verschiedener Kulturen. Dies fiihrt zur Frage, in welchem Verhaltnis die verschiedenen Kulturtypen zueinander stehen. Beziiglich der hier relevanten Landeskultur und der Untemehmenskultur wird bspw. von einem einseitigen Einfluss der tibergeordneten Landeskultur auf die untergeordneten Untemehmenskulturen der in dem jeweiligen Land ansassigen Untemehmen ausgegangen. Die Landeskultur prSgt demnach Uber eine Einschrankung der mentalen Programme der Menschen in Teilen auch das spezifische Wertgefuge der Unter-
Dass Landesgrenzen nicht zwangsl^lufig deckungsgleich mit nationalen Grenzen sind, iMsst sich z. B. an der Region Stldtirol verdeutlichen, die derfisterreichischenKultur nSher steht als der (siid-)italienischen Kultur. Vgl. zur problematischen Verhaltnis von Nationalitat und Kultur z. B. UsunierAValliser (1993), S. 29. Vgl. u. a. Heinen (1985); Scholz (1988); Hofstede et al. (1990); Hofstede/Bond/Luk (1993); SchreyOgg (1993); Hofstede (1998b). Unter Einbezug der Wechselbeziehung von Kultur und Verhalten definiert SCHOLZ eine Organisationskultur als das "implizite Bewusstsein einer Organisation, das sich zum einen aus dem Verhalten der Organisationsmitglieder ergibt und das selbst als kollektive Programmierung die Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder beeinflusst." Vgl. Scholz (1988), S. 244. Zu organisatorischen Subkulturen vgl. bspw. Hofstede (1998b). Vgl. zu berufsgruppenspezifischen Kulturen bspw. Raelin (1986). Useem/Useem/Donoghue (1963), S. 170 definieren 'Third Culture' allgemein als „...behavior patterns created, shared, and learned by men of different societies who are in the process of relating their societies, or sections thereof, to each other." Vgl. auch Graen/Hui (1996) sowie Casmir (1999). Mauritz (1996), S. 97.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
nehmenskulturen der verschiedenen Untemehmen eines Landes." Von der StSrke dieser EinschrSnkung hSngt es u. a. auch ab, inwieweit Untemehmen einer Nation eine einheitliche oder zumindest eine ahnliche Untemehmenskultur besitzen. Empirische Untersuchungen legen diesbeztlglich nahe, dass Untemehmenskulturen die Ubergeordneten landeskulturellen Werte in einem starken MaBe reflektieren.^^ Bei auslSndischen Tochtergesellschaften ist jedoch auch eine eventuelle Beeinflussung durch die Untemehmens- und Landeskultur des tibergeordneten Mutterkonzems zu beachten.^^ 3.1.2
Die Landeskultur als multidimensionales Konstrukt
Die Literatur liefert verschiedene Konzepte zur systematischen Beschreibimg verschiedener Landeskulturen, indem die jeweiligen Wertestrukturen auf eine bestimmte Anzahl von kulturellen Dimensionen zurtlckgeftlhrt werden.^* Als bekanntester Ansatz gelten die von HOFSTEDE im Rahmen einer groB angelegten empirischen Untersuchung identifizierten Kulturdimensionen: Indmdualismus, Machtdistanz, Maskulinitdt sowie Unsicherheitsvermeidung?^ Erganzt werden diese vier Dimensionen durch die Langfristorientierung einer Gesellschaft. Diese fOnfte Dimension wurde durch eine als CHINESE CULTURE CONNECTION
Vgl. z. B. Scholz/Hofbauer (1990), S. 18 und S. 100 ff. Vgl. auch Griffith/Harvey (2001), S. 90: „The influence of national culture on the operation of an organization or the coordination of its network relations is inescapable. Employees bring the assumptions of their culture to work and thereby modify the consistency of their organizational culture." Vgl. zu den Interdependenzen zwischen Landeskultur, Untemehmenskultur und PersOnlichkeit auch Kale/Barnes (1992), S. Ill f. Vgl. insb. Hofstede et al. (1990). Vgl. auch die Diskussion bei Mauritz (1996), S. 193 f. Newman/NoUen (1996) weisen jedoch nach, dass der fmanzielle Erfolg von auslandischen Vertriebsorganisationen eines multinationalen Untemehmens positiv von der Kongmenz der Managementpraktiken mit der Landeskultur abhfingen. Vgl. z. B. den LiteraturUberblick bei Triandis (1982), S. 141 ff, der bis zu 30 Dimensionen identifiziert, in denen sich Landeskulturen unterscheiden kOnnen. Vgl. neben dem im Folgenden nflher vorgestellten Ansatz von Hofstede insbesondere die folgenden Abhandlungen und Unterscheidungen: Kluckhohn/Strodbeck (1961): Mensch-NaturOrientierung, Mensch-Selbst-Orientierung, Beziehungs-Orientierung, Zeit-Orientierung sowie Selbst-AktivitatEinstellung; Hall (1976): ,High Context' und ,Low Context'-Kulturen; Hall/Hall (1990): Monochronismus vs. Polychronismus; Trompenaars (1993): Universalismus vs. Partikularismus, Individualismus vs. Kommunitarismus, Neutralitat vs. Emotionalitat, Spezifisch vs. Difflis sowie Leistung vs. Zuschreibung; Schwartz (1999): Konservatismus vs. intellektueller bzw. affektiver Autonomic, Hierarchic vs. Egalitarianismus, Unterwerfung vs. Harmonic. Die Publikation ..Culture's Consequences" aus dem Jahre 1980 wird im allgemeinen als Meilenstein der Erforschung der Landeskultur gesehen. Ftlr eine kompakte Zusammenfassung vgl. Hofstede (1983). Zum wissenschaftlichen Stellenwert dieser Untersuchung vgl. Sandergaard (1994). Die Untersuchung basiert auf einer Gesamtstichprobe von ca. 117.000 Fragebogen von etwa 88.000 Respondenten, die auf Basis mehrerer Erhebungsrunden in den Jahren 1967 bis 1973 aggregiert wurde. Bei den Respondenten handelt es sich um Mitarbeiter der Firma IBM aus insgesamt 66 Nationen. Zur Datenerhebung vgl. Hofstede (1991), S. 39 ff. Die Identifizierung der verschiedenen Dimensionen erfolgte in verschiedenen Analyseschritten (vgl. hierzu Hofstede (1982), S. 49-62): Zunachst bestatigten Varianzanalysen einen grundsatzlichen Einfluss der Nationalitat auf die mit der Arbeit verbundenen persOnlichen Werte. Uber einen Zeitvergleich vmrden zeitstabile Frage-Items ftlr die weitere Analyse identifiziert. Im nachsten Schritt ermittehe HOFSTEDE partialanalytisch und theoriegeleitet die zwei Dimensionen der Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung. AnschlieBend fUhrte eine partielle Faktorenanalyse Uber acht weitere Items zu den Dimensionen Individualismus sowie Maskulinitat. Eine abschlieBende Faktorenanalyse Uber samtliche 32 zeitstabilen Werte filhrte jedoch lediglich zu 3 Faktoren. Wahrend zwei Faktoren die Dimensionen Maskulinitat sowie Unsicherheitsvermeidung bestatigten, vereinigte der dritte Faktor die ermittelten Dimensionen (niedriger) Individualismus und Machtdistanz. Diesen Zusammenhang wertet HOFSTEDE jedoch als einen statistischen Artefakt, da beide Dimensionen in einer gegenlaufigen Beziehung zum Wohlstand einer Gesellschafl stehen. Vgl. Hofstede (1993), S. 73.
Kulturtheoretische Grundlagen
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firmierende Internationale Forschergruppe im Rahmen einer spateren Untersuchung identifiziert, die die kulturellen Besonderheiten des asiatischen Raumes berUcksichtigt.^° Der multidimensionale Kulturansatz von HOFSTEDE hat sich - trotz wiederholter, vor allem methodischer Kritik^' - nicht zuletzt dadurch durchgesetzt, dass er Uber die Messung landesspezifischer Punktwerte fUr jede Kulturdimension auch eine aufschlussreiche komparative Einschatzung verschiedener Landeskulturen ermOglicht.^^ Anhand der dimensionsspezifischen Rangposition in der Gesamtstichprobe lasst sich bspw. erkennen, dass sich die deutsche Kultur im globalen Vergleich durch eine eher mittlere Unsicherheitsvermeidung, durch tlberdurchschnittliche Auspragungen der Maskulinitat und des Individualismus sowie durch eine unterdurchschnittliche Machtdistanz und Langfristorientierung auszeichnet. Die genannten Kulturdimensionen sollen im Hinblick auf die Verdeutlichung kultureller Unterschiede sowie als Grundlage der spateren Diskussion kultureller EinflUsse auf intemationale Geschaftsbeziehungen im Folgenden allgemein skizziert werden.
3.1.2.1
Machtdistanz
Die Kulturdimension der Machtdistanz erfasst die Beziehung zwischen Vorgesetzen und Untergebenen in der Form existierender und erwarteter Unterschiede der gegenseitigen Verhaltensbeeinflussbarkeit (vgl. hierzu Tab. 3-1). HOFSTEDE beschreibt Machtdistanz als das „AusmaB, bis zu welchem die weniger machtigen Mitglieder von Institutionen ... erwarten und akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist."^^ Auswirkungen dieser Dimension finden sich somit tlberall dort, wo quasi hierarchische Beziehungen vorliegen.^^ Von betriebswirtschaftlicher Relevanz sind neben der Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehimg in einem Untemehmen bspw. auch Geschaftsbeziehungen mit ungleicher Machtverteilung. Eine hohe Machtdistanz liegt tendenziell in asiatischen, afrikanischen, lateinamerikanischen sowie stideuropaischen Landem vor, wahrend das restliche Europa sowie Nordamerika sich eher durch eine geringe Machtdistanz auszeichnen."
Vgl. Chinese Culture Connection (1987) sowie Hofstede/Bond (1988) sowie die Ausfilhrungen in Kapitel 3.1.2.5. Vgl. insb. McSweeney (2002). Vgl. auch die bei Sendergaard (1994), S. 449 aufgefiihrte BeitrSge. Die Indexbildung fliBt auf ausgewShlten Fragen oder auf Faktorwerten, die Uber einfache mathematische Transformationen zu einem Spektrum von 0 bis 100 tlberfiihrt wurden. Vgl. z. B. Hofstede (1982), S. 75 f Hofstede (1993), S. 42. Hofstede nennt neben der Beziehung von Vorgesetzten zu Untergebenen bspw. das Verhaltnis von Eltera zu Kind, Lehrer zu SchUler, Btirger zu Staat. Vgl. Hofstede (1993), S. 46 ff. Vgl. Hofstede (1993), S. 40.
Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
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1 Definition
Operationalisierung
• „The Power Distance between a boss B and a Subordinate S in a hierarchy is the difference between the extent to which B can determine the behavior of S and the extent to which S can determine the behavior of B." (Hofstede 1982, S. 72) • Item A: Angst des Untergebenen einem Vorgesetzten gegenUber eine abweichende Meinung zu vertreten (Ordinalskala: 1 - sehr h&ufig bis 5 - sehr selten) • Item B: Anteil der Vorgesetzten, die einen autokratischen oder patriarchalischen Stil pral
Geringe Machtdistanz Beispieihafte Unterschiede
1 Nationen
• Macht muss legitimiert sein und ist Recht und Ethik untergeordnet
• Macht ist gegeben und geht vor Recht
• Macht beruht auf Position, Fachwissen und BelohnungsmOglichkeiten
• Macht stutzt sich auf Beziehungen, Charisma und Druckmittel
• Macht wird nicht zur Schau gestellt
• Macht wird deutlich herausgestellt
• Bedeutung des Angestellten fur ein Untemehmen wird berUcksichtigt
• FQhrungskraft wird als (allein) wesentlich fUr ein Unternehmen gesehen
• Geringere Einkommensunterschiede
• GroSe Einkommensunterschiede
• Mittel- und Nordeuropa, z. B. BRD (35), Ddnemark 18
• Lateinamerika, z. B. Mexiko (81), Brasilien (69)
• Nordamerika: USA (40), Kanada (39)
• Asien, z. B. Philippinen (94), Hongkong
(68) Tab. 3-1: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Machtdistanz Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofstede (1982), S. 65 jf. sowie Hofstede (1993), S. 37 jf
3.1.2.2 Unsicherheitsvermeidung Nationale Kulturen unterscheiden sich femer durch die Einstellimg zu und den Umgang mit Unsicherheit (vgl. Tab. 3-2).^^ Die Kulturdimension der Unsicherheitsvermeidung bildet den Grad ab, „in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedrohtfiihlen."^^Als Folge streben Nationen mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung nach einer Reduzienmg von Uneindeutigkeiten. Die Vermeidung von Unsicherheit ist dabei nicht zwangslSufig gleich zu setzen mit der Vermeidung von kalkulierbaren Risiken. Betriebswirtschaftlich relevante Einflussfelder liegen vor allem im organisatorischen und personalwirtschaftlichen Bereich. So verstSrkt eine hohe Unsicherheitsvermeidung bspw. die Praferenz von eindeutigen, eher formalen Regeln und Anweisungen. Diese k5nnen im Zweifel sogar dysfunktional sein und bei einem geringen Risiko durchaus auch gebrochen werden.
Vgl. hier und im Folgenden Hofstede (1982), S. 110fif.sowie Hofstede (1993), S. 129 ff. Vgl. Hofstede (1993), S. 133.
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Kulturtheoretische Gnmdlagen
Definition
Operationalisierung
• „... tolerance for uncertainty (ambiguity) which can be found in individuals and which leads some individuals in the same situation to perceive a greater need for action for overcoming uncertainty than others" (Hofstede 1982, S. 118) • Item A: Unternehmensrichtlinien sollten nicht gebrochen werden, selbst wenn der Angestellte denkt. dass es im Untemehmensinteresse ware (Ordinalskala: 1 - starke Zustimmung bis 5 - starke Ablehnung) • Item B: Anteil von Mitarbeitern, die erwarten, nicht linger als 5 Jahre far den derzeitigen Arbeitgeber tatig zu sein (Prozentangabe) • item C: Hdufigkeit eines nervOsen bzw. angespannten GefUhls am Arbeitsplatz (Ordinalskala: 1 - immer bis 5 - nie) • Berechnung: UA = 300 - 30 • (A) - %B - 40 • C Geringe Unsicheriieitsvermeidung
1 Beispielhafte • Unsicherheit ist als alltSlglich zu akzeptieren Unterechiede
Nationen
Holie Unsicheriieitsvermeidung • Unsicherheit ist bedrohend und zu bekampfen
• Uneindeutige Situationen und unbekanntes Risiko wird akzeptiert
• bekannte Risiken werden akzeptiert, Uneindeutigkeit verursacht Angst
• Nicht mehr Regein als nOtig
• BedOrfnis nach Regein
• Toleranz gegenQber Innovationen
• Widerstand gegen innovationen
• Subjektives Wohlbefinden
• Stress und Angst
• Anglophones & nordisches Europa: z. B. • Lateinamerika, z. B. Mexiko (82), BrasiGB (35), Schweden (29) lien (76) • Nordamerika: USA (46), Kanada (48) • Asien (tw.): Singapur (8), Hongkong (29)
• Mittelmeerlelnder, z. B. Griechenland (112), Spanien(86) • Asien (tw.): SQdkorea (85), Japan (92)
Tab. 3-2: Zusammenfassende Darstellimg der Kulturdimension Unsicherheitsveraieidung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung art Hofstede (1982), S. 110 ff. sowie Hofstede (1993). S. 129jf
Im Fiihnmgsverhaltnis haben Vorgesetzte femer klare Anweisungen zu geben und zudem exakte Antworten auf potenzielle Fragen ihrer Untergebenen zu besitzen. Innovationen stellen zu vermeidende Situationen groBer Unsicherheit dar. Die Nationen des deutschsprachigen Kulturkreises sind nach den Ergebnissen HOFSTEDE's als Kulturen mittlerer bis hoher Unsicherheitsvenneidung einzustufen. Eine hohe Stufe von Unsicherheitsvermeidung findet sich vor allem in SUdeuropa sowie in Teilen Asiens, wahrend eine niedrige Unsicherheitsvermeidung im nordischen Europa sowie englischsprachigen Kulturkreis vorzufmden ist. Bemerkenswert ist femer, dass die Dimension der Unsicherheitsvermeidung in der asiatisch ausgerichteten Folgestudie der CHINESE CULTURE CONNECTION nicht zu Tage getreten ist. Als Grund hierfiir sehen HOFSTEDE und BOND die verschiedenen religiosen sowie philosophischen Hintergrtinde. WShrend christliche, islamische und jtidische Religionen davon ausgehen, dass eine absolute Wahrheit existiert, findet sich in asiatischen Religionen bzw. Philosophien die Armahme, dass es keine einzige und objektive Wahrheit gibt.^*
Aus diesem Grunde wirken in den asiatischen Kulturen haufig mehrere philosophische bzw. religiose Schulen gleichzeitig. Vgl. Hofstede/Bond (1988), S. 19 f.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
86
3.1.2.3 Individualismus (vs. Kollektivismus) Landeskulturen unterscheiden sich zudem dahingehend, inwieweit das Interesse des Individuums dem Interesse einer Gruppe tiber- bzw. untergeordnet ist." Diese als Individualismus bezeichnete Dimension erfasst, inwieweit Bindungen zwischen Individuen eher locker sind Oder aber Menschen in starke und hSufig geschlossene Gruppen integriert sind. Als Gegenpol einer individualistischen Kultur wird dabei eine koUektivistische Orientierung gesehen (vgl. Tab. 3-3).'° 1 Definition
Operationaiislerung
• Individualism "... describes the relationship between the individual and the collectivity which prevails in a given society" (Hofstede 1982, S. 148) • 14 items:
Wichtigkeit von 14 verschiedenen Arbeitszielen im Hinblick auf eine ideale Arbeit (Ordinalskala: 1 - sehr wichtig bis 5 - kaum Oder gar nicht wichtig)
• Verdichtung: Faktorwert einer explorativen Faktorenanalyse (zweifaktorielle LOsung, siehe auch die Dimension Maskulinitdt) • Berechnung: IDV = 25 • (Faktorwert) + 50
Beispieihafte Unterschiede
Koiielctivismus
individualismus
• Mensch ist in Gruppe integriert, die er schutzt und die ihm Loyalitat entgegenbringt (WIR-Fokus)
• Mensch sorgt fUr sich und seine direkte Famine (ICH-Fokus)
• Soziales Netzwerk begrUndet Identitat
• Identitat liegt im Individualismus
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• Kommunikation erfoigt implizit, versteck- • Kommunikation erfoigt explizit, verbalite Signaie siert • Harmon iestreben
• Offene Meinungsaul^erungen
• Fehler bedeuten Gesichtsverlust fUr sich • Fehler fuhren zu SchuldgefUhl und selbst und die Gruppe Verlust an Selbstachtung • Arbeitsverhaitnis entspricht familiarer Bindung
Nationen
• Arbeitsverhaitnis ist Vertrag und wird bzgl. der Anreize & Beitrage bewertet
• Beziehung geht vor Aufgabe
• Aufgabe geht vor Beziehung
• Asien: Hongkong (25), Singapur (20) • Arabische Lander (38)
• Nordamerika: z. B. USA (91), Kanada (80)
• Lateinamerika: z. B. Ecuador (8)
• Westeuropa: z. B. BRD (67), GB (89)
• Mittelmeeriander, z. B. Griechenland (35), TUrkei (37)
Tab. 3-3: Zusanmienfassende Darstellung der Kulturdimension Individualismus Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofstede (1982), S. 148 ff. sowie Hofstede (1993). S. 65 ff.
Die Nationen mit dem hochsten Individualismus sind die USA, Australien sowie GroBbritannien. Auch die deutsche Kultur weist ein relativ hohes AusmaB an Individualismus auf, wShVgl. hier und im Folgenden Hofstede (1982), S. 148fif.sowie Hofstede (1993), S. 65 fif. Vgl. abweichend Triandis (1995), der Individualismus und Kollektivismus als unabhSngige Dimensionen sieht.
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KultuTtheoretische Grundlagen
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rend dagegen asiatische Nationen in der Kegel durch einen sehr hohen Kollektivismus geprSgt sind. Im Untemehmen besitzt diese Dimension einen groBen Einfluss auf die PersonalfUhnmg. Arbeitnehmer in einer individualistischen Kultur besitzen starke eigene BedUrfhisse sowie eigene Interessen und achten auf ein ausgewogenes Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht. In koUektivistischen Gesellschaften orientieren sich Mitarbeiter eher an den Gruppeninteressen und Uben eigene ZurUckhaltung aus. Femer ist die soziale und regionale Herkunft und das Beziehungsnetzwerk in kollektivistischen Gesellschaften von grttUerer Bedeutung. 3.1.2.4 Maskulinitat (vs. Femininitat) Gesellschaften sind zudem durch Unterschiede in der Abgrenzung der Geschlechterrollen gekennzeichnet/' Die Kulturdimension der Maskulinitat beschreibt das AusmaB, in dem als maskulin einzuschatzende Werte wie Bestimmtheit, Einkommen, Anerkennung, Konfliktaustragung und Herausforderungen Uber feminine Werte wie Bescheidenheit, Harmonic- und Sicherheitstreben gesetzt werden (vgl. Tab. 3-4). Dabei zeigt sich bei Mfinnem im intemationalen Vergleich insgesamt cine grOfiere Streuung als bei Frauen. Wahrend Frauen grundsatzlich als bescheidener und ftlrsorglicher einzuschatzen sind, fmden sich bei Mannem sowohl Nationalitaten mit eher femininen als auch mit eher maskulinen Wertvorstellungen. Als Folge vergrOfiert sich mit der Maskulinitat einer Gesellschaft zugleich die Abgrenzung der Geschlechterrollen. Betriebswirtschaftliche Konsequenzen ergeben sich wiederum in besonderem MaBe im Bereich der Personalfiihrung. Die Maskulinitat besitzt u. a. einen Einfluss auf Form und Harte der Austragung betrieblicher Konflikte, auf das angestrebte MaB an Entscheidungspartizipation und die Motivation von Mitarbeitem. Betrachtet man die Einordnung der verschiedenen Nationen in den von HOFSTEDE entwickelten Index dieser Dimension, zeigt sich im Vergleich zu den anderen Dimensionen ein etwas heterogeneres Bild. Innerhalb der europaischen Nationen sind die skandinavischen Lander durchgehend sehr feminine Gesellschaften. Die BRD sowie die USA stellen dagegen Nationen dar, die sich durch maskuline Werte auszeichnen. Die Gruppe asiatischer Nationen steUt mit Japan die Nation mit der h6chsten Maskulinitat, zugleich jedoch auch Nationen (z. B. mit Stidkorea), die sich eher durch feminine Werte auszeichnen.
"*' Vgl. hier und im Folgenden Hofstede (1982), S. 176 ff. sowie Hofstede (1993), S. 97 ff.
Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
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Definition
Operationalisierung
• „Maskulinit£it kennzeichnet eine Gesellschaft, in der die Rollen der Geschlechter klar gegeneinander abgegrenzt sind: Manner haben bestimmt, hart und materiel! ohentiert zu sein, Frauen mQssen bescheidener, sensibJer sein und Wert auf Lebensqualitat legen." (Hofstede 1993, S. 102) • 14 Items:
Wichtigkeit von 14 verschiedenen Arbeitszielen im Hinblick auf eine ideale Arbeit (Ordinalskala: 1 - sehr wichtig bis 5 - kaum oder gar nicht wichtig)
• Verdictitung: Faktor einer explorativen Faktorenanalyse (zweifaktorielle LOsung, siehe auch die Dimension individualismus) • Berectinung: IDV = 20 • Faktorwert + 50 lUlaslculin
Feminin Beispielliafte Unterschiede
Nationen
• Sympathie mit den Schwachen
• Sympathie mit den Starken
• Arbeiten um zu leben
• Leben um zu arbeiten
• Vorgesetzte streben nach Konsens
• Vorgesetzte entscheiden bestimmt
• KonfliktIOsung durch Kompromisse
• Konfliktaustragung
• Asien (tw.): SQdkorea (39)
• Asien (tw.): Japan (95), Hongkong (57)
• Europa (tw.): Skandinavien, z. B. Schweden (5), Norwegen (8), Niederlande (14)
• Nordamerika: z. B. USA (62) • Europa (tw.): z. B. Osterreich (79), Italien (70), BRD (66), Irland (68)
• Lateinamerika: z. B. Costa Rica (21), Guatemala (37)
Tab. 3-4: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Maskulinitat Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofstede (J982), S. 176ffi sowie Hofstede (1993), S. 97 ff.
3.1.2.5 Langfristorientierung (vs. Kurzfristorientierung) Die fiinfte Kulturdimension ,Langfristorientierung' nimmt eine Sonderstellung ein, da sie nicht von HOFSTEDE, sondem von der als CHINESE CULTURE CONNECTION firmierenden For-
schergruppe entdeckt worden ist/^ Im Gegensatz zur Untersuchung von HOFSTEDE verwendete diese intemationale Forschergruppe unter Ftihrung des in Hongkong ansassigen Kanadiers BOND einen Fragebogen, der auf chinesischen Wertvorstellungen basierte. Wahrend drei der in dieser empirischen Untersuchung tiber eine Faktorenanalyse identifizierten Dimensionen in einem engen Zusammenhang zu den Dimensionen von HOFSTEDE stehen, trat die zeitliche Orientierung einer Kultur als weitere, eigenstandig zu berucksichtigende Dimension hervor (vgl. Tab. 3-5). Die Unabhangigkeit der Dimension der Langfristigkeit von den ursprunglichen Dimensionen ist jedoch nicht unwidersprochen geblieben."*^
Vgl. hier und im Folgenden Chinese Culture Connection (1987) sowie Hofstede/Bond (1988). YEH und LAWRENCE weisen fiir eine Stichprobe von 19 Nationen nach, dass die Korrelation von .Langfristorientierung' und Jndividualismus' beim Ausschluss eines AusreiBers von -0.46 auf -0.70 ansteigt. Vgl. Yeh/Lawrence (1995), S. 659 ff. Ein Vergleich der zu Grunde liegenden Items zeigt, dass dieser hohe negative Zusammenhang in der eher
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Begriffliche Abgrenzung kulturtibergreifender Geschaftsbeziehimgen
Definition
Operationalisierung
• Confucian Dynamism "reflects a dynamic, future-oriented mentality, whereas its negative pole reflects a more static, tradition-oriented mentality" (Hofstede / Bond 1988,8.16) • 40 Items:
Bedeutung von 40 verschiedenen Werten der chinesischen Kultur (Ordlnalskala: 1 - von keiner Bedeutung bis 9 - von hOchster Bedeutung)
• Verdichtung: Faktor einer explorativen Faktorenanalyse / vierfaktorielle LOsung • Berechnung: IDV = 25 • (Faktorwert) + 50 Kurzfristige Orientierung Beispielliafte Unterschiede
Nationen
Langfristige Orientierung
• Starker Respekt vor Tradition
• Anpassungsfahige Traditionen
• Investitionen in Auliendarstellung
• Sparsame Ressourcenven/vendung
• Geringe Sparquote
• Investitionen durch hohe Sparquote
• En/vartung rascher Ergebnisse
• Beharrlichkeit
• Wahrung des Gesichts
• Starke Ordnung nach Status
• Nordamerika: z. B. USA (29), Kanada (23)
• Asien: China (118), Hongkong (96), Taiwan (87), Japan (80)
• Westeuropa: z. B. BRD (41), GB (25)
Tab. 3-5: Zusammenfassende Darstellung der Kulturdimension Langfristorientienmg Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Chinese Culture Connection (1987), Hofstede/Bond (1988) sowie Hofstede (1993), S. 188
Kulturen mit einer eher langfristigen Orientierung zeichnen sich u. a. durch eine starkere Betonung von Ausdauer, Beharrlichkeit, Sparsamkeit sowie Statusorientierung aus. Kurzfristig orientierte Kulturen legen relativ betrachtet einen groBeren Wert auf Standhaftigkeit, die Wahrung des Gesichts, Respekt vor Tradition sov^ie Erwiderung von Gefalligkeiten. Da die genannten Aspekte samtlich in den konfuzianischen Wurzeln der chinesischen Kultur verankert sind, wird die Dimension im englischen Original als ,Confucian Work Dynamism' bezeichnet.
3.2 Begriffliche Abgrenzung kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen Im bisherigen Verlauf dieser Untersuchung hat der Begriff der kulturubergreifenden Geschaftsbeziehung bereits mehrfach Verwendung gefunden, ohne eine explizite definitorische Klarung erfahren zu haben. Dies soil nun aufbauend auf die gelegten Grundlagen erfolgen. Interaktionsprozesse bedingen stets wechselseitige Handlungen von zwei oder mehr Interaktionspartnem, die sich hinsichtlich einer Vielzahl von Charakteristika unterscheiden konnen. Als notwendige Bedingimg fiir eine kulturiibergreifende Geschaftsbeziehung sind unmittelbakurzfristigen, egoistischen Ausrichtung der Individualismus-Dimension begrUndet sein kOnnte. Vgl. Yeh/Lawrence (1995), S. 663.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
re Unterschiede hinsichtlich der jeweiligen Landeskulturen der Interaktionspartner zu sehen. Diese kulturellen Unterschiede stellen eine zentrale situative Rahmenbedingung dar und treten neben weitere potenzielle Unterschiede, bspw. hinsichtlich der UntemehmensgrOBe, der WertschOpfungsstufe oder der speziellen Ressourcenkombinationen/'* Allerdings zeigt eine nShere Betrachtung, dass die Abgrenzung bzw. Identifikation einer kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung - zumindest bei der im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Einschrankung auf die Untemehmensebene - keineswegs eindeutig sein muss. ZunSchst stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein Untemehmen tiberhaupt einem landesspezifischen Kulturkreis zugeordnet werden kann. Im Gegensatz zur Untemehmenskultur, die als implizites Bewusstsein original und exklusiv einem Untemehmen zuzurechnen ist/^ ist die Landeskultur als ein tibergeordnetes Konstrukt zu erkennen, dass lediglich indirekt iiber die Untemehmensangehorigen Einzug halt. Trotz dieser Vorbehalte ist eine Zuordnung eines Untemehmens zu einem Kulturkreis jedoch ftir die Identifikation einer kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung notwendig. Zugleich wird deutlich, dass hierzu grundsatzlich sowohl auf der Makroebene des Untemehmens als auch auf der Mikroebene der Mitarbeiter angesetzt werden kann. Die auf beiden Ebenen verbleibenden Interpretations- und Operationalisierungsspielraume fiihren jedoch dazu, dass nur bei der Interaktion zwischen zwei Untemehmen aus verschiedenen Landem mit einer jeweils einheitlichen nationalen Mitarbeiterschaft unmittelbar und eindeutig von einer kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung gesprochen werden kann.
FUr die Zuordnung eines Untemehmens zu einem Kulturkreis bieten sich auf der Makroebene des Untemehmens vor allem zwei denkbare Ansatzpunkte: •
Orientierung am juristischen Sitz des Untemehmens: Gegen die Ausrichtung am rechtlichen Sitz einer Gesellschaft spricht, dass der rechtliche Sitz einer Gesellschaft letztlich keine valide Aussage Uber die in einem Untemehmen vorherrschende Landeskultur zulasst. Diese Tatsache gilt in besonderem MaBe, wenn im Falle von auslandische Konzemgesellschaften eine Orientierung am rechtlichen Sitz des Ubergeordneten Mutterkonzems erfolgt.
Wahrend die erstgenaimten exemplarischen Unterschiede nicht nur als situative Rahmenbedingungen sondem (haufig) auch als unmittelbarer AuslOser einer Geschaftsbeziehung gesehen werden kOnnen, sind die unterschiedlichen betroffenen Landeskulturen lediglich als situative Rahmenfaktoren zu werten. KulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen werden in aller Regel aufgnind der (Okonomischen) Vorteile der Intemationalisierung eingegangen und nicht urn Vorteile aus dem Aufeinandertreffen der Landeskulturen zu ziehen. Vgl.Scholz (1988), S. 244.
Begriffliche Abgrenzung kulturtlbergreifender Gesch£lftsbeziehungen
•
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Orientierung am drtlichen Sitz des Unternehmens: Eine Orientierung am Qrtlichen Sitz eines Unternehmens (bzw. der zugehOrigen Betriebe) basiert auf der PrSmisse, dass Untemehmen vomehmlich nationale Arbeitnehmer beschaftigen. Jedoch ist vor dem Hintergnmd globaler Konzeme imd mobiler Arbeitskrafte diese Pramisse nicht uneingeschrankt gtlltig und somit auch der Ortliche Sitz einer Untemehmung kein generell valider Indikator.
Die Beschrankung auf die Untemehmensebene wOrde dazu ftihren, dass vereinfacht jede intemationale Geschaftsbeziehung zwischen zwei Untemehmen mit (Ortlichem bzw. juristischem) Sitz in unterschiedlichen Staaten als eine kulturUbergreifende Geschaftsbeziehung einzuschatzen ware. Die bei einer derartigen isolierten Perspektive der Untemehmensebene angesprochenen potenziellen Probleme verdeutlichen jedoch, dass zugleich eine Betrachtung der Untemehmensmitglieder auf einer Mikroebene der Partneruntemehmen notwendig erscheint. Auch hier kOnnen sich jedoch im Falle einer kulturell heterogenen Mitarbeiterstruktur Probleme ergeben. Eine Zuordnung kann in diesem Fall bspw. anhand folgender Altemativen erfolgen: •
Orientierung an der Mehrheit der Untemehmensmitglieder: Die Vorgehensweise, ein Untemehmen der Landeskultur zuordnen, die die Mehrheit der Arbeitnehmer besitzen, setzt zunachst voraus, dass sich tiberhaupt eine Mehrheit identifizieren lasst. Diese Annahme muss wiederum nicht generell zutreffen. Daneben geht ein derartiges Mehrheitsprinzip davon aus, dass samtliche Untemehmensmitglieder eine gleiche Bedeutung fur das Verhalten eines Untemehmens und somit die Zuordnung zu einem Kulturkreis besitzen.
•
Orientierung an mafigeblichen Unternehmensmitgliedern: Vor dem Hintergrund der verhaltenssteuemden Wirkung der Kultur erscheint eine Beschrankung der berticksichtigten Untemehmensangehorigen auf einen Kreis von Personen sinnvoll, die einen mafigeblichen Einfluss innerhalb eines Untemehmens besitzen. Zu denken ist hierbei insbesondere an die FUhrungsebene eines Untemehmens.
•
Orientierung an relevanten Unternehmensmitgliedern: Die Zuordnung eines Untemehmens zu einem Kulturkreis anhand einer Auswahl von Mitarbeitem kann dariiber hinaus auch in Abhangigkeit eines bestimmten Untersuchungsgegenstandes erfolgen. Im vorliegenden Fall kann bspw. eine Orientierung an den fiir das Management von Geschaftsbeziehungen relevanten Personen verfolgt werden. Sieht man das Management von Geschaftsbeziehungen als strategische Untemehmensaufgabe, so wird deutlich, dass die beiden zuletzt genannten Personenkreise Uberschneidungen aufweisen konnen. Dies ist besonders im Fall von Untemehmen eher kleiner bis mittlerer Grofie zu erwarten.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturttbergreifenden Geschaftsbeziehung
Aus diesen Uberlegimgen folgt, dass die Zuordnung der Partnenmtemehmen zu unterschiedlichen Kulturkreisen im Rahmen der Identifikation einer kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehung nicht pauschal auf einer oberflachlichen untemehmensbezogenen Perspektive erfolgen soUte, sondem auch die kulturelle Mitarbeiterstruktur auf der individuellen Ebene zu berucksichtigen ist. Die Abb. 3-1 verdeutlicht diese Notwendigkeit am Beispiel einer als kulturUbergreifend eingeschatzten Geschaftsbeziehung zwischen zwei Partnenmtemehmen mit einer kulturell heterogenen Mitarbeiterstruktur. Hierzu wird vereinfachend von je drei Personenkreisen ausgegangen, die aus insgesamt drei unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Die Zuordnimg der Partnenmtemehmen zu den Kulturkreisen I bzw. II orientiert sich an dem Personenkreis A2 bzw. Personenkreis B2. Die Beziehung zwischen diesen Personenkreisen begriindet somit den kulturiibergreifenden Charakter der Geschaftsbeziehung. AUerdings wird auch deutlich, dass zugleich weitere pers6nliche Beziehungstypen vorliegen konnen, die sowohl kulturubergreifender (z. B. A2 zu B3) als auch intrakultureller Natur (z. B. Al zu Bl sowie A2 zu B2) sind."*^
Abb. 3-1: Beziehungstypen bei kulturverschiedenen Untemehmen
Geht man bspw. im Fall des Untemehmens A von einer Tochtergesellschaft eines auslandischen Konzems aus, die aufgrund der Besetzung der Ftihrungsebene mit Expatriates (Perso-
46
Dabei mUssen nicht zwangslaufig sSmtliche Personengruppen im Rahmen einer Geschaftsbeziehung in Kontakt zueinander stehen. Dies wird in Abb. 3-1 daran ersichtlich, dass auf die Darstellung sSmtlicher kombinatorisch denkbarer Beziehungen verzichtet wird.
Begriffliche Abgrenzung kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
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nenkreis A2) dennoch dem Kulturkreis 2 zugeordnet wird, so beschaftigt eine derartige Gesellschaft in aller Kegel auch eine Vielzahl von Mitarbeitem des Gastlandes (Personenkreis Al). Die persOnlichen Beziehungen zwischen diesen inlSndischen Managem und den Geschaftspartnem im Untemehmen B mit identischem kulturellen Hintergrund (Personenkreis B l ) besitzen jedoch keinen kulturiibergreifenden Charakter. Analog ist auch der umgekehrte Fall pers6nlicher kulturUbergreifender Beziehungen im Rahmen intrakultureller Geschaftsbeziehungen denkbar. Neben der Identifikation einer kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehung der Tatsache nach, stellt sich auch die Frage, nach der graduellen Kulturdivergenz zwischen den Partnerunternehmen. So besitzen bspw. Geschaftsbeziehungen zwischen deutschen, osterreichischen und schweizerischen Untemehmen grundsatzlich einen intemationalen und auch kulturiibergreifenden Charakter. Allerdings sind die kulturellen Unterschiede bspw. im Vergleich zu Geschaftsbeziehungen zwischen europaischen und asiatischen Untemehmen als sehr gering einzuschatzen.'*^ Obwohl im Rahmen dieser Untersuchung implizit ein gewisses MindestmaB an landeskulturellen Unterschieden vorausgesetzt wird, erscheint die Bestinmiung eines aussagekraftigen, expliziten MindestmaBes schon aufgrund von Operationalisierungsproblemen weder m6glich noch sinnvoU. Aufl^auend auf den unmittelbar vorangegangenen Uberlegungen sowie unter Riickgriff auf die am Anfang vorgestellten Grundlagen zu Geschaftsbeziehungen soil folgende Definition fiir das spezielle Erkenntnisobjekt dieser Arbeit zugrunde gelegt werden: Kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen bestehen aus von okonomischen Zielen geleiteten und auf mehrmalige Transaktionen ausgerichteten Interaktionsprozessen zwischen Untemehmen aus unterschiedlichen Kulturkreisen und ihren fiir diese Interaktionen mafigeblichen kulturverschiedenen Personen. Mit dem Attribut kulturiibergreifend soil hier verdeutlicht werden, dass die Geschaftsbeziehungen aus Sicht der Partneruntemehmen Interaktionsprozesse darstellen, die den eigenen Kulturkreis verlassen und somit eine kulturelle Schnittstelle tiberbrUcken. Auf die resultierende Verbindung zwischen zwei Kulturen weist auch das grundsatzlich synonym zu verwendende Attribut interkulturell hin. Da dieses Attribut jedoch zum einen auf die Entwicklung einer - hier nicht gleichermaBen im Vordergrund stehenden - synergetischen (Inter-)Kultur ab-
Vgl. hierzu die in der Bodenseeregion durchgefilhrte Untersuchung von Gemtinden/Walter/Helfert (1996). Vgl. auch GrifRth/Hu/Ryans (2000), S. 305 f, die - auf Basis der ahnlichen Auspragungen spezifischer Kulturdimensionen - bei kanadisch/us-amerikanischen Geschaftsbeziehungen von intemationalen, aber intrakulturellen Geschaftsbeziehungen sprechen, wahrend der Typus mexikanisch/us-amerikanische Geschaftsbeziehungen als kulturiibergreifend gesehen wird.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
zielt/* die sich zwischen den Partnem entwickelt, sowie teilweise auch ftir eine lediglich kulturvergleichende Perspektive Verwendung findet'*^, wird im Rahmen dieser Schrift das Attribut ,kulturabergreifend' prSferiert. Beiden Begriffen entgegengesetzt bezeichnet das Attribut intrakulturell Geschaftsbeziehungen zwischen kulturidentischen Partnemntemehmen. Der Terminus der ,kulturubergreifenden' Geschaftsbeziehung findet in der relevanten betriebswirtschaftlichen Literatur im Gegensatz zur internationalen Geschaftsbeziehung nur relativ selten Anwendung. Als zentrale Voraussetzung einer internationalen Geschaftsbeziehung kann gesehen werden, dass die Partnemntemehmen ihren Sitz in unterschiedlichen politischen Staaten haben. Die begriffliche Abgrenzung der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung verdeutlicht, dass beide Begriffspaare- trotz der haufig synonymen Verwendung im Grunde imabhangig voneinander sind. So kann es sowohl nationale Geschaftsbeziehungen zwischen kulturverschiedenen Partneruntemehmen geben (bspw. zwischen einer Tochtergesellschaft eines auslandischen Konzems und einem deutschen Untemehmen in Deutschland), als auch intemationale Geschaftsbeziehungen zwischen kulturidentischen Partneruntemehmen (bspw. eine Geschaftsbeziehung von einem deutschen Untemehmen zu einer auslandischen Tochtergesellschaft eines deutschen Konzems). Angesichts der zunehmenden Intemationalisierung gewinnen beide Formen an Bedeutung. Wenn im Verlauf der Arbeit dennoch teilweise eine Gleichsetzung von intemationalen und kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen erfolgt, so wird implizit vorausgesetzt, dass die kulturelle Zusammensetzung der Mitarbeiterschaft bei einer intemationalen Geschaftsbeziehung gleichzeitig eine Einschatzung als kulturUbergreifend rechtfertigt.
Letztlich kOnnen - zumindest bei einer weiten Fassung des KulturbegrifFs - zahlreiche Aspekte von Geschaftsbeziehungen wie das persOnliche Vertrauen, die Form der Kommunikation, bestehende Verhaltensnormen etc. in der Summe als die einer Geschaftsbeziehung zuzuordnende eigenstandige Kultur erkannt werden. Zu erinnem ist diesbeztiglich auch an den auf die IMP Gruppe zurilckgehende Terminus der Beziehungsatmosphare. Wahrend bei der Untersuchung von Geschaftsbeziehungen, Verhandlungen oder auch anderen persOnlichen Kontakten zwischen kuhurverschiedenen Interaktionspartnem eine UberbrUckung kultureller Grenzen und somit eine kulturttbergreifende bzw. interkulturelle Perspektive vorliegt, ist eine kulturvergleichende Perspektive durch die komparative Gegentlberstellung desselben, gleichwohi isolierten Sachverhaltes iimerhalb von verschiedenen Kulturen gekennzeichnet. Das englischsprachige Synonym des Ausdrucks ,kulturvergleichend' ist .cross-cultural', dass demnach explizit nicht mit dem hier verwendeten Begriff ,kulturUbergreifend' zutibersetzenist. Zu den verschiedenen Begriffsabgrenzungen vgl. auch Mauritz (1996), S. 74 ff. Vgl. hierzu auch die uimiittelbar folgenden Ausfilhrungen zur sog. interkulturellen Managementforschung.
Zum Stand der Forschung
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3.3 Zum Stand der Forschung 3.3.1
Das iibergeordnete Forschungsfeld ,Interkulturelles Management'
Die Berucksichtigung von Kultur stellt im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Forschung trotz ihres allgemeinen verhaltensleitenden Charakters bis heute eher die Ausnahme denn die Regel dar. Dennoch hat sich mit der sog. interkulturellen Managementforschimg ein eigenstandiges Forschimgsgebiet etabliert, das sich in einer weiten Fassung explizit mit der „Auspragung, Gestaltung und Praxis des Managements im Kontext unterschiedlicher Kulturen und Gesellschaften"^" auseinandersetzt.^' Kultur nimmt hier die Rolle einer unabhangigen Variablen ein, die einen Einfluss auf die diversen Gestaltungsvariablen des Managements ausiibt. Neben verhaltensbezogenen Aspekten stehen diesbeztiglich haufig auch stmkturelle Facetten im Blickpunkt, so dass die Grenze zwischen der interkulturellen Managementforschung und der kulturvergleichenden Organisationsforschung haufig verschwimmt." Die interkulturelle Managementforschung wird als derjenige Teilbereich des tibergeordneten Forschungsfeldes zum Intemationalen Management" gesehen, der das Hauptaugenmerk auf die Kultur und nicht auf anderweitige situative Rahmenfaktoren der intemationalen Unternehmenstatigkeit legt.^"* Das Themenspektrum des intemationalen Managements hat sich im knapp ftinfzigjahrigen Forschungsverlauf auf eine Vielzahl von Problemstellungen ausgeweitet. Nach der isolierten Auseinandersetzimg mit den GrOnden und den Phasen der Intemationalisiemng der Untemehmenstatigkeit erfolgte eine weitgehende thematische Ausweitung bspw. bis hin zu Aspekten der operativen Umsetzimg innerhalb betrieblicher Teilfimktionen." Dabei iiberwiegt eine Fokussiemng auf das (multinationale bzw. mtemationale) Untemehmen als dem zentralen Analyseobjekt. Nach der Anzahl der berUcksichtigten Untemehmen lassen sich allgemein drei Gmndrichtungen unterscheiden: die Funktionsanpassungen einzelner Fimien, der Vergleich von Praktiken verschiedener Untemehmen aus unterschiedlichen Nati-
Kumar (1988), S. 389. Die interkulturelle Managementforschung beschrankt sich nicht ausschlieBlich auf interkulturelle Interaktionen. Vielmehr fMlt der GroBteil der im deutschsprachigen Raum dem interkulturellen Management zugeordneten Forschungsbeitrage 2Mf kulturvergleichende Studien. Dagegen wird im englischsprachigen Raum der Begriffdes .cross-cultural management' haufig auch auf interkulturelle UntersuchungsgegenstSnde angewendet. Vgl. hierzu Usunier (1998), S. 9. Wahrend die interkulturelle Managementforschung weitgehend einheitlich von einem funktionalen Managementbegriff ausgeht, fmdet sich in der kulturvergleichenden Organisationsforschung sowohl eine instrumentelle als auch institutionelle Perspektive. Vgl. zum engen Zusammenhang der interkulturellen Managementforschung und der kulturvergleichenden Organisationsforschung z. B. Kttsters (1998), S. 43 ff. Der Bereich des Intemationalen Management ist nach Dttlfer (1999), S. 4 allgemein dadurch gekennzeichnet, „das Operationsgebiet der Untemehmung oder der vergleichbaren Institution Uber die Grenze des eigenen Staatsgebietes ... hinausreicht". Als zentrales Abgrenzungskriterium dient somit die vergleichsweise einfach identifizierbare Uberschreitung einer nationalen Grenze. Vgl. hierzu bspw. Keller (1982), S. 103. Vgl. bspw. MefFert/Bolz ((1998), S. 30 ff. sowie Usunier (1998), S. 5.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
onen sowie die Strukturen und Prozesse spezieller Typen von intemationalen Untemehmen.^^ Im Bezug auf die vorliegende Untersuchimg ist bemerkenswert, dass ToYNE in dieser Fokussierung auf die Untemehmensebene ein Defizit der intemationalen Managementforschung sieht. Stattdessen schlSgt er eine konzeptionelle Orientienmg an intemationalen Austauschprozessen vor, die eine inhaltliche Nahe zum hier vorgeschlagenen Begriff kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen aufsveist: „... intemational business can be defined as a sociopolitical conditioned exchange process involving two or more countries and two or more social actors whose commercially motivated purpose is to either satisfy imperfectly satisfied national exchanges, or to simultaneously create and satisfy national exchanges."" Der Starke Fokus auf die Untemehmensebene vemiag gleichzeitig ein Grund dafiir sein, dass der im Rahmen des Intemationalen Managements von interkulturellen Problemstellungen eingenommene Stellenwert zwar als signifikant, relativ betrachtet jedoch als tiberraschend gering einzuschatzen ist.^* Aus der inhaltlichen Verwandtschaft folgt zugleich, dass der Entwicklungsverlauf der interkulturellen Managementforschung grundsStzlich im Zusammenhang mit der Entwicklung des tibergeordneten Forschungsgebietes zu sehen ist. Der Ausgangspunkt der systematischen, kulturvergleichenden Managementforschung wird tiblicherweise mit der Veroffentlichung des Sammelwerkes von HARBISON und MEYER zur Entwicklung des Managements in zwolf Industrienationen sowie der Monographic von FAYERWEATHER zur RoUe von Auslandsmanagem in den Jahren 1959 bzw. 1960 angesetzt.^^ Die im Folgenden einsetzende Auseinandersetzung mit Problemstellungen des intemationalen und interkulturellen Managements stellte hierbei eine Reaktion auf die sich zunehmende intemationale Ausdehnung der Untemehmenstatigkeit in den Industrienationen dar, die zugleich von Veranderungen der politischen Rahmenbedingungen begleitet wurde.^^ Das spezifische Forschungsfeld wurde dabei lange maBgeblich durch die (in Teilen noch bis heute nachwirkende) Kontroverse dariiber gepragt, ob das optimale Managementverhalten und/oder eine effiziente Organisation als kulturspezifisch oder universal einzuschatzen ist.^' Die Kulturalisten als Vertreter der sog. Culture-Bound-These argumentieren, dass kulturelle Vgl. Toyne (1989), S. 3. Toyne (1989), S. 7. Vgl. hierzu u. a. die umfangreichen Bestandsaufiiahmen der intemationalen Managementforschung von Adler (1983b); Chandy/Williams (1994), insb. S. 725; Inkpen/Beamish (1994), insb. S. 711. Vgl. Harbison/Meyers (1959) sowie Fayerweather (1959). Vgl.Ktlsters(1998), S. 54f. Vgl. z. B. gegentlberstellend KieserAValgenbach (2003), S. 260 f. Diese Auseinandersetzung zwischen Universalisten und Kulturalisten wurde aus einem dynamischen Blickwinkel von der Auseinandersetzung Qber die zunehmende Konvergenz bzw. verbleibende Divergenz von Organisationspraktiken Uberlagert. Vgl. hierzu Webber (1969) sowie Ronen (1986), S. 235 ff. Vgl. hierzu auch das Konzept der transnationalen Organisation von Bartlett/Ghoshal (1989).
Zum Stand der Forschung
97
Faktoren hinsichtlich der Gestaltung effizienter Organisationen eine wesentliche RoUe spielen." Die Universalisten verfechten dagegen die sog. Culture-Free These, die unterstellt, dass das EfFizienzstreben in kapitalistischen Wirtschaftsordnimgen keinen nennenswerten Spielraum ftir unterschiedliche Organisationsstrukturen zulSsst. Reale Unterschiede des Managements sowie der organisatorischen Gestaltung seien lediglich auf Unterschiede in den 6konomischen und technologischen Rahmenbedingimgen zuriickzufiihren iind nicht auf kulturelle Aspekte. Die Kontroverse hat nicht zuletzt in Teilen bis heute angehalten, weil beide Perspektiven iiberzeugende Argumente ins Feld fiihren und die empirische Forschung kein einheitliches Bild zugunsten einer Perspektive ermitteh hat." So kommt CHILD ZU dem Schluss, dass sich formale Organisationsstrukturen und Technologien auf einer Makroebene im Kulturvergleich eher aimahem, wShrend organisatorische Aspekte auf einer Mikroebene und das individuelle Verhalten der Mitarbeiter kulturabhangig bleiben.^
Der Entwicklungsverlauf und der allgemeine Forschungsstand der interkulturellen Managementforschung kann hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet bzw. dargestellt werden.^^ Schwerpunkte der interkulturellen Managementforschung bilden u. a. das Ftihrungsverhalten^^, das Verhandlungsverhalten^^ das interkulturelle Marketing^*, der Aufbau eigener unternehmerischer Aktivitaten^^ sowie der Einsatz und das Training von Auslandsmanagem, Im Ergebnis muss die interkulturelle Managementforschung jedoch aufgrund von Unterschieden u. a. hinsichtlich der Form der Kulturberucksichtigung, der Annahmen zu ihrem Einfluss, der Einstellung zur Universalitat von Managementpraktiken sowie der gewahlten Methodik als ein eher heterogenes Forschungsfeld bezeichnet werden. Die Vielschichtigkeit der interkulturellen Managementforschung soil im Folgenden lediglich anhand der ubergeordneten Typologie von ADLER skizziert werden, die folgende sechs Forschungsansatze unterscheidet (vgl. hierzu erganzend auch Tab. 3-6) und zudem eine Einordnung der vorliegenden Untersuchung ermoglicht: ^°
62 63
Vgl. hierzu auch Hofstede (1983). Vgl. exemplarisch Newman/NoUen (1996). Ftlr eine Diskussion der theoretischen Argumentationen sowie ausgewShlter empirischer Ergebnisse vgl. z. B. KieserAValgenbach (2003), S. 261 ff. Vgl. Child (1981), S. 346 ff. Ftlr umfassende Darstellungen der Entwicklung der kulturvergleichenden Management- und Organisationsforschung vgl. bspw. Keller (1982); Ktlster (1998), S. 52 ff. Vgl. femer Usunier (1998); Adler (1983b) sowie Neghandi (1983). Vgl. z. B. Keller (1987); Dorfinan (1996). Vgl. z. B. Simintiras/Thomas (1998). Vgl. u. a. Usunier/Walliser (1993); Herbig (1998); Mennicken (2000). Vgl. z. B. Kogut/Singh (1988). Vgl. hier und im Folgenden Adler (1983a). Vgl. hierzu auch Kumar (1988); Perlitz (1995), S. 316 ff. sowie KUsters (1998), S. 158 fif.
Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehimg
98
Ansatz
Kulturansatz
Forschungsleitende Annahme
charakteristischer Studientyp
Universalismus
parochial
eine Kultur
Ahnlichkelt vorausgesetzt
unterstellt
nationale Studien
ethnozentrisch
andere Kultur
Existenz von Ahnlichkeiten
in Frage gestellt
Reproduktionsstudien in anderer Kultur
polyzenthsch
viele Kulturen
Existenz von Unterschieden
verneint
Einzelstudien in spezifischer (frennder) Kultur
komparativ
zwei Oder mehr Kulturen
Existenz von Ahnlichkeiten & Unterschieden
emergierend
Vergleichsstudien mehrerer Kulturen
geozenthsch
transkulturell
Existenz von Ahnlichkeiten
ausweitend
Studien von multinationalen Unternehmen
synergetisch
interkulturell
Nutzung von Ahnlichkeiten & Unterschieden
geschaffen
Studien interkultureller Interaktionen
|
Tab. 3-6: Forschungsansatze der interkulturellen Managementforschung Quelle: in Anlehnung an Adler (1983), S.30f. •
Sog. ,parochiale' Ansatze vertreten eine imiversalistische Perspektive und sehen das Management und die Organisation als kulturinvariant. Parochiale Studien beziehen sich lediglich auf ein Land und stammen von Forschem aus genau diesem Land. Dennoch wird die universelle Anwendbarkeit der Ergebnisse auch im intemationalen Kontext vorausgesetzt. Aufgrund der angenonunenen Irrelevanz der Kultur ist dieser Typus im Grunde nicht der interkulturellen Managementforschung zuzurechnen und dient somit vor allem der konzeptionellen Abgrenzung.
•
Ethnozentrische Ansatze stellen diesen Universalismusanspruch dagegen in Frage. Zwar wird haufig implizit von einer tJberlegenheit der eigenen Managementpraktiken ausgegangen, im Hinblick auf die Ubertragung auf andere Kulturbereiche wird jedoch eine vorgeschaltete Priifung als notwendig erachtet. Ethnozentrische Studien verfolgen demnach iiberwiegend die Reproduktion der Erkenntnisse iiber ,eigene' Managementpraktiken in anderen Kulturen, um so die interkulturelle Validitat nicht einfach vorauszusetzen, sondem explizit zu prtifen. Die Bestatigung der Erkenntnisse in einer anderen Kultur wird dabei haufig und aufgrund der Beschrankung auf eine eigene und eine fremde Kultur unzulassigerweise (bereits) als Indikator ftir eine universelle Gultigkeit gesehen. Polyzentrische Ansatze vemeinen demgegenuber die Existenz universal guhiger Managementpraktiken ganzlich. Als zentrale Annahmen gelten die Aquifmalitat sowie der kulturelle Relativismus, womit zum einen die Existenz von grundsatzlich kulturabhangigen Managementpraktiken, die zum gleichen Ziel fiihren sowie zum anderen die Ablehnung einer wertenden Stellungnahme beztiglich der Effizienz dieser Praktiken gemeint ist. Polyzentrische Studien bezwecken folglich vomehmlich eine isolierte, vorurteilsfreie Untersuchung der kulturspezifischen Managementpraktiken in einem bestinmiten kulturellen
Zum Stand der Forschung
99
Umfeld. Das Augenmerk liegt somit auf der induktiven Deskription imd Erklaning derartiger Besonderheiten, wShrend auf normative Aussagen verzichtet wird. •
Komparative Ansatze dominieren die interkulturelle Managementforschung. Sie gehen von der gnmdsatzlichen Co-Existenz kulturinvarianter (universale!) sowie kulturabhSngiger Managementaspekte aus und lehnen sowohl die Existenz einer dominanten Kultur als auch einer herausragenden Managementpraktik ab. Das primare Ziel komparativer Studien liegt somit in der Identifikation von Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen zwei und mehr Kulturen. Uber die Entdeckung interkultureller Gemeinsamkeiten bildet sich quasi eine begrenzte UniversalitSt, die denjenigen Aspekten gegentibersteht, die aufgrund von Unterschieden als kulturspezifisch zu kennzeichnen sind.^' Im Rahmen der kulturvergleichenden Managementforschung werden auch die zahlreichen methodischen Probleme besonders deutlich, die es im Hinblick auf die adaquate BerUcksichtigung von Kultur im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Forschung zu losen gilt.
•
Geozentrische Ansatze begeben sich implizit auf die Suche nach universal gtiltigen Managementpraktiken, die als Basis ftir das Management in multinationalen Untemehmen dienen k5nnen. Dabei wird auf Vergleiche der ,eigenen' mit ,anderen' Praktiken verzichtet und der kulturspezifische Fokus zugunsten einer transkulturellen Perspektive der jeweiligen Untemehmens- bzw. Managementpraktiken aufgegeben. Die landeskulturellen Unterschiede treten somit (auch gegeniiber der iibergeordneten Untemehmenskultur) in den Hintergrund und werden haufig gSnzlich ignoriert. Eine derartige geozentrische Perspektive liegt insbesondere einer Vielzahl von Studien zum Intemationalen Management zugrunde, welches traditionell vor allem auf das Management von multinationalen Unternehmen ausgerichtet ist.
•
Synergetische Ansatze betrachten dagegen Interaktionen zwischen Menschen unterschiedlicher KulturzugehSrigkeit in unterschiedlichen Arbeitsumfeldem und beziehen sich somit unmittelbar auf einen „interkulturellen" Kontext. Neben den im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen sind vor allem auch die Zusammenarbeit von kulturverschiedenen Arbeitnehmem in multinationalen Untemehmen oder von Auslandsmanagem mit Gastlandmitarbeitem zu nennen. Aufbauend auf Erkenntnissen von kulturellen Ahnlichkeiten und Unterschieden widmen sich synergetische AnsStze den existenten bzw. adaquaten (Verhaltens-)Regeln der kulturubergreifenden Interaktion:
Ein wiederkehrendes Ergebnis der kulturvergleichenden Managementforschung ist bspw., dass in industriaiisierten Landem eher partizipative FUhrungsstile und in Schwellen- und Entwicklungslandem eher autoritare Ftlhrungsstile praktiziert werden. Vgl. hierzu den Uberblick Uber 160 kulturvergleichende Studien zur FUhrung Keller (1987), insb. Sp. 1287 fif.
100
Das spezielle Erkemitnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
„Synergistic studies are therefore based on understanding cross-cultural interaction and using that understanding to decide how and when to use pluralistic or universalistic forms - both naturally occurring and created - of management and organiza-
Dieser Typus, dem auch die vorliegende Schrift zuzuordnen ist, unterscheidet sich somit in mehrfacher Hinsicht von den anderen ForschungsansStzen:" ZunSchst drangt das spezielle, kulturverbindende Untersuchungsobjekt die bei parochialen, ethnozentrischen, polyzentrischen und auch bei komparativen Untersuchungen im Vordergrund stehende Deskription ,isolierter' Kulturen in den Hintergrund. Die Identifikation von kulturabhSngigen Managementpraktiken wird so durch eine Analyse der sich aus dem Interaktionskontext heraus entwickelnden Praktiken ergSnzt. Des Weiteren lenken synergetische AnsStze den Fokus von der Identifikation von Unterschieden und/oder Gemeinsamkeiten hin zu einer balancierten Anwendung von kulturspezifischen sowie universalen Managementpraktiken. 3.3.2
Stand der empirischen Forschung zu kulturttbergreifenden GeschMftsbeziehungen
Die Ausftihrungen des vorangegangenen Abschnitts haben verdeutlicht, dass das Forschungsfeld kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen nur einen von vielen Problemausschnitten der interkulturellen Managementforschung darstellt. Dieser konkrete Betrachtungsgegenstand soil nun naher beleuchtet werden. Hierzu wurde zunachst eine Bestandsaufhahme des themenbezogenen Forschungsstandes iiber eine Auswertung empirischer Studien der einschlagigen Fachliteratur vollzogen. Eine Literaturauswertung setzt zwangslaufig eine Abgrenzung des relevanten Suchfeldes sowie der an die Studien zu richtenden Auswahlkriterien voraus: Als thematische Eingrenzung wurde der Fokus auf Studien gelegt, die eine empirische Untersuchung konkreter (d. h. realer und singularer) Geschaftsbeziehungen zwischen zwei Untemehmen verfolgen. Ausgeschlossen wurden folglich sowohl Studien, die lediglich allgemeine bzw. aggregierte Einschatzungen einzeber Untemehmen zu ihren ,typischen' Geschaftsbeziehungen treffen,''' als
Adler (1983a), S. 43. Vgl. Adler (1983a), S. 43. Vgl. bspw. die der IMP-Gruppe zuziirechnende Untersuchung von Ford (1984), S. 104: "respondents were asked about their generalized experience of suppliers from the country concerned. This reduces the effects of unique experience in a single relationship." Dem genannten Vorteil der Vermeidung von VerzemingsefFekten, der bei einer hinreichenden StichprobengrOfle obsolet werden sollte, stehen Probleme einer validen Einschatzung ohne direkten Bezug auf eine konkrete Geschaftsbeziehung entgegen. Auch die Analyse effizienztheoretischer Wirkungszusammenhange scheint somit Verwendung von konkreten Geschaftsbeziehungen angemessener. Vgl. jedoch auch die Untersuchung von Donath/Ivens
Zum Stand der Forschimg
101
auch Studien, die den Untersuchungsschwerpimkt zwar auf geschaftsbeziehungsrelevante, gleichwohl aber spezifische untemehmensbezogene Aspekte legen (bspw. die Marktstrategie, eigene Serviceaktivitaten etc.). Im Suchfokus standen (im Hinblick auf die im nachsten Abschnitt der Arbeit folgende empirische Untersuchung) zudem eher operativ ausgerichtete GeschSftsbeziehungen mit vertikalen Leistungsbeziehungen zwischen den Partnenmtemehmen. Studien zu horizontalen Kooperationen, wie sie bspw. hSufig im Rahmen der Innovationsforschung untersucht werden, wurden dagegen nicht aufgenommen. Zudem wurden auch Geschaftsbeziehimgen in Form von (Equity) Joint Ventures aufgrund der grundlegend abweichenden Beziehungskonstellation aus der Literaturanalyse ausgeschlossen.^^ Femer wurden keine Untersuchungen von interkulturellen Verhandlungen aufgenommen, da sie lediglich eine spezielle Interaktionssituation abbilden.^^ Aus einer substantiellen Perspektive konnten schlieBlich nur Studien mit einem hinreichenden Informationsgehalt berticksichtigt werden, die ein MindestmaB von beziehungsrelevanten Konstrukten analysieren. Trotz der im Rahmen der begrifflichen Abgrenzimg aufgezeigten konzeptionellen UnabhSngigkeit von intemationalen und kulturubergreifenden Geschaftsbeziehimgen kann sich die Literaturauswertung lediglich an der Internationalitdt der Untersuchungsstichprobe orientieren.^^ Es wurde somit gefordert, dass die Untersuchungsstichprobe ausschlieBlich bzw. zumindest in Teilen Internationale Geschaftsbeziehungen umfasst. Studien die lediglich eine kulturvergleichende Perspektive nationaler Geschaftsbeziehungen verfolgen, wurden dagegen nicht aufgenonmien.^* Aus einer methodischen Perspektive wurden femer nur Studien betrachtet, die eine quantitativ-statistische Auswertung von Beziehungsaspekten und Modellen auf Basis groBzahliger Stichproben vomehmen. Qualitative Auswertungen und verbale Fallstudienanalysen^^ wurden folglich ebenso ausgeblendet wie rein konzeptionelle Beitrage.
(2000), die ohne Bezug auf konkrete Geschaftsbeziehungen im interkulturellen Vergleich interessante Einstellungsunterschiede belegen. Vgl.filreine kulturbasierte Untersuchung von Joint Ventures bspw, BarkemaA^ermeulen (1997). Daneben sprechen weitere gegen die Aufiiahme in die vorliegende Literaturauswertung: Die empirische Verhandlungsforschung setzt tlberwiegend auf einer rein individuellen Ebene (bspw. von Managem, Studenten etc.) an ohne Einbindung in einen Untemehmenskontext, so dass die hier relevanten Beziehungskonstrukte keine BerQcksichtigung fmden. Femer besitzen die StudienttberwiegendSimulationscharakter. SchlieBlich liegt mehrheitlich ein kulturvergleichender Forschungsansatz derart zugrunde, dass mehrere intrakulturelle Verhandlungen verglichen werden. Fttr einen Uberblick vgl. bspw. die integrierende Abhandlung von Graham/Mintu/Rodgers (1994) sowie den konzeptionellen Beitrag von Simintiras/Thomas (1998). Die hierdurch denkbaren Probleme werden bspw. bei der (aufgenommenen) Untersuchung von griechischen Exportbeziehungen zu englischen Importuntemehmen von Katsikeas/Piercy (1991), S. 13 oflfensichtlich: „in a number of cases the importer was of Greek or Cypriot nationality". Komparative Untersuchungen verschiedener nationaler Geschaftsbeziehungen kOnnen nur vage Anhaltspunkte filr entsprechende Internationale Geschaftsbeziehungen zwischen Untemehmen der betrofifenen Nationen geben. Vgl. bspw. Bandyopadhyay/Robicheaux/Hill (1994) oder Geyskens et al. (1996).
102
Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
Angesichts der intemationalen Themenstellimg erfolgte zudem eine Einschrankung auf Internationale, englischsprachige Fachzeitschriften, Da die englische Sprache sich im intemationalen Wissenschaftskontext als lingua franca durchgesetzt hat, bietet sich hierdurch - trotz einer nicht auszuschlieBenden Verzeming - die Moglichkeit, eine Vielzahl von unterschiedlichen Nationalitaten zu beriicksichtigen. Die im Rahmen dieser Arbeit naheliegende Beftirchtung, dass hierdurch potenziell eine Vielzahl relevanter deutschsprachiger Studien durch das aufgespannte Raster fallen, erweist sich bedauerlicherweise als weitgehend unbegrtindet.*^ Fiir die Einschrankung auf betriebswirtschaftliche Fachzeitschriften sprechen die durch unabhangige Herausgeber bzw. Gutachter zugesprochene Qualitat, die im Umfang vorliegende Vergleichbarkeit sowie die besseren Recherchemoglichkeiten, die zugleich der Willkiirlichkeit der Aufiiahme von Studien entgegenwirken.*^ Die Sichtung erfolgte unter Einsatz elektronischer Literaturdatenbanken, der Durchsicht ausgewShlter Fachzeitschriften sowie der Verfolgung bibliographischerCross-References. Die allgemeinen Darstellungen zum Stand der Forschung zu GeschSftsbeziehungen Kapitel 2.3,2 haben gezeigt, dass sich eine fast untiberschaubare Anzahl von empirischen Studien mit Geschaftsbeziehungen aus interorganisationaler Perspektive auseinandergesetzt hat. Legt man jedoch an diesen umfangreichen Fundus empirischer Arbeiten das aufgespannte Kriterienraster, so reduziert sich die Anzahl relevanter Studien erheblich. Lediglich 23 Studien erftlUten die genannten Anforderungen. Die Tab. 3-7 gibt einen kompakten Uberblick tiber die identifizierten Studien und relevante Untersuchimgscharakteristika.*^ Ausgehend von der gewahlten thematischen Abgrenzung sind die Studien tiberwiegend den Forschungsbereichen Distributionskanal bzw. Import/Export zuzuordnen. Unmittelbare Hersteller-Kunden-Beziehungen im Industriegiitersektor befmden sich in der Minderheit.*^ Die dominierende Erhebungsmethodik ist die schriftliche Fragebogenerhebung. Erganzend bzw. im Rahmen der Pre-Testphase wird zum Teil auch auf personliche Interviews zuriickgegriffen. Dabei erfolgt - trotz des dyadischen Untersuchungsgegenstandes - tiberwiegend eine einseitige Erhebung bei einer Partneruntemehmung, wobei die Anbieter- als auch die Kundenseite in
Vgl. stellvertretend im intemationalen Fachzeitschriften Kale/Mclntyre (1991); BjOrkman/Kock (1995); Harich/LaBahn (1998); Witkowski/Thibodeau (1999); Fang (2001). Vgl. femer Fallstudienanalyse deutsch-franzOsischer Geschaftsbeziehungen von Werp (1998). Zu denken ware bspw. an die Studie von Homburg/Kiedaisch (1999), die jedoch in leicht modifizieiter und methodisch anspruchsvollerer Form in die Literaturausweitung einbezogen wurde. Vgl. hierzu Homburg et al. (2002). Mit der Einschrankung auf Fachzeitschriften einher geht der Ausschluss einiger fillher Beitrage zu intemationalen Geschaftsbeziehungen der IMP-Gmppe, die bspw. im Herausgeberband von TumbulWalla (1986) zu fmden sind. Ausftlhrliche Auswertungstabellen dieser Studien befmden sich im Anhang 1 dieser Arbeit. So kommen auch Homburg et al. (2002), S. 5 im Hinblick auf die SchlUsselgrOBe der Kundenzufriedenheit zu folgendem Schluss: „.. less is known about customer satisfaction for industrial customers - and we found no research that specifically addressed satisfaction in transnational business relationships."
Zum Stand der Forschung
103
vergleichbarem Umfang vertreten sind. Lediglich vier Untersuchimgen ftihren eine beidseitige Erhebung durch, wobei jedoch mit einer Ausnahme auch in diesen Studien keine identischen Geschaftsbeziehungen (,matched-pairs') erfasst werden/"* Betrachtet man die im Rahmen der Untersuchungen berticksichtigten Nationalitdten, so ist wie im Rahmen der intemationalen Managementforschimg eher (iblich - eine deutliche Dominanz der Befiragung us-amerikanischer Untemehmen zu konstatieren. In der Kombination mit verschiedenen Nationalitaten der Partneruntemehmen zeigt sich jedoch ein vergleichsweise groBes Spektrum an intemationalen Beziehimgskonstellationen. Internationale Geschaftsbeziehimgen deutscher Untemehmen sind von immerhin 4 Studien erfasst.*^ Die emiittelten Studien unterscheiden sich durch unterschiedliche Ansatze beziiglich der Berucksichtigung der Intemationalitat bzw. Interkulturalitat. Eine erste Gmppe widmet sich aufbauend auf einer zugleich nationalen und intemationalen Stichprohe (haufig auch als einem von mehreren Aspekten) der Emiittlung eines grundsatzlichen Einflusses der Internationalitat bzw. Interkulturalitat auf die Geschaftsbeziehungen. Je nach gewahlter Auswertungsmethodik wird hierzu bspw. auf einfache Dummyvariablen in Regressions- bzw. Kausalanalysen oder auf Gmppenvergleiche zuriickgegriffen. So eraaittelt die Untersuchung von ANDERSON und WEITZ bei ihrer Untersuchung von Geschaftsbeziehungen amerikanischer Handelsuntemehmen zu nationalen und intemationalen Lieferanten keinen signifikanten Einfluss der Intemationalitat auf das Commitment und die Zufriedenheit. Auch in der Untersuchung deutsch/us-amerikanischer Geschaftsbeziehungen im Industriegiitersektor von HOMBURG ET AL. zeigt sich kein direkter Einfluss der kulturilbergreifenden Situation auf die Zufriedenheit. Die dennoch festzustellende geringere Zufriedenheit in intemationalen Beziehimgskonstellationen ist vielmehr lediglich auf die schlechtere Wahmehmung der Leistung und der Flexibilitat der auslandischen Lieferanten zuruckzuftihren. Im Gegensatz zu der hier festgestellten Aquivalenz der untersuchten Wirkungszusanmienhange stellt die der IMPGmppe zuzurechnende Studie von HALLEN, JOHANSON und SEYED-MOHAMED ebenso im
Industriegiiterbereich fest, dass bei Exportbeziehungen im Gegensatz zu nationalen Geschaftsbeziehungen von spezifischen AnpassungsmaBnahmen und der Forai des Inforaaationsaustauschs kein signifikanter Einfluss auf die Stabilitat der Beziehungen ausgeht.*^
Katsikeas/Piercy (1991) befragen insgesamt 77 Untemehmen in Griechenland und Grossbritannien und erfassen dabei u. a. 28 Geschaftsbeziehungen beidseitig. Vgi. Katsikeas/Piercy (1991), S. 10. Vgl. Hallen/Johanson/Seyed-Mohamed (1987); Hohn/Eriksson/Johansson (1996); Katsikeas/Goode/Katsikeas (2000); Homburg/Krohmer/Cannon/Kiedaisch (2002). Vgl. Hallen/Johanson/Seyed-Mohamed (1987), S. 33 ff.
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Einen anderen Ansatz verfolgen dagegen Studien, die - zumeist ausgehend von einer spezifischen eigenen Nationalitat - ausschliefilich Internationale Geschdftsbeziehungen analysieren. Einige Untersuchimgen treffen dabei keine weitere Differenzierung innerhalb der intemationalen Stichprobe und verzichten folglich auf komparative Aussagen. Stattdessen werden generelle Befunde mit einem fiir praxeologische Hinweise zu weiten Geltimgsbereich ennittelt.*^ Folgende Stellungnahme kann als reprasentativ fiir derartige Studien angesehen werden, die auf eine komparative Analyse verzichten, gleichwohl jedoch einen zuktinftigen Forschungsbedarf sehen: „This analysis comprises no international business variables, but does suggest a need for future comparative studies on the international business relationships of firms from different countries. This would give us the opportunity to investigate whether the cultural distance between partners has a bearing on cooperation processes. The sample investigated is not large enough for such comparisons."** Teilweise werden jedoch auch komparative Unterscheidungen zwischen den verschiedenen intemationalen Beziehungskonstellationen getroffen. Im Bezug auf die allgemeinen Typen der interkulturellen Managementforschung wird somit die Methode des Kulturvergleiches auf ein interkulturelles Erkermtnisobjekt angewendet. So belegen bspw. AULAKH, KOTABE und SAHAY, dass Geschaftsbeziehungen von us-amerikanischen Herstellem zu Handelsuntemehmen in Asien und Europa durch ein groBeres Vertrauen gekennzeichnet sind als zu Handelsuntemehmen in Mittel- und Stidamerika.*^ Als dritte Gruppe konnen schlieBlich Studien gesehen werden, die eine speziflsche Beziehungskonstellation zvdschen Untemehmen aus bestimmten Landem untersuchen. Eine im Rahmen der Auswertung haufiger identifizierte Beziehungskonstellation stellen Geschaftsbeziehungen zwischen den USA und dem Nachbarland Mexiko dar, die von immerhin drei Studien untersucht wurde.^° Spezifische Internationale Geschaftsbeziehungen deutscher Untemehmen stehen im Blickpunkt von zwei Studien.^^ Eine derartige Einschrankung auf eine konkrete Beziehungskonstellation verschlieBt zwangslaufig einen etwaigen allgemeinen Geltungsanspruch der Ergebnisse fUr Internationale bzw. kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen. Gleichzeitig droht jedoch eine geringere Gefahr, dass spezifische, auch kulturelle Besonderheiten im Rahmen einer weit gefassten multinationalen Stichprobe verwischt bzw.
Vgl. bspw. Sarkar/Aulakh/Cavusgil (1998). Andere Untersuchimgen wShlen einettberregionaleAbgrenzung, bspw. Spekman (1991) bzgl. Femostasien (Pacific Rim) oder Leonidou/Kaleka (1998) bzgl. Europa. Blankenburg Holm/Eriksson/ Johanson (1996), S. 1048. Vgl. Aulakh/Kotabe/Sahay (1996), S. 1019 ff. Aus der BefiindprSsentation geht dabei nicht eindeutig hervor, inwieweit dem Befund filr die europaischen Geschaftsbeziehungen eine hinreichende Signifikanz zugrunde liegt. Vgl. Leuthesser/LaBahn/Harich (1995); LaBahn/Harich (1997) sowie Teegan (1998). Vgl. Katsikeas/Goode/Katsikeas (2000) sowie Homburg et al. (2002).
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
tibersehen werden. Zudem gewiimen die Untersuchungsergebnisse fur den spezifischen Kontext an praxeologischer Aussagekraft. Zwei Sonderf^le gilt es im Rahmen einer Untersuchimg spezifischer Beziehungskonstellationen zu unterscheiden: Liegt ein bilateraler Untersuchungsansatz vor, so werden zwangslSufig abweichende kulturelle Perspektiven erhoben, die jedoch angesichts der haufig massiven Rollenunterschiede der Partnenintemehmen kaum auf nationale bzw. kulturelle Unterschiede zurtickgefiihrt werden konnen.^^ Daneben existieren Studien, die ausgehend von der speziellen, kulturUbergreifenden Beziehungskonstellation auch originSre Konstrukte der interkulturellen Managementforschung in die Untersuchungsmodelle einbeziehen. So ermitteln bspw. HARICH und LABAHN in us-amerikanischen/mexikanischen Hersteller-Handel-Beziehungen einen positiven Einfluss der interkulturellen Sensibilitat im Umgang mit den Geschaftspraktiken der Partnenintemehmen auf die Kommunikation."
Ohne auf die Einzelstudien an dieser Stelle naher einzugehen, konnen aus einer Ubergeordneten Betrachtung folgende Punkte beztiglich des empirischen Forschungsstandes zu kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehungen festgehalten werden.
•
Die Anzahl von empirischen Studien zu intemationalen Geschaftsbeziehungen in englischsprachigen Fachzeitschriften ist im Vergleich zum umfangreichen Fundus von empirischen Studien zu nationalen Geschaftsbeziehungen gering. Angesichts der zahlreichen intemationalen Beziehungskonstellationen kann der Umfang der Untersuchungen als fragmentarisch angesehen werden.
•
Von den identifizierten Studien legen nur wenige Studien einen expliziten bzw. erkennbaren Untersuchungsschwerpunkt auf bestehende kulturelle Besonderheiten. Kulturunterschiede werden haufig nur als eine von vielen, mit intemationalen Beziehungskonstellationen verbundenen Besonderheiten gesehen. Zudem betrachten nur wenige Studien Geschaftsbeziehungen mit groBen kulturellen Unterschieden. Bspw. untersucht keine der identifizierten Studien Geschaftsbeziehungen zwischen europaischen und asiatischen Untemehmen.^"*
•
Vergleichsstudien mehrerer intemationaler Beziehungskonstellationen befinden sich gegenUber der Analyse spezifischer Beziehungskonstellationen in der Minderheit. Grtinde
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Vgl. bspw. Leonidou (1989); Katsikeas/Piercy (1991) sowie LaBahn/Harich (1997). Vgl. LaBahn/Harich (1997), S. 40 fif. Dabei zeigen sich nach Rolle und Nationalitat allerdings leicht abweichende Befiinde.
Zum Stand der Forschung
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hierfUr kOiinen in den mit breit angelegten Studien verbundenen forschimgsmethodischen Problemen und dem mOglicherweise einhergehenden Verlust des praxeologischen Bezuges auf klar abgegrenzte Anwendungsbereiche liegen.
•
Die identifizierten Studien verwenden nahezu ausschlieBlich Beziehungskonstrukte, die bereits von Untersuchungen zu allgemeinen Geschaftsbeziehungen aufgegriffen wurden. Zahlreiche Studien beschranken sich femer auf Konstrukte, die auf der inhaltlichen Ebene der Geschaftsbeziehungen anzusiedeln sind (Kommunikation, AnpassungsmaBnahmen, Konflikte etc.) und verfolgen keine Analyse evaluierender Konstrukte (bspw. Beziehungsqualitat, Zufnedenheit, Erfolg etc.). Als dem intemationalen bzw. kultunibergreifenden Kontext originares Konstrukt ist die interkulturelle Sensitivitat (als ein Teilaspekt der interkulturellen Kompetenz) zu nennen.
•
Die Forschungsergebnisse geben uneindeutige Hinweise darauf, ob und inwieweit die Intemationalitat der Beziehungskonstellation einen Einfluss auf relevante Beziehungskonstrukte und die existierenden Wirkungszusammenhange besitzt.
Im Ergebnis wirft der derzeitige Stand der empirischen Forschung zu intemationalen bzw. kultunibergreifenden Geschaftsbeziehungen noch zahlreiche Fragen auf. Die Besonderheiten der kultunibergreifenden Beziehungskonstellation werden - unabhangig von der Bestatigung bzw. Ablehnung einer Wirkung auf Konstrukte und Wirkungszusammenhange - nur unzureichend erfasst. Inwieweit und tiber welche Ansatzpunkte Kultur einen Einfluss auf das Management von Geschaftsbeziehungen ausiiben kann, bleibt weitgehend unklar. Derartige Uberlegungen kOnnen angesichts des Itickenhaften empirischen Forschungsstandes derzeit offenbar nur unter Riickgrifif auf theoretische LFberlegungen und konzeptionelle Studien erarbeitet werden.^^
Mit der Untersuchung von Lee (2001) liegt eine Studie tlber Geschaftsbeziehungen zwischen intemationalen Joint Ventures in China zu chinesischen Distributeuren vor. Der kulturUbergreifende Charakter ist somit allerdings nicht gesichert. FUr systematische, konzeptionelle Beitrftge zum Kultureinfluss auf Geschaftsbeziehungen vgl. insb. Sheth (1981); Kale/Mclntyre (1991); Kale/Bames (1992); Bandyopadhyay/Robicheaux (1993); Shankarmahesh/Ford/LaTour (2002). Vgl. femer auf der Ebene von Konsumenten u. a. Sheth/Sethi (1977); Kale (1991).
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehung
3.4 Ebenenspezifische Besonderheiten kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen Kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen stellen einen speziellen Typus von Geschaftsbeziehungen dar. Folglich soil das in Kapitel 2.5 entwickelte allgemeine Ebenenmodell zur Analyse von Geschaftsbeziehungen zugleich als konzeptioneller Bezugsrahmen fUr kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen herangezogen werden. Es wird hier somit davon ausgegangen, dass der allgemeine Ordnungsrahmen und die Erkenntnisse Uber wichtige Beziehungskonstmkte und bestehende Einflussbeziehungen gnmdsatzlich auch relevant fiir kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen sind. AUerdings ist angesichts des Aufeinandertreffens unterschiedlicher Kulturen auch zu veraiuten, dass sich die konkrete Ausgestaltung der verschiedenen Beziehungsebenen mehr oder minder von herkommlichen, intrakulturellen Geschaftsbeziehungen unterscheidet. Im Folgenden sollen daher Uberlegungen zu ebenenspezifischen Besonderheiten kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen vorgestellt werden. Dabei werden neben einer allgemeinen Kennzeichnung auch Anhaltspunkte fiir konkrete Einfltisse der Kulturdimensionen von HOFSTEDE auf die Ausgestaltung bzw. Bedeutung der verschiedenen Ebenen diskutiert. 3.4.1 Die inhaltlichen Ebenen kulturiibergreifender GeschMftsbeziehungen 3.4.1.1 Die Individualebene kulturiibergreifender GeschMftsbeziehungen Die Individualebene umfasst mit den pers6nlichen Beziehungen zwischen kulturverschiedenen Personen das zentrale konstitutive Element kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen. Die individuellen Trager derartiger Geschaftsbeziehungen besitzen durch die Herkunft aus verschiedenen Kulturkreisen in mehr oder minder starkem MaBe abweichende kulturelle Werte und abgeleitete Verhaltenspraktiken. Diese kulturellen Unterschiede erschweren in aller Kegel den individuellen Beziehungsaufbau, da der Interaktionspartner als mehr oder minder fremdartig eingeschatzt wird.^^ So erschwert der kulturUbergreifende Charakter bspw. die Einschatzung der Vertrauenswtirdigkeit und der Wahrscheinlichkeit, dass ein Geschaftspartner sich an getroffene Vereinbarungen halten wird.^^ Zudem liegen kulturelle Unterschiede
Vgl. hierzu bspw. Anderson/Weitz (1990), S. 315; Araistrong/Min Yee (2001), S. 65 ff. sowie Simintiras/Thomas (1998), S. 17 f. Zum sog.,similarity-attraction' Ansatz in der Soziologie vgl. allgemein Byrne (1997). Allerdings finden sich in der interkulturellen Verhandlungsforschung auch Hinweise darauf, dass die geringe Ahnlichkeit von Verhandlungspartnem aus anderen Kulturkreisen die empfundene Attraktivitat nicht zwangslaufig mindem muss. Vgl. bspw. Adler/Graham (1989), S. 527fif.Als mOgliche ErklSrung fiir eine vergleichbare Attraktivitat von Verhandlungspartnem mit einer identischen undfremdenkulturellen Herkunft wird u. a. auf das grdBere Interesse aufgrund der Fremdartigkeit verwiesen. Vgl. Graham (1985), S. 135 ff. Als hierfUr notwendige - aber nicht zwangslaufig gegebene - Voraussetzung ware diesbezliglich jedoch eine Aufgeschlossenheit gegentiberfremdenKulturen zu fordem. Vgl. hierzu insb. Thompson (1996).
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
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auch hinsichtlich der Formen des Aufbaus sowie der Bedeutung von pers6nlichem Vertrauen im Rahmen von Geschaftsbeziehungen vor: „... we may conceptualize trust as the behavioral lubricant that can improve a system's (an alliance's) operating efficiency, and the role that trust is accorded in the formation, structuring, and maintenance of alliances by each firm may be highly culture-specific."^* Mit einer abweichenden kulturellen Herkimft steigt die Gefahr, dass die verhaltensleitenden Werte, die verfolgten persOnlichen Motive und das hieraus abgeleitete Verhalten eines Geschaftpartners falsch verstanden bzw. fehlinterpretiert werden. Die kulturelle Fremdartigkeit der Geschaftspartner kann als eine zu uberwindende Barriere auf dem Weg zum Aufbau von personlichen Beziehungen interpretiert werden. Dabei steht im Rahmen von kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen zwangslaufig nicht die LFbemahme der (Landes-)Kultur des Geschaftpartners im Vordergrund, sondem ein Abbau der durch die Konfrontation mit der anderen Kultur ausgelosten Fremdartigkeit sowie die situativ angemessene Anpassung des eigenen Verhaltens. Als zentrale Fahigkeit wird hierzu in der Literatur vor allem eine hohe interkulturelle Kompetenz gefordert. Diese setzt sich aus einer Vielzahl von personlichen Eigenschaften und Fahigkeiten einer Person zusammen.^ MULLER und GELBRICH ordnen die verschiedenen Facetten interkultureller Kompetenz auf Basis der Einstellungsforschung in drei iibergeordnete Kategorien: Die motivationale Emstellung zur Begegnung fremder Kulturen, das kognitive Wissen tiber kulturelle Besonderheiten und Unterschiede sowie konative, verhaltensbezogene Fahigkeiten. BUSH ET AL. nennen auf einer verhaltensbezogenen Ebene bspw. die Eigenschaft, mit dem durch die kulturellen Unterschiede ausgelosten psychologischen Stress umzugehen, die Eigenschaft personliche Beziehungen zu Personen aus anderen Kulturkreisen aufzubauen sowie die Fahigkeit zur erfolgreichen Kommunikation mit diesen Personen. Positiv beeinflusst werden diese verhaltensbezogenen Fahigkeiten durch motivationale Einstellungen wie Weltoffenheit, einem geringen Ethnozentrismus, einer groBeren Sensibilitat fur das Verhalten eines Partners und sozialer Empathie.'^^
Die in AbhSngigkeit der jeweiligen Kultur moglichen imterschiedlichen Perspektiven der Individualebene soUen im Folgenden anhand der bereits vorgestellten Kulturdimensionen von
Parkhe (1993), S. 307. Vgl. zu kulturellen Unterschieden beim Aufbau von Vertrauen insb. Doney/Cannon/Mullen (1998). Vgl. zum Konzept der interkulturellen Kompetenz insb. Ruben (1989); Knapp (1991); Ingelfmger (1995); Podsiadlowski (1996); Loiselle (2000) und MUller/Gelbrich (2001). Inhaltlich verwandte Konzepte werden in der englischsprachigen Literatur unter dem Terminus ,intercultural sensitivity' (vgl. z. B. Bhawuk/Brislin (1992), Harich/LaBahn 1998), ,intercultural effectiveness' (vgl. z. B. Cui/Awa (1992)) sowie ,intercultural disposition' (vgl. z. B. Bush et al. (2001)) diskutiert. Vgl. auch den bei Graen/Hui (1996) geforderten Managertyp des Transkulturalisten. Vgl. Bush et al. (2001), S. 395 f.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
HoFSTEDE erSrtert werden. Zunachst kann bei Geschaftspartnem aus einem Kulturkreis mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung von einer relativ hoheren Wertschatzung bestehender und bekannter Geschaftspartner ausgegangen werden. Der Aufbau von neuen personlichen Beziehimgen bedeutet eine (soweit mftglich zu vermeidende) durch Unsicherheit gekennzeichnete Situation, da noch keine Erfahrungen und etablierten Verhaltensrichtlinien der Interaktion vorliegen und somit auch noch kein gemeinsames persOnliches Vertrauen aufgebaut werden konnte. Bei der Auswahl neuer Geschaftspartner wird femer ein grofierer Wert auf Signale der Vertrauenswtirdigkeit, wie persdnliche Referenzen, die eventuelle Reputation sowie fiir ihre ZuverlSssigkeit bekannte iibergeordnete Untemehmen gelegt werden. Bei einer geringen Unsicherheitsvermeidung kann dagegen ceteris paribus von einer insgesamt geringeren Bedeutung der individuellen Ebene zwischen den Geschaftspartnem und einer groBeren Bereitschaft, sich auf neue Geschaftspartner einzulassen, ausgegangen werden. In Kulturen mit einer hohen Machtdistanz ist auf der individuellen Ebene zumindest a priori mit einem geringeren personlichen Vertrauen zu rechnen.'^' Zudem fallt dem Status bzw. der Reputation des Geschaftpartners ein groBer Stellenwert zu. Gleichzeitig kann eine grofiere Erwartungshaltung vorliegen, verstarkt mit mindestens ranggleichen Geschaftspartnem zu interagieren. Rollen- und Machtunterschiede, wie sie in der Regel bei vertikalen Geschaftsbeziehungen vorliegen, werden in starkerem MaBe vorausgesetzt, berucksichtigt und auch akzeptiert. Bei einer geringen Machtdistanz ist dagegen - auch fur den Fall unterschiedlicher Machtverteilungen - von eher gleichberechtigten persOnlichen Beziehimgen auszugehen. Die Dimension des Individualismus einer Kultur zielt auf die Betonung von Individualinteressen vs. einer starken Einbindung in (relevante) Gruppen. Im vorliegenden Kontext steht als Gruppe das eigene Untemehmen und der Kollegenkreis im Vordergrund. Grundsatzlich konnen jedoch auch Einstellungsunterschiede auf Basis der Beziehung zu Geschaftspartnem vermutet werden. So ist bei einem hohen Individualismus auch eine geringere Bedeutung der personlichen Beziehungen zu Geschaftspartnem denkbar.^"^ Geschaftsbeziehungen werden stattdessen vor allem als Beziehung zwischen Untemehmen gesehen. Auch die Verhaltensnorm der Faimess zwischen Geschaftspartnem kann leichter hinter Individualinteressen zuriickgestellt werden. Im Extremfall ist es bei stark individualistischen Kulturen eher vorstellbar, dass das Interesse des eigenen Untemehmens in den Hintergrund riickt, wenn aus der Geschaftsbeziehung persOnliche Vorteile gezogen werden k6nnen.^°^ Geschaftspartner aus
^°' Vgl. z. B. Dawar/Parker/Price (1996), S. 501. '°^ Vgl. ahnlich Kale/Mclntyre (1991), S. 36. Die aus Untemehmenssicht mOglichen Verhaltensdefekte der individuellen TrSger von Geschaftsbeziehungen lassen sich an der bestehenden Prinzipal-Agenten-Problematik festmachen. Zu denken v^Sre bspw. an Bestechlichkeit gegenttber dem Geschaftspartner, Erzielung eigener Vorteile bzw. consumption-on-the-job oder der Abschluss unvorteilhafter
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
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einem koUektivistischen Kulturkreis werden dagegen den individuellen Beziehimgen auch gegeniiber Geschaftspartnem eine tendenziell groBere Bedeutung zusprechen. Meinimg und Ziele sowohl der Geschaftspartner als auch des eigenen Untemehmens gewinnen an Bedeutung. Femer steigt die Notwendigkeit, sein eigenes Gesicht gegenUber beiden relevanten Bezugsgmppen zu wahren. Der Beziehungsaufbau zu Nichtmitgliedem der eigenen Gruppe kann zugleich jedoch eher langsam erfolgen. Maskuline Kulturen zeichnen sich im Allgemeinen durch eine groBere Harte und Bestimmtheit aus, wahrend weibliche Kulturen eher konsensorientiert und bescheidener sind. Bei einer hohen Maskulinitdt ist von einer geringeren Bedeutung der pers6nlichen Beziehungsebene auszugehen. Der Kreis von Geschaftspartnem, zu denen Kontakte aufgebaut werden, reduziert sich ebenso wie die Intensitat der Beziehungen. Gleichzeitig gewinnen die Positionierung der eigenen Person sowie die Dominanz der Beziehung an Bedeutung. Die gemeinsame personliche Beziehung tritt hinter leistungsbezogene Aspekte der Geschaftsbeziehung. Geschaftspartner aus femininen Kulturen messen den sozialen Beziehungen im Gegensatz hierzu ein groBeres Gewicht bei.'^ Die Wahrung der Harmonic sowie die Aufrechterhaltung bestehender Beziehungen treten in den Vordergrund, Geschaftspartnem wird folglich in der Kegel eine groBere Toleranz und Anerkennung entgegengebracht.
Die Langfristorientierung
einer Kultur zielt auf die relativ hohere Gewichtung langfristig
ausgerichteter Werte wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit sowie Veranderungsbereitschaft gegeniiber kurzfristigen Werten wie Traditionswahrung, Statusbeachtung und der Wahrung des Gesichts.'^^ Eine hohe Langfristorientierung impliziert zunachst nicht zwangslSufig, dass enge personliche Beziehungen nur langfristig aufzubauen sind. Es kann aber auf jeden Fall eine groBere Bereitschaft unterstellt werden, nachhaltige und wiederholte Anstrengungen fiir den Beziehungsaufbau zu untemehmen. Folglich kann in langfristig orientierten Kulturen sogar ein hoheres Interesse angenommen werden, auch neue personliche Beziehungen aufzubauen, wenn hieraus langfristig Vorteile zu erwarten sind. Bei einer kurzfristig orientierten Kultur wurde dagegen auf der personlichen Beziehungsebene eine vergleichsweise hohere Gewichtung von Respekt, Status und Tradition gelegt. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der gegenwartigen und nicht auf der zukiinftigen Beziehungssituation .
Vertrage aufgrund fehlerhafter Anreizsysteme. Vgl. zum Prinzipal-Agenten-Ansatz Ebers/Gotsch (2001), S. 209 ff. sowie Eisenhardt (1989). Vgl. z. B. Kale/Mclntyre (1991), S. 37. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die relative Gewichtung der diskutierten Wertepaare zu einander im Vordergrund steht. So legen asiatische Nationen mit einer generell hohen Langfristorientierung im Vergleich zu westlichen Kulturen einen grOBeren Wert auf die (kurzfristige) Tradition und Gesichtswahrung, jedoch relativ in einem noch stSrkerem MaBe auch auf die (langfristige) Sparsamkeit und Beharrlichkeit.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass auf der individuellen Beziehimgsebene kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen mit schwierigeren Ausgangsbedingungen gerechnet werden muss. Neben den allgemeinen Schwierigkeiten des Aufbaus guter personlicher Beziehiingen zu Personen mit anderen kulturellen Wertesystemen ergeben sich zahlreiche Anhaltspunkte, dass den persOnlichen Beziehungen per se eine imterschiedliche Bedeutung beigemessen wird. Aufgrund dieser schwierigen Rahmenbedingungen kann zugleich vermutet werden, dass von der Ausgestaltung der individuellen Ebene eine starkere Wirkung auf den Erfolg und die Qualitat kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen ausgeht als bei intrakulturellen Geschaftsbeziehungen. Die Qualitat der individuellen Beziehungsebene wird hierbei - je nach Entscheidungssituation - innerhalb der relevanten Teilgruppe kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen und im Vergleich zu intrakulturellen Geschaftsbeziehungen zu bestimmen sein. 3.4.1.2 Die Interaktionsebene bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen Im Zentrum der Interaktionsebene kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen stehen die wechselseitigen Handlungen der Interaktionspartner. Diese stehen aufgrund des verhaltensleitenden Charakters der Kultur zwangslaufig in einer engen Beziehung zu den involvierten Kulturen. Die Art der jeweiligen Interaktionshandhabung kann (aus einer explikativen Kulturperspektive) als ein wahmehmbarer Ausdruck der Landeskultur gesehen werden, der kulturelle Unterschiede erst deutlich werden iSsst. Im Blickpunkt steht hierbei insbesondere das kulturspezifischeKommunikationsverhalten: "Culture and communication are inseparable, because culture not only dictates who talks with whom, about what, and how the communication proceeds, it also helps to determine how people encode messages, the meanings they have for messages, and the conditions and circumstances imder which various messages may or may not be sent, noticed or interpreted. In fact, our entire repertory of communicative behaviors is dependent largely on the culture in which we have been raised. Culture, consequently, is the foundation of conmiunication. And when cultures vary, communication practices also vary."^°^ Konmiunikation im Rahmen von Geschaftsbeziehimgen kann als ein wechselseitiger, zielgerichteter und erfolgskritischer Prozess der Kodierung, Ubertragung und Dekodierung von Botschaften zwischen den Partneruntemehmen bzw. den individuellen Geschaftspartnem gesehen werden. Die interkulturelle Konmiunikationssituation ist aufgrund der kulturbasierten Unterschiede im Kommunikationsverhalten der Geschaftspartner im Vergleich zu intrakultu-
Samovar/Porter/Jain (1981), S. 24. Bereits Hall (1959), S. 169 pointiert diese enge Verbindung aus einer deskriptiven Kulturperspektive wie folgt: „... culture is communication and communication is culture."
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
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rellen Geschaftsbeziehungen in der Regel deutUch komplexer und problembehafteter.'°^ Kommimikationsprobleme resultieren hierbei nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Sprachen, sondem aufgrund der abweichenden kulturellen Bezugsrahmen zur Auswahl, Kodierung und Dekodierung der KommunikationsinhalteT* Kulturbasierte Unterschiede im Kommunikationsverhalten konnen daher beziiglich nahezu samtlicher Facetten der Kommunikation auftreten. Als ein zentraler Aspekt wird dabei - insbesondere im Vergleich westlicher und asiatischer Kulturen - haufig das unterschiedliche AusmaB der Direktheit und der Offenheit der Kommunikation sowie des Ausdrucks von Emotionen herausgesteUt.^*^^ Linguistische Unterschiede existieren hinsichtlich der angemessenen Geschwindigkeit, des Tones und Lautstarke, der HQflichkeit, dem Einsatz von Pausen und Unterbrechungen."° SchlieBlich kSnnen auch beim nonverbalen Kommunikationsverhalten deutliche Unterschiede auftreten.'" Derartige Unterschiede kOnnen aufgrund von potenziellen Fehldeutungen und der resultierenden MissverstSndnisse nicht nur die Effizienz, sondem auch die Effektivitat der interkulturellen Kommunikation z. T. massiv beeintrachtigen und den Erfolg der iibergeordneten GeschSftsbeziehung gefahrden."^ Kommunikation spielt somit eine SchliisselroUe beim Management kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen."'' Wahrend im Rahmen intrakultureller Geschaftsbeziehungen das Augenmerk in der Regel auf die reine Informationstibermittlung gerichtet werden kann, gewinnt bei der interkulturellen Kommunikation die Sicherstellung einer gegenseitigen Verstandigung und der Vermeidung von Missverstandnissen an Bedeutung."^
Vgl. hierzu z. B. Mead (1994), S. 169 fif. Vgl. z. B. Mauritz (1996), S. 135. Die Verbalisierung der Kommunikation kann als ein wesentliches Unterscheidimgsmerkmal filr die Unterscheidung sog. ,high' und ,low-context' Kulturen von Hall (1976) gesehen werden. In ,high-context' Kulturen kann der Kommunikationsinhalt nur unter Einbezug des gesamten situativen Kontextes (neben der non-verbalen Kommunikation bspw. auch der existierenden Beziehungen, Rollenunterschiede etc.) korrekt interpretiert werden. Die Form des Ausdrucks von Emotionen wird bei TROMPENAARS als ein kulturklassifizierendes Merkmal herausgestellt. Er unterscheidet affektive Lander (wie z. B. Italien und Frankreich) von neutralen Nationen (bspw. GroBbritannien und Japan).Vgl. hierzu Trompenaars (1993), S. 63 ff. Vgl. George/Jones/Gonzales (1998), S. 758 f. FUr exemplarische kulturelle Unterschiede im Kommunikationsverhalten bei Geschaftsbeziehungen vgl. auch Bandyopadhyay/Robicheaux (1993), S. 70 ff. sowie Thieme (2000), S. 206 ff. Vgl. z. B. Maletzke (1996), S. 76 ff.; Thieme (2000), S. 216 ff. Griffith/Harvey (2001), S. 94 ff sehen die Beziehungsqualitat als ultimatives Ziel der interkulturellen Kommunikation im Rahmen von Geschaftsbeziehungen. So auch Gemilnden/Walter/Helfert (1996), S. 112 f., die mit intemationalen Geschaftsbeziehungen in der Bodenseeregion Geschaftsbeziehungen untersuchen, die nur eine geringe kulturelle Distanz aufweisen. Vgl. auch die Wertung von Leutheusser/LaBahn/Harich (1995): „The influence of communication is expected to be even stronger in a cross-national setting where (1) the obstacles to effective communication are greater (distance, time, technical factors) and (2) cultural differences add complexity to the communication". Vgl. hierzu das Pladoyer filr einen 'authentischen' Kommunikationsstil bei Fox (1997), S. 92 f: „Intercultural communication is by its very nature problematic. Successfiil communication of an intercultural kind requires some untangling of the web of power and dominance. It can only occur if a different model of communication is employed: one in which communication is linked to the positioning of the participants in the wider social and political context, and one where the speakers are oriented to reaching an understanding rather than to strategically dominating the situation."
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
Als Gnmdvoraussetzung einer erfolgreichen interkulturellen Kommunikation im Rahmen von Geschaftsbeziehimgen kann angesichts der zahlreichen moglichen Unterschiede im Kommunikationsverhalten wiedenim eine hohe interkulturelle Kompetenz der individuellen TrSger der Beziehung gewertet werden."^ Auf der Interaktionsebene steht hiervon ausgehend jedoch der Grad der Anpassung des eigenen Verhaltens im Vordergrund. Bei Geschaftsbeziehungen lassen sich durch die Anpassung des eigenen Verhaltens an kulturelle Besonderheiten des Geschaftpartners zumindest im Vergleich zu einem ganzlich unangepassten Verhalten in aller Kegel Effektivitatszuwachse erzielen. AUerdings gilt es als imgeklart, ob von einem stetigen (gleichwohl abnehmendem) positiven Zusammenhang von Anpassung und Effektivitat oder von einem umgekehrt u-fbrmigen Zusammenhang mit einem optimalen mittleren Anpassungsgrad auszugehen ist."^ Im Rahmen der allgemeinen interkulturellen Managementforschung wird zudem haufig implizit von einer einseitigen Anpassung ausgegangen, durch die Fremde das funktional notwendige MaB an Konmiunikation in einem Gastland erreichen.''^ Eine derartige klare Zuordnung der Verantwortung ist im Hinblick auf Internationale Geschaftsbeziehungen jedoch nicht sinnvoU. Geht man von einem gemeinsamen Interesse an der Geschaftsbeziehimg aus, so sind im Rahmen von kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen in der Regel gemeinsame Anstrengungen zur erfolgreichen Gestaltung der Konmiunikation zu erwarten.
Verhandlungen stellen eine besondere Interaktions- und Kommunikationssituation dar, weil sie einen mafigeblichen Einfluss auf Struktur und Fortbestand von Geschaftsbeziehungen austiben. Kulturelle Unterschiede im Verhandlungsansatz stellen zugleich ein Schwergewicht der Beitrage zum interkulturellen Management. Das Spektrum reicht diesbeziiglich vom einfachen Praktikerleitfaden ftir eine spezielle Verhandlungskonstellation tiber anspruchsvolle, konzeptionelle Beitrage bis hin zu quantitativ angelegten empirischen Untersuchungen. Letztere untersuchen - allerdings zumeist unabhangig von der Einbindung in konkrete Geschaftsbeziehungen, auf einer individuellen Ebene - kulturbasierte Unterschiede von Verhandlungsstilen und bestehende Wirkungsbeziehungen."* Beziiglich der Verhandlungsstile wird vereinfachend haufig von einem Kontinuum ausgegangen: Auf der einen Seite steht ein problemlosungsorientierter, kooperativer Verhandlungsstil (,problem-solving approach'), bei
Vgl. u. a. Knapp (1991) sowie Griffith/Harvey (2001), S. 94 fif. Vgl. z. B. Francis (1991). Vgl. jedoch abweichend Pompitakpan (1999). In dieser Studie kann bzgl. der Anpassung des Verhaltens von US-Amerikanem an die thailSndische und japanische Kultur kein EfiFektivitatsoptimum bei einem mittleren Anpassungsgrad lokalisiert werden. Vgl. z. B. Kim (1988), S. 59. Ftlr komparative Studien intrakultureller Verhandlungen vgl. u. a. Adler/Gehrke/Graham (1987); Campbell/Graham/Jolibert/Meissner (1988); Graham/Kim/Lin/Robinson (1988); Mintu-Wimsatt/Gassenheimer (1996) sowie integrativ Graham/Mintu/Rodgers (1994). Ftlr Studien kulturilbergreifender Verhandlungen siehe u. a. Adler/Graham (1989); Calantone/Graham/Mintu-Wimsatt (1998); Brett/Okumara (1998); Rao/Schmidt (1998) sowie Mintu-Wimsatt/Gassenheimer (2000).
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dem ein Verhandlungspartner (z. B. der Verkaufer) Informationen der Gegenseite (z. B. des KSufers) berticksichtigt imd Kompromisse zwischen eigenen Zielen und den Bedtirfnissen der Gegenseite eingeht."^ Auf der Gegenseite steht dagegen ein rein instmmenteller, transaktionsbezogener und eher kompromissloser Verhandlungsansatz. Im Kulturvergleich zeigen sich sowohl Unterschiede zwischen den praferierten Verhandlungsstilen als auch den damit verbimdenen Wirkimgszusammenhangen der VerhandlungsroUe, dem Verhandlimgsergebnis und der Zufriedenheit.'^° In interkulturellen Verhandlungen werden dabei zumindest teilweise Anpassungen des eigenen Verhandlungsstils vorgenommen.^^'
Aufgnmd der unterschiedlichen Interessenskonstellationen besitzen Verhandlungen haufig affektive Aspekte, wie Frustration, Angst, Missfallen, Schuldzuweisungen oder auch VerstSndnis, Wohlwollen und Sympathie. In einem kultunibergreifenden Kontext gewinnen derartige affektive Facetten hSufig zusatzlich an Gewicht.^^^ Zunachst treffen in der Verhandlungssituation ausgehend von der abweichenden kulturellen Konditionierung unterschiedliche Einstellungen und Werte aufeinander.^^^ Die intemalisierten Werte und Normen schrSnken den Raum des angemessenen Verhandlungsverhaltens und akzeptabler Ausdrucksformen ein. Je nachdem, in welchem Verhaltnis das Verhalten der anderen Seite zu den eigenen Werten und Normen steht, ist von eher positiven oder negativ besetzten Emotionen auszugehen.'^" Des Weiteren kOnnen in einer kultunibergreifenden Verhandlungssituation grOfiere Schwierigkeiten der Interpretation des Verhaltens und der verbundenen Emotionen der anderen Verhandlungsseite auftreten. Somit besteht eine groBere Gefahr der Fehleinschatzung der Verhandlimgssituation und der affektiven Signale der anderen Verhandlungsseite.
Unterschiedliche Perspektiven, PrSferenzen und Verhaltensweisen auf der Interaktionsebene von kultunibergreifenden Geschaftsbeziehungen lassen sich wiedemm auf die verschiedenen Kulturdimensionen s^uriickfiihren. Bei einer hohen Machtdistanz eines Interaktionspartners kann bspw. auf Basis der erwarteten bzw. akzeptierten starken Rollendiskrepanz zumindest bei asymmetrischen Geschaftsbeziehungen von einer Praferenz eher fonnaler Kommunikation
In der einschlagigen Literatur finden sich neben der Bezeichnung als .problem-solving approach' auch konzeptionell verwandte Begri£fe wie .cooperative orientation* sowie .representational bargaining strategy'. Vgl. Graham/Adler/Mintu/Rodgers (1994), S. 74 f. und die dort zitierte Literatur. Vgl. insb. Graham/Mintu/Rodgers (1994), S. 82 ff. Vgl. ergSnzend filr intrakulturelle Verhandlungen in Deutschland Cambell/Graham, Jolibert/Meissner (1988) sowie in China Graham/Kim/Lin/Robinson (1988). Vgl. Adler/Graham (1989), S. 527 ff. Vgl. zur Rolle affektiver Aspekte bei kulturUbergreifenden Verhandlungen George/Jones/Gonzales (1998); Tse/Francis/Wallis (1994). Vgl. z. B. Ting-Toomey/Kurogi (1998) und Tse/Francis/Walls (1994). So werden amerikanische Untemehmen bspw. rechtlich verbindliche Abschlttsse anstreben und die Auswahl ihrer Verhandlungsteilnehmer starker anhand der jeweiligen fachlichen Kompetenz ausrichten, wahrend asiatische Kulturen eher Wert auf das Vertrauen, ProtokoU, Senioritat und Status legen. Vgl. George/Jones/Gonzales (1998), S. 755 ff.
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
und eher einseitiger Entscheidungsfindung ausgegangen werden.^^^ Die grOfiere Wertschatzung hierarchischer Unterschiede impliziert fOr den schwacheren Interaktionspartner zugleich eine geringere Konfliktbereitschaft. Der machtigere Interaktionspartner wird eine hohere Erwartung hinsichtlich der widerspruchslosen Umsetzung hegen und auch vor Zwang und Drohungen nicht zuriickschrecken.'^^ Eine geringe Machtdistanz wUrde dagegen - auch bei asymmetrischen Geschaftsbeziehungen - eine hSufigere, beidseitige und ofFenere Kommunikation fordem, in der zugleich eine beidseitige Beratung und auch Widerspruch zulSssig erscheint. Eine hohe Unsicherheitsvermeidung impliziert die PrSferenz klarer und eindeutig definierter Interaktionspraktiken. Hinsichtlich der Kommunikationsoffenheit sind je nach Kommunikationsinhalt unterschiedliche Einstellungen denkbar. Zum Abbau von eigener Unsicherheit wird der Kommunikation mit dem Geschaftspartner ein hoherer Stellenwert zugemessen als einer unpersonlichen Informationsnachfrage.^^^ Hierzu ist es vorteilhafl, eigene Nachfragen, Anregungen und/oder Anforderungen direkt und offen zu kommunizieren. Stehen jedoch kritische Informationen im Blickpunkt, die dem Geschaftspartner auch Handlungsspielraume zu eigenen Lasten ermoglichen und somit ein hohes MaB an Vertrauen in den Geschaftspartner voraussetzen, so kann eine hohe Unsicherheitsvermeidung auch zu einer geringeren Kommunikationsoffenheit fiihren. Da Konflikte aufgrund der haufig nicht abzusehenden Konsequenzen ein Faktor sind, der die Unsicherheit im Rahmen von Geschaftsbeziehungen erhSht, kann zudem von einer groBeren Praferenz ztigiger Konfliktlosungen ausgegangen werden.^^* Spiegelbildlich wird eine geringe Unsicherheitsvermeidung die Bereitschaft zu und die Erwartung von einer flexiblen und offenen Zusammenarbeit erhohen und gleichzeitig auch die Scheu vor Konflikten reduzieren. Die Handhabung von Konflikten ist zudem in starkem MaBe abhSngig von der Betonung von Eigeninteressen und somit dem Individualismus einer Kultur. Ein hoher Individualismus wird Konflikte schneller ausbrechen lassen. Die Konfliktlosung wird eher einseitig ausgerichtet
Vgl. z. B. Kale/Mclntyre (1991), S. 38. Die Praferenz formaler Interaktion ist nicht gleichzusetzen mit einer geringen Bedeutung der persfinlichen Kommunikation gegentlber gfinzlich personenungebundenen Informationsprozessen. Vgl. auch Dawar/Parker/Price (1996), S. 507 f. Vgl. auch Shankarmahesh/Ford/LaTour (2003), S. 8. Vgl. hierzu Dawar/Parker/Price (1996), S. 507 f., die (fUr Konsumenten) nachweisen, dass eine hohe Unsicherheitsvermeidung die unpersOnliche Informationsnachfrage verringert und den Austausch von Meinungen mit persOnlichen Bekannten verstarkt. Da sich eine hohe Unsicherheitsvermeidung im Arbeitsumfeld u. a. durch eine hfihere Angst ausdrilckt, sehen Kale/Barnes (1992), S. 113 einen positiven Zusammenhang zwischen der Unsicherheitsvermeidung und der Praferenz eines aggressiven Verkaufsstils (,hard-sell approach'). Inwieweit dieser Zusammenhang wie von den Autoren unterstellt auch auf die Akzeptanz eines aggressiven Stils abertragbar ist, erscheint dagegen zumindest fragwilrdig, da ein derartiger Verhandlungsstil des Geschaftspartner die empfundene Unsicherheit auch weiter erhOhen kann.
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
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sein, der prSferierte Verhandlungsstil eher wettbewerbsorientiert.'^^ Im Falle von Konflikten wird zudem in starkerem MaBe auf Rechtfertigungen sowie situationsbedingte Grtinde verwiesen. Die Kommunikation wird gleichzeitig verstarkt auf direkte und explizite Weise erfolgen. Eine Kultur mit einem geringen Individualismus wtirde dagegen einen starkeren Fokus auf den relevanten Gruppenkontext legen. Dieser ist zunachst vor allem im eigenen KoUegenkreis zu sehen. Im Falle eines drohenden Gesichtsverlustes innerhalb dieser Gruppe kOnnen Konflikte zwar in seltenen Fallen auch bewusst ausgetragen werden. In der Regel ist jedoch ein Hang zur Konfliktvermeidung und zur Akzeptanz eines eigenen Fehlverhaltens zu erwarten.^^° Im Falle von bereits iSngerfristig existierenden personlichen Bindungen zwischen Geschaftspartnem konnen kollektivistische Verhaltensregelungen eingeschrankt auch auf die Interaktion mit Geschaftspartnem anderer Untemehmen iibertragen werden. So kann bspw. auch bei Verhandlungen eher ein problemlSsungsorientierter Ansatz unterstellt werden.^^' Bei einer maskuUnen Kultur fallt Werten wie der Bestimmtheit und Harte eine groBe Bedeutung zu. Auf der Interaktionsebene kann somit zum einen von haufigeren und intensiveren Konflikten ausgegangen werden. Die geringe Konsensbereitschaft kann das praferierte AusmaB an partnerschaftlicher Kooperation reduzieren. Gleichzeitig kann aufgrund der grOBeren Bestinmitheit des Verhaltens von schnelleren Entscheidimgsprozessen ausgegangen werden. Bei einer femininen Kultur sind auch im Rahmen von Geschaftsbeziehungen ein grOBeres Harmoniestreben und somit weniger Konflikte zu erwarten. Die Interaktion wird sich durch eine hohere Sensibilitat auszeichnen, da die Perspektive des Geschaftspartners tendenziell eine groBere Beriicksichtigung finden sollte.'^^ Bei einer hohen Langfristorientierung einer Kultur kann schlieBlich von einer beharrlicheren und geduldigeren Interaktion ausgegangen werden. Die Zusammenarbeit dient nicht so sehr dem Abschluss einer einzelnen Transaktion, sondem dem nachhaltigen Aufbau einer langfristig angelegten Geschaftsbeziehung. Antizipierte Folgetransaktionen gewinnen somit an Bedeutung fiir das Verhalten in gegenwartigen Interaktionssituationen. Die tendenziell groBere Veranderungsbereitschaft impliziert zugleich die Bereitschaft, bestehende Interaktionspraktiken im Hinblick auf einen langfristigen Ausbau der Geschaftsbeziehung anzupassen. Eine geringe Langfristorientierung legt dagegen eine relativ starke Fokussienmg auf die gegenwartige Interaktionssituation nahe. Bei Konflikten besitzt die Wahrung des eigenen Gesichts
^^^ Vgl. z. B. Kale/Mclntyre (1991), S. 39. Vgl. allerdings auch Morris et al. (1998), S. 733, die einschrankend darauf hinweisen, dass kulturelle Unterschiede im Stil der Konflikthandhabimg nicht allein auf die Kollektivismusdimension zurUckzufilhren sind. ^^° Vgl. Ting-Toomey/Kurogi (1998), S. 192. ^^' Vgl. auch Kale/Barnes (1992), S. 113 sowie Graham/Mintu/Rodgers (1994), S. 88 f. ^^^ Vgl. z. B. Kale/McIntyre (1991), S. 39.
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Das spezielle Erkeimtnisobjekt der kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehung
tendenziell eine groBere Bedeutung als die Sichening des Fortbestehens der Geschaftsbeziehung. Im Ergebnis lassen sich auch auf der Interaktionsebene zahlreiche Anhaltspunkte dafiir finden, dass bei kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen unterschiedliche Einstellungen und hiervon ausgehend unterschiedliche Interaktionsstile auftreten konnen. Angesichts der engen Beziehung von Kultur und Verhalten kann die Interaktionsebene somit als die zentrale Ebene identifiziert werden, auf der die kulturellen Unterschiede zwischen den Geschaftspartnem am deutlichsten hervortreten. Es ist somit davon auszugehen, dass von einer erfolgreichen Gestaltung der Interaktionsebene bei kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen ein deutlich positiver Einfluss auf die Beziehungsqualitat ausgeht. 3.4.1.3 Die Sachebene bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen Die Sachebene bildet die inhaltliche Ausgestaltung des Austausches zwischen den Partneruntemehmen ab. Im Gegensatz zur Individual- und der Interaktionsebene ist der Einfluss der kulturUbergreifenden Beziehungskonstellation auf die Sachebene nicht unmittelbar ersichtlich. Dennoch lassen sich einige Besonderheiten identifizieren, die zu einer gegenUber herkommlichen Geschaftsbeziehungen unterschiedlichen Auspragung der Sachebene fiihren. Ein erster Ansatzpunkt hierfiir liegt in der internationalen Beziehungskonstellation. Im Zentrum der Sachebene von internationalen Geschaftsbeziehungen steht vor allem der Austausch von materiellen GUtem. Dabei stellen sich im Vergleich zu nationalen Geschaftsbeziehungen zusatzliche Probleme bspw. hinsichtlich der logistischen und fmanziellen Abwicklung des Leistungsaustausches.'^^ Unterschiedliche Wahrungssysteme fuhren zu Wechselkursrisiken, die Partneruntemehmen sind (zumindest auBerhalb der Transaktion) an unterschiedliche Rechtssysteme gebunden bzw. gewohnt, die geographische Distanz erhoht die zu berUcksichtigenden Transportzeiten, -kosten und -risiken etc. Hieraus folgt, dass die Abwicklung eines bilateralen Leistungsaustausches im internationalen Kontext zumeist deutlich komplexer ist und haufig auch einen st^keren RUckgriff auf dritte Institutionen (Banken, Versicherungen, Logistikprovider etc.) erfordert als im nationalen Kontext. Angesichts dieser schwierigeren Rahmenbedingungen ist als eine Ausgangsbedingung des internationalen Handels zu sehen, dass die im Blickpunkt stehenden Austauschgtiter nicht in gleicher Qualitat oder zum gleichen Preis Uber nationale Partneruntemehmen beschafft wer-
Ftlr einen Uberblick Uber Abwicklungsmodalitaten des internationalen Zahlungs- und Kreditverkehrs vgl. bspw. DUifer (1999), S. 165fif.Oder Paliwoda (1986), S. 114 ff. FUr einen Uberblick ilber kulturvergleichende Studien zur Logistik in nicht-westlichen Nationen vgl. Luo/van Hoek/Roos (2001).
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
121
den kSnnen. Eine wichtige Ursache hierfUr liegt haufig in den unterschiedlichen Technologiesowie Produktivitatsniveaus,'^'' wie sie insb. im Vergleich von Entwicklungs- bzw. Schwellenlandem und entwickelten Industrienationen deutlich hervortreten. Derartige in der 6konomischen Theorie vorwiegend auf volkswirtschaftlicher Ebene diskutierte Unterschiede finden letztlich ihre Entsprechung im Rahmen von einzelnen intemationalen Geschaftsbeziehungen. Auch auf der Mikroebene werden somit grofiere Unterschiede der technologischen Leistungsniveaus der Partneruntemehmen zu erwarten sein. Hierdurch kann sich zumindest ftir den Fall des Austauschs komplexer Industriegtiter der begleitende Informationsbedarf erheblich erhohen. Neben diesen primSr auf die Intemationalitat der Geschaftsbeziehungen zuriickzufiihrenden Besonderheiten sind jedoch auch Einfliisse der kulturiibergreifenden Beziehungskonstellation auf die Sachebene moglich. Zunachst kann von der Kultur ein Einfluss auf die Wertigkeit ausgehen, die bestimmten Produkteigenschaften zugemessen wird. Im Kulturvergleich identifizierte Einstellungsunterschiede sind insbesondere im KonsumgUtersektor umfangreich dokumentiert und werden sowohl im Hinblick auf Standardisierungspotenziale bzw. notwendige Anpassungen der Produktcharakteristika sowie der begleitenden Werbebotschaften diskutiert.'^^ In Analogic zur Unterscheidung der interkulturellen Management- und Organisationsforschung lassen sich auch Produktkategorien in ein Spektrum von ,culture-free' bis hin zu ,culture-bound' einordnen.^^^ Werden bei kulturgebundenen Austauschgiitem Praferenzunterschiede im Rahmen von kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen nicht erkannt und bei der Abstinmiung der zu erbringenden Leistung nicht berUcksichtigt, wird die Leistungsbeurteilung des Partneruntemehmens schlechter ausfallen imd die Beziehungsqualitat der Geschaftsbeziehung leiden. Hiermit eng verkniipft ist die Frage, inwieweit eine multinationale, eine global einheitliche oder eine gemischte Markenstrategie erfolgsversprechend erscheint.'^^ Daneben kann auch die Assoziation mit einer speziellenfi-emdenLandeskultur einen Einfluss auf die Einstellung zu diesen Produkten nehmen. So ist ein sog. 'country-of-origin' Effekt auf die Bewertung von Produkten in einer Vielzahl von Studien bestatigt worden.'^* Analysiert man die Faktoren, die das mit einem Herkunftsland assoziierte Image bestimmen, so lassen sich vier tibergeordnete Dimensionen, unterscheiden: Innovativitat, Design, Prestige und
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Zu unterschiedlichen ErklSrungsansatzen filr die Entstehung des intemationalen Handels vgl. bspw. Perlitz (1995), S. 79fif.Vgl. auch Dieckheuer (2001), S. 47 ff. ^^^ Vgl. u. a. HolzmUUer (1989); UsunierAValliser (1993), S. 110 ff.; Dillfer (1999), S. 315 ff.; Mennicken (2000), S. 134 ff.; Thieme (2000), S. 282 ff. Vgl. zur kulturspezifischen Anpassung von WerbemaBnahmen auch Kale (1991). '^^ Vgl. Meffert/Bolz (1998), S. 90 ff. Vgl. zur Intemationalisienmg von Marken z. B. Woisetschlager/Evanschitzky (2004). ' ^* Vgl. hierzu den Oberblick bei Bilkey/Nes (1982).
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Das spezielle Erkeimtnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
Zuverlassigkeit.'^' Diese Dimensionen lassen erkennen, dass das Image einer Nation iinter anderem auch durch kulturelle Facetten einer Nation bestimmt wird. Praferenzunterschiede sind zudem nicht nur zwischen der Herkunft aus modemen, entwickelten Volkswirtschaften iind Entwicklungslandem mit zu erwartenden deutlichen technologischen Unterschieden festzustellen. Vielmehr zeigt sich der country-of-origin Effekt auch bei Nationen mit vergleichbarem Entwicklimgsstand. Zudem finden sich auch zahlreiche Hinweise auf die tendenzielle Bevorzugung von Produkten von nationalen vs. intemationalen Herstellem,'^" Dieses Ergebnis wird bspw. auch von der Untersuchung von HOMBURG und KIEDAISCH von vertikalen Geschaftsbeziehimgen im Industriegtltersektor bestStigt: Sowohl amerikanische als auch deutsche Hersteller bewerteten die Qualitat von Produkten und Dienstleistungen der intemationalen Lieferanten (aus der BRD respektive den USA) als signifikant schlechter als die einheimischer Lieferanten. ^^^ Aus dem Kanon der vorgestellten Kulturdimensionen kann vor allem der Unsicherheitsvermeidung ein groBes Gewicht fUr die Sachebene zugemessen werden. 1st der Leistungsabnehmer bspw. einer Kultur mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung zuzurechnen, ist es naheliegend, dass bei Vertragsabschluss ein starker Wunsch einer prazisen vertraglichen Fixierung vorliegt. Neben exakt festgelegten Lieferfristen und genauen Qualitatsvorgaben ist auch an Haftungsaspekte wie Garantien und Gewahrleistungspflichten zu denken.'"*^ Da der Zuverlassigkeit der Produkte bzw. des Lieferanten eine hohere Bedeutung zugemessen wird, kann tendenziell auch hohere Preisbereitschaft unterstellt werden. Partneruntemehmen aus Kulturen mit einer geringen Unsicherheitsvermeidung werden dagegen eher flexiblere Leistungsvereinbarungen akzeptieren und bei einem angemessenen Chancen/Risikoverhaltnis auch groBere Unsicherheiten in Kauf nehmen. Bei einer hohen Langfristorientierung einer Gesellschaft wird im AUgemeinen eine groBere Iimovationsbereitschaft unterstellt. Es kaim somit auf der Sachebene eine groBere Aufgeschlossenheit gegentiber neuen Produkten bzw. Veranderungen an den bestehenden Austauschgiitem erwartet werden. ^''^ Das erwartete Verhaltnis von Leistung und Gegenleistung auf der Sachebene kann zudem bei asymmetrischen Geschaftsbeziehungen von der Machtdistanz beeinflusst werden. In Gesellschaften mit einer hohen Machtdistanz ist die Position des Herstellers vergleichsweise schwacher ausgepragt. Es ist somit zu erwarten, dass auf der sachliVgl. Roth/Romeo (1992), S. 480. Vgl. Bilkey/Nes (1982), S. 90. Vgl. Homburg/Kiedaisch (1999), S. 37. Vgl. Kale/Mclntyre (1991), S. 39 f. Siehe auch Kale/Bames (1992), S. 113. Kale und Barnes unterstellen femer eine positive Beziehung zwischen der Feminitat und Okologischen Produkten, dem Individualismus und abwechslungsreichen, vergntlgungsorientierten Produkten sowie der Machtdistanz und statusorientierten Produkten. Vgl. zum Kultureinfluss auf die Aufgeschlossenheit gegentiber neuen Produkten z. B. bereits Sheth/Sethi (1977).
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen
123
chen Ebene die Ziele und Vorgaben des Kunden in einem vergleichsweise noch starkerem MaBe tibergewichtet werden.^^^ Gleichzeitig wird bei der Einschatzung der Leistung in starkerem MaBe das Renommee des Partneruntemehmens berUcksichtigt werden. Im Ergebnis kOnnen bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen auch auf der Sachebene besondere Schwierigkeiten auftreten, wenn unterschiedliche Vorstellimgen beziiglich der konkreten Ausgestaltung des Leistimgsaustausches sowie eventuell auch der materiellen Austauschgtiter vorliegen. AUerdings sind die Austauschgtiter im Gegensatz zu den Tragem der Geschaftsbeziehungen auf der Individualebene bzw. der Interaktionsebene nicht zwangslaufig kulturgebunden. Im Vergleich kann der Einfluss der Kultur auf die Sachebene mit BELZ als eher nachrangig und indirekt tiber die Individuums- und Interaktionsebene gesehen werden: „[...] Kulturen haben im Normalfall kaum einen Einfluss auf den sachlichen Inhalt der geschaftlichen Transaktionen. Unterschiedliche Kulturen und Gepflogenheiten iiberschatten eine Geschaftsbeziehung, wenn diese nicht beachtet werden oder sich die Beteiligten aus Unwissenheit falsch verhalten. Die Nichtbeachtung engt den sachlichen Spielraum ein. Die fachlichen MOglichkeiten werden verdrangt."''*^ 3.4.1.4 Die Machtebene bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen Die Machtebene bildet im Wesentlichen die bestehenden Einflusspotenziale der Partneruntemehmen ab. Angesichts unterschiedlicher UntemehmensgroBen, Ressourcenpositionen und/oder untemehmensspezifischer Abhangigkeiten stellen Machtasymmetrien im Rahmen von Geschaftsbeziehungen eher die Regel denn eine Ausnahme. Dies gilt gnmdsatzlich sowohl fOr intrakulturelle als auch fur kulturtibergreifende Geschaftsbeziehungen. In Abhangigkeit des branchenspezifischen globalen Wettbewerbdrucks, der Existenz intemationaler Beschaftungsaltemativen, der Ruckwartsintegration groBer Handelskonzeme etc. ist auch bei kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen haufig mit einem Ungleichgewicht zulasten der Herstellerseite zu rechnen. Besonders deutlich treten derartige Machtunterschiede beim internationalen Handel zwischen Entwicklungs- und Industrielandem hervor und sind zugleich auch Gegenstand gesellschaftspolitischer Diskussionen.^"*^
Vgl. hierzu bspw. auch Graham/Mintu/Rodgers (1994), S. 88 f., die in ihrer kulturvergleichenden Analyse von Verhandlungssimulationen eine signifikante positive Korrelation von Machtdistanz und Profit des KSufers identifizieren. Belz (1994), S. 32. Es sei hier bspw. auf die unter dem Schlagwort .Fair Trade' gefassten Bemtlhungen um ausgewogene Handelsvereinbarungen zwischen Herstellem von Landwirtschafts- und Kunsterzeugnissen aus benachteiligten Entwicklungslandem und Industrielandem verwiesen.
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Das spezielle Erkeimtnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
Die Kulturdimension der Machtdistanz verdeutlicht femer, dass Landeskulturen starke Unterschiede beziiglich der erwarteten und akzeptierten Verteilung von Macht aufweisen.^'*^ Demnach werden Partnemntemehmen aus einer Kultur mit einer hohen Machtdistanz
Macht-
asymmetrien im Rahmen von Geschaftsbeziehungen deutlicher wahmehmen und akzeptieren. Machtunterschiede rechtfertigen zugleich den offenen Einsatz von Zwang und Drohungen seitens des machtigeren Untemehmens. Dagegen wird eine geringe Machtdistanz dazu fUhren, dass die im Rahmen von Geschaftsbeziehungen existierenden Machtunterschiede nicht so deutlich hervortreten. Auf Drohungen wird eher verzichtet und stattdessen auf positivere Foraien der Einflussnahme zuriickgegriffen.
Jedoch k6nnen neben der Machtdistanz auch andere Kulturdimensionen in eine Beziehung zur Machtebene von Geschaftsbeziehimgen gesetzt werden. Da die eigene Machtposition im Rahmen von Geschaftsbeziehungen letztlich als Instrument zum Abbau von Unsicherheit einsetzbar ist, kann bei einer hohen Unsicherheitsvermeidung
von tendenziell geringerer
Bereitschaft ausgegangen werden, eine Machtasymmetrie zu eigenen Lasten dauerhaft zu akzeptieren. Folglich ist mit groBeren Anstrengungen zum Abbau von Machtasymmetrien zu rechnen, wie bspw. der Suche nach Altemativen, der Vermeidung von spezifischen Investitionen etc. Aufgrund des instrumentellen Charakters von Macht lasst sich auch eine Beziehung zum Individualismus einer Kultur vermuten: Da Macht die Verwirklichung von Individualinteressen ermOglicht, werden Entscheidungstrager aus individualistischen Kulturen auch eine eigene starke Machtposition im Rahmen von Geschaftsbeziehungen anstreben.'"** Von der Maskulinitat einer Kultur ist schlieBlich ein Einfluss auf die Anwendimg von Macht dahingehend zu erwarten, dass verstarkt auf hartere zwangsbasierte Formen zuriickgegriffen wird. Angesichts der kulturellen Einstellungsunterschiede hinsichtlich der Existenz und des Einsatzes von Macht verdient die Machtebene im Rahmen von kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen eine hohe Aufmerksamkeit. Dies gilt umso mehr, als das Macht sowohl als Ergebnis als auch als Einflussfaktor zahlreicher Facetten der anderen inhaltlichen Ebenen gesehen werden kann.'"^^
Vgl. Hofstede (1993), S. 42. Die Kulturdimensionen Machtdistanz und Individualismus weisen in der Untersuchung von Hofstede eine signifikante negative Korrelation auf. Vgl. hierzu Hofstede (1993), S. 70 fif. Die Kombination der beiden Effekte fUhrt dazu, dass Entscheidungstrager aus Kulturen mit einer hohen Machtdistanz und einen hohen Kollektivismus Machtunterschiede eher akzeptieren und gleichzeitig aber eine eigene Machtposition in nur geringerem Mafie anstreben. Vgl. hierzu auch die Einstufung von Machtkonflikten als ein Ubergeordneter Metakonflikt zur Entscheidung untergeordneter Sachkonflikte.
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen
3.4.2
125
Die evaluierende Beziehungsebene kultuiiibergreifender Geschftftsbeziehungen
Ausgehend von den auf der inhaltlichen Ebene von Gesch^ftsbeziehungen mOglichen kulturbedingten Einstellungsunterschieden vermag es kaum zu (Iberraschen, dass auch die tlbergeordnete evaluierende Ebene im kulturtlbergreifenden Kontext gewisse Besonderheiten aufweist. Zum einen kann die kulturtibergreifende Beziehimgskonstellation tendenziell die Einschatzung der Qualitat und des Erfolges von Geschaftsbeziehungen erschweren. So stellt sich bspw. die Frage, inwieweit auftretende Probleme der Zusammenarbeit lediglich auf kulturelle MissverstSndnisse zurUckzufUhren sind, die im Rahmen der langfristigen Zusammenarbeit bei einer besseren gegenseitigen Kenntnis beseitigbar erscheinen oder aber grundlegende, dauerhafte Quellen der Unzufriedenheit darstellen. Femer stellt sich die Frage nach dem relevanten VergleichsmaBstab fUr eine konkrete kulturtibergreifende Geschaftsbeziehung, d. h. inwieweit ein Vergleich mit nationalen, intrakulturellen Geschaftsbeziehungen vollzogen werden kann oder lediglich eine relative Einordnung ins Spektrum kulturUbergreifender Geschaflsbeziehimgen erfolgt. Beide Fragen sind letztlich pauschal nicht zu beantworten, sondem nur im Einzelfall bzw. angesichts einer konkreten Entscheidungssituation zu beurteilen. Zum anderen liegt es nahe, dass bei kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehungen grOBere Abweichungen hinsichtlich der Art und Weise ihrer Bewertung vorliegen.^^^ Hiervon ausgehend sind auch Unterschiede hinsichtlich der Bereitschaft zur Beendigung einer Geschaftsbeziehung zu erwarten, wenn sich exteme Rahmenbedingungen andem und/oder eine interne Unzufriedenheit mit der Geschaftsbeziehung vorliegt.'^^ M6gliche Einstellungsunterschiede auf der evaluierenden Ebene lassen sich wiederum anhand der verschiedenen Kulturdimensionen aufzeigen. So ist bei einer hohen Unsicherheitsvermeidung ein starkeres Festhalten an langfristig bestehenden Geschaftsbeziehungen und somit auch ein grOBeres Commitment zu vermuten. Gleichzeitig kann jedoch eine haufigere Oberprtlfimg sowie eine kritischere Auseinandersetzung mit dem Erfolg einer Geschaftsbeziehung erfolgen. Partneruntemehmen aus Kulturen mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung sollten einen starkeren Einsatz von formalen Beurteilungssystemen und -instrumenten wahlen, um bestehende Unsicherheiten zu beseitigen. Bei einer geringen Unsicherheitsvermeidung verliert dagegen die Frage nach der konkreten Erfolgszuordnung tendenziell an Bedeutung, da mehrdeutige Situationen eher toleriert werden.^" Auch die Langfristorientierung einer Kultur lasst einen starken Einfluss auf die evaluierenden Ebene von Geschaftsbeziehungen vermuten. So wird bei einer hohen Langfristorientierung ein Vgl. hierzu bspw. auch die Argumentation von Geringer/Hebert (1991), S. 253 f. bezUglich der Bewertung von intemationalen Joint Ventures. Vgl. hierzu ausfthrlich Shankannahesh/Ford/LaTour (2003).
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Das spezielle Erkenntnisobjekt der kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehung
hSheres Augenmerk auf die Existenzsicherung und zukunftsorientierte Weiterentwicklung einer Geschaftsbeziehung gelegt werden. Angesichts der groBeren Beharrlichkeit und hoheren Investitionsbereitschaft wird eine Beurteilimg einer Geschaftsbeziehung starker die langfristigen Entwicklungsperspektiven berticksichtigen. Dagegen ist bei einer geringen Langfristorientierung eine eher kurzfristige Erfolgsorientienmg zu erwarten, die zugleich 2^ einem ziigigeren Abbruch von Geschaftsbeziehungen fiihren kann. Mit einem hohen Indmdualismus steigt die Tendenz, die Anstrengungen und Ergebnisse der Geschaftsbeziehungen aus einer nur unilateralen Perspektive zu betrachten. Wahrend Erfolge in relativ starkerem MaB auf eigene Anstrengungen zuriickgeftihrt werden, steigt gleichzeitig die Bereitschaft, Misserfolge auf das Verhalten des Partneruntemehmens zurtickzufiihren.'" Mit der Maskulinitat einer Gesellschaft sollte auf der evaluierenden Ebene schlieBlich ein starkerer Fokus auf den Skonomischen Erfolg von Transaktionen und das konkrete messbare Ergebnis der Aufrechterhaltung einer Geschaftsbeziehung gelegt werden. Bei einer Unzufriedenheit mit den Beziehungsergebnissen sollte eine grOBere Bereitschaft zur Beendigung einer Geschaftsbeziehung existieren. Bei femininen Kulturen konnte dagegen eine umfassendere Bewertung unter Einbezug qualitativer Aspekte der Zusammenarbeit erfolgen. 3.4.3
Zwischenfazit
Die vorangegangene Diskussion des Ebenenmodells im kulturtibergreifenden Kontext hat verdeutlicht, dass das erweiterte Ebenenmodell gnmdsatzlich auch als deskriptiver Analyserahmen fiir kulturtlbergreifende Geschaftsbeziehungen geeignet ist. Es zeigen sich zahlreiche Anhaltspunkte dafiir, dass von der Landeskultur der Partneruntemehmen ein Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der verschiedenen Ebenen ausgeht. In Abhangigkeit der kulturellen Werte der Geschaftspartner eines Partneruntemehmens lassen sich auf samtlichen Ebenen abweichende Akzente und Praferenzen vermuten, die das Management der jeweiligen Ebene im kulturUbergreifenden Kontext erschweren. So ist auf der individuellen Ebene ein Kultureinfluss u. a. auf die Auswahl von Geschaftspartliem sowie den Aufljau und den Stellenwert personlicher Beziehungen zu erwarten. Formen der sozialen Interaktion sind zwangslaufig kulturgebunden. Auf der Interaktionsebene treten somit kulturelle Unterschiede offen zu Tage. Gleichzeitig bieten sich hier zahlreiche Moglichkeiten fiir interkulturelle Missverstandnisse. Der Einfluss von Kultur auf die Sachebene wird - obwohl er nicht ganzlich auszuschlieBen ist - aufgrund der haufig kulturinvarianten Sachverhalte vergleichsweise gering sein. Die Machtebene ist im kulturUbergreifenden KonVgl. hierzu auch Kale/Mclntyre (1991), S. 40 sowie BarkemaA^ermeulen (1997), S. 848 f. ' " Vgl. auch Kale/Mclntyre (1991), S. 41.
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturUbergreifender Geschflftsbeziehimgen
127
text schon alleine dadurch beachtenswert, dass Aimahmen tiber die Verteilung imd die Anwendung von Macht per se als eine wichtige Kulturdimension zu sehen ist. Schliefilich lassen sich auch auf der evaluierenden Ebene Anhaltspunkte daftir finden, dass die Bewertimg von Geschaftsbeziehungen sowie die hiervon ausgehenden Konsequenzen (Fortfiihnmg, Ausbau, Abbruch etc.) kulturell beeinflusst werden. Folgende einschrankende Bemerkungen zu den vorangegangenen Ausfiihnmgen sowie weiterfiihrende tjberlegimgen seien hier abschlieBend aufgefiihrt:
•
Fohis aufBeziehungsebenen, nicht Wirkungen: Wahrend zahlreiche kulturbedingte Unterschiede hinsichtlich der Ausgestaitung der verschiedenen Ebenen zu erwarten sind, wurde nur peripher darauf eingegangen, inwieweit von der kulturtibergreifenden Beziehungskonstellation ein moderierender Einfluss auf die zwischen den Ebenen existenten Wirkungsbeziehungen ausgehen kann. HierfUr sind zwei Griinde zu nennen: Zum einen umfassen die Ebenen ein sehr breites Spektrum von Beziehungsaspekten. Die Diskussion mdglicher Unterschiede beziiglich der Wirkungsbeziehungen wtirde jedoch eine selektive und tiefgehendere Betrachtung einzelner Beziehungskonstrukte erfordem. Zum anderen sind Unterschiede vor allem hinsichtlich der graduellen Starke der Wirkungsbeziehungen zu erwarten, nicht jedoch hinsichtlich des gmndlegenden Einflussmusters.'^''
•
Vereinfachende Annahme dichotomer Kulturauspragungen:
Aus Grtinden der Veran-
schaulichung orientierte sich die Diskussion an hohen bzw. niedrigen Auspragungen der verschiedenen Kulturdimensionen. In der Realitat stellt jede Dimension jedoch ein Kontinuum dar. Spezielle Landeskulturen werden somit nur im Einzelfall einem extremen Endpunkt zuzuordnen sein. Gleichzeitig folgt hieraus, dass die herausgestellten Unterschiede teilweise tlberzeichnet sind und sich in der Realitat in eher graduellen Unterschieden niederschlagen. Zudem basieren die unterstellten Einflusse angesichts des derzeitigen Stands der empirischen Forschung iiberwiegend auf konzeptionellen Uberlegungen und besitzen somit zumeist einen lediglich hypothetischen Charakter.
•
Aushlendung bestehender
Wirkungsinterdependenzen:
Der Diskussion des Einflusses
einer Kulturdimension lag femer eine ceteris paribus Annahme beziiglich der iibrigen Dimensionen zugrunde. In der Realitat stellen Landeskulturen jedoch ein Btindel unterschiedlicher Auspragungen samtlicher Kulturdimensionen dar. Um eine Einschatzung des Einflusses einer konkreten Landeskultur auf eine Beziehungsebene zu erhalten, miissen
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Das spezielle Erkeimtnisobjekt der kulturtlbergreifenden
Geschaftsbeziehung
somit samtliche Dimensionsausprfigungen hinsichtlich ihrer individuellen Bedeutimg ftir die betrachtete Beziehungsebene auf bestehende Interdependenzen geprUft werden.^" Kulturelle Effekte auf einen konkreten Beziehimgsaspekt kOnnen sich somit nicht nur gegenseitig verstarken, sondem auch gegenlSufig kompensieren.'"
•
Komparative statt synergetische Perspektive: Der bisherigen Diskussion lag zudem eine kulturvergleichende Perspektive zugrunde, indem in Abh^ngigkeit der Kulturdimensionen zu erwartende Praferenzen aus Sicht lediglich eines Partneruntemehmens erOrtert wurden. Die kulturUbergreifende Konstellation fUhrt jedoch dazu, dass unterschiedliche AnsStze des Beziehungsmanagements unmittelbar aufeinandertreffen und bei bestehenden kulturellen Inkompatibilitaten den Beziehungserfolg nachhaltig gefMhrden kOnnen. Aufgnmd der Multidimensionalitat der Kultur stellt sich femer auch die Frage, inwieweit Unterschiede hinsichtlich der verschiedenen Kulturdimensionen eine vergleichbare Wirkung entfalten Oder besonders kritische Dimensionen vorliegen. Bspw. belegen BARKEMA und VERMEULEN - allerdings fiir den Fall kulturtibergreifender Joint Ventures und somit ftir Geschaftsbeziehungen mit einer hohen Bindungsintensitat - dass insbesondere Unterschiede hinsichtlich der Unsicherheitsvermeidung sowie der Langfristorientierung die langfristige Existenz des Joint Ventures gefMhrden.'" Aus einer synergetischen Perspektive ist jedoch durchaus auch denkbar, dass sich kulturelle Unterschiede ergSnzen und positive Wirkungen entfalten kOnnen.
Die vorangegangenen AusfUhrungen haben gezeigt, dass das Erkenntnisobjekt der kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehung als zumindest teilweise wesensfremd gegentiber herk6mmlichen, intrakulturellen Geschaftsbeziehungen zu sehen ist. Die zahlreichen Besonderheiten werfen die Frage auf, inwieweit das entwickelte Analysemodell auch in einem kulturtibergreifenden Kontext eine hinreichende Erklarungskraft ftir die Beziehungsqualitat besitzt. Zudem wurde deutlich, dass eine Diskussion der Besonderheiten kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen trotz des Rtickgriffs auf die weit verbreiteten Kulturdimensionen von HOFSTEDE zwangslaufig eher oberflachlich und vage bleiben muss. Ein konkreter Test des entwickelten Analysemodells sowie die Ableitung praxeologischer Handlungsempfehlungen sind erst moglich, wenn das hohe Abstraktionsniveau verlassen wird und sich konkreten Beziehungs-
Vgl. hierzu insb. die Untersuchung von GriJBRth/Hu/Ryans (2000), die tiberwiegend graduelle Unterschiede der Wirkungsbeziehungen ausgewShlter Beziehungskonstrukte bei intrakulturellen vs. kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen unterstellen. Vgl. zur Problematik der Ausblendung einzelner Kulturdimensionen bspw. Harrison/McKinnon (1998), S. 488 ff. Vgl. hierzu bspw. den Beitrag von Shankarmahesh/Ford/LaTour (2003), die einen simultanen Einfluss der vier Kulturdimensionen von Hofstede auf den eng abgegrenzten Beziehungsaspekt der Bereitschaft zum Abbruch einer Geschaftsbeziehung herleiten. Vgl. BarkemaA^ermeulen (1997), S. 854 ff.
Ebenenspezifische Besonderheiten kulturtlbergreifender Gesch£lftsbeziehungeii
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konstellationen zugewendet wird. Erst anhand der Gegentiberstellimg der Kultunmterschiede bei konkreten kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen lassen sich nShere Hinweise auf diejenigen Problembereiche ableiten, denen im Rahmen des Beziehungsmanagements eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Im folgenden dritten Hauptteil der vorliegenden Arbeit wird sich daher der konkreten kulturtibergreifenden Beziehungskonstellation deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen zugewendet.
4 Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer GeschSftsbeziehungen 4.1 China - Okonomische und kulturelle Grundlagen 4.1.1
Skizze der politisch-5konomischeii Rahmenbedingungen
Die VR China hat im zurllckliegenden Vierteljahrhundert einen bemerkenswerten politischen und wirtschaftlichen Verandenmgsprozess voUzogen.' Die Transformation zu einer sozialistischen Marktwirtschaft und die einhergehende auBenwirtschaftliche Offhung haben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundlegend verSndert.^ Weder der Verlauf noch der Stand der wirtschaftspolitischen Reformen kfinnen hier im Detail wiedergegeben werden. Dennoch erscheint eine kurze Skizze geboten, da sich mit dem Reformprozess zugleich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ftir deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen grundlegend verSndert haben. Die wesentlichen GrundzUge der wirtschaftspolitischen Reformen sind in Tab. 4-1 hinsichtlich der verfolgten Reformziele, der ImplementierungsansStze sowie der zu tiberwindenden Reformbarrieren zusammenfassend dargestellt. Auf der Seite der Regierung ist ein deutlicher RUckzug aus dem wirtschaftlichen Handeln tlber eine verstSrkte Dezentralisienmg, Privatisierung und der Einfilhrung von Marktpreisen zu konstatieren. Im Hinblick auf eine positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung werden ausgewMhlte Industriezweige gezielt gefbrdert, um letztlich auch auf globaler Ebene wettbewerbsfMhige Untemehmen aufljauen zu k5nnen. Als notwendige Schritte hierzu werden u. a. die Fusion und Rationalisierung staatiicher Betriebe sowie der Erwerb auslSndischen Knowhows angestrebt. In Anbetracht der Nachhaltigkeit der Reformen ist der Transformationsprozess relativ kontinuierlich bei nur vergleichsweise geringen WiderstSnden und Konflikten zwischen den bedeutenden politischen Fraktionen verlaufen.^ Als bedeutende Einschnitte sind die wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten Ende der 80er und die in diesem Zeitraum erfolgte Niederschlagung der aufkeimenden Demokratiebewegung im Juni 1989 auf dem „Platz des himmlischen Friedens" zu nennen.^ Aktuelle Spannungen resultieren aus dem zunehmenden
Als Ausgangspunkt der wirtschaftspolitischen Transformation der VR China gelten die Beschltlsse des 3. Plenum des XI. ZentraUcomitees der Kommunistischen Partei Chinas tlber eine zunehmende aufienwirtschaftspolitische Offiiung sowie erste innengerichtete wirtschaftspolitische Reformen im Dezember 1978. Die BeschlUsse des 3. Plenums des XII. ZentraUcomitees im Jahre 1984 setzten die auBenwirtschaftliche Ofi&iung fort und dienten einer Neuordnung der zentralen vs. lokalen sowie der administrativen vs. betrieblichen ZustSndigkeiten, einer Substitution zentraler Lenkungsprinzipien durch Marktelemente, der Etablierung stabiler Rechtsverhaltnisse sowie der Stflrkung privater Untemehmeraktivitaten. Vgl. zu denfrtthenReformschritten z. B. Kraus (1987), S. 3 £f. sowie Boisot/Child (1988), S. 513 ff. Ftlr ausfilhrlichere Darstellungen der Transformationsprozesse vgl. z. B. Kraus (1987); TrommsdorfD'Wilpert (1994), S. 24 ff. sowie Child/Tse (2001). Ftir einen aktuellen Ausblick siehe femer DeWoskin (2003). Vgl. ChildA-se (2001), S. 7. Vgl. Simon (1990), insb. S. 115.
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer GescMftsbeziehungen
132
Wohlstand der Ktistenstadte im Vergleich zum eher unterentwickelten Hinterland sowie der im Zuge der Untemehmensrestmkturierungen notwendigen Freisetzung von Personal. Implementierungsansatz
Reformbarrieren
|
Akteure
Reformzlele
c
Etablierung einer sozialistischen Marktwirtschaft
„Open Door"-Ansatz, EinfQhrung nationaler Markte, Reform staatl. Institutionen
Widerstand durch poiitische Gruppen sowie staatliche Betriebe
RUckzug der Regierung aus der Unternehmenstdtigkeit
Dezentralisierung und Privatisierung
Furcht vor Kontrollverlust & Spannungen zwischen zentraler und lokaler Ebene |
Wettbewerbsstarke Unternehmen auf globaler Ebene
Entwicklung wettbewerbsintensiver Heimatm£lrkte, Gewinnung ausl^indischen Technologie- & Management-Know-hows
Schwierigkeit des Aufbaus globaler Marken
Wettbewerb zwischen privaten und Gemeinschaftsunternehmen
Rationalisierung der staatlichen Betriebe; Test verschiedener Untemehmensmodelle
Arbeitslosigkeit und soziale BefUrchtungen
Erzielung von Skaleneffekten
Fusionierung von Untemehmen fUr den nationalen Markt
Lokaler Protektionismus
FOrderung von SchlQsselindustrien
Beibehalt staatlichen Einflusses in SchlUsselindustrien
Schwierigkeit der Selektion sowie Positionierung im internationalen Wettbewerb |
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1
Fehlende F&E Kapazitdten
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Tab. 4-1: Ziele, MaBnahmen und Barrieren institutioneller Reformen in China Quelle: inAnlehnung an Child/Tse (2001). S. 7
Die Reformen und die 1978 eingeschlagene „Politik der offenen Ttir", die die bis dahin existierende weitgehende aufienwirtschaftliche Isolation der VR China ablQste, fUhrten zu einer Veranderung der Rahmenbedingungen deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen, sowohl fUr den Fall eines Eintritts in den chinesischen Markt als auch bei der Verfolgung von Beschafiungsinteressen. Als wichtige Schritte bezUglich der AuBenhandelsbeziehungen sind die Zulassung von Kreditfinanzierungen, die Aufhebung der monopolgleichen Beschrankung auf sehr wenige etablierte AuBenhandelsgesellschaften sowie die Verlagenmg wichtiger behordlicher Kompetenzen auf die regionale Ebene zu nennen. Als wichtige Entscheidungen sind die Zulassung von Gemeinschaftsuntemehmen mit auslSndischer Kapitalbeteiligung (,equity joint ventures') im Jahr 1979, die beschrankte Zulassung von 100-prozentigen Tochtergesellschaften (,wholly owned subsidiaries') in bestimmten Ktistenstadten und Sonderwirtschaftszonen Mitte der 80er sowie das Gesetz tiber vertragliche Gemeinschaftsuntemehmen (,contractual joint ventures') in 1988 zu sehen.^ Als weiterer Schritt der Erweiterung der gesellschaftsrechtlichen Arrangements kann die Zulassung von 100-prozentigen Tochteruntemehmen auslandischer Untemehmen auch im Einzelhandelssektor in 1995 gesehen werden.^ Im Ergebnis bieten
Vgl. TrommsdorffiWilpert (1994), S. 34. Vgl. Child/Tse (2001), S. 10 fif.
China - Okonomische und kulturelle Gmndlagen
13 3
sich auslandischen Untemehmen aus heutiger Sicht eine Vielzahl gesellschaftsrechtlicher Optionen zum Aufbau eigener bzw. partnerschaftlicher imtemehmerischer Aktivitaten.^ Ein einschneidendes und auch fiir die folgende empirische Untersuchung bedeutsames Ereignis der politischen Geschichte der VR China ist die zum 1. Juli 1997 vollzogene Obergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong an die VR China. Die wirtschaftliche und rechtliche Sonderstellung Hongkongs ist jedoch nach dem Konzept „Ein Land - zwei Systeme" flir weitere 50 Jahre unverSnderbar.* Sowohl vor als auch nach der Ubergabe gilt Hongkong im Ranking des durch die HERITAGE FOUNDATION sowie dem WALL STREET JOURNAL
ermitteltem „Index of Economic Freedom" als freieste Volkswirtschaft der Welt. Diese fiihrende Position basiert u. a. auf dem nahezu voUkonmienen Verzicht auf Handelsbeschrankungen, privaten sowie Untemehmenssteuem in H6he von nur 15 bzw. 16 Prozent, sehr geringen staatlichen Interventionen, einem effektiven Rechtswesen sowie einer minimalen beh6rdlichen Regulierung untemehmerischer Aktivitaten.^ Grundlage ftir Hongkongs Stellung als einer der bedeutendsten Handelsplatze und Wirtschaftsstandorte der Welt bildet neben der politischen und wirtschaftlichen Sonderstellimg im Verlauf der mehr als 150-jahrigen Geschichte als britische Kronkolonie^^ auch die im siidostasiatischen Raum zentrale geographische Lage Hongkongs an der Stidostspitze der VR China. Die wichtigsten Produktionsbasen der Sonderverwaltungszone Hongkong befinden sich aufgrund des geringen Kostenniveaus bei gleichzeitiger rSumlicher Nahe in der angrenzenden chinesischen Provinz Kanton.^' Aufgrund der exzellenten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingimgen sowie der okonomischen Bedeutung Hongkongs und der VR China haben zahlreiche deutsche GroBkonzeme, aber auch viele mittelstSndische Untemehmen eigene Biiros in Hongkong erSffhet.
Vgl. z. B. Pye (1992), S. 22 sowie Luo (2000). Mit Ausnahme der AuBen- und Verteidigungspolitik besitzt die Sonderverwaltungszone weitgehende Autonomierechte gegentiber der Zentralregierung VR China. Vgl. Hong et al. (1993), S. 241 ff. Dieser alljfihrlich ermittelte Index berUcksichtigt im einzelnen die Kriterien der Regierungsintervention, auslandischer Investitionen, Lohn- und Preisniveau, Regulierung, Steuerbelastung, Geldpolitik, Bank- und Finanzwesen, Eigentumsrechte sowie Schwarzmarkt. Die Bundesrepublik Deutschland nimmt in diesem Ranking aktuell nur den 20. Platz ein. Vgl. O'Driscoll/Holmes/O'Grady (2002), S. 203. Vgl. femer ftlr die Entwicklung des Wirtschaftssystems in Hongkong bis zur Ubergabe Chiu/Levin (1999). Die Emennung zur britischen Kronkolonie erfolgte bereits im Anschluss an den ersten Opiumkrieg zwischen GroBbritannien und China im Jahr 1842. Die in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts einsetzende exportorientierte Industrialisierung fllhrte zu einem rapiden wirtschaftlichen Aufstieg Hongkongs. Die politische und wirtschaftliche Of&iung der VR China ab 1978 sowie der einsetzende Wettbewerbsdruck durch Nationen mit geringeren Kostenniveaus hat zu einem Abbau arbeitsintensiver Produktion gefilhrt und zugleich Hongkongs Stellung als bedeutende Handelsnation gestarkt. Vgl. Mun/Chan (1986); Chen (1993), S. 1ff.;Hong et al. (1993), S. 250 f sowie Cheung/Chow (1999), S. 371. Vgl. femer die Fallstudie des Handelhauses Li & Fung bei Margretta (1998). Vgl. Schwantes (1999), S. 32 der eine „symbioseartige Verbindung" konstatiert. Kanton gilt mit diversen Sonderwirtschaftszonen, die wie bspw. Shenzhen mittlerweile teilweise selbst zu Millionenstadten angewachsen sind, als die progressivste unter den 23 chinesischen Provinzen. Wahrend der Norden der Volksrepublik eher konservativ und durch eine schwerindustrielle Basis geprSgt ist, fmden sich im Stiden Chinas eher kleine, bewegliche, oft kollektiv oder privat orientierte und auf KonsumgUterproduktion ausgerichtete Untemehmen. Die geringen Arbeitskosten auf dem Festland stellen das wichtigste Motiv filr Investitionen auf dem Festland seitens Untemehmen aus Hongkong dar. Vgl. hierzu ChildA^an (2001), S. 64.
134
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
Als bedeutender Meilenstein der wirtschaftspolitischen Offiiimg der VR China ist schlieBlich der Beitritt zur Welthandelorganisation (WTO)'^ nach langjahrigen zShen Verhandlungen Ende 2001 zu sehen.'^ Seit dem Eintritt in die WTO hat der intemationale Handel mit der VR nochmalstiberproportionalzugenommen, wobei das durch den massiven Anstieg chinesischer Exporte entstandene Handelsbilanzimgleichgewicht international zu politischen Spannungen gefUhrt hat. Angesichts des weitgehenden Wegfalls von Handelsbeschrankungen und dem resultierenden globalen Wettbewerb stellte der Beitritt einen PrUfstein fiir den Erfolg der wirtschaftspolitischen Reformprozesse. Zugleich war der Beitritt aufgrund der fUr zahlreiche Sektoren und insb. staatliche Untemehmen bestehenden Risiken durch den Protektionswegfall in China (und angesichts verbleibender ZugestMndnisse auch international) jedoch nicht unumstritten. 4.1.2
Kennzeichnung der chinesischen Kultur
Im Hinblick auf die Kennzeichnung der konkreten kulturUbergreifenden Beziehungskonstellation deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen soil im Folgenden ein kurzer tFberblick Uber die chinesische Kultur gegeben werden. EinschrSnkend sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen dieser betriebswirtschaftlich ausgerichteten Arbeit zwangslSufig keine umfassende Beschreibung der chinesischen Kultur erfolgen kann.'^ Die Darstellung beschrSnkt sich hier zunachst auf eine allgemeine Skizze der Kultur als ein potenzieller situativer Einflussfaktor. Konkrete Implikationen der chinesischen Kultur flir das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen werden erst an spaterer Stelle aufgezeigt.^^ 4.1.2.1 Spezifische Besonderheiten der chinesischen Kultur Das Verstandnis der chinesischen Kultur erfordert die Kenntnis ihrer spezifischen religiosen und philosophischen Wurzeln.^^ Trotz der groBen Unterschiede der sozialen, politischen und okonomischen Entwicklung zwischen der VR China, Hongkong und Taiwan begrtlnden diese Wurzebi eine Vielzahl gemeinsamer und zeitstabiler kultureller Werte Chinas. Zudem grenzt
Die WORLD TRADE ORGANIZATION (WTO) ist seit dem 1.1.1995 die Nachfolgeorganisation der eher ad-hoc gegrOndeten GATT-Organisation (GENERAL AGREEMENT ON TARIFS AND TRADE). Das GATT-Abkommen ist in seiner tiberarbeiten Fassung von 1994 weiterhin ein zentraler Bestandteil der WTO und wird insb. durch das GENERAL AGREEMENT ON TRADE IN SERVICES (GATS) und das AGREEMENT ON TRADE-RELATED ASPECTS OF INTELLECTUAL PROPERTY RIGHTS
(TRIPS) ergfinzt. Vgl. zum WTO Beitritt Chinas z. B. Prime (2002). Neben der VR China hat auch Hongkong bis zur Unterzeichnung des GATT Abkommen zum 23.04.1986 lange eine Sonderposition eingenommen. Vgl. bspw. umfassend den Herausgeberband von Bond (1996): Vgl. hierzu die Gestaltungsempfehlungen in Kapitel 4.3. Vgl. z. B. Gan (1997) sowie Chinese Culture Connection (1987). Vgl. auch die Aussage von Gabrenya/Hwang (1996); S. 308: , ^ y discussion of Chinese behaviour must begin with the pervasive influence of the social philosophy attributed to Confucius (Kongzi)."
China - Okonomische und kulturelle Gnmdlagen
13 S
sich die chinesische Kultur durch diese eigenen Wurzeln zumindest teilweise deutlich von anderen asiatischen Kulturen wie z. B. Japan ab.'^ Von herausragender Bedeutung ftir die chinesische Kultur ist vor allem der Konfuzianismus^^ als ein System pragmatischer Regeln ftir das alltSgliche Leben.^' Die RoUe des Einzelnen ist hiemach entscheidend durch seine Stellung im Rahmen von flinf ungleichen, hierarchischen Beziehungen bestimmt: Herrscher-Untertan, Vater-Sohn, Mann-Frau, Slterer Bruder-jtlngerer Bruder sowie erfahrener Freund-unerfahrener Freund. Aus diesen Konstellationen sowie dem Rang, den ein Einzelner in diesen sozialen Beziehungen einninmit, ergeben sich unterschiedliche Verhaltensregehi.^° Als bedeutendste Verhaltensmaxime gelten diesbeztiglich die Einbzw. Unterordnung des Individuums in die Gemeinschaft sowie Wahrung von Harmonie.^' Diese konfuzianischen Wurzeln ftihren dazu, dass die Identitat eines Chinesen mafigeblich durch seine Beziehungen zur Gemeinschaft definiert ist.^^ GAO fasst diese kulturelle Besonderheit wie folgt zusammen: „In Chinese Culture, to be aware of one's relations with others thus is an integral part of zuo ren... , 'conducting oneself - a Chinese's person's lifetime goal. In essence, Chinese can never separate themselves from obligations to others... and Chinese self-esteem is connected closely with that of the collective."" Die zweite philosophische Basis der chinesischen Kultur bildet der Taoismus. Im Gegensatz zum Konfuzianismus steht im auf den Philosophen Lao-tse^'* zurtickgehenden Taoismus nicht der Mensch und seine Rolle in der Gesellschaft sondem seine Stellung zur Natur im Mittelpunkt. Dabei hat der Mensch die Natur nicht zu unterwerfen, sondem in Harmonic mit der Natur zu leben. Vielmehr bestinmit die Natur tiber den Weg (,Tao') und Lauf der Dinge. Der Mensch steht in der universellen Ordnung stets zwischen zwei entgegengesetzten, aber sich gegenseitig bedingenden Kraften tying'
vs. ,yang')}^ Hierdurch begrtindet sich auch die
Uberzeugung, dass gewisse Sachverhalte und auch Beziehungen zu Personen vorherbestimmt
VgLLockett (1988), S. 486. Der Konfiizianismus geht auf den Philosophen Konfuzius zurUck, der vennutlich im 6. Jahrhundert vor Christus (551479 V. Chr.) lebte. Vgl. Dttlfer (1999), S. 298. Vgl. Shenkar/Ronen (1987b), S. 266 f.; Zinzius (1996), S. 25 fif. Als fUnf Kardinaltugenden des Konfuzianismus gelten ein pflichtmSBiges Verhalten in den zwischenmenschlichen Beziehungen, Rechtschaifenheit, Schicklichkeit, Weisheit und Treue. Vgl. Dtilfer (1999), S. 298 sowie Ghauri/Fang (2001), S. 308 f. Vgl. z. B. Shenkar/Ronen (1987b), S. 266; KirkbrideA^ang/Westwood (1991), S. 367; Buttery/Leung (1998), S. 383. Vgl. z. B. KirkbrideA^ang/Westwood (1991), S. 367 f. sowie Chung (1995), S. 52. Gao (1998), S. 165. Dem im Zeitraum des 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr. lebenden Philosophen Laotse (.alter Meister') wird das filr den Taoismus zentrale und namensgebende Werk „Tao-te-king" (Das Buch vom Weg und der Tugend) zugeschrieben. Vgl. Laotse (1999).
136
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaflsbeziehungen
sind.^^ Eine Beeinflussimg des eigenen Schicksals erfolgt daher eher passiv tiber die Einhaltung wichtiger Lebensregeln wie Reinheit, Tugendhaftigkeit und Einfachheit. Diese Regeln decken sich in Teilen mit auch vom Konfiizianismus geforderten Tugenden wie barter Arbeit, Geduld und Ausdauer sowie Sparsamkeit und MSBigung und erganzen die Richtlinien zur Einordnung des Individuums in die Gesellschaft.^^ In einer engen Verbindung zu diesen philosophisch verankerten Verhaltensregeln steht die grofie Bedeutung der Wahrung des Gesichts^^. Das Gesicht - zu verstehen als Form extern gewahrten Ansehens und personlicher Ehre - kann sowohl durch einen Ruf als rechtschaffener Mensch, der seinen Verpflichtungen nachkommt (,lien'), als auch durch persOnlichen Erfolg, Status und Reputation (,mien-tzu') erworben werden.^^ Dabei kommt in der chinesischen Kultur der Integritat und Rechtschaffenl^eit eine grSBere Bedeutung zu als der Reputation.^° Verstefie gegen allgemein anerkannte Regeln ftihren dagegen zum Verlust des Gesichts. Im Rahmen sozialer Interaktionen ist aus diesem Grunde auch darauf zu achten, das Gesicht der anderen Person durch einen respektvollen Umgang sowie der Anerkennung des entsprechenden sozialen Status zu wahren.^' Wahrend die Verhaltensrichtlinie der Wahrung des Gesichts auch in westlichen Kulturen anzutreffen ist, zeigen sich im Vergleich konzeptionelle und graduelle Unterschiede. In der westlichen Auffassung wird das , Gesicht' eher als eine persQnliche Eigenschaft betrachtet und Uber individuelle Attribute definiert, wahrend es in der chinesischen und asiatischen Kultur eher als eine extern von der Gemeinschaft zugeschriebene Eigenschaft verstanden wird. Die in diesem Zusammenhang relevanten sozialen Interaktionen beziehen sich in der chinesischen Kultur vor allem auf Personen mit einem unterschiedlichen hierarchischen Status und sind langfristig angelegt, wahrend im Westen auch kurzfristige Interaktionen zwischen statusbezogen Squivalenten Interaktionspartner relevant sind.^^ SchlieBlich ist ein gradueller Unterschied dahingehend zu sehen, dass die Wahrung des Gesichts in der chinesischen Kultur einen herausragenden Stellenwert einnimmt und eine groBere Relevanz fur das individuelle Verhalten als in westlichen Kulturen besitzt.
Ying steht hierbei fUr das Weibliche, Passive, Empfangende und die Erde, wahrend yang filr das Mannliche, Aktive, SchOpferische und den Himmel steht. Vgl. hierzu z. B. Chung (1995), S. 51 f. Vgl.Yau(1988), S.46f. Vgl. Hofstede/Bond (1988), S. 8. Vgl. zur Bedeutung der Gesichtswahrung in China grundlegend Hu (1966) sowie den LiteraturQberblick bei Kim/Nam (1998). Im englischsprachigen Schrifttum wird analog von ,face' gesprochen. Vgl. Hu (1966), S. 238. Vgl.Yau(1988), S.50. Das entsprechende chinesische Konzept des „Gesicht geben" wird als ,mianzi' bezeichnet und wird als ahnlich bedeutend gesehen wie die Wahrung des Gesichts. Vgl. Buttery/Leung (1998), S. 384. Vgl. Kim/Nam (1998), S. 524.
China - Okonomische und kulturelle Gnmdlagen
13 7
Bin im Konfuzianismus verankertes Merkmal der chinesischen Kultur ist die besondere Bedeutung persOnlicher Beziehimgen.^^ Der diesbeztiglich verwendete und weit verbreitete Begriff guanxi^^ bezeichnet die kulturspezifische Form, in dem pers6nliche Beziehungsnetzwerke aufgebaut und in Anspnich genommen werden, um durch soziale Interaktionen mittels impliziter Verpflichtungen, Zusicherungen und VerstSndnis individuelle Ziele zu erreichen.^^ Ober das soziologische und anthropologische Schrifttum^^ hinaus hat er auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur weite Verbreitung gefunden.^^ Grundsatzlich sind diesbeztiglich famili&re und herkunftsbezogene Verbindungen von Beziehungen zwischen gleichrangigen Individuen (wie bspw. Kollegen und Freunden) von hierarchischen Beziehungen zu unterscheiden.^' Obwohl somit ein Teil des guanxi aufgnmd der eigenen Herkunft gegeben ist, kann das Beziehungsnetzwerk dennoch bewusst durch GefUUigkeiten, vertrauensbildende MaBnahmen sowie den Eingang wechselseitiger Verpflichtungen aufgebaut und gepflegt werden.^' Der RUckgriff auf pers5nliche Beziehungsnetzsverke ist grundsatzlich auch in westlichen Kulturen weit verbreitet. Allerdings ist es wiederum das AusmaB, indem guanxi auf soziale und 5konomische Interaktionen Einfluss nimmt, das es zu einem besonderen Merkmal der chinesischen Kultur macht und nicht zuletzt zur PrSgung eines eigenen Begriffs im internationalen Schrifttum geftihrt hat/° Als tiber den philosophischen Hintergrund hinausgehende GrUnde filr diesen besonderen Stellenwert wird auf die politische Unsicherheit sowie die Abwesenheit eines verlSsslichen Vertragssystems hingewiesen/^ Vorteile der Nutzung von guanxi liegen u. a. in einem verbesserten Informations- sowie Ressourcenzugang sowie dem Erhalt von Genehmigungen/^ Aufgnmd der starken AbhSngigkeit Gkonomischer Transaktionen von guanxi, insbesondere zu den in der VR China wichtigen btirokratischen Entschei-
Vgl. Shenkar/Ronen (1987b), S. 267. Der Terminus Guanxi kann vereinfacht mit Verbindung oder Beziehung flbersetzt werden. Die zwei chinesischen Schriftzeichen stehen filr „Tor" / „Zugang" sowie „verbinden". Vgl. Yeung/Tung (1996). Luo (1997), S. 43 gibt folgende kompakte Beschreibung: "The Chinese word 'guanxi' refers to the concept of drawing on connections in order to secure favors in personal relations. It is an intricate and pervasive relational network which Chinese cultivate energetically, subtly, and imaginatively. It contains implicit mutual obligation, assurance and understanding, and governs Chinese attitudes toward long-term social and business relationships." Vgl. femer grundlegend long Ghee Kiong/Yong Pit Kee (1998). Vgl. z. B. Hwang (1987); Yang (1994) sowie l o n g Ghee Kiong/Yong Pit Kee (1998). Vgl. u.a. Daviesetal. (1995); LeungAVong/Tam (1995); Yeung/Tung (1996); Luo (1997); Ambler/Styles/Xiucan (1999); Lovett/Simmons/Kali (1999); Wong/Chan (1999); Pearce/Robinson (2000); Wong/Tam (2000) und Yi/Ellis (2000). Zu den Quellen von guanxi vgl. ausfilhrlich Tong Chee KiongATong Pit Kee (1998), S. 77 flf. Vgl. z. B. Tong Chee Kiong/Yong Pit Kee (1998), S. 80 ff. Ftlr eine Gegentlberstellung der diesbezUglich bestehenden Unterschiede zwischen asiatischen und westlichen Kulturen vgl. bspw. Yeung/Tung (1996). Vgl. z. B. Yi/Ellis (2000), S. 25 f Vgl. Davies et al. (1995), S. 212 und Tai (1988), S. 8. FUr eine dififerenzierte Zusammenstellung Okonomischer Vorteile von guanxi-Beziehungen vgl. femer Yi/Ellis (2000), S. 28. In ihrer Befragung zeigten sich hinsichtlich der Gewichtung kaum signifikante Unterschiede zwischen chinesischen Managem aus der VR China und Hongkong. Vgl. jedoch auch Guthrie (1998), der zumindest in den modemen, industrialisierten Zonen eine abnehmende Okonomische Bedeutung des guanxi konstatiert.
13 8
Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Gesch^ftsbeziehungen
dungstragem, sowie der hierdurch notwendigen Gewahning von Gefalligkeiten verschwimmen allerdings die Grenzen zwischen guanxi und Komiption teilweise/^ Die dargestellten philosophischen Wurzeln und ausgewShlten kulturellen Besonderheiten verrnQgen keine umfassende Beschreibung der chinesischen Kultur zu leisten. Sie belegen jedoch die Einzigartigkeit der chinesischen Kultur und zeigen exemplarische Unterschiede zur westlichen bzw. deutschen Kultur. Im Hinblick auf die Moglichkeit einer systematischen Gegentiberstellung soil hierauf aufbauend im folgenden Kapitel eine Kennzeichnung anhand von allgemeinen Kulturdimensionen erfolgen. 4.1.2.2 Die chinesische Kultur im Raster allgemeiner Kulturdimensionen Kulturdimensionen erheben den Anspruch eine mehr oder minder differenzierte und vergleichende Beschreibung von Kulturen zu ermoglichen. In diesem Sinne soil im Folgenden eine Charakterisierung der chinesischen Kultur anhand der im vorangegangenen Hauptkapitel eingefUhrten Kulturdimensionen von HOFSTEDE erfolgen/"* Problematisch ist hierbei zunachst, dass China als Oberbegriff im Grunde auch nach der (Jbergabe Hongkongs mit der VR China und Taiwans mehrere Staaten umschlieBt/^ Ftir die VR China wurden zudem von HOFSTEDE keine Werte fOr die urspriinglichen vier Kulturdimensionen ermitteh/^ Auf Basis der in der Untersuchung beriicksichtigten chinesischen Teilnationen Hongkong, Taiwan und auch Singapur konnen dennoch vorsichtige allgemeine Einschatzungen der chinesischen Kultur gegeben werden/^ Die Tab. 4-2 zeigt die Auspragungen der verschiedenen Kulturdimensionen fiir die chinesischen Nationen (und die BR Deutschland) im Uberblick."** Letztlich zeigen sich mit Ausnahme der Dimension der Unsicherheitsvermeidung und der Langfristorientierung vergleichsweiVgl. z. B. Yi/Ellis (2000), S. 27. Lovett/Simmons/Kali (1999), S. 234 wamen jedoch aufgrund inhaltlicher Unterschiede sowie aus einer kulturell-relativistischen Perspektive vor einer pauschalen Gleichsetzung. Ftlr einen Uberblick Uber die Einordnung der chinesischen Kultur in unterschiedlichen Forschungsprojekten und Kulturtypologien vgl. insb. Bond (1996). Vgl. femer filr eine Einordnung in die Systematik von Kluckhohn/Strodbeck (1961) vgl.Yau (1988). Als Konvention fUr die folgenden Ausfilhrungen soil gelten, dass der Begriff China sowohl die VR China, die Sonderverwaltungszone Hongkong sowie Taiwan umschlieBt. Der englischsprachige Begriff .Greater China' entspricht dieser BegrifFsabgrenzung (vgl. z. B. Cheung/Chow (1999)). Bei der expliziten Nennung der einzelnen chinesischen Teilstaaten wird dagegen eine spezifische, eingegrenzte Perspektive vertreten. Obwohl Hongkong seit 1997 Sonderwaltungszone der VR China ist, wird Hongkong im Rahmen der folgenden Ausfilhrungen noch als Einzelstaat bertlcksichtigt. Die VR China konnte in der Untersuchung von Hofstede nicht bertlcksichtigt werden, da die Datenerhebung bereits deutlich vor der politischen Of&iung ab 1978 durchgefilhrt wurde. Vgl. zur Vergleichbarkeit der Wertstrukturen der VR China sowie der anderen chinesischen Teibationen die Untersuchung von Shenkar/Ronen (1987a), S. 571 fF., die im empirischen Test keinen signifikanten Unterschied zwischen den Wertestrukturen von Managem der VR China, Hongkong, Taiwan sowie Singapur ermittek. Relevante Unterschiede finden sich lediglich bei drei von 14 Werten und kOnnen dem maoistischen Einfluss zugeschrieben werden. Vgl. femer die Diskussion und Befunde bei Cheung/Chow (1999), S. 370 flf.
China - Okonomische und kulturelle Gnmdlagen
139
se homogene AusprSgungen/^ die somit die Aimahme einer AusprSgimg in NShe des Mittelwerts der betrachteten Nationen als akzeptabel erscheinen lassen. Wenn im Folgenden von ,der' chinesischen Kultur gesprochen wird, gilt es dennoch das Bewusstsein zu wahren, dass zwischen verschiedenen chinesischen (Sub-)Kulturen nennenswerte Unterschiede existieren k6nnen.'°
Nation
Kulturdimension Machtdistanz^^
BRD
Hongkong
Taiwan
Singapur
35 / (42)^^
68/(15)
58 / (29)
74/(13)
66.7 20,7
China^^
Individualismus^^
67/(15)
25/ (37)
17/(44)
20 / (39)
Maskulinitdt^^
66 / (09)
57/(18)
45 / (32)
48 / (28)
50,0
Unsicherheitsvermeidung^^
65 / (29)
29/(49)
69 / (26)
8 / (53)
35,3
Langfristorientierung^^
31/(14)
96 /(02)
87 / (03)
48 / (09)
77,0''
^' M' ^) *^ ^^
Wert auf jeweiliger Skala / (Rang in der jeweiligen Stichprobe berOcksichtigter Nationen) n = 50 Lander + 3 Regionen Quelle: Hofstede (1991). S. 26, S. 52. S. 84, S. 113 n = 22 Lander Quelle: Hofstede (1993), S. 191 Durchschnittswert der 3 berUcksichtigten chinesischen Nationen. Die spatere Einbeziehung der VR China fOhrte zu einem Wert auKerhalb der ursprQnglichen Skala in HOhe von 118.
Tab. 4-2: Auspragungen der Kulturdimensionen fiir Deutschland und chinesische Nationen Betrachtet man die Kulturdimensionen im Einzelnen so ist die chinesische Kultur zunSchst nur durch ein sehr geringes MaB an Individualismus gekennzeichnet.^' Das Interesse des Individuums wird hinter das Interesse der Gruppe gesteUt. Die Griinde hierfiir liegen vor allem in den bereits angesprochenen konfuzianischen Wurzeln. Das Individuum ist imtrennbar von seiner Rolle in der Gesellschaft und in enge, haufig auch geschlossene Gruppen integriert. Die eigene PersOnlichkeit ist nicht per se, innengerichtet zu defmieren, sondem stets nur in Verbindung mit dem Umfeld der Person. Die beste Garantie ftir das individuelle Wohl liegt folglich in der Sicherung der Gruppeninteressen." Dies begriindet u. a. auch die groBe Bedeutung des persSnlichen Beziehungsnetzwerkes (guanxi), sowie der Wahrung des Gesichts gegeniiber
Vgl. hier und im Folgenden auch Buttery/Leung (1998), S. 375 ff sowie Mohr (2002). BUTTERY und LEUNG erklaren Taiwans hohe Unsicherheitsvermeidung durch den Sonderstatus durch die politische und militarische Bedrohung seitens der VR China. Die sehr geringe Auspragung Singapurs sehen sie durch die politisch stabile und hoch regulierte Situation begrUndet. Hongkong sieht sich im Vergleich hierzu durch die politische Obergabe an die Volksrepublik einer stflrkeren Unsicherheit ausgesetzt, gleichwohl wird diese Unsicherheit fUr Teile der BevOlkerung durch eine persSnliche fmanzielle und ausbildungsbezogene UnabhSngigkeit abgemildert. Siehe Buttery/Leung (1998), S. 376 f. Ftlr kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen chinesischen Managem aus Hongkong sowie der VR China siehe die Vergleichstudien von Shenkar/Ronen (1987a); Tse et al. (1988); Ralston et al. (1992) sowie Cheung/Chow (1999). Vgl. femer filr eine Analyse regionaler Unterschiede innerhalb der VR China Ralston et al. (1996) sowie Shi (2001). Vgl. zum Kollektivismus vs. Individualismus chinesischer Manager z. B. Hanisch (2003), S. 267 f. Vgl.Hofstede(1991), S. 150f.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
der eigenen Gruppe." Neben den philosophischen Wurzeln ist der KoUektivismus in der ehemaligen VR China lange durch die kommunistische Lehre von MAO TSE TUNG gestSrkt worden, die Individualismus explizit als b5se wertete. Denmach ist nicht erst ein eigenes Verhalten zu Lasten anderer, sondem bereits eine UbermaBige Betonung eigener Interessen scharf zu verurteilen.^^ Ausgehend von der Bedeutung der Gruppe filr individuelles Verhalten rUckt die Frage der Gruppenabgrenzung in den Blickpimkt. Als Abgrenzimgskriterien finden - in tendenziell abnehmender Bedeutung - die Familie, die Mitgliedschafl in Clans, die regionale Herkunft, eine identische Erziehung und gemeinsame Erfahnmgen Anwendung." Im Bezug auf die im Rahmen dieser Arbeit bedeutsamen kulturUbergreifenden Interaktionen sind die gemeinsamen Bezugspunkte somit zwangslSufig nur schwach ausgeprSgt und westliche Interaktionspartner in aller Regel als Aufienseiter einzustufen. Aus einer derartigen Einstufung kOnnen - angesichts der verbreiteten Vorstellungen Uber die chinesische Kultur - tiberraschende Verhaltensdifferenzierungen resultieren. So mtissen die kulturell geforderten Tugenden des Harmoniestrebens und der Bescheidenheit nicht zwangslfiufig kennzeichnend sein filr das Verhalten in kulturUbergreifenden und/oder wirtschaftlichen Beziehungskonstellationen."
Die vergleichsweise hohe Machtdistam der chinesischen Kultur ist vor allem auf die zentrale Position hierarchischer Beziehungen im Konfuzianismus zurUckzuftihren. Die chinesische Kultur wertet die Existenz quasi hierarchischer Beziehungen, bspw. durch Generationenunterschiede und Altersunterschiede im familiSren und privaten Umfeld sowie Statusunterschieden in Untemehmen und Offentlichen Institutionen als selbstverstandlich.^^ Ebenso bedeutsam sind die hieraus resultierenden gegenseitigen Verpflichtungen: Respekt und Gehorsam des Untergebenen und Protektion und Rticksichtnahme des CFbergeordneten.^* Die hohe Machtdistanz der VR China hat sich auch gegentiber dem der kommunistischen Doktrin zu Grunde liegenden Gleichheitsgedanken behauptet, der allerdings seinerseits durch eine autoritare Parteiorganisation relativiert wird.^''
Vgl. die AusfUhningen in Kapitel 4.1.2.1. Zum Einfluss des Individualismus auf Strategien der Gesichtswahrung vgl. auch Ting-Toomey/Kurogi (1998). Vgl.Hofstede(1991), S. 151. Vgl. Tong Chee KiongA'ong Pit Kee (1998), S. 77 fif. Vgl. u. a. Steffens (1998), S. 19; Dtilfer (1999), S. 299. Vgl. z. B. Lockett (1988), S. 486 f. Vgl. die ausgepragtere Machtverteilung in chinesischen gegenUber europaischen Untemehmen bei Laaksonen (1984), S. 12 ff. Vgl. Hofstede/Bond (1988), S. 8. Vgl. Cheung/Chow (1999), S. 372 ff.
China - Okonomische und kulturelle Grundlagen
141
Die Kulturdimension der Unsicherheitsvermeidung bildet das AusmaB ab, in dem ungewisse Oder imbekaimte Situationen als bedrohlich empfunden werden und Anstrengungen zum Abbau dieser Ungewissheit untemommen werden.^° Die im Rahmen der Untersuchung von HOFSTEDE berUcksichtigten chinesischen Nationen lassen trotz eines mittleren Werts ftir Taiwan auf eine niedrige Unsicherheitsvermeidung der chinesischen Kultur schlieBen.^' Dieses Ergebnis kann wiederum auf die philosophischen und religi6sen Wurzeln der chinesischen Kultur zurUckgefUhrt v^erden." Im Mittelpunkt der Lehren von KONFUZIUS und LAOTSE steht nicht die Suche nach der Wahrheit, sondem das tugendhafte Verhalten. Da eine objektive Wahrheit nicht existiert, kann ein Mensch ohnehin lediglich eine partielle Wahrheit besitzen. Dies erklart auch, warum in Asien im Gegensatz zu abendlSndischen Kulturen diverse philosophische und religi5se Schulen parallele Beachtung fmden. Neben einer gewissen im Taoismus verankerten Schicksalsgl^ubigkeit fbrdem auch die in China prSsenten Unwagbarkeiten (bspw. durch politische WilMr oder natUrliche Katastrophen) einen pragmatischen Umgang mit Unsicherheit.^^ Im Zusammenhang mit der geringen Unsicherheitsvermeidung steht auch die den Chinesen im Gegensatz zur abendlSndischen analytischen Kultur zugeschriebene synthetische und zyklische Vorgehensweise bei der Beurteilung und L6sung von Problemen. Bei Betrachtung der Maskulinitdt ist im chinesischen Kontext bemerkenswert, dass sie die einzige Kulturdimension ist, die im Kulturvergleich eine mittlere AusprSgimg aufweist.^ Gleichzeitig liegt hier der geringste Unterschied zur deutschen Kultur vor. Beide Aspekte kOnnen als Ursache dafiir gesehen werden, dass die MaskulinitSt der chinesischen Kultur im Schrifttum im Gegensatz zu den anderen Dimensionen kaum explizit diskutiert wird. Dennoch lasst sich die mittlere AusprSgung der Maskulinitat auf die spezifischen kulturellen Wurzeln im Konfiizianismus und das besondere Augenmerk auf die familiSren Beziehungen zurtickflihren. Die mit der Maskulinitat einhergehende Abgrenzung der GeschlechterroUen wird grundsatzlich maBgeblich durch das familiare RoUenverhalten geprSgt. Trotz der gesetzlichen Gleichstellung zwischen Mann und Frau kann die VR China als eine eher partiarchalische, senioritatsorientierte Mannergesellschaft gesehen werden.*^^ In der chinesischen Kultur finden sich jedoch neben bestimmten, harten RoUen auch eher umsorgende und auf Harmonic zielende Pflichten, die eine gewisse Ambivalenz begrtlnden.*^ So erfMhrt ein Jndividuum
60 61
Vgl. Hofstede (1993), S. 133. Buttery/Leung (1998), S. 377 sehen als einen mOglichen Gnind flir die hOhere Unsicherheitsvermeidung Taiwans die empfundene Bedrohimg seitens der mfichtigen VR China. Vgl. Hofstede/Bond (1988), S. 19 f. Vgl. Rothlauf (1999), S. 229 f. Vgl. auch den Faktor ,Human-Heartedness' in Chinese Culture Connection (1987), S. 150 ff., der eine hohe Korrelation zur Kulturdimension der Maskulinitftt aufweist. Vgl. z. B. Rothlauf (1999), S. 229. Vgl. Buttery/Leung (1998), S. 377.
142
Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Anerkennung nicht so sehr tiber den persSnlichen Erfolg iind Aufstieg als Uber die Beachtimg der zentralen konfuzianischen und taoistischen Werte und Verhaltensregeln.*^^ Auch an die mit guanxi einhergehenden Pflichten aufierhalb des immittelbaren familiSren Umfeldes ist hier zu denken. WShrend im sozialen Umfeld auf eine hohe soziale Sensitivitat verwiesen wird/* kann gegentiber AuBenseitem durchaus ein kompromissloses Vorgehen gewShlt werden. Die Kulturdimension der Langfristorientierung basiert explizit auf Unterschieden der Gewichtung einer Reihe konflizianischer Werte, die als eher kurzfristig (u. a. Standhaftigkeit, Gesichtswahnmg, Erwiderung von Gef^ligkeiten) oder als eher langfristig (u. a. Sparsamkeit, Ausdauer) zu erkennen sind. Aufgrund der Verankerung in einem identischen philosophischen Wertesystem ist unmittelbar ersichtlich, dass sich die genannten Werte in tendenziell geringerem MaBe ausschlieBen als bei den anderen Dimensionen. Die EinschStzung, ob eine Landeskultur sich durch eine Langfristorientierung auszeichnet, kann somit nur beztiglich der relativen Bedeutung der Aspekte zueinander getroffen werden.^^ So ist anzunehmen, dass die chinesische Kultur sSmtlichen genannten Werten einen grOBeren Stellenwert als westliche Kulturen einrSumt. Dies wurde bspw. im Hinblick auf die Wahrung des Gesichts bereits explizit belegt. Da jedoch den langfristigen Werten eine deutlich grSBere Bedeutung zugemessen wird, besitzt die chinesische Kultur im intemationalen Vergleich die insgesamt hochste Langfristorientierung/® Die mit einer hohen Langfristorientierung einhergehende hohe Sparquote und Innovationsbereitschaft wird nicht zuletzt als Grund fiir das in den zuriickliegenden Jahrzehnten starke Wirtschaftswachstum Chinas und anderer asiatischer Nationen gesehen.^' Die Vorstellung ausgewShlter kultureller Besonderheiten sowie der chinesischen Auspragung der Kulturdimensionen basiert auf der Vorstellung einer statischen Kultur. Die vergleichsweise massiven Einschnitte in der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der VR China im 20. Jahrhundert - ausgehend von der kommunistischen Revolution tiber die Kulturrevolution zur vorsichtigen Offhung - werfen jedoch die berechtigte Frage auf, inwieweit die chinesische Kultur in jtingerer Zeit nachhaltigen Veranderungen unterlegen ist. In der Literatur fmden sich vereinzelte Hinweise auf derartige Wandlungen.^^ Jedoch sind derartige Veranderungen einer Kultur im Rahmen der vorliegenden kulturtibergreifenden Arbeit nur von eingeschrankter
Zur Bedeutung des angemessenen Rollenverhaltens vgl. bspw. Yau (1988), S. 54 f. Vgl. z. B. Gabrenya/Hwang (1996), S. 315. Vgl.Hofstede(1993), S. 193. Wahrend in der ursprilnglichen Studie der Chinese Culture Connection (1987) und hierauf aufbauend in Hofstede/Bond (1988) nur 22 Nationen ohne die VR China erfasst werden, wird in Hofstede (1993), S. 191 ftlr die VR China ein Wert von 118 angegeben. Dieser liegt somit noch deutlich aufierhalb der ursprUnglich auf den Bereich von 0-100 ausgerichteten Skala. Zugleich verdeutlicht diese Tatsache die Problematik der Verwendung von Mittelwerten. Vgl. bspw. Hofstede/Bond (1988), S. 18 und Hofstede (1993), S. 190. So ermittebi bspw. Ralston et al. (1999) fUr chinesische Manager eine steigende Individualitat sowie eine abnehmende Bedeutung konfuzianischer Werte. Vgl. auch Ralston et al. (1995).
China - Okonomische und kulturelle Grundlagen
143
Relevanz, wenn von einer Shnlich gelagerten Verandenmg in der anderen betrachteten Kultur ausgegangen werden kann oder durch die Verandenmg die absolute H6he der kulturellen Distanz kaum beeinflusst wird.^^ Im Hinblick auf die folgende Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen rticken somit die bestehenden Unterschiede zwischen der deutschen und der chinesischen Kultur in den Blickpunkt. Auf eine isolierte Kennzeichnung der deutschen Kultur kann im Rahmen dieser deutschsprachigen Untersuchung verzichtet werden. Die Abb. 4-1 stellt stattdessen die Auspragungen der Kulturdimensionen der BR Deutschland, der chinesischen Teilnationen sowie den chinesischen Durchschnittswert in einem graphischen Kulturprofil dar. Trotz der Vorbehalte gegen die „Vermengung" der Kulturprofile der verschiedenen chinesischen Nationen verdeutlicht diese Darstellungsform durch die geringe Kongruenz der aufgespannten Profile die starken kulturellen Unterschiede zwischen der deutschen und der chinesischen Kultur. So zeichnet sich die chinesische Kultur durch eine wesentlich h6here Langfiistorientierung sowie eine deutlich hohere Machtdistanz aus. Die deutsche Kultur ist dagegen durch eine hShere Unsicherheitsvermeidung sowie eine deutlich hohere Individualitat gekennzeichnet. Lediglich bei der Maskulinitat liegen relativ ahnliche Einschatzungen vor.
Abb. 4-1: Kulturprofile der deutschen und der chinesischen Kultur
So andert bspw. ein konstatierter Anstieg an Individualismus in der VR China andert nichts daran, dass China im
144
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Die in der Summe bemerkenswerten kulturellen Unterschiede verdeutlichen vor dem Hintergrimd der in Kapitel 3.4 aufgezeigten Anhaltspunkte flir kulturbedingte Einstellungsimterschiede zum Management von Geschaftsbeziehungen die m6glichen Schwierigkeiten der Zusammenarbeit im Rahmen von deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen. Gleichzeitig wird deutlich, dass deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen eine extreme kulturtibergreifende Beziehungskonstellation darstellen. Im Folgenden soil daher anhand einer empirischen Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen geprUft werden, inwieweit das allgemeine erweiterte Ebenenmodell Uberhaupt zur Analyse von Geschaftsbeziehungen mit gravierenden kulturellen Unterschieden geeignet ist.
4.2 Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen 4.2.1
Empirisches Design
4.2.1.1 Auswahl der Untersuchungseinheiten Ausgangspunkt der Identifikation konkreter deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen bildeten deutsche Untemehmen des Textil- und Bekleidungssektors, die in Hongkong ansassig sind. Hongkong ist pradestiniert als Erhebimgsfeld, da der deutsche Handel mit der VR China wesentlich Uber die ehemalige britische Kronkolonie gesteuert wird.^^ Im Verlauf des spaten 20. Jahrhunderts hat Hongkong zwar als eigenstandiger Produktionsstandort an Bedeutung verloren, zugleich jedoch als Handelsplatz fiir Gtiter vom chinesischen Festland massiv an Stellenwert gewonnen.^^ Die politische Sonderstellung und fikonomische Bedeutung Hongkongs hat dazu geftlhrt, dass sich zahlreiche Firmen des westlichen Kulturkreises in Hongkong angesiedelt haben. Hierbei handelt es sich zum einen um Tochteruntemehmen deutscher Konzeme sowie zum anderen um eigenstandige, in Hongkong durch deutsche Untemehmer und Manager aufgebaute imd gefiihrte Untemehmen. Hongkong stellt somit ein ideales Untersuchungsfeld fiir unsere Analyse: Zum einen bietet es eine einzigartige Konzentration deutscher Firmen auf engstem Raum, die Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Geschaftspartnem unterhalten. Zum anderen ist trotz des eindeutig kultunibergreifenden Hintergrunds der Geschaftsbeziehungen die geographische Distanz zwischen den Partneruntemehmen innerhalb Hongkongs und den angrenzenden Sonderwirtschaftszonen relativ begrenzt. Durch den Ausgangspunkt Hongkong bietet sich somit die Gelegenheit, den Untersuchungsfokus verstarkt
Vgl. Mun/Chan (1986) sowie Li (2001). Trotz der geringen territorialen GrSBe Hongkongs befindet es sich isoliert betrachtet unter den zehn grOBten Handelsnationen der Welt. Der Exportwert Hongkongs betrfigt Uber ein Drittel des Exports der Bundesrepublik Deutschland. Der Anteil Hongkongs am weltweiten Export betrftgt 3,2% und befindet sich damit in der gleichen GrOBenordnung mit bedeutenden europftischen Nationen wie Italien oder der Niederlande (3,7 bzw. 3,3%). Die mittlerweile relativ geringe Bedeutung eigener Produktion belegt der Re-Exportanteil am Gesamtexport von 88%. Vgl. WTO (2001), S. 21.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer GeschSLftsbeziehungen
145
auf die kulturUbergreifende und weniger auf die intemationale, geographisch dislozierte Beziehungskonstellation zu richten. Die enge raumliche Konzentration Hongkongs ftihrt zudem dazu, dass eine vergleichsweise groBe persOnliche Bekaimtheit der jeweiligen Schltisselpersonen im Allgemeinen und zwischen den kulturidentischen Untemehmen im Besonderen vorliegt. Die Identifikation der im Textilsektor Hongkongs tatigen deutschsprachigen Untemehmen und der jeweiligen Ansprechpartner konnte daher in enger Abstimmung mit einem deutschen Untemehmer erfolgen, der bereits auf eine langjahrige Berufserfahrung in Hongkong zuriickblickte.^^ Durch den Rtickgriff auf das pers5nliche Beziehungsnetzwerk dieser Schliisselperson konnte trotz der tiberdurchschnittlich hohen Arbeitsbelastung eine groBe Bereitschaft der Gesprachspartner zur Teilnahme an der Untersuchung erzielt werden/^ Obwohl diese Vorgehensweise die Reprasentativitat der Untersuchung einschrSnkt, erscheint sie an dieser Stelle aufgrund des explorativen Charakters der Untersuchung sowie der - angesichts der vergleichsweise geringen Anzahl deutscher Untemehmen in Hongkong besonders problematischen - niedrigen Teilnahmequoten^* bei einer unpersQnlichen Kontaktaufiiahme angemessen. 4.2.1.2 Datenerhebung Die Erhebung erfolgte im Rahmen von personlichen Interviews unter Verwendung eines standardisierten Fragebogens. Die an der Untersuchung teilnehmenden Personen wurden im Vorfeld telefonisch imd/oder schriftlich kontaktiert und iiber den Untersuchungsgegenstand sowie den Ablauf der Befragung infomiiert. Obwohl nur eine Woche fUr die Erhebung zur Verfugung stand, konnten aufgmnd der raumlichen Nahe der Untemehmen in den Stadtgrenzen Hongkongs insgesamt 16 Interviews gefOhrt werden. Die Dauer der samtlich vom Verfasser dieser Arbeit gefiihrten Interviews lag zwischen 40 Minuten und 1 Vi Stunden. Diese Schwankungsbreite erklart sich durch das AusmaB, in dem mit den Interviewpartnem iiber den Fragebogen hinausgehende Themenstellungen erOrtert werden konnten. Die Moglichkeit der Erlangung urmiittelbarer, qualitativer Einblicke in das Geschaftsumfeld Hongkongs und die Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Lieferanten war ein weiterer Grund ftir die Durch-
76 77
FUr eine ahnliche Vorgehensweise ebenso in Hongkong vgl. Ambler/Styles/Xiucun (1999), S. 79. Vgl. ahniich zur Identifikation und Erhebung intrakultureller chinesischer Geschaftsbeziehungen Armstrong/Min Yee (2001), S. 72. Ftir einen allgemeinen Uberblick Uber Rflcklaufquoten bei empirischen Fragebogenerhebungen vgl. bspw. Jobber/ O'Reilly (1998), S. 97 ff. und Miller (1991), S. 145fif.Die Rtlcklaufquoten schriftlicher Fragebogenerhebungen liegen danach trotz zahlreicher unterstUtzender MaBnahmen tlberwiegend unterhalb von 30%. Vgl. auch Leung/Wong/Tam (1995), S. 12: „In view of the fact that Hong Kong executives are working long hours and are under considerable pressure, the response rate to mail survey tends to be low."
146
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschftftsbeziehungen
fOhning von persOnlichen Befragungen, insbesondere da vergleichbare grofizahlige empirische Untersuchungen vertikaler deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen fehlen.'' Neben der Gewinnung auch qualitative! Informationen sprachen weitere Vorteile ftlr die Erhebung mittels persOnlicher Interviews in Hongkong. So konnte eine wesentlich grOBere Bereitschaft der Interviewpartner zur Teilnahme an der Untersuchung festgestellt werden, als es bei postalisch versendeten schriftlichen Fragebogenerhebungen erwartet werden kann.*° Dartlber hinaus konnten im Rahmen der pers5nlichen Interviews Kontakte zu weiteren GesprSchspartnem anderer deutscher Firmen in Hongkong gewonnen werden. Daneben sind methodische Vorteile zu nennen. Zunachst konnten etwaige Verstandnisschwierigkeiten des Fragebogens als Ursache mOglicher Validitatsprobleme unmittelbar geklSrt werden. Zudem konnte unmittelbar sichergestellt werden, dass die ausgewShlten GesprSchspartner tiber eine hinreichende Kompetenz ftlr die Beurteilung der jeweiligen Geschaftsbeziehungen verfilgten. Diesen Vorteilen stehen jedoch auch einige Nachteile der persOnlichen Befragung gegentiber, wie der Gefahr eines mOglichen Interviewereinflusses, der sozialen Erwtlnschtheit von Antworten und dem hohen Erhebungsaufwand.*' Die Befragung einzelner fUr einen Untersuchungsgegenstand kompetenter sowie auskunftswilliger Personen (sogenannter Single Key Informants) stellt einen weit verbreiteten und trotz wiederholt geftuBerter methodischer Kritik" - mehrheitlich akzeptierten Ansatz in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung dar. Dabei geben die Befragten Informationen stellvertretend fUr eine tlbergeordnete institutionelle Ebene, z. B. organisatorische Abteilungen Oder Untemehmen," ohne jedoch reprSsentativ hinsichtlich der personalen Zusammensetzung dieser Einheiten sein zu mtlssen.*^ Die Untersuchung von Geschaftsbeziehungen wirft diesbeztlglich die zusStzliche Frage auf, inwieweit valide Angaben tiber ein interorganisationales PhSnomen getroffen werden kOnnen. Empirische Untersuchungen stUtzen jedoch die Validitat
Die empirischen Untersuchungen des deutschsprachigen Raumes zu Geschaitsbeziehungen untersuchen vomehmlich Joint Ventures. Vgl. stellvertretend Suchardt (1994); TrommsdorfDWilpert (1994); Mohr (2002). Vgl. zur Bevorzugung der Erhebung von standardisierten Fragebogen tiber persOnliche Interviews anstatt des postalischen Versandes bspw. auch Frazier/Gill/Kale (1989), S. 58 und Katsikeas/Piercy (1991), S. 10. Der Gefahr eines Interviewer-Bias in Form Beeinflussung des Antwortverhaltens durch den Interviewer wurde durch die Verwendung eines einheitlich strukturierten Fragebogens begegnet. Um femer einen Einfluss unterschiedlicher Interviewer auszuschlieBen, wurden sfimtliche Interviews durch den Verfasser dieser Arbeit durchgefilhrt. Neben diesen methodischen Kritikpunkten ist auch der erhebliche zeitliche und fmanzielle Aufwand einer persOnlichen Befragung zu nennen, der auch in der vorliegenden Untersuchung die GrOBe des Samples begrenzt und zugleich eine Befragung mehrerer Informanten eines Untemehmens ausschloss. Zu nennen sind insbesondere Validitats- und Reliabilitfltsprobleme. Vgl. z. B. Phillips (1981) sowie Ernst (2001), S. 87 f. Ein haufig in die Diskussion eingeftihrter Verbesserungsvorschlag stellt die Befragung mehrerer Informanten (multiple informant approach) dar. Vgl. hierzu Kumar/Stem/Anderson (1993), S. 1634. Vgl. auch Ahlert/Evanschitzky/Hesse (2005), S. 363. Vgl. Philipps (1981), S. 396 sowie Johnson/Sakano/Onzo (1990), S. 645. Vgl. Kumar/Stem/Anderson (1993), S. 1634.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschflftsbeziehimgen
147
von sog. Single-Informant Studien auch filr die Untersuchung von Geschaftsbeziehungen." Zudem erscheint eine derartige Vorgehensweise hier auch angesichts der eher kleinen bis mittleren GrOfie der bertlcksichtigten Untemehmen gerechtfertigt, bei der eher von zuverlassigen Einschfitzungen einzelner SchlUsselpersonen ausgegangen werden kann.*^ Abweichend vom tiblichen Key-Informant-Ansatz hatten die Gesprachspartner in der vorliegenden Untersuchung jedoch Fragen sowohl aus einer persOnlichen als auch aus einer institutionellen Perspektive zu beantworten.
Mit Ausnahme von einem Interview wurde jeweils nur ein GesprSchspartner pro Untemehmen befragt.*^ Die Befragung mehrerer Informanten aus einem Untemehmen war im Rahmen der befragten Untersuchungsstichprobe auch aufgrund der oft geringen UntemehmensgrOfie nicht zweckmaBig. Auch eine gleichzeitige Befragung der chinesischen Geschaftspartner konnte im Rahmen dieser Untersuchung nicht vollzogen werden. Obwohl eine simultane Untersuchung beider Seiten durch eine Analyse potenzieller Obereinstinmiungen und Abweichungen insbesondere bei kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen wertvoUe Erkenntnisse liefem kOnnte, sprechen neben den hierzu notwendigen Forschungskapazitaten insbesondere existierende Vorbehalte der Gesprachspartner gegen eine Kontaktaufhahme und Befragung der chinesischen Geschaftspartner."
Die Gesprachspartner besaBen mit einer Ausnahme samtlich die deutsche Nationalitat.*' Fast 90% der Befragten nahmen eine geschaftsftihrende Funktion in ihren Untemehmen ein (vgl. Tab. 4-3). Diese Position ist bei kleineren, konzemunabhangigen Firmen in der Kegel durch eine pers5nliche Mehrheit der Gesellschaftsanteile begrtindet. Im Hinblick auf die zuverlassige Beantwortung der Fragen, insbesondere das Umfeld in Hongkong sowie langfristig angelegte Geschaftsbeziehungen betreffend, erscheint eine nachhaltige berufliche Erfahrung in Hongkong notwendig. Diese war im Kreise der Befragten durchweg vorhanden, da die Gesprachspartner zum Zeitpunkt der Befragung bereits eine mehrjahrige Erfahrung in Hongkong
Vgl. Reve/John (1982). Vgl. auch Anderson/Narus (1990), S. 48; Bown/Johnson/Koenig (1995), S. 338 Vgl. femer fUr die Untersuchung von Joint Ventures Geringer/Hebert (1991), S. 252 fif. Vgl. hierzu GrifRth/Hu/Ryans (2000), S. 312 sowie die deskriptive Auswertung des Untersuchungssamples in Kapitel 4.2.1.4. Bei diesem Interview mit zwei Gesprachspartnem zeigte sich, dass die Einschatzungen nur in seltenen Fallen und dann zumeist nur geringfilgig auseinander lagen. Die in diesem Fall notwendige Einigung auf eine Auspragung wurde den Interviewpartnem Uberlassen. Vgl. zur geringen Verbreitung von bilateralen Erhebungen identischer Geschaftsbeziehungen (.matched-pairs') auch die Auswertung der empirischen Forschung zu kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen in Kapitel 3.3.2. Zu den wenigen Ausnahmen zahlen Rosson/Ford (1982); Anderson/Narus (1990); Ganesan (1994), S. 6. In starkerem Mafie verbreitet ist ein bilateraler Erhebungsansatz, (z. B. sowohl von Herstellem und Lieferanten) ohne Fokussierung auf gemeinsame Geschaftsbeziehungen. Vgl. stellvertretend Heide/John (1992), S. 36. Ein Gesprachspartner besitzt die hollandische Nationalitat. Das Untemehmen ist jedoch Teil eines grOBeren deutschen Handelskonzems, so dass dennoch eine deutsch-chinesische Geschaftsbeziehung vorliegt.
148
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaflsbeziehungen
besaBen. Im Durchschnitt koimten die Befragten auf 12 Jahre Berufserfahnmg in Hongkong zurilckblicken.
Erfahruna in Honakona: Mittelwert:
12 Jahre
Verteilung:
bis zu 1 Jahr:
0%
1 0 - 1 5 Jahre:
25%
19%
Qber 10 Jahre:
19%
5 - 1 0 Jahre: 25%
k.A.:
13%
1 - 5 Jahre:
1
1
Position im Unternehmen: Verteliung:
GeschdftsfQhrer: Einkaufsmanager:
87.5% 12,5%
Tab. 4-3: Charakteristika der Interviewpartner
4.2.1.3
Design des Fragebogens
Gnindlage des Interviews bildete ein standardisierter Fragebogen. Bei der Entwicklung eines Fragebogens gilt es diverse Aspekte zu beriicksichtigen.'^ An dieser Stelle soil kurz auf die Zusammenfassung von Fragen zu Themenbereichen, die konkreten Fragenformulienmgen sowie die verwendeten Skalen eingegangen werden. Die Biindelung der Fragen zu Themenbereichen ftihrte zu vier tibergeordneten Fragekomplexen.^' Die erste Gruppe stellen allgemeine Fragen zum Unternehmen dar. Im zweiten Teil fmden sich Fragen zum politischen, Okonomischen sowie kulturellen Umfeld Hongkongs. Der dritte Abschnitt der Befragung beinhaltet Fragen zu zwei konkreten Geschaftsbeziehungen mit chinesischen Lieferanten und bildet den Schwerpunkt des Fragebogens. Aus diesem Grund wurde diesbezilglich eine weitere Gruppierung zu untergeordneten Fragekomplexen voUzogen, die sich inhaltlich bzw. vom logischen Ablauf nahe standen. AbschlieBend wurden Aspekte des tibergeordneten Untemehmensnetzwerkes erhoben. Diese Strukturierung des Fragebogens ermSglichte eine effiziente und zielgerichtete Befragung. Innerhalb der Gruppen wurden verwandte bzw. ahnliche Konzepte zum Teil bewusst nicht unmittelbar hintereinander abgepriift, um der Gefahr einer Verzemmg bspw. durch ein stereotypes Antwortverhaltens entgegenzuwirken. Innerhalb der Fragenkomplexe vvoirde ausgehend von dem Ziel einer umfassenden Analyse Fragen zu einer Vielzahl der in der Literatur als relevant erachteten Aspekte von Geschaftsbeziehungen formuliert, wobei eine grundsStzliche Orientierung an dem Ebenenmodell erfolgte.
Die Mehrheit der Fragen wurde geschlossen formuliert und im Hinblick auf die beabsichtigte statistische Auswertung iiber 7er-Rangskalen erhoben. Dabei wurden Fragen zum Umfeld
91
Vgl. zur Erhebungsforai standardisierter Fragebogen z. B. Stier (1996), S. 173 ff. Vgl. den voUstandigen Fragebogen der Untersuchung im Anhang 3 dieser Untersuchung.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Gesch&ftsbeziehungen
149
sowie die Mehrheit der Fragen zur menschlichen Ebene der GeschSftsbeziehung in Form von Oberzeugungsfragen erhoben und mit einem Zustimmungsgrad beantwortet. Die tibrigen Fragen mit einer 7er-Rangskala bildeten im Wesentlichen ein Spektrum von sehr niedrig bis sehr hoch ab, wobei je nach Untersuchungsaspekt teilweise leicht unterschiedliche verbale Umschreibimgen notwendig waren. Die Befragten wurden bei der pers5nlichen Befragung darauf hingewiesen, dass fiir die Beantwortung identische AbstSnde zwischen den verschiedenen Stufen der Skala zugrunde zu legen sind. Die hierauf aufbauende Interpretation der verwendeten siebenstufigen Skalen als Intervallskalen stellt eine zentrale Grundvoraussetsomg ftir die Ermittlung von Mittelwerten und Standardabweichungen sowie den Einsatz anspruchsvollerer statistischer Methoden dar. Diese Annahme kann als gSngige Praxis in der Organisations- und Marketingforschung gesehen werden.'^ 4.2.1.4 Stichprobe Die Datenerhebung fthrte zu einer Stichprobe von 16 in Hongkong ansassigen deutschen Untemehmen des Textil- und Bekleidungssektors und insgesamt 32 dt.-chinesischen Geschaftsbeziehungen. Die hohe Arbeitsintensitat der diversen industriellen Fertigungsstufen sowie der kontinuierliche Abbau weltweiter Handelsbeschrankungen in den letzten Jahrzehnten haben dazu geftihrt, dass der Textil- und Bekleidungssektor in besonderem MaBe durch Internationale Geschaftsbeziehungen gekennzeichnet ist.^^ Zwar unterlag der Textil- und Bekleidungssektor traditionell besonderen Handelsbeschrankungen in Form von Importquoten und Z5llen.'^ Mit der Griindung der Welthandelsorganisation (WTO) zum 1.1.1995 wurde jedoch eine weitgehende Liberalisienmg eingeleitet.^^ Aufgrund des WTO-Beitritts der VR China in 2001 profitiert die exportorientierte chinesische Bekleidungsindustrie in besonderem MaBe von dem mit dem Beitritt verbundenen Abbau von Handelshenmissen. Die Charakteristika der Untemehmen des Untersuchungssamples sind in Tab. 4-4 zusammenfassend aufgefiihrt. Dabei wird zunSchst deutlich, dass die befragten Untemehmen sich auf verschiedene Stufen der Textilkette verteilen. Es liegt eine annahemde Gleichverteilung auf
Vgl. in diesem Zusammenhang auch Bortz (1984), S. 125, der auf die MOglichkeit der Interpretation von ordinalskalierten Daten als intervallskaliert hinweist. Vgl. ahnlich Backhaus et al. (2000), S. XIX. Zu den Auswirkungen der Globalisiening fUr die deutsche Bekleidungsindustrie vgl. gnindlegend Tflcking (1999). Im Rahmen der allgemeinen Liberalisierungsbemtthungen der diversen GATT-Verhandlungsrunden wurden stets spezielle Zusatzabkommen, die eine Sonderstellung der Textil- und Bekleidungssektors sicherten. Bspw. gestattete das von 1974 bis 1994 geltende MULTIFASERABKOMMEN (MFA) den importierenden Mitgliedsstaaten entgegen den Grundsatzen des GATT einseitige oder tlber multi- und bilaterale VertrSge vereinbarte mengenbezogene ProtektionsmaBnahmen. Vgl. locking (1999), S. 58. So wurde das MFA durch das AGREEMENT ON TEXTILES AND CLOTHING (ATC) ersetzt, in dem sich die GrOndungsmitglieder der WTO zum stufenweisen Abbau bestehender Sondervereinbarungen bis zum Jahr 2005 verpflichteten. Vgl. z. B. International Trade Centre/Commonwealth Secretariat (1999), S. 164 ff. und Ttlcking (1999), S. 60 ff.
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer GeschMflsbeziehungen
150
UNTERNEHMENSSTICHPROBE GESCHAFTSMODELL:
Produzent/Konfektionar: EinkaufsbUro:
44% 25%
Zwischenhandel: Agent / Kommlsslonar:
12% 19%
76%
Textlllen:
26%
44%
Konzernabhangig:
66%
PRODUKTE:
Bekleidung: GESELLSCHAFTSSTRUKTUR:
Unabhdngig: MITARBEITERZAHL:
Lageparameter: Mittelwert: Standardabw.: Minimum: Maximum:
94 117 11 460
Verteilung: biszu 10 Mitarbeiter: 10-50Mitarbeiter: 60-100 Mitarbeiter: 100-600 Mitarbeiter:
0% 60% 19% 31%
Verteilung: bis zu 26 Mio. Euro: 26 - 99 Mio. Euro: 100-499 Mio. Euro: Uber 600 Mio. Euro: keine Angabe:
26% 19% 26% 6% 26%
Verteilung: bis zu 6 Jahre: 6 - 9 Jahre: 10-20 Jahre: Uber 20 Jahre:
6% 19% 44% 31%
UMSATZ:
Lageparameter: Mitteiwert: Standardabw.: Minimum: Maximum:
173 Mio. Euro 291 Mio. Euro 6 Mio. Euro 1.000 Mio. Euro
UNTERNEHMENSALTER:
Lageparameter: Mittelwert: Standardabw.: Minimum: Maximum:
17 Jahre 10 Jahre 3 Jahre 36 Jahre
Tab. 4-4: Deskriptive Charakteristika der Untemehmensstichprobe
Untemehmen der Handelsstufen (EinkaufsbUros, Zwischenhandel, Agenten) bzw. der Fertigungs-/Konfektionsstufe vor. Ca. 75% der befragten Untemehmen bieten Bekleidungsprodukte an, die in imveranderter Form fiir den privaten Konsum bestimmt sind und nur ein Viertel der Untemehmen fertigen bzw. handeln mit textilen Vorprodukten. Somit zeigt sich ein Schwerpunkt auf verhaltnismSBig spSt in der textilen Wertschopfimgskette angesiedelte Un-
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschilftsbeziehungen
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temehmen, der in der deutschen Nationalitat der befragten Untemehmen sowie der allgemein starken Handelsorientierung Hongkongs begrtlndet ist. Ober die Erhebung von Geschaflsbeziehungen zu chinesischen Partneruntemehmen erfolgt jedoch eine implizite Einbeziehung vorgelagerter Wertschfipfungsstufen. Die Grfifie der Untemehmen des Untersuchungssamples ist relativ gemessen an der Mitarbeiterzahl eher klein. Im Durchschnitt beschSftigen die Untemehmen nur 94 Personen. Der im Bezug hierzu relativ hohe Durchschnittsumsatz in H6he von 173 Mio. Euro ist im Zusammenhang mit dem Uberwiegenden Untemehmenscharakter von Handelsorganisationen mit einer vergleichsweise geringen Personalintensitat zu sehen.'^ Zu dem verzichteten vier eher kleinere Untemehmen aus Wettbewerbsmotiven auf die Angabe von Umsatzzahlen. Cberraschenderweise zeigt sich statistisch keine signifikante Korrelation zwischen den beiden Indikatoren der Untemehmensgr5i5e. Ein Grund hierfilr liegt neben der eher kleinen Fallzahl auch in den unterschiedlichen Geschaftsmodellen im Sample. Die relativ groJJe Streuung der UntemehmensgrOfie ist schlieBlich dadurch zu erklSren, dass ca. die Halite der Untemehmen eher kleine eigenstMndige, in Hongkong ans^ssige Untemehmen sind, wdhrend Uber die HMfte Tochteruntemehmen z. T. gr5l3erer deutscher Handelsuntemehmen sind.
Das durchschnittliche Alter der Untemehmen betmg zum Erhebungszeitpunkt 17 Jahre. Dieses allgemein betrachtet eher junge Alter stellt im Untersuchungsfeld Hongkong ftir auslSndische Untemehmen einen vergleichsweise hohen Wert dar. Immerhin 5 Untemehmen waren bereits zum Zeitpunkt der ersten Reformen der VR China im Jahre 1978 in der ehemals britischen Kronkolonie tatig. Immerhin 7 weitere Untemehmen wurden bereits im anschlieBenden Jahrzehnt der 1980er gegriindet. Im Zentrum dieser Untersuchung stehen kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen der befragten Untemehmen zu ihren chinesischen Lieferanten. Konkret wurde jeder Gesprachspartner im Rahmen der Befragung zu zwei Geschaftsbeziehungen befragt. Ftir die Auswahlentscheidung
der
Partneruntemehmen
wurde
den
Interviewpartnem
eine
Anforderungen gestellt. Zunachst soUten sich die Partneruntemehmen auf
Reihe
von
vorgelagerten
Wertschopfungsstufen befinden und dem chinesischen Kulturkreis zuzuordnen sein.^^ Femer wurde im Hinblick auf die begriffliche Abgrenzung einer Geschaftsbeziehung gefordert, dass mit den Partneruntemehmen mehrere Transaktionen durchgeftihrt wurden. Neben der definitorischen Notwendigkeit fUr die Existenz einer Geschaftsbeziehung erhSht diese Anforderung
Bei Untemehmen, die lediglich Kommissionen ftir vermittelte Transaktionen beziehen, wurde das vermittelte Transaktionsvolumen als Umsatz zugrundegelegt. Bei der Auswahl wurde keine Unterscheidung zwischen der Sonderwirtschaftszone Hongkong sowie der VR China getroffen.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
die Fahigkeit der Gesprachspartner, hinreichend reliable Einschatzimgen beziiglich der Geschaftsbeziehungen zu geben. SchlieBlich waren die Gesprachspartner gehalten, eine erfolgreiche
sowie eine nicht-
erfolgreiche Geschaftsbeziehung auszuwShlen, so dass insgesamt 32 Geschaftsbeziehungen in die Untersuchungsstichprobe eingehen. Die Erfolgseinschatzung war beztlglich des wirtschaftlichen Gesamterfolges aus der Perspektive der befragten Untemehmung zu treffen. Um den Einfluss des situativen Kontextes auf die Erfolgsbeurteilung zu beschranken, wurden die Gesprachspartner gebeten, im Hinblick auf allgemeine Untemehmenscharakteristika vergleichbare Partnerunternehmen auszuwahlen. Zudem sollte diese Beurteilung von externen Sondereinfliissen unabhdngig sein, wie bspw. der in den Jahren vor der Befragung eingesetzten sog. Asienkrise sowie der (Jbergabe Hongkongs an die VR China. Die Erhebung von nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen fiihrt dazu, dass es sich schlieBlich nicht zwingend um aktuelle Geschaftsbeziehungen handehi musste, sondem auch mittlerweile abgebrochene Geschaftsbeziehungen ausgewahlt werden konnten.''*
Die Form der Erhebung von je einer erfolgreichen und einer nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehung eines Untemehmens unterscheidet sich von der Mehrheit der empirischen Forschung zu Geschaftsbeziehungen, die meist nur eine Geschaftsbeziehung pro Erhebungseinheit betrachtef^ und keine explizit nicht-erfolgreiche Geschaftsbeziehungen berUcksichtigen.*^ Sehr haufig wird neben eher allgemeinen sachlichen Einschrankungen wie bspw. dem Geschaftsfeld Oder Nationalitat ganzlich auf die Nennung klarer Auswahlkriterien verzichtet. Im Falle einer expliziten Nennung tlberwiegt das Kriterium eines speziellen Umsatzranges.^^^ Hierbei wird bspw. haufig gebeten, den gemessen am Umsatz dritt- oder viertstarksten Lieferanten zu wahlen. Auf diese Weise soil eine bedeutsame Geschaftsbeziehung, aber nicht zwingend die beste Geschaftsbeziehung erhoben werden. Daneben wahlen zahlreiche Untersuchungen auch einzelne Untemehmen als Ausgangspunkt und befragen Geschaftspartner des spezifischen Distributionsnetzwerkes.
Diesbeztlglich erfthrt die eingangs genannte Anforderung der Nicht-Einmaligkeit der Transaktion eine besondere Bedeutimg. Es wiirde im Rahmen der Interviews bei bereits abgebrochenen Geschaftsbeziehungen besonderer Wert darauf gelegt, dass nachhaltige Bemtlhungen um den Aufbau bzw. Erhalt der Geschaftsbeziehung untemommen wurden und somit hinreichende Erfahrungen zur Beurteilung vorlagen. Gleichwohl ist die Erhebung mehrerer Geschaftsbeziehungen Uber ein Befragungsuntemehmen nicht unUblich. Im Intemationalen Kontext vgl. bspw. AndersonAVeitz (1989), S. 316; Katsikeas/Piercy (1991), S. 10 oder Haugland (1999), S. 277. Vgl. im Ansatz vergleichbar Doney/Cannon (1997), S, 42, die ausgehend von einer konkreten Beschafiungssituation sowohl den Lieferanten, der den Auftrag erhalten hat, als auch einen altemativen Lieferanten berUcksichtigen. Vgl. auch Frazier/Rody (1991), S. 57 die eine Befragungsgruppe tiber wichtige und die andere Gruppe ilber unwichtige, abhangige Lieferanten berichten lassen. Vgl. ftlr die paarweise Erhebung von erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Untersuchungsobjekten bereits die bekannte SAPPHO-Studie bei Rothwell (1972). Vgl. stellvertretend Anderson/Narus (1990), S. 46; Geyskens et al. (1996), S. 309; Skarmeas/Katsikeas/Schlegelmilch (2002), S. 766.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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Vorteil der hier gewShlten Erhebung einer erfolgreichen sowie einer nicht-erfolgreichen Geschaflsbeziehung ist es, neben einer gr6Beren Anzahl vor allem auch eine grSBere Bandbreite von Geschaftsbeziehungen erheben zu k5nnen.'°^ Im Gegensatz zu einer Beschrankimg auf sehr bedeutsame Geschaftsbeziehungen, bei denen somit eine hfihere Homogenitat hinsichtlich zahlreicher Beziehungsaspekte und ihrer Wirkungsweisen vermutet werden kann, rUcken somit in dieser Untersuchung bewusst Differenzen zwischen verschiedenen Geschaftsbeziehungen in den Mittelpunkt. Gleichwohl impliziert die hier gewahhe Vorgehensweise zugleich den Verzicht auf reprasentative Schltisse auf normale bzw. typische Geschaftsbeziehungen zwischen deutschen und chinesischen Partneruntemehmen im Textilsektor Hongkongs.^°^ Eine derartige Charakterisierung scheint hier hfichstens bei einer deutlichen Obereinstinmiung zwischen erfolgreichen sowie nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen mSglich. 4.2.2 Deskriptive Analyse der Umwelt der GeschMftbeziehungen Geschaftsbeziehungen sind stets eingebettet in eine exteme Umwelt, die vielfMltige EinflUsse sowohl auf die einzelnen Partneruntemehmen als auch auf die Geschaftsbeziehung zwischen diesen Untemehmen ausUben kann. Die vorliegende empirische Untersuchung blendet diese potenziellen EinflUsse insofem weitgehend aus, als dass die extemen Bedingungen der Unternehmen durch eine enge geographische sowie branchenbezogene Abgrenzung weitgehend homogen sind. Der Einfluss dieser Umweltbedingungen entzieht sich somit einer methodischen PrUfimg. Um dennoch situative EinflUsse im weiteren Verlauf der Untersuchung - auch im Hinblick auf ahnliche Untersuchungen in anderen Umwelten - einschatzen zu k6nnen, soil zunachst die geschaftliche und kulturelle Umwelt sowie die relevanten Untemehmensnetzwerke aus Sicht der befragten Untemehmen skizziert werden. 4.2.2.1 Das geschSftliche Umfeld Das Untersuchungsumfeld der vorliegenden Untersuchung ist die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. ^°^ Um einen Eindmck Uber das relevante geschaftliche Umfeld der betrachteten Geschaftsbeziehungen aus Sicht der Manager zu erhalten, wurden die Befragten gebeten, ihre Zustinmiung zu einer Reihe von Aussagen auf einer Skala von 1 bis 7 an-
Gleichzeitig wird hierdurch die im Rahmen der Erfolgsfaktorenforschung haufig zugninde liegende Einschrankung auf ,exzellente' Untersuchungsobjekte aufgegeben. Bei der persOnlichen Erhebung zeigte sich, dass auch die als nichterfolgreich eingeschatzten Geschaftsbeziehungen zum Befragungszeitpunkt noch mehrheitlich aktiv waren. Dies sttltzt die Auffassung von Ahlert/Evanschitzky/Hesse (2005), S. 363, dass sich auch weniger exzellente Untemehmen am Markt halten kOnnen. Vgl. in diesem Zusammenhang jedoch auch die unter dem Schlagwort „survival bias" vorgebrachte Kritik an der sog. Erfolgsfaktorenforschung bei Nicolai/Kieser (2002), S. 585. Der Verzicht auf SchlUsse hinsichtlich typischer Auspragungen einzelner Beziehungsaspekte erscheint zudem bereits aufgrund der gewahlten Sampling-Methode sowie der geringen Fallzahl geboten. Vgl. zum politischen und Okonomischen Umfeld Hongkongs den Herausgeberband von Lethbridge (1993).
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Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
zugeben.^°^ Da im Fokus dieser Arbeit interorganisationale Beziehungen stehen, erfolgt hierbei eine Beschrankimg auf zehn geschSftsbeziehungsrelevante Aspekte. In Abb. 4-2 sind die Mittelwerte und die Standardabweichung dieser Einschatzungen wiedergegeben.
Abb. 4-2: Einschatzung des geschaftlichen Umfeldes
In der Literatur des intemationalen Managements wird beziiglich der Geschaftstatigkeit im Ausland tatiger Manager im AUgemeinen eine groBere Unsicherheit'^^ unterstellt. Ausgangspunkt dieser Argumentation ist die Unterschiedlichkeit der Umwelt im Vergleich zum Heimatland, welche insbesondere in uberseeischen Industrielandem oder Entwicklimgslandem
Vgl. auch Lassere/Probert (1994) fiir einen umfassenden Vergleich des geschaftlichen Umfelds in 10 Nationen der asiatisch-pazifischen Region, inkl. der VR China und Hongkong. Von Unsicherheit wird im Allgemeinen gesprochen, wenn der Eintritt von zuktlnftigen Ereignissen nicht zweifelsfrei prognostiziert werden kann (vgl. Mag (1993), Sp. 3202). Die Unsicherheit wird bestimmt durch einen Mangel an Klarheit der erreichbaren Informationen, der Ungewissheit tiber Ursache- und Wirkungszusammenhange sowie der zeitlichen Dauer bis das Ergebnis einer MaBnahme zu Tage tritt. Vgl. Lawrence/Lorsch (1967), S. 24 ff.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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teilweise sehr hoch ist.'°^ Hongkong stellt trotz seiner europSischen bzw. britischen Vergangenheit ftlr einen deutschen Manager unbestreitbar ein vergleichsweise fremdes Umfeld dar. Dennoch zeigt sich in unserer Untersuchung, dass die befragten Manager im Vergleich zur Geschaftstatigkeit in Landem des westlichen Kulturkreises keine grSBere Unsicherheit empfinden (2,4 )^°*. Hierbei gilt es zu berUcksichtigen, dass die Manager bereits mehrheitlich tiber eine lange berufliche Erfahning in Hongkong verfilgen und somit eine eventuell anfSnglich empfundene grCBere Ungewissheit schon tiberwunden haben k6nnten. Die nach einem derartigen Erfahrungsaufbau bzw. Unsicherheitsabbau verbleibende, nur noch geringe Unsicherheit spiegelt an dieser Stelle somit sicherlich die allgemein konstatierten exzellenten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Hongkongs wieder. PersGnliche Beziehungsnetzwerke tlbemehmen insbesondere bei regional und branchenbezogenen Netzwerken wichtige Funktionen.^"' Die Ergebnisse sttitzen diese hohe Bedeutung eines pers5nlichen Beziehungsnetzwerkes fiir den Textilsektor Hongkongs. ZunSchst wird die persOnliche Bekanntheit der jeweiligen Geschaftspartner im relevanten Geschaftsumfeld als verhaltnismaBig grofi angesehen ( 4 , 9 ) , wobei an dieser Stelle die zweitgrOfite Ubereinstimmung der Zustinmiung festzustellen ist. Die personlichen Kontakte werden in Hongkong deutlich wichtiger als im westlichen Kulturkreis angesehen (5,3 ). Etwas iiberraschend sind die Einschatzungen beztiglich des notwendigen Zeitraumes zum Beziehungsaufbau. Die Ergebnisse geben einen Hinweis, dass gute personliche Beziehungen in Hongkong nicht zwingend das Ergebnis langjahriger Anstrengungen in den Beziehungsaufbau
sein mtissen
(4,2)."° Hierbei gilt es zu berUcksichtigen, dass an dieser Stelle eine allgemeine Einschatzung getroffen wurde. Somit finden nicht nur kulturubergreifende Geschaftsbeziehungen zu Chinesen, sondem auch zu anderen westlichen Geschaftspartnem Beriicksichtigung. Hinsichtlich dieser speziellen Gruppe von Auslandsmanagem, die sich in Hongkong zudem in einer Minderheitssituation befinden, kann von einer groBeren charakterlichen Ahnlichkeit ausgegangen werden, als sie bei Managem generell vorliegt. Zudem handelte es sich bei den Befragten um in den Heimatmarkt Deutschland exportierende Untemehmen, so dass die - in der Regel als bedeutsamer und zugleich schwieriger gestaltbareren - Geschaftspartner auf Kundenseite eher dem gleichen Kulturkreis zuzuordnen waren. Dennoch bestatigt dieses Ergebnis
Vgl. z. B. DUlfer (1999), S. 181 ff. Als entscheidende EinflussgrdBe sieht DOLFER den Fremdheitsgrad, verstanden als subjektiv empftindener Informationsmangel eines Entscheidungstrdgers, „der daraus resultiert, dass dieser die inhaltlichen Auswirkungen von Umwelteinfltlssen in den Konsequenzen seiner Entscheidungsaltemativen nicht erkennen kann" (Dtllfer (1999), S. 185). Die Angaben in Klammem geben im Folgenden den Mittelwert auf einer 7er Skala an. Vgl. zu derartigen „Industrial District Networks" bspw. Staber (1996). Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Nicht-Befund zum positiven Einfluss des Beziehungsalters und Vertrauen bei chmesischen intrakulturellen Geschaftsbeziehungen bei Armstrong/Min Yee (2001), S. 75.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
wiederum das allgemein geschaftsfreundliche und dynamische Umfeld Hongkongs, in dem zUgig Gesch^e abgeschlossen werden, wenn sie 5konomisch sinnvoll erscheinen. Vergleichsweise tiberraschend ist die Einschatzimg bezUglich der Bedeutsamkeit der Reputation einer Partnerunternehmung, die nur eine mittlere Zustimmung erfShrt ( 4 , 6 ) . Jedoch zeigt sich auch, dass die Aussagen diesbezUglich am st&ksten differieren. Ein m5glicher Grund hierfilr kairn in unterschiedlichen Geschaftsmodellen der Untemehmen gesehen werden. Okonomische Oberlegimgen werden zudem vor dem Hintergrund des tiblicherweise bestehenden Zielkonfliktes zwischen Qualitat und Preis teilweise dazu fiihren, dass aus Kostenargumenten auch auf Partneruntemehmen ohne eine besondere Reputation zurttckgegriffen wird. Interessant ist diese Einschatzung vor allem im Vergleich zur hoheren Zustimmung zur Bedeutung der persdnlichen Integritdt der Geschaftspartner ( 5,1). Offensichtiich scheint das Vertrauen in die Bezugsperson des Partneruntemehmens eine wichtigere Rolle als das Vertrauen in das Partneruntemehmen selbst einzunehmen.
Angesichts der hohen Bedeutung der persOnlichen Integritat ist es bemerkenswert, dass Geschaftsbeziehungen in Hongkong nicht unmittelbar bei einem einmaligen
Vertrauensbruch
abgebrochen werden ( 3 , 7 ) . Ein mSglicher Grund hierftir ist, dass bei dieser Aussage keine Differenzierung zwischen Kunden- und Lieferantenbeziehungen zugnmde geiegt wurde. Die eigene Machtposition und AbhSngigkeit von verschiedenen Partneruntemehmen wird jedoch einen wesentlichen Einfluss auf die 5konomische Notwendigkeit bzw. Vorteilhaftigkeit der Fortftlhnmg von Geschaftsbeziehungen besitzen. Eine unterschiedliche Machtposition kOnnte zugleich die - gemessen an der Standardabweichung - relativ hohen Einstellungsunterschiede zwischen den Befragten erklaren. Einen Einfluss auf das eigene Verhalten im Rahmen von Meinungsverschiedenheiten wird daneben die Schnelligkeit der Ausweitung eines Problems im Rahmen einer Geschaftsbeziehung auf andere Geschaftsbeziehungen haben ( 3,8 ). Angesichts der konstatierten hohen persOnlichen Bekaimtheit tiberrascht das Ergebnis, dass Probleme nicht allzu schnell Auswirkungen auf das gesamte Beziehungsnetzwerk haben.'"
Wahrend offensichtiich hoher Wert auf die persOnliche Integritat des Geschaftpartners geiegt wird, scheinen die Vertrage deimoch mehrheitlich formal geschlossen zu werden, d. h. prazise und schriftlich fixiert. Diese Tatsache widerspricht auf den ersten Blick der in der Literatur sowohl zu Untemehmensnetzwerken als auch tiber die Geschaftstatigkeit in China diskutierten Substitution von vollkonmienen Vertragen durch ein Vertrauensverhaltnis. Allerdings ist an dieser Stelle wiederum zu bedenken, dass die Mehrheit der Interaktionen mit Partnerunter-
Vgl. hicrzu Gierl/Bamberger (2002), S. 341, die die Ausstrahlung unfairen Verhaltens auf die eigene Reputation als Indikator filr die Netzwerkintegritat wahlen.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Gesch^ftsbeziehungen
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nehmen aufgnmd der betrachteten Textil- und Bekleidimgsbranche in Form von vertikalen Leistungsbeziehungen vollzogen werden, die entsprechenden AuftrSge vergleichsweise einfach in schriftliche VertrSge zu fassen sind und einen gewissen zeitlichen Produktionsvorlauf benStigen. Dennoch zeigt sich bei der Foraialitat der VertrSge eine verhaltnismafiig grofie Streuung der Antworten. Einige Manager beobachten bzw. prSferieren anscheinend eher eine verlassliche, exakte schriftliche Fixienmg, wahrend einige der Befragten durchaus informal, verbale Abmachungen treffen. Obwohl die eher formalen Vertrage im Streitfall als eine solide Basis fill eine juristische Form der Konfliktl5sung gesehen werden k5nnen und das Rechtssystem zumindest in der Sonderverwaltungszone Hongkong als vergleichsweise zuverlassig einzuschatzen ist, geben die befragten Manager mit der insgesamt deutlichsten Obereinstimmung an, dass auf die Juristische Kldrung von Konflikten weitgehend verzichtet wird (1,6). Hierbei gilt es zu bedenken, dass aufgnmd der speziellen Erfordemisse dieses Sektors die Funktion des Gerichts unmittelbar durch spezielle Gutachter und Schiedsstellen tibemommen wird. AuBerdem spielt bei dieser Antwort auch die Erfahrungen mit Partneruntemehmen aus der VR China mit einem eher unzuverlassigen und ineffizienten Rechtswesen eine Rolle. 4.2.2.2 Das kultureUe Umfeld Im Kemgebiet Kowloon und der Hongkong Island leben tiber 6 Millionen Menschen auf einer Flache von nur ca. 120 km^. Etwa 95 Prozent der BevSlkenmg Hongkongs sind chinesischer Herkunft. Diese deutliche Mehrheit der chinesischen BevOlkenmg fiihrt dazu, dass der Lebensrhythmus der Stadt trotz der langen britischen Tradition sowie der zahlreichen intemationalen Untemehmen mit auslandischen Ftihnmgskraften vor allem von der chinesischen Kultur gepragt ist."^ Analog zur geschaftlichen Umwelt wurden die Interviewpartner gebeten, ihre Zustimmimg bzw. Ablehnung zu einer Reihe von Aussagen zur Multikulturalitat in Hongkong auf einer Skala von 1 bis 7 anzugeben. Die Ergebnisse belegen, dass sich die Multikulturalitat deutlich im Geschaftsleben Hongkongs bemerkbar macht (vgl. Abb. 4-3). So erscheinen die Reaktionen der kulturverschiedenen Geschdftspartner nicht immer prognostizierbar. Der Mittelwert von 3,3 entspricht hierbei aufgnmd der negativ gewahlten Kodierung dem Durchschnittswert zur Bemerkbarkeit von Kulturunterschieden (4,7). Die grSBte Zustinmiung erfahrt die Aussage, dass es bei Interaktionen zwischen kulturverschiedenen Geschaftspartnem haufiger zu Missverstandnissen konrnit als bei Geschaftspartnem der gleichen Kultur (5,1). Das fehlende Verstandnis von kulturverschiedenen Geschaftspartnem scheint zudem kein einseitig begrtindetes Problem zu sein. Die Befragten stimmen der Aussage, dass Personen des westlichen die Personen des asiatischen Kulturkreises nicht verstehen, in einer ahnlichen Deutlichkeit zu, wie umgekehrt.
Vgl. zur spezifischen chinesischen Kultur die AusfUhningen in Kapitel 4.1.2.
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Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Abb. 4-3: Einschatzung des kulturellen Umfeldes Die Ergebnisse best^tigten somit die in Kapitel 4.1.2.2 aufgezeigten, deutlichen kulturellen Unterschiede. Zugleich legen sie die Vermutung nahe, dass die Multikulturalitat als ein Storfaktor einzustufen ist, der den reibungslosen und efFizienten Ablauf von Interaktionen zwischen kulturverschiedenen Geschaftspartnem negativ beeinflusst. tjberraschenderweise scheint dies nicht der Fall zu sein. Die wertende Aussage, dass die Multikulturalitat negative Auswirkungen hat, wird mit einer bemerkenswerten Deutlichkeit abgelehnt (2,1 ). Dies legt die Vermutung nahe, dass die angesprochenen MissverstSndnisse und tJberraschungen entweder selbst nicht als negativ empfunden werden, oder aber zumindest gleichwertige positive Effekte entgegenstehen. Dieses interessante Ergebnis sttitzt somit eine positiv synergetische Perspektive kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen. 4.2.2.3 Die Unternehmensnetzwerke Die im Zentrum dieser Untersuchung stehenden Geschaftsbeziehimgen sind - wie bereits im Gnmdlagenteil der Arbeit dargelegt - im Kontext der iibergeordneten Unternehmensnetzwerke zu sehen. Um einen Eindruck Uber das Geschaflsfeld und die iibergeordneten Unternehmensnetzwerke zu erhalten, soil daher zunachst die textile Wertschopfimgskette in ihren Grundztigen dargestellt werden. Die Darstellung bleibt in Anbetracht der vorliegenden Unter-
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaitsbeziehungen
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nehmensstichprobe auf die Bekleidungsindustrie begrenzt."^ Charakteristisches Merkmal der textilen WertschOpfungskette ist die Mehrstufigkeit und die lineare Deteraiiniertheit der Verarbeitimgsfolge (vgl. Abb. 4-4).
Vorieistungsindustrie FASERN
1 1 j
1
j . . . . . . . . . . . . . . . . ^ .
Natur- und Chemiefaseraufbereitung
1
FLOCKE
HILFSTOFFE. MASCHINEN, FARBEN ETC.
r
1
1
w
w
-I
1 •
Watte-, Filz & Vliesstofflndustrie
1 •
Spinnereien GARNEI
FASERVERBUNDJ STOFFE
_3 r
^r
_.«. W
Webereien
^
-1
iVIaschen1 Industrie |
EBST OFFE f
r
y
WIRK- & STRICh(y\NAREf
1
;
Bekleidungsindustrie BEKLEIDUNG
w Einzel- &Groahandel
Abb.
4-4: Textile Wertschopftingskette der Bekleidungsindustrie
Quelle: in Anlehnung an Reckfort (1997), S. 3
Als Vorleistungsstufen der Textilwirtschaft sind insbesondere die Landwirtschaft, die chemische Industrie sowie der Maschinen- und Anlagenbau zu nennen. Die erste Hauptproduktionsstufe der Textilwirtschaft ist die Aufbereitung der Natur- und Chemiefasem zu Flocken. Diese werden im Anschluss zu Gamen versponnen oder zu FaserverbundstofFen (z. B. Watte, Filz Oder Vliesstoff) verarbeitet. Die Game werden wiederum in einem nachsten Schritt zu Geweben verwebt oder zu Wirk- und Strickwaren verarbeitet. Die Bekleidungsindustrie verarbeitet diese Gewebe und Wirk- und Strickwaren zusammen mit den Faserverbundstoffen weiter und
Bekleidung stellt neben den technischen Textilien sowie Heim- und Haustextilien nur ein Produkt auf der letzten Produktionsstufe der textilen Wertsch5pfungskette dar. Die Beschrankung auf die Bekleidungsindustrie kaim an dieser Stelle erfolgen, da alle Untemehmen im Untersuchungssample letztlich Lieferant, Teil oder Abnehmer der Bekleidungsindustrie sind. Vgl. fUr eine ausfilhrlichere Darstellung lacking (1999), S. 12 fif.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Gesch&ftsbeziehungen
konfektioniert schliefilich handelsfShige Kleidungsstticke. Die verschiedenen Akteure in den Produktionsstufen sind zudem auf zahlreiche Hilfsstoffe (z. B. Farben, Kn6pfe, ReiBverschltisse, Verpackungsmaterialien etc.) angewiesen. Obwohl die WertschOpfungsstufen gnmdsatzlich vollstSndig integriert in einem Untemehmen vollzogen werden kOnnen/''* erfolgt hSufig eine weitgehende zwischenbetriebliche Arbeitsteilung Uber mehr oder minder enge Geschaftsbeziehimgen.^'^ Untemehmen kOnnen hierbei eine Oder mehrere Fertigungsstufen komplett Ubemehmen, zugleich jedoch auch nur (eventuell untersttitzende) Teilfunktionen ausftlhren. KonfektionSre beschranken sich bspw. zunehmend auf Aufgaben, die der Produktion vorgelagert (z. B. Kollektions- und Mustererstellung sowie Beschafiung) und nachgelagert sind (Absatz und Vertrieb)."^ Auch die auslandischen Einkaufsbiiros von Handelsuntemehmen Ubemehmen hSufig als zwischengeschaltete Agenten lediglich Koordinationsaufgaben. Zusammen mit konsumnahen KonfektionSren besitzen sie aufgmnd der charakteristischen Auftragsfertigung eine besondere Bedeutung fUr die strategische Steuemng des resultierenden Untemehmensnetzwerkes. So werden bspw. im Rahmen der Kollektionsentwicklung zahlreiche Entscheidungen getrofFen, die von Bedeutung fiir die vorgelagerten Fertigungsstufen sind.'^^ Zur Erreichung seiner Kosten-, Zeit- und Qualitatsziele kann ein KonfektionSr bspw. einem Lieferanten vorschreiben, seinerseits mit einem speziellen Vorlieferanten zusammenzuarbeiten oder eigene QualitStskontrollen auf weiter vorgelagerten Stufen durchzuftihren. Die Anfordemngen an eine effiziente zwischenbetriebliche Koordination haben sich hierbei durch stetig kiirzere Produktlebenszyklen, einer zunehmenden Anzahl unterjahriger Kollektionen und hieraus resultierenden geringeren Voriaufzeiten in den zuriickliegenden Jahren stetig erhoht."* Zur nMheren Charakterisiemng der spezifischen Untemehmensnetzwerke aus Sicht der Unternehmen in der Untersuchungsstichprobe wurde auch eine Reihe von Einschatzungen zu zentralen netzwerkspezifischen Aspekten erhoben. Aus der Befragung einzelner Untemehmen resultiert zwangslSufig ein Fokus auf die direkten Partnemntemehmen auf vor- und nachgelagerten Stufen. Jedoch konnte hinsichtlich der in der Stichprobe berUcksichtigten Untemehmen bereits aufgrund der Position in der WertschQpfungskette und dem Sitz in Hongkong ex ante von einer eher starken Position und einem vergleichsweise guten Uberblick ausgegangen
Bei den vertikal, integrierten Systemen kOnnen aus Herstellersicht vorwartsintegrierte Systeme von aus Handelssicht rilckwartsintegrierten Systemen unterschieden werden. In vorwftrtsintegrierten Systemen Ubemehmen Hersteller auch Aufgaben des Handelsbereichs, wahrend bei rQckwartsintegrierten Systemen der Handel seinen Einflussbereich auf die Produktion ausgedehnt hat. Vgl. z. B. Eickhofif (1994). Vgl. zu Kooperationsaltemativen in der Bekleidungswirtschafl z. B. Ahlert (1994); Horstmann (1997) sowie Steffen (2001). ''^ Vgl.Reckfort(1997),S.8f Fttr eine Ubersicht Uber den Fertigungsprozess der Bekleidungsindustrie vgl. z. B. Tttcking (1999), S. 14 fif.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Gesch^lftsbeziehuiigen
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werden. Zudem wurde bei der Auswahl der zu erhebenden Aspekte neben der Relevanz auch auf die MSglichkeit einer validen Einschatzimg geachtet.^^^ Obwohl die im Folgenden dargestellten Ergebnisse vor dem Hintergnmd der Befragung einzelner Untemehmen sowie der Verwendung standardisierter Fragen mit der gebotenen Vorsicht zu beurteilen sind, lassen sich deimoch interessante Einblicke in die ilbergeordneten Untemehmensnetzwerke gewinnen (vgl. Abb. 4-4).
Abb. 4-5: Einschatzungen des Untemehmensnetzwerkes Zimachst zeichnen sich die betrachteten Netzwerke durch eine vergleichsweise hohe zentrale Fuhrung aus ( 4 , 9 ) . Die Untemehmensnetzwerke sind demnach offenbar weniger als eine polyzentrische Netzwerkform zu sehen, sondem werden in der Kegel durch ausgewahhe Untemehmen strategisch gefiihrt. Dieses Ergebnis lasst somit erkennen, dass trotz der vergleichsweise klar zu trennenden Wertschopfimgsstufen deutliche Eingriffe der konsumnahen Untemehmen in die vorgelagerten Produktionsprozesse erfolgen. Die niedrige Einschatzung der Frage nach der zentralen Steuerung durch Drittunternehmen (3,0 ) bestatigt die ex ante
Zur Problematik der kttrzeren Reaktionszeiten der textilen Fertigung vgl. Hentsche (1991) und Christopher/Peck (1997).
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
angenommene zentrale Position, die den befragten deutschen Untemehmen in Hongkong zur Koordination ihrer textilen Produktionsnetzwerke in China bzw. Stidostasien zufUllt. Diese in der Selbsteinschatzung starke Stellung kann u. a. auf die notwendigen, aber schwer zu erwerbenden Kenntnisse der Beschaffungsmarkte und die raumliche Distanz zu den deutschen Kundenuntemehmen zurackgefUhrt werden. Die Einschatzung der sehr hohen Formalitat der Unternehmensnetzwerke sttitzt die bereits oben aufgeflihrte Einschatzung zum allgemeinen geschaftlichen Umfeld ( 5,8 ). Die hohe Formalitat ist vor dem Hintergrund der betrachteten, vertikalen Produktionsnetzwerke und der textilen Auftragsfertigung plausibel. Angesichts der Spezifitat der meisten Auftrage, dem zeitlichen Produktionsvorlauf sowie den fUr die nachgelagerten Stufen bestehenden Risiken erscheint eine vertragliche Fixierung offenbar weitgehend unverzichtbar, zumal sie in Anbetracht der konkreten, materiellen Transaktionsobjekte vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen ist. Der hohe Formalisierungsgrad ist dagegen kaum auf ein fehlendes Vertrauen im Netzwerk zuriickzufUhren. Mit einer vergleichsweise hohen Ubereinstimmung wird das Vertrauen in den ilbergeordneten Untemehmensnetzwerken als hoch eingeschatzt ( 5 , 0 ) . Die in der Literatur zu interorganisationalen Beziehungen und Netzwerken haufig unterstellte Substitution formaler Koordination durch eine Vertrauenskultur tritt somit zumindest im vorliegenden Fall nicht hervor. Stattdessen erganzen sich offenbar Vertrauen und Formalisierung. Interessant ist das hohe AusmaB an Vertrauen auch vor dem Hintergrund der Multikulturalitat der Unternehmensnetzwerke. Offensichtlich zeichnen sich die befragten Untemehmen dadurch aus, dass sie trotz der schwierigeren Ausgangsbedingimgen bei kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen einen erfolgreichen Vertrauensaufbau vollzogen haben. Das hohe Ausmafi von Vertrauen kann auch in einem Zusammenhang mit der hoch eingeschatzten Stabilitdt des Untemehmensnetzwerkes gesehen werden (5,1 ). Trotz der dynamischen Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft scheint sich die Zusammenarbeit somit auf einen verhaltnismaBig bestandigen Kreis von Partneruntemehmen zu beschranken. Hierbei gilt es die Schwierigkeiten zu beriicksichtigen, die sich der Identifikation geeigneter Partneruntemehmen in der VR China sowie dem angesichts der kulturubergreifenden Konstellation schwierigen Beziehimgsaufbau stellen. Obwohl aufgrund der modischen Zyklen der Bekleidungswirtschaft keine langfristigen Produktionsvereinbarungen wie bei standardisierten Hersteller-Zulieferer Beziehungen existieren, ist es somit sinnvoll bei Zufriedenheit mit der Leistung der Partneruntemehmen auch entsprechende Folgeauftrage zu vergeben. Vor dem Hintergrund fehlender langfristiger Bindungen ist allerdings auch die recht hohe Offenheit der
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Die im Folgenden diskutierten Aspekte stellen somit lediglich einen Ausschnitt der mOglichen Beschreibungsdimensionen von Untemehmensnetzwerken dar. Vgl. hierzu die Darstellung in Kapitel 2.2.2 sowie Sydow (1992), S. 84 f.
Empirische Untersuchimg deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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Untemehmensnetzwerke erwartungsgemaB. So besteht offenbar durchaus die MSglichkeit ftir neue wettbewerbsfShige Lieferanten in das Unternehmensnetzwerk einzutreten (4,5 ). Allerdings iSsst die vergleichsweise moderate EinschStzung zugleich erkennen, dass durchaus eine gewisse Bindung zu und PrSferenz von bestehenden Geschaftsbeziehungen zu existieren scheint. Bei der Einschatzung der eher leichten Austrittsmoglichkeit fur Lieferanten (5,1) zeigt sich die insgesamt grSBte Streuung. Aufgrund der hier bestehenden nur kurzfristigen vertraglichen Bindungen ist zunSchst davon auszugehen, dass gnmdsatzlich jeder Lieferant autonom in seiner Entscheidung iiber die Teibahme am Netzwerk ist. AUerdings zeigt die hohe Streuung der Antworten, dass offensichtlich zumindest bei einer Teilgruppe der Netzwerke, eine deutliche allgemeine AbhSngigkeit der Lieferanten vorliegt. Interessant ist schliefilich die Einschatzung der Sichtbarkeit des bestehenden Untemehmensnetzwerkes ftir Drittuntemehmen. Trotz der Stabilitat der Untemehmensnetzwerke ist offenbar keine grolie Transparenz der bestehenden GeschSftsbeziehungen vorhanden. Ein Grund hierflir vermag in den Besonderheiten des chinesischen Beschaffungsmarktes liegen, der als eher intransparent zu sehen ist. Jedoch ist auch zu bedenken, dass diese geringe Sichtbarkeit des Netzwerkes insbesondere bzgl. der Lieferantenbeziehungen ftlr viele der befragten Unternehmen gerade den zu bewahrenden Wettbewerbsvorteil darstellt. Dies gilt zum einen gegentiber direkten Wettbewerbem, aber bei konzemunabhSngigen Untemehmen auch gegentiber den in Deutschland ansSssigen Kundenuntemehmen. Im Hinblick auf die Untersuchung zeigen diese netzwerkspezifischen Einschatzungen, dass die im Folgenden naher zu analysierenden Geschaftsbeziehungen als Teil eher stabiler, wenn auch gnmdsatzlich offener und strategisch geftihrter Produktionsnetzwerke zu sehen sind. 4.2.3 Bivariate Untersuchung des Beziehungserfolges In diesem Abschnitt sollen erfolgreiche sowie nicht-erfolgreiche Geschaftsbeziehungen des Untersuchungssamples gegentibergestellt werden, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten identifizieren zu konnen. Die ftir die Gruppenbildung herangezogene Erfolgseinschatzung oblag den Interviewpartnem und basiert auf einem zusammenfassenden wirtschaftlichen Gesamturteil.^^° Die Gegeniiberstellung orientiert sich an den im Bezugsrahmen eingeftihrten inhaltlichen Ebenen einer Geschaftsbeziehung, wobei jeder Ebene aufgrund theoretischer Uberlegungen eine Mehrzahl von Beziehungsaspekten zugeordnet wird.
120
Vgl. hierzu die Ausfilhrungen in Kapitel 4.2.1.4.
164
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Gesch^iftsbeziehungen
Die Klassifiziemng von Geschaftsbeziehungen aufgnmd einer aggregierten Erfolgseinschatziing unterscheidet sich von der Mehrheit der Studien zu Geschaftsbeziehungen. Als evaluierende Konstrukte werden haufig dem Beziehungserfolg vorgelagerte Konstrukte wie bspw. Vertrauen und Verpflichtung verwendet, die jedoch bei der Selektion der Geschaftsbeziehungen fUr die jeweiligen Erhebungen nicht herangezogen werden.'^' Unserer empirischen Analyse bietet sich durch diesen abweichenden Ansatz die zusatzliche MOgHchkeit, Aspekte von Geschaftsbeziehungen zu identifizieren, die einen unmittelbaren Zusammenhang zum wirtschaftlichen Erfolg nahe legen. Hierzu wird im Folgenden auf eine Gegentiberstellung der mittleren Auspragungen der verschiedenen Beziehungsaspekte ftir die beiden Geschaftsbeziehungstypen zurtickgegriffen. Unterscheiden sich diese Einschatzungen hinsichtlich eines Beziehungsaspektes signifikant, so kann von einem Zusammenhang zum Erfolg ausgegangen werden.
Im Rahmen der bivariaten Analyse soil zunachst bewusst auf die Priifimg von einseitig gerichteten Kausalzusanmienhangen verzichtet werden. Anstelle von einseitigen, ex ante zu prazisierenden Wirkungsbeziehungen der Beziehungskonstrukte auf den Erfolg wird somit lediglich die Existenz ungerichteter Zusammenhange gepriift. Die Existenz von Wechselbeziehimgen ist insbesondere aus einer dynamischen Perspektive plausibel. So beeinflusst bspw. die (tlber die inhaltlichen Ebenen gekennzeichnete) Beziehungsatmosphare den augenblicklichen Erfolg einer Geschaftsbeziehung, wahrend der Erfolg fioiherer Interaktionen den Aufbau der Atmosphare beeinflusst. In diesem Sinne ist grundsatzlich davon auszugehen, dass neben dem Einfluss der konkreten Ausgestaltung der inhaltlichen Ebenen auf den Beziehungserfolg tiber eine rekursive Verkntlpftmg auch eine umgekehrte Einflussbeziehung vorliegen kann. Methodisch wird auf den t-Test auf Mittelwertunterschiede zuruckgegriffen.'^^ Da die beidseitige Signifikanzpriiftmg striktere Anfordenmgen stellt, werden hier ftinf Zusanmienhange, die nur auf einem zehnprozentigen Niveau signifikant sind, als schwach signifikant gekennzeichnet.'^^ Das sich an das allgemeine Ebenenmodell anlehnende bivariate Untersuchungsmodell ist in Abb. 4-6 im Oberblick dargestellt.
Auf das vielschichtigere Konstrukt der Beziehungsqualitat wird in dieser Arbeit im Rahmen einer spSteren multivariaten Analyse eingegangen. Vgl. hierzu Kapitel 4.2.5. Der t-Test tiberprUft die Nullhypothese, dass die beiden Stichproben aus zwei Grundgesamtheiten stammen, deren Erwartungswerte identisch sind. Einsatzvoraussetzungen sind neben einer Intervallskalierung der Daten, dass die Grundgesamtheiten normalverteilt sind sowie eine annShemd gleiche Varianz besitzen. Simulationen belegen jedoch, dass der t-Test vergleichsweise unempfindlich auf Verletzungen dieser Voraussetzungen reagiert. Vgl. zum t-Test Bortz (1999), S. 137 ff. Bei den im Folgenden prfisentierten Befimden gilt es zu bedenken, dass aufgnmd der vergleichsweise geringen StichprobengrOBe nur mittelstarke bis starke Efifekte statistisch mit einer Irrtimiswahrscheinlichkeit von weniger oder gleich 5% signifikant sind.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
165
Abb. 4-6: Das bivariate Untersuchungsmodell Aufgnmd der unterschiedlichen Bewertung der Geschaftsbeziehungen wurde zudem vorab geprUft, inwieweit die ausgewShlten Geschaftsbeziehungen tiber eine hinreichende und vergleichbare Dauer existieren bzw. existierten. Hierbei zeigt sich, dass die ausgewahhen Geschaftsbeziehungen hinsichtlich ihrer Existenzdauer zum Zeitpunkt der Befragung bzw. zum Zeitpunkt der Beendigung im Vergleich zu anderen Beziehungen im Durchschnitt ein mittleres bis hohes Aher aufweisen.^^"* Der t-Test auf Mittelwertunterschiede kann keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen ermitteln. Es kann somit im Folgenden davon ausgegangen werden, dass die Einschatzungen auf einem ausreichenden sowie weitgehend vergleichbaren Erfahnmgshorizont basieren. 4.2.3.1 Zusammenhang zwischen Individualebene und Beziehungserfolg Den personHchen Beziehungen failt in unserem Bezugsrahmen kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen eine groBe Bedeutung zu. Geschaftsbeziehungen - verstanden als Beziehungen zwischen Untemehmen - werden maBgebUch durch die Beziehungen zwischen den Reprasentanten der Partnenintemehmen gepragt. Dies gih in besonderem MaBe bei eher kleinen Untemehmen, wie sie in unserem Untersuchungssample uberwiegen.
'^^ Auf einer 7er Skala von sehr niedrig bis sehr hoch ergab sich ein Durchschnittswert von 4,1 filr nicht-erfolgreiche bzv*^. 5,1 filr erfolgreiche Geschaftsbeziehungen.
166
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Die Analyseergebnisse fiir diejenigen Beziehimgsaspekte, die der individuellen Ebene der Geschaftsbeziehungen zuzuordnen sind, sind in Tab. 4-5 zusammenfassend dargestellt. Zunachst stimmen die Interviewpartner mehrheitlich darin tiberein, dass die personlichen Kontakte zu den Personen des Partneruntemehmens von einer groBen Bedeutung fiir die tibergeordneten Geschaftsbeziehungen
sind. Dies betrifft erfolgreiche und nicht-erfolgreiche
Geschaftsbeziehungen in nahezu identischem MaBe (4,8 vs. 4,6)^". Ein Zusammenhang zwischen dem Beziehungserfolg und der allgemeinen Bedeutung des persOnlichen Kontakts zeigt sich somit nicht. Dieses Ergebnis bestatigt somit die Notwendigkeit der Beriicksichtigung der individuellen Ebene in einem generellen Bezugsrahmen zur umfassenden Analyse von Geschaftsbeziehungen.
Massive Unterschiede in der Beurteilung der individuellen Ebene zeigen sich dagegen im Vertrauen in die Prinzipien und die persdnliche Integritdt des Geschaftspartners (4,7 vs. 2,3) sowie (5,0 vs. 3,2).^^^ Erfolgreiche deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen unterscheiden sich von nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen durch ein signifikant hSheres Vertrauen in die persOnlichen Kontaktpersonen.'^' Die Fairness im persOnlichen Umgang kann hierbei als ein wichtiges Prinzip persOnlicher Interaktion gesehen werden. Auch diesbeztiglich zeichnen sich erfolgreiche Geschaftsbeziehungen durch eine grOBere Einschatzung der Fairness der vergangenen Transaktionen aus (5,3 vs. 3,9). Da jedoch auch nicht-erfolgreiche Geschaftsbeziehungen mit einem Mittelwert in H6he der Skalenmitte als vergleichsweise fair gesehen werden, ist die Differenz in der Einschatzung nicht gleichermaiJen groB und nur schwach signifikant. Diese Tatsache legt nahe, dass bereits die Empfindung einer geringen Unausgewogenheit der Geschafte das pers5nliche Vertrauensniveau und die Erfolgsbeurteilung verhaltnismaBig stark schwachen kann. Interessant ist an dieser Stelle femer, dass die Beurteilung der Fairness gemessen an der Standardabweichung in der Gruppe der nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen verhaltnismaBig starkeren Schwankungen unterliegt. Das Scheitem einer Geschaftsbeziehung ist somit nicht zw^ingend auf fehlende Fairness zuriickzufuhren. Vielmehr tragen offensichtlich auch andere Griinde zum Scheitem einer Geschaftsbeziehung bei.
Zur besseren Einordnung werden die Mittelwerte im Folgenden in Klammem angegeben. Die erste Angabe entspricht dabei stets dem Wert der erfolgreichen Gruppe, die zweite Angabe dem Wert der nicht-erfolgreichen Gruppe. Ftlr die verbale Einschatzimg der absoluten Durchschnittswerte auf der vorliegenden 7er Skala wird folgende Konvention getrofifen: bis 2.5 als sehr niedrig/klein, von 2.5 bis 3.5 als niedrig/klein, von 3.5 bis 4.5 als mittlere AusprSgung, von 4.5 bis 5.5 als hoch/groB sowie von 5.5 als sehr hoch/grofi. Beide Items sind inhaltlich verwandt und werden daher bereits an dieser Stelle gemeinsam betrachtet. Zur Konzeptionalisienmg von Vertrauen in Geschaftsbeziehungen vgl. auch Morgan/Hunt (1994), S. 23 sowie Moorman/Deshpand6/Zaltman (1993), S. 82. Dieses personengebundene Vertrauen wird im Rahmen der Arbeit bewusst vom allgemeinen Vertrauen in eine Geschaftsbeziehung differenziert. Vgl. hierzu die Ausfilhrungen in Kapitel 2.5.2.3.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Items der Individualebene
10
tn
167
c
Nichterfoigreich
Erfoigreicii
O)
^
a
^
a
1 Bedeutung persCnIicher Kontakte
Z
n.s.
4,8
2.1
4.6
2,2
1 Vertrauen in Prinzipien des Geschdftpartners
Z
1.8
4,7
2,0
z z z z z z z z
** *
2,3
1 Vertrauen in integritSt des GeschSftspartners
3,2
1.8
5,0
2,0
o
3,9
2,3
5,3
1.6
n.s.
3,6
1.8
2.8
1.7
n.s.
4,3
1.7
5,0
1.5
n.s.
3.0
1.7
3,3
1.8
n.s.
2.4
3.7
3.7
2,6
o
3,6
1.8
4,8
1.7
1.9
1,7
3,4
2,4
1 Fairness der Transal(tion fUr beide Seiten 1 Beendigung der Beziehung bei Vertrauensbruch 1 Bereitschaft zum Schutz des Geschaftpartners 1 Besitz gleicher Werte wie der Geschaftspartner I Existenz einer persOnlichen Beziehung 1 Vorhersagbarlceit der Realctionen des Partners I Austauscli vertraulicher Informationen lAnmerkungen: pSkalen: Z = Zustimmung p U * p ^ 0,01 ; • p ^ 0,05 ; " p ^ 0.10
o
Skala von (1) vOllig unzutreffend bis (7) vOlligzutreffend (zweiseitiger t-Test auf Mittelwertunterschiede;N=32 )
Tab. 4-5: Individualebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen
PersSnliches Vertrauen scheint somit bei deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen in einem positiven Zusammenhang mit dem Erfolg einer Geschaftsbeziehung zu stehen.^^* Allerdings ist die Bereitschaft zum Austausch vertraulicher Informationen grundsatzlich eher niedrig. Es kann hier vermutet werden, dass die relative Vorsicht der Geschaftspartner zumindest teilweise auf die kulturelle Fremdartigkeit zuriickzuftihren ist. Dennoch zeigt sich eine (schwach signifikant) grSBere Bereitschaft einem Geschaftspartner sogar vertrauUche Informationen in einer erfolgeichen Geschaftsbeziehung anzuvertrauen (1,9 vs. 3,4). Insbesondere in der Gruppe der erfolgreichen Geschaftsbeziehungen liegen hier gemessen an der hohen Standardabweichung jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Befragten vor. Die Gesamtbedeutung des pers6nlichen Vertrauens fiir die Geschaftsbeziehungen kann femer auch daran relativiert werden, inwieweit auf einen einmaligen Vertrauensbruch durch den Geschaftspartner mit tmQVCiAhbruch der Geschaftsbeziehung reagiert werden wUrde. Die uberraschend geringe Zustimmung unterhalb des Skalermiittels ist angesichts der konstatierten Unterschiede im Vertrauensniveau auf den ersten Blick tiberraschend (2,8 vs. 3,6). Selbst bei nicht-erfolgreich eingeschatzten Geschaftsbeziehungen scheinen haufig noch okonomische Vorteile bzw. Zwange fiir die Fortfiihnmg der Geschaftsbeziehung zu sprechen. Dabei ist die Bereitschaft zur sofortigen Beendigung erfolgreicher Geschaftsbeziehungen erwartungsgemaB etwas geringer ausgepragt, ohne dass der Unterschied jedoch statistische Signifikanz aufsveist.
Dabei sei nochmals darauf hingewiesen, dass hier im Rahmen einer dynamischen Perspektive von einer rekursiven Beziehung auszugehen ist. Erfolgreiche, einwandfrei verlaufene Geschafle werden das Vertrauen in die persOnlichen Geschaftspartner erhOhen; ein hftheres Vertrauen kann wiederum die Interaktion erleichtem und den Erfolg erhohen.
168
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Untemehmerische TStigkeit sieht sich in unterschiedlichem AusmaB mit geschaftlichen Risiken konfrontiert, die u. a. mit unterschiedlichen Wettbewerbsintensitaten imd der Unsicherheit tiber zukiinflige Entwicklungen zusammenhangt. Die Bereitschaft, den Geschaftspartner bspw. durch Hinweise und Wamungen vor nachteiligen Entwicklungen, relevanten Aktionen durch dritte Parteien, aber auch durch Verzicht auf unfaire, existenzgefMhrdende eigene Aktionen zu schiitzen, kann als Kennzeichen der individuellen Ebene gesehen werden. Hier zeigt sich, dass durchaus eine mittlere bis hohe Bereitschaft besteht, sich zum Schutze des Geschaftpartners einzusetzen. Obwohl diese Bereitschaft bei erfolgreichen Geschaftsbeziehungen erwartungsgemafi grOBer ist, zeigt sich kein statistisch signifikanter Unterschied (5,0 vs. 4,3). Dieses Ergebnis iSsst vermuten, dass die Bereitschaft zum Einsatz ftir einen Geschaftspartner eher ein gnmdsatzliches Kennzeichen der eigenen Geschaftspraktiken darsteUt und nur in geringem MaBe zwischen unterschiedlichen Geschaftsbeziehungen variiert. Gnmdsatzlich sind bei der Einschatzung der Bedeutung des personlichen Vertrauens auch das spezifische Geschaftsfeld sowie der vorliegende Charakter vertikaler Geschaftsbeziehung zu berUcksichtigen. Mit Textil- und Bekleidungswaren ist die hier im Mittelpunkt stehende Leistung bei Obergabe und zum Teil auch bereits wahrend der Leistungserstellung vergleichsweise gut kontrollierbar. Vertrauensverluste des Kunden sind vor allem bei Nichteinhaltung der Qualitatszusagen und Termine des Lieferanten wahrscheinlich. Dagegen sind Vertrauensverluste aufgrund der Weitergabe vertraulicher Informationen bzw. der Verwendung der erhaltenen Informationen gegen den Geschaftspartner - insbesondere im Vergleich zu horizontalen Geschaftsbeziehungen eher unwahrscheinlich. Trotz der Unterschiede im Vertrauensniveau scheinen die Interviewpartner mit der (bzw. den) Kontaktperson(en) des chinesischen Lieferanten eher selten durch eine personliche Beziehung verbunden zu sein. Dies wird insbesondere bei nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen deutlich (3,7 vs. 2,4). Ein Grund hierftir kann in der Tatsache gesehen werden, dass deutliche Unterschiede zwischen den personlichen und den Werten des Geschdftpartners gesehen werden. Die Einschatzung beziiglich der diesbeztiglichen Gemeinsamkeiten liegen auf eher niedrigem Niveau (3,3 vs. 3,0). Die relativ hohen Standardabweichungen bei der Einschatzung der Existenz einer persOnlichen Beziehung weisen jedoch auf deutliche Unterschiede zwischen den Befragten hin. Offenbar scheint die Bereitschaft oder auch die Fahigkeit zum Aufl^au enger personlicher Beziehungen zu chinesischen Geschaftspartnem bei den befragten deutschen Managem sehr zu variieren. 4.2.3.2 Zusammenhang zwischen Interaktionsebene und Beziehungserfolg Die Interaktionsebene einer Geschaftsbeziehung stellt die Ebene der konkreten Zusammenarbeit zwischen den Partneruntemehmen dar. Dabei stehen hier die Prozesse zur bilateralen
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
169
Abwicklung der Transaktionen im Mittelpunkt, nicht die isolierten Prozesse der einseitigen Leistungserstellimg ftlr das Partnemntemehmen. Im Mittelpunkt steht somit im wesentlichen die Form der Interaktion, die tiber die Art der Kommunikation, die Austragung von Konflikten sowie durch die Kontrolle des Partnenintemehmens beschreiben lasst. Vergleicht man die Form der Interaktion bei erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen, so treten eine Reihe signifikanter Unterschiede zu Tage (vgl. Tab. 4-6). So wird einer tibergeordneten GesamteinschStzung die Effizienz der Abwicklung bei erfolgreichen Geschaftsbeziehungen wesentlich hQher als bei nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen eingeschatzt (5,3 vs. 2,6). Als ein wesentlicher Grund hierftir ist zum einen das hSufige Auftreten von Konflikten bei nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehimgen, zum anderen die gleichzeitig hohe IntensMt dieser Konflikte zu sehen.
Bei erfolgreichen GeschSftsbeziehungen
treten umgekehrt Konflikte sehr selten (2,3 vs. 5,1) und mit einer eher geringen Intensitat (2,1 vs. 4,9) auf Erstaunlich ist femer die im Vergleich zu anderen EinschStzungen groBe Obereinstinmiung der Befragten bei der Beurteilung der Abwicklungseffizienz und der Konflikte. Lediglich bei der Intensitat der Konflikte zeigt sich filr die Gruppe der nichterfolgreichen Geschaftsbeziehungen eine deutliche Streuung. Offensichtlich sind bei dieser Gruppe auch Geschaftsbeziehimgen mit haufigen Konflikten berUcksichtigt, die jedoch von einer eher geringen Intensitat gepragt sind.
Diese Befimde machen deutlich, dass Konflikte trotz der kulturellen Unterschiede kein konstitutives Wesensmerkmal vertikaler deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen sind. Vielmehr schaffen es die Partneruntemehmen bei erfolgreichen Geschaftsbeziehungen, trotz der zumindest teilweise kontraren Interessenlagen, Konflikte weitgehend zu vermeiden und auf einem niedrigen Niveau zu halten. Einem effektiven Konfliktmanagement kommt fiir den Erfolg von Geschaftsbeziehungen offenbar eine entscheidende Bedeutung zu. Dabei wird jedoch in kaum nennenswerten Umfang auf Formen der formalen Konfliktlosung zuriickgegriffen (1,4 vs. 1,8). Dieser Befimd bestatigt somit die in der Kooperationstheorie und im chinesischen Kulturraum unterstellte Substitution formaler KonfliktlSsungsmechanismen durch einvemehmliche Einigung zwischen den Partneruntemehmen. Dabei ist hier jedoch zusatzlich der spezielle kulturund grenziiberschreitende Charakter der Untersuchungsstichprobe zu beriicksichtigen. Bei intemationalen Geschaftsbeziehungen fallen aufgrund unterschiedlicher Rechtssysteme und Sprachen die mit einer formalen gerichtlichen Konfliktl5sung verbundenen Transaktionskosten hOher aus. Dies gilt bei der vorliegenden Untersuchungsstichprobe mit Partneruntemehmen in der VR China in besonderem MaBe. Zudem ist der spezielle Charakter des Textil- und Bekleidungssektor zu beachten. Im Falle, dass eine einvemehmliche Losung von Konflikten nicht moglich ist, wird in der Regel auf eine Reihe intemationaler Gutachterorganisationen zuriickgegriffen.
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
170
"JO
Items der Interaktionsebene
e
(0
Nichterfolgrelch
Erfolgreich
^
a
^
a
2.6
1,0
5.3
1.0
5,1 4.9
1,3
2.3
1.3
E
** ** **
1,9
2.1
1 Formalisierung der KonfliktIOsung
E
n.s.
1.8
1,4
1.4
1,3 0,9
1 Wahrnehmung von Sanktionsm£)glichkeiten
E
n.s.
4.6
2,1
3,9
2.0
1 Notwendlgkelt der Kontrolie
E
**
5.1
1,3
2.9
1.1 1
1 Kontrolie w£lhrend der Leistungserstellung
n.s.
5,1 6,1
1.7
4,4
1,6
1 Kontrolie be! LeistungsUbergabe
E E
1,7
5,6
1,9
1 Kommunlkatlonshaufigkelt
E
e
4,7
1,8
5.6
1.2
1 Offenheit der Kommunlkation
E
*
3,9
2,1
5.4
1,7
E
1 Effizienz der Transaktionsabwicklung Hftufigkeit von Konflikten
E
Intensitat von Konflikten
n.s.
Einsatz von Kommunikationsinstrumenten
1
Face to Face
E
o
2,6
1,7
3.7
1,7
Per Telefon
E
n.s.
6,6
0,6
6,6
0,7
Per Fax
E
n.s.
5,6
1,9
5,5
2,0
Per Telex
E
n.s.
6,1
1,1
6,0
1,2
Per Mall
E
n.s.
4,0
2,7
4,5
2,6
Per Brief
E
n.s.
1,9
1,2
1,9
1,2
Per EDV
E
n.s.
1,4
1,3
1,5
1,3 1
Anmerkungen: pSkalen: Z = Zustimmung E = Einschatzung p U » p ^ 0,01 ; * p ^ 0,05 ; • p ^ 0,10
Skala von (1) vdllig unzutreffend bis (7) vOllig zutreffend Skala von (1) sehr niedrig bis (1) sehr hoch (zweiseitiger t-Test auf Mittelwertunterschiede;N=32 )
Tab. 4-6: Interaktionsebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen Bestehen vertraglich gesicherte Sanktionspotentiale, bspw. bei Abweichungen der Liefertermine oder Nichteinhaltung der Qualitatsvorgaben, so werden diese auch in deutlichem MaBe wahrgenommen. Mit der Nichteinhaltung vertraglicher Vorgaben durch den chinesischen Lieferanten sind in der Regel okonomische Nachteile fiir die deutsche Partnenmtemehmnng verbunden, die ihrerseits Pflichten gegeniiber nachgelagerte Partnem des Untemehmensnetzwerkes eingegangen ist. Auf entsprechende Kompensationen wird somit nur in begrenztem Umfang verzichtet. Bemerkenswertenveise unterscheidet sich die Wahrnehmung von Sanktionspotentialen jedoch nicht signifikant zwischen den beiden Geschaftsbeziehungstypen (3,9 vs. 4,6). Die nahe liegende Veraiutung, dass bei erfolgreichen Geschaftsbeziehungen eher auf Sanktionen verzichtet wird, bestatigt sich somit nicht. Jedoch zeigt sich an dieser Stelle gemessen an den Standardabweichungen insgesamt ein relativ uneinheitliches Bild. Die Kontrolie des Partneruntemehmens ist ein weiterer wesentlicher Aspekt der Interaktionsebene. Hinsichtlich der Kontrolie wird im AUgemeinen eine begleitende Prozess- von einer ResultatskontroUe unterschieden. Die Ergebnisse belegen, dass bei der Ubergabe der Leistung
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
171
in aller Kegel eine Resultatskontrolle erfolgt (5,6 vs. 6,1). Aufgmnd der Einbindung in Unternehmensnetzwerke des Textil- iind Bekleidungssektors ist jedoch eine physische Obergabe in den Besitz des Partnemntemehmens nicht zwingend gegeben. Vielmehr werden AuftrSge, die ftlr einzelne Abnehmer in Deutschland bestimmt sind, hSufig direkt an Speditionen tibergeben. Bei den sogenannten Agenten unterbleibt sogar der zwischenzeitliche Eigentumstibergang auf die fokale Untemehmung. Die Resultatskontrolle kann somit sowohl beim Lieferanten, bei der Obergabe an die Spedition oder beim Eingang bei der fokalen Untemehmung geprtlft werden. Daneben erfolgt in einem etwas schwacheren AusmaB auch eine Prozesskontrolle wShrend der Leistungserstellung des Lieferanten (4,4 vs. 5,1). Diese wird in der Kegel durch eigene spezialisierte QualitatskontroUeure durchgefiihrt, die bereits wShrend der Fertigung beim chinesischen Lieferanten stichprobenartige KontroUen durchfUhren. Auch wenn beide Formen der Kontrolle in etwas stSrkerem Ausmafi bei nicht-erfolgreichen Geschaflsbeziehungen erfolgen, so liegt bei der Durchfilhrung von KontroUen kein signifikanter Unterschied vor. Die Notwendigkeit der Kontrolle wird dagegen bei nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen als signifikant grOBer gesehen (2,9 vs. 5,1). Trotzdem scheint auch bei erfolgreichen Geschaftsbeziehungen nicht auf vergleichbare Formen der Kontrolle verzichtet zu werden. Hierbei gilt es zu berticksichtigen, dass die Verarbeitung der betrachteten Textil- und Bekleidungsprodukte vergleichsweise gut durch geschulte KontroUeure beurteilt werden kann. Auch bei der Beurteilung der Kommunikation mit den chinesischen Geschaftspartnem zeigen sich eine Keihe signifikanter Unterschiede. Zunachst zeichnen sich beide Gruppen von Geschaftsbeziehungen durch eine relativ Muflge Kommunikation im Vergleich zu tiblichen Geschaftsbeziehungen aus (5,6 vs. 4,7). Weil insbesondere bei erfolgreichen Geschaftsbeziehimgen die Konmiunikationshaufigkeit jedoch mit einer sehr hohen Ubereinstimmung als sehr hoch eingeschatzt wird, zeigt sich dennoch ein schwach signifikanter Unterschied. Der Zusammenhang von Kommunikationshaufigkeit und Erfolg verdeutlicht, dass sich der Erfolg von Geschaftsbeziehungen - trotz der betrachteten vertikalen Lieferbeziehungen - nicht von selbst einstellt und nicht ohne entsprechende Bemtlhungen zu erzielen ist. Ein hohes AusmaB an Kommunikation ist somit bei Geschaftsbeziehungen kein Signal ftir gravierende Probleme, sondem dient einer ziigigen, fiir beide Seiten befriedigenden Abstimmung. Diese Vermutung wird durch den signifikanten Unterschied hinsichtlich der Offenheit der Kommunikation gesttitzt (5,4 vs. 3,9). Zwar wird die Offenheit auch bei nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen mit einem Durchschnittswert in Nahe des Skalenmittels als vergleichsweise hoch eingeschatzt, jedoch unterscheiden sich erfolgreiche Geschaftsbeziehungen signifikant durch eine deutlich offenere Kommunikation. Denmach wird nicht nur die Haufigkeit, sondem auch die Qualitat der Kommunikation hOher eingeschatzt.
172
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschflftsbeziehungen
Neben dem Inhalt und Haufigkeit der Kommunikation wurde auch die HSufigkeit der Nutzung diverse! Kommunikationsinstrumente untersucht. Hier zeigen sich jedoch mit einer Ausnahme kaum nennenswerte Unterschiede zwischen erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen. Insgesamt liegt eine sehr grofie Konformitat im Nutzungsprofil der verschiedenen Kommunikationswege vor, die u. a. durch die situativ vergleichsweise homogene Stichprobe begrtlndet werden kairn. Lediglich der schwach signifikante Unterschied bei der Faceto-face Kommunikation verdeutlicht, dass die direkte persSnliche Kommunikation auch oder gerade bei kulturiibergreifenden Interaktionen die erfolgversprechendste Kommunikationsform darstellt. Das hSufigste Kommimikationsmedium stellt jedoch das Telefon und Fax dar, Auch Emails kommen bei den betrachteten deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen bereits in deutlichem MaBe zum Einsatz. Dagegen besitzt der postalische Versand fiir die Kommunikation ebenso wie Formen der EDV-Integration keine Bedeutung. 4.2.3.3 Zusammenhang zwischen Sachebene und Beziehungserfolg Im Mittelpunkt der sachlichen Ebene der Geschaftsbeziehung stehen die Leistung und Gegenleistimg der beiden Partneruntemehmen. Die Beurteilung der Beziehungsvariablen der sachlichen Ebene geht aus Tab. 4-7 hervor. Die fokale Untemehmung nimmt im Rahmen der betrachteten vertikalen Geschaftsbeziehungen die Position des Abnehmers ein. Die Leistung des Lieferanten lasst sich zunachst vor allem hinsichtlich der zwei Kriterien Qualitdt und Liefersicherheit im Sinne der Einhaltung vereinbarter Termine beurteilen. Hier zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen. Die im Rahmen erfolgreicher Geschaftsbeziehungen erworbenen Produkte zeichnen sich durch eine sehr hohe Qualitat und Termintreue aus. Die nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen werden im Vergleich hierzu deutlich schlechter beurteilt. Hinsichtlich der Qualitat des Problems werden die nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen nur als durchschnittlich beurteilt, die Beurteilung der Liefersicherheit ist im Vergleich hierzu noch schlechter. Anhaltspunkte fiir die nur durchschnittliche Qualitat liefert das sehr geringe AusmaB, in dem die chinesischen Geschaftspartner in nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen die Ziele der fokalen Unternehmung herucksichtigen und ihre Ideen aufgreifen. Da diese Fahigkeit und Flexibilitat des Partners im Gegensatz hierzu bei den erfolgreichen Geschaftsbeziehungen sehr stark ausgepragt ist, liegen hier zwischen den beiden Gruppen zwei der deutlichsten Unterschiede aller Beziehungsitems vor.
Empirische Untersuchimg deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
173
d
Items der Sachlichen Ebene
Nichterfolgreich
Erfolgreich
O)
(0
in
»A
a
n
a
E
4,1
1.8
5,6
1.0
3,2
1,6
5,9
0,7
2,9
1.8
6,0
0,8 1.2
1 Liefersicherheit
E
1 ZielberUcksichtigung durch Geschdftspartner
Z
I Aufgreifen von Ideen durch GeschlKftspartner
Z
•* ** ** **
3,1
2,0
5,5
1 KostengUnstigkeit
E
n.s.
4,2
1,6
4,8
1,5
1 Vertragliche Fixierung der Transaktionen
£3)
n.s.
6.3
6,3
0,9
1 Zugestdndnisse an Gesch£lftspartner
£3)
n.s.
2,1
0,9 0,5
2,1
0,5 1
1 Qualitflt
Anmerkungen: ^^ Skalen: Z = Zustimmung E = Einschatzung p U * p ^ 0,01 ; * p ^ 0,05 ; ' p ^ 0,10
Skala von (1) vOiiig unzutreffend bis (7) vOllig zutreffend Skala von (1) sehrniedrig bis (1) sehrhoch (zweiseitiger t-Test auf Mittelwertunter5chiede;N=32 )
^' Durchschnittiiche Einschatzung hinsichtlich Menge, Produkt, Preis, Temnine, Sanktionen, Finanzierung, Distribution
Tab. 4-7: Sachebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen Die Gegenleistung des Partners kaiin durch den zu zahlenden Preis sowie das Entgegenkommen im Sinne von Zugestandnissen bei Vertragsabschluss gekennzeichnet werden. Hinsichtlich der Kostengiinstigkeit zeigt sich, dass zwischen erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehimgen kein signifikanter Unterschied vorliegt. Obwohl die Gruppenbildimg auf der Einschatzung des wirtschaftlichen Erfolges beruht, tragt demnach ein niedriger Preis offenbar nur unwesentlich zur positiveren Beurteilung bei. Im Durchschnitt werden die Partneruntemehmen fiir beide Geschaftsbeziehungstypen als moderat hinsichtlich der KostengUnstigkeit beurteilt. In beiden Fallen liegt femer zwischen den Beziehungstypen und uber alle Untemehmen eine Ubereinstimmend hohe vertragliche Fixierung sowie ein nur sehr geringes AusmaB an ZugestSndnissen - bspw. hinsichtlich der Liefertermine, Liefermengen bzw. Qualitat - vor. Vertragsfixierung sowie Zugestandnisse scheinen wiederum eher der allgemeinen Geschaftspraktik zu entsprechen, so dass keine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Partneruntemehmen vorgenommen wird. 4.2.3.4 Zusammenhang zwischen Machtebene und Beziehungserfolg Die Verteilung und Austibung von Macht wurde im Rahmen unseres konzeptionellen Bezugsrahmens als ein zentraler Aspekt von GeschSftsbeziehungen identifiziert. Macht als Chance der Verhaltensbeeinflussung resultiert im Wesentlichen aus den gegenseitigen Abhangigkeiten. In der Tab. 4-8 sind die Befunde ftir die Beziehungsvariable dargestellt, die der Machtebene von Geschaftsbeziehungen zugeordnet werden konnen. Signifikante Unterschiede zwischen erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen liegen demnach beziiglich des Anteils am eigenen Beschaffungsvolumen sowie der relativen Hdufigkeit von Geschdften mit der jeweiligen chinesischen Partneruntemehmung vor. ErwartungsgemaB werden
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
174
Uber erfolgreiche Geschaftsbeziehungen im Vergleich zu normalen Geschaftsbeziehungen haufiger geschaftliche Transaktionen abgewickelt (6,0 vs. 3,5). Auch der absolute Anteil am Beschafftmgsvolumen wird bei erfolgreichen Geschaftsbeziehungen als signifikant h6her eingeschatzt (4,7 vs. 2,6). In der Gruppe der nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen zeigt sich jedoch eine vergleichsweise groBe Heterogenitat. Demnach befinden sich in dieser Gruppe sowohl Partneruntemehmen mit denen nur sehr selten, aber auch welche mit denen haufig Transaktionen durchgefiihrt wurden. Nichterfolgreich
Items der Machtebene (0
(0
1 Anteii an eigener Beschaffung
E
1 Relative Hauflgkeit von Geschaften
E
** **
1 Altemativen zu Partnerunternehmung
E
1 Anstrengungen in den Beziehungsaufbau 1 Spezifische Investitionen in Geschdftsbeziehung
Erfolgreich
a
^
a
2,6
1.7
4,7
1,4
3,5
2,4
6,0
n.s.
5.6
4,9
E
n.s.
4.4
1.8 2,0
1,1 1 2,1 1 1,5 1
E
n.s.
2,2
2,6
1.5
1 Umsatzanteil bei Partnerunternehmung
E
n.s.
4,1
1,6 2,3
5,3
1 Spezifische Investitionen des Partnerunternehmens
E
n.s.
2,3
2,1
3,4
2,0 1 2,5 1
Anmerkungen: p^ Skaia: E = Einschatzung 1 ^^ •*p ^ 0,01 ; • p ^ 0,05 : ' p ^ 0.10
H
4,6
Skala von (1) sehr niedrig bis (1) sehr hoch (zweiseitiger t-Test auf Mittelwertunterschiede;N=32 )
Tab. 4-8: Machtebene bei erfolgreichen vs. nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen Die Ubrigen Items der Machtebene zeigen dagegen keine signifikanten Unterschiede. So stehen der fokalen Untemehmung in vergleichbarem Umfang Altemativen zur Substitution der chinesischen Partnerunternehmung durch andere Lieferanten zur Verftigung (4,9 vs. 5,6). Hier zeigt sich die hohe Wettbewerbsintensitat der asiatischen und chinesischen Lieferanten des Textil- und Bekleidungssektors. In einem Zusammenhang hierzu stehen die relativ geringen geschdftsbeziehungsspeziflschen Investitionen, bspw. in Form eines Kaufs spezieller Maschinen oder Veranderungen im Prozessablauf (2,6 vs. 2,2). Zwar hat die Gruppe der Partneruntemehmen, mit denen erfolgreiche Geschaftsbeziehungen gepflegt werden, in einem erkennbaren MaBe hohere spezifische Investitionen getatigt (3,4 vs. 2,3). Jedoch fiihrt der statistische Test zur Ablehnung eines zu erwartenden positiven Zusammenhangs zwischen den Partnerinvestitionen und der Erfolgsbeurteilung. Neben dem Anfall erkennbarer materieller Investitionen wurden auch Anstrengungen in den Beziehungsaufbau betrachtet, die meist ebenso ex defmitione spezifisch einer Beziehung zuzurechnen sind. Obwohl sich fiir die Partnerunternehmen zahlreiche Altemativen bieten, zeigt sich hier, dass die fokalen Untemehmungen in betrachtlichem - und fiir beide Gmppen identischem - AusmaB eigene Anstrengungen fiir den Beziehungsauft)au untemommen haben (4,6 vs. 4,4). Diese Diskrepanz zwischen allgemeinen Anstrengungen sowie spezifischen Investitionen offenbart die besonderen Schwierigkeiten gesehen, die sich beim Aufl^au kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen stellen.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
175
4.2.4 Methodische Verdichtung der Ebenen von GeschSftsbeziehungen Im Rahmen der bisherigen Analyse wurde aufbauend auf theoretischen Oberlegungen den verschiedenen inhaltlichen Ebenen einer Geschaftsbeziehimg diverse Variablen zugeordnet. Angesichts der Vielzahl von Beziehungsaspekten auf den verschiedenen Ebenen und der erkennbaren inhaltlichen Nahe ausgewahlter Items stellt sich die Frage, inwieweit diese Variablen auf wenigetibergeordneteKonstrukte zurtickgefUhrt werden kOnnen. Als Instrument zur methodischen Verdichtung der Variablen wurde hierzu auf die explorative Faktorenanalyse zuriickgegriffen. Dieses strukturentdeckende multivariate Verfahren priift, inwieweit den Variablen der Geschaftsbeziehimgsebenen eine Struktur weniger, voneinander unabhangiger Faktoren zugrunde liegt.'^^ Um eine rein methodisch bedingte Vermischung theoretisch zu trennender Bereiche auszuschlieBen wurde auf Basis der ebenenspezifischen Zuordnung der Ausgangsvariablen eine separate Verdichtung sSmtlicher Beziehungsebenen durchgefUhrt. Der Einsatz der Faktorenanalyse lasst einen gewissen Spielraum ftir subjektive Interpretationen und ist an eine Reihe von Anwendungsvoraussetzungen gebunden. Das im Rahmen dieser Arbeit einheitlich gewShlte methodische Vorgehen richtet sich nach den gangigen Empfehlungen der Literatur. Die Vorgehensweise inklusive der diversen Anspruchsniveaus ist im Anhang 2 ausfUhrlich ofifengelegt und soil hier nur kurz skizziert werden: Im Hinblick auf eine hinreichende Ergebnisgiite wurde im Vorfeld zunachst die Eignung der Ausgangsdaten Uberpruft. Hierbei wurde ausgehend u. a. auf die Priifmethoden des Bartlett-Tests, der MSAWerte und des KMO-Kriteriums zuriickgegriffen. Die eigentliche Faktorextraktion erfolgte uber die Hauptkomponentenmethode mit anschlieBender Varimax-Rotation, wobei die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren iiber das Kaiser-Kriterium ermittelt wurde. Die Gute der Gesamtlosung wurde anhand der Struktur der Faktorladungen sowie der kumulierten erkldrten Varianz beurteilt. Die Gtite der einzelnen Faktoren wurde iiber das sog. Cronbach 's a auf interne Reliabilitdt gepruft. Bei Unterschreitung der zu fordemden Mindestwerte wurde die Faktorenanalyse verworfen und eine emeute Verdichtimg unter Ausschluss desjenigen Indikatoren mit der geringsten Item-to-total Korrelation durchgefuhrt. Neben der Prufung der Kommunalitdten wurden schlieBlich die einzelnen Faktoren auf Eindimensionalitdt gepriift. Die zugrundegelegten strengen Giitekriterien der Faktorenanalyse und der gegebenenfalls notwendige iterative Eliminationsprozess fuhren dazu, dass nicht alle der im Rahmen der bivariaten Analyse prasentierten Variablen in die ermittelten Faktoren eingehen.'^"
Vgl. u. a. Htlttner/Schwarting (1999); Backhaus et al. (2000), S. 252 ff. sowie Litfin/Teichmann/Clement (2000). Die explorative Faktorenanalyse ist abzugrenzen von der konfirmatorischen Faktorenanalyse, bei der im Rahmen eines Messmodells ex ante eine Zuordnung von Indikatoren zu Faktoren erfolgt. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 9 ff. In sehr seltenen Fallen wiirden einzelne Variablen aufgrund der geringen Varianz in der Gesamtstichprobe bereits ex ante von der Verdichtung ausgeschlossen. Dies betrifft bspw. die Items der verschiedenen Kommunikationswege auf der Interaktionsebene.
176
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
4.2.4.1 Verdichtung der Individualebene Das Ergebnis der messtheoretischen Verdichtung der diversen Variablen der Individuumsebene ist in Abb. 4-7 zusammenfassend dargestellt. Die explorative Faktorenanalyse fiihrt zur Extraktion zweier unabhSngiger Faktoren. Zur Interpretation werden diejenigen Variablen herangezogen, die eine Ladung auf einen Faktor in H6he von mindestens 0,5 aufweisen.
Abb. 4-7: Explorative Faktorenanalyse der Individualebene • Faktor 1: Professionelles Vertrauen Betrachtet man den ersten Faktor der Individualebene, so ist er durch hohe positive Ladungen auf die Variablen , Vertrauen in die personliche Integritdt', , Vertrauen in die Prinzipien \ , Fairness der Geschdfte' sowie durch eine geringe Ladung auf die Variable „Opportunismusgefahr" gekennzeichnet. Dieser Faktor kennzeichnet demnach eine sehr positive Einstellung hinsichtlich der Zuveriassigkeit des Geschaftspartners. Es zeigt sich, dass ein hohes Vertrauen in die Kontaktperson des Partneruntemehmens eng verkntipft ist mit den Erfahrungen der Vergangenheit und Erwartungen an das zuktinftige Verhalten.^^' Fiir beide Partner fair verlaufene Transaktionen starken das Vertrauen und fungieren als positives Signal fiir zuktinftige Geschafte. Aufgrund der beriicksichtigten Variablen wird fur diesen Faktor die Bezeichnung „Professionelles Vertrauen" gewahlt.
Vgl. zum starken (negativen) Zusammenhang von opportunistischem Verhalten und persfinlichem Vertrauen vgl. bspw. Armstrong/Min Yee (2001), S. 77.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
177
• Faktor 2: PersSnliche Beziehimg Der zweite Faktor besitzt hohe positive Ladungen auf die Variablen ,Bereitschaft zur Weitergabe vertraulicher Informationen', ,Vorhersagbarkeit der Reaktionen' sowie ,Besitz gleicher Werte '}^^ Als Ansatzpunkt ftir die inhaltliche Kennzeichnung soUen zunachst die beiden letztgenannten Variablen dienen. Dieser Faktor kennzeichnet eine hohe personliche Kenntnis des Geschaftpartners sowie die Empfindimg einer deutlichen Kongruenz personlicher Werte. Die Zuordnung der Variable Bereitschaft zur Weitergabe vertraulicher Informationen zu diesem Faktor ist angesichts des ersten Faktors „Professionelles Vertrauen" auf den ersten Blick (iberraschend. Eine Weitergabe vertraulicher Informationen ist jedoch nicht so sehr nur an ein eher professionell ausgerichtetes Vertrauensniveau als vielmehr an die Existenz einer personlichen Beziehung gebunden. Sensible Informationen werden einem Freund anvertraut und nicht einem (wenn auch zuverlassigen) Geschaftspartner. Aus diesen Griinden soil dieser Faktor als „Personliche Beziehung" umschrieben werden. 4.2.4.2 Verdichtung der Interaktionsebene Das Ergebnis der explorativen Faktorenanalyse der Beziehungsvariablen der Interaktionsebene ist in Abb. 4-8 dargestellt. Die Beziehungsvariablen der Interaktionsebene lassen sich wie bei der Individualebene zu zwei Faktoren verdichten.^^^
Abb. 4-8: Explorative Faktorenanalyse der Interaktionsebene
132
Auch die Variable .Opportunismusgefahr' besitzt eine betragsmaJJig relativ hohe Querladung auf diesen Faktor. Die Einbeziehung der Variable wilrde jedoch keine Veranderung der Interpretation des Faktors herbeirufen. Der KMO-Wert der faktoranalytischen Verdichtung der Interaktionsebene liegt als einziger KMO-Wert dieser Untersuchung nur knapptiberdem geforderten MindestmaB von 0,5.
178
•
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Faktorl:Konfliktgehalt Hohe positive Ladimgen des ersten Faktors entfallen auf die Variablen ,Konfliktintensitdt', ,Konflikthdufigkeit' und ,Laufende Kontrolle'. Zunachst belegt diese Verdichtimg, dass Konflikthaufigkeit und Konfliktintensitat zwar theoretisch trennbare Aspekte darstellen, in der Praxis jedoch sehr eng miteinander verkntipft sind. Der Zusammenhang mit der Variable Laufende Kontrolle ist ebenso leicht einsichtig. Bin hohes Konfliktniveau einer Geschaftsbeziehimg wird unweigerlich dazu ftihren, dass der Abnehmer einer Leistung bereits wahrend der Fertigung entsprechende KontroUmaBnahmen durchfuhren wird, um rechtzeitige Eingriffsm5glichkeiten zu besitzen und die nachteiligen Auswirkungen moglicher Probleme zu reduzieren. Die drei diesem Faktor zugeordneten Variablen legen es nahe, diesen Faktor der Interaktionsebene als „Konfliktgehalt" zu kennzeichnen.
• Faktor 2: Kommunikationsniveau Im Hinblick auf den zweiten Faktor besitzen die Variablen ,Kommunikationshdufigkeit' und ,Kominunikationsoffenheit' hohe positive Faktoriadungen.^^"* Es zeigt sich wiederum, dass die beiden Items trotz einer konzeptionellen Differenzierbarkeit Ausdruck eines gemeinsamen iibergeordneten Konstruktes sind. Aufgrund der beiden Variablen kann dieser Faktor als „Kommunikationsniveau" gekennzeichnet werden. Das Kommunikationsniveau sowie der Konfliktgehalt bilden somit zusammen die Form der Interaktion zwischen den beiden Partnenmtemehmen ab. Obwohl beide Dimensionen unmittelbar eher gegensStzliche Assoziationen hervorrufen, handelt es sich um unabhangige Dimensionen. Kommunikationsniveau und Konfliktgehalt bilden demnach kein Kontinuum der Interaktion. Vielmehr kann eine Geschaftsbeziehung bspw. durch ein hohes Kommunikationsniveau bei gleichzeitig hohem Konfliktgehalt gekennzeichnet sein. 4.2.4.3 Verdichtung der Sachebene Die explorative Faktorenanalyse der Beziehimgsvariablen der sachlichen Ebene fiihrt wiederum zur Extraktion zweier unabhSngiger Faktoren (vgl. Abb. 4-9).
134
Die Variable ,Laufende Kontrolle' besitzt ebenso eine deutliche positive Faktorladung in HOhe von 0,45. Backhaus et al (2000), S. 292 sprechen von einer hohen Faktorladung von absolut grOBer 0,5. Eine inhaltliche BerQcksichtigung dieser Variable erscheint hier demnach - obwohl grundsatzlich ebenso mOglich - nicht notwendig.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
179
Abb. 4-9: Explorative Faktorenanalyse der Sachebene • Faktor 1: Leistimg Der erste Faktor der Sachebene enthSlt hohe positive Ladungen auf die Variablen ,Berucksichtigung der Ziele durch den Lieferanten \ ,Beurteilung der Liefersicherheit\ ,Aufgreifen von Ideen' sowie ,Beurteilung der Qualitdt'. Samtliche Variablen konnen als Kennzeichnung der Leistimg des chinesischen Lieferanten gesehen werden. Die Beriicksichtigung von Zielen und das Aufgreifen von Ideen fallen mit einer guten Beurteilung der Qualitat der Produkte zusammen. Diese Qualitat scheint jedoch nicht unabhangig von der Beurteilung der Liefersicherheit. Unzuverlassigkeit hinsichtlich der Einhaltung von Terminen fallt offenbar mehrheitlich mit unzuverlassigen Produkten zusammen. Die beiden Facetten zusanmienfassend soil dieser Faktor als „ Lieferantenleistung" bezeichnet werden. • Faktor 2: Flexibilitat Der zweite Faktor basiert auf hohen Ladungen auf die Variablen , Vertragliche Fixierung' und ,Zugestdndnisse'. Die Gewahrung von Zugestandnissen hinsichtlich zentraler Vertragsinhalte wie Menge, Qualitat, Termine, Finanzierung etc. geht einher mit einer geringeren Prazision und Formalisierung des Vertrages. Diese inhaltliche Nahe impliziert, dass eventuelle Zugestandnisse bereits bei Vertragsabschluss Beriicksichtigung fmden und nicht erst am Ende der Transaktion gewShrt werden. Im Gegensatz zum ersten Faktor, der die Lieferantenleistung beschreibt, kSnnte diese Variable als Ausdruck der entgegengebrachten „Flexibilitat" der deutschen Partneruntemehmung gesehen werden. Eine geringere vertragliche Fixierung schafft Handlungsspielraume fiir eventuell notwendige AnpassungsmaB-
180
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
nahmen. Zugestandnisse k6nnen ihrerseits als eine AnpassungsmaBnahme im Siiine eines Entgegenkommens gewertet werden.'^^ Auf der sachlichen Ebene ist es bemerkenswert, dass die Variable der Kostengiinstigkeit im Zuge der methodischen Verdichtimg letztlich keine Beriicksichtigung findet.'^^ Offensichtlich kaim der Preis weder in eine deutliche Beziehung zur Leistung des Lieferanten noch zur eigenen Flexibilitat gesetzt werden. In Verbindung mit dem Befirnd der bivariaten Analyse, die keinen Zusammenhang von Preis und Erfolg ermittelte, kann der Preis auf der sachlichen Ebene als ein weitgehend unabhangiges isoliertes Beziehimgskonstmkt eingeschatzt werden. 4.2.4.4 Verdichtung der Machtebene Die messtheoretische Verdichtung der Variablen der Machtebene ist in Abb. 4-10 zusammenfassend dargestellt. Die explorative Faktorenanalyse fiihrt ftir die Machtebene wiederum zur Extraktion zweier unabhSngiger Faktoren.
Abb. 4-10: Explorative Faktorenanalyse der Machtebene • Faktor 1: Transaktionsumfang Hohe positive Ladungen des ersten Faktors der Machtebene entfallen auf die Variablen ,Relative Geschdftshaufigkeit', ,Anteil am Beschaffungsvolumen' SOWIQ ,Anteil am Umsatz des Lieferanten'. Dieser Faktor kann somit als „ Transaktionsumfang" beschrieben werden und kennzeichnet den Stellenwert, den die Geschaftsbeziehung fUr beide Partneruntemehmen besitzt. Eine Differenzierung zwischen den beiden Partneruntemehmen kann hierbei Zur Diskussion der Flexibilisierung im Rahmen dyadischer Geschaftsbeziehungen vgl. Hauschildt/Leker (1990). Zu den vieiaitigen Dimensionen der betrieblichen Flexibilitat allgemein vgl. Meffert (1985), S. 124 ff. Die Variable ,Kosten' entzieht sich einem Einbezug aufgmnd der dargelegten Mindestanfordeningen an den MSA-Wert sowie an die Kommunalitdt.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
181
zumindest hinsichtlich der Umsatz- bzw. Beschafiungsanteile - nicht aufrechterhalten werden. Bin Gnmd hierfUr kann in den Charakteristika der Stichprobe sowie der betrachteten Untemehmensnetzwerke im Textil- und Bekleidungssektor liegen. Die Mehrheit der befragten Untemehmen sind eher kleinere bis mittelgroBe Untemehmen, die aus diesem Grund ein begrenztes Lieferantennetzwerk unterhalten. Die Fertigimg durch die chinesischen Lieferanten ist wiederum relativ personalintensiv, so dass auch hier der Kreis der Abnehmer begrenzt sein wird und die Einschatzungen somit nicht gravierend auseinander fallen. • Faktor 2: Spezifische Investitionen Der zweite Faktor zeichnet sich durch hohe positive Ladungen auf die Variablen , Spezifische Investition der fokalen Unternehmung' sowie ,spezifische Investitionen des Partnerunternehmens' aus.'" Ahnlich der Beziehungsbedeutung zeigt sich auch hier, dass der fiir eine Geschaftsbeziehung getatigte Aufwand nicht deutlich zwischen den Partneruntemehmen zu differenzieren ist. Notwendige Anpassungsprozesse betreffen offensichtlich in der Regel beide Partneruntemehmen und werden nur begrenzt in Angriff genommen.'^* Der resultierende Faktor kann demnach als „ spezifische Investitionen " bezeichnet werden. Die Faktorenanalyse der Machtebene ftihrt zum einen zu dem Uberraschenden Ergebnis, dass die T^tigung spezifischer Investition offenbar unabhSngig von der ermittelten Bedeutung einer Geschaftsbeziehung ist. Die Vermutung, dass fur bedeutsame Geschaftsbeziehungen eine grdBere Bereitschaft zu spezifischen Investitionen vorhanden sein wird, bestatigt sich somit nicht. Zum anderen scheinen die vorliegenden Geschaftsbeziehungen eher durch ausgewogene Machtverteilungen gekennzeichnet zu sein. Macht im Sinne der M6glichkeit der Verhaltensbeeinflussung des Partners ist zwar in begrenztem Umfang vorhanden, aber selten eindeutig einem der Partneruntemehmen zuzurechnen. 4.2.4.5 Verdichtung der evaluierenden Ebene Im Rahmen der bisherigen Untersuchung wurde die in unserem Bezugsrahmen konzeptionalisierte evaluierende Ebene lediglich tiber ein wirtschaftliches Gesamturteil berlicksichtigt. Diese dichotom skalierte Einschatzung als erfolgreich bzw. nicht-erfolgreich ermoglicht jedoch lediglich eine sehr grobe Klassifizierung der Geschaftsbeziehungen. Neben dem wirtschaftlichen Erft)lg einer Geschaftsbeziehung fmden sich in der Literatur diverse weitere
Die Variable ,Anstrengungen in den Beziehungsaufbau' sowie ,Altemativen' wurde aufgrund der Mindestanfordemngen an die Kommunalitat sowie der Item-to-Total Korrelation ausgeschlossen. 138
Vgl. ebenso Hallen et al. (1987), S. 30: „adaptations are made mutually by the parties in response to each other's adaptations rather than by one of the parties unilaterally".
182
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Beurteilungskriterien, die eine differenziertere Einschatzung der Qualitat von Geschaftsbeziehungen ermoglichen.'^^ Als zentraler Aspekt der Beziehungsqualitat wird allgemein das Vertrauen in das Partnenmtemehmen gesehen.'"" Im Gegensatz zur Individualebene handelt es sich hierbei nicht um eine Form des persQnlichen Vertrauens in den Geschaftspartner, sondem um ein der gesamten Geschaftsbeziehung iibergeordnetes Vertrauen."" Das neben dem Vertrauen am haufigsten untersuchte Evaluierungskriterium steUt femer die einer Geschaftsbeziehung gegentiber empfimdene Verpflichtung dar. Daneben kann auch die Erwartung, dass eine Geschaftsbeziehung noch langfristig existieren wird, als Beurteilungskriterium gesehen werden. SchlieBlich ist die Geschaftsbeziehung dadurch zu charakterisieren, inwieweit im Rahmen der Geschaftsbeziehung lediglich eine kurzfiistige Orientierung an der einzehien Transaktion oder eine Ausrichtung auf die langfristige Aufrechterhaltung der Geschaftsbeziehung verfolgt wird. Wie schon bei den inhaltiichen Ebenen soil im Folgenden untersucht werden, inwieweit die genannten Aspekte der evaluierenden Ebene auf ein iibergeordnetes Konstrukt iiberfiihrbar sind. Hierzu wird wiederum auf das strukturentdeckende Verfahren der explorativen Faktorenanalyse zuriickgegriffen. Die Verdichtung der Evaluierungskriterien fiihrt - im Gegensatz zu den inhaltiichen Ebenen - zu einer einfaktoriellen Losung (vgl. Abb. 4-11). Der ermittelte Faktor zeigtftirdie einbezogenen Variablen , Vertrauen',, Verpflichtung', ,Existenzprognose' sowie ,Langfristorientierung' hohe positive Ladungen von mindesten 0,7. Der eine Faktor erklart immerhin 67% der Gesamtvarianz. Samtliche Evaluierungskriterien konnen demnach als Ausdruck eines iibergeordneten Konstruktes gesehen werden. Dieses wird als „ Beziehungsqualitat" gekennzeichnet.
Vgl. hierzu die AusfUhningen zur Beziehungsqualitat in Kapitel 2.5.2.3. Ein Vorteil der Betrachtung der Beziehungsqualitat kann darin gesehen werden, dass sie nicht in gleichem Mafie extemen situativen EinflUssen unterliegt wie der Erfolg. Vgl. u. a. Crosby/Evans/Cowles (1990); Walter et al. (2003), Homburg/Kiedaisch (1999). Zur Unterscheidung von Vertrauen in ein Partneruntemehmen vs. dem Vertrauen in einen Geschaftspartner vgl. bspw. Andaleeb/Anwar (1996) sowie Armstrong/Min Yee (2001). Sie unterstellen abweichend von dem hier vorgeschlagenen Modell einen positiven Einfluss des untemehmensbezogenen Vertrauens auf das Vertrauen in die Kontaktperson.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
183
Abb. 4-11: Explorative Faktorenanalyse der evaluierenden Ebene Den Ausgangspimkt der Erhebimg deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen bildete die Kennzeichnung einer Geschaftsbeziehung als erfolgreich bzw. nicht erfolgreich. Die Beziehimgsqualitat wurde grundsatzlich unabhSngig von dieser dichotomen Erfolgseinschatzung ermittelt. Somit stellt sich die Frage, in welcher Beziehung die beiden Konstrukte der evaluierenden Ebene zueinander stehen. Die Abb. 4-12 zeigt die Verteilung der Beziehungsqualitat der untersuchten deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen anhand der ermittelten Faktorwerte. Die Verteilung lasst sich - mit Ausnahme der deutlich abgesetzten Teilgruppe mit einer sehr geringen Beziehungsqualitat - als vergleichsweise breit und gleichverteilt kennzeichnen. Die Abbildung zeigt zudem, dass Beziehungserfolg und Beziehungsqualitat erwartungsgemaB nicht unabhangig voneinander sind und demnach bspw. erfolgreiche Geschaftsbeziehungen eine hohere Beziehungsqualitat besitzen. In der Teilgruppe der nicht erfolgreichen Geschaftsbeziehungen zeigt sich dabei ein breiteres Spektrum der ermittelten Beziehungsqualitat. Dennoch wird deutlich, dass tiber die Ermittlung der Beziehungsqualitat eine differenziertere Beurteilung der Geschaftsbeziehungen erft)lgen kann. Zugleich zeigt sich der Vorteil der methodischen Ausv^ahl erfolgreicher und nicht-erft)lgreicher Geschaftsbeziehungen, der zu einem breiten Spektrum an betrachteten Geschaftsbeziehungen ftihrt.
184
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Abb. 4-12: Verteilimg der Beziehungsqualitat 4.2.5
Multivariate Untersuchung der Beziehungsqualitat
Auf Basis der messtheoretischen Verdichtung der Beziehungsebenen soUen nun in einem letzten Untersuchungsabschnitt die im allgemeinen Ebenenmodell postulierten mehrstufigen Wirkimgsbeziehungen einer explorativen empirischen Untersuchung unterzogen werden. Hierzu wird im Rahmen dieser Untersuchung eine pfadanalytische Vorgehensweise gewahlt. Die Pfadanalyse iSsst sich allgemein als ein auf der multiplen linearen Regressionsanalyse aufbauendes Verfahren zur Untersuchung mehrstufiger multivariater Kausalstrukturen klassifizieren.'"*^ Das Grundprinzip der Pfadanalyse sowie die im Einzelnen zu beachtenden Anwendungsvoraussetzungen sind im Anhang 2 ausfiihrlich dargestellt und konnen hier nur verkiirzt wiedergegeben werden. Den Ausgangspimkt bildet ein theoretisch formuliertes Modell ohne riickwartsgerichtete Wirkungsbeziehungen. Die Starke des direkten Einflusses einer vorgeschalteten Modellvariablen auf eine nachgelagerte Modellvariable wird als Pfadkoeffizient
142
Vgl. zur Funktionsweise der Pfadanalyse ausfiihrlich Hohn (1977), S. 7 ff. sowie Hinkel (2001), S. 225 ff. Fiir eine Einordnung der Pfadanalyse in das Spektrum multivariater Analyseverfahren siehe Backhaus/Weiber (1984), S. 458.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
185
gekeimzeichnet. Unter gewissen Pramissen lassen sich die Pfadkoeffizienten durch die wiederholte Anwendung der multiplen Regressionsanalyse ermitteln, wobei die Pfadkoeffizienten den standardisierten RegressionskoefFizienten entsprechen.^^^ Als zentraler Vorteil der multivariaten Pfadanalyse gegentiber bivariaten Verfahren ist zu sehen, dass die partiellen Effekte, die bspw. in eine bivariate Korrelation zweier Modellvariablen eingehen, aufgedeckt werden und neben direkten Effekten auch indirekte Effekte offengelegt werden. Der indirekte Effekt einer unabhSngigen auf eine abhangige Variable erfolgt tiber zwischengeschaltete Drittvariable und iSsst sich iiber die Summation der Produkte der betroffenen Pfadkoeffizienten berechnen.
Die Anwendungsvoraussetzungen
der Pfadanalyse sind neben der Forderung der theoretischen
Modellbildung vor allem an die Einsatzbedingungen der linearen Regressionsanalyse gekniipft.'^ Als Grundvoraussetzungen gelten die Annahme von linearen Wirkungsheziehungen, eine hinreichende Anzahl von Beohachtungsfdllen sowie ein metrisches Skalenniveau der Variablen. Feraer ist die Multikollinearitdt der unabhangigen Variablen,
Heteroskedastizitdt
und Autokorrelation der ResidualgrSBen auszuschlieBen und die Normalverteilung der Residuen zu priifen. Die Beurteilung der statistischen GUte und Erklanmgskrafl des geschatzten Regressionsmodells erfolgt anhand des korrigierten Bestimmtheitsmafies r^korr- Femer gilt es die Signiflkanz des Gesamtzusammenhanges zwischen den unabhangigen Variablen und der abhangigen Variable sowie der einzelnen RegressionskoefFizienten zu testen. Die Prilfung dieses Kriterienkatalogs erfolgte auf Basis der in der Literatur vorgeschlagenen Vorgehensweise imd ist im Anhang 2 ausftihrlich dokumentiert. Ausgehend von neun Modellvariablen und der Verdichtung der ersten Modellebene zu zwei unabhangigen Faktoren wurden insgesamt sieben Regressionsanalysen berechnet.
Als Ergebnisdarstellung einer pfadanalytischen Modellpriifung dient die Darstellung der signifikanten direkten Wirkungszusammenhange in einem Pfaddiagramm.'^^ Im Rahmen dieser Arbeit wurden neben Wirkungsheziehungen mit einem Signifikanzniveau von p < 0,05 aufgrund der geringen StichprobengroBe auch zwei einzelne Wirkungsheziehungen mit einem Signifikanzniveau von nur p < 0 , 1 0 aufgenommen.^"*^ Abb. 4-13 zeigt die Ergebnisse der
Die multiple lineare Regressionsanalyse ermittelt den Zusammenhang zwischen einer metrisch skalierten abhangigen Variablen und mehreren unabhangigen Variablen. Da es sich um ein weit verbreitetes Verfahren handelt, kann auf die Darstellung der Schatzprozedur verzichtet werden. Vgl. zur Methode ausftihrlich Backhaus et al. (2000), S. 31 ff. oder Albers/Skiera (1999), S. 205 fF. FOr einen Uberblick tiber die Pramissen der multiplen linearen Regressionsanalyse vgl. z. B. Backhaus et al. (2000), S. 19 ff. sowie Albers/Skiera (1999), insb. S. 218 fF. Zusatzlich wird im Rahmen dieser Untersuchung auf tabellarische Darstellungen zurtickgegriffen, um die im Pfaddiagramm nicht unmittelbar ersichtlichen indirekten Effekte aufzuzeigen. Die Einbeziehung auch schwach signifikanter Pfade erscheint aufgrund des explorativen Charakters der Untersuchung und der relativ geringen StichprobengroBe dieser Arbeit gerechtfertigt. Ein gefordertes Signifikanzniveau bildet keine
186
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
pfadanalytischen PrUfung im tJberblick. Bereits bei vordergrtindiger Betrachtung - ohne Beachtung einzelner Wirkungsbeziehungen - wird deutlich, dass die inhaltlichen Ebenen und die evaluierende Ebene bei den betrachteten deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen nicht unabhSngig voneinander sind. Mit einer Ausnahme besitzen alle Modellvariablen signifikante Einfltisse auf die nachgelagerten Variablen. Von den 36 mOglichen Wirkungsbeziehungen eines voUen rekursiven Systems mit 9 Variablen sind 13 Wirkungsbeziehungen signifikant auf einem 5%-igen Niveau. Dies entspricht einem Anteil von ca. 36%.^'*^ Neben direkten kausalen Effekten zeigen sich auch gleichforaiig verlaufende indirekte kausale Effekte. Die Wirkungsbeziehungen besitzen unterschiedliche Striken, die absoluten PfadkoefFizienten bewegen sich zwischen 0,18 und 0,70.
Abb. 4-13: Pfadmodell der multivariaten Analyse deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
nattlrliche Grenze und kann in AbhSngigkeit von der StichprobengrOBe variiert werden. Filr den umgekehrten Fall einer sehr groBen Stichprobe werden bspw. bereits sehr kleine Pfadkoeffizienten signifikant, so dass altemativ eine MindestgrOBe des B-Koeffizienten gefordert wird. Vgl. hierzu Holm (1977), S. 57 f. Beriicksichtigt man, dass aufgrund der methodischen Verdichtung jeder deskriptiven Ebene zwei unabhangige (orthogonale) Faktoren zugeordnet sind, reduziert sich die Anzahl mfiglicher Wirkungsbeziehungen von 36 auf 32 und der Anteil erh0htsichauf44%.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
187
4.2.5.1 Determinanten der BeziehungsqualitSt Zentrale abhSngige Variable des Pfadmodells auf der evaluierenden Ebene ist die Beziehungsqualitat der deutsch-chinesischen GeschMsbeziehimgen. Wahrend im Rahmen der Verdichtung der evaluierenden Ebene die Komponenten im Mittelpunkt standen, die in das Konstmkt der Beziehungsqualitat eingehen, soUen im Folgenden die Determinanten der Beziehungsqualitat untersucht werden. Im Blickpimkt der folgenden Ausfiihnmgen stehen somit folgende Fragen: -
Ist die Beziehungsqualitat - wie im theoretischen Bezugsrahmen angenommen - abhSngig von der konkreten Ausgestaltung der inhaltlichen Ebenen? Welche der Variablen der inhaltlichen Ebenen iiben eine kausale Wirkung auf die Beziehungsqualitat aus?
-
In welcher Form und Starke wird dieser kausale Einfluss auf die Beziehungsqualitat ausgeUbt?
Aufschluss Uber diese Fragen gibt die nMhere Analyse der pfadanalytischen Ergebnisse. Zunachst wird deutlich, dass die Beziehungsqualitat in einer starken Beziehung zu den Variablen der inhaltlichen Ebenen steht. Das korrigierte BestimmtheitsmaB der multiplen Regression der ersten Stufe des Pfadmodells betragt 0,86 und ist hoch signifikant. Die Beziehungsqualitat deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen lasst sich somit iiberwiegend auf die inhaltliche Ausgestaltung der Geschaftsbeziehungen zurilckfuhren. Sie kann somit nicht als Folge unberUcksichtiger extemer RahmeneinfKisse eingeschatzt werden. Die einzelnen kausalen Effekte auf die Beziehungsqualitat sind in Tab. 4-9 zusanmienfassend dargestellt. Neben den direkten kausalen Effekten, die sich als Pfadkoeffizienten ebenso unmittelbar im Pfaddiagramm (vgl. Abb. 4-13) wieder finden, sind auch die aufgedeckten indirekten kausalen Effekte iiber zwischengeschaltete Variable aufgefiihrt. Dire Starke und Richtung ergibt sich als Sunmie der Produkte der betroffenen Pfadkoeffizienten. Bei Betrachtung der aus direkten und indirekten Effekten resultierenden totalen kausalen Effekte ist zunachst auffallig, dass samtliche Ebenen mindestens einen kausalen Effekt auf die Beziehungsqualitat aufweisen.
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
188
Ebene
1 Macht-
EinflUsse auf die Beziehungsqualitdt Transaktionsumfang
Direkter Effekt
Indirekter Effekt
-
-
Totaler Effekt
-
ebene
Spezifische Investitionen
+ 0,18
Sachebene
Lieferantenleistung
+ 0,42
Flexibility
+ 0,20
interaktionsebene
KommunikatJonsniveau
+ 0,46
+ 0,11
+ 0,57
Konfiiktgehalt
-0,20
-0,13
-0,33
Indivjdual- Professionelles Vertrauen ebene PersOnliche Beziehung
-
+ 0,50
+ 0,50
+ 0,35
+ 0,35
Ebenenspez. Effekt +/-0,18
+ 0,18 + 0,42
+/- 0,62
+ 0,20 +/-0,90
+/- 0,85
Tab. 4-9: Determinanten der Beziehungsqualitat Die Variablen der Machtehene besitzen ofFenbar den geringsten Einfluss auf die Beziehungsqualitat. So geht vom Umfang an Transaktionen in einer Geschaftsbeziehung keine eigenstSndige kausale Wirkung auf die Beziehungsqualitat aus.'"* Eine hohe Beziehungsqualitat resultiert demnach nicht zwangslaufig aus einer Vielzahl von regelmaBigen Transaktionen mit einer Partneruntemehmung. Eine Geschaftsbeziehung erfahrt demnach keine groBere Wertschatzung und langerfristige Existenzprognose alleine dadurch, dass sie zum gegenwartigen Zeitpunkt bedeutungsvoll ist. Uberspitzt formuliert: eine geschaftliche Beziehung wird nicht allein aus Gewohnheit geschatzt und weitergefuhrt. Die speziflschen Investitionen in eine Geschaftsbeziehung besitzen dagegen einen eigenstandigen direkten positiven Effekt in H6he von 0,18 auf die Qualitat deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen. Gemeinsame Anstrengungen fiir den Aufbau und Pflege einer Geschaftsbeziehung erhehen folglich das Commitment, das untemehmensbezogene Vertrauen und die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Existenz der Geschaftsbeziehung. Zwei Argumentationslinien sind hinsichtlich dieses Effektes denkbar. Zunachst sind spezifische Investitionen ex definitione nicht ubertragbar auf andere Geschaftsbeziehungen. Sind derartige Investitionen einmal getatigt, ist es vor dem Hintergrund der Tatsache, dass zum Auft)au ahnlicher Geschaftsbeziehungen vermutlich vergleichbare Investitionen notig sein k6nnten, plausibel in starkerem MaBe an einer bestehenden Geschaftsbeziehung festzuhalten. Jedoch muss diese Argumentationslinie um eine positivere Auslegung erganzt werden: Anstrengungen in den Beziehungsauft)au konnen nicht nur die Abhangigkeit von einer Geschaftsbeziehung erhohen, sondem zu einer Erhohung des gegenseitigen Vertrauens beitragen und bei gegenseitigen Adaptionen auch die Form der Zusammenarbeit erleichtem.
An diesem Ergebnis kann exemplarisch der Vorteil der multivariaten Regression gegenUber einer bivariaten Untersuchung verdeutlicht werden. Die bivariate Korrelation zwischen dem Transaktionsumfang und der Beziehungsqualitat betrflgt 0,59 und ist hochsignifikant. Diese hohe Korrelation ist jedoch nicht kausalen Efifekten zuzuschreiben. Vgl. hierzu die methodischen Grundlagen in Anhang 2.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
189
Hinsichtlich der Starke des Einflusses der spezifischen Investitionen fMlt jedoch auf, dass es sich um den insgesamt schwachsten totalen Effekt handelt. Die Qualitat deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen kann demnach durch spezifische Anstrengungen erhoht werden - ein aus der Perspektive eines einsatzfreudigen und langfristig orientierten Managers ermutigender Beftind. Gleichwohl zeigt die relativ geringe Effektstarke aber auch, dass tiber spezifische Investitionen ftir sich genommen kein entscheidender Einfluss genommen werden kann. In Anbetracht der aufgezeigten massiven kulturellen Unterschiede erscheinen besondere Anstrengungen in den Auft)au der Geschaftsbeziehung notwendig. Angesichts der vielfaltigen zu erwartenden Probleme ftlhren sie jedoch offenbar nicht zwingend zu einer langfristig ausgerichteten Geschaftsbeziehung.
Im Gegensatz zur Machtebene gehen bei den anderen inhaltlichen Ebenen jeweils von beiden Variablen signifikante Effekte auf die Beziehungsqualitat aus. Auf der Sachebene tritt zunachst bei der Lieferantenleistung der grSBte direkte Effekt in H6he von 0,42 auf. Bedenkt man, dass Geschaftsbeziehungen Okonomisch motivierte Interaktionen darstellen, ist diese empirische Bestatigung der AUgemeinfloskel „Leistung zahlt" erwartungsgemaB. Eine Unternehmung, die Waren gemaB dem Kxmdenwunsch bei hoher Qualitat sowie bei teraiinlicher Liefersicherheit liefert, stellt zwangslaufig einen sehr attraktiven Partner dar. Das hohere Commitment und der grOBere Wunsch nach Aufrechterhaltung einer derartigen Geschaftsbeziehung sind insofem nicht verwunderlich.
Oberraschender ist, dass auch von der im Rahmen einer Geschaftsbeziehung eingebrachten Flexibilitat eine - wenn auch eher schwache - positive kausale Wirkung auf die Beziehungsqualitat ausgeht. Der direkte Pfadkoeffizient betragt 0,20. tJber eine hohere Bereitschaft der deutschen Untemehmen, dem chinesischen Lieferanten begrenzte Zugestandnisse zu gewahren sowie gewisse Freiheitsgrade hinsichtlich der vertraglichen Fixienmg zuzulassen, lasst sich die Qualitat der Geschaftsbeziehungen erhohen. Vor dem Hintergrund der geringen Unsicherheitsvermeidung der chinesischen Kultur ergibt sich hier ein Hinweis, dass mit einer Anpassung des deutschen Verhaltens offenbar ein positiver Effekt zu erzielen ist. Die positive Wirkung dieser Flexibilisierung ist dabei ahnlich stark wie die von spezifischen Investitionen. Die vergleichbare Wirksamkeit der Flexibilisierung im direkten Vergleich ist erstaunlich vor dem Hintergrund, dass diesbeziiglich von einem geringeren Aufwand auszugehen ist.
Die Variablen der Interaktionsebene besitzen im Gegensatz zu den Variablen der Macht- und Sachebene sowohl direkte als auch indirekte Effekte. Die Kommunikationsniveau weist mit einem totalen kausalen Effekt in Hohe von + 0,57 den starksten Einfluss auf die Qualitat deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen aller im Modell berucksichtigten Variablen auf Eine offene und haufige Kommunikation zwischen den Partneruntemehmen bietet somit das vergleichsweise wirksamste Instrument zur Steigerung der Beziehungsqualitat. Diese starke
190
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Gesch£lftsbeziehungen
Bedeutung der Kommunikation im Rahmen der vorliegenden kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehungen ist aufgrund des kulturspezifischen Charakters der Kommunikation erwartungsgemaB. Im Rahmen von hochwertigen deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen schaffen es die Partnenmtemehmen demnach, trotz der kulturellen Unterschiede ein hochwertiges Kommunikationsniveau zu etablieren. Der Konfliktgehalt der Interaktion zwischen den deutschen und den chinesischen Partnenmtemehmen besitzt dagegen einen negativen Einfluss auf die Beziehungsqualitat in H6he von 0,33. Hierbei handeh es sich um einen Einfluss mittierer Starke, wobei die kausale Wirkung sowohl direkt als auch indirekt erfolgt. Haufige und intensive Konflikte verringem die Wertschatzung einer Geschaftsbeziehung. Bei den vorliegenden vertikalen Geschaftsbeziehungen ergeben sich aufgrund von zumindest teilweise gegenlaufigen Interessen stets potenzielle KonfliktgrUnde. Einem bewussten und effektiven Konfliktmanagement kommt somit im Hinblick auf die Sicherung der Qualitat einer Geschaftsbeziehung eine hohe Bedeutung zu.
Die Individualebene unterscheidet sich von den anderen Ebenen dadurch, dass sie keinen signifikanten direkten Effekt auf die Beziehungsqualitat aufweist. Weder das Vertrauen in die Professionalitat
und Integritat der Kontaktperson noch die persdnliche Ndhe besitzt eine
unmittelbare Bedeutung fiir die Wertschatzung der iibergeordneten Geschaftsbeziehung. Geschaftsbeziehungen werden demnach bspw. nicht eher aufrechterhalten, nur weil eine positive Einstellung zur Kontaktperson vorliegt - ein ftir den Soziologen emiichtemder und fiir den Okonomen ermutigender Befimd. Gute persfinliche Beziehungen stellen vor dem Hintergrund der Skonomischen Zielsetzimgen von Geschaftsbeziehungen ofifenbar keinen Selbstzweck dar und besitzen nur eine komplementare Funktion.
Dieser Befimd widerlegt somit die im theoretischen Modell zugrunde gelegte Modellannahme la. Eine mOgliche BegrUndung hierfiir kann auch in einem moderierenden Einfluss anderer Variablen liegen. So kann bspw. vermutet werden, dass der Stellenwert persSnlicher Beziehimgen fiir die Beziehungsqualitat mit einer steigenden Gr66e der Partneruntemehmen (gemessen an der Arbeitnehmerzahl) abnehmen und mit einer engeren, integrativen Zusammenarbeit ansteigen k(3nnte.
Gleichwohl ist die individuelle Ebene von Geschaftsbeziehungen nicht bedeutungslos, denn beide Variablen vdrken auf indirektem Wege deutlich auf die Qualitat der Geschaftsbeziehungen. Mit einem positiven Effekt in H5he von 0,50 besitzt das Vertrauen in die Professionalitat dabei eine noch hOhere Bedeutung als die empfimdene personliche Nahe zum Geschaftspartner, die einen indirekten Effekt in H6he von 0,35 besitzt. Diese Befunde belegen die Notwendigkeit der Beriicksichtigung auf pers6nlicher Ebene bestehender Beziehungen. Ftir den Manager stellt sich demnach die Aufgabe, bei der Auswahl- oder Fortfiihrungsentschei-
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschflftsbeziehungen
191
dung einer Geschaftsbeziehung auch auf die Schltlsselpersonen des Partnemntemehmens zu achten. Neben der gnmdsatzlichen Integritat des Geschaftpartners erscheint dabei auch ein „Fit" der Kontaktpersonen erstrebenswert, der sich u. a. in einer besonderen Kenntnis des anderen und einer hohen Vertraulichkeit ausdrUckt. Als Fazit der pfadanalytischen Untersuchung der Determinanten der Beziehungsqualitat kann somit festgehalten werden, dass die Ausgestaltung der inhaltlichen Ebenen die einer Geschaftsbeziehung zugesprochene Qualitat mafigeblich bestimmt. Von samtlichen Ebenen geht ein signifikanter Einfluss auf die Beziehungsqualitat aus. Die Bedeutung der Individualebene, der Interaktionsebene sowie der Sachebene ist dabei nahezu gleichwertig und deutlich h5her als die der Machtebene. Die Modellannahmen zu den Determinanten der evaluierenden Ebene finden sich somit mit der Einschrankung eines lediglich indirekten Effektes der Individualebene im Rahmen der vorliegenden kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen bestatigt. Gleichwohl ergeben sich Hinweise darauf, dass sich die Wirkung der Variablen auf unterschiedlichem Wege entfaltet. 4.2.5.2 Einfliisse innerhalb der inhaltlichen Beziehungsebenen Die aufgedeckte Existenz indirekter Effekte auf die Beziehungsqualitat fiihrt zur Frage, auf welchem Wege diese indirekten Effekte entstehen. Hierzu ist eine Analyse der WirkungseinflUsse zwischen den inhaltlichen Ebenen notwendig, die sich an der dem Modell zu Grunde liegenden pfadanalytischen Variablenreihung orientiert. Die im Folgenden relevanten Wirkungsbeziehungen der inhaltlichen Beziehimgsebenen sind in Abb. 4-14 hervorgehoben.
192
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Abb. 4-14: Determinanten der inhaltlichen Beziehungsebenen
4.2.5.2.1 Determmanten der Machtebene Die Verdichtimg der Machtebene ftihrte zur Ermittlung der zwei imabhangigen Faktoren des Transaktionsumfangs sowie der spezifischen Investitionen, die jeweils auf Einschatzungen beztiglich beider Partnemntemehmen basieren. Die Tab. 4-10 fasst die Determinanten der Machtebene zusammen. Dabei f^llt unmittelbar auf, dass von den Variablen der vorgelagerten inhaltlichen Ebenen kein signifikanter Einfluss auf die H6he der spezifischen Investitionen ausgeht. Die Regressionsanalyse der entsprechenden Stufe des Pfadmodells konnte keinen signifikanten Gesamtzusammenhang ennitteln. Es handelt sich hier somit um eine isolierte Variable im Rahmen des Pfadmodells. Obwohl durch die Tatigung spezifischer Investitionen eine spUrbare Verbesserung der Beziehungsqualitat erzielbar ist, lasst sich das AusmaB der spezifischen Investitionen nicht signifikant auf die vorgelagerten inhaltlichen Ebenen zurUckftihren.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Abhdngige Variable Ebene
UnabhSngige Variable
Sachebene
Lieferantenleistung
Interaktionsebene
Kommunikation
Fiexibilitdt
Konfliktgehalt
Indjvidual- Profess. Vertrauen ebene PersOnliche Nahe
193
Spezifische Investitionen
Transaktionsumfang
Direkter Effelct
indir. Effelct
Totaier Effekt
Direkter Effekt
Indir. Effekt
Totaier
-
-
-
+ 0,46
-
+ 0,46
+ 0.34
+ 0.12
-
-0,14
+ 0,48 -0,14 + 0,45 + 0,17
+ 0,45 + 0,17
Effekt 1
1
1 1 1 1
Tab. 4-10: Determinanten der Machtebene
Dieser Befund legt nahe, dass die Entscheidimg fiir spezifische Investitionen auf andere nicht im Modell berUcksichtigte Variable zurtickzuftihren ist. Ein moglicher Gmnd fOr diesen Nicht-Beflmd kSnnte femer darin vermutet werden, dass hier nicht-lineare Beziehungen existieren, die iiber die im Rahmen der voriiegenden Pfadanalyse eingesetzten multiplen linearen Regressionsanalyse nicht geprtift werden k5nnen. So ware es bspw. denkbar, dass bei einem geringen Konfliktgehalt keine nennenswerten Investitionen in die Verbessenmg der Zusammenarbeit notwendig erscheinen, bei einem mittleren Konfliktgehalt dagegen spezifische Investitionen zur Verbessenmg der BeziehungsqualitSt sinnvoU erscheinen, wahrend schlieBlich bei einem hohen Konfliktgehalt auf weitere Investitionen verzichtet wird. Die Pnifimg der partiellen Regressionsdiagranmie liefert jedoch keine Anhaltspunkte fur derartige nichtlineare Zusammenhange zwischen den unabhangigen Variablen und dem AusmaB spezifischer Investitionen.
Der Umfang an Transaktionen, die im Rahmen der deutsch-chinesischen Geschafl;sbeziehungen abgewickelt werden, iSsst sich dagegen durch die inhaltlichen Ebenen erklaren."'^ Ein hoher Transaktionsumfang ist dabei durch einen hohen Anteil am Beschaffimgs- bzw. Absatzvolumen der beiden Partneruntemehmen sowie erne Uberdurchschnittliche HSufigkeit von Transaktionen gekennzeichnet. Die Tatsache, dass sich der Transaktionsumfang maBgeblich durch die Ausgestaltung der inhaltlichen Ebenen erklaren lasst, seinerseits jedoch zu keiner eigenstandigen Erhohung der Beziehungsqualitat flihrt, verdeutlicht seine besondere Stellung als rein abhangige Variable im Rahmen der voriiegenden pfadanalytischen ModellprUfimg. Aufgrund der unterschiedlichen RoUen innerhalb der betrachteten vertikalen Geschaftsbeziehungen wird das Transaktionsvolumen maBgeblich tiber Entscheidungen der deutschen Part-
Die Schatzung der Regression der Stufe 3 des Pfadmodells besitzt ein BestimmtheitsmaB in Hfihe von 0,423 und ist signifikant auf einem Niveau von p^0,01. Die korrigierten BestimmtheitsmaBe der verschiedenen Regressionen der pfadanalytischen ModellprUfting sind im Pfaddiagramm angegeben. Im Folgenden wird auf eine explizite Nennung verzichtet.
194
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschflftsbeziehungen
nenmtemehmung bestimmt. Hierbei wird neben produktspezifischen Dberlegungen auch eine Evaluation der bisherigen und der zu erwartenden Zusammenarbeit BerUcksichtigung finden. Nach den vorliegenden Befunden wird der Umfang an Transaktionen im Rahmen einer deutsch-chinesischen Geschflftsbeziehung vor allem durch die der chinesischen Partnerunternehmung zugeschriebenen LeistungsfMgkeit
bestimmt ( + 0,46). Ein qualitativ hochwerti-
ges, auf die individuellen AnsprUche abgestimmtes und ptlnktlich geliefertes Produkt fUhrt zu einem hohen Transaktionsvolumen.^^° Das Kommunikationsniveau einer Geschaftsbeziehung besitzt als zweite Variable der inhaltlichen Ebenen einen direkten positiven Effekt auf den Transaktionsumfang. Da zus&tzlich indirekte positive Effekte aultreten, ist der totale kausale Einfluss sogar geringfUgig grOBer als der der Lieferantenleistung (+ 0,48). Ober die Bereitschaft zu einer offenen und h^ufigen Kommunikation k5nnen die chinesischen Partnerunternehmen den Transaktionsumfang somit maBgeblich erhOhenJ'^
Der kausale Einfluss der noch nicht betrachteten Variablen auf den Transaktionsumfang entsteht ausschlieBlich auf indirektem Wege tiber zwischengeschaltete Variablen. Von besonderer Bedeutung ist das Vertrauen in den Geschaftspartner auf der individuellen Ebene, welches einen ebenso starken positiven Einfluss besitzt wie das Kommunikationsniveau und die Lieferantenleistung. Auch die persOnliche Beziehung besitzt einen geringen positiven Einfluss auf den Transaktionsumfang. Es zeigt sich somit, dass die individuelle Ebene von Gesch^sbeziehungen nicht nur wichtig ftlr die Qualitat derselben ist, sondem auch zu einer haufigen Zusammenarbeit fllhrt. Der Konfliktgehalt besitzt dagegen erwartungsgemSB einen negativen Einfluss, der jedoch vergleichsweise schwach ausfkllt. Dies kann als Hinweis darauf interpretiert werden, dass die Existenz von Konflikten angesichts der im kulturtlbergreifenden Kontext grOBeren Konfliktpotenziale zu einem bestimmten Grad hingenonmien und akzeptiert wird.
4.2.5.2.2 Determinanteii der Sachebene Die Sachebene ist durch die zwei Faktoren Lieferantenleistung sowie Flexihilitat gekennzeichnet. Die bisherige pfadanalytische Untersuchung hat einen direkten positiven Einfluss
Dieses Ergebnis stUtzt den Befiind von DENG und WORTZEL (1995), S. 45, die in ihrer empirischen Untersuchung zu den Kriterien der Auswahl asiatischer Zulieferer ftlr den Textilsektor ebenso die Produktqualitat als entscheidend einstufen. Dagegen kann die vorliegende Untersuchung das von DENG und WORTZEL als gleichbedeutsam identifizierte Kriterium des Preises nicht stUtzen. Dies kann u. a. darauf zurUckgefllhrt werden, dass mit der Beschrankung auf deutschchinesische Geschaflsbeziehungen ein enger abgegrenztes Untersuchungsfeld vorliegt und sich die Preisniveaus im asiatischen Raum aufgrund unterschiedlicher Entwicklungsstadien vor allem landerspezifisch unterscheiden. Der Transaktionsumfang wird hier als vom Kommunikationsniveau abhSngige Variable gesehen. Zwar ist ein umgekehrter positiver Einfluss des Transaktionsumfangs auf die Hflufigkeit der Kommunikation Uber einen zwangslSufig resultierenden Kommunikationsbedarf nicht auszuschlieBen. Die Variable Kommunikationsniveau wird jedoch neben der Haufigkeit in identischem AusmaB durch die Ofifenheit der Kommunikation bestimmt. Sie soil an dieser Stelle somit als
195
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Gesch^sbeziehungen
beider Variablen auf die Beziehungsqualitfit ermittelt. Im Folgenden sollen die Determinanten der Sachebene analysiert werden (vgl. Tab. 4-11). Abh«nglgo Variable Ebant 1 Interaktionsebene
Unabhttnglgo Variable Kommunikation Konfliktgehalt
Individual- Profess. Vertrauen ebene PersOnliche Nahe
Lleferantenleletung
FlexIblliUt DIrekter Effekt
Indlr. Effekt
Totaler Effekt
DIrekter Effekt
Indlr. Effekt
Totaler Effekt
-
-
-
+ 0,27 -0,31
-
-0,31
+ 0,48
+ 0,24
+ 0,72
+ 0,70
-
+ 0,10
+ 0,10
+ 0,70
|
+ 0,27 1
Tab. 4-11: Determinanten der Sachebene Die Flexibilitat im Rahmen der deutsch-chinesischen Gesch&ftsbeziehungen £lul3ert sich in Form von starkeren Zugestfindnissen sowie einer geringeren vertraglichen Fixierung. Die einzige Variable mit einem signifikanten kausalen Einfluss auf die Flexibilitat ist der Faktor persdnliche Beziehung, der durch eine hohe persOnliche Kenntnis und Vertraulichkeit gekennzeichnet ist. Mit einem PfadkoefFizienten in H6he von 0.70 handelt es sich um den stfirksten ermittelten Zusammenhang im gesamten Pfadmodell. Interessant wird dieser Befund zusdtzlich dadurch, dass weder das professionelle Vertrauen, das Kommunikationsniveau noch der Konfliktgehalt in einem signifikanten Zusanmienhang zur Flexibilitat stehen. Einem als vertrauensvoll und fair eingeschatzten Geschaftspartner wird demnach nicht zwangslaufig eine grOfiere Flexibilitat entgegengebracht. Auch eine haufige und ofifene Kommunikation erOffhet offenbar keine nennenswerten Flexibilisierungspotentiale. Immerhin, auch haufige und intensive Konflikte verringem die Flexibilitat ihrerseits nicht.^" Um die Effizienzwirkungen einer hOheren Flexibilitat nutzen zu kfinnen, gilt es somit den Fokus vor allem auf die Auswahl von Geschaftpartnem zu legen, zu denen eine enge persOnliche Beziehung aufgebaut werden kann. Die Lieferantenleistung wird dagegen durch alle Variablen der vorgelagerten Individualebene und der Interaktionsebene kausal beeinflusst. Die Leistungserstellung im Rahmen der vorliegenden Geschaftsbeziehungen der Textil- und Bekleidungsindustrie sind - obwohl es sich letztlich tiberwiegend um Konsumgtlter handelt, die in oft groBen StUckzahlen produziert werden - als Auftragsfertigung zu kennzeichnen, bei denen individuelle Wtinsche der deutschen Partneruntemehmen berticksichtigt werden mUssen. Somit ist der positive Effekt des eine gestalterische Variable des Beziehimgsmanagements interpretiert werden, mit der Einfluss auf nachgelagerte Variablen der Sach- und Machtebene genommen werden kann. Die PrUfimg des partiellen Regressionsdiagramms ergab keine Hinweise auf die Existenz einer nicht-linearen oder unstetigen Beziehung zwischen dem Konfliktgehalt und der Flexibilitat. Theoretisch erscheint jedoch auch eine umgekehrt u-ffirmige Beziehung denkbar. So kOnnte bei einem geringen Konfliktgehalt zunachst mit einem Anstieg der Fie-
196
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Kommunikationsniveaus auf die Lieferantenleistung erwartungsgemafi. Ober eine gute Kommimikation mit der chinesischen Partnenmtemehmung kairn das VerstSndnis der speziellen Anfordenmgen verbessert werden und auf eine Berticksichtigimg der eigenen Wtinsche hingewirkt werden. 1st die gegenseitige Interaktion in starkem AusmaBe durch ein hohes Konfliktniveau gepr^gt, wirkt dies - wie der negative Pfadkoeffizient in H6he von -0.31 belegt - kontraproduktiv auf die Lieferantenleistung. Konflikte werden zum einen zu einer objektiven Leistungsverschlechterung ftihren, wenn bspw. Termine nicht eingehalten werden kOnnen und Wtinsche nicht aufgegriffen werden. Geht man femer davon aus, dass eine Leistungsbeurteilung gnmdsatzlich subjektiv erfolgt, kOnnen Konflikte die Perzeption einer Leistung zusatzlich verschlechtem.
Auf der Individualebene zeigt sich, dass die persOnliche Beziehung auf die Leistung - im Gegensatz zur Flexibilitat - nur einen sehr geringen indirekten EfFekt austibt. Dennoch liegt ein starker Einfluss der Individualebene auf die Lieferantenleistung vor. Dieser Einfluss resultiert aus dem Vertrauen in die Professionalitat und Integritat des Geschaftpartners, das einen starken positiven Gesamteffekt in H6he von 0.72 ausweist. Bemerkenswert ist dabei die Relation von indirektem zu direktem Eflfekt. Das Vertrauen in die Integritat und Fairness des Geschaftpartners ftlhrt nicht nur indirekt sondem auch unmittelbar zu einer besseren Leistungsbeurteilung. Die Leistung wird im vorliegenden Modell als endogene Variable betrachtet, obwohl auch ein umgekehrter Einfluss der Leistung auf das pers5nliche Vertrauen sowie das Konfliktniveau nicht gSnzlich auszuschliefien ist. Bei den hier betrachteten deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen tiberwiegen jedoch die Grtinde fiir eine Einstufimg als endogene Variable deutlich. Zunachst tibemehmen die chinesischen Lieferanten im Rahmen der untersuchten Geschaftsbeziehungen der Textilwirtschaft arbeitsintensive Wertschopftmgsstufen mit begrenzter technologischer Komplexitat. Die Leistung hangt somit in starkem AusmaB von der Berticksichtigung der durch modische Zyklen vorgegebenen individuellen Wtinsche des deutschen Kunden ab. Die konkrete Zusammenarbeit im Rahmen der Geschaftsbeziehung, bspw. zur Kommunikation dieser Wtinsche besitzt somit eine entscheidende Bedeutung fiir die LeistungsfShigkeit.^" Femer ist das personliche professionelle Vertrauen durch Annahmen tiber Charakter und Verhalten des Geschaftpartners gekennzeichnet. Ein Einfluss der LeistungsfMhigkeit einer Untemehmung auf den Charakter einer Person erscheint zudem nicht plausibel. xibilitflt begegnet werden, nach dem Oberschreiten eines kritischen Konfliktniveaus jedoch mit einer Reduzierung der Flexibilitat reagiert werden.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
197
4.2.5.2.3 Determinanten der Interaktionsebene Die Verdichtung der Interaktionsebene eraiittelte die zwei Faktoren des Kommunikationsniveaus sowie des Konfliktgehalts. Die mit beiden Faktoren verbundenen gegensStzlichen Assoziationen bestatigten sich in den im Rahmen der pfadanalytischen Analyse bereits aufgedeckten positiven bzw. negativen kausalen Einfltissen auf nachgelagerte Beziehungsebenen. Im Folgenden sollen die Determinanten der Interaktionsebene untersucht werden, die sich gemSfi des zu Grunde gelegten Bezugsrahmens auf der Individuumsebene befinden. Die im Rahmen des Pfadmodells identifizierten kausalen EinflUsse auf das Kommunikationsniveau sowie den Konfliktgehalt sind in Tab. 4-12 dargestellt. 1
Abhflngige Variable Ebene
UnabhSngige Variable
Individual- Profess. Vertrauen ebene PersOnliche Beziehung
Kommunil(ationsniveau
Konfliktgehalt
|
Direkter Effekt
indir. Effelct
Totaler Effekt
Direkter Effekt
Indir. Effekt
Totaler Effekt
+ 0,34
-
+ 0,34
-0,49
-0,49
+ 0,36
"
-
+ 0,36
-
Tab. 4-12: Determinanten der Interaktionsebene Das Kommunikationsniveau der deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen wird denmach in nahezu identischem MaBe durch das personengebundene Vertrauen in den Geschaftspartner wie durch die zwischen beiden Geschaftspartnem vorliegende persOnliche Beziehung gepragt. Bereits die Einschatzung der Kontaktperson als integren und fairen Geschaftspartner verbessert die Konununikation nachhaltig (+0.34). Die Existenz einer personlichen Beziehung, die sich u. a. durch gute Kenntnis und hohe Vertraulichkeit auszeichnet, besitzt daruber hinausgehend eine ebenso starke positive Wirkung (+0.36). Im Gegensatz zum Konmiunikationsniveau wird der Konfliktgehalt der GeschSftsbeziehung nur vom Vertrauen in die Integritat und Fairness der Kontaktperson beeinflusst. Hierbei handelt es sich um einen verhaltnismaBig starken negativen Zusammenhang (-0.49). Ein Fehlen der Oberzeugimg vom personlichen Ansprechpartner erhoht demnach den Konfliktgehalt einer Geschaftsbeziehimg auf der Interaktionsebene. Die resultierenden haufigeren und intensiveren Konflikte gehen dabei einher mit einer starkeren laufenden KontroUe des Geschaftpartners.'^^ Eine Einstufiing als exogene Variable mit den resultierenden Konsequenzen filr die Auswahl der Partneruntemehmen ware dagegen eher sinnvoll bei technologisch anspruchsvollen Gtttem und einer technologisch hoch differenzierten Branchenstniktur. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass tlber eine dynamische Perspektive der Geschaitsbeziehung auch ein umgekehrter Einfluss von der Haufigkeit und der Intensitat von Konflikten auf das Vertrauen in die Integritat und Fairness des personlichen Ansprechpartners ausgehen kann. Hinsichtlich der Prozesskontrolle als dritter Variable mit einer hohen Ladung auf den Faktor Konfliktgehalt ware eine derartige negative Wirkungsbeziehung allerdings nicht unmittelbar plausibel. FOhrt die laufende KontroUe zu positiven Ergebnissen, kOnnte sich eine positive Wirkung auf das Vertrauen in den Geschaftpartner ergeben.
198
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschtlftsbeziehungen
4.2.6 Konsequenzen aus der empirischen Untersuchung Kulturtibergreifende Gesch^sbeziehungen sind bislang nur in einem sehr geringem MaBe empirisch untersucht worden. Mit Geschaftsbeziehungen deutscher Untemehmen im Textilsektor Hongkongs zu chinesischen Lieferanten wurde im Rahmen der vorangegangenen explorative!! Untersuchung nur einer spezieller von unz^ligen kulturUbergreifenden Beziehungstypen betrachtet. Es stellt sich somit die Frage, bis zu welchem Grad die gewonnenen Erkenntnisse veraligemeinerungsf^ig sind und einen Beitrag zur weiteren Erforschung von kulturUbergreifenden Gesch&ftsbeziehungen zu leisten verm5gen. Zunftchst sollen die zentralen Ergebnisse der empirischen Untersuchung daher rekapituliert werden. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildete der konzeptionelle Bezugsrahmen, der vier inhaltliche sowie eine evaluierende Ebene von Geschaftsbeziehungen unterscheidet und in ein allgemeines Analysemodell Uberftlhrt wurde. Die Differenzierung der inhaltlichen Ebenen ermdglichte eine Ordnung der zahlreichen in der Literatur ftlr Gesch^ftsbeziehungen gekennzeichneten Aspekte. Die empirische Untersuchung erfolgte in drei zentralen Schritten. Zun&chst wurde die Gruppe der als erfolgreich eingeschfltzten Gesch^sbeziehungen den nicht-erfolgreichen Gesch^sbeziehungen gegentlbergestellt und Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf den verschiedenen inhaltlichen Ebenen identifiziert. Im Rahmen der anschlieBenden Verdichtung zeigte sich, dass eine Vielzahl dieser Aspekte auf einige wenige unabhangige Dimensionen zurtlckgefilhrt werden kttnnen. Die methodische Verdichtung ftihrte zur Ermittlung von jeweils zwei Faktoren auf den inhaltlichen Ebenen sowie dem Faktor der Beziehungsqualitat auf der evaluierenden Ebene. In einem abschlieBenden multivariaten Analyseschritt wurde das auf Basis des konzeptionellen Bezugsrahmens entwickelte Analysemodell einer pfadanalytischen Prtlfung unterzogen. Diese identifizierte neben den Wirkungsbeziehungen innerhalb der inhaltlichen Ebenen auch zahlreiche Einfltlsse auf die Beziehungsqualitat. Die pfadanalytischen Befunde legen nahe, dass die Beziehungsqualitat deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen aus einem komplexen Zusammenspiel der inhaltlichen Ebenen resultiert. Samtliche Modellebenen tragen direkt oder indirekt zur Verbesserung bzw. Verschlechterung der Beziehungsqualitat bei. Die identifizierten WirkungszusammenhSnge haben sich weitgehend als erwartungsgemaB herausgestellt. Eine Ausnahme stellt die Tatsache, dass die individuelle Ebene ihren erheblichen Einfluss nicht unmittelbar, sondem lediglich indirekt tlber die anderen nachgelagerten Ebenen austlbt. Relativ betrachtet fKllt der Beziehung zwischen den Kontaktpersonen auf der Individualebene sowie der Form der Zusammenarbeit auf der Interaktionsebene eine besondere Bedeutung zur Starkung der Geschaftsbeziehungen zu. Bemerkenswerterweise handelt es sich somit um diejenigen Ebenen, die in ihrer Handhabung als in hohem MaBe kulturabhangig einzustufen sind.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschtlitsbeziehungen
199
Bereits im Rahmen der Modellbildung wurde darauf hingewiesen, dass das hohe Aggregationsniveau der weit gefassten inhaltlichen Ebenen eine Formulierung nomologischer Hypothesen ausgeschlossen hat. Der konzeptionelle Bezugsrahmen und auch das allgemeine Analysemodells haben somit vor allem systematisierende und deskriptive Zwecke erfilllt. Spezifizierte KausalzusammenhMnge waren im Rahmen der empirischen Untersuchung erst prtlfbar, als tlber die ebenenspezifische Verdichtung konkrete Konstnikte ermittelt wurden. Aus dem empirisch ermittelten Pfadmodell kann somit ein gleichlautendes Hypothesensystem filr zukUnftige Forschung abgeleitet werden. Die ermittelten Wirkungsbeziehungen von den Konstrukten auf der inhaltlichen Ebene auf die Beziehungsqualit£lt sind hierzu in Abb. 4-15 noch einmal kompakt dargestellt.'"
Abb. 4-15: Hypothesensystem als Ergebnis der explorativen Untersuchung
Im Hinblick auf die folgende Diskussion der VerallgemeinerungsMigkeit wird bewusst eine lediglich abstrakte Darstellung gewShlt. Neben der Richtung des Kausalzusammenhangs (+ / -) erfolgt lediglich eine Differenzierung zwischen einem starken und geringen Einfluss ( + + vs. + ) . Ftir diese Klassifizienmg wurde auf die ermittelten Pfadkoeffizienten zurUckgegrififen und eine Grenze von grOBer bzw. kleiner als 0,4 zu Gnmde gelegt. Aufgrund des ledig-
' " Vgl. hierzu auch die Tab. 4-9 auf Seite 188
200
Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
lich explorativen Charakters der Untersuchung mit einer kleinen iind textilspezifischen Stichprobe sind diese Hypothesen und auch die hier nicht gesondert aufgeflihrten Beziehungen zwischen den inhaltlichen Ebenen mit der gebotenen Vorsicht zu interpretieren und konsequenterweise im Rahmen zuktlnftiger Forschungsbemtihungen einer konfirmatorischen Prttftrng zu unterziehen. Betrachtet man die ermittelten GrundzusammenhSnge auf einer derart abstrakten Ebene, so wild deutlich, dass zumindest die Richtung der Zusammenhange fiir die meisten Geschaftsbeziehungstypen zu erwarten ist. Kulturiibergreifende Geschaftsbeziehungen sind demnach offenbar nicht vollkommen wesensfremd gegentiber intrakulturellen Geschaftsbeziehungen. Die Verallgemeinerungsfahigkeit der Beftmde wird vielmehr vor allem durch zu erwartende graduelle Unterschiede bei anderen Beziehungstypen sowie zusatzliche kulturelle Besonderheiten eingeschrMnkt. Hieraus folgt auch, dass Erkenntnisse aus intrakulturell Forschungsarbeiten auch fiir die Erforschung kulturtibergreifender Geschaftsbeziehungen zumindest mit herangezogen werden konnen. Es erscheint somit ausgehend von der hinreichenden Erklarungskraft der vorliegenden weitgefafiten Analyse mOglich und sinnvoil, die Studien die im intrakulturellen Kontext zu fruchtbaren und gehaltvollen Erkenntnissen gefiihrt haben, auch bei kulturtlbergreifenden Geschaftsbeziehungen zu priifen. Bedauerlicherweise steht die Untersuchung von kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen forschungsmethodischen Probleme der interkulturellen Managementforschung erst am Anfang. Zur Identifikation der graduellen Unterschiede zwischen kulturtibergreifenden und intrakulturellen Geschaftsbeziehungen kSnnen insbesondere zusatzliche Untersuchungen beitragen, die eine gleichzeitige Erhebung beider Formen in Verbindung mit einer geeigneten methodischen Auswertung verbinden. Ein gelungenes Beispiel fiir diesen Untersuchungstyp stellt eine Studie von GRIFFITH, HU und RYANS dar. Beim Zusammenhang zwischen Vertrauen und Commitment sowie zwischen Commitment und Konflikt weisen sie bspw. einen identischen Zusanmienhang nach, wahrend der Einfluss des Conmiitments auf die Zufriedenheit bei kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen gr6Ber
Zur Beurteilung der Verallgemeinerungsfiihigkeit der vorliegenden Ergebnisse im kulturtibergreifenden Kontext stellen sich vor allem zwei Fragen: aufgrund der branchenspezifischen Einschrankung die Frage nach der Ubertragbarkeit auf andere dt.-chinesische Geschaftsbeziehungen und aufgrund der relativ groBen kulturellen Divergenzen der Partneruntemehmen die Frage der Ubertragbarkeit auf andere kulturiibergreifende Beziehungskonstellationen.
^^^ Vgl. Griffithmu/Ryans (2000), S. 315 f.
Empirische Untersuchung deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
Von zentraler Bedeutimg fiir die Beurteilung der Ubertragbarkeit aufandere
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dt.-chinesische
Geschdftsbeziehungen ist z. B. die Frage, inwieweit die Ergebnisse durch die Position des deutschen Untemehmens als Kunde beeinflusst sind. Zum einen ist es vorsteilbar, dass der negative Einfluss des Konfliktniveaus stSrker ausfallt, wenn sich die konfliktscheuen Chinesen in der mSchtigeren Position des Abnehmers befinden. Gleichzeitig konnten Untersuchimgen mit verSnderten Hersteller-Lieferanten-Rollen die Bedeutung der Lieferantenleistimg vergrSBem, da nicht mehr arbeitsintensive, sondem eher technologisch anspruchsvoUe Leistungen in den Mittelpunkt riicken. Auch die vergleichsweise geringe Bedeutung der spezifischen Investitionen muss vor dem Hintergrund eines arbeitsintensiven Leistungsaustauschs im Textilsektor beurteilt werden, der generell eher geringe Investitionen erforderlich macht. SchlieBlich waren bei den hier untersuchten Geschaftsbeziehungen in der Kegel nur wenige Manager auf der chinesischen Seite verantwortlich und unmittelbar identifizierbar. Die Untersuchung der Zusammenarbeit von GroBuntemehmen mit zahlreichen Kontaktpersonen auf beiden Seiten kOnnte diesbeziiglich einen anderen Untersuchungsansatz notwendig machen. Vergleichbare groBzahlige empirische Untersuchungen deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen, die zu diesen Uberlegungen weitere Anhaltspunkte geben konnten, fehlen bislang bedauerlicherweise. Angesichts der zunehmenden Relevanz deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen sowie der zahheichen in China existierenden deutschen Untemehmen bzw. Joint Ventures erscheint es somit dringend notwendig, das ausgedehnte Forschungsfeld zum Aufbau und Management von (Partner-)Untemehmen in China durch einen zweiten Forschungsstrang zu ergSnzen, der sich verstarkt den Marktbeziehungen zu chinesischen Partnerunternehmen widmet.
Neben diesen iiberwiegend branchenspezifischen Oberlegungen stellt sich aufgrund der spezifischen Kulturmerkmale und der relativ groBen kulturellen Divergenzen die Frage der Ubertragbarkeit aufandere kulturiibergreifende Beziehungskonstellationen. Ausgehend von den in Kapitel 3.4 diskutierten EinflUsse der Kulturdimensionen auf die verschiedenen Ebenen einer Geschaftsbeziehung sind wiederum zumindest graduelle Bedeutungsunterschiede zu erwarten. Betrachtet man bspw. Kommunikation als Mittel zimi Abbau von Unsicherheit, so kann davon ausgegangen werden, dass ihre Bedeutung bei Geschaftsbeziehungen zwischen Kulturen mit einer sehr geringen Unsicherheitsvermeidung geringer ausfallen konnte. Es bleibt somit ebenso zu priifen, inwieweit das erweiterte Ebenenmodell auch zur Analyse von anderen kulturiibergreifenden Beziehungskonstellationen geeignet ist und graduelle Unterschiede aufdecken kann. Aufgrund der dynamischen Entwicklung zahheicher Volkswirtschaften in Asien, Stidamerika und Osteuropa gilt es, sich auch von der Fokussierung auf europaische Nachbamationen oder fiihrende Handelsnationen wie den USA und Japan zu losen. Um hierbei komparative Einschatzungen zu ermoglichen, sollte dabei stets die Moglichkeit der Integration der Erkenntnisse in den Gesamtkontext kulturUbergreifender Geschaftsbeziehungen bedacht werden. Diesbeztiglich erscheint eine Orientierung an einem systematischen, Ubergeordneten
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Bezugsrahmen sinnvoll und notwendig. Einen sehr wichtigen Beitrag im Forschungsfeld kulturUbergreifender GescMftsbeziehungen kOnnen daher auch Untersuchungen leisten, die anstelle isolierter Beziehungskonstellationen mehrere kulturllbergreifende Beziehungskonstellationen simultan untersuchen und somit eine unmittelbare Vergleichbarkeit herstellen. Bei einer Vielzahl von Konstellationen wSre sogar eine Integration der aufgezeigten Kulturdimensionen in die Modellprtifimg denkbar. Die hierzu notwendigen massiven Forschimgsanstrengungen iegen es nahe, derartige Untersuchungen im Rahmen von kulturtibergreifenden Forschungsbeziehungen anzugehen. UnabhSngig von den genannten EinschrSnkungen kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die auf einem allgemeinen Bezugsrahmen aufbauende Differenzierung von vier inhaltlichen Beziehungsebenen eine umfassende Analyse von deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen ermSglicht hat. Das Ebenenmodell liefert somit auch Hinweise auf die zentralen Ansatzpunkte fUr das erfolgreiche Management dieser speziellen kulturiibergreifenden GeschMsbeziehungen. Gleichwohl wurde bisher auf die Erorterung der aus den kulturellen Unterschieden resultierenden speziellen Besonderheiten deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen weitgehend verzichtet. Nachdem die Wirkungszusammenhange zwischen den zentralen Konstrukten sich im empirischen Test als iiberwiegend erwartimgsgemaB erweisen, soil im Folgenden ein nSherer Blick auf die konkrete Handhabung der verschiedenen Ebenen geworfen werden. Trotz der aufgrund des explorativen Charakters gebotenen Vorsicht soil sich hierbei an den Ergebnissen der empirischen Untersuchung orientiert werden. Dies erscheint insbesondere daher m5glich, da die nMhere Betrachtung der einzelnen Konstrukte bedeutsamer ist als die relative H6he eines Wirkungszusanmienhanges.
203
Gestaltungsempfehlimgen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschtlftsbeziehungen
4.3 Gestaltungsempfehlungen fur das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen 4.3.1
Situativer Rahmen des Managements deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen sind ein heterogenes PhSnomen und liegen in verschiedensten Formen vor. Abgesehen von der Gemeinsamkeit der spezielien kulturtibergreifenden Situation kfinnen zahlreiche situative Besonderheiten vorliegen, die im Rahmen des Geschaftsbeziehungsmanagement Bertlcksichtigung finden mtissen.^" Die im Folgenden dargelegten Gestaltungsempfehlungen setzen vomehmlich an den Besonderheiten der spezielien kulturtibergreifenden Situation an und k5nnen derartige situative Besonderheiten nur teilweise bertlcksichtigen. Aus diesem Grunde erscheint es zweckmSBig, wesentliche situative Besonderheiten bereits im Vorfeld aufzuzeigen und ihren mSglichen Einfluss auf das Geschaftsbeziehungsmanagement zu skizzieren. Die Tab. 4-13 zeigt eine Auswahl von relevanten kontextuellen Parametem deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen aus der Perspektive der deutschen Untemehmung. Aus dem Spektrum der situativen EinflUsse wird zugleich deutlich, dass sich die Relevanz der im Anschluss diskutierten Gestaltungsempfehlimgen nicht ausschliefilich auf den vergleichsweise eng gefassten Bereich der in der empirischen Untersuchung betrachteten vertikalen Geschaftsbeziehungen im Textilsektor beschranken.
AusprSgungen
Kontextvariable Interaktionspartner Interaktionsinteresse Geographische Distanz 1 nteraktjonsbedeutung Institutionalisierung
Privatwirtschaftl. Unternehmen
Staatswirtschaftl. Unternehmen
Absatz
Produktion
groB (BRD - PRC)
gering(HK-PRC)
Beschaffung keine (PRC " PRC) Primaraktivitat
Periphere Aktivitat Vertragliche Zusammenarbeit
Gemeinschaftsunternehmen
Interaktionsphase
Verhandlung
Umsetzung
Kontrolle
Beziehungsphase
Anbahnung
Entwicklung
Routine
Tab. 4-13: Morphologische Darstellung wichtiger situativer Rahmenfaktoren Zunachst wird grundsatzlich zu bertlcksichtigen sein, inwieweit der Interaktionspartner als autonomes Unternehmen oder als Teil der staatlichen Biirokratie zu sehen ist. Trotz der Reformen des chinesischen Wirtschaftssystems stellt der chinesische Staat weiterhin einen sehr wichtigen Ansprechpartner fiir deutsche Unternehmen dar. Im Fall der Interaktion mit chinesischen Behorden ergeben sich haufig zusatzliche btirokratietypische Probleme, die auf fehlende
Vgl. zum situativen Kontext des Managements von Geschaftsbeziehungen Belz (1994), S. 31 ff.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Anreizstrukturen, hieraus resultierende Risikoaversitat und langwierige Entscheidungsprozesse zuruckzufiihren sind.^^* Femer muss auf Basis der Interessenlage der deutschen Untemehmimg imterschieden werden, ob die Geschaftsbeziehungen zur ErschlieBung des chinesischen Marktes fur Beschaffungs-, fur ProduktionS' oderfur Absatzaktivitdten dienen soUen. Beschaffungsorientierte Geschaftsbeziehungen (wie die im Rahmen unserer empirischen Untersuchung betrachteten KundenLieferanten-Beziehungen) stellen ausgehend von der eher arbeits- statt technologieintensiven Fertigung Chinas und der intensiven Konkurrenz auf den WeltmSrkten eine vergleichsweise gtinstige Ausgangslage fiir die deutsche Partneruntemehmung dar. Im Zuge der chinesischen Wirtschaftsreformen kann sowohl seitens der chinesischen Partneruntemehmung als auch seitens der chinesischen Btirokratie von einer positiven Grundhaltung gegeniiber derartigen Exportbeziehungen ausgegangen werden. Dagegen ist die ErschlieBung des chinesischen Absatzmarktes durch deutsche Untemehmen in der Regel wesentlich komplizierter. In diesem Fall ist tendenziell die Position der deutschen Partneruntemehmung durch die Konkurrenz intemationaler Anbieter schwacher, der staatliche bzw. behOrdliche Einfluss starker, der Abstinamungsbedarf grSBer und die Interessenlagen von starkeren Konflikten gekennzeichnetJ^^ Die geographische Distanz wird - schlieBt man den seltenen Fall chinesischer Untemehmen mit Sitz in Deutschland aus - mafigeblich durch den Sitz der betrachteten deutschen Partneruntemehmung bestimmt. Hierbei ist vor allem zu unterscheiden, ob es sich um eine in Deutschland angesiedelte Untemehmung handelt, die von dort in direkte Beziehungen mit chinesischen Partneruntemehmen oder chinesischen Import- bzw. Exportvermittlem tritt, ob es sich um in der Sonderverwaltungszone Hongkong angesiedelte intermediare Untemehmen handelt oder ob bereits eigene Tochteruntemehmen in der VR China aufgebaut wurden. Die geographische Distanz Ubt insbesondere iiber die Beschrankung der KommunikationsmQglichkeiten einen wichtigen Einfluss auf das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen aus.
Gleichzeitig geht mit einer groBeren geographischen Nahe zumeist eine hohere Bedeutung der chinesischen Geschaftsbeziehungen einher. Im Rahmen der Geschaftstatigkeit von in China ansassigen Untemehmen des deutschen Kulturkreises besitzen deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen zwangslaufig eine sehr groBe Bedeutung. In diesem Fall stellt die Zu-
1«B
Vgl. z. B. Pye (1992), S. 17 f. sowie Buttery/Leung (1998), S. 384.
159
Die Tatsache, dass Abstimmungsbedarf und Interessenlagen nicht spiegelbildlich ausgeprSgt sind, kann u. a. auf die Unterschiede in der Fertigungstechnologie zurtickgefilhrt werden. Bei der Beschaffung aus der VR China liegt das Augenmerk auf gtlnstigen, arbeitsintensiven Produkten, wShrend bei der Beschaffung bzw, Bereitstellung von deutschen Produkten filr den chinesischen Markt haufig das Ziel des Technologietransfers verfolgt wird.
Gestaltungsempfehlungen ftlr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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sammenarbeit mit chinesischen Untemehmen als Primaraktivitat einen normalen Vorgang im Rahmen der alltaglichen Geschaftstatigkeit dar. Folglich kann von einem wesentlich groBeren Erfahningshorizont iind Keimtnisstand der zu beriicksichtigenden kulturellen Besonderheiten ausgegangen werden. Zusatzlich werden Untemehmen mit einer nachhaltigen Geschaftstatigkeit in China und einem Sitz in Hongkong bzw. der VR China in starkerem MaBe auf eigene chinesische Angestellte zurtickgreifen. Die zu erwartenden kulturspezifischen Probleme bei derartigen deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen werden daher geringer ausfallen. Gleichzeitig kOnnen jedoch beim Einsatz chinesischer Mitarbeiter auch intraorganisatorische Kulturprobleme auftreten. Auch die Institutionalisierung der Zusanmienarbeit kann als wichtige Rahmenvariable deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen gesehen werden. Eine in hohem MaBe relevante Form stellen die gesellschaftsrechtlich verankerten Equity Joint Ventures dar. In diesem Fall wird die interorganisationale Zusanmienarbeit der deutschen und chinesischen Partnerunternehmen gleichzeitig auf der untergeordneten Ebene des Joint Ventures zu einem intraorganisatorischen Problem. Das Management derartiger deutsch-chinesischen Partnerschaften sieht sich mit vielfaltigen Aufgaben und Problemen konfrontiert, die bei einer eher transaktionsbasierten vertraglichen Zusammenarbeit nicht oder in einem anderem Umfang ausfallen.'^° Zu denken ist hier beispielsweise an organisatorische Aufgaben, strategische Abstimmung, Fragen der Personalbesetzung, besondere Konfliktpotentiale und hohere Austrittsbarrieren. Aufgrund der groBen Bedeutung von Joint Ventures fiir den Einstieg in den chinesischen Markt sowie der haufigen Probleme bildet das Management kulturiibergreifender Joint Ventures in China zugleich einen Schwerpunkt der chinaspezifischen betriebswirtschaftlichen Veroffentlichungen. Aus einer dynamischen Perspektive ist sowohl die Entwicklungsphase der Geschaftsbeziehung als auch die auf eine einzelne Transaktion bezogene Interaktionsphase bedeutsam. Mit der Entwicklung einer Geschaftsbeziehung verandem sich im Zeitablauf u. a. der Kenntnisstand tiber das Partneruntemehmen und die personlichen Geschaftspartner, die hierdurch empfimdene Unsicherheit sowie der spezifische Fokus des Geschaftsbeziehungsmanagements. Wahrend in der fruhen Anbahnungsphase insbesondere informationsgerichtete und vertrauensbildende MaBnahmen relevant sind, wird sich der Fokus des Geschaftsbeziehungsmanagements in der Entwicklungsphase zunehmend auf gegenseitige AnpassungsmaBnahmen verlagem, die letztlich in der Routinephase zu einer effizienteren Interaktion fiihren soUen.
Vgl. zum Management von Joint Ventures von Untemehmen des deutschen bzw. westlichen Kulturkreises in China u. a. Shenkar (1990); Beamish (1993); TrommsdorffAVilpert (1994); Suchardt (1994); Pan (1996), Bj5rkman/Lu (1999); Hoon-Halbauer (1999); Lee/Chen/Kao (1998); ChildA^an (1999); Luo et al. (2001); Child (2002); Mohr (2002).
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Betrachtet man einzelne Transaktionen (bzw. geschaftliche Austauschepisoden) so kOnnen mit der Verhandlungsphase, der Umsetzimgsphase und der Kontrollphase idealtypisch verschiedene Interaktionsphasen unterschieden werden. Wahrend die Umsetzimg einer vereinbarten Leistung in der Kegel keine kontinuierliche Interaktion bedarf, stellen Verhandlungssituationen zumeist gemeinschaftlich voUzogene, eng abgestimmte und doch konfliktionare Prozesse dar. Bei deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen stellt die Verhandlungsphase durch die kulturlibergreifende Interaktionssituation hSufig eine besonders wichtige und zugleich anfMllige Phase dar.'^^ Nicht zuletzt deshalb orientiert sich ein GroBteil der relevanten Literatur explizit an der Verhandlungssituation mit chinesischen Geschaftspartnem.^^^ Eine Vielzahl der in diesem Kontext diskutierten Besonderheiten der chinesischen Kultur und hieraus entstehende Problembereiche lassen sich jedoch auf kontinuierliche Abstimmungsprozesse in der Umsetzungs- bzw. Ubergabephase einer Transaktion tibertragen. 4.3.2 Aufbau interkultureller Kompetenz als Grundvoraussetzung des Managements deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen Als eine zentrale Grundvoraussetzung fiir erfolgreiches Handeln in kulturiibergreifenden Beziehungskonstellationen wird in der Literatur zum intemationalen Management stets eine hohe interkulturelle Kompetenz der betroffenen Auslandsmanager gefordert. Da die im Rahmen des Managements deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen auf der individuellen Ebene zu tiberbrUckende kulturelle Distanz'^^ sehr groB ist, erscheint fiir das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen eine hohe interkulturelle Kompetenz der verantwortlichen deutschen Manager in besonderem MaBe unverzichtbar.'^ Die interkulturelle Kompetenz wird als ein multidimensionales Konstrukt gesehen, das aus einer Vielzahl von speziellen motivationalen, kognitiven xmd verhaltensbezogenen Eigenschaften besteht.^" Auf der motivationalen Ebene ist bspw. ein groBes MaB an Interesse, Unvereingenommenheit und Respekt gegeniiber der chinesischen Kultur zu fordem. Auf der kognitiven Ebene sind u. a. Kenntnisse der chinesischen Kultur und eine gewisse Ausdauer, Belastbarkeit imd kognitive Flexibilitat notwendig. SchlieBlich sollten idealer Weise auch verhaltensbezogene Fahigkeiten wie eine ausgepragte soziale Kompetenz, die Fahigkeit zur Verhaltensdifferenzierung sowie im Idealfall die Beherrschung der chinesischen Sprache vorhanden sein. Verhandlungen lassen sich darUber hinaus wiederum phasenspezifisch unterteilen. Vgl. ftlr phasenspezifische Abhandliingen zu Verhandlungen mit chinesischen Geschaftspartnem z. B. Frankenstein (1986); Kirkbride/YangAVestwood (1991), S. 375 ff. und Ghauri/Fang (2001), S. 307 f. Vgl. hierzu auch McGuinness/Campbell/Leontiades (1991), S. 188: „advice has usually been given from the point of view of how to negotiate more effectively". Zum Konzept der kuhurellen Distanz vgl. umfassend Shenkar (2001) sowie exemplarisch Kogut/Singh (1988). Vgl. hierzu auch den Befund von Black/Porter (1991), S. 102 ff., dass amerikanische Manager in den USA und in Hongkong ein ahnliches FOhrungsverhalten aufweisen, welches in Hongkong im Gegensatz zu den USA in keinem Zusanmienhang zum persOnlichen beruflichen Erfolg steht.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
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Da Manager jedoch tiber interkulturelle Kompetenz hinausgehend zahlreiche weitere Fahigkeiten besitzen miissen^^^, die z. T. auch in einer konfliktionSren Beziehung zu einzelnen Aspekten der interkulturellen Kompetenz stehen konnen, iind nur in seltenen Fallen ein in jeglicher Hinsicht herausragendes Fahigkeitsprofil zu erwarten ist, stellt sich die Frage nach dem fUr ein erfolgreiches Beziehungsmanagement kritischen Mindestniveau interkultureller Kompetenz. Ein derartiges MindestmaB wird explizit nur schwer bestimmbar sein und situativ unterschiedlich ausfallen. Neben den im vorangegangenen Kapitel genannten situativen Rahmenfaktoren wie der Bedeutung, Phase und Fokus der Geschaftsbeziehungen, sind die Intensitat und Komplexitat der Interaktion zu nennen. Die interkulturelle Kompetenz des chinesischen Geschaftspartners wiederum kOnnte das notwendige MaB an interkultureller Kompetenz in Teilen reduzieren. Gmndsatzlich verbessert sich mit einer groBeren eigenen interkulturellen Kompetenz die eigene Handlungssituation. FUr die Sicherstellung einer hinreichenden interkulturellen Kompetenz bieten sich mit einer entsprechenden Personalauswahl sowie TrainingsmaBnahmen zwei gnmdsatzliche Ansatzpunkte. Bedenkt man, dass einige Aspekte der interkulturellen Kompetenz nur in eingeschrSnktem AusmaB oder nur unter erheblichem Aufwand und langfristig erlembar sind, besitzt bereits die Auswahl der deutschen Kontaktpersonen einen entscheidenden Einfluss auf den Aufbau von nachhaltigen Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Geschaftspartnem. Falls untemehmensintem keine Mitarbeiter das geforderte Kompetenzprofil erftillen, erscheint es zwingend ratsam, entsprechend qualifiziertes Personal extern zu beschaffen.'^^ Dennoch sollten ausgehend von der erfolgten Personalauswahl auch MaBnahmen zur Steigerung der interkulturellen Kompetenz durchgeftihrt werden.'^* In Abhangigkeit des personlichen Kompetenzprofils und Erfahrungshorizonts beztiglich der chinesischen Kultur konnen bereits im Vorfeld der Aufhahme von Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Geschaftspartnem Orientierungstrainings eingesetzt werden, die sowohl der Informationsvermittlung als auch der Gegentiberstellung von eigen- (deutsch) und fi-emdkulturellen (chinesischen) Denkund Verhaltensgewohnheiten dienen. Ein bekanntes derartiges Instrument stellt das sog. Culture-Assimilator-Training dar, in dem Teilnehmer kritische Interaktionssituationen analysieren
Vgl. bspw. Mttller/Gelbrich (2001), S. 251 ff. Als allgemein wichtige Managementf^igkeiten kOnnen bspw. eine hohe Leistungsbereitschaft, Filhrungsqualitaten, EntschlussMiigkeit gesehen werden. Dabei entspricht der Stellenwert der interkulturellen Kompetenz bei der Auswahl von Auslandsmanagem zumeist nicht seiner Erfblgsbedeutung. Ein Grund hierfilr kann in den Schwierigkeiten der Beurteilung der sozialen Fahigkeiten gesehen werden. Vgl. hierzu z. B. Bhawuk/Brislin (1992), S. 414ff. und Rothlauf (1999), S. 72 f. Vgl. exempl. das Anforderungsprofil filr einen „SUdostasien-Manager" bei Nass (1998). Vgl. Scholz (2000), S. 531 ff. sowie Kammhuber (2001), S. 78 ff.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
bzw. im RoUenspiel simulieren mtissen, um die Griinde fur bestimmte Ereignisse imd Verhaltensweisen zu verstehen.^^^ 4.3.3 Ebenenspezifische Gestaltungsempfehlungen 4.3.3.1 Management der individuellen Ebene Die individuelle Ebene deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen besitzt einen wichtigen indirekten Einfluss auf die Beziehungsqualitat. Inhaltlich kann die Geschaftsbeziehung auf der individuellen Ebene tiber die zwei unabhangigen Dimensionen des personlichen Vertrauens sowie der personlichen Nahe der Geschaftspartner beschrieben werden. Aus diesen Dimensionen lassen sich unmittelbar die Ziele eines bewussten Managements der individuellen Ebene ableiten, die im Aufbau eines personlichen Vertrauens sowie gegebenenfalls auch einer engen personlichen Beziehung zwischen den Kontaktpersonen gesehen werden konnen. Angesichts der Unterschiede zwischen deutschen und chinesischen Geschaftspartnem wird eine enge und vertrauensvolle personliche Verbindimg im Vergleich zu jeweiligen intrakulturellen Geschaftsbeziehungen wesentlich schwerer zu erreichen sein. Aufgrund der Bedeutung der individuellen Ebene sind jedoch umso mehr besondere Anstrengungen notwendig. Femer sollte die persOnliche Beziehungsebene bei der Entscheidung uber Aufiiahme, Fortfiihrung bzw. Abbruch einer Geschaftsbeziehung zumindest berucksichtigt werden. Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit auf der personlichen Ebene wird dabei in erster Linie nicht absolut Oder an intrakulturellen Geschaftsbeziehungen zu messen sein, sondem im Vergleich mit anderen deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen.
4.3.3.1.1 Aufbau von gegenseitigem personlichen Vertrauen Der Vertrauensaufbau auf der individuellen Ebene stellt eine der schwierigsten und zugleich wichtigsten Aufgaben eines bewussten Managements deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen dar. Die existierenden kulturellen Unterschiede zwischen deutschen imd chinesischen Managem begriinden abweichende Vorstellungen sowohl beziiglich der Bedeutung als auch der Formen des Aufbaus von Vertrauen. Gnmdsatzlich wird dem Vertrauen auf der individuellen zwischenmenschlichen Ebene von Geschaftsbeziehungen in China ein deutlich groBerer Stellenwert zugeschrieben als in westlichen Kulturen.'^° Als Grundbedingung fiir Vertrauen sehen Chinesen auf Basis der konftizianischen Werte vor allem die Erfiillimg spezifischer Rollenerwartungen. Derartige Erwartun-
Vgl. zum Culture-Assimilator-Training allgemein Triandis (1984). FUr ein Beispiel einer auf China zugeschnittenen Trainingssituation vgl. Thomas (1989), S. 285 f. Vgl. z. B. Child/MfiUering (2003); Fang/Kriz (2000).
Gestaltungsempfehlimgen fiir das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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gen beziehen sich jedoch in starkem MaBe nur auf ausgewahlte Beziehimgskonstellationen, so dass eine starke Differenzienmg zwischen vertrauenswiirdigen Mitgliedem der eigenen Gruppe iind misstrauisch zu begegnenden AuBenseitem erfolgt. In derartigen neutralen Beziehungskonstellationen, wie sie auch bei interkulturellen Geschaftsbeziehungen in besonderem MaBe vorliegen, fMllt es Chinesen ungleich schwerer, die Vertrauenswiirdigkeit des Interaktionspartners einzuschatzen.'^^ Neben kulturellen Grunden tragen auch die vergleichsweise unzuverlassigen und sich im Wandel befindlichen institutionellen Rahmenbedingungen^^^ in der VR China zur hohen Bedeutung personlichen Vertrauens bei. Trotz der jungeren Fortschritte erscheint das Rechtswesen in Teilen immer noch willkiirlich und abhangig von politischen Einfliissen.'^^ Im Vergleich zu westlichen Industrielandem fallt personlichem Vertrauen daher ein vergleichsweise starkeres Gewicht zu als formalen, vertraglich bindenden Ubereinkiinften.'^' Hieraus folgt, dass der gezielte Aufbau bzw. der Erhalt von Vertrauen eine zentrale Aufgabe des bewussten Managements deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen darsteUt. Dabei gih es zu beachten, dass auch bei der Beurteilung der Vertrauenswiirdigkeit eines GeschSftpartners Unterschiede zwischen deutschen und chinesischen Managem bestehen. Mit DONEY, CANNON und MULLEN lassen sich diesbeztiglich generell fiinf unterschiedliche kognitive Prozesse unterscheiden, deren jeweilige Wertigkeit fiir das Vertrauen kulturabhangig variieren kann: die kalkulatorische Abwagung der Konsequenzen eines Vertrauensmissbrauchs, die Prognose auf Basis vergangener Erfahrungen, die Einschatzung der Absichten und Motive, die Beurteilung der FShigkeiten sowie der Transfer bzw. tjbertragung von Vertrauen. ^^^ Auf Basis der spezifischen kulturellen Unterschiede kann fiir deutsche Manager eine relativ hohere Bedeutung von Kosten- und Nutzen-Abwagungen sowie der Einschatzung der Fahigkeiten unterstellt werden, wahrend in der chinesischen Kultur die Prognose auf Basis von Erfahrungen, die Einschatzung der Motivlage und der Transfer von Vertrauen wichtiger ist.'^^ Diese Unterschiede sind beim gezielten Aufbau von Vertrauen in deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen zwingend zu beriicksichtigen.
Vgl. Yau et al. (2000), S. 19. Vgl. zum hOheren Misstrauen chinesischer Manager in kulturiibergreifenden Verhandlungssituationen auch Mintu-Wimsatt/Calantone (1995), S. 93 f. Vgl. zu den institutionellen Reformen Child/Tse (2001). Vgl. Child/MOllering (2003), S. 72. Aufgrund des unzuverlSssigen Rechtwesens ist es Ublich, in Vertragen das Recht und das Schiedsgerichtsverfahren eines Drittlandes aufzunehmen. Vgl. Steffens (1998), S. 19. Vgl. z. B. Pye (1992), S. 23 und Yau et al. (2000), S. 19. Vgl. Doney/Cannon/Mullen (1998), S. 604 ff. sowie Doney/Cannon (1997). Vgl. femer die Typologie von Zucker (1986). Sie unterscheidet prozessbasierte, eigenschaftsbasierte und institutionenbasierte Vertrauensquellen unterscheidet. Vgl. Doney/Cannon/Mullen (1998), S. 609.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Die Wichtigkeit von Erfahrungen der Vergangenheit fUhrt bspw. dazu, dass Vertrauen auf Seiten chinesischer Geschaftspartner nur uber eine iSngerfristige Zusammenarbeit entwickelt werden kaim. Aus diesem Griind besitzen bspw. bei erstmaligen Verhandlungen mit chinesischen Verhandlungspartnem Aktivitaten zum gegenseitigen Kennenlemen und zur Etablierung einer personlichen Beziehimg eine groBere Bedeutimg als bei Verhandlungen innerhalb Deutschlands.'^^ Im Rahmen langfristiger GescMftsbeziehungen soUte ein zuverlassiges, berechenbares Verhalten verfolgt werden. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass bereits vereinzelte negativ empfundene Handlungen zu einem starken Vertrauensverlust fiihren konnen.^^* Aus der Sicht der deutschen Partneruntemehmung geht dabei gerade von kulturell bedingten MissverstSndnissen eine groBe Gefahr aus, da diese unbewusst und somit ohne Abwagung der Konsequenzen erfolgen. Im Hinblick auf die Intentionen gilt es den Eindruck der Verfolgung einseitiger Interessen zu vermeiden. Obwohl bei Geschaftsbeziehungen in aller Kegel keine voUkommene Interessenkongruenz mOglich scheint, kann ein personliches Vertrauen nur aufgebaut werden, wenn zum einen gemeinsame Interessen identifiziert und betont werden und zum anderen die elementaren Interessen der Gegenseite nicht geschadigt werden bzw. unberiicksichtigt bleiben. Aufgrund des kulturell bedingten Strebens nach Harmonie bevorzugen chinesische Manager mehrheitlich kompromiss- bzw. kooperationsbezogene Interaktionsstrategien.'^^ Die Verfolgung einseitiger Interessen stoBt daher auf eine besondere Empfmdsamkeit, die bei Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Partneruntemehmen zusStzlich durch historische Empfindsamkeiten verstSrkt wird.'*°
Dem Transfer von Vertrauen von dritten Institutionen oder Personen fallt in China durch die engen persSnlichen Beziehungsnetzwerke (guanxi) und den hieraus resultierenden Verpflichtungen ein gleichfalls hohes Gewicht zu. Positive Referenzen von Dritten ermoglichen die Gewahrung eines gewissen Vertrauensvorschusses und gelten als wichtiger als in westlichen Kulturen.'*' Jedoch muss ein derartig erworbenes Vertrauen durch entsprechende FolgemaBnahmen abgesichert bzw. ausgebaut werden. Zudem verbleibt die schwierige Aufgabe, erste hochwertige Beziehungen zu Mitgliedem derartiger Netzwerke aufzubauen.
177 178
Vgl. z. B. Yau et al. (2000), insb. S. 21 Vgl. z. B. Parkhe (1998), S. 419. Interessant an dieser Stelle, dass chinesische Geschaftspartner ihrerseits eher von vertraglich vereinbarten Abmachungen abweichen, obwohl sich dies negativ auf das Vertrauen der deutschen Kontaktpersonen auswirkt. Vgl. z. B. KirkbrideA^angAVestwood (1991), S. 371 f. Zu nennen sind diesbeztlglich insb. die durch die Koloniahnacht Grofibritannien im 19. Jahrhundert einseitig oktroyierten Vereinbarungen. Vgl. z. B. Stefifens (1998), S. 20. Vgl. z. B. Yau et al. (2000), S. 18 und S. 23.
Gestaltungsempfehlungen filr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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Vertrauen stellt im Rahmen von Geschaftsbeziehungen ein beidseitiges Phanomen dar, so dass auch das Vertrauen in den chinesischen Geschaftspartner zu beachten ist. Ausgehend von der hier zugrundegelegten Perspektive einer deutschen Untemehmung stehen dabei eigene MaBnahmen zur Erhohung des Vertrauens in einen chinesischen Partner im Vordergrund. Derartige Moglichkeiten soUen exemplarisch an den in der deutschen Kultur wichtigeren Kosten-Nutzen-Abwagungen sowie der Beurteilung von Fahigkeiten er5rtert werden.^" Die aus Kosten-Nutzen-Abwagungen resultierende Handlungsempfehlung ist es, den Nutzen, den ein chinesischer Partner durch opportunistisches Verhalten erzielen kann, bewusst zu begrenzen bzw. die damit simultan entstehenden negativen Konsequenzen zu erhohen. Es gilt demnach die AbhSngigkeit der chinesischen Gegenseite bewusst zu erhohen. Da hierbei jedoch auch das Vertrauen der Gegenseite nicht zerstort werden soUte, kann es notwendig sein, durch begleitende MaBnahmen wie eigene spezifische Investitionen ein zu starkes Ungleichgewicht zu vermeiden. Die in diesem Zusammenhang existierenden Handlungsmoglichkeiten werden u. a. von vorhandenen Altemativen abhangen, die bei Lieferantenbeziehungen wesentlich groBer sind als beim Eintritt in den chinesischen Markt. Im Hinblick auf den Auftjau von Vertrauen durch die Beurteilung der Fahigkeiten des Geschaftpartners stehen Kontrollaktivitaten im Mittelpunkt. Bei Lieferantenbeziehungen sind derartige aufgrund der tJbergabe spezifizierter Leistungen vergleichsweise problemlos. Aufgrund der stSrkeren Position der deutschen Untemehmung kann auch eine produktionsbegleitende KontroUe durchgesetzt werden. Sollten die Fahigkeiten nicht den eigenen Anspriichen geniigen, konnen MaBnahmen zur Erhohung der Leistungsfahigkeit des Partneruntemehmens wie bspw. technische Schulungen etc. durchgefUhrt werden. Im Fall von Joint Ventures erscheint die Beurteilung der Fahigkeiten des Partneruntemehmens noch wichtiger. Problematisch ist hierbei, dass eine valide Uberprtifimg zumeist nicht im Vorfeld, sondem erst nach dem Eingang von schwer zu losenden Bindungen erfolgen kann. Angesichts der Bedeutung einer vertrauensvoUen Zusammenarbeit und der notwendigen Anstrengungen zum Vertrauensaufbau wird deutlich, dass bereits mit der Auswahl der chinesischen Geschaftspartner wesentliche Weichen ftir den Erfolg der Geschaftsbeziehungen gestellt werden. Grundsatzlich sind die Freiheitsgrade hierbei allerdings aufgrund der besonderen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen der VR China hSufig stark eingeschrankt.'*^ Zugleich stellt sich die Frage, mit weichen Konsequenzen auf Fehlschlage bei der Entwick182
Auch die bisher prSsentierten Ansatzpunkte kOnnen gleichwohl zu einer Erhohung des Vertrauens deutscher Manager in chinesische Partner beitragen. DiesbezUglich ist insbesondere auf den starken behOrdlichen Einfluss beim Aufbau von Gemeinschaflsuntemehmen zu verweisen. Vgl. hierzu bspw. TrommsdorfiEWilpert (1994), S. 89.
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Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
lung vertrauensvoller Beziehimgen reagiert werden soil. Da in aller Kegel kein Einfluss auf die Zuordnung der Kontaktpersonen auf der Seite einer chinesischen Partneruntemehmung genommen werden kann, ist die Entscheidung der Zusammenarbeit auf der individuellen Ebene unmittelbar mit der Entscheidung iiber den Aufbau, Fortftihrung bzw. Abbruch der (ibergeordneten Geschaftsbeziehung verkntipft. Somit besitzt der Stellenwert der Ubergeordneten Geschaftsbeziehung den entscheidenden Einfluss darauf, inwieweit eine bewusste Selektion der chinesischen GeschSftspartner vorgenommen werden kann. Im Rahmen von Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Lieferanten kann diesbezuglich von grSBeren Entscheidungsspielraumen ausgegangen werden. Angesichts der Bedeutung der individuellen Ebene von Geschaftsbeziehungen fiir Beziehungsqualitat und -erfolg soUten deutsche Manager im Idealfall bereits bei der Auswahl von Partneruntemehmen auch Aspekte der zu erwartenden individuellen Zusammenarbeit bedenken. Eine zu erwartende Schwierigkeit resultiert jedoch aus der Tatsache, dass gerade die Wahrscheinlichkeit einer guten personlichen Zusammenarbeit nicht ex ante einzuschatzen ist. Diese Schwierigkeiten kOnnen auch als ein Grund daftir gesehen werden, dass personliche Aspekte als Selektionskriterien fiir Lieferantenentscheidungen keine Beachtung zu fmden scheinen.^*^ Bei produktions- bzw. absatzorientierten Geschaftsbeziehungen ist dagegen von einer schwierigeren Ausgangssituation bei der Partnerwahl auszugehen. Vor dem Hintergrund des China zugesprochenen Marktund Wachstumspotentials sowie des starken Einfluss der staatlichen Btirokratie fallen strategische Entscheidungen zum Eintritt in den chinesischen Markt haufig nur angesichts weniger Altemativen. Eine Beriicksichtigung individueller Aspekte bei der Partnerwahl erscheint demnach oftmals ausgeschlossen.
4.3.3.1.2 Entwicklung personlicher Bindungen Ein besonderes Kennzeichen der chinesischen Geschaftskultur ist der starke Rtickgrifif auf persSnliche Beziehungen und Freimdschaften.'*^ SHENG fasst den Stellenwert freundschaftlicher Beziehungen wie folgt zusanmien: „... in China the business relationship is always subsumed under the moralistic notion of friendship. This is not to say that China did not have, or does not have specifically business practices or business law, but that the normal operative concept is not one of contracts and liabilities, etc., but of fiiendship, loyalty and trustworthiness."'*^
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Vgl. ZU den bei der Selektion asiatischer Lieferanten angewendeten Kriterien z. B. DengAVortzel (1995). Vgl. McGuiness et al. (1991), S. 188 ; Yau et al. (2000), S. 21 f. Vgl. zu persOnlichen Beziehungen in China allgemein Goodwin/So-kum Tang (1996). Sheng (1979), S. 20.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaflsbeziehungen
213
In deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen ist der Aufbau derartiger enger personlicher Bindungen gnmdsatzlich schwierig, da in China ein besonderer Wert auf verwandtschaftliche iind herkimftsbezogene Gemeinsamkeiten gelegt wird.'*^ Die empirische Untersuchung hat gezeigt, dass personliche Bindungen in deutsch-chinesischen Geschaflsbeziehungen die m6gliche Flexibilitat erhohen und somit einen wichtigen Einfluss auf die Beziehungsqualitat besitzen. Konsequenz to das Management deutsch-chinesischer Geschaflsbeziehungen ist, dass auf der individuellen Ebene nicht nur ein professionell ausgerichtetes Vertrauen in die geschafllichen Prinzipien des Geschaflpartners, sondem idealerweise zusatzlich enge personliche Beziehungen angestrebt werden soUten. Der Aufbau personlicher Beziehungen ist ein komplexes soziologisches Phanomen, welches bei kulturtibergreifenden Beziehungen besonders anfallig ist.^** Die kulturell bedingten abweichenden Vorstellungen tiber eine angemessene soziale Interaktion bieten zahlreiche Quellen fiir Missverstandnisse, die einen Aufbau einer engen Beziehung erschweren bzw. verhindem k5nnen.^*^ Eine zentrale Gnmdvoraussetzung ftir den Aufbau enger personlicher Beziehungen zu chinesischen Geschaftspartnem ist demnach die bereits diskutierte interkulturelle Kompetenz.'^° Neben Kenntnissen der chinesischen Kultur erscheint diesbeziiglich insbesondere eine hohe Empathie notwendig.'^' Da Geschaflsbeziehungen zumeist durch partiell abweichende Interessenlagen gekennzeichnet sind, ist eine grundsatzliche Bereitschaft und Fahigkeit notwendig, sich in den Geschaftspartner hineinzuversetzen und die Perspektive des Geschaftspartners zu verstehen. Idealtypisch kann hinsichtlich der Entwicklung von personlichen Beziehungen ein phasenspezifischer Ablauf tiber verschiedene Beziehungsstufen unterstellt werden. Im Anschluss an eine erste Kenntnisnahme erfolgen diverse Prufschritte des Interaktionspartners, die bei positivem Befimd zu einer weiteren Annaherung und schliefilich zu nachhaltigen AnpassungsmaBnahmen ftihren.'^^ In Kombination mit der in der chinesischen Kultur wesentlichen Unterscheidung von AuBenseitem und Insidem lassen sich vereinfacht vier Beziehungstypen unterscheiden (vgl. Abb. 4-16): Bekannter, Partner, neuer Freund und guter Freund.
Vgl.Yauetal.(2000),S. 17. Vgl. zur Entwicklung personlicher Beziehungen in intemationalen Geschaftsbeziehungen bspw. Witkowski/Thibodeau (1999). Zur unterschiedlichen Bedeutung sozialer und struktureller Bindungen vgl. auch die kulturvergleichende Untersuchung von Williams/Han/Qualls (1998). Vgl. auch den Befund von Luo (2001), S. 192 ff., der bei intemationalen Joint Ventures eine negativen Einfluss der kulturellen Distanz zu China auf die persfinliche Verbindung der Manager ermittelt. Vgl. hierzu die Ausfilhrungen in Kapitel 4.3.2. Vgl.Yauetal.(2000),S. 19. Vgl. hierzu die acht Adaptionsstufen bei Leung/Wong/Tam (1995), S. 20 ff.
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Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Abb. 4-16: Typen und Entwicklimg persSnlicher Beziehimgen Quelle: inAnlehnung an Wong/Chan (J 999). S. 117
Als Ausgangspunkt und schwachster Beziehungstyp ist dabei die Einschatzung eines Interaktionspartners als Bekannter zu sehen. Gnmdsatzlich konnen unterschiedliche Pfade der Entwicklung hin zu einer freundschaftlichen Beziehung unterschieden werden.^^^ Aufgrund der bei deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen zu erwartenden Einordnung der deutschen Geschaftspartner als AuBenseiter scheint dabei der direkte Pfad zu freundschaftlichen Beziehungen in aller Regel versperrt.'^'* Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass nur in seltenen Fallen tiberhaupt der Beziehungstyp 4 erreicht werden kann. Im Rahmen langfristig angelegter Geschaftsbeziehungen sollte jedoch auf jeden Fall iiber das Durchschreiten der verschiedenen Beziehungsstufen ein zumindest partnerschaftliches Verhaltnis (Beziehungstyp 2) erreicht werden. Wahrend freundschaftliche Beziehungen in westlichen Kulturen im Wesentlichen auf gegenseitige Sympathie zuriickgefUhrt werden konnen, besitzen aufgrund der konftizianischen Werte der chinesischen Kultur gegenseitiger Respekt und HOflichkeit und ein angemessenes
'^^ Vgl. Wong/Tam (2000), S. 61 f. 194
Die chinesische Distanz gegentiber Auslfindem ist nicht zuletzt durch die negativen geschichtlichen Erfahrungen begrUndet. Noch heute werden AuslSnder im allgemeinen Sprachgebrauch als mit ,guizi' (bzw. im Kantonesischen mit ,guilao') als „Teufel" bezeichnet. Auslandem ist somit zwar respektvoll, aber auch mit Vorsicht zu begegnen. Vgl. Kuhn/Ning/Hongxia Shi (2001), S. 21 ff.
Gestaltungsempfehlungen flir das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen
215
Rollenverhalten eine mindestens gleichrangige Bedeutimg. Freundschaftliche geschaftliche Beziehungen besitzen somit eher selten eine intime und affektive Komponente.'^^ Bei eigenen Handlungen ist bspw. die Wahrung des Gesichts und Ansehens des chinesischen Geschaftpartners zwingend zu berucksichtigen. Dartiber hinaus konnen Moglichkeiten genutzt werden, dem Geschaftspartner ,Gesicht' zu geben.^^ Die Wahrung bzw. die Verschaffung von ,Gesicht' stellt dabei hohe Anforderungen an die interkulturelle Kompetenz deutscher Manager. So kann es beispielsweise paradoxer Weise nOtig sein, in Verhandlungssituationen einen Konflikt zu provozieren, damit ein chinesischer Geschaftspartner in seinem Verhandlungsteam oder in seiner Untemehmung das Gesicht wahren kann, wShrend beispielsweise der offene Ausdruck von Sympathie flir einen Geschaftspartner zu einem Gesichtsverlust ftihren kann.^^^ Als MOglichkeiten zum Beziehungsaufbau wird diesbeziiglich u. a. die Gewahrung von GeMligkeiten, die Schaffung von gemeinsamen Interessen und Abhangigkeiten sowie der Auftjau personlicher Nahe und Vertrauen genanntJ^* Beim Austausch von Gefalligkeiten ist u. a. zu beachten, dass die kurzfristige und gleichwertige Erwiderung einer Gefalligkeit eine Beziehung sogar schwachen kann, da bestehende Verpflichtungen beseitigt werden wiirden. Der temporSre Verzicht der Erwiderung und/oder eine hoher einzuschatzende Erwiderung kann dagegen die Beziehung langerfristig starken.'^^ Eine wichtige Moglichkeit zum Auft>au einer Beziehung ist femer der Riickgriff auf gemeinsame Bekannte, die als Referenz dienen. Da auf diesem Wege jedoch ziigig zahlreiche Verpflichtungen resultieren konnen,^^^ gilt auch die Selektion und Einschrankung der Intensitat der Beziehungen als Teil eines bewussten Managements von guanxi. Obwohl gemeinsam untemommene nicht-geschaftlich orientierte Aktivitaten auch im Geschaftsleben westlicher Kulturen eine Rolle spielen, besitzen Einladungen, gegenseitige Besuche, gemeinsame Abendessen etc. in China eine besondere Bedeutung.^°' Bspw. ist es in China zu Beginn von Verhandlungen tiblich, iiber die Ausrichtung von Banketten oder Shnlichen Veranstaltungen eine freundschaftliche Atmosphare zu schaffen, die Bedeutung der Verhandlung bzw. der Beziehung zu verdeutlichen sowie dem Geschaftspartner ,Gesicht' zu
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Vgl. zur Unterscheidung von Geschaftsfreunden und persfinlichen Freunden Shenkar/Ronen (1987b), S. 271. Vgl. Buttery/Leung (1998), S. 384. VgI.Stefrens(1998), S.21. Vgl. Yeung/Tung (1996), S. 62 f. Vgl. Buttery/Leung (1998), S. 383, Lovett/Simmons/Kali (1999), S. 233 sowie Yau et al. (2000), S. 18 f. Vgl. z. B. Buttery/Leung (1998), S. 384. Aufgnind der entstehenden Verpflichtungen greifen Chinesen haufig nur zOgerlich auf die Untersttttzung von Aufienseitem auBerhalb der eigenen Gruppe zurUck. Vgl. Shenkar/Ronen (1987b), S. 270. Vgl. Tai (1988), S. 8; Simmons/Munch (1996), S. 93 ; Woo/Prud'homme (1999), S. 320; Yau et al. (2000), S. 21.
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Das konkrete Erkeimtnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
verschaffen.^^^ Auch die tJberreichimg von pers6nlichen Geschenken, die in westlichen Kulturen schnell in eine inhaltliche NShe zur Korruption und Bestechimg genickt wird, wird in China als selbstverstandlich auf dem Weg zur Etablienmg einer langfristigen, pers6nlichen Beziehung gesehen.^"^ Ftir den Aufbau einer guten personlichen Beziehung ist aufgnind der gegensatzlichen kulturellen Wertesysteme bei deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen ein iMngerer Zeitraum anzusetzen als bei intrakulturellen Geschaftsbeziehungen. Dabei ist zusatzlich zu bedenken, dass der Aufljau von persOnlichen Beziehungen, die nicht auf der eigenen Herkunft, sondem auf sozialen Interaktionen basieren, innerhalb der chinesischen Kultur langsamer als in westlichen Kulturen erfolgt.^^^ Da eine personliche Beziehung ein beidseitig zu definierendes Phanomen darstellt, wird die Geschwindigkeit der Annaherung durch den zogerlicheren Partner bestimmt. Aufgnind der kulturellen Einstellungen wird dies in den meisten Fallen der chinesische Geschaftspartner sein. Die deutsche Seite muss in diesem Fall auch eine eher langsame und vorsichtige Annaherung akzeptieren und dem chinesischen Partner ihrerseits mit Geduld und Ausdauer begegnen. Der notwendige langfristige Horizont dieses personlichen Beziehungsaufbaus lasst es auch ratsam erscheinen, iiber entsprechende organisatorische und personalpolitische MaBnahmen die Haufigkeit von Wechseln der zustandigen Kontaktpersonen eher gering zu halten.^^^ Die somit teilweise erheblichen Anstrengungen, die zum Auft)au enger personlicher Beziehungen untemommen werden mtissen, sowie die aus personlichen Beziehungen entstehenden eigenen Verpflichtungen machen ein differenziertes Vorgehen notwendig. So ist eine Selektion der chinesischen Geschaftspartner vorzunehmen, zu denen eine besonders intensive Bindung aufgebaut werden soil. Hierbei wird nicht nur der Stellenwert einer unmittelbaren zuzuordnenden Geschaftsbeziehung zu berucksichtigen sein, sondem auch die weiteren Beziehungen der Kontaktperson, die gegebenenfalls eine indirekte Ausdehnung des eigenen Beziehungsnetzwerkes ermoglichen.
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Vgl. Shi (2001), S. 167. Vgl. z. B. Simmons/Munch (1996), S. 93; Woo/Prud'homme (1999), S320 sowie LeungA'eung (1995), S. 74 ff. Die aus Geschenken resultierenden Verpflichtungen starken die Beziehung, wobei die Erwiderung in der Regel nicht unmittelbar zu erfolgen hat. Geschenke sind demnach auch gelOst von einzehien Entscheidungen zu betrachten. Entscheidend ftlr die Wirksamkeit von Geschenken ist das richtige MaB und Timing der Ubergabe. Yau et al. (2000), S. 22 sprechen nicht zu Unrecht von „the art of presenting a gift". Vgl.z.B.Osland(1990), S.6. Vgl. hierzu bspw. den Befiind von Luo (2001), S. 192 ff. der bei intemationalen Joint Ventures in China einen signifikanten positiven Einfluss der Lange der personlichen Zusammenarbeit auf die empfundene persOnliche Verbindung ermittelt.
Gestaltimgsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
217
4.3.3.2 Management der Interaktionsebene Die Interaktionsebene bildet die Gmndlage ftr die prozessuale Abwicklung der bezweckten Transaktionen. Im Rahmen der empirischen Untersuchimg konnte nachgewiesen werden, dass die Interaktion insbesondere durch das Kommunikationsniveau sowie das KonfliktausmaB bestimmt wird. Aufgnmd der diversen direkten und indirekten Effekte konnte femer gezeigt werden, dass die Interaktionsebene einen wichtigen Einfluss auf die Qualitat deutschchinesischer Geschaftsbeziehimgen besitzt. Im Blickpimkt der Gestaltungsempfehlungen stehen somit Handlimgsempfehlungen fiir die spezifische Gestaltung der Kommunikation und fiir ein erfolgreiches Konfliktmanagement.^^^
4.3.3.2.1 Kommunikationsgestaltung Die pfadanalytische Untersuchung hat einen starken positiven Einfluss des Kommunikationsniveaus auf die Beziehungsqualitat der untersuchten deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen bestatigt. Wesentliche Komponenten des Kommunikationsniveaus sind vor allem die Haufigkeit und die Offenheit der Kommunikation. Im Hinblick auf die KommunikationshSufigkeit ist somit trotz eventuell groBer raumlicher Distanzen eine enge Zusanmienarbeit anzustreben, fUr die die entsprechenden organisatorischen Voraussetzungen geschaffen und Kommunikationswege aufgebaut werden mtissen. Wahrend die Kommunikationshaufigkeit somit letztlich vom Einsatz der Geschaftspartner sowie von infrastrukturellen Voraussetzungen abhangt, ist die empfundene Kommunikationsoffenheit starker durch den kuhurubergreifenden Kontext beeinflusst. Die Kommunikationssituation deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen ist zunachst entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei voUig unterschiedliche Sprachen in Verbindung mit imterschiedlichen Schriften aufeinandertreffen und somit z. T. massive Sprachbarrieren auftreten.^°^ Bereits die chinesische Sprache umfasst mehr als ein Dutzend gesprochener Dialekte. Der Wortschatz und die Intonation sind hierbei haufig derart unterschiedlich, dass selbst eine VerstSndigung zwischen Sprechem verschiedener Dialekte haufig nur iiber gemeinsame Schriftzeichen oder gegebenenfalls iiber die Amtssprache Mandarin^"*
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Fflr einen Uberblick Uber das soziale Interaktionsverhalten in der chinesischen Kultur vgl. Gabrenya/Hwang (1996). Schwierigkeiten der Ubersetzung kOnnen bspw. am Begriff der .Kommunikation' verdeutlicht werden. Eine aquivalente Ubersetzung dieses BegrifiFs existiert nicht. ,Reden' wird bspw. nur als besondere Eigenschail von wenigen ausgewShlten Personen gesehen, die eine Gabe zum Reden (neng shuo) besitzen. Die besten Ubersetzungen des Verbs ,kommunizieren' sind ,verbinden' (gou tong), ,austauschen' (jiao liu) sowie .verbreiten' (chuan bo). Vgl. Gao/TingToomey/Gudykunst (1996), S. 280 f. Vgl. zu den Sprachbarrieren femer Lee/Lo (1988), S. 48. Die international gelaufige Bezeichnung Mandarin ist identisch mit dem Dialekt Putonghua, der seit 1955 die ofTizielle Amtssprache darstellt. Als zweiter wichtiger Dialekt gilt das in Hongkong und der stidlichen Provinz Kanton gesprochene Kantonesisch. Vgl. Osland (1990), S. 4
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Das konkrete Erkenntnisobj ekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
moglich ist.^°^ Die Fremdsprachenkenntnisse chinesischer Geschaftspartner gelten zudem nach wie vor als recht eingeschrankt. Zwar besitzen zumindest jiingere Gesprachspartner, die mittlerweile auch teilweise auf (Studiums-)aufenthalte im Ausland zuriickblicken, in zimehmendem MaBe Englischkenntnisse.^'° Bei alteren, hierarchisch hoher angesiedelten Gesprachspartnem liegt jedoch neben den geringen sprachlichen Fahigkeiten haufig auch eine geringere Bereitschaft zur Kommunikation in einer Fremdsprache vor.^" Der Schwierigkeitsgrad der chinesischen Sprache fUhrt im Gegenzug dazu, dass auch deutsche Manager nur in seltenen Fallen des Chinesischen m^chtig sind.^'^ Selbst deutsche Expatriates, die bereits seit mehreren Jahren in Hongkong bzw. der VR China tatig sind, stellt die Meisterung alltaglicher Aufgaben im Chinesischen haufig vor unlosbare Herausforderungen. Die inhSrenten Sprachbarrieren stellen die Kommimikation im Rahmen deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen somit haufig vor massive Probleme. In gUnstigen Fallen konnen deutsche und chinesische Geschaftspartner gemeinsam auf die englische Sprache ausweichen. Selbst falls hierdurch eine sachbezogene Verstandigung erzielbar ist, geht jedoch mit diesem beidseitigen Verzicht auf die eigene Muttersprache in aller Regel ein Verlust an subtileren Ausdrucksformen einher.^'^ Haufig ist jedoch eine indirekte Kommunikation iiber Dritte notwendig - mit samtlichen hieraus resultierenden Problemen der Filtenmg, Selektion und Verzerrung von Informationen. Als kritisch beim Einsatz von Dolmetschem wird u. a. die Tatsache gesehen, dass Dolmetscher haufig die relevanten geschaftlichen Sachverhalte und Praktiken nur begrenzt Uberblicken.^''' Daneben stellt sich die Frage, ob der Dolmetscher als eine Art neutrale Drittpartei fungieren sollte bzw. kann, oder ob er einer der beiden Partneruntemehmen zuzurechnen sein sollte.^^^ Uber die Sprache hinaus zeigen sich jedoch zahlreiche weitere Unterschiede im Kommunikationsverhalten (vgl. Tab. 4-14).^^^ Im Vergleich mit der westlichen Kultur erfolgt die chinesi-
Chung (1995), S. 50 weist darauf hin, dass sich die regionalen Dialekte teilweise „starker unterscheiden als das Deutsche vom Englischen." Vgl. z. B. Messmarm (1995), S. 121. Dies gilt ebenso filr die in Hongkong ansSssigen bzw. aufgewachsenen chinesischen Manager. Vgl. Osland (1990), S. 4 f., Chung (1995), S. 51. Vgl. Schwantes (1999), S. 33. Vgl.Knapp(1991),S. 11. Vgl. Osland (1990), S. 4; Nair/Stafford (1998), S. 14. Messmann (1995), S. 121 gibt an, dass der Bedarf an qualifizierten Dolmetschem aufgrund der massiv angestiegenen Zahl von Joint Ventures in China nicht immer adaquat gedeckt werden kann. Vgl. hierzu Johnston (1991), S. 209, der aufgrund des notwendigen Einsatzes filr einen Geschaftsabschluss dafilr eintritt, dass der Dolmetscher nicht gSnzlich neutral sein soHte, sondem sich einem Partneruntemehmen verbundenfilhlensollte. Vgl. zum allgemeinen chinesischen Kommunikationsverhalten umfassend Gao (1998) sowie Chung (1995).
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer GeschSftsbeziehungen
Deutsche Kommunikation
Chinesische Kommunikation 1 -
personenbezogen ganzheitlich / synthetisch non-linear / polychron indirekt / verdeckt hfiflich introvertiert lernend harmoniebestrebt
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-
sachbezogen analytisch linear / monochron dlrekt / offen aggressiv extrovertiert belehrend ergebnisorientiert
Tab. 4-14: Deutsches und chinesisches Kommimikations- und Informationsverhalten Quelle: inAnlehnung an Chung (1995), S. 57
sche Kommunikation in viel stSrkerem MaB in impliziter imd/oder indirekter Forai.^^^ Eine Botschaft wird folglich nicht so sehr durch das gekennzeichnet, ,was' gesagt wird, als durch das ,wie' etwas gesagt wird.^^* Dies fUhrt dazu, dass auch die nonverbale Kommunikation eine bedeutende Stellung einnimmt. Gestik und Mimik sind ihrerseits Trager von Botschaften, die haufig essentiell ftir eine effektive Kommunikation sind.^'^ Femer werden Sachverhalte zum Teil bewusst nicht ausgesprochen, um Interpretationsspielraume offen zu lassen oder um eine BrUskierung und Zurtickweisung zu vermeiden.^^^ Als primSre Funktion der Kommunikation wird generell nicht so sehr der Austausch von Informationen wie die Aufrechterhaltung existierender Beziehungen zwischen Individuen, die Bestatigimg von RoUen und Statusunterschieden sowie die Bewahrung von Harmonie gesehen.^^^ Ausgehend von unterschiedlichen RoUen oder etwaigen Statusunterschieden wird femer eine starke Asymmetric der Kommunikation bzgl. des Rede- bzw. des Zuhoranteils akzeptiert bzw. vorausgesetzt.^^^ Die resultierende Praferenz der Chinesen fiir das Zuhoren hilft einer Vermeidung u. a. von manifesten Konflikten.^^^ Die Wahrung der Harmonie als Ziel der Kommunikation wird femer durch die besondere Beachtung von Hoflichkeitsprinzipien und Zuruckhaltung verfolgt.^^"* In Verbin-
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Vgl. z. B. Gao/Ting-Toomey/Gudykunst (1996), S. 281 ff. Die chinesische Kultur ist in der Typologie von HALL als ,High Context' Kultur einzustufen. Vgl. hierzu Hall (1976). Vgl.Gao(1998), S. 170. Gleichzeitig bietet die Bedeutung der KOrpersprache auch potenzielle kulturelle Missverstflndnisse. So gilt z. B. in der VR China das Vermeiden eines intensiven Augenkontaktes als Respektsbekundung und die Haltung der FtlBe direkt auf den Gesprachspartner sowie das Zeigen der FuBsohle als unhftflich. Vgl. Joy (1989), S. 30 sowie Nass (1998), S. 239 fif. Vgl. bspw. Shenkar/Ronen (1987b), S. 267 f.; O'Keefe/O'Keefe (1997), S. 192 sowie Yau et al. (2000), S. 19. Vgl. Gao (1998), S. 168. Gao/Ting-Toomey/Gudykunst (1996), S. 290 Ziehen folgendes Fazit: "It can be argued that engaging in face-saving and face-negotiating behaviour is considered more important than its honest and tnithfiil communication. That is, providing the appropriate information at the appropriate time and context is more a desirable process than is honest and truthful communication." Vgl. z. B. GaoATing-Toomey/Gudykunst (1996), S. 285 f Vgl. Gao (1998), S. 172 ff. Vgl. auch die Ausftlhrungen zum spezifischen Konfliktverhalten im folgenden Kapitel. Vgl. z. B. Shenkar/Ronen (1987b), S. 267 f; GaoA'ing-Toomey/Gudykunst (1996), S. 286 f
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
dung mit der Bedeutimg der Gesichtswahrung kann daher eine verbale Zustimmung jedoch lediglich der Wahrung der Harmonie in der konkreten Situation dienen, ohne einen Ausdruck einer Ubereinkunft darzustellen.^^^ Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist eine starke Differenzierung des Kommunikationsverhaltens bezuglich der Kommunikation mit Mitgliedem und Nicht-Mitgliedem der eigenen Gruppe.^^^ Beim Kommunikationsprozess zwischen deutschen und chinesischen Geschaftspartnem gilt es femer wichtige Unterschiede im Informationsverhalten^^^ zu beachten. Im Gegensatz zur analytischen, zerteilenden westlichen Denktradition verfolgt die chinesische Kultur einen eher ganzheitlichen Denkansatz. Probleme werden nicht direkt angegangen, sondem im Rahmen von Gesprachszyklen eingekreist.^^* WShrend in westlichen Kulturen eine Prilfung iiber unabhangige Quellen erfolgt, wird in der chinesischen Kultur die Korrektheit und der Wert von Informationen eher uber die personliche Erfahrung und Intuition geprtift. Eine ausschliefilich rationale und analytische Nahenmg an Entscheidungsprobleme wird angesichts der per se anzunehmenden und zu akzeptierenden Unsicherheit und Dynamik der Umwelt als ungeeignet erachtet.^^^ Das spezifische Inforaiationsverhalten steht hierbei in einem Zusammenhang mit dem unterschiedlichen Zeitverstandnis der chinesischen Kultur. Wahrend Zeit in westlichen Kulturen als monochron, linear und absolut gesehen wird, geht die chinesische Kultur von einem polychronen, non-linearen, wiederholenden und ereignisbasiertem Zeitverstandnis
Das spezifische chinesische Kommunikationsverhalten fthrt zu einer Reihe von Gestaltungsempfehlungen ftir das Management von deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen. Im Hinblick auf die Vermeidung der Schwierigkeiten, die sich aufgnmd der genannten Sprachbarrieren stellen, sind Anstrengungen ftir den Erwerb eigener chinesischer Sprachkenntnisse die am nachsten liegende Mafinahme. Angesichts der Fremdartigkeit der chinesischen und deutschen Sprache wird jedoch ftir die meisten deutschen Manager ausgehend von geringen Vorkenntnissen tiber einen kurz- bis mittelfristigen Zeitraum kaum ein ausreichendes Sprachniveau zur Abwicklung geschaftlicher Transaktionen erreichbar sein. Wenn nicht bereits bei der Einstellung des deutschen Managers chinesische Sprachkenntnisse vorhanden sind, wird auf den Rtickgriff auf die englische Sprache oder chinesische Angestellte bzw. Dolmetscher kaum verzichtet werden konnen. Gleichwohl kann der Erwerb auch geringfiigiger Sprach-
^^^ Vgl. z. B. Joy (1989), S. 30 f. ^^^ Vgl. GaoA-ing-Toomey/Gudykunst (1996), S. 287 ff.; Gao (1998), S. 176 ff. 227
Vgl. allgemein Gemtlnden (1992), Sp. 1010 ff. ^^* Vgl. Chung (1995), S. 52. ^^^ Vgl. O'Keefe/O'Keefe (1997), S. 194. 2^0
Vgl. Joy (1989), S. 31; Kirkbride/Yang/Westwood (1991), S. 368 sowie Paik/Tung (1999), S. 110.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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kenntnisse neben einer Verbessenmg der Verstandigung auch als ein Zeichen der Wertschatzung des Geschaftpartners und des nachhaltigen Interesses an der Geschaftsbeziehung gesehen werden. Ausgehend von der fehlenden gemeinsamen Sprache sowie aufgrund der Tendenz zu indirekter und impliziter Kommunikation erscheint der Erwerb einer chinaspezifischen^^^ interkulturellen Kompetenz unerlasslich, um samtliche Kommunikationsinhalte korrekt deuten zu konnen.^^^ Missverstandnisse basieren aufgrund der kulturellen Unterschiede nicht nur auf fehlerhaften tFbersetzungen, sondem auch auf Fehlinterpretationen. Ein Beispiel hierfUr ist es, ein Schweigen oder sogar eine verbale Zustimmung der chinesischen Geschaftspartner, das lediglich der situationsbezogenen Wahrung des Gesichts dient, als Form der Zustimmung zu interpretieren.^^ GAO veranschaulicht dies pragnant an folgendem einfachen Konversationsbeispiel: „American: You said yes. Chinese: That doesn't mean I agree"^^^ Umgekehrt gilt es durch ein kultursensibles Verhalten auch Fehlinterpretationen und Irritationen auf der chinesischen Seite vorzubeugen. So soUte in Erwagung gezogen werden, das eigene Kommunikationsverhalten bis zu einem bestimmten Grad anzupassen, indem selbst eine grSfiere Geduld, verbale ZurUckhaltung imd Hoflichkeit eingebracht wird.^^ Beziiglich der in westlichen Kulturen tiblichen direkten und offenen Form der Kommunikation gilt es zu bedenken, dass diese von Chinesen haufig als bedrohlich und aggressiv empfunden wird.^^^ Auch die Verwendung von Scherzen, die in der westlichen Geschaftswelt haufig zur Auflockerung der Gesprachsatmosphare dienen, wirkt auf chinesische Geschaftspartner haufig eher verunsichemd und arrogant.^^^
Vgl. abweichend Griffith/Harvey (2001), S. 93. Sie fordem aus Effizienzgesichtspunkten den Aufbau efFektiver und adi^tierbarer Kommunikationspotentiale, dieflexibelfUr eine Vieizahl kuiUirabergreifender Geschaftsbeziehungen einsetzbar sein sollten. Vgl. hierzu die Einschaizung von Kale (1991), S. 28: „Cultural sensitivity and cultural adaptation have tremendous potential to increase the effectiveness of cross-cultural marketing communication." Ting-Toomey/Kurogi (1998), S. 204 weisen zudem darauf hin, dass der chinesische BegrifF ,rmg'filrZuhOren in der voUstflndigen Ubersetzung wie folgt lautet: ..listening with your ears, eyes and one heart". Vgl. Morris et al. (1998), S. 730. Hieraus resultierende Missverstandnisse kOnnen zu erheblichen Frustration auf Seiten westlicher Interaktionspartner filhren und bei in falschem Glauben eingeleiteten MaBnahmen Geschaftsbeziehungen sogar in ihrer Existenz gefahrden. Gao (1998), S. 163. Ting-Toomey/Kurogi (1998), S. 207 unterbreiten hierzu u. a. folgende Vorschlage: ,J*ractice patience and verbal restraint in articulating interests, goals and wants, ... use self-effacing questions to encourage the others to coach you or show you the way, ... accept longer turn-taking pauses and reflective silences". Zur groBen Bedeutung von Geduld bei Verhandlungen mit chinesischen Geschaftspartnem vgl. femer z. B. Lee/Lo (1988), S. 49; Tai (1988), S. 8; Pye (1992), S. 13; PaikA'ung (1999), S. 110fif.;Ghauri/Fang (2001), S. 320 f Vgl. George/Jones/Gonzales (1998), S. 759.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Femer sollten die deutschen Partneruntemehmen auch die eingesetzten Kommimikationswege situationsspezifisch auswahlen. Bei schrifllicher Kommunikation gilt es zu bedenken, dass schriftliche Vereinbanmgen in China im Vergleich zu westlichen Kulturen eine geringere Bedeutimg besitzen. Zumindest bei bedeutenden Abstimmungsprozessen oder Verhandlungen bietet es sich zudem an, auf persOnliche Face-to-Face Kommunikation und idealerweise ein (grOBeres) eigenes Team zuriickzugreifen, bei denen Fehldeutungen tendenziell leichter vermieden bzw. Informationen unmittelbarer validiert werden kSnnen.^^* Ein in diesem Fall eingesetzter Dolmetscher soUte „nicht nur Obermittler des Gesagten oder Geschriebenen sein, sondem auch ein Vermittler zwischen zwei Kulturen, verschiedenen Sitten und Gewohnheiten.""^ Die Entscheidimg iiber den Ortlichen Trefipunkt fiihrt in der Kegel bereits zu wichtigen Konsequenzen ftir die Konmiunikationssituation, da tiber die GastgeberroUe ein wichtiger Einfluss auf die Tagesordnung genonmien werden kann und zudem groBere finanzielle, personelle und zeitliche Restriktionen auf der Seite des Gastes vorliegen. Aufgrund der spezifischen Konstellationen bei deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen wird der Verhandlungsort mehrheitlich in China liegen, so dass de facto haufig eine strukturelle Benachteilung der deutschen Partneruntemehmen resultiert.^^° Falls der Ort der Verhandlungen nicht beeinflussbar ist, soUte zumindest die strukturelle Benachteiligung soweit moglich und notwendig durch angemessene Kapazitaten begrenzt werden. Kostentlberlegungen fiihren zudem oft dazu, dass hierarchisch hochrangige westliche Manager in China hSufig nur zu Beginn an Verhandlungen teilnehmen und tiefer angesiedelte Manager die Verhandlungen weiter fiihren und konkretisieren. Die aus einer derartigen Arbeitsteilung resultierenden Probleme, wie eine zu filihe Einengung des Handlungsspielraumes sowie Konfliktpotentiale innerhalb des eigenen Verhandlungsteams,^^' gilt es ebenso zu minimieren und die Vorteile wie den Zeitgewinn bei notwendigen intemen Konsultationen zu nutzen.^^^
Die im Rahmen deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen empfimdene Kommunikationsoffenheit bestinmit sich nicht nur durch kulturbedingte Unterschiede und Missverstandnisse,
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Vgl. Chung (1995), S. 53. Zur Empfehlung mehrpersonaler Teams vgl. z. B. Lee/Lo (1988), S. 49. Vgl. femer den Befund der bivariaten Analyse in Kapitel 4.2.3.2, die bei der Haufigkeit der Face-to-Face Kommunikation einen signifikanten Unterschied zwischen erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Geschaftsbeziehungen ermittelte. Messmann (1995), S. 121. Nair/Stafford (1998), S. 141 pladieren aufgrund der schwierigen Ubersetzungsaufgabe filr den Emsatz mehrerer Dohnetscher, die zudem durch eine Tatigkeit innerhalb des eigenen Untemehmens geschaitsspezifische Kenntnisse mitbringen sollten. Vgl. hierzu Frankenstein (1986), S. 155; Pye (1992), S. 32 sowie Paik/Tung (1999), S. 106 f Vgl.z.B.Pye(1992),S.32. Vgl. bspw. StefFens (1998), S. 21.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
223
sondem durch den Grad der bewussten Informationsweitergabe. Entscheidend ist somit die Einstellung gegentiber einer offenen Kommimikation, die situativ variieren wird. Zum einen wird - wie Ergebnisse der Pfadanalyse belegen - das zwischen den Tragem der Geschaftsbeziehung bestehende VertrauensverhSltnis und die pers6nliche Beziehung zu beriicksichtigen sein. Liegt einefreundschaftlicheBeziehung vor, kann eher auf ein kooperatives Kommunikations- und Verhandlungsverhalten gesetzt werden. Hierbei gilt es zugleich zu bedenken, dass eine erzielte Obereinkunft aus chinesischer Perspektive weniger als Abschluss einer Transaktion denn als ein weiterer Schritt der Starkung dieses freundschaftlichen Rahmens der Beziehung gesehen wird. ^*^ Daneben muss die jeweilige Rolle der deutschen Untemehmung berucksichtigt werden. So ist bei vertikalen Leistungsbeziehungen fiir einen Kunden eine offene Informationsweitergabe in der Kegel unproblematischer, da es letztlich um die Ubermittlung der eigenen Anforderungen und Bedtirfhisse geht. Hierbei wird im eigenen Interesse lediglich darauf zu achten sein, dass eine rechtzeitige und prazise Information erfolgt. Auf der Seite eines Lieferanten kOnnen jedoch eher Bedenken gegen eine offene Kommunikation auftreten. Im Hinblick auf die Sicherung eines Auftrages konnen beispielsweise falsche Angaben und Zusicherungen gemacht werden oder Probleme bei der Abwicklung nicht rechtzeitig bekannt gegeben werden. Die lediglich subtile eher indirekte Ansprache von Problemen seitens chinesischer Lieferanten ist dabei auf die konfuzianischen Wurzeh der chinesischen Kultur zuriickzufiihren. „While this passivity and politeness are at best puzzling to the Westerner, a Chinese cognizant of the Confucian principles of behaviour would cite this as an example of virtuous behaviour: show respect and consideration for others; treat others as you would like to be treated. In particular, do not tell them things that may be disconcerting."''' Derartige Fehl- bzw. Nichtinformation konnen jedoch zu erheblichen negativen Konsequenzen beim Abnehmer einer Leistung fOhren und die Beziehungsqualitat massiv schadigen. Deutsche Untemehmungen milssen daher ihrerseits bereits auf schwache Signale seitens der chinesischen Lieferanten reagieren. Zudem stellt sich die -angesichts der kulturellen Pragung - schwierige Aufgabe, die chinesischen Partneruntemehmen tiber angemessene differenzierte Reaktionen und tiber den Aufbau einer vertrauensvollen und engen Beziehung zu einer offeneren Kommunikation ermutigen.
^'^ Vgl. McGuinnes et al. (1991), S. 188. ^^ O'Keefe/O'Keefe (1997), S. 192.
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Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Filr den imigekehrten Fall des Markteintritts deutscher Firmen als Lieferanten industrieller Gtiter in China stellen sich besondere Probleme. Haufig ist (insbesondere beim Aufbau gemeinsamer Joint Ventures) der Zugang zu technologischen Informationen explizites Ziel der chinesischen Seite.^'*^ Jedoch werden bestehende Eigentumsrechte westlicher Firmen haufig in geringerem MaBe geachtet, als es in westlichen Kulturen iiblich ist.^"*^ PYE beschreibt die diesbeztiglich vorherrschende Einstellung wie folgt.: „... it is worth emphasizing the Chinese tendency to undervalue the costs of knowledge. On the one hand they do not seem to appreciate whatever knowledge they are given, accepting it as their rightful due; on the other hand, they may become resentful when they are denied free access to knowledge they feel they deserve."^"*' Die verfolgte Konmiunikationsoffenheit der deutschen Untemehmung wird daher differenziert zu bewerten sein. Stehen wertvolle, wettbewerbskritische Informationen im Zentrum der Interaktion, kann es vorteilhaft sein, die negativen Risiken ftlr die Beziehungsqualitat imd eventuell hieraus folgend fUr die Existenz der jeweiligen Geschaftsbeziehung zu akzeptieren und auf eine allzu offene Kommunikation zu verzichten. Die Imitierbarkeit des Wissens und die Bedeutung der Geschaftsbeziehung werden somit zu entscheidenden GroBen.
4.3.3.2.2 Konfliktmanagement Der Konfliktgehalt steUt die zweite Dimension der Interaktionsebene deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen dar und steht erwartungsgemaB in einer negativen Wirkungsbeziehung zur Beziehungsqualitat. Im Rahmen von Geschaftsbeziehungen bieten abweichende Interessenlagen stets zahlreiche potenzielle Ursachen fiir Konflikte. Meinungsverschiedenheiten k6nnen bspw. beztiglich des vereinbarten Leistungsaustausches, des Einsatzes fiir eine Geschaftsbeziehung, der Weitergabe bzw. Nichtweitergabe kritischer Informationen oder der Verteilung gemeinsam erzielter Erfolge auftreten. Im speziellen Fall deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen liegen in der Kegel vergleichsweise unterschiedliche Interessenslagen vor.^"** Zwar mtissen die verfolgten Interessen nicht zwangslaufig in einer konfliktionaren Beziehung zueinander stehen.^"*^ So erganzen sich bspw. das chinesische Interesse an Kapitalinvestitionen und das deutsche Interesse am Marktzugang zur VR China. Bei stark unter-
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Vgl. Shenkar (1990), S. 85. Vgl. femer Si/Bruton (1999), S. 84 ff. filr eine differenzierte Beurteilung der wissensbezogenen Ziele der beiden Partnerseiten. In ihrer Befragung westlicher und chinesischer Manager von Joint Ventures in der VR China traten bei 9 von 10 Zielen signifikante Unterschiede hinsichtlich der Beurteilung der Wichtigkeit auf. Der Erwerb technologischen Wissens stellte dabei das wichtigste Ziel der chinesischen Seite dar. Vgl. z. B. Frankenstein (1986), S. 152, Nair/Stafford (1998), S. 144 sowie Pye (1992), S. 46 f. Vgl. Pye (1992), S. 46. Vgl. z. B. Si/Bruton (1999), S. 89. Zu w^eiteren Ursachen von Konflikten in der dt.-chinesischen Zusammenarbeit vgl. z. B. Schneidewind (1995), S. 26 ff. Vgl. hierzu die Konflikt-Konsens-Matrk bei Shenkar (1990), S. 85.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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schiedlichen Motiven besteht jedoch die Gefahr, dass die Interessen des Partnerlmtemehmens nicht richtig bewertet und berticksichtigt werden. Im Hinblick auf ein erfolgreiches Konfliktmanagement deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen erscheint es notwendig, neben einer Ordnung der eigenen Ziele auch ein klares Bild der Interessen des Partneruntemehmens zu erlangen. Das Beziehungsmanagement deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen sieht sich ausgehend von zahkeichen mSglichen Konfliktursachen zusatzlich mit der Herausforderung konfrontiert, dass unterschiedliche Vorstellungen tiber ein adSquates Konfliktmanagement vorliegen. TJOSVOLD, der das spezifische chinesische Konfliktverhalten im Rahmen zahheicher Arbeiten untersucht hat^^°, nimmt hierzu (fiir den Fall von Joint Ventures) wie folgt Stellung: „In addition to the considerable potential for conflict in joint ventures, Chinese and Western partners have different preferences for how they should approach and deal with their conflicts."^^^ Allgemein lassen sich Stile der Konflikthandhabung mit THOMAS anhand der Betonung eigener Interessen sowie der Beachtung von Interessen des Interaktionspartners typologisieren.^" Je nach Kombination dieser beiden unabhSngigen Dimensionen lassen sich vereinfachend funf verschiedene Typen unterscheiden (vgl. hierzu Abb. 4-17). Der im Rahmen von langfristigen Geschaftsbeziehungen zu erwartende bzw. anzustrebende Konflikthandhabungsstil ist dabei in der kooperativen Zusammenarbeit (Typus 2) zu sehen, bei der sowohl die eigenen Interessen als auch diejenigen des Geschaftspartners in hohem MaBe berticksichtigt werden. Bei deutschchinesischen Geschaftsbeziehungen liegen jedoch landeskulturell bedingt unterschiedliche Praferenzen vor. WShrend in westlichen Kulturen das Eigeninteresse tendenziell im Vordergrund steht (Typus 1), ist die Handhabung von Konflikten seitens chinesischer Interaktionspartner maUgeblich durch ein Streben nach Vermeidung offener Konflikte gekennzeichnet, indem weder eine nachhaltige Betonung eigener Interessen noch eine (Jbergewichtung der Interessen des Partners verfolgt wird (Typus 4).^"
250
Vgl. insb. Tjosvold/Hui/Law (2001) und Tjosvold/Sun (2001) sowie die dort aufgefilhrten Studien. ^^^ Tjosvold/Hui/Law (2001), S. 169. ^ " Vgl. Thomas (1992), S. 668 f. ^ " Vgl. insb. Morris et al. (1998), S. 737 ff. Vgl. femer Ting-Toomey et al. (1991); Kirkbride/Yang/Westwood (1991); Tse/Francis/Walls (1994), S. 544 ff.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaflsbeziehungen
Abb. 4-17: Konfliktvermeidungsstile Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Thomas (1979), S, 154
Die PrSferenz ziir Vermeidung von Konflikten ist in der chinesischen Kultur tief verankert. Die Bewahmng von Harmonie im Rahmen interpersoneller Beziehungen stellt eine der wichtigsten Verhaltensmaxime der als hoch kollektivistisch einzuschatzenden chinesischen Kultur dar.^^^ Die Vermeidung von Konflikten wird als notwendiges Instrument zum Erhalt der bestehenden Beziehungen gesehen.^" Konflikte und direkte Konfrontation gelten als auBerst unangenehm, unerwUnscht und sind daher - soweit moglich - durch eine behutsame Interaktion zu vermeiden.^^^ Die offene Ansprache von Konflikten gilt als aggressiv und schSdlich und kann zu einem Gesichtsverlust ftir beide Seiten fiihren.^" Gerade in Konfliktsituationen entfaltet dabei das Konzept der Gesichtswahrung eine besonders starke Verhaltenswirkung. PrSventive und konfliktveraieidende Verhaltensweisen besitzen dabei einen derart hohen Stellenwert, weil in der kollektivistischen Kultur Chinas das Gesicht einer Person vor allem
254
Vgl. Kirkbride/Yang/Westwood (1991), S. 367 ff., Morris et al. (1998), S. 732 flf. sowie Tjosvold/Hui/Law (2001), S. 169f. 255
Vgl. zum Zusammenhang der Bedeutung der Erhaltung existenter Beziehungen und dem Konflikthandhabungsstil die Untersuchung von Morris et al. (1998), S. 734 ff. ^^^ Vgl. Gao (1998), S. 180 sowie O'Keefe/O'Keefe (1997), S. 192. 257
Vgl. KirkbrideATang/Westwood (1991), S. 369 f; Gao (1998), S. 180.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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durch die Gruppe bestimmt und nicht als proprietSre Eigenschaft einer Person betrachtet
Die gnindsatzliche Praferenz chinesischer Interaktionspartner ftir die Vermeidung von Konflikten ist jedoch nicht als ein Automatismus zu verstehen. ZunSchst sind die allgemeinen kulturellen PrSferenzen nicht uneingeschrSnlct auf hier relevante geschaftliche Interaktionen tibertragbar.^'^ In AbhSngigkeit von unterschiedlichen komplementSren bzw. konfliktionSren Zielsystemen kSnnen durchaus sowohl konstruktive als auch kompetitive Konflikthandhabungsstile gewShlt werden.^^° WONG ET AL. kSnnen bspw. ftlr den Fall vertikaler Lieferantenbeziehungen in China nachweisen, dass - trotz der kulturellen Praferenz - die Wahl eines konfliktvermeidenden Interaktionsstils die Beziehungsqualitat der untersuchten Lieferantenbeziehungen schwSchen kann und starke gegenseitige AbhSngigkeit somit zum verstSrkten Einsatz kooperativer Strategienfiihren.^^^Femer werden in geschaftlichen Interaktionen selektiv durchaus Vorwtirfe eingesetzt, um den Interaktionspartner vor dem Hintergrund der Wichtigkeit von moralischen Verpflichtungen und der Wahrung des Gesichts im eigenen Sinne zu beeinflussen.^^^ Dartiber hinaus erOffiiet in kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen die Einschatzung des intemationalen Geschaftspartners als AuBenseiter grOBere Freiheitsgrade bezilglich der von der Norm abweichenden Konflikthandhabungsformen.^"
Auch bei der LOsung manifester, offen zu Tage getretener Konflikte gilt es wiederum kulturelle Besonderheiten zu beachten. Angesichts der hohen Bedeutung eines gegenseitigen respektvoUen Umgangs erscheinen zur Beseitigimg von offenen Konflikten eher OberzeugungsmaBnahmen als Drohungen geeignet.^^ Der unbedachte Einsatz von Druck, bspw. durch angedrohte bzw. ergriffene SanktionsmaBnahmen kOnnen zudem als Zeichen fehlender Kompetenz interpretiert werden und - entgegen der beabsichtigten Wirkung - als Ausdruck des Verlusts der KontroUe Uber eine Interaktionsbeziehung gewertet werden. Zudem steigt die Gefahr angesichts des Konfliktvermeidungsstrebens, dass mit einer abrupten Beendigung der Geschaftsbeziehung seitens der chinesischen Interaktionspartner reagiert wird.^^^
Vgl. hierzu insb. die sog. Face-Negotiation-Theory zum Verhalten zur Gesichtswahning in Konfliktsituationen und den bestehenden Beziehungen zu den Kulturdimensionen des Individualismus und der Machtdistanz. Vgl. TingToomey/Kurogi (1998). S. 189 ff. Vgl. auch Donath/Ivens (2000), S. 74, die bei deutschen Exportmanagem ein Bild eher unkooperativer, unflexibler Geschaflspartner festellen. Vgl. Tjosvold/Hui/Law (2001). Vgl. Wong etal. (1999), S.llfiF. Vgl. Kirkbridenrang/Westwood (1991), S. 369 sowie Tjosvold/Hui/Law (2001), S.170. Die Ergebnisse der Verhandlungsforschung legen jedoch nahe, dass die Anpassung des Verhandlungsstils an eine interkulturelle Verhandlungssituation nur eingeschrfinkt erfolgt. Vgl. bspw. Adler/Graham (1989), S. 527 sowie Tse/FrancisAValls (1991), S. 548 f. Vgl. Tjosvold/Sun (2001), S. 249. Vgl. hierzu den Befund von Tse/Francis/Walls (1991), S. 544.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Als eine in der chinesischen Kultur wichtige Form der Konfliktlosung gilt die Einschaltung eines Vermittlers, um die Wahrung der Harmonie irnd des Gesichts zu gewahrleisten.^*^ Allerdings stellen sich ftir den Einsatz von Vermittlem zur KonfliktlSsung in kulturiibergreifenden Geschaftsbeziehungen hSufig untiberwindbare Probleme bei der Identifikation eines geeigneten Vermittlers. Aufgrund der hohen Machtdistanz der chinesischen Kultur werden tendenziell hochrangige Personen bevorzugt.^^^ Bei Geschaftsbeziehungen zwischen gleichrangigen Partneruntemehmen kann jedoch zumeist nicht auf hierarchisch legitimierte Vermittler zuriickgegriffen werden. Femer praferieren westliche Kulturen fremde und somit ganzlich neutrale Vermittler, wahrend in der chinesischen Kultur eher auf Personen zurtickgegriffen wird, die in einer engen Beziehung zu beiden Parteien stehen.^^* Aus dem gleichen Grund wird die kooperative Einigung oder Vermittlung haufig auch einer neutralen gerichtlichen Entscheidung vorgezogen.^^^ Die zahlreichen Besonderheiten des chinesischen Konfliktverhaltens fiihren zu besonderen Schwierigkeiten beim Konfliktmanagement. Im Hinblick auf die Etablierung langfristig erfolgreicher Geschaftsbeziehungen soUte in der Kegel eine partnerschaftliche LOsung angestrebt werden, die beide Interessen in Einklang bringt. Aufbauend auf Kenntnissen des spezifischen chinesischen Konfliktverhaltens gilt es, einen situativ angemessenen Konfliktstil zu finden. Eine zu starke, dauerhafte Anpassung an das konfliktvermeidende Verhalten kann dabei auf lange Sicht ebenso nachteilig auf den Erfolg der Geschaftsbeziehung wirken,^^° wie eine allzu ofifene Brtiskienmg zu unmittelbaren, negativen Konsequenzen fiihren kann.^^' 4.3.3.3 Management der sachlichen Ebene Die Gestaltung der sachlichen Ebene deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen besitzt einen wichtigen direkten Einfluss auf die Beziehungsqualitat. Inhaltlich kann die Geschaftsbeziehung auf der Sachebene iiber die zwei unabhangigen Dimensionen der Leistung sowie der im Hinblick auf die Abwicklung der Leistungsprozesse offenbarten Flexibilitat beschrieben werden.
^^ Vgl. Gao (1998), S. 182. ^^^ Vgl. Tse/FrancisAValls (1994), S. 549 sowie Ting-Toomey (1998), S. 196. ^^* Vgl. Fu et al. (2002), S. D4. 269
Vgl. z. B. Sheng (1979), S. 21; Lee/Lo (1988), S. 46.; GaoA'ing-Toomey/Guciykunst (1996), S. 292. ^^° Vgl. Tjosvoldetal. (2001), S.170. " ' Vgl. Chung (1995), S. 54.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer GeschSftsbeziehungen
229
4.3.3.3.1 Beeinflussung des Leistungsprozesses Die pfadanalytische Untersuchimg identifizierte einen starken positiven Einfluss der Lieferantenleistung auf die Beziehungsqualitat der untersuchten deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen. Die Leistung wurde hierbei als ein Eigenschaftsbtindel interpretiert, das neben der Qualitat auch Sicherheitsaspekte sowie die Auftiahme von kundenspezifischen Wtinschen berUcksichtigt. Obwohl die Leistung maBgeblich durch die beim Lieferanten angesiedelten Produktionsprozesse bestimmt wird, ilbt somit auch das Beziehungsmanagement tiber die Gestaltung der Zusammenarbeit einen Einfluss auf die Leistung aus. Die hierbei einer Partnenmtemehmung im Rahmen von vertikalen Geschaftsbeziehungen zufallenden Verantwortlichkeiten und MSglichkeiten unterscheiden sich in starkem MaBe in AbhSngigkeit von der Rolle als Abnehmer bzw. Lieferant. Der empirischen Untersuchung dieser Arbeit liegen Geschaftsbeziehungen zu chinesischen Lieferanten zugrunde, in denen die deutsche Untemehmung die Position des Abnehmers einnimmt. In dieser Rollenkonstellation liegt ein erster Ansatzpunkt fiir ein erfolgreiches Geschaftsbeziehungsmanagement in der ,richtigen' Auswahl der chinesischen Partnerunternehmung. Bei einer derartigen Auswahlentscheidung gilt es generell eine Vielzahl von Kriterien zu beriicksichtigen, deren Bedeutung situativ und untemehmensspezifisch variieren wird und die zumindest teilweise in einer konfliktionaren Beziehung zueinander stehen konnen.^^^ Problematisch ist zudem, dass valide Informationen tiber die Leistungsfahigkeit neuer Partneruntemehmen aufgrund der intemationalen bzw. kulturiibergreifenden Situation schwieriger zu beschaffen sind^^^ und Erfahnmgen im Rahmen einer existierenden Geschaftsbeziehung somit tendenziell wichtiger werden. Die Befunde der empirischen Untersuchung verdeutlichen jedoch zugleich, dass die Leistung eines Lieferanten aus Sicht des Abnehmers nicht als gegeben hingenommen werden muss, sondem tiber eine entsprechende Gestaltung der vorgelagerten Individualebene sowie der Interaktionsebene positiv beeinflusst werden kann. Kriterien wie eine gute KommunikationsfShigkeit und -bereitschaft sowie die Vertrauenswtirdigkeit auf der personlichen Ebene soUten demnach als wichtige Auswahlkriterien beachtet werden, die somit klassische Kriterien wie Preisgtinstigkeit oder Qualitat erganzen.
Vgl. zu Selektionskriterien amerikanischer Untemehmen im asiatischen Raum bspw. Deng/Wortzel (1995). Boisot/Child (1988), S. 524 verdeutlichen die informationstheoretischen Probleme Chinas, die aus der immensen GrfiBe Chinas und seinen historischen (und mit den wirtschaflspolitischen Reformen emeut einsetzenden) Dezentralisierungstendenzen folgen: ,^i any one time, upward of a million people are travelling across China on trains in search of raw material or other scarce inputs for their firms. They lack nationally available information on where these might be found, and it can take up to several days to effect telephone calls within the country." FOr eine Zusammenstellung von Informationsquellen zu Okonomischen Sachverhalten beztlglich der VR China vgl. Drew (1995).
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Das konkrete Erkenntnisobjekt'deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Zudem obliegt es der deutschen Untemehmung ihrerseits durch die Etabliemng einer vertrauensvollen persSnlichen Ebene und einer angemessenen Kommunikation einen positiven Einfluss auf die Leistung des chinesischen Lieferanten auszuiiben. Vor allem sind diesbezUglich die eigenen Ziele und spezifischen Wtinsche prSzise zu formulieren und klar zu kommunizieren. Aufgrund der kulturiibergreifenden Kommunikationssituation gilt es hierbei Missverst^dnisse von vomeherein zu vermeiden. Der gSngige Austausch von Mustem bietet bspw. eine MSglichkeit zur Verringening der AbhSngigkeit von der verbalen Kommunikation, wobei jedoch der zur Versendung notwendige Zeitbedarf zu berticksichtigen ist. Besuche und Aufenthalte beim chinesischen Lieferanten stellen eine weitere wichtige MaBnahme der Beeinflussung des Leistungsprozesses dar. Zu denken ist hierbei nicht nur an die vor bzw. bei Vertragsabschluss notwendigen Abstinmiimgsprozesse. Bereits wShrend der Leistungserstellimg kann tiber Qualitatsinspekteure die Einhaltung der kundenspezifischen Anforderungen gepriift werden. Die befristete Entsendung von eigenen technischen Mitarbeitem, die im Falle anspmchsvoUer Fertigungsprozesse Untersttitzung geben, stellt eine weitere mSgliche MaBnahme dar. Der durch derartige Besuche zu erzielende Nutzen wird dem hiermit verbundenen Aufwand gegeniiber zu stellen sein.
Dabei sind auf der Nutzenseite vomehmlich die ,vermiedenen' negativen Konsequenzen einer mangelhaften Qualit^t oder der Nichteinhaltung von Lieferterminen zu berticksichtigen, die bspw. bei zeitlich eng abgestimmten Fertigungsprozessen oder bei modischen Handelswaren erheblich sein konnen. Die eindringliche Kommunikation von Terminvorgaben ist umso wichtiger, als die chinesische Kultur als eine polychrone Kultur gilt, in der Termine eher als Richtwerte denn prSzise Eckwerte gelten.^^"* Auch beziiglich des verbundenen Aufwands kOnnen situativ bedingt groBe Unterschiede vorliegen. So ist der Besuch einer Fertigungsstatte in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen durch Mitarbeiter einer deutschen Firma bzw. Niederlassung in Hongkong relativ unproblematisch, wShrend der Besuch einer Fertigungsstatte in Zentralchina durch in Deutschland ansassige Mitarbeiter mit einem relativ groBen Aufwand verbunden ist.
In der Summe bieten sich aufgrund des in der Kegel vorhandenen technologischen Vorteils sowie der Position als Abnehmer trotz der schwierigen kulturiibergreifenden Konstellation somit mehrere Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Leistung chinesischer Lieferanten. Die Einflussnahme wird dabei umso bedeutsamer, je spezifischer und je technologisch anspmchsvoUer die Anforderungen aus Sicht des chinesischen Lieferanten einzuschatzen sind und je erfolgskritischer die bezogene Leistung fiir die deutsche Untemehmung ist.
274
Vgl. zur Unterscheidung monochroner und polychroner Kulturen Hall/Hall (1990).
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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Im Falle einer Absatzorientierung liegt die Hauptverantwortung fUr die zu erbringende Lieferantenleistimg dagegen bei der deutschen Untemehmimg. Vor dem Hintergrund der unter dem Stichwort guanxi diskutierten besonderen Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen in China stellt sich zunSchst die Frage, ob Uberhaupt davon auszugehen ist, dass die Leistimgsf^higkeit der westlichen Untemehmen den groBten Stellenwert einnimmt oder ob sie eher hinter das persSnliche Beziehimgsnetzwerk rUckt.^^^ In letzterem Fall erscheint angesichts der groBen staatlichen Einflussnahme insbesondere der Aufbau von Beziehungen zu hohen Regiemngsangestellten lohnenswert, die neben offiziellen Zusagen auch effektive Empfehlungen aussprechen kSnnen.^'^ AUerdings finden sich in der Literatur ebenso Hinweise darauf, dass die LeistungsfMhigkeit der westlichen Partneruntemehmung auch fUr chinesische Untemehmen bzw. BehSrden mittlerweile eine grOfiere Bedeutung als die personlichen Beziehungen besitzen.^^^ PYE nimmt hierzu wie folgt Stellung: „The search for ,only the best' conflicts with the concept of,friendship/ and generally wins out. Numerous examples can be cited of cases in which the Chinese welcomed ideologically friendly businessmen but then abandoned them for the opportunity to deal with enterprises that could be classified as among the best."^^* Plausible Griinde fiir die in der Kegel grofie Bedeutung der LeistungsfMhigkeit westlicher Industriegtiteruntemehmen im chinesischen Markt liegen u. a. in dem expliziten Ziel des Erwerbs technologischen Know-hows sowie der Einstufung westlicher Geschaftspartner als Fremde und AuBenseiter.^^^ Letzteres fUhrt dazu, dass auf der chinesischen Seite ein stSrkeres Gewicht auf die Leistungskriterien statt auf freundschaftliche Beziehungen gelegt wird.^*° Zudem wird der Reputation einer auslSndischen Untemehmung eine groBe Bedeutung zu geschrieben, da aufgrund der lange anhalten Isolation Chinas nur geringe Erfahrungen mit auslSndischen Produkten vorliegen.^*' Als Konsequenz fiir westliche Untemehmen sehen McGuiNESS ET AL., dass MaBnahmen in den Aufbau enger personlicher Beziehungen nur eine unterstUtzende Funktion einnehmen konnen und in erster Linie leistungsspezifische MaBnah-
So imterstellt Guthrie (1998) eine abnehmende Bedeutung des guanxi in den modemen, industrialisierten Zonen Chinas. Vgl. z. B. Yau et al. (2000), S. 20. Vgl, z. B. Stewart/Keown (1989), insb. S. 69. Im Rahmen ihrer Befragung westlicher Manager in Hongkong tiber Verhandlungen in der VR China wird die Einzigartigkeit des Produktes als wichtigster Erfolgsfaktor identifiziert und somit bspw. wichtiger eingeschatzt als gute persOnliche Beziehungen. Vgl, femer die Untersuchung von McGuiness et al. (1991), insb. S. 205, die fiir kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen zwischen China und 5 westlichen Nationen ebenso einen starker nutzenorientierten statt beziehungsorientierten Ansatz der chinesischen Seite identifiziert. Vgl. jedoch abweichend den Befund von LeungA'eung (1995), S. 73, die persOnliche Beziehungen als wichtigsten Erfolgsfaktor vor sSmtlichen leistungsbezogenen Aspekten identifizieren. Vgl. Pye (1992), S. 38. Zur Dififerenziening von Mitgliedem vs. Nichtmitgliedem der Gruppe vgl. bspw. Yau et al. (2000), S. 19. Vgl. z. B. StefFens (1998), S. 19, der auf Basis seiner Verhandlungserfahrungen in China zu folgendem Fazit gelangt: ,JHarmonie, Bescheidenheit und andere .asiatische' Werte haben allenfalls innerhalb der jeweiligen Insider-Gruppe ihre Gtlltigkeit, und zu dieser Gruppe werden Sie sowieso nicht gehOren." Vgl. PaikyTung (1999), S. 118.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
men zu ergreifen sind.^*^ Hierbei wird sich die konkrete Ausgestaltimg u. a. in Abhangigkeit der untemehmensspezifischen Potentiale und der verfolgten Wettbewerbs- und Intemationalisienmgsstrategie bestimmen. Auf generelle Handlungsempfehlimgen soil daher an dieser Stelle verzichtet werden.
4.3.3.3.2 Gestaltung der FlexibilitMt Als zweite Dimension der sachlichen Ebene wurde im Rahmen der empirischen Untersuchung die in den deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen vorhandene Flexibilitat identifiziert. Die Flexibilitat drtickt sich in der Bereitschaft zu einer schwScher ausgepragten schriftlichen Fixienmg des Leistungsaustausches sowie grSfieren ZugestSndnissen aus und besitzt einen eigenstSndigen positiven Einfluss auf die Beziehungsqualitat.
Die Akzeptanz bzw. GewShrung von Flexibilitat wird haufig als ein notwendiges Merkmal der Interaktion mit chinesischen Geschaftspartnem angefiihrt. Schriftliche Vereinbarungen setzen aus der Sicht chinesischer Partneruntemehmen lediglich einen Rahmen, der spater im Hinblick auf die effektive Abwicklung angepasst wird.^" Die zu Grunde liegende Annahme hierfiir ist, dass filr eventuell spater auftretende Konflikte eine Losung auf Basis der personlichen Beziehung gefimden werden kann. „The Chinese also prefer to rely on friendship and trust between the parties for solving any conflict. Therefore, any agreements or contracts drawn up by the Chinese are likely to be shorter than their Western equivalents. The dislike of Western styled contracts arises from the fact that they tend to be too precise to be used comfortably within the Chinese system."^*^ Im Rahmen langerer Verhandlungsprozesse werden folglich zunachst allgemein gehaltene Prinzipien der Zusanmienarbeit entwickelt und die Fixienmg von Details lange vermieden.^*^ Zugestandnisse chinesischer Verhandlungspartner werden eher nicht sequentiell, sondem erst
McGuinness/Campbell/Leontiades (1991), S. 205 Ziehen folgendes Fazit: "Efforts to gain higher preference through developing an extremely close rapport based on personal attractiveness may pay off, providing the company's services are also good. However, for Western companies with only limited knowledge of the Chinese language, customs, and systems, it would seem difficult, if not impossible, to depend heavily on building traditional type .friendships' with the Chinese". Vgl. z. B. Tai (1988), S. 8; Pye (1992), S. XIV; Lockett (1988), S. 489; Boisot/Child (1988), S. 524 sowie Stefifens (1998), S. 20. In der Untersuchung von Lassere/Probert (1994), S. 25 zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede zwischen der VR China sowie Hongkong, wo vertragliche Vereinbarungen eher als defmitiv und verbindlich betrachtet werden. Es sei an dieser Stelle zudem an die niedrige Unsicherheitsvermeidung der chinesischen Kultur erinnert. Vgl. hierzuKapitel 4.1.2.2 Tai (1988), S. 8. Diese Aussage bestatigte sich im Rahmen der Pfadanalyse. Eine enge persOnliche Beziehungfllhrtezu einer signifikanten Reduktion des Konfliktgehaltes sowie einer erhOhten Flexibilitat. Vgl. hierzu Kapitel 4.2.5. Vgl. z. B. Pye (1992), S. 76 und KirkbrideA^ang/Westwood (1991), S. 380.
Gestaltungsempfehlungen filr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
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am Ende von Verhandlimgen eingebracht.^*^ Zudem koimen selbst getroffene Vereinbanmgen iinter Berufung auf einen andersartigen ,Geist' der Zusammenarbeit verandert werden.^*^ Die Unterzeichnimg eines Vertrages soUte somit eher als Signal fUr den Beginn bzw. Fortftihrung einer Geschaftsbeziehung gesehen werden als fur den Abschluss einer Verhandlimg.^** Uberraschend ist angesichts der PrSferenz fiir flexible Abmachungen, dass fur den Fall der Zusanmienarbeit mit chinesischen BehSrden haufig ein tiberdurchschnittlicher Aufwand zur Bereitstellung von Dokumenten notwendig ist.^*^ Als Grund hierfiir ist die durch ungentlgende Anreizstmkturen begriindete Risikoaversitat der EntscheidungstrSger und nicht etwa eine Praferenz fiir geringe Freiheitsgrade zu sehen. Deutsche Untemehmen setzten dagegen tiblicherweise in relativ starkem Mafie auf eine formale Fixierung. Aufgnmd der hieraus resultierenden Einstellungsdiskrepanz kann in einem mittleren Regelungsgrad vertraglicher Vereinbanmgen ein moglicher Kompromiss gefunden werden. Aus Sicht der deutschen Untemehmen gilt es, den chinesischen Verhandlungspartnem die Vorteile vertraglicher Vereinbanmgen ftir eventuelle eintretende kritische Situationen zu verdeutlichen und zumindest die wahrscheinlichsten Risiken vertraglich zu berUcksichtigGu}^ Obwohl mit der Gewahrung von FlexibilitSt seitens der deutschen Partneruntemehmung eine Verbesserung der Beziehungsqualitat der Geschaftsbeziehungen erreichbar ist, wird das AusmaB der FlexibilitSt situativ zu bestinmien sein. Die Ergebnisse der Pfadanalyse belegen, dass das auf der personlichen Ebene vorhandene Vertrauen hierbei als wesentlicher Faktor zu sehen ist. Fehlt es auf der personlichen Ebene dagegen an dem notwendigen Vertrauen und Fairness stellt eine unprazise vertragliche Fixierung dagegen ein Risiko fiir die Beziehungsqualitat dar.^^' 4.3.3.4 Management der Machtebene Im Zentrum der Machtebene deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen stehen Moglichkeiten der ein- bzw. gegenseitigen Beeinflussung. Die Machtposition einer Untemehmung kann auf die Bedeutung der Geschaftsbeziehung fiir diese Untemehmung sowie die von ihr geleisteten spezifischen Investitionen in Relation zu der Bedeutung und Abhangigkeit des Partneruntemehmens zunickgeftihrt werden. Fiir die im Rahmen der empirischen Untersuchung Vgl. Lee/Lo (1988), S. 50. Pye (1992), S. XIV beschreibt dieses PhSnomen wie folgt: „In commercial transactions, agreement on principles usually takes the form of intent or protocols, the purpose of which often mystifies American businessmen because the Chinese will readily cancel the details of such agreements while insisting the 'spirit' must be maintained." Vgl. KirkbrideA^ang/Westwood (1991), S. 381 und Buttery/Leung (1998), S. 385. Vgl. Butteiy/Leung (1998), S. 384. Vgl. StefFens (1998), S. 20.
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Das konkrete Erkenntnisobjekt deutsch-chinesischer Gesch^ftsbeziehungen
betrachteten Geschaftsbeziehungen zeigt sich allerdings, dass der Transaktionsumfang sowie die spezifischen Anstrengungen bzw. Investitionen der beiden Partnenmtemehmen inhaltlich eng verkniipft sind und im Rahmen der Verdichtung jeweils auf zwei gemeinsame Faktoren entfallen. Im Rahmen der Pfadanalyse wurde fUr die Variablen der Machtebene femer ein deutlich geringerer Einfluss auf die Beziehungsqualitat deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen als fiir die anderen inhaltlichen Ebenen ermittelt. Wahrend der Transaktionsumfang uberhaupt keinen eigenstandigen Einfluss besitzt, konnte ftir die Tatigung spezifischer Investitionen lediglich ein schwacher positiver Einfluss auf die Beziehungsqualitat identifiziert werden. Darttber hinaus scheinen beide Variablen in einem vergleichsweise schwachen Zusammenhang zu den anderen inhaltlichen Ebenen zu stehen. Da beide Variablen zudem in einem geringen kulturellen bzw. chinaspezifischen Kontext zu sehen sind, soil an dieser Stelle auf nahere Hinweise verzichtet werden.
Da das Konstrukt der Macht nicht unmittelbar in die empirische Analyse einbezogen wurde, soil diesbeztlglich ebenso auf konkrete Gestaltungsempfehlungen verzichtet werden. Es sei allerdings nochmals darauf hingewiesen, dass sich die chinesische Kultur im Vergleich zur deutschen Kultur durch eine deutlich hohere Machtdistanz auszeichnet. Dies legt nahe, dass Macht und die hieraus resultierenden RoUenunterschiede auch im Rahmen von Geschaftsbeziehungen in starkerem MaBe akzeptiert bzw. erwartet werden. Da der unsachgemaBe Einsatz von Macht jedoch zu negativen Konsequenzen fiir die Beziehungsqualitat folgen kann, soUte er seitens der deutschen Untemehmungen nur bei klaren Vorteilen und einer sehr geringen Abhangigkeit von dieser Geschaftsbeziehung erfolgen. Beim Einsatz negativer Formen von Macht sind die besondere AnfMlligkeit und speziellen Empfindsamkeiten zu berucksichtigen, die bei deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen vorliegen. Femer sind auch die im Konfiizianismus verankerten RoUenerwartungen an hierarchische Beziehungen zu beachten, aufgrund derer einem machtigen Partner auch Verpflichtungen zufallen.^^^ Zu erinnem ist diesbeztiglich u. a. an das Konzept der Gesichtswahrung sowie die Erwiderung von Gefalligkeiten. Als wesentliche EinflussgroBen der Machtposition im Rahmen deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen wird die RoUe der deutschen Untemehmung gesehen. Durch die geringe technologische Komplexitat zahheicher chinesischer GUter und der Konkurrenz durch nachrtickende Entwicklungslander ist die Position deutscher Abnehmer vergleichsweise gtinstig.
291
Vgl. hierzu auch Tai (1988), S. 8., der in der unklaren und voUstandigen Definition von Pflichten die grOBte Konfliktquelle sieht und flir eine Integration der sowohl der Pflichten als auch der aus der Verletzung bzw. Nichterftllung resultierenden Sanktionen pladiert. Vgl. hierzu z. B. O'Keefe/O'Keefe (1997), S. 194.
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschflftsbeziehungen
235
Im umgekehrten Fall des Markteintritts deutscher Untemehmung aus Absatz- oder Produktionsmotiven fiihren dagegen der Internationale Wettbewerb durch die Vielzahl westlicher Untemehmen mit ahnlichen Interessen sowie die weiterhin relevanten staatlichen Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen haufig zu einem Ungleichgewicht zu Gunsten der chinesischen Seite.^^^ 4.3.4 Integrativer tJberblick Im Rahmen der ebenenspezifischen Uberlegungen zum Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehimgen ist eine Vielzahl kulturell bedingter Unterschiede des Managements von Geschaftsbeziehimgen angesprochen worden. Die integrative Abb. 4-18 stellt die wichtigsten der diskutierten Einflussfaktoren der chinesischen Kultur in der tJbersicht und losgel6st von einer expliziten ebenenspezifischen Zuordnung dar. Die Ausfiihrungen haben femer gezeigt, dass die kulturellen Unterschiede eine teilweise erhebliche Relevanz ftir die Interaktion im Rahmen deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen besitzen und durch ein kultursensibles Geschaftsbeziehungsmanagement berticksichtigt werden mussen.
Abb. 4-18: EinftiBfaktoren der chinesischen Kultur auf dt.-chinesische Geschaftsbeziehungen Die zahlreichen Unterschiede der chinesischen und der deutschen Kultur dienen samtlich als potenzielle Quellen ftir ein fehlerhaftes Handeln und den Misserfolg von deutsch-chinesischen 293
Pye (1992), S. 15 beschreibt dieses strukturelle Ungleichgewicht wie folgt: ..Structurally there is a lack of symmetry as a multiplicity of autonomous American entrepreneurs compete with each other in dealing with a bureaucratic hierarchy".
236
Das konkrete Erkeimtnisobjekt deutsch-chinesischer Geschilftsbeziehungen
Geschaflsbeziehungen. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass es sich nicht nur um sichtbare Verhaltensunterschiede handelt, sondem diese Unterschiede zugleich auf unterschiedliche Einstellungen zunlckzufiihren sind. Folglich kaiin sich nicht nur das jeweilige Verhalten, sondem auch die SelbsteinschStzimg zum Teil erheblich von der Perzeption durch den Geschaftspartner unterscheiden. Die integrative Tab. 4-15 lehnt sich an die vorangegangenen AusfDhnmgen an und verdeutlicht die kulturell bedingten Unterschiede im dominierenden Verhaltensansatz zwischen deutschen und chinesischen Geschaftspartnem auf den verschiedenen inhaltlichen Ebenen des Geschaftsbeziehungsmanagement. Neben dem stereotypischen Verhaltensansatz werden fUr beide Seiten jeweils die Selbsteinschatzung des eigenen Verhaltens sowie die mOgliche Perzeption durch den Geschaftspartner aufgeftihrt. Exemplarisch soUen hier die besonders pragnanten Unterschiede der Kommunikationsgestaltung vorgestellt werden: Auf der chinesischen Seite erfolgt die Kommunikation eher implizit und hoflich. Diese Kommunikationsgestaltung erscheint chinesischen Interaktionspartnem als respektsvoUe und riicksichtsvoUe Form des Umganges, wahrend die deutsche Seite in der impliziten, verdeckten Konmiunikation ein ausweichendes und irrefiihrendes Verhalten sieht. Umgekehrt wahlen deutsche Interaktionspartner eine direkte, explizite und offene Kommunikation, die als effektiver zur effizienten LSsung auftretender Probleme gesehen wird, wahrend diese Form des Umganges auf der chinesischen Seite tendenziell als offensiv und beleidigend gewertet werden kann.
Einschrankend sei darauf hingewiesen, dass die Benennung eines ebenenspezifischen Verhaltensansatzes und dahinter stehenden Einstellungen bzw. Perzeptionen starke Verallgemeinerungen und Ausblendungen erfordert. Zudem ist im Hmblick auf die Abgrenzimg der beiden Perspektiven teilweise auch eine bewusste Uberzeichnung der Unterschiede erfolgt. Es wird somit an dieser Stelle bewusst keine detaillierte, voUstandige und situativ dififerenzierende Auflistung von kulturellen Verhaltensunterschieden angestrebt.
237
Gestaltungsempfehlungen fUr das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen
Chinesis che Seite Verhalten
Eigeneinschfltzung
Perzeption der deutschen Seite
Deutschle Seite Eigeneinsciiatzung
Verhalten
Perzeption derctiinesischen Seite
Vertrauen
Vertrauen Qber Erfahrung & Intuition
realistisch, polychron
eher irrational
Erfahrung & Validierung Qber mehrerer Quellen
rational, analytisch
unpersOnlich, undifferenziert
Bezlehung
Bezlehung bei Gruppenzugehorigkeit
gemeinschaftsorientiert, traditionsbewusst
schwer zug£lnglich
Beziehung bei Sympathie
Suche nach Gleichgesinnten
traditionslos, egozentrisch
Kommunikation
Kommunikation eher implizit und hOfiich
respekts- & rUcksichtsvoli
ausweichend & irrefQhrend
Kommunikation eher direkt & explizit
effektiv
offensiv und beleidigend
Konfliktstil
Vemieidung von Konflikten
schwach & respekts- & rUcksiclitsvoJI ausweichend
Austragung von Konflikten
effektiv
respektlos& ,Gesicht' gefdhrdend
Leistung
Aneignung & Imitation
strebend, lernbegierig, tugendhaft
berechnend, ausnutzend
Schutz eigener Technologie
vorsichtig
misstrauisch, eigensinnig
Flexibilitat
Vemneidung von Festlegung
sinnvoll, vorausschauend
ausweichend, unzuverldssig
Wunsch nach Fixierung
klare Regelung
naivundzu kompliziert
Transaktion
Geschdfte im Rahmen langfristiger Beziehungen
langfristig, vorsiclitig
irrational, korrupt, unnstandlich
Transaktion bei kurzfristiger Vorteilhaftigkeit
nutzbringend, rational
anonym, kurzsichtig
Spez. Investitionen
spezifisclie Investitionen als notwendige Beziehungsbasis
vertrauensbildend
risikoerhOhend, einschrankend
Tatigung spezifischer Investitionen wenn vorteil1 haft
kosten- & risikovermeidend
geringes Commitment
Tab. 4-15: Ebenenspezifische Verhaltensansatze und ihre Perzeption Quelle: Eigene Darstellung in entfernter Anlehnung an O'Keefe/O'Keefe (1997), S. 195
Nicht nur die Unterschiede im Verhaltensansatz, sondem auch die Unterschiede hinsichtlich der Eigen- bzw. FremdeinscMtzimg verdeutlichen den Problemgehalt deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen. Wenn die Verhaltensunterschiede kaum abbaubar sind, so scheint jedoch zumindest das Verst^dnis der hinter dem jeweiligen Verhalten des Geschaftpartners stehenden Einstellungen eine Grundvoraussetzung fiir ein erfolgreiches Management deutschchinesischer Geschaftsbeziehungen zu sein. Deutsche Manager, die sich ftir das Management deutsch-chinesischer Geschaftsbeziehungen verantwortlich zeigen, sind somit aufgemfen, neben dem Erwerb fachlicher ManagementfShigkeiten auch Anstrengungen zum Ausbau ihrer interkulturellen Kompetenz zu untemehmen.
5 Zusammenfassende Schlussbetrachtung Kulturtibergreifende Geschaftsbeziehungen sind von Skonomischen Zielen geleitete und auf mehrmalige Transaktionen ausgerichtete Interaktionsprozesse zwischen Untemehmen aus unterschiedlichen Kulturkreisen und ihren fUr diese Interaktionen maBgeblichen kulturverschiedenen Personen. Sie stellen eine spezielle Form einer Geschaftsbeziehung dar, die aufgnmd der zimehmenden Verflechtung der Weltwirtschaft eine steigende praktische Relevanz besitzt. Da Kultur als ein System gemeinsamer Denk-, Fiihl- und Handlungsmuster einen allgemeinen verhaltensleitenden Einfluss austibt, wirft die Besonderheit der kulturUbergreifenden Beziehungskonstellation die Frage auf, ob und inwieweit sich kulturtibergreifende Geschaftsbeziehungen von intrakulturellen Geschaftsbeziehungen unterscheiden. Aufgnmd der bisher nur geringen gesicherten Erkenntnisse tiber kulturtibergreifende Geschaftsbeziehungen wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein weitgefasster Ansatz in Verbindung mit einer explorativen empirischen Untersuchung gewahlt, um in einem ersten Schritt einen Beitrag zum naheren Verstandnis der Besonderheiten kulturtibergreifende! Geschaftsbeziehungen zu leisten.
Im ersten Hauptkapitel (Kapitel 2) wurde ein konzeptioneller Bezugsrahmen zur Analyse von Geschaftsbeziehungen entwickelt, der auf den umfangreichen Erkenntnissen tiber nationale, intrakulturelle Geschaftsbeziehungen aufsetzt. Die Bestandsaufiiahme der relevanten Forschung zeigte, dass die Breite dieses Forschungsfeldes u. a. aus den zahlreichen betrachteten Typen von Geschaftsbeziehungen, den diversen theoretischen Betrachtungsperspektiven und betriebswirtschaftlichen Anwendungsfeldem sowie unterschiedlichen methodischen Ansatzen resultiert. Der mittlerweile umfangreiche Kenntnisstand fiihrt dazu, dass sich konzeptionelle und empirische Studien im intrakulturellen Kontext zunehmend partiellen Problemausschnitten zuwenden. Im Hinblick auf die explorative Untersuchung von kulturtibergreifenden Geschaftsbeziehungen wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit dagegen bewusst ein konzeptioneller Bezugsrahmen entwickelt, der eine umfassende Analyse von Geschaftsbeziehungen ermQglicht und nicht unmittelbar auf Detailprobleme eingeschrankt ist. In Anlehnung an DiLLER und KusTERER wurden hierzu mit einer Individualebene, einer Interaktionsebene, einer Sachebene sowie einer Machtebene vier inhahliche Beziehungsebenen sowie als konzeptionelle Erweiterung eine evaluierende Ebene unterschieden. Dieses Ebenenmodell wurde zudem tiber die Einbeziehung zentraler Wirkungsbeziehungen in ein konkretes Analysemodell tiberfiihrt.
240
Zusammenfassende Schlussbetrachtung
Zentrales Ergebnis: Eine umfassende Analyse kulturtibergreifender GeschSftsbeziehungen kann sich an verschiedenen Beziehimgsebenen orientieren, die eine integrative und systematische Ordnung der zahlreichen relevanten Facetten von Geschaftsbeziehungen ermOglichen.
Im zweiten Hauptabschnitt der Arbeit (Kapitel 3) wurde auf das Ebenenmodell zurUckgegriffen, um Anhaltspimkte ftir einen Kultureinfluss auf Geschaftsbeziehungen zu identifizieren, die eine andersartige Konzeption des Beziehungsmanagements erforderlich machen kSnnten. Aufbauend auf den notwendigen kulturtheoretischen Gmndlagen gait es hierzu zunSchst eine prSzise begriffliche Abgrenzung der kulturtibergreifenden GeschSftsbeziehung zu entwickeln. Hier konnte gezeigt werden, dass die Einordnung einer GeschSflsbeziehung als kulturiibergreifend eine Betrachtung der individuellen TrSger der Geschaftsbeziehungen erfordert. Gleichzeitig wurde deutlich, dass Internationale und kulturUbergreifende GeschSftsbeziehungen trotz einer zumeist synonymen Verwendung nicht zwangslSufig identische Untersuchungsobjekte darstellen. Anhand einer umfassenden Literaturauswertung konnte femer verdeutlicht werden, dass der Stand der empirisch abgesicherten Erkenntnisse zu kulturtibergreifenden GeschSftsbeziehungen im Vergleich zu herkOmmlichen Geschaftsbeziehungen noch sehr Itickenhaft ist. So wird bei der Analyse von intemationalen Geschaftsbeziehungen u. a. nur ein geringes Augenmerk auf kulturelle Aspekte gelegt, eine sehr begrenzte Auswahl von Beziehungskonstrukten betrachtet und lediglich in wenigen Fallen speziflsche Beziehungskonstellationen mit deutlichen kulturellen Unterschieden untersucht. Bei den wenigen komparativ angelegten Studien zeigen sich zudem uneindeutige Hinweise beziiglich des Einflusses der kulturtibergreifenden Beziehungskonstellation. Zentrales Ergebnis: Der Einfluss der Kultur auf Geschaftsbeziehungen wird im Vergleich zu anderen Determinanten und Beziehungsaspekten weitestgehend vemachlassigt. Auch bei empirischen Studien mit intemationalen Untersuchungsstichproben werden die Besonderheiten der kulturtibergreifenden Beziehungskonstellation zumeist nur unzureichend berticksichtigt.
Ausgehend von dem erkennbaren Forschungsdefizit wurden Hinweise ftir einen Kultureinfluss auf das Management von Geschaftsbeziehungen auf Basis theoretischer Uberlegungen erarbeitet. Durch die Verkntipfung des erweiterten Ebenenmodells mit dem multidimensionalen Kulturansatz von HOFSTEDE konnten zahlreiche Anhaltspunkte daftir aufgedeckt werden, dass die Landeskultur einen Einfluss auf die Einstellung zu und die bevorzugte Gestaltung der verschiedenen Beziehungsebenen austiben kann. Im Rahmen einer Geschaftsbeziehung kon-
Zusammenfassende Schlussbetrachtimg
241
nen somit diverse unterschiedliche Vorstellungen unmittelbar aufeinander treffen. Ftir die Diskussion derartiger Unterschiede wurde vereinfachend von dichotomen Auspragungen und einer ceteris-paribus Aimahme bzgl. der Kulturdimensionen ausgegangen. So ist auf der Individualebene, die die persOnlichen Beziehungen zwischen den individuellen Tragem der GeschSftsbeziehung abbildet, kultureller Einfluss auf die Form der Auswahl von Geschaftspartnem sowie den Aufbau und den Stellenwert pers5nlicher Beziehungen zu erwarten. Zum Beispiel kann die Kulturdimension der Unsicherheitsvermeidung die Neigung verstarken, mit bekannten Geschaftspartnem zusammenzuarbeiten. Bei einer hohen Auspragung der Kulturdimension des Individualismus und der Maskulinitdt ist per se eine geringere Wertigkeit pers5nlicher Beziehungen wahrscheinlich. Eine hohe Machtdistanz kann einen Einfluss auf das RoUenverhalten bei ungleichen Machtverteilungen ausiiben und auch den Wunsch nach ranghohen Geschaftspartnem verstMrken. Eine hohe Langfristorientierung wird die Bereitschaft zu groBeren Anstrengungen in den Auft)au personlicher Beziehungen vergroBem. Auch auf der Interaktionsehene einer Geschaftsbeziehung treten kulturelle Unterschiede durch stark kulturabhSngige Interaktionsstile offen zu Tage. Sowohl Kommunikations- als auch Konfliktverhalten und Verhandlungsstile sind in einem sehr starken Mafie kulturgebunden. Unter Ruckgriff auf die Kulturdimensionen kann bspw. bei einer hohen Maskulinitat und einem hohen Individualismus ein kompromissloserer, sachorientierterer Umgang angenommen werden. Eine hohe Unsicherheitsverafieidung und eine hohe Machtdistanz wird z. B. die Praferenz eindeutig festgelegter und fomialisierter Konmiunikationswege verstarken. Sowohl auf der Individualebene als auch der Interaktionsehene kSnnen im Ergebnis deutliche Einstellungsunterschiede vorliegen. Bei einer abweichenden kulturellen Herkimft die steigt Gefahr von dysftmktionalen Missverstandnissen, da die verhaltensleitenden Werte, die verfolgten pers6nlichen Motive und dass Verhalten des Geschaftspartners falsch eingeschatzt werden konnen. Dagegen sind auf der Sachebene, die die inhaltliche Ausgestaltung des Leistungstausches beschreibt, nur relativ schwache kulturelle Einflusse zu erwarten. Jedoch kann auch hier eine kulturell bedingte unterschiedliche Wertigkeit von Produkteigenschaften vorliegen. Eine hohe Unsicherheitsvermeidung lasst eine starkere Bevorzugung klar definierter Leistungspakete, einer hohen Qualitat und zusatzlicher Garantien vermuten. Eine hohe Langfristorientierung lasst auch eine Bereitschaft zu groBeren Investitionen in neue Produkte und Projekte vermuten. Die Machtdistanz einer Gesellschaft kann einen Einfluss auf das akzeptierte Verhaltnis von Leistung und Gegenleistung nehmen. Die Machtehene ist schlieBlich unmittelbar als kulturabhangig zu erkennen, da unterschiedliche Annahmen Uber die Verteilung und die Anwendung von Macht per se eine wichtige Kulturdimension darstellen.
242
Zusammenfassende Schlussbetrachtung
SchlieBlich konnten auch Argumente daftlr identifiziert werden, dass die Bewertung von Gesch^sbeziehungen auf der evaluierenden Ebene sowie die hieraus resultierenden Konsequenzen kulturabhSngig sind. Bspw. legt eine hohe Unsicherheitsvermeidung eine hflufigere und kritischere Auseinandersetzimg mit einer Gesch^sbeziehung nahe. Gleichzeitig kOnnte in Verbindung mit der Langfristorientienmg auch der Wunsch nach langfristigen Geschaftsbeziehungen verstfirkt werden. Ein hoher Individualismus lasst eine einseitigere Bewertung erwarten. Eine hohe Maskulinit^t schliefilich kOnnte zu einer sachorientierteren und rein ttkonomischen Bewertung sowie zu einer grOfieren Bereitschaft zur Beendigung einer Beziehung fUhren. Zentrales Ergebnis: Die im kulturtlbergreifenden Kontext mOglichen Pr^erenzunterschiede kdnnen das Beziehungsmanagement erheblich erschweren und stUtzen die Annahme, dass sich kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen sptlrbar von intrakulturellen Gesch^sbeziehungen unterscheiden. Kulturelle Unterschiede sind insbesondere auf der Individualebene und der Interaktionsebene zu erwarten.
Im dritten und letzten Hauptabschnitt (Kapitei 4) wurde das vergieichsweise hohe Abstraktionsniveau verlassen und mit deutsch-chinesischen GeschMsbeziehungen eine konkreten Beziehungskonsteliation analysiert, die durch massive kulturelle Unterschiede gekennzeichnet ist. So zeichnet sich die chinesische Kultur im Vergleich zur deutschen Kultur durch eine wesentlich hOhere Langfristorientienmg, eine deutlich hOhere Machtdistanz, eine geringere Unsicherheitsvermeidung und als kollektivistische Gesellschaft durch einen deutlich geringeren Individualismus aus. Vor dem Hintergrund dieser erheblichen Unterschiede wurde das erweiterte Ebenenmodell einer explorativen empirischen PrUfung am Beispiel der Untersuchung von vertikalen Geschaftsbeziehungen deutscher Untemehmen zu chinesischen Lieferanten im Textilsektor Hongkongs unterzogen. Im Rahmen einer bivariaten Analyse konnte zunachst gezeigt werden, dass die Einschfitzung des wirtschaftlichen Erfolges in einem Zusammenhang mit der AusprSgung der inhaltlichen Beziehungsebenen steht, sich beide Gruppen jedoch nur hinsichtlich einer Auswahl von Beziehungsaspekten signifikant unterscheiden. Durch eine anschlieBende faktoranalytische Verdichtung der Beziehungsebenen konnte gezeigt werden, dass sich die zahlreichen Facetten auf den Beziehungsebenen auf wenige dahinter liegende Dimensionen zurUckzufUhren sind. Die Individualebene wird durch das existierende professionelle Vertrauen sowie die pers6nliche Beziehung geprSgt. Die methodische Verdichtung der Interaktionsebene ftihrte zu den Dimensionen des Kommunikationsniveaus und des Konfliktgehalts. Die Sachebene wird durch die LeistungsfMhigkeit der Lieferanten und der empfundenen FlexibilitSt und die Machtebene durch den Transaktionsumfang sowie die
Zusammenfassende Schlussbetrachtimg
243
spezifischen Investitionen geprfigt. Auf der evaluierenden Ebene trat schlieBlich das dem Erfolg vorgelagerte Konstmkt der BeziehungsqualiUlt in den Analysefokus. Das Ergebnis der auf dem theoretisch hergeleiteten Analysemodell und den identifizierten Konstrukten aufsetzenden multivariaten Pfadanalyse fiel deutlich aus: Die Beziehungsqualit^t der deutsch-chinesischen Gesch^sbeziehimgen wird mafigeblich durch die Auspr^gung der inhaltlichen Beziehungsebenen bestimmt. SSmtliche Ebenen tragen direkt oder indirekt zur Verbesserung bzw. Verschlechterung der BeziehungsqualiUlt bei. Die empirischen ermittelten Wirkungsbeziehungen waren in ihrer Richtung tlberwiegend erwartungsgemaB. Mit Ausnahme des Konfliktniveaus besitzen die Konstrukte durchweg einen positiven Einfluss. Eine hohe Bedeutung fUr die Qualit&t von Gesch£lftsbeziehungen zwischen deutschen und chinesischen Untemehmen besitzen insbesondere die Beziehung zwischen den Kontaktpersonen auf der Individualebene sowie die Form der Zusammenarbeit auf der Interaktionsebene. Es handelt sich somit interessanterweise um die Ebenen, bei denen zugleich die grOfiten kulturellbedingten Einstellungsunterschiede zu erwarten sind. Cberraschenderweise erfolgt der Einfluss der Individualebene jedoch iediglich auf indirektem Weg Uber eine Verbesserung bzw. Verschlechterung der Interaktionsebene und der Sachebene der Gesch^sbeziehung. Im Oberblick legt die explorative Untersuchung nahe, dass kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen nicht voUkommen wesensfremd von nationalen Geschaftsbeziehungen sind. Obwohl zahlreiche Einstellungsunterschiede zu erwarten sind, wurde die Beziehungsqualitat dt.chinesischer Geschaftsbeziehungen weitgehend durch bereits im nationalen Kontext identifizierte Konstrukte bestimmt. Unterschiede zwischen intrakulturellen und kulturUbergreifenden Geschaftsbeziehungen werden somit vermutlich Iediglich gradueller Natur derart sein, dass schwachere oder starkere Wirkungsbeziehungen vorliegen kCnnen. Allerdings gilt es zu bertlcksichtigen, dass diese Befimde aufgrund der weitgefaBten, explorativen Analyse und der eher kleinen und homogenen Stichprobe konsequenterweise einer konfirmatorischen Prllftmg zu unterziehen sind. Auch die VerallgemeinerungsfMhigkeit der vorliegenden Untersuchung fiir andere dt.-chinesische Geschaftsbeziehungen und andere kulturUbergreifende Geschaftsbeziehungen ist zunachst eingeschrankt und im Rahmen zuktinftiger Forschungsbemtlhungen zu prUfen. Jedoch lassen es die Beftmde auch sinnvoU erscheinen, fruchtbare, im Rahmen intrakultureller Studien entwickelte Hypothesensysteme einer emeuten Prtifimg im kulturUbergreifenden Kontext zu unterziehen.
244
Zusammenfassende Schlussbetrachtung
Ergebnis: Die explorativen empirischen Ergebnisse legen nahe, dass Beziehungsqualitat der deutschchinesischen Geschaftsbeziehimgen mafigeblich durch bereits im nationalen Kontext iintersuchte Konstrukte auf den inhaltlichen Beziehungsebenen bestimmt wird. Die Wirkungsbeziehungen waren in ihrer Richtimg tiberwiegend erwartungsgemaB. Unterschiede gegentiber intrakulturellen Geschaftsbeziehimgen k6nnen hinsichtlich der Starke der Wirkungsbeziehungen auftreten.
Ober die empirische Untersuchung hinaus wurden in einem abschlieBenden Schritt der Arbeit Gestaltungsempfehlungen fur das Management von dt.-chinesischen GeschSftsbeziehungen erarbeitet. Dies erschien trotz des explorativen Charakters der Untersuchung mOglich, da die identifizierten Konstrukte hierfiir lediglich eine systematisierende Funktion abemahmen. Unter RiickgrifF auf dieses Raster konnte die zahlreichen, aber nur selten in den Kontext einer Geschaftsbeziehung eingebetteten Beitrage zum interkulturellen Management in China integriert werden. Die Diskussion hat verdeutlicht, dass die konkrete Handhabung der Ebenen in einem starken MaBe Besonderheiten der spezifischen kulturilbergreifenden Beziehungskonstellation zu berticksichtigen hat. Dabei gilt es, die durch kulturelle Unterschiede moglichen Handlungsfehler und MissverstSndnisse auf den inhaltlichen Beziehungsebenen durch eine hohe interkulturelle Kompetenz der verantwortlichen Manager zu vermeiden. Die Diskussion praktischer Gestaltungsempfehlungen hat somit auch gezeigt, dass existierende Erkenntnisse iiber auch Forschungsergebnisse anderer Sozialwissenschaften, wie bspw. die interkulturelle Kommunikationsforschung, diesbeziiglich bereits wertvoUe Anregungen geben konnen. Ergebnis: Die konkrete Gestaltung der Beziehungsebenen bei kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen hat in einem starken MaBe kulturelle Besonderheiten zu berticksichtigen, urn mSgliche Handlungsfehler und MissverstSndnisse zu vermeiden.
Der aktuelle Forschungsstand zu allgemeinen Geschaftsbeziehungen auf der einen und zu kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen auf der anderen Seite iSsst eine deutliche Diskrepanz erkennen. Die Untersuchung von kulturubergreifenden Geschaftsbeziehungen steht nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen forschungsmethodischen Probleme der interkulturellen Managementforschung - erst am Anfang. Die vorliegende Arbeit hat lediglich einen ersten Beitrag zum nSheren VerstSndnis kulturiibergreifender Geschaftsbeziehungen geleistet. Die identifizierten Beziehungsaspekte sowie die bestehenden Wirkungsbeziehungen konnen eine wertvoUe Orientierung ftr zukiinftige und weiterftihrendeForschungsbemtihungen geben.
Anhang
Anhang 1: Tabellarische Literaturauswertung empirischer Studien zu intemationalen Geschaftsbeziehungen
247
Anhang 2: Dokumentation des Methodeneinsatzes
263
Anhang 3: Fragebogen „Deutsch-chinesische Geschafitsbeziehungen"
275
Anhang
Anhang 1
Tabellarische Literaturauswertung empirischer Studien zu internationalen GeschMftsbeziehungen
247
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Anhang
263
Anhang 2 Dokumentation des Methodeneinsatzes Im Hinblick auf eine kompakte Befundprasentation wurde im Rahmen der Arbeit auf eine ausfUhrliche Vorstellung der angewendeten statistischen Verfahren verzichtet. Insbesondere die ftir die Untersuchimg wesentlichen multivariaten Verfahren der Faktorenanalyse sowie die auf der Regressionsanalyse aufbauenden Pfadanalyse sind jedoch an zahlreiche Anwendungsvoraussetzungen gebunden und lassen diverse Anwendungsspielraume zu. Im Rahmen dieses Methodenanhangs sollen daher neben ausgewShlten Funktionsprinzipien vor allem die zu beachtenden Anfordenmgen und Giitekriterien beider Verfahren vorgestellt werden.^ Vornehmlicher Zweck der folgenden Ausftihrungen ist dabei die Offenlegung der im Rahmen dieser Arbeit gewShlten methodischen Vorgehensweise.
Ftir umfassende methodische Darstellungen vgl. Bortz (1999); Backhaus et al. (2000) sowie Fahrmeir/HamerleTutz (1996).
264
Anhang
A) Faktorenanalytische Verdichtung Als Instrument zur methodischen Verdichtung der Variablen der verschiedenen inhaltlichen bzw. der evaluierenden Ebene der Geschaftsbeziehungen wurde auf die explorative Faktorenanalyse zurtickgegriffen.^ Dieses struktur-entdeckende multivariate Verfahren prUft, inwieweit den Variablen der GeschSftsbeziehungsebenen eine Struktur weniger, voneinander unabhSngiger Faktoren zugrunde liegt. Das im Rahmen dieser Arbeit fUr alle Faktorenanalysen einheitlich gewShlte methodische Vorgehen richtet sich nach den gangigen Empfehlungen der Literatur. Im Hinblick auf eine hinreichende Ergebnisgiite wurde im Vorfeld der Analyse zunSchst die Eignimg der Ausgangsdaten fiir eine Faktorenanalyse tiberpruft. Hierfiir gait es neben einer Mindestzahl an Fallen in der Stichprobe^ in AbhSngigkeit der einbezogenen Variable diverse PrUfkriterien zu beriicksichtigen (vgl. Abb. A 1). So sollte bereits die Analyse der bivariaten Korrelationsmatrix der Variablen durch eine Mehrzahl hoch signifikanter ZusammenhSnge Anhaltspunkte fur die BtindelungsMiigkeit der Variablen geben."* DarUber hinausgehende PrUfkriterien stellen der Bartlett-Test^ die MSA (Measures of Sampling Adequacy)-Werte^ der einzelnen Variablen und sowie das hierauf aufbauende KMO (Kaiser-Meyer-Olkin)Kriterium^ dar. Dabei wurde auf die in der Literatur geforderten und in der Tab. Al aufgeftihrten Anspruchsniveaus zuriickgegriffen. Im Anschluss an die PrUfung und BestStigung der Eignung des Datenmaterials wurde mit der eigentlichen Extraktion der Faktoren begonnen. Hierzu wurde im Rahmen dieser Arbeit stets
Vgl. hier und im folgenden HUttner/Schwarting (1999); Backhaus et al. (2000), S. 252 ff. sowie Litfin/Teichmann/Clement (2000). Die explorative Faktorenanalyse ist abzugrenzen von der konfirmatorischen Faktorenanalyse, bei der im Rahmen eines Messmodells ex ante eine Zuordnung von Indikatoren zu Faktoren erfolgt. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 9 if. Als absolute Untergrenze der Fallzahl wird nach einer allgemeinen Faustregel die Anzahl der Variablen gefordert, wobei mOglichst ein Wert tiber dem Dreifachen der Variablenzahl angestrebt werden sollte. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 322. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 265 f. Der Bartlett-Test auf Spherizitat stellt einen weiteren Indikator filr die Eignung des Datenmaterials dar. Er prilft auf Basis einer Normalverteilungsannahme die Nullhypothese, dass die Variablen einer unkorrelierten Grundgesamtheit entstammen. Vgl. hierzu Backhaus et al. (2000), S. 267 f Die MSA-Werte basieren auf der Anti-Image-Korrelationsmatrix und sind auf den Bereich von 0 bis 1 normiert. Das Anti-Image stellt diejenigen Anteile an Varianz einer Variablen dar, der nicht durch die tlbrigen Variablen erklSrt werden kann. Werte von unter 0,5 sollten zur Elimination der entsprechenden Variablefilhren.Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 269 sowie Litfm/Teichmann/Clement (2000), S. 284. Das KMO-Kriterium beurteilt in Analogic zu den MSA-Werten einzehier Variablen die Eignung der Korrelationsmatrix. KMO-Werte von unter 0,5 werden in der Literatur ebenfalls als inakzeptabel bewertet, wShrend gute KMO Werte oberhalb von 0,7 anzusetzen sind. Vgl. hierzu Backhaus et al. (2000), S. 269 sowie die dort angegebene Literatur.
265
Anhang
eine abschlieBende Varimax-Rotation durchgeftihrt.* Zur Festlegung der Anzahl zu extrahierender Faktoren wurde auf das Kaiser-Kriterium zurUckgegriffen, wonach die Anzahl von Faktoren extrahiert wird, die einen Eigenwert von grfifier eins besitzen.' Im Hinblick auf die GUte der GesamtlSsung wurde femer geprUft, inwieweit die einbezogenen Indikatoren eindeutig einem Faktor zugeordnet werden kann. Diesbeztlglich werden Ladungen in HOhe von mindestens 0,4 auf einen Faktor sowie deutlich niedrigere Querladungen gefordert. DarUber muss die Faktorenanalyse einen nachhaltigen Beitrag zur Erklarung der Varianz der Indikatoren leisten. Die Faktorenanalysen dieser Arbeit tiberschreiten diesbezUglich den Ublichen Mindestwert von 50 Prozent deutlich.
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Kaiser-Kriterium
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Kumulierte erl
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Struktur der Faktorladung
Faktorladung ^ 0,4 sowie deutlich niedrigere Faktorquerladungen
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Einfaktorielle LOsung erkl. Varianz ^ 60%
Kommunalitaten der Items
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Abb. A 1: Priif- und Beurteilungskriterien der explorativen Faktorenanalyse Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Litfin/Teichmann/Clement (2000), S. 284 / 286
Die Varimax-Rotation steilt ein hftufig angewendetes Rotationsverfahren dar. Vgl. hierzu Stier (1996), S. 292 ff. Das alternative schiefwinklige OBLIMIN-Rotationsverfahren iSsst dagegen eine Korrelation der Faktoren zu, fiihrt jedoch Mufig zu kaum interpretierbaren Ergebnissen. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 293. Der Eigenwert eines Faktors gibt den Varianzerklarungsanteil des Faktors flber alle Variablen an und berechnet sich als Sunune der quadrierten Faktorladungen eines Faktors Uber alle Variablen. Das Kaiser-Kriterium basiert somit auf der Forderung, dass ein zusatzlicher Faktor eine hOhere VarianzerklSnmg als eine standardisierte Variable besitzen sollte. Vgl. zum Kaiser-Kriterium sowie dem altemativen Scree-Test (Elbow-Kriterium) Bortz (1999), S. 528 sowie Backhaus et al. (2000), S. 288 f Als weitere Nebenbedingung fUr die Anzahl zu extrahierender Faktoren gih, dass nur Faktoren extrahiert werden soUen, die weit mehr als 5% Grenzvarianz enthalten. Vgl. Uberia (1968), S. 124.
266
Anhang
Hinsichtlich der Gtite der einzelnen Faktoren wurde eine Prufung der intemen Reliabilitat iiber das sog. Cronbach's a durchgefUhrt. Als MindestmaB findet in der Literatur zumeist das bei NUNNALLY'° vorgeschlagene Mindestniveau von 0,7 Anwendung. Bei einer geringen Anzahl in einen Faktor eingehender Variablen oder bei neuentwickelten Konstrukten wird teilweise auch ein niedrigeres Niveau von 0,5 als akzeptabel gewertet.'^ Bei Unterschreitung dieser Mindestwerte wurde die Faktorenanalyse verworfen und eine emeute Verdichtung unter Ausschluss des Indikators mit der geringsten Item-to-total Korrelation^^ durchgefiihrt.'^ Die letztlich im Rahmen der Untersuchung extrahierten Faktoren erfuUen das strenge MindestmaB von 0,7 mit Ausnahme eines Faktors, der allerdings nur zwei Indikatoren und somit ein noch akzeptables Cronbach's a von 0.64 aufsveist. Des Weiteren wurde analog zum kumulierten erklSrten Varianzanteil gefordert, dass auch die Kommunalitaten, definiert als der durch alle Faktoren erklarte Varianzanteil jeder einzelnen Variable, die 50% Htlrde tibersteigt. AbschlieBend wurde gepruft, ob die emeute Faktorenanalyse auf Basis der einem Faktor zugeordneten Variablen zu einer einfaktoriellen Losung mit einer erklarten Varianz von mindestens 50% fUhrt. B) Pfadanalytische Priifung kausaler Wirkungsbeziehungen Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Modell zur Analyse von Geschaftsbeziehungen unterstellt mehrstufige Wirkimgsbeziehungen zwischen den Geschaftsbeziehungsebenen. Zur Priifung der Gtiltigkeit des Modells fur die deutsch-chinesischen Geschaftsbeziehungen des Untersuchungssamples wurde eine pfadanalytische Vorgehensweise gewahlt. Die Pfadanalyse ist ein auf der multiplen linearen Regressionsanalyse aufbauendes Verfahren zur Untersuchung mehrstufiger multivariater Kausalstrukturen.'"* Neben der kompakten Darstellung des Grundprinzips der Pfadanalyse soUen wiederum die zentralen Anwendungsvoraussetzungen skizziert werden. Den Ausgangspunkt der Pfadanalyse bildet ein theoretisch formuliertes Modell ohne riickwSTtsgerichtete Wirkungsbeziehungen. Die gerichteten WirkungszusanrnienhSnge eines derartigen rekursiven Systems verweisen ausschlieBlich auf jeweils nachgelagerte Variable.'^ In der Vgl. Nunnally (1978), S. 245 f. Vgl. hierzu femer die Metaanalysen von Churchill/Peter (1984) und Peterson (1994). Vgl. Peterson (1994), S. 382 und S. 386 f. Die Item-to-Total Korrelation beschreibt die Korrelation eines Indikatoren mit der Summe aller einem Faktor zugeordneter Messvariablen. Vgl. Litfm/Teichmann/Clement (2000), S. 285. Vgl. z. B. Homburg/Gierung (1996), S. 8 f. sowie Litfin/Teichmann/Clement (2000), S. 285. Vgl. zur Funktionsweise der Pfadanalyse ausfilhrlich Holm (1977), S. 7 ff. sovsde Hinkel (2001), S. 225 ff. FOr eine Einordnung der Pfadanalyse in das Spektrum multivariater Analyseverfahren siehe Backhaus/Weiber (1984), S. 458. Vgl. Holm (1977), S. 15 f Der in diesem ZusammenhangttberraschendeBegrifif der Rekursivitat bezeichnet die MOglichkeit, durch die Abwesenheit von zirkulSren Beziehungen ausgehend von der letzten Variable schrittweise zuROCKGEHEhfD stets zum Ausgangspunkt des Modells zu gelangen. Ein rekursives System ist daher vielmehr durch die
Anhang
267
graphischen Darstellung als Pfaddiagramm Sufiert sich eine derartige Kausalstmktur darin, dass sSmtliche Pfeile in eine Richtung weisen imd somit keine 'Feedback-Pfeile' existieren (vgl. Abb. A 2). Bei einem vollen rekursiven System empf^gt jede Variable direkte Pfade von alien vorgelagerten Variablen.^^
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Abb. A 2: Rekursives vs. voiles rekursives System Die Starke des direkten Einflusses einer Variable x auf eine Variable y wird tiber den Pfadkoefflzienten pxy gemessen. Bei Verwendimg metrisch skalierter und standardisierter Variable'^ sowie unter der Pramisse, dass die ResidualgroBen der Regression unkorreliert mit den unabhangigen Variablen sind, lassen sich die Pfadkoeffizienten durch die wiederholte Anwendung der multiplen Regressionsanalyse eraiitteln.'* Die Pfadkoeffizienten einer unabhangigen Variable auf eine abhSngige Variable entspricht in diesem Fall dem (standardisierten) Regressionskoeffizienten der unabhangigen Variablen entsprechenden Regression. Entsprechend der Reihung der Variablen im rekursiven System wird im ersten Schritt die an letzter Stelle positionierte Variable auf alle ihr vorgelagerten Variablen regressiert. In einem iterativen Prozess wird dann jeweils die in der Variablenreihung eine Position vorher angeordnete Variable als abhangige Variable gesetzt und auf die verbleibenden vorgeschalteten Variablen regressiert. Diese rUckwartsgerichtete Berechnung von Regressionen endet naturgemaB spatestens mit der
Abwesenheit und nicht durch die Existenz von rekursiven WirkungszusammenhSngen zwischen den einzelnen Variablen gekennzeichnet. Vgl. Holm (1977), S. 15 f. Er pladiert unabhangig von eventuell nicht postulierter Wirkungszusanunenhange filr Berechnung eines vollen Systems (Holm (1977), S. 17): „Die Pfadanalyse soil ... filr ein voiles rekursives lineare System durchgefilhrt werden. Es ist nicht siimvoll, schon vor der Analyse anzunehmen,... dass einige Pfeile aus dem Pfeildiagramm verschwinden." Standardisierte Variable besitzen einen Mittelwert von 0 und eine Standardabweichung von 1. Hierzu wird filr jeden Beobachtungswert der Mittelwert der Variable subtrahiert sowie eine Division durch die Standardabweichung durchgefilhrt. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 404 f. Die multiple lineare Regressionsanalyse ermittelt den (linearen) Zusanmienhang zwischen einer metrisch skalierten abhangigen Variablen und mehreren unabhangigen Variablen. Da es sich um ein weit verbreitetes Verfahren handelt, kann auf die Darstellung der Schatzprozedur verzichtet werden. Vgl. zur Methode ausfilhrlich Backhaus et al. (2000), S. 31 ff. Oder Albers/Skiera (1999), S. 205 ff.
268
Anhang
Berechnung der bivariaten Regression der letzten abhSngigen Variable auf die erste (exogene) Variable des rekursiven Systems.'^ Der Vorteil der multivariaten Pfadanalyse gegentiber der bivariaten Korrelationsanalyse wird deutlich, wenn man die mOglichen Einfltisse auf den Korrelationskoefifizienten zweier Variablen betrachtet. Abb. A 3 zeigt die Komponenten, die in eine bivariate Korrelation zwischen den grau hinteriegten Variablen x und y eingehen k5nnen.^° Die unterstellte Kausalstruktur entspricht hierbei dem unvollstandigen rekursiven System der Abb. A 2.
Abb. A 3 : Korrelationsdekomposition eines bivariaten Korrelationskoefifizienten
Die Abbildung unterstellt zunSchst im Gegensatz zum ungerichteten Korrelationskoeffizienten rxy einen direkten kausalen Einfluss der Variable x auf die Variable y, der als Pfadkoeffizient pxy gekennzeichnet wird. Daneben ergibt sich jedoch ein indirekter, kausaler Effekt uber die zwischengeschaltete Variable z, der sich als Produkt der betroffenen Pfadkoefifizienten ermitteln iSsst. Zusammen bilden der direkte und der indirekte Effekt den totalen kausalen
Die Berechnung der Regressionen kann grundsfitzlich bereitsfrtiherbeendet werden. Dies ist insbesondere empfehlenswert, wenn aufgrund inhaltlicher Uberlegungen mehrere Variablen als exogene Inputvariablen eingestuft werden oder die Korrelationen zwischen den verbleibenden unabhSngigen Variablen nicht mehr kausal, sondem durch nicht einbezogene Drittvariable begrUndet sind. Vgl. Holm (1976), S. 51. Vgl. Opp/Schmidt (1976), S. 147 ff.
Anhang
269
Effekt der Variable x auf die Variable y. Der mOgliche Einfluss der Drittvariable v auf die Korrelation zwischen x und y iSsst sich im Gegensatz hierzu nicht kausal interpretieren. Als vierte Komponente des Korrelationskoeffizienten ixy kann schlieBlich aus einer in der postulierten Kausalstruktur nicht erfassten Korrelation zwischen den Variablen x und y resultieren. Diese Komponente stellt demnach einen indirekten, korrelativen Effekt der Variable x auf y dar.
Zusammenfassend kann der Korrelationskoeffizient zweier Variablen somit aus bis zu vier verschiedenen, additiv zu verkntlpfenden Komponenten bestehen. Die Dekomposition des KorrelationskoefFizienten zweier Variablen offenbart die Schwachen der bivariaten Korrelationsanalyse. Neben dem Verzicht auf eine gerichtete kausale Wirkungsbeziehung kann aufgrund gleichlaufiger und/oder gegenlaufiger Efifekte ein bivariater Korrelationskoeffizient zu einem falschen Urteil tlber die Beziehung zweier Variablen ftlhren.^' Im Extremfall kann trotz einer positiven Korrelation zweier Variablen ein negativer direkter Effekt bestehen. Die Pfadanalyse beseitigt diese Defizite der bivariaten Korrelationsanalyse, indem sie die einer Variable zuzurechnenden partiellen Effekte offen legt.
Im Hinblick auf den kausalen ErklSrungsgehalt einer Variable ftir eine nachgeordnete Variable sind sowohl die direkten als auch die indirekten kausalen WirkirngszusammenhSnge zu berUcksichtigen. Die ,direkten Effekte' beschreiben den unmittelbaren Einfluss einer unabhangigen Variable auf eine abhangige Variable, entsprechen den standardisierten Regressionskoeffizienten und werden im Pfaddiagramm als Pfadkoeffizienten aufgenonmien. Die , indirekten Effekte' beschreiben dagegen mittelbare Einfltisse tiber zwischengeschaltete Drittvariable und werden als Produkt der betroffenen Pfadkoeffizienten berechnet. Da indirekte EinflUsse tiber mehrere Ketten wirken kOnnen, ist der Gesamteffekt durch Addition der einzelnen indirekten Effekte zu ermitteln. Der gesamte kausale Einfluss einer unabhangigen Variablen auf eine abhangige Variable bestimmt sich als Summe der direkten und indirekten Effekte und wird als , totaler Effekt' bezeichnet.
Als Ergebnisdarstellung einer pfadanalytischen Modellpnifimg wird auf die Darstellung der signifikanten Wirkungszusammenhange in einem Pfaddiagramm zurUckgegriffen, welches samtliche auf einem vorgegebenen Niveau signifikanten direkten kausalen Effekte zwischen zwei Variablen berUcksichtigt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden neben Wirkimgsbeziehungen
Vgl. die Beispielrechnungen bei Holm (1977), S. 27 f.
270
Anhang
auf einem Signifikanzniveau von p < 0,05 aufgrund der geringen Stichprobengrofie auch zwei Wirkungsbeziehungen mit einem Signifikanzniveau von nur p < 0,10 dargestellt.^^ Die Pfadanalyse kann nur sinnvoU zur HypothesenprUfung eingesetzt werden, wenn ihre zentralen Anwendungsvoraussetzungen beachtet werden, Hierbei ist zunSchst eine Modellbildung aufgrund theoretischer Oberlegungen zu fordem, um zu verhindem, dass statt einer PrUfung eines Kausalmodells lediglich eine Anpassung des Modells an die empirischen Daten vorgenommen wird.^^ Die theoretische Fundierung der Kausalstruktur wurde in Kapitel 2.5 dargestellt. Das hergeleitete Analysemodell entspricht einem (nahezu voUstandigen) rekursiven System (vgl. Abb. A 9) und ist somit ftlr die pfadanalytische ModellprUfung geeignet.
Abb. A 9: Das Ebenenmodell als voUstandiges rekursives System
Femer kann auch die im Rahmen der Pfadanalyse eingesetzte Regressionsanalyse nur sinnvoU zur HypothesenprUfung eingesetzt werden, wenn sich aus dem Datenmaterial keine Verletzungen ihrer Anwendungsvoraussetzungen ergeben.^'' Zur PrUfung der Anwendungspramissen
Die Einbeziehung auch schwach signifikanter Pfade erscheint aufgrund der relativ geringen StichprobengrOBe dieser Arbeit gerechtfertigt, da ein gefordertes Signifikanzniveau keine natttrliche Grenze bildet und in Abhangigkeit von der StichprobengrOfie variiert werden kann. Ftlr den umgekehrten Fall einer sehr grofien Stichprobe werden bereits sehr kleine Pfadkoeffizienten signifikant sind, so dass altemativ eine MindesthOhe des B-Koeffizienten gefordert wird. Vgl. hierzu Holm (1977), S. 57 f. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 402 f. FOr einen Uberblick tiber die Prflmissen der multiplen linearen Regressionsanalyse vgl. z. B. Backhaus et al. (2000), S. 19 ff. sowie Albers/Skiera (1999), insb. S. 218 ff.
Anhang
271
wurde im Rahmen dieser Untersuchung auf die in Abb. A 5 dargestellte Prtifmethodik und kriterien zurUckgegriffen.
Abb. A 5: Anwendungs- und Interpretationsvoraussetzungen der linearen Regressionsanalyse Die lineare Regressionsanalyse unterstellt zunachst eine lineare Wirkungsbeziehung der iinabhangigen Variablen auf die abhangigen Variablen. Theoretische oder sachlogische Griinde gegen die Annahme linearer Wirkungsbeziehungen waren im Rahmen des Ebenenmodells von Geschaftsbeziehungen nicht ersichtlich. Die Prufung der Residuendiagranmie ergab femer keine Anhaltspunkte fiir nicht lineare ZusammenhSnge. Des Weiteren muss eine hinreichende Relation von Beobachtungsfallen zu unabhangigen Parametem vorliegen. Die in der Literatur im Hinblick auf die Signifikanz des Gesamtmodells geforderten Mindestrelationen wurden im Rahmen dieser Arbeit uberschritten.^^ Auch die Anwendungsvoraussetzung des metrischen Skalenniveaus der Variablen kann als erfullt gesehen werden, da samtliche Regressions-
Damit eine Schatzung der Regressionsfiinktion mOglich ist, muss die Anzahl an Beobachtungen die Anzahl der Variablen im Modell UbertrefFen. Backhaus et al. (2000), S. 61 empfehlen jedoch mindestens doppelt so viele Beobachtungen wie die Anzahl der Variablen der Regressionsftmktion, Albers/Skiera (1999), S. 217 pladieren ftlr eine Relation von mindestens 3:1. Im Rahmen dieser Arbeit werden Regressionsfunktionen mit maximal neun Variablen unter RtickgriflF auf32Fallegeschatzt.
272
Anhang
analysen ausschliefilich auf Faktorwerte zurtlckgreifen.^^ Die ebenenspezifische Verdichtung zu unabhSngigen Faktoren reduzierte zugleich das AusmaB an MultikoUinearitdt der imabhSngigen Variablen." Die PrUfung der bivariaten Korrelationen ergab darUber hinaus keine Anhaltspimkte ftir zu grofie paarweise AbhSngigkeiten der einbezogenen exogenen Variablen.^* Gleichwohl ist im Hinblick auf den Einsatz der Regressionsanalyse im Rahmen der Pfadanalyse ein gewisses Mafi an Abhangigkeiten zwischen den unabhSngigen Variablen notwendig, da bei vollkommener UnabhSngigkeit die Berechnung mehrstufiger Regressionen ergebnislos bleiben wtirde. Im Hinblick auf die Gtite des Gesamtmodells und zur Vermeidung einer Verzerrung wurde der Empfehlung gefolgt, gegebenenfalls einzelne AusreiBer aus den Regressionen auszuschlieBen.^'
Als AnwendungsprSmissen der Regressionsanalyse beztiglich der ResidualgrSfien gelten die Abwesenheit von Heteroskedastizitat und Autokorrelation sowie die Normalverteilung der Residuen mit einem Mittelwert von Null. Hinweise auf Heteroskedastizitat waren nach MaBgabe optischer Musterkennung der Residuenplots nicht erkennbar.^° Das Problem der Autokorrelation der Residuen ist aufgrund des Querschnittcharakters der vorliegenden Untersuchung irrelevant.^' Die Normalverteilung
der ResidualgrCBen als Bedingung fOr eine
SignifikanzprUfung kann auf Basis des zentralen Grenzwerttheorems bei einer hinreichenden Anzahl von Beobachtungen unterstellt werden.^^ Die vorliegende StichprobengrSBe ilberschreitet die in der Literatur vorgeschlagene Mindestzahl." Femer wurde die Normalverteilungsannahme durch den Kolmogorov-Smimov Test geprUft und ebenfalls bestatigt. Im Anschluss an die tFberprtlfung dieser Anwendungsvoraussetzungen wurde eine Beurteilung der statistischen Gtite und ErklSrungskraft des geschatzten Regressionsmodells voUzo26 27
Vgl. hierzu auch die Anmerkungen zur Interpretation der Ordinalskalen als Intervallskala auf Seite 149. MultikoUinearitat beschreibt den Grad der linearen Abhtogigkeit zwischen den unabhSngigen Variablen. Ein hohes MaB an Multikollinearitat fUhrt zu grOfieren Standardfehlem der Regressionskoeffizienten und somit zur Ineffizienz der Schatzung. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 41 f. Bivariate Korrelationen, die vom Betrag grOBer als 0,9 sind, lassen auf sehr groBe paarweise Abhangigkeiten schlieBen. Vgl. Albers/Skiera (1999), S. 222fif.;Backhaus et al. (2000), S. 41 ff. Die grOBte bivariate Korrelation zwischen zwei unabhangigen Variablen der Regressionsanalysen dieser Arbeit betragt 0,698. Ausreifier sind nach gangiger Konvention dadurch gekennzeichnet, dass das Residuum um mehr als die dreifache Standardabweichung vom Mittelwert der Residuen abweicht. Ihre BerUcksichtigung verschlechtert die Gate des Regressionsmodells. Vgl. z. B. Albers/Skiera (1999), S. 231 ff. Heteroskedastizitat bedeutet eine Verletzung der Pramisse der Varianzgleichheit der Residuen. Neben der Untersuchung des Residuenplots auf die prognostizierten Werte kaim die Pramisse der Homoskedastizitat auch flber den sog. GOLDFELD/QUANDT-Test sowie das Verfahren von GLEISER Uberprilft werden. Vgl. hierzu Backhaus et al. (2000), S. 38 f Die Pramissenverletzung der Autokorrelation der Residuen ftlhrt zu einer Verzerrung des Standardfehlers der Regressionskoeffizienten, ist jedoch insbesondere bei Zeitreihen relevant. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 39 ff. Das zentrale Grenzwerttheorem der Statistik postuliert dass die Summe bzw. Mittelwert „von N Zufallsvariablen ftlr ein grofies N normalverteilt ist, und aus zwar unabhangig von der Verteilung der Zufallsvariablen." Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 33 f sowie Bortz (1999), S. 93.
Anhang
273
gen. Hierzu wurde zunachst auf das BestimmtheitsmaB r^ zurUckgegriffen, welches die Relation der durch die Regressionsfunktion erklarten Varianz zur Varianz der einfachen Schatzung durch den Erwartungswert angibt.^"* Der ermittelte Gesamtzusammenhang zwischen den iinabhSngigen und der abhSngigen Variable wurde tiber den F-Test auf Signifikanz geprUft.^^ Sofem auf Basis dieses Tests von einem signifikanten Gesamtmodell auszugehen war, wurde fiir die unabhSngigen Variablen tiber t-Tests geprtift, ob sich die Regressionskoeffizienten signifikant von Null unterscheiden.^^ Die signifikanten Regressionskoeffizienten
kSnnen
schliefilich zur Einschatzung der Starke und Richtung der ermittelten Zusammenhange herangezogen werden. Durch die Verwendung von Faktorwerten sind sSmtliche Variable der Regressionsanalysen dieser Arbeit standardisiert,
so dass die Regressionskoeffizienten unmittel-
bar miteinander verglichen werden konnen.^'
Bortz setzt diese Mindestzahl bei 30 Beobachtungen an. Vgl. Bortz (1999), S. 93 f. Das BestimmtheitsmaB r^ ist auf den Bereich 0 bis 1 normiert. Das hierauf aufbauende korrigierte BestimmtheitsmaB i^kOTT berUcksichtigt die Tatsache, dass das BestimmtheitsmaB in der Kegel positiv durch die Anzahl einbezogener unabhangiger Variablen der Regressionsfunktion beeinflusst wird. Der hierzu verwendete Korrekturfaktor basiert auf der Anzahl von Beobachtungen sowie der Anzahl von Regressoren. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 20 ff. Der F-Test prttfl die Brauchbarkeit des Regressionsmodells dahingehend, ob sich das BestimmtheitsmaB r^ signifikant von 0 unterscheidet. Hierzu wird der empirisch (aus dem BestimmtheitsmaB r^, der Anzahl der unabhangiger Variablen sowie der Anzahl von Beobachtungen) ermittelte F-Wert einem theoretischen und vom geforderten Signifikanzniveau abhSngigen F-Wert gegenObergestelh. Ist der empirische Wert gr6Ber als der zu erwartende theoretische F-Wert, so kann die Nullhypothese auf dem zugrundegelegten Signifikanzniveau abgelehnt werden, so dass die Regressionsgleichung nicht als Ganze zu verwerfen ist. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 24 ff. Der t-Test prttfl die Gttltigkeit des Einflusses einzehier Variable dahingehend, ob sich die Koeffizienten signifikant von null unterscheiden. Hierzu wird der empirische t-Wert einer unabhangigen Variable (definiert als Division des Regressionskoeffizienten durch den zugehOrigen Standardfehler) dem in Abhangigkeit des geforderten Signifikanzniveaus bestimmten Quantils der t-Verteilung gegenUbergesteUt. Vgl. Backhaus et al. (2000), S. 29 ff. Die H6he eines Regressionskoeffizienten ist u. a. abhangig von Mittelwert und Standardabweichung der jeweiligen Variable. Im Fall standardisierter Variable entsprechen sich Regressionskoeffizienten und standardisierte Regressionskoeffizienten. Vgl. hierzu Backhaus et al. (2000), S. 18.
Anhang
Anhang 3: Fragebogen „Deutsch-chinesische Geschaftsbeziehungen^^
275
276
Anhang
ANGABEN ZUM INTERVIEW- & GESPRACHSPARTNER
Unternehmen: GesprAchspartner: Positionsbezeichnung: Interviewdatum: Interviewbeginn:
FRAGENKOMPLEX A:
Interviewende:
Interviewdauer:
ALLGEMEINE FRAGEN ZUM IHREM UNTERNEHMEN
A.1
Mitarbeiteranzahl:
A.2
Jahresumsatz:
A.3
Unternehmensalter:
A.4
1st Ihr Unternehmen Teil eines Qbergeordneten Konzerns ?
A.5
Welchem Kulturkreis ist die Leitung der Unternehmung zuzurechnen ? Q Deutschland
Q China
•
Q Restiiches Asien
Restliches Europa
a USA A.6
•
Ja
•
Nein
U Sonstige
Welche Bezeichnung charakterisiert den Geschaftstyp Ihres Unternehmen am ehesten? • Produzent von Textilien
Q Zwischenhandel / Kommissionar / Agent
• Bekleidungskonfektionar
G Einzelhandel
• A.7
Welche Bedeutung haben die folgenden Funktionen im Rahmen der Unternehmenstatigkeit? (1) keine bis (7) groRe Bedeutung 1
2
3
4
5
6
7
Design & Entwicklung
G
Q
Q
G
G
G
G
Beschaffung / Einkauf
•1
Q
G
G
G
Q
Q
u u
G
Produktion
G
G
G
G
Qualitdtskontrolle
Q
U
Q
G
G
G
G
Logistik & Distribution
U
Q
Q
G
G
G
G
Netzwerkkoordination
U
G
G
G
G
G
Zwischenhandel
u u
Q
G
G
G
G
G
Einzelhandel
Q
a
G
G
G
G
G
Anmerkung
Anhang
FRAGENKOMPLEX B:
277
FRAGEN ZUM GESCHAFTSUMFELD IN HONGKONG
Im Folgenden bitten wir Sie, das Zutreffen einiger Aussagen zur Geschdftstatigkeit in Hongkong zu beantworten. Bitte tragen Sie markieren sie die entsprechenden Kdsten: (1) fur vOllig unzutreffend bis (7)farvOlligzutreffend. Fragen zur Kooperation in Hongkong (HK):
B.1 8.2
„Geschaftstatigkeit in Hongkong ist relativ zu anderen Geschaftsumfeldern in west!. Kulturkreisen nnit grOlierer Unsiclierheit verbunden."
(1) vOliig unzutreffend (7) vOllig zutreffend 12 3 4 5 6 7 Q• QQ• • G
Jn Hongkongs Geschaftswelt kennt jeder jeden." QDQQQUQ
B.3
„FUr erfolgreiche Geschaftstatigkeit sind persOnliche Kontakte in Hongkong von grOderer Bedeutung als inn westlichen Kulturkreis."
GQQ• QQ •
„Die Reputation einer Unternelimung ist von entscheidender Bedeutung fUr eine erfolgreiche Gescliaftstdtigkeit in Hongkong."
• • QQa Q Q
B.5
„Vertrauen in persOnliche Integritdt von Kontaktpersonen ist von elementarer Bedeutung fUr eine erfolgreiclie Geschaftstatigkeit in HK."
a Ga GU• U
B.6
„Ein einmaliger Vertrauensbruch fOhrt in Hongkong zu einer sofortigen Beendigung einer GeschSlftsbeziehung."
GGQGGQ Q
B.7
„Probleme im Rahmen einer einzelnen Geschaftsbeziehung werden schnell zu einem allgemeinen Geschdftsproblem."
GGGGGG G
B.8
„ln Hongkong sind gute Geschdftsbeziehungen nur Uber eine langjahrige Zusannmenarbeit zu entwickeln."
GGGGGG G
„Geschaftsvertrage werden in Hongkong per Handschlag abgeschlossen und nicht in schriftliche Form gefasst."
GGGGGG G
B.4
B.9
B.10 „Konflikte werden in Hongkong stets mit juristischen Mittein ausgetragen"
GGGGGG G
Fragen zur Multikulturalitat Hongkongs: B.12 „Kulturelle Unterschiede machen sich bei einer Geschaftstatigkeit in Hongkong stark bemerkbar
GGGGGG G
B.13 „Die Multikulturalitat Hongkongs wirkt sich negativ auf die Geschaftstatigkeit aus."
GGGGGG G
B.14 Jn multikulturellen Geschaftsbeziehungen kommt es ofter zu IVIissverstanden als in Geschaftsbeziehungen kulturidentischer Partner"
GGGGGG G
B.15 „Personen des westlichen Kulturkreises verstehen die asiatische Kultur (Werte, Symbole, Praktiken) nicht."
GGGGGG G
B.16 „Personen des asiatischen Kulturkreises verstehen die westliche Kultur (Werte. Symbole, Praktiken) nicht."
GGGGGG G
B.17 „Die Reaktionen meiner Geschaftspartner aus einem anderen Kulturkreis lassen sich stets genau vorhersagen"
GGGGGG G
Anhang
278 FRAGENKOMPLEX C: FRAGEN ZU 2 KONKRETEN GESCHAFTSBEZIEHUNGEN
Im Folgenden mOchten wir Sie bitten, Fragen zu einer wirtschaftlich erfolgreichen und einer nicht erfolgreichen GeschSlftsbeziehung Ihres Untemehmens zu anderen Untemehnnen Ihrer Wahl zu beantworten. Diese beiden Geschdftsbeziehungen sollten dabei folgende Kriterien erfUllen: •
Es sollte sich um GeschAftsbeziehungen handein, die sich nicht auf ein einzelnes Geschaft beschfeinken, insb. sollten auch die erfolglosen GeschAftsbeziehungen nicht bereits nach einer einmaligen Zusammenarbeit abgebrochen worden sein.
•
Die Partnerunternehmen sollten in der WertschOpfungskette vor Ihrem Untemehmen angesiedelt sein.
•
Die Partnerunternehmen sollten denn chinesischen Kulturkreis zuzuordnen sein.
•
Die Partnerunternehmen sollten einander weitgehend Ahnlich hinsichtlich allgemeiner Untemehmenscharakteristika sein, jedoch hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolqes deutlich unterscheiden.
•
Die EinschAtzung des wirtschaftlichen Erfolges sollte aus Ihrer Perspektive erfolgen.
•
Die Beurteilung des wirtschaftlichen Erfolges sollte nicht durch SondereinflQsse des politischen Qbergangs von Hongkong zur VR China und die letzte Asienkrise bestimmt sein.
C.1
Allgemeine Charakteristika zu den GeschSftsbeziehungen:
ERFOLGREICHE GESCHAFTSBEZIEHUNG
NICHT ERFOLGREICHE GESCHAFTSBEZIEHUNG
C.1.1 Bitte geben Sie eine kurze Beschreibung des Geschdftpartners (Sitz, Stufe in der WertschOpfungskette, Produktarten etc.)
C. 1.2
Durch wen ist die Geschaftsbeziehung initiiert worden ? Q durch unser Untemehmen
Q durch unser Untemehmen
a durch den Geschaftspartner
Q durch den Geschaftspartner
a nicht eindeutig zuzuordnen
Q nicht eindeutig zuzuordnen
C.2. Bedeutung der GeschSftsbeziehungen und Einflussnahme: In diesem Abschnitt bitten wir Sie einige Fragen zu der gegenseitigen Bedeutung der Geschaftsbeziehung in Verbindung mit resultierenden EinflussmOglichkeiten zu beantworten:
C.2.1 Welchen Anteil an Ihrem jahrlichen Umsatzvolumen realisieren Sie mit diesem Partnerunternehmen?
ERFOLGREICHE
NICHT ERFOLGREICHE
GESCHAFTSBEZIEHUNG
GESCHAFTSBEZIEHUNG
Umsatzanteil im Untemehmen (1) sehr niedriger bis (7) sehr hoher Anteil
••••••• I ••••••• C.2.2 Wie beurteilen Sie die Haufigkeit von Geschaften diesem Partnerunternehmen im Vergleich zu einer durchschnittlichen Geschaftsbeziehung?
HMufigkeit der GeschSftsvorfSile (1) sehr selten bis (7) sehr haufig
• •••••• I •••••••
279
Anhang
C.2.3 Wie beurteilen Sie die M()glichkeit, dieses Partnerunternehmen durch gleichwertige Alternativen zu ersetzen? C.2.4 Wie beurteilen Sie die HOhe der fUr den Aufbau der personlichen Beziehungen von Ihrem Unternehmen unternommenen Anstrengungen? C.2.5 In welchem Umfang haben sie darUber hinaus besondere Investitionen in die spezielle Geschaftsbeziehung unternommen C.2.6 Welchen Anteil am Umsatzvolumen Ihres Partneruntemehmens besitzt Ihr Unternehmen? C.2.7 In welchem Umfang hat Ihr Partneruntemehmen besondere Investitionen getdtigt, die speziell auf Ihr Untemehmen ausgehchtet sind? C.2.8 Wie beurteilen Sie die HSufigkeit von Konflikten im Rahmen dieser Geschaftsbeziehung im Vergleich zu normalen Geschaftsbeziehungen? C.2.9 Wie beurteilen Sie die Intensitat von Konflikten im Rahmen dieser Geschaftsbeziehung im Vergleich zu normalen Geschaftsbeziehungen? C.2.10 Wie beurteilen Sie den Formalisierungsgrad der Konfliktregulierung? (Grad der juristischen Kiarung auf Basis vertraglicher Vereinbarungen)
ERFOLGREICHE
NICHT ERFOLGREICHE
GESCHAFTSBEZIEHUNG
GESCHAFTSBEZIEHUNG
Alternativen zum GeschMftspartner (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Eigene Investition in GeschSftskontakt (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Spezifische Investitionen (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Umsatzanteil beim GesctiSftspartner (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Spezifische Investitionen (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• KonflikthSufigkeit (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• KonfliktintensitMt (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Formalisierung der Konfliktregulierung (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
aGQGaaa I a a a a a a a C.3
Pers6niiche Ebene der GeschSftsbeziehungen:
In diesem Abschnitt bitten wir Sie einige Fragen zu den persOnlichen Beziehungen im Rahmen der Geschaftsbeziehung zu beantworten: ERFOLGREICHE
NIGHT ERFOLGREICHE
GESCHAFTSBEZIEHUNG
GESCHAFTSBEZIEHUNG
C.3.1 Seit wie vielen Jahren stehen Sie in Austauschbeziehungen mit diesem Geschaftspartner? C.3.2 Wie beurteilen sie die Existenzdauer der Geschaftsbeziehung relativ zu anderen Geschaftsbeziehungen?
Relative Existenz (1) sehr kurz bis (7) sehr lang
• •••••• I ••••••• C.3.3 Wie hoch schatzen sie die Wahrscheinlichkeit, dass diese Geschaftsbeziehung noch (jber einen langen Zeitraum existieren wird? C.3.4 Wie hoch schatzen sie die Gefahr, dass Ihr Geschaftspartner zu seinem eigenen Vorteil bewusst gegen Ihre Interessen handelt?
Existenzerwartung (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
••••••• I ••••••• Opportunismus (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
Anhang
280
C.3.6
PersOnllche Werte und Einstellungen:
Bitte beurteilen Sie das Zutreffen der folgenden Aussagen bezogen auf die jeweilige Geschdftsbeziehungen auf einer Skala von (1) fQr vOllig unzutreffend bis (7) fUr vOliig zutreffend. ERFOLGREICHE
NICHT ERFOLGREICHE
GESCHAFTSBEZIEHUNG
GESCHAFTSBEZIEHUNG
(1) vOllig unzutreffend bis (7) vOllig zutreffend C3.5.1 „Die Geschafte mit diesem Geschaftspartner sind stets fUr beide Seiten fair verlaufen"
GGGGGGG
C3.5.2 Jch habe voiles Vertrauen in die Prinzipien meines Geschaftpartners"
GGGGGGG
C3.5.3 „Ein Vertrauensbruch gleich von welcher Seite wUrde sofort zu einer Beendigung der Geschaftsbeziehung fUhren"
Q Q G G Q a G
GGGGGGG
C3.5.4 „Die Existenz dieser Geschaftsbeziehung hangt entscheidend von den persOnlichen Kontakten zwischen einzelnen SchlUsselpersonen ab"
G Q G Q G G G
GGGGGGG
G G G G G G G
GGGGGGG
G G G G G G G
GGGGGGG
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.5 Jch plane nnit diesem Geschaftspartner nicht nur Uber einzelne Transaktionen, sondern Uber die Aufrechterhaltung der Geschaftsbeziehung" C3.5.6 Jch fUhle mich meinenn Geschaftspartner verpflichtef C3.5.7 „Mein Geschaftspartner versteht meine Ziele"
C3.5.8 „Mein Geschaftspartner berQcksichtigt meine Ziele"
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.9 Jch habe voiles Vertrauen in die persOnliche Integritat meines Geschaftpartners"
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.10 Jch kann die Reaktionen meines Geschaftpartners stets vorhersagen"
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.11 Jch schOtze meinen Geschaftspartner gegenQber Dritten"
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.12 Jch besitze die gleichen Werte wie mein Geschaftspartner."
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.13 „Mit meinen Ansprechpartner verbindet mich eine persOnliche Beziehung."
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.6.14 „Meine Ideen werden vom Geschaftspartner aufgegriffen und verfolgf
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.6.15 Jch kann meinem Geschaftspartner ohne Probleme vertrauliche Informationen anvertrauen."
GGGGGGG
GGGGGGG
C3.5.16 „Meine Ansprechpartner sind kurzfristig orientiert"
GGGGGGG
GGGGGGG
281
Anhang
C.4
Organisatorische AbwIcMung von Gesch^ftsvoiiSllan:
In diesem Abschnitt bitten wir Sie einige Fragen zur organisatorischen Ausgestaltung und Abwicklung eines Ubiichen Geschaftsvorfalles im Rahmen der Geschdftsbeziehungen zu beantworten:
C.4.1 Inwieweit sind die Rahmenbedingungen eines normalen Geschdftvorfalls im Rahmen dieser Geschdftsbeziehung bereits im voraus festgelegt. C.4.2 Welche Iconkreten Vertragsinhaite eines normaien Gescliaftsvorfalles im Rahmen dieser Geschdftsbeziehung sind bereits zu Beginn festgelegt: • Liefemienge " Produktspezifikation und -qualitat • Preis • zeitliche Vorgaben • Sanktionen und Vertragsstrafen • Finanzierungsaspekte • Distribution C.4.3 In welchem Ausmali werden im Rahmen der Verhandlungen Zugestandnisse von Ihrer Seite gemacht? • Liefermenge • Produktspezifikation und -<|uaiitat • Preis • zeitliche Vorgaben • Sanktionen und Vertragsstrafen • Finanzierung " Distribution C.4.4 Wie beurteiien Sie die Kommunikationshaufigkeit mit diesem Partnerunternehmen relativ zu normalen Geschdftsbeziehungen? C.4.5 Wie beurteiien Sie die Offenheit der Kommunikation mit diesem Partnerunternehmen relativ zu normaien Geschdftsbeziehungen? C.4.6 Wie beurteiien Sie die Nutzung der foigenden Formen der Kommunikation im Rahmen dieser Geschaftsbeziehung? Face to Face - Kommunikation Telefonische Kommunikation Telefax Electronic Mail Briefverkehr Elektronischer Datenaustausch Sonstige: C.4.7 Mit weicher Haufigkeit kontrollieren Sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Leistung ihres Partnerunternehmens? • wahrend der Leistungserstellung - bei Qbergabe der Leistungserstellung C.5.6 Mit weicher HSiufigkeit werden mOgliche Sanktionspotentiale bei dieser Geschaftsbeziehung von Ihrer Seite wahrgenommen?
ERFOLGREICHE
NIGHT ERFOLGREICHE
GESCHAFTSBEZIEHUNG
GESCHAFTSBEZIEHUNG
Vartragsspezifizlerung (1) sehr schwach bis (7) sehr stark
• •••••• I ••••••• Vertragsinhaite (1) sehr schwach bis (7) sehr stark
aaaaaaa Qoaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa
aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa
ZugestSndnlsse (1) sehr schwach bis (7) sehr stark
aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa QQaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa
aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaaa aaaaaoa aaaaaaa aaaaaaa
KommunlkatlonshMuflgkelt (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Kommunikationsoffenhelt (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
• •••••• I ••••••• Kommunikatlonsformen (1) sehr selten bis (7) sehr hdufig
d aaaaQa a aaaaaa aaaaaaa QGGaaaa Kontrollzeitpunkt (1) sehr selten bis (7) sehr haufig
Sanktionswahmehmung (1) sehr selten bis (7) sehr h£iufig
Anhang
282
D. Evaluierende Betrachtung der Geschaftsbeziehung: Als Abgrenzungskriterium fQr die erfolgreiche und nicht erfolgreiche Geschdftsbeziehung baten wir Sie den wirtschaftlichen Erfolg heranzuziehen. Im Folgenden bitten wir Sie urn Ihre Einschatzung weiterer Aspekte, die einen Einfluss auf die Qualitdt einer Gescliaftsbeziehung liaben. ERFOLGREICHE GESCHAFTSBEZIEHUNG
C.6.1 Wie beurteilen Sie Ihr Partnerunternehmen_hinsichtlich folgender Kriterien relativ zu Gescliaftspartner mit aiiniicher Funktion? • • "
LeistungsvermOgen Liefersicherheit KostengQnstigkeit
C.6.2 Wie beurteilen Sie die Gesch^lftsbeziehung hinsichtlich folgender Kriterien im Vergleich zu Geschaftsbeziehungen mit ahnlicher Funktion? • • •
NICHT ERFOLGREICHE GESCHAFTSBEZIEHUNG
(1) weit unterdurchschnittlich bis (7) weit Qberdurchschnittlich
Q aaaQa a (1) weit unterdurchschnittlich bis (7) weit Qberdurchschnittlich
GGGGGGG GGGGGGG GGGGGGG
Kontrollaufwand Kosteneffizienz der Abwicklung Vertrauen
FRAGENKOMPLEX E: DAS UBERGEORDNETE UNTERNEHMENSNETZWERK Im Rahmen einer arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung sind Geschdftsbeziehungen in Verbindung mit anderen Unternehmen im Rahmen eines sogenannten „Unternehmensnetzwerkes" zu sehen. Im folgenden bitten wir Sie einige Fragen zu dem Kreis von Unternehmen zu beantworten, die Anteil an der Produktion und Vermarktung eines Ihrer typischen Produkte haben. E.1
Wie beurteilen Sie die Erkennbarkeit des Unternehmensnetzwerkes fUr aulienstehende Dritte (Kunden, Konkurrenz etc.)?
Sichtbarkeit des Netzwerkes (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch
E.2
Wie beurteilen sie die Stabilitdt des Umkreises weiterer involvierter Organisationen?
StabilitMt des Netzwerkes (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch G G G G G G G
E.3
Wie groli ist der Steuerungseinfluss dritter Organisationen auf das Netzwerk?
Steuerung durch Dritte (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch G G G G G G G
E.4
Wie beurteilen Sie die MOglichkeit des Eintrittes fUrweitere Unternehmen in das Netzwerk?
Eintrittsmdglichkeit (1) sehr schwierig bis (7) sehr leicht G G G G G G G
E.5
Wie beurteilen Sie die MOglichkeit des Austrittes aus dem Netzwerk?
A ustrittsm6glichkeit (1) sehr schwierig bis (7) sehr leicht G G G G G G G
E.6
inwieweit wird das gesamte Netzwerk von gegenseitigem Vertrauen geprSgt?
Vertrauen im Netzwerk (l)sehrgeringes bis (7) sehr hohes Vertrauen G G G G G G G
E.7
Welche Bedeutung besitzen schriftliche VertrSige im Rahmen des gesamten Netzwerkes?
Formaiisierung im Netzwerk (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch G G G G G G G
E.8
Inwieweit wird das Netzwerk von einem Unternehmen (z. B. eigene Oder andere Unternehmen) einzelnen Teilnehmer zentral gesteuert?
G G G G G G G
ZentralitSt der Steuerung (1) sehr niedrig bis (7) sehr hoch G G G G G G G
Literaturverzeichnis
Aaby, N. K. / Slater S. F. (1993): Management Influences on Export Performance: A Review of the Empirical Literature 1978-88, in: International Marketing Review; Vol. 6, 1989, No. 4, S. 7-26. Adams, J. S. (1980): Interorganizational Processes and Organization Boimdary Activities, in: Research in Organizational Behavior, Vol. 2, 1980, S. 321-355. Adler, N. J. (1983a): A Typology of Management Studies Involving Culture, in: Journal of International Business Studies, Vol. 14,1983, No. 2, S. 29-47. Adler, N. J. (1983b): Cross-Cultural Management Research: The Ostrich and the Trend, in: Academy of Management Review, Vol. 8, 1983, No. 2, S. 226-232. Adler, N. J. / Gehrke, T. S. / Graham, J. L. (1987): Business Negotiations in Canada, Mexico, and the United States, in: Journal of Business Research, Vol. 15, 1987, S. 411430. Adler, N. J. / Graham, J. L. (1989): Cross-Cultural Interaction: the International Comparison Fallacy, in: Journal of International Business Studies, Vol. 20, 1989, No. 3, S. 515537. Ahlert, D. (1981a): Absatzkanalstrategien des Konsumgiiterherstellers auf der Grundlage Vertraglicher Vertriebssysteme mit dem Handel, in: Ahlert, D. (Hrsg.): Vertragliche Vertriebssysteme zwischen Industrie und Handel, Wiesbaden 1981, S. 43-98. Ahlert, D. (1981b), (Hrsg.): Vertragliche Vertriebssysteme zwischen Industrie und Handel, Wiesbaden 1981. Ahlert, D. (1982): Vertikale Kooperationsstrategien im Vertrieb, in: Zeitschrift fiir Betriebswirtschaft, 52. Jg., 1982, S. 62-93. Ahlert, D. (1993): Distribution, in: Wittmann, W. et al. (Hrsg.): Handworterbuch der Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 787-806. Ahlert, D. (1994): Existenzsicherung in der textilen Kette durch vertikale Kooperation Realitat, Vision oder Utopie?, in: Ahlert, D. / Dieckheuer, G. (Hrsg.): Kooperation in der Textilwirtschaft - Perspektiven und Konzepte zur Zusairunenarbeit zwischen Industrie und Handel: Dokumentation des 2. FATM-Textil-Symposiums ftir den Management-Nachwuchs, Miinster 1994, S. 1-50. Ahlert, D. (1996a): Distributionspolitik, 3. Aufl., Stuttgart / Jena 1996. Ahlert, D. (1996b): KooperationscontroUing, in: Schulte, C. (Hrsg.): Lexikon des Controlling, Miinchen u. a. 1996, S. 439-444.
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